Multiples Myelom - Sachsen-Anhaltische Krebsgesellschaft e.V.
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<strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong><br />
Das Multiple <strong>Myelom</strong>, im deutschsprachigen<br />
Raum häufig noch als Plasmozytom<br />
bezeichnet, ist die häufigste bösartige<br />
hämatologische Erkrankung und<br />
tritt mit einer Inzidenz von bis zu fünf<br />
Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohnern<br />
auf. Sein Anteil an den bösartigen<br />
Erkrankungen macht insgesamt 1 Prozent,<br />
an den bösartigen Bluterkrankungen<br />
10 Prozent aus. Das Erkrankungsalter<br />
liegt meistens zwischen dem 60.<br />
und 70. Lebensjahr, lediglich 1 Prozent<br />
der betroffenen Patienten ist jünger als<br />
40 Jahre.<br />
Ursprung des Multiplen <strong>Myelom</strong>s ist die<br />
bösartige Entartung sogenannter Plasmazellen,<br />
reifer Zellen des Immunsys -<br />
tems, die durch die Bildung spezifischer<br />
Antikörper eine wichtige Rolle in der<br />
Infektabwehr spielen. Entartete Plasmazellen<br />
vermehren sich rasch und<br />
unkontrolliert im Knochenmark (Bild 1)<br />
und verdrängen dort die gesunde Blutbildung.<br />
Es resultiert vorwiegend ein<br />
Mangel an roten Blutkörperchen, im<br />
Verlauf aber auch an Leukozyten und<br />
Blutplättchen.<br />
Die von den <strong>Myelom</strong>zellen gebildeten<br />
Antikörper, auch als Paraproteine be -<br />
zeichnet, sind in ihrer Funktion in der<br />
Infektabwehr deutlich eingeschränkt,<br />
so dass bei betroffenen Patienten eine<br />
Immunschwäche besteht. Diese wird<br />
durch die Abgabe bestimmter Botenstoffe<br />
(Zytokine) und eine häufig gleichzeitig<br />
bestehende Verminderung der<br />
4<br />
weißen Blutkörperchen sogar noch verstärkt.<br />
Gleichzeitig können Paraproteine<br />
durch Ablagerung im Gewebe z. B.<br />
von Nieren oder Herz schwere Organschäden<br />
verursachen, die zu Nierenoder<br />
Herzkreislaufversagen führen.<br />
Weitere gefürchtete Komplikationen<br />
sind Knochendefekte (Osteolysen)<br />
(siehe Bild 2), die zu Knochenbrüchen<br />
und damit zu erheblichen Schmerzen<br />
und/oder Bewegungseinschränkungen<br />
führen können.<br />
Bild 2: Knochendefekte (Osteolysen) im<br />
Schädelknochen<br />
Zur Basisdiagnostik des Multiplen<br />
<strong>Myelom</strong>s zählen Blutbild zur Beurteilung<br />
der Knochenmarkfunktion, Nierenwerte<br />
(Kreatinin, Harnstoff) und<br />
Mineralien, insbesondere Kalzium, um<br />
ein beginnendes Nierenversagen früh<br />
zu erfassen. Der Nachweis eines Paraproteins<br />
erfolgt mit der Immunfixati-<br />
onselektrophorese von Blut und Urin.<br />
Im Falle eines positiven Befundes sollte<br />
das Paraprotein anschließend quantitativ<br />
bestimmt werden, wobei hierzu<br />
unterschiedliche Methoden zur Verfügung<br />
stehen. Die Untersuchung des<br />
Knochenmark (Knochenmarkpunktion)<br />
dient zum einen der Beurteilung des<br />
Infiltrationsgrades (Anteil Plasmazellen<br />
an den kernhaltigen Zellen des Knochenmark),<br />
zum anderen der Materialgewinnung<br />
für ergänzende molekulargenetische<br />
Tests, die einen wichtigen<br />
prognostischen Wert haben. So gelingt<br />
bei fast der Hälfte aller Patienten der<br />
Nachweis eines Teilverlustes (Deletion)<br />
des Chromosom 13, der mit einer<br />
ungünstigen Prognose assoziiert ist.<br />
Röntgenuntersuchungen des Stammskelettes,<br />
d. h. Schädel, Wirbelsäule,<br />
Rippen, Becken, Oberarme und -schenkel<br />
zum Nachweis bzw. Ausschluß von Knochendefekten<br />
runden das diagnostische<br />
Spektrum ab.<br />
Nach Einführung einer Chemotherapie<br />
mit Melphalan und Prednisolon durch<br />
Alexanian in den 60er Jahren des letzten<br />
Jahrhunderts lag das durchschnittliche<br />
Überleben erkrankter Patienten bei<br />
drei bis vier Jahren. Durch die Möglichkeit,<br />
Blutstammzellen von Patienten vor<br />
Therapie zu gewinnen und einzufrieren,<br />
kann die Melphalandosis seit den 90er<br />
Jahren erheblich gesteigert werden, da<br />
das Risiko schwerer Blutungen und/<br />
oder Infektionen durch eine chemothe-<br />
leben 01/2010 · Forum Onkologie<br />
Bild 1: Knochenmarkbefall durch ein <strong>Multiples</strong> <strong>Myelom</strong><br />
Fotos: Johanniter-Krankenhaus Genthin-Stendal gGmbH