Alleine in Indien: Stefanies Praktikum Endstation: Jung und im ...
Alleine in Indien: Stefanies Praktikum Endstation: Jung und im ...
Alleine in Indien: Stefanies Praktikum Endstation: Jung und im ...
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mai 2007; umsonst<br />
das <strong>in</strong>telligente jugendmagaz<strong>in</strong><br />
für den norden<br />
spr<strong>in</strong>g<br />
Stefanie kurz vor<br />
der Abreise nach<br />
<strong>Indien</strong><br />
<strong>Alle<strong>in</strong>e</strong> <strong>in</strong> <strong>Indien</strong>: <strong>Stefanies</strong> <strong>Praktikum</strong><br />
<strong>Endstation</strong>: <strong>Jung</strong> <strong>und</strong> <strong>im</strong> Gefängnis<br />
Wilhelmshaven: Stadt ohne Hoffnung?
Wozu e<strong>in</strong> neues Jugendmagaz<strong>in</strong>? Gibt es nicht schon genug Schülerzeitungen<br />
<strong>und</strong> genug Hochglanzmagaz<strong>in</strong>e für junge Leute zwischen<br />
Schule <strong>und</strong> Studium?<br />
Ja, es gibt genug, mehr als genug. Doch wir wollen nicht die Belanglosigkeiten<br />
der Anderen kopieren. Wir wollen beweisen, dass sich die jungen<br />
Leute für Inhalte <strong>in</strong>teressieren.<br />
spr<strong>in</strong>g br<strong>in</strong>gt ke<strong>in</strong>e unterhalsamen Häppchen zum schnellen konsumieren,<br />
sondern sorgfältig recherchierte Artikel. Die<br />
spr<strong>in</strong>g-Beiträge rauschen nicht als Unterhaltung durch<br />
die Gehirne, sie bleiben hängen, sie bewegen etwas.<br />
spr<strong>in</strong>g wird von jungen Leute zwischen 18 <strong>und</strong><br />
25 geschrieben. Ausdrücklich laden wir unsere Leser<br />
e<strong>in</strong>, bei uns mitzuarbeiten. Die Themen, über die es zu<br />
schreiben lohnt, liegen auf der Straße <strong>und</strong> warten h<strong>in</strong>ter<br />
jeder Ecke – man muß sie nur entdecken.<br />
Ab sofort ersche<strong>in</strong>t spr<strong>in</strong>g jeden Monat neu. Wer<br />
se<strong>in</strong> Exemplar nicht <strong>in</strong> der Schule oder <strong>in</strong> der Uni bekommt,<br />
kann es kostenlos <strong>in</strong> vielen Buchhandlungen<br />
abholen. Wir nennen Euch die Adressen.<br />
Redaktion <strong>und</strong> Verlag <strong>im</strong> Frühjahr 2007<br />
<strong>im</strong>pressum<br />
Verlag<br />
CULTURCON medien<br />
Chor<strong>in</strong>er Straße 1, 10119 Berl<strong>in</strong>, T. 030/34398440, F 030/34398442<br />
www.culturcon.de - <strong>in</strong>fo@culturcon.de<br />
Chefredaktion<br />
Dr. Nils Aschenbeck, Bernd Oeljeschläger<br />
Redaktion<br />
Miriam Brückner, Pit Meyer, Kathar<strong>in</strong>a Meitzler, Nadia Yaqub<br />
Anzeigen<br />
Kathr<strong>in</strong> Fenner, T. 030/34398440<br />
Presse<br />
Kathr<strong>in</strong> Fenner, T. 030/34398440<br />
Vertrieb<br />
Birgit Blocksdorff, T. 04431/9559878<br />
Auflage 50.000<br />
Das Jugendmagaz<strong>in</strong> für den Norden wird kostenlos an Schulen, Universitäten, In Buchhandlungen,<br />
Kneipen <strong>und</strong> Veranstaltungszentren verteilt.<br />
editorial<br />
Unsere Autoren Piet Meyer (oben)<br />
<strong>und</strong> Kathar<strong>in</strong>a Meitzler<br />
spr<strong>in</strong>g
<strong>Alle<strong>in</strong>e</strong> <strong>in</strong> <strong>Indien</strong><br />
<strong>Stefanies</strong> <strong>Praktikum</strong> - Teil 1<br />
Muss ich wirklich mit kompletter Kleidung baden gehen?<br />
Darf ich bei 40°C ke<strong>in</strong>e entsprechend kurze Kleidung tragen?<br />
Und gibt es dort wirklich ke<strong>in</strong> Toilettenpapier? Diese<br />
<strong>und</strong> weitere »Ben<strong>im</strong>m-Fragen« stellt sich Ende des Schuljahres<br />
Stefanie Reher aus Wilhelmshaven.<br />
Die 19-Jährige ist kurz vor ihrer Abreise nach <strong>Indien</strong> so<br />
