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Reihen

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<strong>Reihen</strong><br />

5.1 Folgen von Partialsummen<br />

Definitionen und Beispiele<br />

5<br />

Ist a. eine beliebige Folge von Zahlen oder Vektoren, so heisst der formale<br />

Ausdruck<br />

∞�<br />

ak = a0 + a1 + a2 + . . . (1)<br />

k=0<br />

eine Reihe, die einzelnen ak sind die Glieder dieser Reihe. Es ist natürlich<br />

unmöglich, unendlich viele Additionen tatsächlich auszuführen. Man kann<br />

aber die Folge s. der endlichen Partialsummen<br />

n�<br />

sn :=<br />

k=0<br />

betrachten und das Verhalten dieser Folge untersuchen. Existiert der (eigentliche)<br />

Grenzwert limn→∞ sn =: s, so heisst die Reihe konvergent, und s ist<br />

ihre Summe. Ist eine Reihe (1) als konvergent erwiesen, so bezeichnet (1)<br />

gerade auch deren Summe s. — Besitzt die Folge s. keinen eigentlichen<br />

Grenzwert, so heisst die Reihe (1) divergent.<br />

○1 Die geometrische Reihe<br />

∞�<br />

z k<br />

k=0<br />

besitzt für beliebiges z ∈ C, z �= 1, die Partialsummen<br />

ak<br />

sn = 1 + z + . . . + z n =<br />

1 − zn+1<br />

1 − z<br />

Ist |z| < 1, so gilt z n → 0 (n → ∞), wir erhalten daher mit Hilfe der<br />

Rechenregeln für Grenzwerte:<br />

.<br />

(2)


170 5 <strong>Reihen</strong><br />

∞�<br />

k=0<br />

z k = 1<br />

1 − z<br />

(z ∈ C, |z| < 1) .<br />

Für |z| ≥ 1 ist die Reihe (2) divergent, da sie die nachfolgende Konvergenzbedingung<br />

(3) nicht erfüllt. ○<br />

(5.1) Ist die Reihe � ∞<br />

k=0 ak konvergent, so gilt jedenfalls<br />

lim<br />

k→∞ ak = 0 . (3)<br />

Man hat an = sn − sn−1 → s − s = 0 (n → ∞) .<br />

Die Bedingung (3) ist für Konvergenz notwendig, aber nicht hinreichend:<br />

Damit die Reihe � ∞<br />

k=0 ak konvergiert, müssen die ak “genügend schnell”<br />

gegen 0 gehen. Hierzu das folgende Standardbeispiel:<br />

○2 Die harmonische Reihe<br />

∞� 1<br />

k<br />

k=1<br />

1 1 1<br />

= 1 + + + + . . .<br />

2 3 4<br />

ist divergent, trotz 1/k → 0 (k → ∞). Für beliebiges n ≥ 1 gilt nämlich<br />

s2n − sn = 1 1<br />

1 1 1<br />

+ + . . . + ≥ n · =<br />

n + 1 n + 2 2n 2n 2 ,<br />

und hieraus folgt mit vollständiger Induktion:<br />

r<br />

s2r ≥ 1 +<br />

2<br />

(r ≥ 0) .<br />

Eine Reihe mit unbeschränkten Partialsummen ist natürlich divergent. ○<br />

Für das Rechnen mit <strong>Reihen</strong> gelten die folgenden Regeln:<br />

(5.2) Ist �<br />

k ak = s, �<br />

k bk = s ′ und λ ∈ R, so folgt<br />

�<br />

(ak + bk) = s + s ′ ,<br />

�<br />

(λ ak) = λs .<br />

k<br />

Aufgrund der Rechenregeln für endliche Summen und für Grenzwerte<br />

von Folgen gilt<br />

n�<br />

n� n�<br />

(ak + bk) = ak + bk = sn + s ′ n → s + s ′<br />

(n → ∞) .<br />

k=0<br />

k=0<br />

k=0<br />

Analog schliesst man für die zweite der behaupteten Formeln.<br />

k


5.1 Folgen von Partialsummen 171<br />

Erste Konvergenzkriterien<br />

Es folgen die zwei allgemeinen Konvergenzkriterien (5.3) und (5.4). Mit<br />

ihrer Hilfe werden wir verschiedene gebrauchsfreundliche Konvergenztests gewinnen,<br />

die dann zum ständigen Repertoire gehören.<br />

Wir beginnen mit dem Hauptkriterium für <strong>Reihen</strong> mit positiven Gliedern;<br />

das sind <strong>Reihen</strong> (1) mit reellen Gliedern ak ≥ 0. Die Partialsummen einer<br />

derartigen Reihe bilden wegen<br />

sn+1 − sn = an+1 ≥ 0 (n ≥ 0)<br />

eine monoton wachsende Folge. Mit Satz (4.2) ergibt sich daher sofort:<br />

(5.3) Eine Reihe (1) mit positiven Gliedern ist genau dann konvergent, wenn<br />

