Interview Museumsdirektoren - Senckenberg Museum
Interview Museumsdirektoren - Senckenberg Museum
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INTERVIEW MIT DEN DREI DIREKTOREN<br />
WAS TUN? Über den Sinn menschlicher Arbeit<br />
Sehr geehrter Herr Prof. Mosbrugger, sehr geehrter Herr Dr. Gerchow, Sie haben ein<br />
Experiment gewagt und als Generaldirektor der <strong>Senckenberg</strong> Gesellschaft für<br />
Naturforschung und Direktor des Historischen <strong>Museum</strong>s Frankfurt eine Ausstellung zum<br />
Sinn des menschlichen Arbeitens entstehen lassen. Wie mutig war dieses Projekt?<br />
Prof. Mosbrugger: Das Projekt war mutig und es ist geglückt. Das Thema „Arbeit“ bietet sich in<br />
hervorragender Weise für ein interdisziplinäres Experiment an, das auch eine Brücke zwischen<br />
Kultur und Natur schlagen will. Wir bei <strong>Senckenberg</strong> sind sehr froh, dass Herr Gerchow mit der<br />
Idee, die Ausstellung in der Wolfgang-Steubing-Halle des <strong>Senckenberg</strong> Naturmuseum zu<br />
zeigen, zu uns kam.<br />
Dr. Gerchow: Frankfurt am Main hat eine sehr vielfältige und lebendige <strong>Museum</strong>slandschaft.<br />
Für Gesellschafts- und Gegenwartsthemen wie „Arbeit“ gab es bisher in Frankfurt noch keinen<br />
Ausstellungsort. Wir betreten hier also Neuland. Außerdem, sind Kooperationsprojekte mehrerer<br />
Häuser immer ein Wagnis; erst recht, wenn zwei Hauser so unterschiedlicher Ausrichtung<br />
zusammen arbeiten. Ich denke, dass wir hier eine neue Qualität der Interdisziplinarität schaffen.<br />
Sehr geehrter Herr Prof. Vogel, die Ausstellung wurde ursprünglich in Ihrem Haus, dem<br />
Deutschen Hygiene-<strong>Museum</strong> in Dresden, mit großem Erfolg gezeigt. Inwieweit wurde die<br />
Ausstellung nun für Frankfurt verändert?<br />
Prof. Vogel: In der Überarbeitung finden sich nun natürlich Bezugspunkte zum <strong>Senckenberg</strong><br />
Naturmuseum und zum Historischem <strong>Museum</strong> Frankfurt. Am auffälligsten ist sicher der Bezug<br />
zur Tierwelt. So findet sich jetzt eine „Tierspur“, die durch die Ausstellung leitet und einen Bezug<br />
zu mindestens einem Tier in jedem der Ausstellungsräume herstellt. Tiermotive haben wir auch<br />
auf den Plakaten und Bannern aufgegriffen. Der Inhalt der Ausstellung, also die<br />
Auseinandersetzung mit dem Thema „Arbeit“, wird durch den Einbezug der Tierwelt gleichzeitig<br />
intensiviert und mit einer spielerischen Note versehen. Diese unerwartete und ‚fremde’<br />
Perspektive und die so gewonnene Distanz auf das Thema fungiert als Blicköffner für<br />
grundlegende Fragen nach der menschlichen Arbeit, ihren verschiedenen Beweggründen, ihren<br />
Freiheitsgraden und zukünftigen Perspektiven.<br />
Herr Dr. Gerchow, wo ist der Einfluss des Historischen <strong>Museum</strong>s Frankfurt deutlich?<br />
SENCKENBERG GESELLSCHAFT FÜR NATURFORSCHUNG<br />
Dr. Sören B. Dürr | Alexandra Donecker | Judith Jördens<br />
<strong>Senckenberg</strong>anlage 25 | D-60325 Frankfurt am Main<br />
T +49 (0) 69 7542 - 1561 F +49 (0) 69 7542 - 1517 pressestelle@senckenberg.de www.senckenberg.de<br />
SENCKENBERG Gesellschaft für Naturforschung | <strong>Senckenberg</strong>anlage 25 | D-60325 Frankfurt am Main | Amtsgericht Frankfurt am Main HRA 6862<br />
Mitglied der Leibniz Gemeinschaft
Dr. Gerchow: Aus dem geschichtswissenschaftlichen Fachmuseum entwickelt sich das<br />
Historischen <strong>Museum</strong>s Frankfurt momentan zum Stadtmuseum für Frankfurt und „Rhein-Main“.<br />
Die aktuellen Themen der Stadt Frankfurt und ihrer Region werden hier präsentiert und<br />
diskutiert – das schließt „Tiefenbohrungen“ in die reiche Geschichte der Stadt ebenso wie<br />
Zukunftsperspektiven ein. „Arbeit“ aus der Perspektive von Gegenwart und Zukunft ist so ein<br />