nervös wie selten zuvor <strong>in</strong> ihrem Leben. E<strong>in</strong>en Monat möchte<br />
sie dort verbr<strong>in</strong>gen, um die fremde Kultur kennen zu lernen,<br />
von der sie bisher noch nicht viel erfahren konnte. Zu Beg<strong>in</strong>n<br />
der Reise macht sie zudem e<strong>in</strong> <strong>Praktikum</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Textilfabrik,<br />
e<strong>in</strong>er Partnerfirma ihres Patenonkels, der ihr diese Auslandsreise<br />
erst wenige Monate zuvor vorschlug. »Solch e<strong>in</strong> Angebot<br />
konnte ich natürlich nicht ablehnen«, freut sich die frisch gebackene<br />
Abiturient<strong>in</strong>, die die Zeit zwischen Abitur <strong>und</strong> Studium<br />
eigentlich lieber <strong>in</strong> Kanada verbracht hätte. Die Entscheidung<br />
dagegen <strong>und</strong> somit für <strong>Indien</strong> fiel ihr schließlich doch recht<br />
leicht, denn zum e<strong>in</strong>en, kennt sie e<strong>in</strong>e ähnliche Kultur wie die<br />
kanadische bereits durch e<strong>in</strong>en 1-Jahres-Aufenthalt <strong>in</strong> den USA<br />
<strong>und</strong> zum anderen sche<strong>in</strong>t ihr Patenonkel ihr e<strong>in</strong>e viel versprechende<br />
<strong>Praktikum</strong>sstelle <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e fre<strong>und</strong>liche Gastfamilie vermittelt<br />
zu haben. »Wenn man mal davon absieht, dass dort alle<br />
Menschen nett <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lich se<strong>in</strong> sollen«, zw<strong>in</strong>kert sie erwartungsvoll.<br />
Zugleich äußert Stefanie auch ihre Bedenken dem<br />
Aufenthalt gegenüber. Die Gewöhnung an e<strong>in</strong>e neue Kultur<br />
<strong>und</strong> Umgebung sei <strong>im</strong>mer schwierig, <strong>in</strong> <strong>Indien</strong> jedoch gibt es<br />
viele Regeln <strong>und</strong> Angewohnheiten, die e<strong>in</strong> sorgfältiges Studium<br />
des Reiseführers sowie Tipps vom Patenonkel <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er Frau<br />
benötigen. E<strong>in</strong>e starke Umgewöhnung erfordern sicherlich die<br />
Essgewohnheiten, denn <strong>in</strong> <strong>Indien</strong> isst man mit den F<strong>in</strong>gern, die<br />
man dabei nach Möglichkeit nicht <strong>in</strong> den M<strong>und</strong> stecken sollte.<br />
Hohe Konzentration erfordert wohl auch das Tr<strong>in</strong>ken aus Flaschen,<br />
denn e<strong>in</strong> Ansetzen des Flaschenhalses an den M<strong>und</strong> lässt<br />
auf schlechtes Benehmen schließen. »Das hab ich schon geübt,<br />
das krieg‘ ich schon h<strong>in</strong>«, erklärt Stefanie siegessicher. Da kann<br />
man aber gespannt se<strong>in</strong>, ob sie dieses H<strong>in</strong>dernis schafft. Und<br />
auch für die Badgewohnheiten der <strong>in</strong>dischen Bevölkerung hat<br />
sie bereits vorgesorgt <strong>und</strong> für den Notfall e<strong>in</strong>ige Rollen Toilettenpapier<br />
<strong>in</strong> ihrem Koffer verstaut.<br />
Indische Millionenstadt<br />
Bleibt nur noch die Frage, ob<br />
Stefanie die Inder überhaupt<br />
verstehen kann <strong>und</strong> umgekehrt,<br />
ob sie selbst verstanden wird.<br />
»Englisch ist zwar e<strong>in</strong>e der offiziellen<br />
Sprachen, aber es gibt<br />
dort viele verschiedene andere<br />
Sprachen«, berichtet sie über<br />
ihre Recherchen <strong>und</strong> fügt etwas<br />
sorgenvoll h<strong>in</strong>zu, dass die<br />
englische Aussprache <strong>in</strong> <strong>Indien</strong><br />
sehr akzentvoll se<strong>in</strong> soll:<br />
»Hoffentlich spreche ich<br />
h<strong>in</strong>terher nicht genauso<br />
komisch.«<br />
Wohnen wird die<br />