ihre Partialsummen sn beschränkt sind, das heisst: wenn es ein M gibt mit<br />

sn ≤ M für alle n.<br />

○3 Die Reihe<br />

∞�<br />

k=1<br />

besitzt beschränkte Partialsummen:<br />

n�<br />

n�<br />

n�<br />

� �<br />

1<br />

1<br />

1 1<br />

sn = 1 + ≤ 1 +<br />

= 1 +<br />

−<br />

k2 k(k − 1) k − 1 k<br />

k=2<br />

k=2<br />

k=2<br />

�<br />

= 1 + 1 − 1<br />

� � � � �<br />

1 1<br />

1 1<br />

+ − + . . . + − = 1 + 1 −<br />

2 2 3<br />

n − 1 n<br />

1<br />

< 2 ,<br />

n<br />

(eine sogenannte teleskopierende Summe), und ist folglich konvergent. Die<br />

Summe dieser Reihe ist π 2 /6, wie Euler als erster gefunden hat. ○<br />

1<br />

k 2<br />

Es folgt das Cauchy-Kriterium für <strong>Reihen</strong>:<br />

(5.4) Eine Reihe (1) mit Gliedern in X ist genau dann konvergent, wenn es<br />

zu jedem ε > 0 ein n0 gibt mit<br />

� �<br />

� m� �<br />

� �<br />

� ak�<br />

� � < ε ∀m ≥ n > n0 .<br />

k=n+1<br />

Wegen | � m<br />

k=n+1 ak| = |sm −sn| ist (5.3) nichts anderes als das Cauchy-<br />

Kriterium (4.5), angewandt auf die Folge der Partialsummen.<br />

Eine unmittelbare Konsequenz von (5.4) ist der folgende Sachverhalt:<br />

(5.5) Ist ak = bk für alle k ≥ k0, so sind die <strong>Reihen</strong> �<br />

k ak und �<br />

konvergent oder beide divergent.<br />

k bk beide


172 5 <strong>Reihen</strong><br />

Restsummen<br />

Ist die Reihe (1) konvergent mit Summe s, so heisst die Reihe<br />

Rn :=<br />

∞�<br />

k=n+1<br />

die n-te Restsumme von (1) oder auch der Abbrechfehler. Wie zu erwarten,<br />

gilt<br />

(5.6) (a) Rn = s − sn ,<br />

(b) lim<br />

n→∞ Rn = 0 .<br />

Betrachte für ein festes n die Partialsummen<br />

m�<br />

rm :=<br />

(m ≥ n)<br />

k=n+1<br />

der Reihe Rn. Es gilt rm = sm − sn und folglich<br />

ak<br />

ak<br />

Rn := lim<br />

m→∞ rm = s − sn .<br />

Damit ist (a) bewiesen, und (b) folgt unmittelbar aus (a).<br />

Aufgaben<br />

1. Es seien a und b zwei feste Vektoren im dreidimensionalen Raum, |b| < 1,<br />

und es sei die Vektorfolge a. rekursiv definiert durch<br />

a0 := a , ak+1 := b × ak (Vektorprodukt).<br />

Berechne � ∞<br />

k=0 ak . Hinweis: Benutze die geometrische Definition des<br />

Vektorprodukts. Figur!<br />

2. Es sei<br />

�<br />

1,<br />

εk :=<br />

0<br />

wenn die Dezimaldarstellung von k keine ‘ 9 ’ enthält,<br />

sonst.<br />

Zeige, dass die Reihe<br />

∞� εk<br />

k konvergiert.<br />

k=1<br />

3. Aus zwei reellen Folgen a. und b. wird vermöge<br />

(a) ck := max{ak, bk} , (b) ck := akbk<br />

eine dritte Folge c. gebildet. Beweise oder widerlege: Konvergieren die<br />

<strong>Reihen</strong> �<br />

k ak und �<br />

k bk , so konvergiert auch die Reihe �<br />

k ck .


5.2 Absolute Konvergenz<br />

Eine Reihe �∞ k=0 ak mit Gliedern in X heisst absolut konvergent, wenn die<br />

zugehörige Betragsreihe �∞ k=0 |ak|, eine Reihe mit positiven Gliedern, konvergiert.<br />

(5.7) (a) Absolut konvergente <strong>Reihen</strong> sind konvergent.<br />

(b)<br />

�<br />

� ∞�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

k=0<br />

ak<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

� ≤<br />

Für beliebige m ≥ n ≥ −1 gilt<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

m�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

ak�<br />

� ≤<br />

m�<br />

k=n+1<br />

k=n+1<br />

∞�<br />

|ak| .<br />

k=0<br />

�<br />

�<br />

�<br />

|ak| = �<br />

�<br />

m�<br />

k=n+1<br />

�<br />

�<br />

�<br />

|ak| �<br />

� .<br />

Hieraus folgt (a) mit (5.4). Setzt man weiter n := −1, so ergibt sich mit<br />

m → ∞ die Behauptung (b).<br />

Die Umkehrung von (5.7)(a) gilt nicht, in anderen Worten: Es gibt <strong>Reihen</strong>,<br />

die gerade noch konvergieren, da sich positive und negative ak gegenseitig<br />

fast herausheben; die Beträge |ak| gehen aber nicht schnell genug nach 0, um<br />

�<br />

k |ak| konvergent zu machen. Solche <strong>Reihen</strong> heissen bedingt konvergent<br />

(s.u.); für die numerische Berechnung der betreffenden Summe taugen sie<br />

nichts.<br />

Majorantenkriterium<br />

Konvergiert eine vorgelegte Reihe �∞ k=0 ak absolut, so lässt sich das im allgemeinen<br />

leicht nachweisen. Man benötigt dazu das folgende Majorantenkriterium<br />

sowie einen Vorrat an bekannten <strong>Reihen</strong> �∞ k=0 ck mit positiven Gliedern,<br />

die als konvergente Majoranten bzw. als divergente Minoranten der<br />

Reihe �∞ k=0 ak in Frage kommen.<br />

(5.8) (a) Gilt |ak| ≤ ck für alle k ≥ k0 und ist die Reihe � ∞<br />

k=0 ck konvergent,<br />

so ist die Reihe � ∞<br />

k=0 ak absolut konvergent.<br />

(b) Gilt 0 ≤ ck ≤ ak für alle k ≥ k0 und ist die Reihe � ∞<br />

k=0 ck divergent, so<br />

ist auch die Reihe � ∞<br />

k=0 ak divergent.<br />

Für beliebige m ≥ n gilt<br />

m�<br />

k=n+1<br />

|ak| ≤<br />

m�<br />

k=n+1<br />

ck .


174 5 <strong>Reihen</strong><br />

Die Behauptung (a) ergibt sich daher wie im vorangehenden Satz mit (5.4),<br />

und (b) folgt durch Kontraposition.<br />

○1 Für die Reihe � ∞<br />

k=0 ak mit dem allgemeinen Glied<br />

gilt<br />

ak := k sin k + k√ k 5<br />

(2k − √ k) 3<br />

|ak| = 1<br />

k 2 |Ak| , Ak := sin k + k√ k 5 /k<br />

(2 − 1/ √ k) 3<br />

Im Ausdruck Ak strebt der Nenner mit k → ∞ gegen 8, der zweite Summand<br />

des Zählers gegen 0, ferner ist | sin k| ≤ 1 für alle k. Es gibt daher ein k0,<br />

so dass für alle k ≥ k0 gilt: |Ak| ≤ 2/7, und �∞ k=0 ak besitzt die nach<br />

∞� 2 1<br />

Beispiel 5.1.○3 konvergente Majorante . Die betrachtete Reihe ist<br />

7 k2 k=1<br />

also absolut konvergent. ○<br />

○2 Für die Reihe � ∞<br />

k=0 ak mit dem allgemeinen Glied<br />

hat man<br />

ak := (√ k − 2) 2<br />

k 2 + √ k 4 + 1<br />

ak = 1<br />

k ·<br />

(1 − 2/ √ k) 2<br />

1 + � .<br />

1 + 1/k4 Hier konvergiert der zweite Faktor mit k → ∞ gegen 1/2; es gibt somit ein<br />

k0 mit ak ≥ 1/(3k) für alle k ≥ k0, und die Reihe � ∞<br />

k=0 ak divergiert auf<br />

Grund der Divergenz der harmonischen Reihe � Beispiel 5.1.○2 � . ○<br />

<strong>Reihen</strong> mit exponentiell abnehmenden Gliedern<br />

Satz (5.8) liefert zusammen mit dem Ergebnis von Beispiel 5.1.○1 das folgende<br />

Kriterium:<br />

(5.9) Gibt es ein q < 1, ein C > 0 und ein k0 mit<br />

|ak| ≤ C q k<br />

so ist die Reihe � ∞<br />

k=0 ak absolut konvergent.<br />

(k ≥ k0) ,<br />

Etwas schwächer ist das folgende Quotientenkriterium:<br />

.


5.2 Absolute Konvergenz 175<br />

(5.10) Sind alle ck > 0 und gibt es ein q < 1 sowie ein k0 mit<br />

ck+1<br />

ck<br />

so ist die Reihe � ∞<br />

k=0 ck konvergent.<br />

gilt<br />

≤ q (k ≥ k0) , (1)<br />

Aus (1) ergibt sich mit vollständiger Induktion: Für beliebige k ≥ k0<br />

ck ≤ q k−k0 ck0<br />

= ck0<br />

q k0 qk ,<br />

und dies beweist nach (5.9) die Konvergenz der Reihe � ∞<br />

k=0 ck.<br />

○3 Bei der Reihe<br />

∞�<br />

k=0<br />

ck := 1 1 1 1 1 1<br />

+ + + + + + . . .<br />

2 1 8 4 32 16<br />

betragen die Quotienten ck+1/ck alternierend 2 und 1/8. Das Quotientenkriterium<br />

gibt somit keinen Aufschluss. Hingegen hat man<br />

ck =<br />

1<br />

2 k+(−1)k ≤ 2<br />

� �k 1<br />

2<br />

(k ≥ 0) ,<br />

so dass (5.9) die betrachtete Reihe als konvergent erweist. ○<br />

Die nach (5.9) bzw. (5.10) konvergenten <strong>Reihen</strong> konvergieren mindestens<br />

so gut wie eine geometrische Reihe. Bei einer geometrischen Reihe hat die<br />

Restsumme bzw. der Abbrechfehler den Wert<br />

s − sn = 1 1 − qn+1<br />

−<br />

1 − q 1 − q<br />

= qn+1<br />

1 − q ,<br />

nimmt also mit wachsendem n exponentiell ab. Dies lässt sich folgendermassen<br />

interpretieren: Mit jedem zusätzlich berücksichtigten Glied erhält<br />

man log 10(1/q) weitere Dezimalstellen der gesuchten Summe. Man spricht in<br />

diesem Zusammenhang von linearer Konvergenz.


