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Alleine in Indien: Stefanies Praktikum Endstation: Jung und im ...

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trotzdem, dass ich als Ausländer<strong>in</strong><br />

nicht willkommen<br />

b<strong>in</strong>. Mit me<strong>in</strong>er vierköpfigen<br />

Familie lebe ich <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Z<strong>im</strong>mer, das ist wirklich<br />

nicht e<strong>in</strong>fach. Gerade<br />

durch das Baby gibt es <strong>im</strong>mer<br />

viel zu waschen <strong>und</strong> die<br />

Waschmasch<strong>in</strong>e ist weit weg.<br />

Das bisschen Taschengeld,<br />

das uns zur Verfügung steht<br />

<strong>und</strong> die monatlichen Bekleidungsgutsche<strong>in</strong>e<br />

machen die<br />

Sache auch nicht besser. Ich<br />

arbeite an zwei Tagen <strong>in</strong> der<br />

Woche <strong>in</strong> unserer Cafeteria<br />

<strong>und</strong> verdiene mir so etwa 8<br />

Euro dazu. Mit me<strong>in</strong>er türkischen<br />

Fre<strong>und</strong><strong>in</strong> lerne ich<br />

Deutsch <strong>und</strong> Englisch. Das<br />

macht mir großen Spaß, so kann ich auch mal was für mich<br />

tun.«<br />

Deniz Sevdirir, 30 Jahre,<br />

aus der Türkei. In Deutschland<br />

seit Dezember 2004.<br />

Eigentlich möchte er zurück<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e He<strong>im</strong>at, doch dort<br />

droht ihm als verfolgter Kurde<br />

e<strong>in</strong>e Gefängnisstrafe.<br />

»E<strong>in</strong>mal habe ich nach<br />

e<strong>in</strong>er Strasse gesucht <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong> älterer Herr hat mir die<br />

Auskunft verweigert. Da war<br />

ich schon erstaunt! In me<strong>in</strong>er<br />

He<strong>im</strong>at kommt es selten<br />

vor, dass e<strong>in</strong>er dem anderen<br />

nicht helfen will. Die Jugendlichen<br />

<strong>in</strong> Deutschland<br />

s<strong>in</strong>d offener, alle s<strong>in</strong>d mir<br />

bis jetzt fre<strong>und</strong>lich begegnet.<br />

Doch die Älteren gucken e<strong>in</strong>en oft schief an, vor allem, wenn<br />

man nur gebrochen Deutsch spricht. Ich glaube denen fehlt<br />

das Interesse. In welchem Land ich Asyl beantrage war mir eigentlich<br />

egal, Frankreich oder Deutschland – das macht für<br />

mich ke<strong>in</strong>en Unterschied. Tatsache ist, dass ich von Zuhause<br />

weg <strong>und</strong> me<strong>in</strong>e Eltern <strong>und</strong> Geschwister verlassen musste <strong>und</strong><br />

ich nicht weiß wann wir uns wieder sehen. Wer möchte schon<br />

alle<strong>in</strong> außerhalb se<strong>in</strong>er He<strong>im</strong>at leben? Fre<strong>und</strong>schaften habe<br />

ich bis jetzt ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Oldenburg geschlossen. Ich habe ke<strong>in</strong>e<br />

Arbeit <strong>und</strong> ke<strong>in</strong> Geld <strong>und</strong> <strong>in</strong>direkt achten de<strong>in</strong>e Mitmenschen<br />

doch darauf, was du hast. Vielleicht b<strong>in</strong> ich auch e<strong>in</strong> schwie-<br />

zuflucht<br />

spr<strong>in</strong>g<br />

riger Typ. Aber ob die Leute fre<strong>und</strong>lich oder unfre<strong>und</strong>lich zu<br />

mir s<strong>in</strong>d ist mir egal, solange ich frei leben kann.«<br />

Francis Paul, 21 Jahre, aus Liberia. In Deutschland seit Dezember<br />

2004. Von se<strong>in</strong>er Familie weiß er nicht, was mit ihr<br />

passiert ist. Er musste <strong>im</strong> Bürgerkrieg flüchten <strong>und</strong> durchquerte<br />

als K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Jahre das afrikanische Buschland.<br />

»Be<strong>im</strong> E<strong>in</strong>kaufen wurde ich schon öfters diskr<strong>im</strong><strong>in</strong>iert. Bei<br />

C&A willigte die Kassierer<strong>in</strong> erst e<strong>in</strong> mir etwas zu verkaufen,<br />

nachdem ich mit Ihrem Vorgesetzten gesprochen hatte. Von<br />

mir hatte sie sich nichts erklären lassen. Bei Aldi bezahlte ich<br />

me<strong>in</strong>e Lebensmittel <strong>und</strong> wollte gerade gehen, als die Kassierer<strong>in</strong><br />

von mir verlangte, me<strong>in</strong>en gesamten E<strong>in</strong>kauf wieder aus<br />

me<strong>in</strong>em Rucksack zu packen <strong>und</strong> ihr zu zeigen. Solche Erlebnisse<br />

habe ich häufiger. Ich gehe nicht viel aus, besuche höchstens<br />

den Pastor vom Kloster Blankenburg bei ihm zu Hause.<br />

Der ist e<strong>in</strong> richtiger Fre<strong>und</strong> geworden. Er hat mir sogar me<strong>in</strong><br />

kaputtes Fahrrad reparieren lassen. Ich beschäftige mich gern<br />

mit mir selbst, schaue Filme, höre Musik oder lese <strong>in</strong> der Bibel.<br />

Manchmal frage ich mich, was aus me<strong>in</strong>er Familie geworden<br />

ist. Es gibt für mich ke<strong>in</strong>e Möglichkeit das herauszuf<strong>in</strong>den. Sie<br />

ist wahrsche<strong>in</strong>lich nicht mehr <strong>in</strong> Liberia.«<br />

Nadia Yaqub

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