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Erwachsen werden, ein Ritual Erwachsen werden, eine ...

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Mit den selbstgemachten <strong>Ritual</strong>versuchen Jugendlicher sind wirnicht <strong>ein</strong>verstanden, da sie uns entweder gefährlich oder in unheilvoller Nähe zur Delinquenz vorkommen. Sie dienen auch nicht -wie ursprünglich vorgesehen - derEingliederung Jugendlicher in die<strong>Erwachsen</strong>enwelt und skizzierenauch nicht erste Ideen für <strong>ein</strong>e gem<strong>ein</strong>same Weitergestaltung <strong>ein</strong>esWeges für junge und ältere <strong>Erwachsen</strong>e. Sie <strong>werden</strong> als Abgrenzung und Provokation verstandenund sind auch so gedacht.Der Kinder- und Jugendpsychiater Klosinski (1991) zeigt,dass es in unserer Gesellschaftdem Jugendlichen auf s<strong>ein</strong>em Wegzu sich selbst insbesondere darumgeht, sich vom für ihn jetzt anstehenden Lebensabschnitt vorerstabzusetzen. Haare, Kleidung, Körperausdruck, Sprache signalisieren <strong>ein</strong>e deutliche Distanz gegenüber der <strong>Erwachsen</strong>enwelt.Kindergruppe auf der Basis vonSelbstentdeckung und gewähltemund deshalb akzeptiertem Vorbildvollzogen. Dieses Modell entspricht mit Sicherheit den erprobten und erfolgreichen Sozialisationserfahrungender menschlichenStammesgeschichte und traf zu, bisLandwirtschaft, Industrialisierung,Trennung von Arbeits- und Familienwelt die Lebens- und Arbeitsbedingungen <strong>ein</strong>schneidend verändert haben. Einen echten Ersatzgibt es noch nicht. Bei uns versuchen geschulte <strong>Erwachsen</strong>e, imKindergarten oder ähnlichen Instischränkt,es erfolgt k<strong>ein</strong>e echte Integration in die Primärumwelt desKindes.Die fehlende Erfahrung mit <strong>ein</strong>er eigenen Kultur zeigt sich auchan den Besonderheiten der Jugendkultur, die für die zahlenmäßig meisten Jugendlichen typisch ist. Der Kinder- und Jugendpsychiater du Bois (2000) analysierte sie und erkannte in der bunten Vielfalt der Ausprägungsformen das über<strong>ein</strong>stimmende Konzept „die Teilnahme <strong>Erwachsen</strong>erwird ausgeschlossen".Den Jugendlichen fehlt es auchan Übung, sich eigene <strong>Ritual</strong>e zuschaffen. In den Kinderspielgruppen traditionaler Gesellschaftenz. B. in Neuguinea oder Südamerika entstehen eigenständige Kulturelemente, die ohne Zutun der<strong>Erwachsen</strong>en von den älteren andiejüngeren Kinder weitergegeben<strong>werden</strong>. Bei dieser Kinderkulturhandelt es sich um Kinderspiele,Reime und Verse, doch noch weitkomplexere Aspekte des Sozialverhaltens <strong>werden</strong> von größerenKindern an jüngere vermittelt. Wieman mit<strong>ein</strong>ander Kontakt aufnimmt, Konflikte löst, s<strong>ein</strong>en Verhaltensspielraum, also s<strong>ein</strong>e Möglichkeiten und Grenzen erkundetund Beziehungen unter<strong>ein</strong>andergestaltet, wird hier vorgelebt, gezeigt und kontrolliert. Will manpassen und dazugehören, hält mansich daran. Die Sozialisation <strong>ein</strong>esKindes läuft somit zwar in HörundBlickkontaktnähe zu den <strong>Erwachsen</strong>en ab, wird jedoch im Wesentlichen in der alterseemischtentutionen <strong>ein</strong>en Ausgleich zu bieten.Die Simulation ist nicht perfekt:a. die Einrichtung ist völlig getrennt vom Bereich der Kernfamilie, <strong>ein</strong> spontanes Aufsuchen derEltern ist nicht möglich,b. die freie räumliche und soziale Entfaltung fehlt, da Spielplatzund Spielpartner nur begrenzt zurWahl stehen,c. die Altersmischung ist meistnoch zu gering, so dass Vorbild,Schutz und Erfahrungen ältererKinder nicht verfügbar sind,d. <strong>Erwachsen</strong>e übernehmengroßteils die Strukturierung derGruppe und Organisation derSpielaktivitäten, was den kindlichen Handlungs- und Entscheidungsspielraum <strong>ein</strong>schränkt undzu Abhängigkeit und Erlebnisarmut führt,e. alle Angebote bleiben aufden Ort der Einrichtung be-Dennoch spricht viel dafür,dass k<strong>ein</strong> ernstzunehmender Protest zu finden ist, der <strong>ein</strong> Wegbereiter für <strong>ein</strong>e bessere Welt s<strong>ein</strong>könnte. Die heutige Jugendkulturwird eher als Ausdruck oberflächlicher Be<strong>ein</strong>flussung durch die Industrie <strong>ein</strong>geschätzt, k<strong>ein</strong> Umsturzist geplant, es geht nicht um Aufbruch und Erneuerung. Du BoisThese, dass die Kluft zwischen denGenerationen selten so gering war,müsste intensiver diskutiert <strong>werden</strong>, doch sind die konkreten Lebensziele Jugendlicher weitgehendidentisch mit denen der Eltern: Beruf, Status, Geld verdienen, Konsum. Es geht also nicht um die Verachtung der <strong>Erwachsen</strong>enwelt,sondern eher um den Wunsch, sichmöglichst schnell Eintritt zu verschaffen, weitgehend ohne Hilfe.Die Anpassungsbewältigungs-Strategien lassen zu wünschen

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