176 5 <strong>Reihen</strong><br />

An der Grenze zur Divergenz<br />

Die konvergente Reihe � ∞<br />

k=1 1/k2 von Beispiel 5.1.○3 konvergiert schlechter.<br />

Für beliebiges q < 1 ist ja limk→∞ k 2 q k = 0 und somit<br />

lim<br />

k→∞<br />

1/k2 = ∞ .<br />

qk Hieraus zieht man den Schluss, dass es keine Abschätzung der Form<br />

1<br />

≤ Cqk<br />

k2 (k ≥ k0)<br />

geben kann. Wie dieses Beispiel zeigt, folgt aus dem “Versagen” eines Konvergenzkriteriums<br />

noch lange nicht, dass die betrachtete Reihe divergiert. Die<br />

allfällige Divergenz muss vielmehr mit Hilfe eines Divergenzkriteriums, zum<br />

Beispiel (5.1) oder (5.8)(b), ausdrücklich bewiesen werden.<br />

Um weitere Vergleichsreihen zur Verfügung zu stellen, beweisen wir noch den<br />

folgenden Satz, der das Resultat von Beispiel 5.1○3 wesentlich verbessert (ein<br />

einfacherer Beweis wird in Abschnitt 9.5 gegeben):<br />

(5.11) Die Reihe<br />

ist für jedes feste ε > 0 konvergent.<br />

∞�<br />

k=1<br />

1<br />

k 1+ε<br />

Es gibt ein natürliches p mit 1<br />

< ε, und hieraus folgt<br />

p<br />

1<br />

≤<br />

k1+ε 1<br />

k 1+1/p<br />

(k ≥ 1) .<br />

Wir stellen die folgende Hilfsbetrachtung an: Ist 0 < x < y, so gilt<br />

y p − x p = (y − x)(y p−1 + y p−2 x + . . . + x p−1 ) < (y − x) p y p−1 · y2<br />

xy ,<br />

wobei wir rechter Hand den Faktor y 2 /(xy) > 1 hinzugefügt haben. Es folgt<br />

y p − x p<br />

y p+1<br />

� �<br />

1 1<br />

< p −<br />

x y<br />

Setzen wir x := (k − 1) 1/p und y := k 1/p , so geht dies über in<br />

�<br />

1<br />

1 1<br />

< p<br />

−<br />

k1+1/p (k − 1) 1/p k1/p �<br />

,<br />

.


5.2 Absolute Konvergenz 177<br />

und durch Summation ergibt sich (das meiste hebt sich heraus):<br />

n�<br />

k=2<br />

1<br />

<<br />

k1+ε n�<br />

k=2<br />

�<br />

1<br />

< p 1 −<br />

k1+1/p 1<br />

n1/p �<br />

< p (n ≥ 2) .<br />

Hieraus folgt mit (5.3) die Behauptung (p ist fest!).<br />

Satz (5.11) und das Beispiel der harmonischen Reihe � Beispiel 5.1.○2 � zusammen<br />

genommen lassen vielleicht die Vermutung aufkommen, es existiere<br />

eine “letzte” konvergente Reihe oder eine “erste” divergente Reihe mit positiven<br />

Gliedern ck. Die betreffenden Folgen c. lägen “irgendwo in der Nähe<br />

der Folge k ↦→ 1/k ” und müssten dann ein “universelles Vergleichskriterium”<br />

liefern. Um solche Vorstellungen ein für allemal auszuräumen, beweisen wir<br />

den folgenden Satz:<br />

(5.12) Zu jeder konvergenten Reihe � ∞<br />

k=0 ck, alle ck > 0, gibt es eine Folge<br />

d. mit dk/ck → ∞, so dass die Reihe � ∞<br />

k=0 dk immer noch konvergiert.<br />

Die Restsummen Rn := � ∞<br />

k=n+1 ck konvergieren nach (5.6) und nach<br />

Voraussetzung über die ck monoton fallend nach 0. Setzen wir daher<br />

dk := � Rk−1 − � Rk<br />

(k ≥ 1) ,<br />

so gilt für die Partialsummen sn der Reihe � ∞<br />

k=1 dk:<br />

sn =<br />

n� ��<br />

Rk−1 − � �<br />

Rk = � R0 − � Rn → � R0<br />

k=1<br />

(n → ∞) .<br />

Die Reihe � ∞<br />

k=1 dk ist also konvergent. Ferner hat man wegen der Monotonie<br />

der Rk:<br />

und hieraus ergibt sich<br />

dk = Rk−1 − Rk<br />

�<br />

Rk−1 + √ Rk<br />

dk<br />

ck<br />

1<br />

≥<br />

2 � Rk−1<br />

ck<br />

≥<br />

2 � ,<br />

Rk−1<br />

→ ∞ (k → ∞) .<br />

Auf ähnliche Art beweist man den zu (5.12) komplementären Satz für eine<br />

divergente Ausgangsreihe � ∞<br />

k=0 ck: Hier gibt es eine Folge d. mit dk/ck → 0,<br />

so dass die Reihe � ∞<br />

k=0 dk immer noch divergiert.


