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Ligurische Grenzkammstrae - Michael Witsch

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<strong>Ligurische</strong> GrenzkammstraßeNachdem ich in den vergangenen Jahren den mittlerweile gesperrten Tremalzopass in der Nähedes Gardasee gefahren habe, ist das Interesse anunbefestigten und geschotterten Strecken immergrößer geworden. Da wir zudem regelmässigTouren in den Alpen machen, ist es nur einelogische Konsequenz, dass irgendwann dermagische Begriff der ligurischen Grenzkammstraßeim Raume steht.Eine Recherche ist schnell gemacht, dass seinerzeit vorhandene Material war ausgesprochendürftig, die ausführlichste Beschreibung, auch hinsichtlich der Route, ist noch im Denzelenthalten. Und da wir schon in der Vergangenheit vielfach ohne größere Planung drauf losgefahren sind, machen wir es auch hier nicht viel anders. Wir, dass sind Andi auf Kawasaki W650 – echtes Offroadgerät, Sascha mit MZ Baghira und ich mit BMW R 80G/S.Der erste Teil der Fahrt ist schnell erzählt, mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit geht eszunächst in Richtung Schweiz, wo wir den ersten Abend in Gruyeres - da kommt der berühmteKäse her den wir zusammen mit Ponybräu genießen - verbringen. Die Strecke über die Schweizhaben wir unter anderem auch gewählt, weil auf diesem Wege bereits auf der Hinfahrt, so dassWetter denn mitspielt, der eine oder andere Pass abgefahren werden kann.Leider ist das Wetter am nächsten Tag ausgesprochen schlecht und so müssen wir beiTemperaturen nahe dem Gefrierpunkt über den Großen St. Bernhard (2469 m). Wegen desNebels am Gipfel entfällt daher auch das Zielfoto ;-).In Aosta entscheiden wir uns die Autobahn über Turin bis runter nach Cuneo zu nehmen. Das istzwar deutlich länger, aber andererseits ist es auch schon Freitag mittag und auf Landstraße biszum Col de Tende zu fahren würde wahrscheinlich einen Tag länger dauern. Das ist übrigensdie einzig gesicherte Information, nämlich, dass die <strong>Ligurische</strong> Grenzkammstraße in der Nähe


- 3 -Die Streckenbeschreibung im Denzel ist auch entsprechend zutreffend wenn es dort heißt:" Hinzu kommt, dass in diesem nur schwierig überblickbaren Gebiet die Beschilderung bis aufeinige holzgeschnitzte, eher primitive Wegeweiser recht spärlich ist."So sind letztendlich auch nur Teile der Passstellen in der vorbezeichneten Form beschrieben, anWegkreuzungen ist entsprechend regelmäßig Münzwerfen angesagt. Und so geht die Fahrt überden Colle di Perla (2086 m) weiter über den Col de la Boaire (2102 m) und den Coll Malaberghe(2225 m).Kurz hinter dem Col desSeigneurs (2111 m) liegen dannunsere Motorräder in trauterZweisamkeit auch zum erstenmal im Schotter. Wir habennicht nur die Verpflegung,sondern selbstverständlich auchdie komplette Ausrüstung dabeiund vorsorglich, da wir nichtwissen wann wir das nächstemal tanken können, auch die Motorräder bis zum Stehkragen vollgetankt. Ein Slide mit demHinterrad, wie das von den italienischen Enduristi praktiziert wird, ist uns daher nureingeschränkt möglich. In einer der tiefen Geröllpassagen ist Sascha ins Rutschen gekommenund gegen die Felswand geknallt, hat den Sturz aber einigermaßen unbeschadet überstanden.Ich befinde mich zu diesem Zeitpunkt bereits auf der anderen Seite der Senke und kann meinMotorrad beim Wenden auf dem rutschigen Geröll nicht halten. Aber, gemeinsam sind wir starkund so kriegen wir auch beide Motorräder wieder aufgerichtet um die Fahrt fortzusetzen.Wir hätten beide nicht gedacht, dass das Fahren auf dieser für Militärzwecke geschaffenenStrecke so anstrengend ist. Zudem müssen wir regelmäßig anhalten und versuchen uns anhandder Angaben im Denzel zumindest einigermaßen zu orientieren, was insbesondere wegen der


- 4 -Vielzahl kleinerer einmündender Wege, die sämtlich zumindest anfänglich befahrbar sind, rechtaufwendig ist.Unser Mittagessen nehmen wir auf dem Passo di Tanarello ein. Die Fahrt ist bis jetzt für uns soschwierig gewesen, dass wir uns grundsätzlichan die Empfehlung halten wollen und diedirekte Verbindung zwischen dem Passo diCollardente und dem Tanarello eigentlichnicht nehmen wollen.Alleine schon der Umstand, dass der Abzweigdurch ein Stück Leitplanke abgesperrt ist, lässtvermuten wie der weitere Streckenverlauf sein wird. Bedauerlicherweise führt aber das zumMittagessen gleichfalls genossene Bier zu einer vermeintlichen Steigerung unseres tatsächlichenKönnens und so machen wir uns entgegen der Empfehlung auf den Weg über dieDirektverbindung.Hierzu heißt es im Denzel:"Die schmale, 6 km lange direkt Verbindung zwischen Passo di Collardente und dem Passo diTanarello wird nicht mehr in Stand gehalten und glich im groß Bj. durch groben Schotter,Geröllabrutschungen, tiefe Auswaschungen und felsigen Stufen eher einem Bachbett als einemFahrweg. „Ich weiß aus heutiger Sicht nicht,ob ich die Strecke noch einmalfahren würde. Wir habenwahrscheinlich noch Glückgehabt, dass wir von Nord nachSüd gefahren sind, also dasGefälle auch nutzen konnten umüber viele schwierige Passagenhinweg zu kommen. Doch zum


