Alleine in Indien: Stefanies Praktikum Endstation: Jung und im ...

Empfehlungen

Info

sich auf viel neue Erfahrungen. Einige davon konnte sie bereits vor Reiseantritt erleben. Besonders für Frauen ist die Kleiderwahl und das Kofferpacken zwar vor jeder größeren Reise keine leichte Aufgabe, sie wurden auf Grund der klimatischen Bedingungen in Indien für Stefanie jedoch dieses Mal zusätzlich erschwert. Zurzeit herrscht dort nämlich Monsun, was zu erheblichen Niederschlags- und Temperaturveränderungen in kürzester Zeit führen kann. Ein noch größeres Problem bereitete ihr die Deutsche Post, die aus Versehen ihr Visum auf dem Weg von der indischen Botschaft verschwinden ließ. Glücklicherweise konnte es wenige Tage vor der Abreise wieder aufgetrieben werden, so dass ausland Stefanie Mitte Juli pünktlich nach Indien aufbrechen kann. Nun warten wir gespannt auf ihre Erlebnisse und Erfahrungen. Mehr zu dem, was sie nach der Reise zu berichten hat, in der nächsten Ausgabe. Katharina Meitzler spring
Lebenslang auf elf Quadratmetern »Die JVA ist eine eigene Welt«, sagt Marco Rüdebusch, der stellvertretende Anstaltsleiter der JVA Salinenmoor. Das mag stimmen. Als wir die Schleuse durchqueren, die das Anstaltsgelände von der Außenwelt trennt, bekommen wir steinerne Gebäude mit Flachdächern und vergitterten Fenstern zu sehen, Stacheldraht mit Widerhaken und meterhohe graue Mauern – noch weit überragt von einem ungenutzten alten Schornstein. Um eine Ahnung davon zu bekommen, was es bedeutet, hinter Beton und Stahl zu leben, sprechen wir mit dem Strafgefangenen Markus Schnapka. Im Jahre 1994 wegen Mordes verurteilt hat der 31-jährige mehr als ein Drittel seines bisherigen Lebens im Gefängnis verbracht. »Als ich das Ausmaß meiner Strafe erfuhr, dachte ich: Mein Gott – das kann nicht das Leben gewesen sein. Im Knast wird dir wesentlich mehr genommen, als nur deine Freiheit. Du verlierst alles, was deine Persönlichkeit ausmacht, alles Vertraute und Individuelle.« Was er damit meint, wird mit einem Blick auf die Anstaltsordnung deutlich, die einen recht monotonen Tagesablauf festschreibt: Zellenauf-und verschluss, Arbeitszeiten in den Betrieben der Haftanstalt, Mittagspausen sind genauso reglementiert wie Besuche, Briefverkehr oder der Besitz von Elektrogeräten. Schnapkas Zelle misst nur wenige Quadratmeter. Bei flüchtigem Blick wirkt sie fast behaglich. Auf einem Schrank am Fenster thronen zwei Wellensittiche in ihrem Käfig. Seit einiger Zeit sind Haustiere zwar aus hygienischen Gründen nicht mehr erlaubt, wer jedoch schon vor der Gesetzesänderung eines besaß, durfte es in der Regel behalten. Trotz der spärlichen Einrichtung sind es keine materiellen Dinge, die Markus Schnapka vermisst. »Zuneigung, Wärme, Anerkennung und Zufriedenheit – das ist es, was einem hier am meisten fehlt.« Anfangs hat Markus Schnapka wie viele andere auch versucht, sich »nach draußen zu träumen«, als Ablenkung vom tristen Gefängnisalltag. Heute weiß er, dass es besser ist, hier und jetzt zu leben und seine Lage zu akzeptieren. Nur die Gegenwart ist greifbar in der JVA, während Vergangenheit und Zukunft, die Außenwelt und der Fortschritt in die Ferne rücken. Die Medien sind zwar für jeden Gefangenen zugänglich – Fernseher und Radio finden sich in beinahe jeder Zelle, doch Markus Schnapka hat inzwischen aufgehört, das weltliche Geschehen genau zu verfolgen. »Ich höre schon ab und zu Nachrichten, aber wenn ich es übertreibe, habe ich das Gefühl, ich sei gar nicht da. Es bringt mich zu sehr nach draußen.