178 5 <strong>Reihen</strong><br />

Aufgaben<br />

1. Untersuche die folgenden <strong>Reihen</strong> auf Konvergenz:<br />

∞� k −<br />

(a)<br />

k=1<br />

√ k<br />

(k + √ ∞� (−1)<br />

, (b)<br />

k) 2<br />

k=1<br />

k + ik (3i) k ,<br />

− 2k (c)<br />

∞� k2 ,<br />

2k (d)<br />

∞� 1<br />

k√ .<br />

k!<br />

k=0<br />

k=1<br />

2. Für welche x ∈ R sind die folgenden <strong>Reihen</strong> konvergent?<br />

(a)<br />

∞�<br />

sin(x/k) , (b)<br />

∞� � �<br />

1 − cos(x/k) ,<br />

(c)<br />

k=1<br />

∞�<br />

k=1<br />

1<br />

k tan<br />

�<br />

x<br />

�<br />

, (d)<br />

k<br />

k=1<br />

∞�<br />

k=1<br />

� �<br />

2k<br />

x<br />

k<br />

k<br />

(Quotientenkriterium).<br />

3. Zeige: Konvergieren die ak monoton fallend gegen 0 und ist die Reihe<br />

� ∞<br />

k=0 ak konvergent, so gilt<br />

� �<br />

lim kak = 0 .<br />

k→∞<br />

Hinweis: na2n ≤ � 2n<br />

k=n+1 ak .<br />

4. Es sei K die Menge der Punkte in der (α, β)-Ebene, für die die Reihe<br />

∞�<br />

k=1<br />

β k<br />

k α<br />

konvergiert. Zeichne die Menge K, mit Angabe von Gründen.<br />

5. Zeige: Zu jeder divergenten Reihe �<br />

k ck mit positiven Gliedern ck gibt<br />

es eine Folge d. mit dk/ck → 0, so dass die Reihe �<br />

k dk immer noch<br />

divergiert.<br />

6. Schreibt man eine Binärfolge<br />

β. : Z → B , k ↦→ βk<br />

mit βk = 0 (k < −r) als “unendlichen Dualbruch”<br />

‘ β−r . . . β−1 β0 . β1 β2 β3 . . . ’ ,<br />

so wird dadurch eine reelle Zahl x bestimmt, nämlich<br />

x :=<br />

∞�<br />

βk2 −k . (∗)<br />

k=−r<br />

Umgekehrt: Jedes x ≥ 0 lässt sich in der Form (∗) darstellen, und zwar<br />

besitzen die x ∈ D>0 genau zwei derartige Darstellungen, alle übrigen x ≥<br />

0 genau eine. Hinweis: Ist x > 0 gegeben, so lassen sich die zugehörigen<br />

βn rekursiv bestimmen, indem man zunächst ein zulässiges r findet und<br />

dann die Grössen x − � n−1<br />

k=−r βk2 −k betrachtet.


5.3 Bedingt konvergente <strong>Reihen</strong><br />

Alternierende <strong>Reihen</strong><br />

Bei absolut konvergenten <strong>Reihen</strong> � ∞<br />

k=0 ak kommt die Konvergenz allein durch<br />

das Kleinwerden der Beträge |ak| zustande, bei bedingt konvergenten <strong>Reihen</strong><br />

hingegen in erster Linie durch den Ausgleich zwischen positiven und<br />

negativen Gliedern. Am anschaulichsten kommt dies bei den sogenannten<br />

alternierenden <strong>Reihen</strong> zum Ausdruck, das sind <strong>Reihen</strong><br />

∞�<br />

k=0<br />

(−1) k ck<br />

mit positiven und streng monoton nach 0 abnehmenden ck:<br />

Es gilt der folgende Satz:<br />

ck > ck+1 > 0 (k ≥ 0) , lim<br />

k→∞ ck = 0 . (1)<br />

(5.13) (a) Alternierende <strong>Reihen</strong> sind konvergent.<br />

(b) Ist �∞ k=0 (−1)kck eine alternierende Reihe mit Summe s, so bilden die<br />

Partialsummen s2, s4, s6, . . . eine streng monoton fallende und die Partialsummen<br />

s1, s3, s5, . . . eine streng monoton wachsende Folge, und für alle n<br />

gilt<br />

s = sn + θ (−1) n+1 cn+1<br />

(2)<br />

mit einem (von n abhängigen) θ ∈ ] 0, 1 [ . In anderen Worten: Der Abbrechfehler<br />

ist ein echter Bruchteil des ersten vernachlässigten Gliedes.<br />

Für beliebiges m ≥ 0 gelten die Ungleichungen<br />

s2m+2 = s2m − c2m+1 + c2m+2 < s2m ,<br />

s2m+3 = s2m+1 + c2m+2 − c2m+3 > s2m+1<br />

(Fig. 5.3.1). Die beiden Folgen (s2m)m≥0 und (s2m+1)m≥0 sind somit streng<br />

monoton wie angegeben, und es folgt weiter<br />

s1 ≤ s2m+1 = s2m − c2m+1 < s2m ≤ s0<br />

(m ≥ 0) .<br />

Aufgrund von Satz (4.2) konvergieren daher die s2m+1 gegen einen Grenzwert<br />

s ′ und die s2m gegen s ′′ . Wegen s2m − s2m+1 = c2m+1 → 0 (m → ∞)<br />

ist notwendigerweise s ′ = s ′′ =: s. Man hat daher<br />

s2m+1 < s < s2m+2 = s2m+1 + c2m+2 ,


180 5 <strong>Reihen</strong><br />

0 s1 s2m+1 s2m+3 s s2m+2 s2m s2 s0 Summenspeicher<br />

−c 2m+3<br />

Fig. 5.3.1<br />

+c 2m+2 −c 2m+1<br />

und dies ist äquivalent zu (2) für n := 2m + 1. Analog schliesst man für<br />

gerades n. (1) und (2) zusammen liefern schliesslich limn→∞ sn = s.<br />

○1 Das Standardbeispiel einer bedingt konvergenten Reihe ist die alternierende<br />

harmonische Reihe<br />

∞� (−1) k+1<br />

k=1<br />

k<br />

= 1 − 1 1 1<br />

+ − + . . . .<br />

2 3 4<br />

Wie wir später zeigen werden, besitzt sie die Summe log 2. Mit dieser Reihe<br />

verwandt ist die Leibnizsche Reihe<br />

∞�<br />

k=0<br />

(−1) k 1 1 1 1<br />

= 1 − + − + − . . .<br />

2k + 1 3 5 7 9<br />

mit der Summe π/4. Zur numerischen Berechnung von log 2 und π/4 sind<br />

diese <strong>Reihen</strong> natürlich ungeeignet. ○<br />

Satz (5.13)(a) ist enthalten in dem folgenden Konvergenzkriterium von<br />

Abel:<br />

(5.14) Genügt die Folge c. der Bedingung (1) und besitzt die Reihe � αk,<br />

αk ∈ C, beschränkte Partialsummen, so ist die Reihe � ∞<br />

k=0 ck αk konvergent.<br />

Bei den hier betrachteten <strong>Reihen</strong> � ∞<br />

k=0 ck αk erbringen die αk (sie brauchen<br />

nicht zu konvergieren) die für bedingte Konvergenz erforderliche Oszillation,<br />

während die “Dämpfungsfaktoren” ck dafür sorgen, dass jedenfalls ckαk → 0<br />

(k → ∞) gilt. Charakteristische Kandidaten für das Abelsche Konvergenzkriterium<br />

sind die <strong>Reihen</strong><br />

∞�<br />

k=1<br />

cos(kφ)<br />

k<br />

,<br />

∞�<br />

k=1<br />

sin(kφ)<br />

k<br />

φ fest. Die in Beispiel ○1 betrachteten <strong>Reihen</strong> sind Spezialfälle hiervon. Wir<br />

werden darauf zurückkommen.<br />

,


5.3 Bedingt konvergente <strong>Reihen</strong> 181<br />

Zum Beweis von (5.14) benötigen wir den Kunstgriff der partiellen Summation,<br />

die offensichtlich der partiellen Integration (Abschnitt 9.3) nachempfunden<br />

ist. Für beliebige Folgen s. und c. und für beliebige m ≥ n ≥ 0<br />

gilt:<br />

m�<br />

m�<br />

m�<br />

(sk − sk−1)ck = skck −<br />

k=n+1<br />

=<br />

k=n+1<br />

m�<br />

k=n+1<br />

skck −<br />

k=n+1<br />

m−1 �<br />

k ′ =n<br />

sk−1ck<br />

sk ′ck ′ +1<br />

m−1 �<br />

= smcm − sncn + sk(ck − ck+1) .<br />

Beweis von (5.14): Wir setzen � n<br />

k=0 αk =: sn. Nach Voraussetzung<br />

gibt es ein M > 0 mit |sn| ≤ M für alle n. Es sei nun ein ε > 0 vorgegeben<br />

und n0 so bestimmt, dass gilt:<br />

cn < ε<br />

2M<br />

k=n<br />

(n > n0) .<br />

Wegen sk − sk−1 = αk ergibt sich nun mit (3), dass folgende Abschätzung<br />

für alle n > n0 zutrifft:<br />

�<br />

� m�<br />

�<br />

�<br />

� �<br />

� αkck�<br />

� �<br />

k=n+1<br />

≤ |sm|<br />

m−1 �<br />

|cm| + |sn| |cn| + |sk| |ck+1 − ck|<br />

k=n<br />

�<br />

�<br />

m−1 �<br />

≤ M cm + cn + (ck − ck+1) = M · 2cn < ε .<br />

k=n<br />

Da ε > 0 beliebig war, folgt mit (5.3) die Behauptung.<br />

Umstellung der <strong>Reihen</strong>glieder<br />

Absolut konvergente <strong>Reihen</strong> sind ziemlich robust und haben in vielerlei Hinsicht<br />

dieselben Eigenschaften wie endliche Summen. Insbesondere können<br />

ihre Glieder beliebig umgestellt werden, und die Summe bleibt dieselbe. Im<br />

Gegensatz dazu sind bedingt konvergente <strong>Reihen</strong> sehr subtile Kreaturen.<br />