19-Jährige zunächst für<br />
etwa zwei Wochen <strong>in</strong><br />
Ahmedabad, e<strong>in</strong>er Millionenstadt<br />
<strong>im</strong> Nordwesten<br />
des Landes. Ihr<br />
Gastgeber, die Familie<br />
Jumani, ist zugleich<br />
Inhaber der Fabrik, <strong>in</strong><br />
der sie <strong>in</strong> dieser Zeit<br />
arbeiten wird. Präzise<br />
Vorstellungen über<br />
ihre Tätigkeit besitzt sie<br />
zwar noch nicht, aber<br />
e<strong>in</strong>e Arbeit <strong>im</strong> Büro<br />
könnte sie sich gut vorstellen.<br />
»Vielleicht muss<br />
ich Deutsch-Englisch-<br />
Übersetzungen machen.<br />
Das kann ich gut«, gr<strong>in</strong>st<br />
die Wilhelmshavener<strong>in</strong>.<br />
Die beiden 17- bzw.<br />
21 Jahre alten K<strong>in</strong>der der<br />
Familie wohnen nicht<br />
mehr <strong>im</strong> elterlichen<br />
Haus nahe der Küste<br />
zum <strong>in</strong>dischen Ozean,<br />
sondern <strong>in</strong> Bangalore.<br />
Bangalore (kle<strong>in</strong>es Bild<br />
unten) ist drittgrößte<br />
Stadt des Landes <strong>und</strong><br />
wird als »Silicon Valley«<br />
<strong>Indien</strong>s bezeichnet.<br />
Die vor allem für zivile<br />
sowie militärische Luft-<br />
<strong>und</strong> Raumfahrt<strong>in</strong>dustrie <strong>und</strong> -forschung<br />
bekannte Stadt konnte <strong>in</strong><br />
der jüngsten Vergangenheit auch<br />
<strong>in</strong> den Bereichen IT-Industrie <strong>und</strong><br />
Biotechnologie aufholen <strong>und</strong> sich<br />
als neues Zentrum für diese Wirtschaftszweige<br />
behaupten.<br />
Auch, wenn Stefanie noch nicht<br />
so genau weiß, was sie <strong>in</strong> den vier<br />
Wochen <strong>in</strong> <strong>Indien</strong> erwartet, blickt<br />
sie gespannt nach vorne <strong>und</strong> freut
sich auf viel neue Erfahrungen. E<strong>in</strong>ige davon konnte sie bereits<br />
vor Reiseantritt erleben. Besonders für Frauen ist die Kleiderwahl<br />
<strong>und</strong> das Kofferpacken zwar vor jeder größeren Reise<br />
ke<strong>in</strong>e leichte Aufgabe, sie wurden auf Gr<strong>und</strong> der kl<strong>im</strong>atischen<br />
Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> <strong>Indien</strong> für Stefanie jedoch dieses Mal zusätzlich<br />
erschwert. Zurzeit herrscht dort nämlich Monsun, was zu<br />
erheblichen Niederschlags- <strong>und</strong> Temperaturveränderungen <strong>in</strong><br />
kürzester Zeit führen kann.<br />
E<strong>in</strong> noch größeres Problem bereitete ihr die Deutsche Post,<br />
die aus Versehen ihr Visum auf dem Weg von der <strong>in</strong>dischen<br />
Botschaft verschw<strong>in</strong>den ließ. Glücklicherweise konnte es wenige<br />
Tage vor der Abreise wieder aufgetrieben werden, so dass<br />
ausland<br />
Stefanie Mitte Juli pünktlich nach <strong>Indien</strong> aufbrechen<br />
kann.<br />
Nun warten wir gespannt auf ihre Erlebnisse <strong>und</strong><br />
Erfahrungen. Mehr zu dem, was sie nach der Reise zu<br />
berichten hat, <strong>in</strong> der nächsten Ausgabe.<br />
Kathar<strong>in</strong>a Meitzler<br />
spr<strong>in</strong>g
Lebenslang<br />
auf elf Quadratmetern<br />
»Die JVA ist e<strong>in</strong>e eigene Welt«, sagt Marco Rüdebusch, der<br />
stellvertretende Anstaltsleiter der JVA Sal<strong>in</strong>enmoor. Das mag<br />
st<strong>im</strong>men. Als wir die Schleuse durchqueren, die das Anstaltsgelände<br />
von der Außenwelt trennt, bekommen wir ste<strong>in</strong>erne<br />
Gebäude mit Flachdächern <strong>und</strong> vergitterten Fenstern zu<br />
sehen, Stacheldraht mit Widerhaken <strong>und</strong> meterhohe graue<br />
Mauern – noch weit überragt von e<strong>in</strong>em ungenutzten alten<br />
Schornste<strong>in</strong>.<br />
