08 - Virologie Wien
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”VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR._____ <strong>08</strong>/12<br />
Hantavirus Infektionen in Österreich<br />
Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Dr. Franz X. Heinz<br />
Redaktion: Prof. Dr. H. Holzmann, Prof. Dr. Th. Popow-Kraupp<br />
Department f. <strong>Virologie</strong> d. Med. Universität <strong>Wien</strong><br />
1095 <strong>Wien</strong>, Kinderspitalgasse 15<br />
Tel. +43 1 40160-65500 Fax: +43 1 40160- 965599<br />
e-mail: virologie@meduniwien.ac.at<br />
homepage: www.virologie.meduniwien.ac.at<br />
Stephan Aberle<br />
Die Puumalavirus Infektion ist die bedeutendste Hantavirus Infektion in Europa<br />
und auch in Österreich (siehe VEI 7/2011). Im heurigen Jahr wurden bisher 44<br />
Erkrankungsfälle durch eine Infektion mit dem Puumalavirus nachgewiesen. Das sind<br />
bereits mehr Erkrankungen als in den letzten 4 Jahren jeweils im gesamten Jahr<br />
diagnostiziert wurden (Abbildung 1A). Die meisten Erkrankungsfälle sind in der<br />
Steiermark aufgetreten (39), weitere 3 in Kärnten und 2 im Südburgenland, wobei die<br />
Hälfte der Patienten im Februar erkrankte. Diese ungewöhnliche Häufung dürfte<br />
wahrscheinlich mit dem Kälteeinbruch Ende Jänner zusammenhängen, der zu einem<br />
verstärkten Eindringen von Mäusen in Wohnhäuser bzw. Nebengebäude der Menschen<br />
geführt haben dürfte. Das Reservoir des Puumalavirus sind asymptomatisch infizierte<br />
Rötelmäuse, die im Wald, am Waldrand und teilweise in größeren Parkanlagen in<br />
Österreich beheimatet sind und das Virus monatelang über Speichel, Kot und Urin<br />
ausscheiden. Die Ansteckung des Menschen erfolgt vor allem durch Einatmen von<br />
virushältigem Staub.<br />
Nach einer hohen Fallzahl im Februar ist die Aktivität wieder zurückgegangen mit<br />
9 Fällen im März sowie 3 bis Mitte April. Auch in Deutschland ist es zu einem Anstieg<br />
der Fallzahlen gekommen und mehr als 2000 Fälle werden im Jahr 2012 erwartet. Es ist<br />
sehr wahrscheinlich, dass heuer in Österreich ähnlich wie im Jahr 2004 und 2007 mehr<br />
als 70-80 Puumalavirus Erkrankungsfälle auftreten werden. Aufgrund der saisonalen<br />
und auch regionalen Schwankungen in der Populationsdichte der Rötelmäuse ist es<br />
jedoch schwierig, von den ersten Monaten auf die gesamten im Jahr auftretenden<br />
Hantavirus Erkrankungsfälle zu schließen (Abbildung 1B).<br />
Im vergangenen Jahr wurden in Österreich 35 Puumalavirus Infektionen<br />
diagnostiziert, wobei 16 Infektionen an unserem Department verifiziert wurden. Weitere<br />
19 Fälle wurden über das Elektronische Meldesystem (EMS) des Bundesministeriums<br />
für Gesundheit erfasst. Die wahrscheinlichsten Infektionsorte des Jahres 2011 sowie<br />
aller bisher nachgewiesenen Puumalavirus Infektionen sind in Abbildung 2 ersichtlich.<br />
Die meisten Erkrankungsfälle des Jahres 2011 wurden in der Steiermark (n=29)<br />
nachgewiesen, 4 in Kärnten und 2 in Oberösterreich (Abbildung 2). Die 35 Fälle liegen<br />
über dem Langzeitdurchschnitt von 20 Fällen pro Jahr (Abbildung 1), wobei in den<br />
letzten 4 Jahren wahrscheinlich aufgrund einer verbesserten Bekanntheit der<br />
Erkrankung die durchschnittlich diagnostizierten Fälle auf 32 gestiegen sind. Wie schon<br />
in den vergangenen Jahren, sind die Männer mit 68% der Erkrankten stärker betroffen<br />
Mit Unterstützung der Firmen Baxter, Novartis, Abbott und Roche.<br />
Copyright by Prof. Dr. Franz X. Heinz. Veröffentlichungen auch auszugsweise sind nur mit Genehmigung gestattet.
