Look inside the Book - Residenz Verlag
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schaftlichen Lebens der Exilamerikaner. Die Murphys sind großzügige<br />
Gastgeber, die es sich dank eines gesicherten finanziellen Backgrounds<br />
als begüterte Erben leisten können, ihren künstlerischen Neigungen<br />
nachzugehen, anstatt sich um Geschäfte zu kümmern. Gerald Murphy,<br />
Erbe des noblen New Yorker Lederwarengeschäfts Mark Cross, hat<br />
nach dem Studium in Yale beschlossen, Maler zu werden. Sara stammt<br />
aus einer wohlhabenden Familie in Cincinnati, spricht fließend Französisch,<br />
Deutsch und Italienisch und ist schon als Kind lange Zeit in<br />
Europa gewesen. 1915 hatten die beiden geheiratet, sechs Jahre später<br />
waren sie nach Paris gegangen, um dem repressiven Klima in den USA<br />
zu entfliehen. Zu ihren Freunden gehören Pablo Picasso, Joan Miro<br />
und Georges Braque, Cole Porter, Igor Strawinsky und Rudolph<br />
Valentino. Gerald nimmt Malunterricht bei der russischen Malerin<br />
Natalia Goncharova, deren Auftritte und Ausstellungen immer wieder<br />
für Polizeieinsätze sorgen. Für seine Bilder erntet Murphy sogar Lob<br />
von Picasso. 1964 zeigt das New Yorker Museum of Modern Art eine<br />
Retrospektive seines Schaffens. Die Tatsache, dass die Murphys ihr<br />
Geld vor allem dazu nutzen, gemeinsam mit ihren Freunden das Leben<br />
zu genießen, macht sie sehr beliebt. Ihr Lebensmotto lautet, frei nach<br />
einem spanischen Sprichwort: »Gut zu leben ist die beste Rache.« Die<br />
beiden gelten als Stilikonen ihrer Zeit und sind das golden couple, das<br />
auf den Titelblättern sämtlicher Gazetten abgebildet ist. Bei den<br />
Murphys treffen sich Dorothy Parker, Robert Benchley, Archibald<br />
MacLeish, Donald Ogden Stewart und Gilbert Seldes, die auch mit<br />
den Fitzgeralds befreundet sind. Rasch finden Zelda und Scott Zugang<br />
zu diesem Zirkel. Die beiden Paare mögen sich auf Anhieb. Der acht<br />
Jahre ältere Gerald und die 13 Jahre ältere Sara werden für die beiden<br />
Heimatlosen eine Art Ersatzeltern. Sie sind genau so, wie Zelda und<br />
Scott gerne wären: wohlhabend, gutaussehend, stilgebend, gebildet<br />
und kultiviert. Was die Murphys betrifft, sind sich alle einig: »Es war<br />
einmal vor langer Zeit, da lebten ein Prinz und eine Prinzessin; sie<br />
waren beide reich, er war gutaussehend, sie war wunderschön; sie hatten<br />
drei entzückende Kinder. (…) Sie liebten einander und sie beherrschten<br />
die große Kunst, das Leben für ihre Freunde unübertroffen<br />
vergnüglich zu machen«, schreibt Donald Ogden Stewart. 226 Kein<br />
Wunder, dass in Scott manchmal die Eifersucht hochkommt auf den<br />
strahlenden Gerald mit seiner wunderbaren Frau, denen das Glück nur<br />
so in den Schoß zu fallen scheint. Doch im Grunde bewundert Scott<br />
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