« Wer etwas Verbotenes tut und sich dabei erwischen lässt, wird bestraft: Erfahrung macht klug - das lernt mit der Zeit jedes Kind. Eine jahrelange Haft jedoch ist mehr als eine Strafe: sie bietet Möglichkeiten, sein Verhalten und seine Lebenseinstellung grundlegend zu verändern. Statt seine Zeit im Gefängnis »nur« abzusitzen und die Flucht nach Innen anzutreten, kann ein Strafgefangener sie als Chance wahrnehmen. Das System ist einfach: Wer Lockerungen erfahren will, muss sich kooperativ und leistungsbereit zeigen. Markus Schnapka hat recht schnell begriffen, dass in seinem bisherigen Leben etwas schief gelaufen ist. »Draußen habe ich alles falsch gemacht«, räumt er ein. »Ich musste tatsächlich hinter Gittern landen, um die Wichtigkeit eines geregelten Tagesablaufes kennen zu lernen. Erst hier wurde mir klar, wie das normale Leben funktioniert.« Diese Einsicht hat Schnapka genutzt, um in der JVA-eigenen Schule den erweiterten Hauptschulabschluss nachzumachen, auch als Starthilfe für später. Das geflügelte Wort heißt Resozialisierung – die Inhaftierten sollen lernen, ein verantwortungsvolles Leben ohne erneute Straftaten zu führen. »Mit einigen muss man die elementarsten Dinge einüben. Einen normalen sozialen Umgang miteinander kann man oft nicht voraussetzen.« Wenn sich ein Gefangener auffällig verhält, wenn er besonders flucht- oder suizidgefährdet ist, können jederzeit Maßnahmen nach dem Strafvollzugsgesetz angewendet werden. Das bedeutet Einschränkungen – vom Fernsehverbot bis hin zur Absonderung von den anderen Gefangenen. Schnapka beschreibt den Umgang zwischen Gefangenen und Beamten als respektvoll. »Eine gewisse Distanz muss immer bestehen bleiben, der eine oder andere Witz wird aber auch mal gemacht. Die Haltung der Gefangenen ist entscheidend – wer sich freundlich und umgänglich zeigt, wird auch angemessen behandelt. Arroganz seitens der Beamten habe ich nie zu spüren bekommen.« Freigänge zur Freundin Das Verhalten der Gefangenen untereinander hat verschiedene Gesichter. Bei unserem Rundgang erscheint uns der Umgangston im Allgemeinen entspannt. Sicherlich gibt es auch Fälle von Unterdrückung und Erpressung. Probleme mit Gewalt und Drogen sind zwar nicht an der Tagesordnung, doch fremd sind sie den Inhaftierten und Beamten ebenso wenig. »Im Gefängnis ist jeder nur für sich selbst verantwortlich«, sagt Schnapka. Die Frage, ob es möglich ist, Freundschaften zu schließen, bejaht er. »Zu einem früheren Mithäftling habe ich noch heute
Seite 1 und 2: mai 2007; umsonst das intelligente
Seite 3: Alleine in Indien Stefanies Praktik
Seite 7 und 8: Heimat Norddeutschland? Junge Asylb
Seite 9 und 10: Ultimate Frisbee mehr als ein Zeitv
Seite 11 und 12: Wilhelmshaven Stadt am Meer - ohne
Seite 13: Sommer 2006 Und Du? »Ich war für

Alleine in Indien: Stefanies Praktikum Endstation: Jung und im ...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

Template löschen?

Als Template speichern?