angewandte kunst | formgestaltung - The Hansen Family
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TITELBILD<br />
Rucksack House Bamberg, Stefan Eberstadt. Foto: © Francoise Bollack,<br />
New York, USA<br />
editorial<br />
Wer kennt es nicht? Das berüchtigte, weil so handliche Kompakt-Spiele-Erlebnis:<br />
50 Spiele in einem! Ideal für die Reise!!!<br />
In der Spielschachtel von der Größe einer Handtasche verbergen<br />
sich mikroskopisch kleine Schach-, MenschÄrgereDichNichtund<br />
Halmafiguren, Würfel und Plastikmünzen. Der gewiefte Kompaktdesigner<br />
nutzte jeden verfügbaren Winkel, damit in das<br />
kleine aufklappbare Spielbrett (mit 20 auswechselbaren Spielfeldern)<br />
Tausenderlei hineinpasst und es funktioniert. Aber nur einmal,<br />
nämlich in der Fabrik. Bei der ersten offiziellen Öffnung entlädt<br />
sich alles mit der Gewalt einer Streubombe über die Spielwilligen<br />
(vorzugsweise in überfüllten Interregios) und wird nie nie nie in<br />
seinen ursprünglich kompakten Zustand zurückkehren.<br />
Warum kauft man so etwas? Appellierten die Hersteller an die<br />
Wundergläubigkeit der Konsumenten? Man fragte sich beim<br />
Kauf schon, warum nicht alle so ein Kompakt-Spiele-Erlebnis<br />
haben, nun weiß man, sie verstecken es alle verschämt im<br />
Schrank oder haben es schon längst weggeworfen. Ist so etwas<br />
für kindliche Gemüter gemacht worden, die glauben, mit einem<br />
Ärztekoffer aus der Spielwarenabteilung könne man tatsächlich<br />
Fieber und Blutdruck messen? Ja, so ist es.<br />
Komödien der Fünfzigerjahre kamen gar nicht ohne Ausziehtische,<br />
Liegestühle und Klappbetten aus (Lacher auf Kosten des kleinen<br />
Mannes) und für Kompaktmöbel gilt noch heute: „Klipp-Klapp -<br />
Finger ab.“ Auch alles andere Kompakte, an das man funktionale<br />
und ästhetische Ansprüche stellt, muss zwangsläufig unter einer<br />
gewissen Preisgrenze versagen, denn: gewitztes Design kostet.<br />
Im Outdoor-Bereich ist man bereit, dafür stolze Preise zu bezahlen;<br />
Indoor ist die Nachfrage vom zahlkräftigen Publikum zu gering.<br />
Das ist der Grund, warum ein essenzielles Kompaktmöbel es in<br />
die Schlagzeilen der Yellow Press schafft. Der „Flexible Love<br />
Folding Chair“ aus recyceltem Material geistert seit einiger Zeit<br />
wie ein Mirakel durch das Internet. Er ist in etwa so groß wie eine<br />
Tasche, lässt sich aufgrund seiner Wabenstruktur wie eine Ziehharmonika<br />
auseinanderziehen, sodass bis zu 16 Personen ohne<br />
Verletzungsgefahr auf ihm Platz finden. Biegsam und formbar in<br />
alle möglichen Richtungen, inspirierte er den taiwanesischen Designer<br />
bei der Namensgebung. (www.flexiblelove.ca)<br />
Leider kostet auch dieses Wunder, wenn es denn eines ist,<br />
einige hundert Dollar. Gibt es Leser, die schon auf ihm gesessen<br />
haben und Erfahrungswerte liefern können? Ist es wahr? Würden<br />
gerne wissen:<br />
Regina Claus, Björn Barg<br />
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