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jusalumniMagazinPatentrechtPatent auf „Designerbabys“?Ein Biotechnologie-Unternehmenhat sich am 24. September 2013 einUS-Patent mit der Nummer 8.543.339auf die Auswahl von „Designerbabys“gesichert. Interessierten Eltern könneeine Auswahl ihrer Babys nachKriterien wie athletischenEigenschaften oder Augenfarbeangeboten werden, so heißt es.Wir haben Herrn Univ.-Prof. DDr.Christian Kopetzki von der AbteilungMedizinrecht des Instituts fürStaats- und Verwaltungsrecht umseine Meinung dazu gebeten.Herr Professor Kopetzki, was halten Sie vonPatenten auf „Designerbabys“?Christian Kopetzki: Unter Design verstehtman üblicherweise die gezielte Gestaltungeines Objekts nach gewissen Kriterien. Manstellt sich vor, dass ein Kind nach einem Baukastensystemzusammengestellt wird. Ichhalte den Begriff „Designerbaby“ für einebewusst gewählte Semantik, die Horrorfantasienbedienen soll, weil das die Ablehnungerleichtert.Der Mensch lässt sich aus biologischen Gründennicht designen, weil das äußere Erscheinungsbildeines Organismus – also der Phänotyp– und die in den Genen festgelegtenErbinformationen – somit der Genotyp – einandernicht eins zu eins zuordenbar sind. Diewenigsten Eigenschaften eines Menschenentsprechen auch nur annähernd einem identifizierbarenGen, sondern sind das Ergebniseiner Kombination aus genetischen und biografischenFaktoren, Umweltfaktoren und psychologischenEinflüssen. Man kann genetischnur gewisse Wahrscheinlichkeiten berechnen.Hin zur Gewissheit liegt ein großes Feld. DasVersprechen, dass ein Baby gewisse Merkmalehaben wird, ist in aller Regel nicht erfüllbar. Ichkenne wenige, die das wollen, und es ist nur inwenigen Ländern erlaubt. Man kann bestimmtegenetisch determinierte Krankheiten schonheute mittels Pränataldiagnostik ausschließen.Doch dass man Babys nach Intelligenz oderSportlichkeit aussuchen kann, wird nur in derMedienberichterstattung suggeriert.Ist nun der wirtschaftlichenVerwertbarkeit Tür und Torgeöffnet?In der Medienberichterstattungwird die patentrechtlicheFrage mit der Fragevermischt, was man tun darf.Das Patent ist nicht der ersteSchritt zur Anwendung, sondernes verleiht jenem, der esinnehat, ein ausschließlicheswirtschaftliches Verwertungsrecht.Er kann Lizenzgebührenkassieren oder anderendie gewerbliche Anwendungverbieten. Wenn kein Patenterteilt wird, dürfen alle die Technologie wirtschaftlichverwerten, weil es kein exklusivesSchutzrecht gibt. Das hat aber nichts mit derFrage zu tun, ob die Methode der Berechnungvon gewissen Merkmalen tatsächlich durchgeführtwerden darf oder nicht. Ein Beispiel: Mankann in Österreich Patente auf Atomkraftwerkstechnologienbekommen, trotzdem dürfen Siein Österreich kein Atomkraftwerk errichten.Welche Missbrauchsszenarien sind zu befürchten?Klärungsbedürftige Fragen sind etwa, was mitden gespeicherten Daten geschieht oder obman die Kommerzialisierung zulassen möchte.Für mich zählt der Konsumentenschutz zuden wichtigsten Punkten. Wie schützt mandie Bürgerinnen und Bürger vor unrealistischenErwartungen und Versprechungen? Fürdas Laienpublikum kommt die Auswahl von„Designerbabys“ als große Versprechung hinüber.Doch diese Begleiterscheinung rechtfertigtkein Totalverbot. Ich würde die Gefahreneher dort bekämpfen, wo sie auftreten undflankierende Bestimmungen wie Aufklärungspflichtenund Gewinnverbote einführen.Wie wäre das in Österreich?In Österreich stellt sich diese Frage nicht. Aufden ersten Blick würde ich bezweifeln, dassso ein Patent in Österreich überhaupt erfolgreichgeschützt werden könnte. Es gibt in derEuropäischen Biopatentrichtlinie und im österreichischenPatentgesetz eine Ausnahme derNichtpatentierbarkeit von Diagnostizierverfahrenam Menschen. Damit wollte man primärverhindern, dass sich Firmen Patente aufVerfahren der Gesundheitsversorgung sichernund bei jeder Untersuchung abkassieren.Hier geht es um isolierte Keimzellenuntersuchungen,die man nur im Rahmen einer sehraufwendigen, belastenden und teuren Invitro-Fertilisation(IVF) untersuchen kann. Dassetzt voraus, dass Eizellen nach Hormonstimulationentnommen und extrakorporal befruchtetwerden. Das wäre in Österreich aus einerReihe von Gründen verboten. Erstens ist eineIVF überhaupt nur zulässig, wenn die Elternauf normalem Weg keine Kinder bekommenkönnen. Das ist hier nicht das Szenario: DieEltern können in der Regel Kinder bekommen,doch sie wollen etwas Bestimmtes wissen.Zweitens ist in Österreich die Untersuchungvon Keimzellen und Embryonen im Vorfeldder Schwangerschaft nur zulässig, um dieSchwangerschaft zu ermöglichen. Im deutschsprachigenRaum und in den meisten andereneuropäischen Ländern darf man extrakorporaleEmbryonen nur im Hinblick auf krankheitsbezogeneMerkmale untersuchen. Damitist das eine eher symbolische Diskussion undbleibt ein sektiererisches Minderheitenprogramm.Herzlichen Dank für das Gespräch!Foto: privatUniv.-Prof. DDr.Christian Kopetzkiist seit 1. 1. 2002Professor für Medizinrechtam Institutfür Staats- und VerwaltungsrechtderUniversität Wien.Foto: fotoliajus-alumni Magazin 03/20139

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