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Niemand darf verloren gehen - Diakonie Österreich

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<strong>Niemand</strong> <strong>darf</strong> <strong>verloren</strong> <strong>gehen</strong>An die neue Regierung: 24 Projekte für <strong>Österreich</strong>Kinderarmut, Schulabbruch und Hoffnungslosigkeit bekämpfen.Soziale Investitionen zahlen sich aus.HoffnungsträgerWerden wir HoffnungsträgerInnen fürKinder und Jugendliche in NotKinder und Jugendliche brauchen besondere Unterstützung und die richtige Hilfe wenn es umdie Übergänge zwischen Schule, Ausbildung und Berufsleben geht. Das gilt besonders für jenemit Behinderungen sowie für Kinder und Jugendliche, die in Armut leben, Lernschwierigkeitenoder einen zerrütteten Familienhintergrund haben.Potenziale nicht brach liegen lassen<strong>Österreich</strong> braucht gute Konzepte, um wirtschaftlich schlechte Zeiten zu überbrücken –Investitionen im sozialen Dienstleistungsbereich sind ein Gebot der Stunde.Das Soziale ist eine Produktivkraft. Die Hilfen für Jugendliche oder die Betreuung von Kindernsorgen für Wachstum, stabilisieren die Wirtschaft und stiften sozialen Ausgleich. Sie habenWachstumsfunktion bei Beschäftigung. Sie haben stabilisierende Funktion, weil sie Teilhabe sichernund Nachfrage über den Konjunkturzyklus bereitstellen. Und sie erfüllen die Funktion des sozialenAusgleichs. Besonders die Dienstleistungen in Kinderbetreuung und Bildung reduzieren dasArmutsrisiko und verteilen zu den Schwächeren um.Der Sozialbereich generiert EU weit 5 % des gesamten ökonomischen Outputs. Diese Zahlenzeigen, dass Investitionen in den sozialen Sektor nicht nur gerechtfertigt, sondern in konjunkturellschwachen Zeiten dringend geboten sind.


24 Projekte für <strong>Österreich</strong>1.Flächendeckender Ausbau von schulunterstützender Sozialarbeit /Ausbau an den Schnittstellen zwischen Schule und offener JugendarbeitProjekte wie die Schulassistenz oder die NotschlafstelleWaki zeigen erfolgreich, wie junge Leute aufgefangen undunterstützt werden können. Da geht es um niederschwelligeAngebote, um Case Management. Wichtig erweist sich hierauch die Arbeit im öffentlichen Raum, in Parks, rund umSchulen.Sinnvoll wäre ein Aktionsplan, der Bildungsministerium,Sozialministerium, Wirtschaftsministerium und Jugendagendenzusammenbringt. Es geht darum, die Schnittstellenzwischen Schule, sozialer Arbeit und Aus bildung zusichten und zu verbinden.Überall dort, wo die Koordination zwischen Schule undSozialem gelingt, gelingt es auch Jugendlichen effektivzu helfen.2.Gewährung der Jugendwohlfahrtsleistungen bis zum 21. LebensjahrJugendliche mit schwieriger Lebensgeschichte brauchenBegleitung und Betreuung über das 18. Lebensjahr hinaus.Auch in einer Familie endet die Sorge und Unterstützungnicht einfach mit dem achtzehnten Geburtstag. DieseBegleitung wirkt auch stark präventiv und beugt Abstürzenvor, wie wir aus anderen europäischen Ländern wissen.3.Kompensatorische Ressourcenzuteilung für SchulenSchulen in sozial benachteiligten Bezirken besonders gutauszustatten, damit sie keine SchülerIn zurücklassen undfür alle Einkommensschichten attraktiv bleiben. Mit dieserschulpolitischen Intervention kann zwar die Spaltung in„gute“ und „schlechte“ Wohngegenden nicht aufgehobenwerden, – die liegt ja in der Einkommens- und Wohnpolitik,aber es kann in den Schulen einiges verbessert werden. DieNiederlande, Zürich, Hamburg und auch Kanada haben miteiner indexbasierten Mittelzuteilung gute Erfahrungen gemacht.Mit einem solchen Sozialindex, der unter anderemBildungsstand, Beruf und Einkommen der Eltern umfasst,würde eine Schule