als Frauen. Das Alter der Patienten reichte von 8 bis 71 Jahren, mit einem Durchschnitt<br />
von 43 Jahren. Eine 64-jährige Patientin ist im Jahr 2011 an einer Puumalavirus<br />
Infektion verstorben. Klinisch stand nicht das für eine Puumalavirus Infektion typische<br />
Nierenversagen im Vordergrund (siehe VEI 07/2011) sondern die Patientin wurde mit<br />
einem Lungenversagen hospitalisiert. Im weiteren Verlauf entwickelte die Patientin einen<br />
therapierefraktären Kreislaufschock und verstarb 4 Tage nach Hospitalisierung an einem<br />
Multiorganversagen. Aufgrund ihrer Tätigkeiten mit möglichem Kontakt zu<br />
Mäuseexkrementen wurde ein Hantavirus Antikörpertest durchgeführt, der positiv<br />
ausfiel, und an unserem Department wurde mittels Virusgenom-Sequenzanalyse eine<br />
Puumalavirus Infektion eindeutig diagnostiziert. Ein durch Puumalavirus<br />
hervorgerufenes schweres Lungenversagen ist eine bekannte allerdings seltene<br />
Verlaufsform dieser Hantavirus Infektion. Damit sind in Österreich von den 450 bisher<br />
diagnostizierten Fällen 2 Todesfälle bei Puumalavirus Infektionen aufgetreten. In<br />
Übereinstimmung mit internationalen Angaben entspricht dies einer Letalität von ca.<br />
0,5%.<br />
Neben dem Puumalavirus sind das Dobravavirus und Saaremaavirus die<br />
wichtigsten weiteren humanpathogenen Hantaviren in Europa. Das Dobravavirus wurde<br />
in Slowenien in dessen Mäusereservoir, der Maus Apodemus flavicollis (Af), entdeckt,<br />
ist am Balkan verbreitet, wurde aber auch in Ungarn, in der Slowakei und in Tschechien<br />
nachgewiesen. Das Saaremaavirus wurde auf der estnischen Insel Saaremaa in dessen<br />
Mäusereservoir, der Maus Apodemus agrarius (Aa), entdeckt, ist in den Baltischen<br />
Ländern und in Ostdeutschland verbreitet, wurde aber auch in den Nachbarländern<br />
Tschechien, der Slowakei und Ungarn nachgewiesen. Obwohl diese Mäuse in<br />
Österreich vorkommen, konnten bisher nur Erkrankte, die sich in Nachbarländern mit<br />
diesen Hantaviren infiziert hatten (also importierte Infektionen) nachgewiesen werden.<br />
Im letzten Jahr wurde allerdings in Österreich die erste wahrscheinlich autochthone<br />
Dobravavirus Infektionen diagnostiziert. Der Patient erkrankte Ende August 2011 mit<br />
Fieber und gastrointestinalen Symptomen und wurde aufgrund eines Nierenversagens<br />
in Graz hospitalisiert. Mittels spezieller serologischer Tests sowie durch<br />
Sequenzanalyse des im Blut des Patienten nachgewiesenen Hantavirus konnte an<br />
unserem Department eindeutig eine Dobravavirus Infektion bestätigt werden. Die<br />
Dobravavirus Infektion verläuft häufig mit Kreislaufschock und schwerem<br />
Nierenversagen und hat eine Letalität von ca. 10%. Der österreichische Patient hatte<br />
einen relativ milden Verlauf und konnte nach 2 Wochen in gutem Allgemeinzustand<br />
entlassen werden. Da sich der Patient 2 Monate vor Erkrankungsbeginn - also innerhalb<br />
der 4-8 Wochen Inkubationszeit - nicht im Ausland aufgehalten hatte, muss er die<br />
Für den Inhalt verantwortlich: Prof. Dr. Franz X. Heinz, Department f. <strong>Virologie</strong> d. Med. Universität <strong>Wien</strong><br />
VIR. EP. INF. NR. _______ <strong>08</strong>/12-2 Redaktion: Prof. Dr. H. Holzmann, Prof. Dr. Th. Popow-Kraupp; Department f. <strong>Virologie</strong> d. Med. Universität <strong>Wien</strong><br />
Mit Unterstützung der Firmen Baxter, Novartis, Abbott und Roche.<br />
Copyright by Prof. Dr. Franz X. Heinz. Veröffentlichungen auch auszugsweise sind nur mit Genehmigung gestattet.
Infektion in Österreich erworben haben. Der wahrscheinlichste Ansteckungsort liegt in<br />
der Nähe seines Wohnortes, am Fuße des Schöckls bei Graz.<br />
In Österreich sind Infektionen mit dem Dobravavirus sehr selten. Dieser Fall zeigt<br />
aber, dass es wichtig ist bei Patienten mit einer akut auftretenden<br />
Nierenfunktionsstörung - auch bei fehlendem Auslandsaufenthalt – nicht nur an eine<br />
Puumalavirus- sondern auch an eine Dobravavirus Infektion zu denken. Diese kann nur<br />
mittels spezieller serologischer sowie molekularer Diagnostik bewiesen werden.<br />
Abbildung 2: Infektionsorte der in Österreich erworbenen Puumalavirus Infektionen<br />
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Mit Unterstützung der Firmen Baxter, Novartis, Abbott und Roche.<br />
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