Wird die <strong>Reihen</strong>folge der Glieder verändert, so ändert sich im allgemeinen<br />

auch die Summe — noch schlimmer: Durch geeignete Umstellung der Glieder<br />

lässt sich jedes vorgegebene σ ∈ ¯ R als Summe realisieren. Wir beweisen<br />

darüber:<br />

(5.15) Es sei �∞ k=0 ak, ak ∈ X, eine absolut konvergente Reihe mit Summe<br />

s. Dann besitzt auch jede durch Vertauschung der ak erhaltene Reihe �∞ j=0 bj<br />

die Summe s.<br />

(3)


182 5 <strong>Reihen</strong><br />

Die Umstellung der Ausgangsreihe wird durch eine bijektive Abbildung<br />

φ : N → N realisiert; es ist bj := aφ(j) (j ≥ 0). — Zu vorgegebenem ε > 0<br />

gibt es ein n0 mit<br />

∞�<br />

|ak| < ε .<br />

k=n0+1<br />

Es gibt ein r0, so dass die Menge der Zahlen φ(j), 0 ≤ j ≤ r0, wenigstens<br />

alle Zahlen von 0 bis n0 enthält. Für alle r ≥ r0 und für alle n ≥ n0 gilt<br />

daher � �<br />

����� r� n�<br />

�<br />

�<br />

bj − ak�<br />

�<br />

� ≤<br />

N�<br />

|ak| < ε , (4)<br />

j=0<br />

k=0<br />

k=n0+1<br />

dabei bezeichnet N die grösste der Zahlen n, φ(0), φ(1), . . ., φ(r). Beide<br />

Summen linker Hand enthalten nämlich wenigstens die Glieder a0, a1, . . .,<br />

an0 , aber kein ak mit k > N. Aus (4) folgt mit n → ∞:<br />

� �<br />

�<br />

�<br />

r�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

� bj − s�<br />

�<br />

� � ≤ ε (r ≥ r0) ,<br />

was zu beweisen war.<br />

j=0<br />

(5.16) Es sei � ∞<br />

k=0 ak eine bedingt konvergente Reihe mit reellen Gliedern<br />

ak, und es sei ein Wert σ ∈ ¯ R beliebig vorgegeben. Dann gibt es eine Permutation<br />

φ von N mit � ∞<br />

j=0 a φ(j) = σ.<br />

Für beliebige a ∈ R bezeichnet man mit<br />

a + := max{a, 0} , a − := max{−a, 0}<br />

den positiven und den negativen “Anteil” von a. Es gilt<br />

Da die Reihe �∞ k=0 (a+ k<br />

<strong>Reihen</strong><br />

a = a + − a − , |a| = a + + a − .<br />

+ a−<br />

k ) divergiert, muss wenigstens eine der beiden<br />

∞�<br />

k=0<br />

a +<br />

k ,<br />

divergieren, und da �∞ k=0 (a+ k − a−<br />

k ) konvergiert, müssen dann gleich beide<br />

<strong>Reihen</strong> (5) divergieren. Hieraus folgt mit (5.5):<br />

∞�<br />

k=0<br />

(∗) Zu jedem n und zu jedem C gibt es ein m und ein m ′ mit<br />

m�<br />

k=n+1<br />

a +<br />

k<br />

> C ,<br />

a −<br />

k<br />

m ′<br />

�<br />

k=n+1<br />

a −<br />

k<br />

> C .<br />

(5)


5.3 Bedingt konvergente <strong>Reihen</strong> 183<br />

Wir konstruieren nun rekursiv eine Permutation φ, die die Glieder der Ausgangsreihe<br />

so umstellt, dass eine Reihe �∞ j=0 bj, bj = aφ(j) , mit Summe<br />

σ ∈ R entsteht (die Fälle σ = ±∞ überlassen wir dem Leser). Mit sn<br />

bezeichnen wir die Partialsummen der umgestellten Reihe, s−1 := 0.<br />

Rekursionsvorschrift lautet folgendermassen:<br />

Die<br />

� � �<br />

min k � ak > 0 ∧ k �= φ(j) (0 ≤ j < n)<br />

φ(n) :=<br />

�<br />

min<br />

(sn−1 < σ)<br />

� k � � ak ≤ 0 ∧ k �= φ(j) (0 ≤ j < n) �<br />

(sn−1 ≥ σ)<br />

.<br />

In Worten: Ist sn−1 < σ, so wählt man als bn das erste noch “unverbrauchte”<br />

ak > 0, und ist sn−1 ≥ σ, so wählt man als bn das erste noch “unverbrauchte”<br />

ak ≤ 0. Durch (∗) ist sichergestellt, dass die Partialsummen sn nie<br />

definitiv auf einer Seite von σ bleiben (siehe die Fig. 5.3.2), so dass sowohl<br />

die ak > 0 wie die ak ≤ 0 nach und nach “aufgebraucht” werden. Durch<br />

das beschriebene Verfahren wird also in der Tat eine Permutation φ von N<br />

definiert.<br />

Summenspeicher<br />

sn–2 σ<br />

sn+1 sn s n–1<br />

Fig. 5.3.2<br />

b n = a φ(n)<br />

Um nun � ∞<br />

j=0 bj = σ zu beweisen, geben wir ein ε > 0 vor und beachten,<br />

dass die ak gegen 0 konvergieren. Es gibt daher ein k0 mit |ak| < ε für alle<br />

k > k0. Weiter gibt es ein r0 mit<br />

φ(j) > k0 (j > r0) , (6)<br />

denn nach einer gewissen Anzahl Schritten sind a0, a1, . . . , ak0 bestimmt<br />

“aufgebraucht”. Aus (6) folgt<br />

Schliesslich gibt es ein r1 > r0, so dass gilt:<br />

|bj| = |a φ(j)| < ε (j > r0) . (7)<br />

sr1−1 < σ ≤ sr1 = sr1−1 + br1<br />

. (8)<br />

Wir behaupten: Für alle n ≥ r1 gilt |sn − σ| < ε. Wegen (8) trifft dies<br />

jedenfalls zu für n = r1. Im weiteren Verlauf liegt sn+1 jeweils näher bei σ<br />

als sn, falls kein Sprung über σ hinweg erfolgt, und wegen (7) gilt<br />

|sn+1 − σ| ≤ |bn+1| < ε ,<br />

wenn sn und sn+1 auf verschiedenen Seiten von σ liegen.