um einen bestimmten Prozentsatz xmehr an Ressourcen bekommen. Mehr Geld bedeutet abernicht unbedingt, dass sie qualitativ besser werden. Deswegenmuss jeder Standort einen Plan entwickeln, wie er dieRessourcen am sinnvollsten einsetzt.4.Frühe Hilfen / Ausweitung der Frühförderung auf ganz <strong>Österreich</strong>Die Bundesregierung setzt sich für einen Ausbau der sogenanntenFrühen Hilfen ein. Aus der Forschung wissen wir,wie wichtig für die Entwicklung des Kindes die Frühphasedes Lebens ist. Die Unterstützung rund um die so bedeutendeZeit von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbettweist aber in <strong>Österreich</strong> deutliche Lücken auf. Besondersfür Familien mit weniger Einkommen ist eine gute Begleitungoft nicht leistbar. Hier gibt es enormen Aufholbe<strong>darf</strong>.24 Projekte für <strong>Österreich</strong> – www.diakonie.at


5.Kinder mit Behinderungen: Schule und Ausbildung für alleKinder mit Behinderungen können derzeit nur 9 Jahre in dieSchule <strong>gehen</strong> (in der Sonderschule nach Maßgabe auchbis zu 12 Jahre), eine integrativ / inklusiv geführte Oberstufeist derzeit nur als Schulversuch möglich. Kinder mit undohne Behinderung sollen gemeinsam unterrichtet werdenkönnen, auch Kindern mit Behinderungen ist eine schulischeAusbildung bis zum 18. / 19. Lebensjahr zu ermöglichen.Jugendliche mit Behinderung können auch die sogenannte IBA (integrative Berufsausbildung, bietet 2 Möglichkeiten,entweder reguläre Lehre mit verlängerter Lehrzeit,oder Lehre mit Abschluss Teilqualifizierung) absolvieren.Die Teilqualifizierung hat derzeit keine Entsprechung imösterreichischen Bildungssystem, eine Anstellung ist aufgrundfehlender Klassifizierung für Arbeitgeber schwierig.Lösung:■■■■gesetzliche Rahmenbedingungen sowie Finanzierungfür inklusive Schulen bis zum 18./19. Lebensjahr für alleSchulen, auch AHS Oberstufe und berufsbildende Schulenmit Maturaschrittweiser Rückbau von Sonderschulen mit gleichzeitigerErhöhung der Stütz- bzw. SonderpädagogInnen inintegrativen Klassen■■Evaluierung der IBA (letzte Evaluierung im Jahr 2008)sowie Erarbeitung eines allgemein anerkannten Abschlussesfür die Teilqualifizierung mit Entsprechung imBildungs- und Entlohnungssystem■■Ausbau und offensive Bewerbung der Möglichkeit der IBAfür Unternehmen mit Lehrlingsplätzen6.Alle Formen der Kinderbetreuung auch für Kinder mit BehinderungenermöglichenDerzeit fehlen sowohl in der verschränkten Schulform alsauch in den diversen Nachmittagsbetreuungsangeboten(z.B. schulische Nachmittagsbetreuung, Hort, etc.) finanzielleMittel, um inklusive Betreuung zu gewährleisten. DieGelder aus der 15a Vereinbarung zum Ausbau der Nachmittagsbetreuungreichen nur für einE PädagogIn. Um beiden derzeitigen Gruppengrößen jedoch inklusiv arbeitenzu können, bräuchte es zwei PädagogInnen in jeder Gruppe.Insgesamt ist das Angebot für inklusive Betreuung amNachmittag derzeit noch sehr klein, ebenso wie das Angebotfür die vorschulische Betreuung (Kindergärten, Krippen,etc.). Das verpflichtende Kindergartenjahr muss derzeit vonKindern mit Behinderungen nicht besucht werden.Lösung:■■■■■■Ausweitung der maximalen finanziellen Mittel in der 15aVereinbarung (derzeit 9.000 Euro jährlich pro Gruppe),sowie Ermöglichung der Förderung in der doppeltenHöhe wenn integrativ betreut wird.Streichung der Unzumutbarkeitsregelung beim verpflichtendenKindergartenjahr, so dass auch Kinder mitsonderpädagogischem Förderbe<strong>darf</strong> in die Kindergartenpflichtmitaufgenommen werden.Erhebung der statistischen Gesamtsituation von integrativerKinderbetreuung (vorschulisch und schulisch) mitFokus auf Kinder mit Behinderungen7.Menschen mit