angewandte kunst | formgestaltung - The Hansen Family
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Kengo Kuma, Teehaus für das Museum für Angewandte Kunst Frankfurt. Foto: Museum für Angewandte Kunst Frankfurt<br />
spiel frühzeitig bei kompakten, digitalen Verfahren „dabei“ zu sein,<br />
souverän im Umgang mit solchen Formaten der Reduktion wie<br />
mp3, JPEG und Musik-„streaming“ in allen Räumen auftreten zu<br />
können. Das zeichnet den modernen Lifestyle-Profi aus, und gerne<br />
berichtet er von seiner Kompetenz gegenüber staunenden<br />
Dritten. Kompaktformat als Ego-Shooter. Kleiner Wermutstropfen<br />
für den Anwender der technisch avancierten Kompaktformate<br />
oder „all-in-one“-Lösungen: Man muss dem Fortschritt auf der<br />
Spur bleiben und sich ggf. von einem Kompaktformat zum nächsten<br />
hangeln. Das gilt natürlich auch, um auf das grüne Beispiel<br />
zurückzukommen, für die Technologie der kompakten, ressourcenschonenden<br />
und nachhaltigen Haustechnik.<br />
Diese Probleme haben die Nutzer kompakter Gegenstände, die<br />
eher der Not gehorchen, nicht: Umbausofas und Kompaktwannen,<br />
Miniküchen und kompakte Schlafzimmereinrichtungen bleiben<br />
in der Regel statische Artefakte. Sie spenden ihren Komfort<br />
unter restriktiven Bedingungen einfach jeden Tag aufs Neue,<br />
ohne update. Der Schritt nach vorne würde bei diesen Anwendungen<br />
allerdings etwas völlig anderes bedeuten als bei den anspruchsvollen<br />
und prestigeträchtigen Designs en miniature:<br />
Kompaktsofa und Klappbett mögen in einer neuen Wohnung<br />
verschwinden, die aus der Not entstandene Kompaktlösung in<br />
einem großzügigen Ambiente überflüssig werden. Das Kompakte<br />
als notgedrungener Übergang. Es würde solche Nutzer<br />
eher enttäuschen, wenn die reduzierte Form ein Dauerzustand<br />
bliebe.<br />
10<br />
Ein Begriff und zwei Versprechen<br />
Die kleine Gegenüberstellung von zwei Nutzertypen und ihrer<br />
„kompakten Umstände“ – mal gewollt, mal gezwungen – macht<br />
bildhaft klar: Kompakt kann ein Versprechen sein, aber auch eine<br />
Zumutung. Für die zuletzt genannte Gruppe der Kompakt-Nutzer<br />
soll die reduzierte Lösung ein heißersehntes Ende finden, für andere<br />
ist Kompaktheit eine ästhetische Kategorie – allerdings in<br />
der Regel auf andere Dinge bezogen. Es mag Geschmacksentscheidungen<br />
für das Klappbett und die all-in-one-Duschlösung<br />
geben, mancher findet auch im äußerst knapp bemessenen<br />
Apartment seinen persönlichen Ausdruck und sehnt sich nach<br />
nichts anderem, aber vielen Kompaktmodellen wohnt eine Ambivalenz<br />
inne: halb genial, halb Krücke.<br />
Die Autorin Phyllis Richardson postuliert in ihrem Bestseller „XS –<br />
Big ideas, small buildings“: „Thinking small is a wonderfully constructive<br />
exercise.“ Reduktion und das Kompakte als konstruktive<br />
Impulsgeber für den Designer. Es sei eindeutig, stellt sie des Weiteren<br />
fest, dass die Frage der Größe in keinster Weise die Kreativität<br />
begrenze. Wohl wahr: Kompaktbad, Monoblock-Küche,<br />
faltbare Trennwände, Umbaulösungen... Diese ganzen Boxen,<br />
Quader und Kuben, mobilen Kochblocks und multifunktionalen<br />
Kabinen spiegeln das Nomadenhafte und Beschleunigte unserer<br />
Zeit – so, wie es eine Lifestyle-Avantgarde sieht. Nicht selten<br />
sind aus diesen Kreativ prozessen aber auch beklemmende<br />
Wohnmaschinen herausgekommen: Ob nicht doch manche<br />
Kompaktlösungen in eine Sackgasse führen?