184 5 <strong>Reihen</strong><br />

Aufgaben<br />

1. Man stelle die Glieder der alternierenden harmonischen Reihe so um, dass<br />

eine divergente Reihe entsteht. Es sind so viele Glieder der umgestellten<br />

Reihe anzuschreiben, dass ein Konstruktionsgesetz erkennbar wird.<br />

Hinweis: Divergenzbeweis für die harmonische Reihe.<br />

2. Behandle den Fall σ = ∞ in Satz (5.16).


5.4 Potenzreihen I<br />

Funktionenreihen<br />

Die bis dahin betrachteten <strong>Reihen</strong> � ∞<br />

k=0 ak waren konstante <strong>Reihen</strong>: Für<br />

jedes k ist ak eine bestimmte Zahl bzw. ein Vektor. Die Summe einer derartigen<br />

Reihe ist wieder eine gewisse Zahl, zum Beispiel π, bzw. ein Vektor.<br />

Wesentlich aufregender sind Funktionenreihen, mit deren Hilfe wir vom Boden<br />

der rationalen Funktionen abheben und in vielfältiger Weise neuartige<br />

Klassen von Funktionen produzieren können.<br />

Ist für jedes k ∈ N eine Funktion<br />

fk : A → X, x ↦→ fk(x) (1)<br />

erklärt, so spricht man von einer Funktionenfolge auf A und bezeichnet diese<br />

Folge mit (fk)k≥0 oder ähnlich. Die allgemeine Untersuchung von Funktionenfolgen<br />

findet in Kapitel 11 statt; insbesondere wird man erklären müssen,<br />

was “Konvergenz gegen eine Grenzfunktion f” bedeutet.<br />

Ist eine Funktionenfolge (1) gegeben, so stellt �∞ k=0 fk(x) für jedes feste<br />

x ∈ A eine konstante Reihe dar. Für einige x ∈ A wird diese Reihe konvergieren,<br />

für andere nicht. Die erstgenannten x ∈ A konstituieren zusammen<br />

den Konvergenzbereich A ′ (⊂ A) der Funktionenreihe �∞ k=0 fk. Die Summe<br />

dieser Funktionenreihe ist dann — wie erwartet — die Funktion<br />

s(·) : A ′ → X , x ↦→ s(x) :=<br />

∞�<br />

fk(x) .<br />

Von den Funktionenreihen sind die Potenzreihen am verbreitetsten und am<br />

leichtesten zu handhaben, theoretisch und rechnerisch. Von Newton stammt<br />

das folgende Prinzip: “Jede vernünftige Funktion f lässt sich an jeder Stelle<br />

x0 im Innern von dom (f) in eine Potenzreihe entwickeln oder als Potenzreihe<br />

ansetzen.” Die Theorie der Potenzreihen wird am besten verständlich,<br />

wenn man sie im Komplexen betrachtet. Wir werden also wahlweise die reelle<br />

Variable t (bzw. x) oder die komplexe Variable z benützen.<br />

Es sei a. eine beliebige Folge von reellen oder komplexen Zahlen. Dann heisst<br />

k=0<br />

∞�<br />

akz k = a0 + a1z + a2z 2 + . . . (2)<br />

k=0<br />

eine Potenzreihe (mit Mittelpunkt 0), etwas allgemeiner ist<br />

∞�<br />

ak(x − x0) k = a0 + a1(x − x0) + a2(x − x0) 2 + . . .<br />

k=0


186 5 <strong>Reihen</strong><br />

eine Potenzreihe mit Mittelpunkt x0. Für grundsätzliche Erwägungen genügt<br />

es natürlich, <strong>Reihen</strong> der Form (2) zu betrachten.<br />

Die einzelnen Summanden in (2) sind Monome z ↦→ akz k , die Partialsummen<br />

sn(z) sind Polynome in der Variablen z und damit auf ganz C definiert. Der<br />

Konvergenzbereich einer Reihe (2) hängt natürlich ab von den Koeffizienten<br />

ak: Werden die Beträge |ak| mit k → ∞ rasch sehr klein, so darf |z| ziemlich<br />

gross sein, und die Reihe (2) konvergiert immer noch. Wenn die Beträge |ak|<br />

im Gegenteil mit k → ∞ rasch anwachsen, so wird die Reihe nur für sehr<br />

kleine |z| konvergieren. Im einzelnen gilt der folgende Satz:<br />

Potenzreihen konvergieren auf Kreisscheiben<br />

(5.17) (a) Jede Potenzreihe (2) besitzt einen wohlbestimmten Konvergenzradius<br />

ρ, 0 ≤ ρ ≤ ∞: Für |z| < ρ ist die Reihe absolut konvergent und für<br />

|z| > ρ divergent.<br />

(b) Der Konvergenzradius ρ hat den Wert<br />

ρ = lim<br />

k→∞<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

ak<br />

ak+1<br />

�<br />

�<br />

�<br />

� (≤ ∞) , (3)<br />

falls dieser Grenzwert existiert, und in jedem Fall den Wert<br />

wobei 1/0 := ∞, 1/∞ := 0 gesetzt werden soll.<br />

1<br />

ρ = � , (4)<br />

k lim sup |ak|<br />

k→∞<br />

Es sei ρ definiert durch (3). Ist |z| > ρ, so gibt es ein k0 mit<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

ak<br />

ak+1<br />

�<br />

�<br />

�<br />

� < |z| (k > k0) ,<br />

und hieraus folgt |ak+1z k+1 | > |akz k | (k > k0). Mit akz k → 0 (k → ∞)<br />

ist dies jedenfalls nicht vereinbar; somit ist die Reihe (2) für ein derartiges z<br />

divergent.<br />

Ist |z| < ρ (≤ ∞), so gibt es ein ρ ′ mit |z| < ρ ′ < ρ und weiter ein k0 mit<br />

Hieraus folgt<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

ak<br />

ak+1<br />

|ak+1z k+1 |<br />

|akz k |<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

> ρ′<br />

(k > k0) .<br />

< |z|<br />

ρ ′ < 1 (k > k0) ;


5.4 Potenzreihen I 187<br />

die Reihe � ∞<br />

k=0 |akz k | ist daher nach dem Quotientenkriterium (5.10) konvergent.<br />

Es sei jetzt ρ definiert durch (4). Ist |z| > ρ (≥ 0), so gilt<br />

1<br />

�<br />

k<br />

< lim sup |ak|<br />

|z| k→∞<br />

und folglich k� |ak| > 1/|z| für unendlich viele k. Dies impliziert |akz k | > 1<br />

für unendlich viele k; somit ist die Reihe (2) für dieses z divergent.<br />

Ist |z| < ρ, so gibt es wieder ein ρ ′ mit |z| < ρ ′ < ρ (≤ ∞), und man hat<br />

1 �<br />

k<br />

> lim sup |ak| .<br />

ρ ′<br />

k→∞<br />

Es gibt daher ein k0 mit k� |ak| < 1/ρ ′ für alle k > k0, und hieraus folgt<br />

weiter<br />

|akz k �<br />

|z|<br />

| <<br />

ρ ′<br />

�k (k > k0) .<br />

Wegen q := |z|/ρ ′ < 1 folgt hieraus mit (5.9), dass die Reihe (2) für das<br />

betreffende z absolut konvergiert.<br />

○1 Die geometrische Reihe � ∞<br />

k=0 zk konvergiert auf der offenen Kreisscheibe<br />

D := � z ∈ C � � |z| < 1 � und stellt dort, aber nicht darüber hinaus, die<br />

Funktion z ↦→ 1/(1 − z) dar.<br />

Allgemeiner: Gibt es ein p ∈ N, ein C > 0 und ein k0 mit<br />

1<br />

Ck p ≤ |ak| ≤ Ck p<br />

(k > k0) , (5)<br />

so besitzt die Potenzreihe �∞ k=0 akzk den Konvergenzradius 1. Aus (5) folgt<br />

nämlich<br />

1<br />

�<br />

k√ √ �p ≤<br />

k<br />

C k<br />

k� |ak| ≤ k√ �√ �p k<br />

C k ,<br />

und hier konvergieren die äusseren Glieder mit k → ∞ gegen 1.<br />

Die Reihe<br />

∞�<br />

j=0<br />

z j2<br />

j!<br />

= 1 + z + z4<br />

2!<br />

+ z9<br />

3!<br />

+ z16<br />

4!<br />

+ . . .<br />

muss erst auf die Form (2) gebracht werden. Es ergibt sich<br />

� 2 1/j! (k = j , j ∈ N)<br />

ak =<br />

0 (sonst)


