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Sterne und Weltraum Magazin - August 2013

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Von Stefan Gillessen <strong>und</strong> Frank EisenhauerDas Schwarze Loch im Zentrumdes Milchstraßensystems istfür seine Größe erstaunlichunauffällig. Obwohl es mitder Schwerkraft von mehr als vier MillionenSonnen auf seine Umgebung einwirkt,saugt es zurzeit nur wenig Materialin sich hinein.Das könnte sich in den nächsten Monatenändern. Denn im Jahr 2011 haben wirmit unserer Gruppe am Max-Planck-Institutfür extraterrestrische Physik (MPE) inGarching eine Gaswolke entdeckt, die sichbeinahe direkt auf das Schwarze Loch zubewegt<strong>und</strong> ihm Ende <strong>2013</strong> am nächstenkommen wird. Die Bahn führt so nah andas Schwarze Loch heran, dass die Gaswolkeden Vorbeiflug nicht überstehen wird.Neben starken Gezeitenkräften wirdauch die aus weniger dichtem Gas bestehendeAtmosphäre um das Schwarze Lochauf die sich nähernde Wolke einwirken.Wenn diese Wechselwirkung die Wolke genügendstark abbremst, kann sie – zumindestteilweise – auf Gr<strong>und</strong> der enormenGravitation in das Schwarze Loch fallen.Da dann gewaltige Mengen an kinetischerEnergie in Strahlung <strong>und</strong> andere Energieformenumgewandelt würden, könntenwir zusehen, wie das Schwarze Loch gefüttertwird.Ein einzigartiges Laborfür AstrophysikDas Zentrum der Milchstraße ist einGlücksfall für die Astronomie. In r<strong>und</strong>27 000 Lichtjahren Entfernung von derErde beherbergt es das nächste extremmassereiche Schwarze Loch, Sgr A* genannt(sprich: »Sagittarius A-Stern«).Zwar finden sich Objekte dieser Art auchin den Kernen anderer Galaxien, diesesind jedoch mindestens h<strong>und</strong>ertmal weiterentfernt. Unser galaktisches Zentrumerlaubt es deswegen, die astrophysikalischenProzesse um ein massereichesSchwarzes Loch in beispielloser Genauigkeitzu untersuchen. Mit modernen Großteleskopenwie etwa dem Very Large Telescopeder Europäischen Südsternwartein Chile lassen sich die einzelnen <strong>Sterne</strong>selbst in der unmittelbaren Umgebungvon Sgr A* auflösen.Ein Hindernis sind allerdings die dichtenWolken aus interstellarem Staub, dieauf der Sichtlinie zwischen Erde <strong>und</strong> galaktischemZentrum liegen <strong>und</strong> das optischeLicht um viele Größenordnungenschwächen (siehe Bild S. 28). Deshalb mussman im Infraroten beobachten, bei Wellenlängenzwischen einem <strong>und</strong> vier Mikrometern.In diesem Bereich des elektromagnetischenSpektrums wird dieStrahlung kaum mehr durch den interstellarenStaub absorbiert. Diese Wellenlängensind noch nahe genug am Optischen,um einerseits hauptsächlich dieStrahlung der <strong>Sterne</strong> zu erfassen (<strong>und</strong>nicht etwa die Strahlung kühler Staubregionen)<strong>und</strong> andererseits normale Spiegelteleskopeverwenden zu können. Freilichsind spezielle Infrarotkameras als Detektorennotwendig.Die Sterndichte im galaktischen Zentrumist sehr hoch. In einem Raumbereich,in dem sich in der Sonnenumgebungnur wenige <strong>Sterne</strong> befinden,tummeln sich dort tausende. Deswegenbenötigt man Teleskope, die eine hoheAuflösung erreichen. Andernfalls würdensich die <strong>Sterne</strong> nicht voneinander trennenlassen.Die Auflösung für erdgeb<strong>und</strong>ene Teleskopewird dabei vor allem durch die irdischeAtmosphäre begrenzt – <strong>und</strong> erst inzweiter Linie durch die Teleskopgröße. DieLufthülle verändert sich laufend <strong>und</strong> damitauch der genaue Weg, den Licht durchdas (wenn auch schwach) brechende MediumLuft nimmt. Als Folge verwaschendie Bilder, <strong>und</strong> die Abbildungsschärfe istauf r<strong>und</strong> eine Bogensek<strong>und</strong>e begrenzt.Einen Ausweg bietet eine clevere Technik,welche die Unschärfe korrigiert: dieadaptive Optik. Hierbei wird ein Spiegelim Strahlengang mehrere h<strong>und</strong>ertmalpro Sek<strong>und</strong>e so verformt, dass er optischgenau die verzerrende Wirkung der Atmosphäreausgleicht. Dadurch wird die Abbildungauf dem Detektor scharf, <strong>und</strong> dasTeleskop kann beugungsbegrenzte Bildererzeugen. Das Korrektursignal erhält dasSystem von einem Wellenfrontsensor, derdas Licht eines Leitsterns analysiert. Alssolcher kann ein gewöhnlicher Stern inder Nähe dienen oder auch ein künstlicherStern, der dadurch entsteht, dassein vom Teleskop ausgehender Laserstrahlin der Hochatmosphäre Natriumatomezum Leuchten anregt (siehe SuW10/2004, S. 32, <strong>und</strong> 4/2005, S. 34).Unsere Gruppe am MPE unter Leitungvon Reinhard Genzel verwendet seit nunmehr20 Jahren solche hochauflösendenInfrarotbeobachtungen, um das Zentrumder Milchstraße ins Visier zu nehmen (sieheSuW 12/2006, S. 36, <strong>und</strong> 2/2009, S. 52).Es ist ein überaus erfolgreiches Projekt,das viele überraschende Entdeckungenhervorgebracht hat. Das wichtigste Ergebnisist zweifellos der Nachweis, dass diekompakte Radioquelle Sgr A* eine Massevon etwa 4,3 Millionen Sonnenmassen2003N20082011O+ + +MPE0,5 Bogensek<strong>und</strong>en30 <strong>August</strong> <strong>2013</strong> <strong>Sterne</strong> <strong>und</strong> <strong>Weltraum</strong>

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