Um e<strong>in</strong>e Ahnung davon zu bekommen, was es bedeutet,<br />
h<strong>in</strong>ter Beton <strong>und</strong> Stahl zu leben, sprechen wir mit dem Strafgefangenen<br />
Markus Schnapka. Im Jahre 1994 wegen Mordes<br />
verurteilt hat der 31-jährige mehr als e<strong>in</strong> Drittel se<strong>in</strong>es bisherigen<br />
Lebens <strong>im</strong> Gefängnis verbracht.<br />
»Als ich das Ausmaß me<strong>in</strong>er Strafe erfuhr, dachte ich: Me<strong>in</strong><br />
Gott – das kann nicht das Leben gewesen se<strong>in</strong>. Im Knast wird<br />
dir wesentlich mehr genommen, als nur de<strong>in</strong>e Freiheit. Du<br />
verlierst alles, was de<strong>in</strong>e Persönlichkeit ausmacht, alles Vertraute<br />
<strong>und</strong> Individuelle.« Was er damit me<strong>in</strong>t, wird mit e<strong>in</strong>em<br />
Blick auf die Anstaltsordnung deutlich, die e<strong>in</strong>en recht monotonen<br />
Tagesablauf festschreibt: Zellenauf-<strong>und</strong> verschluss,<br />
Arbeitszeiten <strong>in</strong> den Betrieben der Haftanstalt, Mittagspausen<br />
s<strong>in</strong>d genauso reglementiert wie Besuche, Briefverkehr oder<br />
der Besitz von Elektrogeräten.<br />
Schnapkas Zelle misst nur wenige Quadratmeter. Bei flüchtigem<br />
Blick wirkt sie fast behaglich. Auf e<strong>in</strong>em Schrank am<br />
Fenster thronen zwei Wellensittiche <strong>in</strong> ihrem Käfig. Seit e<strong>in</strong>iger<br />
Zeit s<strong>in</strong>d Haustiere zwar aus hygienischen Gründen<br />
nicht mehr erlaubt, wer jedoch schon vor der Gesetzesänderung<br />
e<strong>in</strong>es besaß, durfte es <strong>in</strong> der Regel behalten.<br />
Trotz der spärlichen E<strong>in</strong>richtung s<strong>in</strong>d es ke<strong>in</strong>e materiellen<br />
D<strong>in</strong>ge, die Markus Schnapka vermisst.<br />
»Zuneigung, Wärme, Anerkennung <strong>und</strong> Zufriedenheit – das<br />
ist es, was e<strong>in</strong>em hier am meisten fehlt.«<br />
Anfangs hat Markus Schnapka wie viele andere auch versucht,<br />
sich »nach draußen zu träumen«, als Ablenkung vom<br />
tristen Gefängnisalltag. Heute weiß er, dass es besser ist, hier<br />
<strong>und</strong> jetzt zu leben <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Lage zu akzeptieren.<br />
Nur die Gegenwart ist greifbar <strong>in</strong> der JVA, während Vergangenheit<br />
<strong>und</strong> Zukunft, die Außenwelt <strong>und</strong> der Fortschritt <strong>in</strong> die<br />
Ferne rücken.<br />
Die Medien s<strong>in</strong>d zwar für jeden Gefangenen zugänglich –<br />
Fernseher <strong>und</strong> Radio f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> be<strong>in</strong>ahe jeder Zelle, doch<br />
Markus Schnapka hat <strong>in</strong>zwischen aufgehört, das weltliche Geschehen<br />
genau zu verfolgen. »Ich höre schon ab <strong>und</strong> zu Nachrichten,<br />
aber wenn ich es übertreibe, habe ich das Gefühl, ich<br />
sei gar nicht da. Es br<strong>in</strong>gt mich zu sehr nach draußen.«<br />
Wer etwas Verbotenes tut <strong>und</strong> sich dabei erwischen lässt,<br />
wird bestraft: Erfahrung macht klug - das lernt mit der Zeit<br />
jedes K<strong>in</strong>d.<br />
E<strong>in</strong>e jahrelange Haft jedoch ist mehr als e<strong>in</strong>e Strafe: sie bietet<br />
Möglichkeiten, se<strong>in</strong> Verhalten <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Lebense<strong>in</strong>stellung<br />
gr<strong>und</strong>legend zu verändern. Statt se<strong>in</strong>e Zeit <strong>im</strong> Gefängnis »nur«<br />
abzusitzen <strong>und</strong> die Flucht nach Innen<br />
anzutreten, kann e<strong>in</strong> Strafgefangener sie<br />
als Chance wahrnehmen.<br />
Das System ist e<strong>in</strong>fach: Wer Lockerungen<br />