188 5 <strong>Reihen</strong><br />

und somit<br />

lim sup<br />

k→∞<br />

�<br />

k<br />

|ak| = lim sup<br />

j→∞<br />

Für alle j ≥ 1 gilt 1 ≤ j! ≤ j j und folglich<br />

1 ≤ j2� j! ≤ j� j .<br />

j 2� 1/j! .<br />

Da hier die rechte Seite mit j → ∞ gegen 1 konvergiert, ergibt sich auch in<br />

diesem Beispiel: ρ = 1. ○<br />

Satz (5.17) sagt nichts aus über das Verhalten der Reihe (2) auf der Kreislinie<br />

|z| = ρ. Dieses Verhalten ist tatsächlich von Reihe zu Reihe verschieden, wie<br />

die folgenden Beispiele zeigen.<br />

○2 Die Reihe � ∞<br />

k=0 zk ist in allen Punkten von ∂D := � z ∈ C � � |z| = 1 �<br />

divergent. — Die Reihe � ∞<br />

k=1 zk /k divergiert an der Stelle z := 1 und konvergiert<br />

an der Stelle z := −1. Mit Hilfe des Abelschen Konvergenzkriteriums<br />

lässt sich zeigen, dass diese Reihe tatsächlich in allen Punkten z ∈ ∂D \ {1}<br />

konvergiert (s.u.). — Die Reihe � ∞<br />

k=1 zk /k 2 konvergiert nach dem Majorantenkriterium<br />

in allen Punkten von ∂D. ○<br />

Vor allem sagt (5.17) nichts aus über die Eigenschaften der von der Reihe<br />

(2) dargestellten Funktion<br />

f(z) :=<br />

∞�<br />

k=0<br />

akz k<br />

� |z| < ρ � .<br />

Ist f stetig (differenzierbar, . . . ) ? Wir werden in Abschnitt 11.5 sehen, dass<br />

ein derartiges f so “schön” ist, wie man nur will. Bis wir so weit sind, müssen<br />

wir gegebenenfalls ad hoc Stetigkeitsbetrachtungen durchführen.<br />

Es seien<br />

f(z) :=<br />

∞�<br />

akz k , g(z) :=<br />

k=0<br />

∞�<br />

k=0<br />

bkz k<br />

zwei in der Kreisscheibe |z| < ρ durch Potenzreihen dargestellte Funktionen.<br />

Dann gilt natürlich<br />

f(z) + g(z) =<br />

∞�<br />

(ak + bk)z k<br />

k=0<br />

(|z| < ρ) .<br />

(6)


5.4 Potenzreihen I 189<br />

Produkt zweier <strong>Reihen</strong><br />

Lässt sich auch das Produkt f ·g durch eine Potenzreihe ausdrücken? Werden<br />

die zwei <strong>Reihen</strong> (6) wie Polynome distributiv ausmultipliziert und die sich<br />

ergebenden Terme nach ihrem Grad in Pakete zusammengefasst, so ergibt<br />

sich rein formal<br />

f(z)g(z) = �<br />

akz k · �<br />

blz l ? �<br />

= akblz k+l ∞�<br />

� �<br />

? �<br />

=<br />

z r . (7)<br />

Dies legt nahe, die Grössen<br />

k<br />

cr := �<br />

l<br />

k+l=r<br />

akbl =<br />

k, l<br />

r=0<br />

k+l=r<br />

akbl<br />

r�<br />

akbr−k ∈ C (r ∈ N) (8)<br />

k=0<br />

einzuführen. Jedes einzelne cr ist eine endliche Summe; die Folge<br />

c. =: a. ∗ b.<br />

heisst das Faltungsprodukt der beiden Folgen a. und b. . — Der folgende Satz<br />

handelt von konstanten <strong>Reihen</strong> (bzw. vom Spezialfall z := 1), wobei wir uns<br />

natürlich von (7) inspirieren lassen.<br />

(5.18) Die beiden (reellen oder komplexen) <strong>Reihen</strong> �∞ k=0 ak und �∞ l=0 bl<br />

�<br />

seien absolut konvergent, und es sei c. := a. ∗ b. . Dann ist auch die Reihe<br />

∞<br />

r=0 cr absolut konvergent, und es gilt<br />

∞�<br />

cr =<br />

r=0<br />

Aus (8) folgt zunächst<br />

�<br />

� N� N�<br />

�<br />

� cr −<br />

�<br />

r=0<br />

k=0<br />

ak ·<br />

N�<br />

l=0<br />

∞�<br />

k=0<br />

bl<br />

ak ·<br />

∞�<br />

bl . (9)<br />

l=0<br />

�<br />

�<br />

� �<br />

� ≤<br />

�<br />

(k,l)∈∆<br />

|akbl| =: R , (10)<br />

dabei bezeichnet ∆ die Menge der (k, l) ∈ [0. .N] × [0. .N] mit k + l > N. Ist<br />

k + l > N, so ist wenigstens eine der Zahlen k und l grösser als N/2. Wir<br />

haben daher weiter (siehe die Fig. 5.4.1):<br />

R ≤ �<br />

N/2N/2<br />

|ak| ·<br />

l=0<br />

N�<br />

|bl| +<br />

l=0<br />

k=0<br />

N�<br />

|ak| · �<br />

k=0<br />

N/2N/2<br />

|bl|


190 5 <strong>Reihen</strong><br />

N<br />

0<br />

l<br />

0<br />

∆<br />

N/2<br />

Fig. 5.4.1<br />

Da die Ausgangsreihen absolut konvergieren, strebt hier die rechte Seite nach<br />

(5.6) mit N → ∞ gegen 0, also auch die linke Seite von (10). Damit ist (9)<br />

bewiesen.<br />

Weiter gilt |cr| ≤ �<br />

k+l=r |ak| |bl| =: ˜cr, und die Reihe �∞ r=0 ˜cr ist nach<br />

dem schon Bewiesenen konvergent. Folglich ist die Reihe �∞ r=0 cr absolut<br />

konvergent.<br />

Besitzen die beiden <strong>Reihen</strong> (6) Konvergenzradien ≥ ρ , so genügen sie für<br />

jedes feste z mit |z| < ρ den Voraussetzungen von Satz (5.18). Für jedes<br />

solche z gilt daher<br />

∞�<br />

�<br />

r�<br />

f(z)g(z) = akz k br−kz r−k<br />

�<br />

∞�<br />

�<br />

r�<br />

�<br />

=<br />

z r ,<br />

r=0<br />

k=0<br />

N<br />

r=0<br />

mit absoluter Konvergenz. Damit haben wir bewiesen:<br />

(5.19) Besitzen die beiden <strong>Reihen</strong><br />

f(z) :=<br />

∞�<br />

akz k , g(z) :=<br />

k=0<br />

k=0<br />

k<br />

∞�<br />

bkz k<br />

k=0<br />

akbr−k<br />

Konvergenzradien ≥ ρ und ist c. := a. ∗ b. , so besitzt f · g die Darstellung<br />

○3 Für |z| < 1 gilt<br />

f(z)g(z) =<br />

∞�<br />

crz r<br />

r=0<br />

1<br />

1 − z =<br />

∞�<br />

1 · z k .<br />

k=0<br />

� |z| < ρ � .