aktuelles Thema mit Zukunftsbezug. Gerade die Region Frankfurt-Rhein-Main ist wie keine<br />
andere in Deutschland von modernen Arbeitsformen und einem dynamischen, in vielen<br />
Bereichen globalisierten Arbeitsmarkt geprägt. Und wir treiben die in Dresden begonnene Arbeit<br />
am Begriff der Arbeit gemeinsam weiter: im Spannungsfeld von Natur und Gesellschaft.<br />
Professor Mosbrugger, der Erfolg der Ausstellung in Dresden war beeindruckend. Lässt<br />
sich das toppen?<br />
Professor Mosbugger: Das Thema und das museale Konzept sind ja aktueller denn je. Und<br />
natürlich sind wir an möglichst hohen Besucherzahlen interessiert. Entscheidend für uns ist<br />
jedoch die bereits erwähnte interdisziplinäre Kooperation. Gewissermaßen ist dies auch ein<br />
Probelauf für das, was der Bockenheimer Kulturkampus ja einmal ermöglichen soll: Die<br />
Interaktion verschiedener Wissensdisziplinen aber auch die Interaktion zwischen<br />
Wissenschaften und darstellenden Künsten. Denn diese Ausstellung könnte auch in einer<br />
Kunsthalle stattfinden. Und wir sind begeistert, wie gut dies bei der Verwirklichung der<br />
Frankfurter Zeigung geklappt hat.<br />
Prof. Vogel: Die Ausstellung hatte in Dresden ein umfangreiches Begleitprogramm, das viel<br />
zum Erfolg der Ausstellung beigetragen hat. Das Frankfurter Begleitprogramm ist naturgemäß<br />
ganz anders strukturiert und bietet viele neue, attraktive Elemente.<br />
Mit dem Begleitprogramm ist es uns ein Anliegen, im Rhein-Main-Gebiet ein Forum für<br />
gesellschaftspolitische Diskussionen zu schaffen. Es ist uns ein Anliegen, die<br />
Argumentationsmuster öffentlicher Debatten zu überschreiten und sich realistisch aber auch<br />
utopisch mit der Zukunft der Arbeit befassen.<br />
Was bietet das Begleitprogramm?<br />
Dr. Gerchow: Wir führen in Streitgesprächen und Podiumsdiskussionen Experten aus der<br />
Natur- und Sozialwissenschaft, aus Politik, Kultur und Wirtschaft zusammen, um mit ihnen über<br />
die Gestaltung unserer heutigen und zukünftigen Arbeitswelt zu diskutieren. Parallel findet ein<br />
Filmfestival im Kino Orfeos Erben statt, in dem deutlich wird, wie vielschichtig sich der Film der<br />
Thematik Arbeit angenommen hat.<br />
Die Schwerpunkte der zehn Veranstaltungen liegen auf ökologischer und ökonomischer<br />
Nachhaltigkeit, individueller Zufriedenheit, psychischer und physischer Gesundheit und<br />
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Gleichberechtigung in globalisierten Arbeitswelten.<br />
Wie erlebt der Besucher des Begleitprogramms dann in der Ausstellung diese<br />
Perspektiven des Sinns von Arbeit?<br />
Professor Mosbrugger: Die Ausstellung bietet raumgreifende Installationen, modernste<br />
<strong>Museum</strong>sdidaktik und viel Interaktion. „Spielerische Elemente, wie ein Kartenspiel, bieten<br />
Besuchern jeder Altersklasse Anreize, Arbeit auch jenseits des Verständnisses einer<br />
Erwerbsquelle zu verstehen.<br />
Unter anderem haben Videokünstler, Filmemacher und Dokumentarfilmer über 100 Menschen<br />
beobachtet, aufgezeichnet und interviewt. Letztlich möchten wir auf unterhaltsame Art und<br />
Weise vermitteln, dass einfache Antworten nicht zu haben sind und Arbeit kein ein für alle Mal<br />
fest stehender Begriff ist – aber ein äußerst spannendes Thema darstellt.<br />
Dr. Gerchow: Und wir wünschen uns auch eine Interaktion mit den Besuchern und der<br />
Besucher untereinander. Dazu soll nicht nur das Begleitprogramm dienen, sondern auch der<br />
„Ausstellungsblog“ www.wastun.senckenberg.de, dessen „Evolution“ wir mit Spannung<br />
erwarten.<br />
Meine Herren, herzlichen Dank für das Gespräch.<br />
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