erfahren will, muss sich kooperativ<br />
<strong>und</strong> leistungsbereit zeigen. Markus<br />
Schnapka hat recht schnell begriffen,<br />
dass <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em bisherigen Leben etwas<br />
schief gelaufen ist.<br />
»Draußen habe ich alles falsch gemacht«,<br />
räumt er e<strong>in</strong>. »Ich musste tatsächlich<br />
h<strong>in</strong>ter Gittern landen, um die<br />
Wichtigkeit e<strong>in</strong>es geregelten Tagesablaufes<br />
kennen zu lernen. Erst hier wurde<br />
mir klar, wie das normale Leben funktioniert.«<br />
Diese E<strong>in</strong>sicht hat Schnapka<br />
genutzt, um <strong>in</strong> der JVA-eigenen Schule<br />
den erweiterten Hauptschulabschluss<br />
nachzumachen, auch als Starthilfe für<br />
später.<br />
Das geflügelte Wort heißt Resozialisierung<br />
– die Inhaftierten sollen lernen,<br />
e<strong>in</strong> verantwortungsvolles Leben ohne<br />
erneute Straftaten zu führen.<br />
»Mit e<strong>in</strong>igen muss man die elementarsten<br />
D<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>üben. E<strong>in</strong>en normalen sozialen Umgang mite<strong>in</strong>ander<br />
kann man oft nicht voraussetzen.«<br />
Wenn sich e<strong>in</strong> Gefangener auffällig verhält, wenn er besonders<br />
flucht- oder suizidgefährdet ist, können jederzeit Maßnahmen<br />
nach dem Strafvollzugsgesetz angewendet werden.<br />
Das bedeutet E<strong>in</strong>schränkungen – vom Fernsehverbot bis h<strong>in</strong><br />
zur Absonderung von den anderen Gefangenen.<br />
Schnapka beschreibt den Umgang zwischen Gefangenen<br />
<strong>und</strong> Beamten als respektvoll.<br />
»E<strong>in</strong>e gewisse Distanz muss <strong>im</strong>mer bestehen bleiben, der<br />
e<strong>in</strong>e oder andere Witz wird aber auch mal gemacht. Die Haltung<br />
der Gefangenen ist entscheidend – wer sich fre<strong>und</strong>lich<br />
<strong>und</strong> umgänglich zeigt, wird auch angemessen behandelt. Arroganz<br />
seitens der Beamten habe ich nie zu spüren bekommen.«<br />
Freigänge zur Fre<strong>und</strong><strong>in</strong><br />
Das Verhalten der Gefangenen untere<strong>in</strong>ander hat verschiedene<br />
Gesichter. Bei unserem R<strong>und</strong>gang ersche<strong>in</strong>t uns der Umgangston<br />
<strong>im</strong> Allgeme<strong>in</strong>en entspannt.<br />
Sicherlich gibt es auch Fälle von Unterdrückung <strong>und</strong> Erpressung.<br />
Probleme mit Gewalt <strong>und</strong> Drogen s<strong>in</strong>d zwar nicht<br />
an der Tagesordnung, doch fremd s<strong>in</strong>d sie den Inhaftierten<br />
<strong>und</strong> Beamten ebenso wenig. »Im Gefängnis ist jeder nur für<br />
sich selbst verantwortlich«, sagt Schnapka.<br />
Die Frage, ob es möglich ist, Fre<strong>und</strong>schaften zu schließen,<br />
bejaht er. »Zu e<strong>in</strong>em früheren Mithäftl<strong>in</strong>g habe ich noch heute
Kontakt – per Brief <strong>und</strong> Telefon. So gut, wie<br />
ich ihn jetzt kenne, denke ich, dass es auch<br />
nach der Entlassung so bleiben wird.«<br />
Guten Kontakt hat Markus Schnapka<br />
auch zu se<strong>in</strong>em Bruder <strong>und</strong> zu se<strong>in</strong>er Mutter,<br />
die, um ihn <strong>in</strong> der Haftanstalt besuchen zu<br />
können, den Führersche<strong>in</strong> gemacht hat.<br />
»Me<strong>in</strong>e Familie hat von Anfang an h<strong>in</strong>ter<br />
mir gestanden«, sagt Schnapka ernst. Rückhalt<br />
»von draußen« sei wichtig, um nicht zu<br />
resignieren.<br />
Se<strong>in</strong>e Freigänge führen Markus Schnapka<br />
meist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en He<strong>im</strong>atort. Doch die Treffen<br />
s<strong>in</strong>d kurz. »Sobald man aufgetaut ist, muss<br />