5.4 Potenzreihen I 191<br />

Faltet man die Folge (1, 1, 1, . . .) mit sich selbst, so ergibt sich �r k=0 1 · 1 =<br />

r + 1 für alle r ∈ N. Die Funktion z ↦→ 1/(1 − z) 2 besitzt daher die folgende<br />

<strong>Reihen</strong>entwicklung:<br />

1<br />

=<br />

(1 − z) 2<br />

∞�<br />

r=0<br />

Die Exponentialreihe<br />

Die Reihe<br />

∞�<br />

k=0<br />

(r + 1)z r = 1 + 2z + 3z 2 + . . . (|z| < 1) .<br />

z k<br />

k!<br />

= 1 + z + z2<br />

2<br />

+ z3<br />

6<br />

heisst Exponentialreihe. Wegen<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

ak<br />

�<br />

�<br />

�<br />

(k + 1)!<br />

� = = k + 1 → ∞<br />

k!<br />

(k → ∞)<br />

ak+1<br />

besitzt sie den Konvergenzradius ∞, somit ist<br />

exp : z ↦→ exp z :=<br />

○<br />

z4<br />

+ + . . . (11)<br />

24<br />

eine in der ganzen z-Ebene definierte komplexwertige Funktion, genannt Exponentialfunktion.<br />

Für reelle z ist natürlich auch exp z reell. Wir werden<br />

diese Funktion im nächsten Kapitel eingehend untersuchen und beweisen hier<br />

nur die folgenden drei Grundtatsachen:<br />

Erstens die Funktionalgleichung der Exponentialfunktion, eine fundamentale<br />

Identität, die man als “Additionstheorem” von exp auffassen kann:<br />

(5.20) Für beliebige z1, z2 ∈ C gilt<br />

∞�<br />

k=0<br />

z k<br />

k!<br />

exp(z1 + z2) = exp z1 · exp z2 .<br />

Faltet man die Folgen ak := z k 1 /k! und bl := z l 2/l! , so erhält man nach<br />

dem binomischen Lehrsatz:<br />

cr :=<br />

r�<br />

k=0<br />

akbr−k = 1<br />

r!<br />

und mit (5.18) ergibt sich<br />

exp z1 · exp z2 =<br />

r�<br />

k=0<br />

r!<br />

k!(r − k)! zk 1 z r−k<br />

2 = (z1 + z2) r<br />

r!<br />

∞�<br />

k=0<br />

ak ·<br />

∞�<br />

bl =<br />

l=0<br />

∞�<br />

cr = exp(z1 + z2) .<br />

r=0<br />

(r ∈ N) ,


192 5 <strong>Reihen</strong><br />

Zweitens gibt es einen Grenzwert:<br />

exp z − 1<br />

(5.21) lim = 1 .<br />

z→0 z<br />

Wir dürfen von vorneherein |z| < 1 annehmen. Aus (11) folgt<br />

exp z − 1<br />

z<br />

wobei sich R(z) durch<br />

|R(z)| ≤ |z|<br />

2<br />

+ |z|2<br />

6<br />

+ |z|3<br />

24<br />

= 1 + z z2<br />

+ + . . . =: 1 + R(z) ,<br />

2 6<br />

|z| � � 2<br />

+ . . . ≤ 1 + |z| + |z| + . . . =<br />

2<br />

|z|<br />

2(1 − |z|)<br />

abschätzen lässt. Hier strebt die rechte Seite mit z → 0 gegen 0, somit ist<br />

auch limz→0 R(z) = 0.<br />

Drittens ergibt sich mit Hilfe der beiden ersten:<br />

(5.22) Die Exponentialfunktion ist auf ganz C stetig.<br />

Betrachte ein festes z0 ∈ C. Nach (5.20) gilt für alle z ∈ C \ {z0}:<br />

exp z = exp z0 + exp z0 · � exp(z − z0) − 1 �<br />

= exp z0 + exp z0<br />

exp(z − z0) − 1<br />

z − z0<br />

(z − z0) .<br />

Nach (3.15) und (5.21) strebt hier der Bruch rechter Hand mit z → z0<br />

gegen 1, und es folgt<br />

lim exp z = exp z0 .<br />

z→z0<br />

Da z0 ∈ C beliebig war, ist hiermit die Behauptung bewiesen.<br />

Aufgaben<br />

1. Es bezeichne βn die Anzahl der Ziffern in der Binärdarstellung von n.<br />

Bestimme den Konvergenzradius der Potenzreihe � ∞<br />

n=1 βnz n .<br />

2. Es seien α1, α2, . . ., αp gegebene nichtnegative Zahlen. Bestimme den<br />

Konvergenzradius der Reihe<br />

∞� � k<br />

α1 + α k 2 + . . . + α k� 2k<br />

p t .<br />

k=0


5.4 Potenzreihen I 193<br />

3. Es bezeichne an die Anzahl Arten, n Leute im Verhältnis 1 : 2 in zwei<br />

Gruppen einzuteilen. Berechne den Konvergenzradius der Potenzreihe<br />

∞�<br />

n=0<br />

anz n = 1 + 3z 3 + . . . .<br />

4. Es seien α und β positive Zahlen. Wie gross ist der Konvergenzradius der<br />

Reihe<br />

∞�<br />

5. Mit Hilfe der Fibonacci-Folge<br />

k=0<br />

1 + α k<br />

1 + β k zk ?<br />

a0 := 0 , a1 := 1 ak := ak−1 + ak−2 (k ≥ 2)<br />

wird folgende Potenzreihe gebildet:<br />

∞�<br />

k=0<br />

akz k = z + z 2 + 2z 3 + 3z 4 + 5z 5 + . . . . (∗)<br />

(a) Die Reihe (∗) konvergiert mindestens für |z| < 1/2 und stellt dort eine<br />

Funktion f(z) dar.<br />

z<br />

(b) Es ist f(z) =<br />

1 − z − z2 . Hinweis: Verifiziere (1 − z − z2 )f(z) ≡ z .<br />

(c) Die Funktion f besitzt eine Zerlegung der Form<br />

f(z) = A B<br />

+<br />

1 − λz 1 − µz<br />

und lässt sich daher als Summe von zwei geometrischen <strong>Reihen</strong> schreiben.<br />

Dies liefert eine zweite Darstellung von f als Potenzreihe und<br />

damit einen geschlossenen Ausdruck für die k-te Fibonacci-Zahl ak.<br />

(d) Bestimme den Konvergenzradius der Reihe (∗).<br />

6. Zeige (ohne Verweis auf die Exponentialfunktion): Die Funktion<br />

genügt der Funktionalgleichung<br />

f(z) :=<br />

∞�<br />

k=0<br />

z 2k<br />

(2k)!<br />

f(2z) = 2 � f(z) � 2 − 1 (z ∈ C) .<br />

Hinweis: Beginne mit der rechten Seite der behaupteten Identität. Es<br />

werden Potenzen (1 ± 1) r auftreten.

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