Pflegebe<strong>darf</strong>: Pflegevorsorge nachhaltig planen undfinanzierenDer Pflegefonds als Finanzierungs-Zwischenlösung ist nurbis zum Jahr 2016 konzipiert. Es gibt keine einheitlichenPlanungs- und Steuerungsgrundlagen. Die so genanntenBe<strong>darf</strong>s- und Entwicklungspläne der Bundesländer werdennicht nur für jedes Land einzeln sondern auch zu unterschiedlichenZeitpunkten erstellt. Die Pflegestatistik aufGrundlage der Daten aus den Bundesländern erfasst nureine geringe Anzahl an Daten. Das Pflegegeld hat in seinem20jährigen Bestehen knapp 30 % seines Wertes <strong>verloren</strong>.24 Projekte für <strong>Österreich</strong> – www.diakonie.atLösung:■■■■■■■■■■strukturierte Erarbeitung eines Pflege-Gesamtkonzeptesunter Einbindung von Sozialorganisationen bis zum Jahr2016 (mehr als die reine Fortschreibung des Pflegefonds)Erarbeitung einer bundesländer-übergreifenden Planungder Be<strong>darf</strong>e (Harmonisierung der Be<strong>darf</strong>s- und Entwicklungspläneals einheitliches Steuerungsinstrument)Ausbau der Pflegedienstleistungsstatistik, um besserePlanung zu ermöglichen (z.B. bessere Aufschlüsselung,genauere Daten, Personal, etc.)Valorisierung des Pflegegeldes, um Kaufkraft und Pflegezu stärkenSicherstellung der Finanzierung durch zweckgebundeneSteuern (z.B. Vermögensbezogene Steuern)


8.Ausbau von PflegedienstleistungenPflegebedürftige Menschen und deren Angehörige leidenunter der so genannten Pflegelücke. Die Pflegelücke entsteht,weil oftmals nur entweder Versorgung in stationärenSettings oder Betreuung durch Angehörige möglich ist.Zwischenformen wie mobile Dienste haben starke Begrenzungen(z.B. nur wenige Wochenstunden), Tageszentren,Kurzzeitpflege, Übergangspflege etc. sind oft überhauptnicht verfügbar. Professionelle Pflege ist daher oftmals regionalnicht verfügbar, oder schlichtweg nicht leistbar. ImSinne der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie derregionalen wirtschaftlichen Entwicklung müssen sozialePflegedienstleistungen ausgebaut und verstärkt angebotenwerden. Davon profitieren nicht zuletzt die derzeit etwa43.000 Kinder und Jugendlichen, die zu Hause ihre Angehörigenpflegen und betreuen.Lösung:■■Schwerpunktsetzung beim Ausbau von Pflegeangebotenauf mobile Dienste, Tageszentren und Kurzzeitpflege■■Ausbau von Notpflegediensten in allen Bundesländern(Vorbild: Wien)■■Ausbau von Information für Kinder und Jugendliche,sowie Sensibilisierung in diesem Bereich■■Angebote von mobiler Pflege abseits von Kontingentierungen,vor allem zur Entlastung von Kindern undJugendlichen■■■■verstärkte Finanzierung von mobiler Hauskrankenpflegeüber die KrankenversicherungUnterstützung für pflegende Angehörige durch Beratung,Information und Möglichkeit zur Erholung9.Pflege- und Betreuungsberufe: Verbesserung des Images, Attraktivierungder Arbeitsbedingungen und Ausweitung der TätigkeitenDas Image von Pflegeberufen ist sehr negativ besetzt –diese Berufe werden vorrangig mit Frauenbeschäftigung,geringer Entlohnung und hoher physischer bzw. psychischerBelastung in Zusammenhang gebracht. Vielfach sindfür Menschen mit Pflegebe<strong>darf</strong> im Rahmen einer professionellenVersorgung schlichtweg keine männlichen Ansprechpartnerverfügbar (abgesehen von Ärzten und Zivildienern).Zudem passen die derzeitigen Tätigkeitsprofile laut GuKGnicht auf die tatsächlichen Erfordernisse in der Praxis (vorallem im Behindertenbereich).Lösung:■■■■■■■■■■Imagekampagne zur öffentlichen Wahrnehmung der Pflege-und Betreuungsberufe, durchgeführt von BMASK,BMG und ZivilgesellschaftVerstärkte Werbung von männlichem Pflege- und Betreuungspersonalsowie Vereinfachung der