man schon wieder Abschied nehmen.«<br />
Bei e<strong>in</strong>em dieser Freigänge traf Schnapka<br />
se<strong>in</strong>e Sandkastenfre<strong>und</strong><strong>in</strong> wieder – heute<br />
s<strong>in</strong>d die beiden verlobt.<br />
»Es war seltsam, als ich nach 10 Jahren zum ersten Mal raus<br />
durfte«, erzählt er, »ich habe die Füße kaum hochbekommen,<br />
b<strong>in</strong> auf dem Waldweg gestolpert. Dazu die Blicke der Leute<br />
– schauen die mich wirklich an? Wissen sie etwas? Außerdem<br />
hat sich <strong>in</strong> der langen Zeit e<strong>in</strong>iges verändert. Das sieht man vor<br />
allem an den Autos <strong>und</strong> Geschäften. Und die Zigarettenautomaten<br />
funktionieren anders als damals.«<br />
E<strong>in</strong>mal <strong>im</strong> Monat fährt Schnapka außerdem mit e<strong>in</strong>er<br />
handvoll Mitgefangener zum Projekt »Brückenbau« – e<strong>in</strong>er<br />
Anlaufstelle für Strafgefangene <strong>in</strong> Celle. Als wir ihn dorth<strong>in</strong><br />
strafe<br />
spr<strong>in</strong>g<br />
begleiten, werden wir fre<strong>und</strong>lich aufgenommen <strong>in</strong> die plaudernde<br />
<strong>und</strong> Kaffee tr<strong>in</strong>kende R<strong>und</strong>e. Jemand hat nachts e<strong>in</strong>e<br />
Scheibe e<strong>in</strong>geschlagen – es ist nicht das erste Mal. E<strong>in</strong>er der<br />
Gefangenen schlägt vor, die Fenster zu vergittern. Doch die<br />
Brückenbau-Mitarbeiter<strong>in</strong> w<strong>in</strong>kt ab: »Das wäre e<strong>in</strong> Schritt <strong>in</strong><br />
die falsche Richtung – weg von der Integration.«<br />
Die Freigänge s<strong>in</strong>d wichtig für Markus Schnapka. Doch <strong>im</strong><br />
Großen <strong>und</strong> Ganzen s<strong>in</strong>d sie «nicht mehr als e<strong>in</strong> Tropfen auf<br />
dem heißen Ste<strong>in</strong>.« Denn Schnapkas Weg führt jedes Mal zurück<br />
h<strong>in</strong>ter Gitter.<br />
»Auch wenn ich mit den Bed<strong>in</strong>gungen hier zurechtkomme – 15 Jahre<br />
Haft s<strong>in</strong>d die Hölle. Jeder, der sich denkt: Ich will <strong>in</strong> den Knast<br />
– da gibt es Essen umsonst <strong>und</strong> ich brauche mich um nichts zu<br />
kümmern, sollte das ganz schnell wieder vergessen.«<br />
Freilassung 2009<br />
»Zufriedenheit kann <strong>und</strong> werde ich hier nicht empf<strong>in</strong>den.<br />
Es stellt sich e<strong>in</strong>e gewisse Normalität e<strong>in</strong>, das ist alles.«<br />
Um se<strong>in</strong>e Erfahrungen weiterzugeben, hat Schnapka unter<br />
anderem an Schulen gesprochen. »Mit der Zeit kam mir der<br />
Verdacht, dass die Leute draußen alle verrückt s<strong>in</strong>d. Viele führen<br />
e<strong>in</strong> Gammelleben, verlassen sich auf den Staat <strong>und</strong> haben<br />
ke<strong>in</strong>e Ahnung von Recht <strong>und</strong> Unrecht. Ich hoffe, dass me<strong>in</strong>e<br />
Worte von den Jugendlichen<br />
angenommen<br />
werden.«<br />
Nach der Entlassung,<br />
die voraussichtlich<br />
<strong>im</strong> Jahre 2009<br />
erfolgt, möchte er woanders<br />
leben – nicht<br />
etwa, weil er Angst vor<br />
den Reaktionen der<br />
Menschen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Ort hat: »Bekannt ist<br />
jeder! Andere s<strong>in</strong>d es,<br />
weil sie zu viel saufen.«<br />
Vielmehr schreckt<br />
ihn die hohe Arbeitslosenquote<br />
der Gegend ab.<br />
Neuanfänge existieren für Markus Schnapka nicht – trotz<br />
se<strong>in</strong>es Entschlusses, den Wohnort zu wechseln. »Man hat nur<br />
e<strong>in</strong> Leben. Natürlich kann man sich ändern, aber se<strong>in</strong>e Vergangenheit<br />
auszulöschen, ist nicht möglich.«<br />