- 5 -ersten mal auf dieser Tour wissen wir auch, warum wir uns noch dicke Bodenplatten unter dieÖlwannen gebaut haben, die Platten sind nachher verbogen und weisen tiefe Schrammen auf.Die Strecke wird wohl landschaftlich ein Highlight gewesen sein, da jedoch keinerleiAbsperrungen vorhanden sind und es rechter Hand steil abgeht, habe ich es vorgezogen mich aufdie Strecke zu konzentrieren und nach Möglichkeit entlang der Felswand zu fahren. Im Ergebnissind wir jedenfalls heil unten angekommen.Die Strecke wird jetzt wieder besser, was uns natürlich direkt dazu verleitet schneller zu fahren,mit der Folge das Sascha in einer tiefen Spurrille ins Rutschen kommt und - zur Abwechslung -mit dem Motorrad mal auf die linke Seite knallt. Ein Foto darf ich nicht machen, da findetSascha die leicht eingeklemmte Lage unter Motorrad und Gepäck doch zu unbequem ;-)Insgesamt dauert es bis in den späten Nachmittag hinein bis wir in Pigna sind, wo uns Andyschon seit Stunden erwartet. Unsere erfolgreiche Bezwingung der <strong>Ligurische</strong>n Grenzkammstraßewird ausgiebig mit Moretti gefeiert, wobei wir die Vorräte der Herberge wohl so intensiv genutzthaben, dass wir kostenfrei auf dem Rasen übernachten dürften.Am nächsten Morgen hat sich Andy grundsätzlich entschieden in einem Zug bis nach Hause zufahren, er hat wohl noch irgendwie Konzertkarten für sich und seine Perle für ein Konzert aufdem Museumsplatz.Wir gehen die Angelegenheitruhiger an und befahren überVentimiglia den Tenda diesmalin Richtung Norden.Kurz vor dem Tunnel hat manwiederum die Möglichkeit überdie ursprüngliche, heute nochbefahrbare geschotterte Streckezum Fort Central hoch zu fahren.Bei der Einfahrt in diese Strecke


- 6 -springt uns ein Italiener entgegen der uns, eine Hand voll Schotter in der Hand, mit demAusdruck "Molto pericoloso" vonunserem Vorhaben abhalten will. Alsechter Bezwinger derGrenzkammstraße kennen wirFort Centralschottrigen Kehren bis nach oben fahren.natürlich keine Hemmung undanscheinend haben die letzten Tageauch geholfen, so dass wir zügig undohne Probleme die - ich glaube es sind48 – eng übereinander geschachtelten,Von hier geht die Fahrt zunächst wieder in Richtung Cuneo und so weiter Richtung Colle dellaMaddalena ( Col de Larche ), um von dort den Einstieg in Route des Grandes Alpes zu finden.Grundsätzlich ist das Ziel der heutigen Tour Lanslebourg, wobei wir über den Col du Galibierund den Col de Lautaret fahren wollten.Irgendwann, nach gewohntem Muster, verlieren Sascha und ich uns und es dauert bis in denspäten Abend hinein, bis wir über alle möglichen Telefonate und Kontaktversuche tatsächlichbeide auf dem Campingplatz eintreffen. Leider ist Sonntag, der Geldautomat geschlossen undder Euro noch nicht eingeführt, so dass unser Abendessen im wesentlichen aus den Biervorrätenbesteht die wir noch in Sascha Grossraumkoffern finden – es handelt sich dabei übrigens umechte Tesch Koffer.Am nächsten Morgen geht es über zunächst den Col de L´Iseran (2762 m) und den kleinenSankt Bernhard. Da der Montblanctunnel immer noch gesperrt ist, sind wir gezwungen beideutlich schlechter werdendem Wetter wieder Richtung Großer Sankt Bernhard zu fahren umletzlich Richtung Martigny zu gelangen.Unten in der Schweiz angekommen nutzen wir die Gunst der Stunde um uns im Migros vonBasel noch mit den lokalen Spezialitäten einzudecken und sodann die knapp 600 km bis nachHause an einem Stück durch zu fahren.


- 7 -Fazit:Das wichtigste ist hier den Einstieg in die Strecke zu finden. Weil wir uns nicht genügendvorbereitet hatten, insbesondere keine örtliche,hochauflösende Landkarte hatten, gestaltete sich dieSache etwas schwieriger. Am einfachsten ist der Wegüber das Fort Central, dem eigentlichen Beginn derStrecke, zu finden. Die Festung ist, wie wir auf derRückfahrt feststellen konnten, unproblematisch zu findenTor nach Ostenund selbst der Sprachunkundigste dürfte den Begriff nochstammeln können ( echter Erfahrungswert ). Aber,Achtung, die Strecke führt eben auf oder in unmittelbarerNähe der Grenze zwischen Italien und Frankreich her, sodass die Begriffe zum Teil in italienisch, zum Teil infranzösich geführt werden. Im Fort angekommen mussman nur durch die Festung Richtung Osten fahren und istautomatisch auf der richtigen Strecke. Die Strecke selber ist auf einer Länge von etwa 80 – bis100 km unbefestigt, je nachdem welche Route man wählt und welche Abstecher man einbezieht.Auch wenn das nicht überragend weit klingt, ist zu berücksichtigen, dass im Notfall Hilfe nurmit erheblichem Zeitaufwand zu erreichen ist. Bei einem Motorrschaden können dass auch malgut eine paar Stunden Fussmarsch sein. Vom Erleben her ist die Strecke aber ein Highlight undes bleibt zu hoffen, dass auch die ortsansässigen Enduristi vernünftig genug sind nicht weitereStreckensperrungen durch Zerstörung der Natur zu provozieren.

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