Nostrifizierungs-bzw. Anerkennungsverfahren, um Kompetenzenvon Menschen mit Migrationshintergrund zu nutzenBindende Anerkennung der kollektivvertraglichenEinigungen (Finanzierung der ausgehandelten Lohnergebnissezwischen Gewerkschaften und Dienstleistungserbringern)sowie Erhöhung der Kostenersätze umfinanzielle Anreize für die Arbeit in Pflege und Betreuungzu ermöglichenEtablierung von Supervision als Teil der Arbeitszeit bzw.Schaffung und Finanzierung von „Erholungsmöglichkeitenbzw. -phasen“ durch gemeinsame Team-Besprechungenin der ArbeitszeitNovellierung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzesmit Augenmerk auf Wohngemeinschaften von Menschenmit Behinderungen (Ausweitung der pflegerischenTätigkeiten von pädagogischem und Betreuungspersonal)24 Projekte für <strong>Österreich</strong> – www.diakonie.at


10.Pilotprojekte Conferencing – „Familienrat“Die Bundesregierung ruft Pilotprojekte zur Umsetzung desConferencing Ansatzes in der Pflege ins Leben. Dieser auchunter dem Titel „Familienrat“ in der sozialen Arbeit bekannteAnsatz könnte gerade für die Etablierung hilfreicher Pflegearrangementsein wertvolles Tool werden.11.Menschen mit Behinderung in Werkstätten sozial absichern undDurchlässigkeit in den Arbeitsmarkt fördernKnapp 20.000 Menschen mit intellektueller Behinderungsind in <strong>Österreich</strong> in Werkstätten / Tagesstruktur tätig. IhreTätigkeit gilt nicht als Arbeit, sie sind daher nicht eigenständigin der Sozialversicherung erfasst (Unfallversicherung:eigenständig seit 2011, Krankenversicherung: derzeit überEltern wie Kinder mitversichert, oder in der Waisenpension,Pensionsversicherung: derzeit keine), unterliegen nicht denArbeitsschutzgesetzen, haben keine gesetzlich abgesicherteVertretung, haben keinen Pensionsanspruch und beziehenkeinen Lohn (derzeit: Taschengeld, unterschiedlichnach Tätigkeit und Bereich von 5 bis 550 Euro monatlich).Wollen Menschen mit Behinderung von einer Werkstättein den 1. Arbeitsmarkt wechseln und scheitern an diesemArbeitsversuch, leben ihre Ansprüche auf die sozialen Leistungen(wie z.B. erhöhte Familienbeihilfe, Waisenpension,etc.) nicht wieder auf – dies erschwert einen Übergang bzw.erhöht die Angst von Menschen mit Behinderung vor einemWechsel, da sie ggf. nicht mehr in die Werkstätte zurückkehrenkönnen.Lösung:■■■■■■■■■■■■Erarbeitung der Möglichkeit zur Anerkennung der Tätigkeitenin Werkstätten als Arbeit im arbeitsrechtlichenSinnErarbeitung einer Möglichkeit zur sozialversicherungsrechtlichenAbsicherung von Menschen mit Behinderungin Werkstätten, insbesondere Krankenversicherung undPensionsanspruchÜberarbeitung bzw. flexible Handhabung der derzeitstrikten Grenze der „Arbeitsunfähigkeit“ im ASVG § 273(„Arbeitsunfähigkeit“ ist Kriterium für Eintritt in Werkstätte)Abbau der Hürden zwischen 1. und 3. Arbeitsmarkt(insbesondere bei Familienbeihilfe und Waisenpension),flächendeckender Ausbau des Pilotprojektes „Rückversicherung“,so dass Menschen mit Behinderung auchnach einem gescheiterten Arbeitsversuch ggf. in dieWerkstätte zurückkehren könnenForcierung und Stärkung der Arbeitskräfteüberlassungaus Werkstätten am 1. Arbeitsmarkt zu Regel-Arbeitsbedingungen,mit ausreichend Unterstützung und AssistenzGesetzliche Verankerung einer Selbstvertretung vonMenschen mit intellektueller Behinderung, die ihre Interessenselbst vertreten, sowie ausreichende Assistenz (inOberösterreich bereits gesetzlich verankert)12.Hilfsmittel Versorgung und Assistierende TechnologienDie Hilfsmittelversorgung für Menschen mit Behinderungaber auch für Menschen im Alter in <strong>Österreich</strong> ist mit Problemenbehaftet – es sind (1) sehr viele unterschiedlicheKostenträger für die