Mirja Brückner, Piet Meyer
He<strong>im</strong>at Norddeutschland?<br />
<strong>Jung</strong>e Asylbewerber <strong>in</strong> Oldenburg<br />
Wie fühlt man sich <strong>in</strong> Deutschland, wenn man zu der Gesellschaftsgruppe<br />
mit den wenigsten Rechten zählt? Wer<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er He<strong>im</strong>at um Leib <strong>und</strong> Leben fürchten muss, kann<br />
Asyl <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Land zu beantragen. Jährlich stellen <strong>in</strong><br />
Deutschland etwa 50.000 Menschen e<strong>in</strong>en Asylantrag – nur<br />
etwa 1% dieser Anträge wird bewilligt. Die übrigen 99% werden<br />
zum Duldungsfall <strong>und</strong> bekommen e<strong>in</strong>e Ausreiseaufforderung.<br />
Doch bei vielen abgelehnten Asylbewerbern ist die<br />
Herkunft unbekannt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Ausreise <strong>in</strong> e<strong>in</strong> anderes Land<br />
schwierig. Niedersachsens Zentrale Aufnahme- <strong>und</strong> Ausländerbehörden<br />
<strong>in</strong> Braunschweig <strong>und</strong> Oldenburg nehmen jährlich<br />
9,3% aller Asylbewerber Deutschlands auf. Glücklich<br />
kann sich schätzen, wer <strong>im</strong> ehemaligen Kloster Blankenburg<br />
<strong>in</strong> Oldenburg unterkommt – <strong>und</strong> nicht <strong>in</strong> der ehemaligen<br />
Braunschweiger B<strong>und</strong>eswehrkaserne. Wir haben dem Oldenburger<br />
Kloster e<strong>in</strong>en Besuch abgestattet, um zu sehen,<br />
was junge Asylbewerber bewegt <strong>und</strong> ob sie Erfahrungen mit<br />
Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit gemacht haben.<br />
Kujt<strong>im</strong> Lulaj kam vor 11<br />
Jahren als Asylsuchender aus<br />
dem Kosovo nach Oldenburg.<br />
Seit Juni hält der Maler-<br />
<strong>und</strong> Lackierergeselle, der<br />
nun se<strong>in</strong>en Meisterbrief anstrebt,<br />
e<strong>in</strong>en deutschen Pass<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Händen. »Sobald<br />
man sagt, dass man <strong>im</strong> Asylbewerberwohnhe<strong>im</strong><br />
wohnt,<br />
nehmen die Menschen Abstand.<br />
Die Deutschen beschäftigen<br />
sich e<strong>in</strong>fach zu<br />
wenig mit ihren Asylbewerbern.«<br />
Kujt<strong>im</strong> hat das geschafft,<br />
wovon alle Asylbewerber<br />
träumen. Er kann so<br />
lange <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik bleiben, wie er will. Auf Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit<br />
stößt er häufiger, aber er glaubt nicht, dass es<br />
e<strong>in</strong> speziell »deutsches« Problem ist: »Ke<strong>in</strong> Land n<strong>im</strong>mt gern<br />
Fremde auf. Das ist überall so. Aber wenn man nett zu se<strong>in</strong>en<br />
Mitmenschen ist, dann s<strong>in</strong>d sie auch nett zu dir.«<br />
Habib Bah, 20 Jahre , aus Liberia. In Deutschland seit Januar<br />
2005. Se<strong>in</strong> Asylantrag wurde abgelehnt. Als Duldungsfall<br />
muss er jeden Tag mit e<strong>in</strong>er Abschiebung rechnen.<br />
»Ich fühle mich wohl <strong>in</strong> Deutschland, obwohl ich <strong>in</strong> Gesprächen<br />
mit Deutschen oft das Gefühl habe mich dafür rechfertigen<br />
zu müssen, warum ich hier b<strong>in</strong> <strong>und</strong> wie lange ich<br />
bleiben will. E<strong>in</strong>mal hat mich e<strong>in</strong> Türsteher <strong>in</strong> der Disco mit<br />
‚Neger‘ besch<strong>im</strong>pft, aber der war, glaube ich, selber ke<strong>in</strong> Deutscher.<br />
Ich habe hier e<strong>in</strong> paar gute Fre<strong>und</strong>e aus Elfenbe<strong>in</strong>küste<br />
gef<strong>und</strong>en. Manchmal spielen wir zusammen Fußball oder ko-<br />
