2008 - ensemble magazin
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3 . 08<br />
Das Klavierhaus „Piano Stingl“ findet man<br />
in der Wiedner Hauptstraße in Wien,<br />
kaum mehr als 10 Fußminuten von der<br />
Staatsoper und vielleicht nur fünf weitere Minuten<br />
vom wichtigsten Konzertsaal Wiens entfernt: dem<br />
Wiener Musikverein. Der Schriftzug ist deutlich am<br />
Haus angebracht, und ein kleines Ladenlokal<br />
macht nochmals aufmerksam auf das Klavierhaus.<br />
Aber das kann doch nicht alles sein, oder?<br />
Der Eindruck täuscht, den man von dem kleinen<br />
Ladenlokal mit nur einem Konzertflügel im Inneren<br />
erhält, denn ein kleines Schild verweist auf<br />
den Hauseingang seitlich des Ladenlokals: Dort<br />
kann man eintreten, indem man einen Türdrücker<br />
betätigt, und gelangt in den ersten Stock des<br />
Hauses, in dem sich dann ein großes Klavierfachgeschäft<br />
mit zahlreichen kleinen Nebenräumen<br />
präsentiert. Die „Beletage“ war in Österreich traditionell<br />
für Geschäfte mit größeren Ausstellungsstücken<br />
gedacht. Zudem ist es hier heutzutage<br />
weitaus ruhiger als in einem Ladenlokal, das<br />
ebenerdig den starken Verkehr auf der Straße mit<br />
großem Isolierungsaufwand ausschließen müsste.<br />
Im Hauptraum präsentieren sich zahlreiche Flügel<br />
unterschiedlicher Marken, in den Nebenräumen<br />
sind es die Klaviere und auch gebrauchte und<br />
in der hauseigenen Werkstatt aufgearbeitete Instrumente.<br />
Erst beim Umherschweifen durch die<br />
traditionellen Räume wird dem Besucher klar,<br />
dass hier die Auswahl recht groß ist, die Markenvielfalt<br />
ebenfalls. Und durch die zahlreichen Plakate<br />
mit Widmungen an den Eigentümer wird<br />
auch deutlich, dass eine enge Zusammenarbeit<br />
zwischen den Künstlern und diesem Klavierhaus<br />
besteht.<br />
Kurze Geschichte<br />
1860 hatte Anton Stingl (1825–1885) den Tischlereibetrieb<br />
von seinem Onkel übernommen und<br />
widmete sich schon bald dem Bau von Klavierkorpussen<br />
– das war im fünften Bezirk in Wien. 1887<br />
nahm er seine drei Söhne Gustav, Ignaz und<br />
Wilhelm in seinen Betrieb auf und wurde zu Gebr.<br />
Stingl. Diese widmeten sich verstärkt dem Klavierbau<br />
und übernahmen bald schon die Räumlichkeiten<br />
der berühmten Firma Streicher in Wien, genauer<br />
in der Ungargasse. Da die Familie Streicher<br />
nach einer enormen Historie kinderlos ausstarb,<br />
war der Grundstein für das Aufblühen des Unternehmens<br />
Stingl gelegt. In dem ehemaligen Gebäude<br />
des Unternehmens Streicher, dem sogenannten<br />
„Streicherhof“, baute man eine Fertigung<br />
für Klaviere auf. Bald schon wurden die Brüder als<br />
wichtigster Instrumentenerzeuger der damaligen<br />
Monarchie bezeichnet; und dies immerhin gegen<br />
so berühmte österreichische Hersteller wie Ehrbar,<br />
Bösendorfer und einige andere. Von Anfang an<br />
hatte man einen Schwerpunkt der Produktion auf<br />
die Klaviere, nicht auf die Flügel gelegt, im Gegensatz<br />
zu den zahlreichen anderen Herstellern.<br />
Um 1910 war das Unternehmen zu einer AG geworden.<br />
Nach und nach starben die Erben der<br />
Stingls und das Unternehmen geriet in die Hände<br />
einer tschechischen Bank. Doch die Geschäfte liefen<br />
nicht mehr so wie noch unter den Familien-<br />
H ÄNDLER<br />
mitgliedern, eine wirkliche Neuerzeugung gab es<br />
kaum mehr, auch wenn damals die Marke „Stingl<br />
Original“ begründet worden war. Es wurden Restbestände<br />
und altes Wissen verarbeitet. Später gingen<br />
diese Restbestände an das tschechische Klavierbauunternehmen<br />
Lauberger & Gloss, die bis zu<br />
Beginn des 1. Weltkriegs kleine Stückzahlen unter<br />
diesem Namen fertigten.<br />
Der einzige noch lebende Nachfahre der Stingls,<br />
Gustav Ignaz Stingl, gründete dann 1921 das Unternehmen<br />
„Gustav Ignaz Stingl“ in Wien. Dieser<br />
hatte noch das Klavierbauhandwerk in der Ungargasse<br />
als junger Mann gelernt. Er war der Onkel<br />
des heutigen Besitzers Gustav Ignaz Sych. Es war<br />
ein Handelsbetrieb, der 1921 eingetragen wurde,<br />
aber ein Jahr später erhielt man auch die Berechtigung<br />
zur Fertigung von Neuinstrumenten. Doch<br />
Gustav Ignaz Stingl schwebte längst kein Produktionsbetrieb<br />
mehr vor, wie ihn seine Vorfahren<br />
betrieben hatten, sondern er begann neben dem<br />
Verkauf von Klavieren und Flügeln mit der handwerklichen<br />
Fertigung einiger weniger Klaviere.<br />
„Heute ist es so, dass wir auf Kundenwünsche immer<br />
noch hier und da einige wenige Stücke rein handwerklich<br />
fertigen“, erklärt Gustav Ignaz Sych und fügt<br />
hinzu: „Aber das ist nichts, wovon man lebt, sondern<br />
man erhält sich einige Fertigkeiten in der Werkstatt.“<br />
Das heutige Geschäft<br />
So richtig gewandelt hat sich das Kerngeschäft im<br />
Handel vor allem in den 70er Jahren, als noch<br />
mehrere Klaviere jeden Tag verkauft werden<br />
Ferienwohnung mit Steinway-Flügel<br />
H<br />
Die Flügelgalerie steht zum<br />
Anspielen bereit.<br />
Foto: Dürer<br />
Landhaus Woltersmühlen,Nähe Timmendorfer Strand, vermietet eine<br />
große komfortable Ferienwohnung mit Steinway-Flügel in romantischer<br />
Wassermühle -schönste Lage.<br />
Tel.: 0177-7777359 oder 04524 / 359 Fax: 04524 / 900456<br />
www.landhaus-woltersmuehlen.de<br />
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