Finanzierung zuständig, (2) es ist oftnicht möglich, Hilfsmittel zur Gänze auszufinanzieren, und(3) ist der so genannte Hilfsmittelkatalog der Sozialversicherungsträgernicht auf dem neuesten Stand der Technik.63.000 Menschen mit Beeinträchtigungen der Lautsprachesowie 1 Million Menschen mit dauerhaften Mobilitätsproblemensind jedoch auf Hilfsmittel angewiesen, um ihr Lebeneigenständig führen zu können.Lösung:■■■■■■Errichtung einer zentralen Anlaufstelle für Menschen, dieHilfsmittel benötigen (Vernetzung der Fianciers im Hintergrund)Rechtsanspruch auf Hilfsmittel, insbesondere auch fürHilfsmittel der sozialen RehabilitationAnpassung des Hilfsmittelkataloges auf den neuestenStand der Technik, auch unter Einbeziehung von Behindertenorganisationen24 Projekte für <strong>Österreich</strong> – www.diakonie.at


13.Pränataldiagnostik und Schadenersatzzahlungen bei Kindern mitBehinderungenVorgeburtliche Untersuchungen können hohe Unsicherheitbei werdenden Eltern auslösen. Gerade bei einer möglichenGeburt eines Kindes mit Behinderung fehlen ergebnisoffeneBeratungen und Informationen. Zusätzlich werdenÄrztInnen aufgrund der höchstgerichtlichen Urteile bzgl.Schadenersatzzahlungen aufgrund Geburt eines Kindes mitBehinderung verunsichert. Die embryopathische Indikation,auf deren gesetzliche Grundlage auch Spätabtreibungennach der 22. Schwangerschaftswoche aufgrund von möglichenBehinderungen durchgeführt werden können, ist ausethischer Sicht überarbeitungsbedürftig.Lösung:■■■■■■Errichtung und Finanzierung von Beratungsstellen fürwerdende Eltern (mit positiver pränatalen Diagnose)zusätzlich zu den Familienberatungsstellenflächendeckende Schulungen / Informationen für ÄrztInnenin Hinblick auf ergebnisoffene Beratung bei pränatalenDiagnoseverfahrenEinrichtung einer Arbeitsgruppe unter Einbindung derBio-Ethikkommission im Bundeskanzleramt zum ThemaSchadenersatzzahlungen sowie Weiterentwicklung /Abschaffung der embryopathischen Indikation14.Umsetzung der Nationalen Gesundheitsziele: Health in All PoliciesDie Verankerung des wesentlichen Grundsatzes „Health inAll Policies“ soll durch die Schaffung eines interministeriellenGremiums als Begleitorgan zur bundesweiten Umsetzungder Rahmen-Gesundheitsziele sichergestellt werden.In dieser Austausch- und Steuerungsgruppe können dieZiele und Maßnahmen aufeinander und miteinander abgestimmtwerden.15.Pilotprojekt Health Impact AssessmentDie Bundesregierung startet ein Pilotprojekt zur gesundheitlichenFolgenabschätzung (Health Impact Assessment).HIA ist eine Kombination aus Verfahren, Methoden undWerkzeugen zur Vorhersage und Einschätzung von positivenund negativen gesundheitlichen Folgen auf betroffeneBevölkerungsgruppen, die durch Vorhaben unterschiedlichsterArt entstehen können. Gesundheit <strong>Österreich</strong>(GÖG) hat dazu internationale best Practices gesammeltund auch ein Verfahren für <strong>Österreich</strong> entwickelt.24 Projekte für <strong>Österreich</strong> – www.diakonie.at


16.Stärkung der GemeinnützigkeitGemeinnützige Organisationen bringen einen Mehrwert fürdie Gesellschaft, sei es durch ehrenamtliches Engagement,durch die Re-Investition von Gewinnen oder der gratis zurVerfügung gestellten Expertise in politischen Entscheidungsprozessen.Zunehmend werden Teile der Daseinsvorsorgein den gewinnwirtschaftlichen Sektor verlagert. Auchfehlende Rechtsnormen erlauben es gewinnorientiertenAnbietern, durch komplizierte GesellschaftskonstrukteGemeinnützigkeit zu suggerieren. Derzeit werden gemeinnützigeSozialorganisationen („Mildtätigkeit“) lediglich durchdie Bundesabgabenordnung und damit steuerrechtlichenBelangen definiert.17.Lösung:Wachstum und Beschäftigung: Investition in soziale Dienstleistungen■■■■■■verstärkte Öffentlichkeitsarbeit bzw. Kampagne mit demThema „Gemeinnützigkeit bringt Mehr!“, seitens deröffentlichen Hand in Kooperation mit gemeinnützigenOrganisationenErarbeitung eines klaren Rechtsrahmens (Gemeinnützigkeitsrechts),sowie einer Definition von Gemeinnützigkeitabseits des SteuerrechtsStärkung des gemeinnützigen Sektors durch ein Bekenntnis,dass bestimmte Bereiche der Daseinsvorsorgenur gemeinnützig bzw. staatlich organisiert werden dürfen■ ■ verstärkte Einbindung des dritten Sektors im Rahmen■■der Öffentlichkeitsbeteiligung bei politischen Prozessen,auf nationaler wie auf EU-Ebene durch eine formal strukturierteRegelkommunikationgezielte Nutzung der Erfahrung und Expertise von gemeinnützigenSozialorganisationen bei Arbeitsgruppenbzw. Gremien (z.B. Einbindung in ESF-Entscheidungen)Der Gesundheits- und Sozialbereich ist ein wachsenderund zugleich stabilisierender Sektor für die österreichischeWirtschafts- und Sozialpolitik. Obwohl dieser Sektor krisenunabhängiggroßes Beschäftigungspotential birgt, wirddieses noch zu wenig genutzt (ca. 9 % aller Beschäftigtenin diesem Sektor, in den nordischen Staaten bis zu 20 %).Arbeitskräfte werden in den nächsten Jahren aufgrundder demografischen Entwicklung sowie verfehlter Migrationspolitikzusätzlich fehlen. Zusätzlich wird die langfristigeFinanzierung immer wieder auf die Probe gestellt – durchfehlende Anpassungen und Wertsteigerungen sowie Nicht-Berücksichtigung der Kollektivverträge, die mit der Gewerkschaftverhandelt werden.Lösung:■■■■■■■■■■■■■■■■Bereitstellung einer Sozialmilliarde, um soziale Dienstleistungen,insbesondere für Pflege und Kinderbetreuung,auszubauenAusbau der Kinderkrippen und Angebote für die Betreuungder unter 2jährigen, um die Vereinbarkeit von Familieund Beruf weiter zu erhöhenNutzung von EU-Geldern für soziale Dienstleistungsangebote(z.B. ESF-Mittel)Aufnahme von Sozialberufen in die Liste der Mangelberufefür erleichterte ArbeitsmarktbestimmungenVereinfachung der Anerkennung von Ausbildungen imGesundheits- und Sozialbereich (z.B. Nostrifizierungen)Berücksichtigung von Wertsteigerungen und Inflationsanpassungenbei Leistungsverträgen und Tagsatzvereinbarungenzwischen der öffentlichen Hand und DienstleistungserbringernBindende Anerkennung der kollektivvertraglichen Einigungen(Finanzierung der ausgehandelten Lohnergebnissezwischen Gewerkschaften und Dienstleistungserbringern)Forcierung von mehrjährigen Leistungsverträgen sowievereinfachten Abrechnungsmodalitäten24 Projekte für <strong>Österreich</strong> – www.diakonie.at


18.Gleichstellung des Zivildienst und des Freiwilligen Sozialen JahresDer Zivildienst als Ersatzdienst zum Bundesheer ist fürjunge Männer offen, junge Frauen können diese Variantenicht in Anspruch nehmen – doch gibt es die Möglichkeitzur Absolvierung eines Freiwilligen Sozialen Jahres. Dies istjedoch schlechter gestellt als der Zivildienst.Lösung:■■■■■■Anpassungen in der Familienbeihilfe (Ermöglichung Bezugzwischen Schulabschluss und Beginn des FSJ analogzum Zivildienst sowie Verlängerung des Bezugs biszum 25. Lebensjahr)Abgeltung der Ausbildungszeiten im FSJUnterstützung für Jugendliche aus einkommensschwachenFamilien aus dem Familienlastenausgleichsfonds19.Mindestsicherung: Reform des Vollzugs in den LändernDie Bundesregierung bekennt sich zu einer bürgerfreundlichenund grundrechtsorientierten Verwaltung. Im Rahmender Evaluierung der Be<strong>darf</strong>sorientierten Mindestsicherungsetzt sie eine Task Force zur Verbesserung des Vollzugs derBMS ein. Die Task Force erarbeitet Vorschläge und Empfehlungenfür das untere soziale Netz.20.Strukturierte Einbindung von benachteiligten Gruppen und gemeinnützigenInitiativen in EntscheidungsprozesseDie Expertise und Erfahrung von Gemeinnützigen Organisationensoll gezielt genutzt werden. Die „Standards derÖffentlichkeitsbeteiligung“ (Ministerratsbeschluss Bundeskanzleramt,2009) werden verpflichtend zur Einbindungbei politischen Prozessen auf nationaler sowie EU-Ebeneverwendet. Gemeinnützige Organisationen werden auchin Gremien zur Vergabe von finanziellen Mitteln inkludiert(z.B. ESF). Für bessere Bürgerbeteiligung müssen mit neuenPartizipationsprojekten besonders auch benachteiligteBevölkerungsgruppen eingebunden werden: Menschen mitBehinderungen, Armutsbetroffene, etc.BürgerrätInnen und Partizipation BenachteiligterBürgerrätInnen (wie zur Zeit in Vorarlberg erprobt) könnenEinblicke und Lösungen erbringen, an die vorher nicht gedachtwurde. Sie beteiligen BürgerInnen aller Schichten,Einkommen und Herkunft an entscheidenden Fragen desGemeinwesens.TIPP:http://www.vorarlberg.at/vorarlberg/umwelt_zukunft/zukunft/buerofuerzukunftsfragen/weitereinformationen/buergerschaftlichesengage/buergerbeteiligung/buergerinnenraeteinvorar/buergerinnen-raeteinderpr.htmNach diesem Vorbild können auch benachteiligte Bevölkerungsgruppenzu Wort kommen: Menschen mit Behinderungen,Armutsbetroffene, Erwerbslose, Pflegebedürftigeund ihre Angehörigen. Weitere Instrumente dafür sindGesprächsforen, in denen benachteiligte Bevölkerungsgruppenmit Behörden- und InstitutionenvertreterInnen inDialog kommen. Oder Methoden des Theaters um „Szenendes eigenen Lebens“ zu spielen und anderen verständlichzu machen. Erfahrungen dazu haben in <strong>Österreich</strong> besondersdie BehindertenselbstvertreterInnen und die Plattform„Sichtbar Werden“ Armutsbetroffener gesammelt. DieUnterstützung von Selbstorganisation und der Bildung vonSelbsthilfegruppen ist hier zentrale Voraussetzung für Partizipationund Mitbestimmung.TIPP: Interact Theater Graz, Sichtbar Werden der Armutskonferenz,BetroffenenrätInnen in den NiederlandeSozialanwaltschaften, Ombudsstelle:Verwaltungsreform und Demokratiepaketfür alleBei Verwaltungsreform und Demokratiepaket dürfen diejenigennicht vergessen werden, die eine gute Verwaltung undgleichen Zugang zum Recht am meisten brauchen. Geradebei Menschen, die sich selbst nicht ausreichend vertretenkönnen, sind verbesserte Rechtschutzangebote dringenderforderlich. Sozialanwaltschaften analog zu den PatientInnenanwaltschaftenkönnen zum Beispiel Ombudstelle undRechtschutz für Betroffene sein. Modelle von Arbeitslosenanwaltschaftenwurden bereits in Oberösterreich und Wienausgearbeitet.24 Projekte für <strong>Österreich</strong> – www.diakonie.at


21.Reform des Privatkonkurses: Senkung der Mindestquote und derVerfahrensdauerDie Bundesregierung bekennt sich zum Ziel des wirtschaftlichenNeubeginns durch Schuldenregulierungsverfahren.Zurzeit wird in <strong>Österreich</strong> die Restschuldbefreiung imRegelfall erst nach 7-jähriger Verfahrensdauer erteilt, zumanderen gilt eine hohe Mindestquote. Diese Hürde machtgerade einkommensschwachen Personen einen Neustartfast unmöglich. Nirgendwo sonst in Europa dauert dasVerfahren so lange und kaum wo existiert eine Mindestquoteals Entschuldungshürde. In den meisten europäischenStaaten ist hingegen eine Tendenz der Entschuldungsdauervon etwa 5 hin zu drei Jahren auszumachen22.AsylwerberInnen menschenwürdige Grundversorgung ermöglichenDie Qualität der Grundversorgungsleistungen in <strong>Österreich</strong>ist extrem unterschiedlich. Manche Quartiere könnennicht als menschenwürdige Unterkunft betrachtet werden.Oft sind Quartiere sehr dezentral und die Verkehrsmittelunleistbar. Es fehlen bundeseinheitliche Mindestqualitätsstandards.Der Fokus liegt in einigen Bundesländern nachwie vor in der Bereitstellung eines Quartiers und der Bereitstellungvon 3 täglichen Mahlzeiten. Eine Selbstversorgungin privaten Wohnungen scheitert an den viel zu niedrigenKostensätzen, die je nach Familiengröße bei der Hälfte oderüberhaupt nur einem Drittel der be<strong>darf</strong>sorientierten Mindestsicherungliegt.Lösung:■■■■■■■■■■Der Fokus muss auf die Betreuung durch qualifiziertesPersonal gelegt werden. (Mindestqualifikationen fürQuartierbetreiberInnen)Quartiere an zentralen StandortenKostenlose oder sehr günstige Verkehrsmittel für grundversorgtePersonenFörderung der Individualität durch Unterbringung in Privatwohnungen<strong>Österreich</strong>weite Mindeststandards23.Asyl und Flüchtlingspolitik als europäische Aufgabe erkennenDas Dublin System hat zu einer sehr unterschiedlichen Aufteilungder Verantwortung für die Prüfung von Asylanträgenin Europa geführt. Eine legale Einreise von Schutzsuchendenin Europa ist kaum mehr möglich. Flüchtlinge liefern sichSchleppern aus. Das ist extrem teuer und extrem gefährlich.Immer mehr Menschen sterben beim Versuch nach Europazu gelangen.Lösung:■■■■■■■■Es soll geschützte Einreiseverfahren für Schutzsuchendegeben, für die eine Schutzgewährung wahrscheinlich ist.(Botschaftsverfahren, Visaerleichterungen….)<strong>Österreich</strong> soll sich am weltweiten Resettlement-ProgrammbeteiligenDer Lebensrettung ist absolute Priorität einzuräumen.Weder Staaten noch Zivilpersonen dürfen Nachteile erleiden,wenn sie Flüchtlinge retten.<strong>Österreich</strong> soll die humanitäre Klausel der Dublin Verordnungextensiv auslegen und sich in der EU für eineUmwandlung der Dublin Verordnung in eine „Solidaritätsrichtlinie“einsetzen, welche zu einer gerechteren Teilungder Verantwortung im Flüchtlingsschutz führt.24 Projekte für <strong>Österreich</strong> – www.diakonie.at


Solidarität in der EntwicklungszusammenarbeitDer Bereich Entwicklungszusammenarbeit wurde von derRegierung in den vergangenen Jahren unverhältnismäßigstark gekürzt, sodass per Ende 2014 nur weniger als 2/3der Mittel von 2010 für die operative Arbeit zur Verfügungstehen. Damit ist <strong>Österreich</strong> unter den Schlusslichternim Bereich Entwicklungszusammenarbeit unter den EU-Staaten.Lösung:■■■■■■24.Als erster Schritt: Anhebung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeitauf das Niveau von 2010, weitereschrittweise Erhöhung der EZA auf mindestens 220 Mio.Euro bis 2017Einhaltung des 0,7 % Zieles der OECD für EZA undHumanitäre Hilfe (nicht nur als Lippenbekenntnis)Absicherung der Dotierung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeitdurch deren gesetzliche VerankerungTransparente und einheitliche Verfahren beiVergaben und fixe Dotierung für humanitäreHilfe ermöglichenDie Humanitäre Hilfe ist in <strong>Österreich</strong> auf mehrere Ministerienverteilt, die Vergabe unübersichtlich und intransparent.Zusätzlich dazu ist die Humanitäre Hilfe der <strong>Österreich</strong>ischenBundesregierung massiv unterdotiert. Andere vergleichbareLänder (wie z.B. die Schweiz) haben Budgetsfür Humanitäre Hilfe, die das 8-fache des österreichischenBudgets ausmachen.Lösung:■■Konzentrierung der Humanitären Hilfe in einem Ministeriummit einheitlichen, transparenten Vergaberichtlinien■■Vergabeverfahren für Mittel der Humanitären Hilfe, dasrasches Agieren der Hilfsorganisationen ermöglicht■■Fixe, jährliche Dotierung des Bereichs Humanitäre Hilfe,bzw. deren schrittweise Erhöhung auf 22 Mill. Euro bis201724 Projekte für <strong>Österreich</strong> – www.diakonie.at

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