chen geme<strong>in</strong>sam afrikanisches Essen. Geld ist e<strong>in</strong> großes Problem.<br />
Als Duldungsfall bekomme ich ke<strong>in</strong> Taschengeld mehr,<br />
also biete ich me<strong>in</strong>e Hilfe hier auf dem Gelände der Aufnahmestelle<br />
für Gartenarbeiten an. E<strong>in</strong> St<strong>und</strong>enlohn von 1,05<br />
Euro ist <strong>im</strong>merh<strong>in</strong> besser als nichts. Jedes Mal, wenn ich me<strong>in</strong>e<br />
Fre<strong>und</strong><strong>in</strong> treffen will muss ich e<strong>in</strong>e Reiseerlaubnis beantragen,<br />
da sie <strong>in</strong> Delmenhorst wohnt <strong>und</strong> das gehört nicht mehr zum<br />
Landkreis Oldenburg, <strong>in</strong> dem ich mich frei bewegen kann.<br />
Und weil ich mit fünf Leuten auf e<strong>in</strong>em Z<strong>im</strong>mer wohne, ist<br />
Besuch für mich hier sehr problematisch. Das geht mir ziemlich<br />
auf die Nerven. Me<strong>in</strong>e Mutter habe ich nie kennen gelernt,<br />
me<strong>in</strong> Vater ist <strong>im</strong> Bürgerkrieg ermordet worden <strong>und</strong> was mit<br />
me<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Bruder passiert ist weiß ich nicht. Ich fühle<br />
mich <strong>in</strong> Deutschland weniger benachteiligt, als <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er He<strong>im</strong>at.<br />
Und deswegen möchte ich hier bleiben.«<br />
Sharifa Hussa<strong>in</strong>, 29 Jahre, aus Syrien. In Deutschland seit<br />
Juli 2005. Als verfolgte <strong>und</strong> schwangere Kurd<strong>in</strong> flüchtete sie<br />
zusammen mit Mann <strong>und</strong> Sohn aus ihrem Land.<br />
»Sobald ich jemandem erzähle, dass ich Asylbewerber<strong>in</strong><br />
b<strong>in</strong>, werden die Leute skeptisch. ‚Warum denn ausgerechnet<br />
Deutschland?‘ <strong>und</strong> ‚Wann gehst du wieder?‘ kommen dann.<br />
Ich habe ke<strong>in</strong>e rassistischen Vorfälle erlebt, aber ich spüre
trotzdem, dass ich als Ausländer<strong>in</strong><br />
nicht willkommen<br />
b<strong>in</strong>. Mit me<strong>in</strong>er vierköpfigen<br />
Familie lebe ich <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Z<strong>im</strong>mer, das ist wirklich<br />
nicht e<strong>in</strong>fach. Gerade<br />
durch das Baby gibt es <strong>im</strong>mer<br />
viel zu waschen <strong>und</strong> die<br />
Waschmasch<strong>in</strong>e ist weit weg.<br />
Das bisschen Taschengeld,<br />
das uns zur Verfügung steht<br />
<strong>und</strong> die monatlichen Bekleidungsgutsche<strong>in</strong>e<br />
machen die<br />
Sache auch nicht besser. Ich<br />
arbeite an zwei Tagen <strong>in</strong> der<br />
Woche <strong>in</strong> unserer Cafeteria<br />
<strong>und</strong> verdiene mir so etwa 8<br />
Euro dazu. Mit me<strong>in</strong>er türkischen<br />
Fre<strong>und</strong><strong>in</strong> lerne ich<br />
Deutsch <strong>und</strong> Englisch. Das<br />
macht mir großen Spaß, so kann ich auch mal was für mich<br />
tun.«<br />
Deniz Sevdirir, 30 Jahre,<br />
aus der Türkei. In Deutschland<br />
seit Dezember 2004.<br />
Eigentlich möchte er zurück<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e He<strong>im</strong>at, doch dort<br />
droht ihm als verfolgter Kurde<br />
e<strong>in</strong>e Gefängnisstrafe.<br />
»E<strong>in</strong>mal habe ich nach<br />
e<strong>in</strong>er Strasse gesucht <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong> älterer Herr hat mir die<br />
Auskunft verweigert. Da war<br />
ich schon erstaunt! In me<strong>in</strong>er<br />
He<strong>im</strong>at kommt es selten<br />
vor, dass e<strong>in</strong>er dem anderen<br />
nicht helfen will. Die Jugendlichen<br />
<strong>in</strong> Deutschland<br />
s<strong>in</strong>d offener, alle s<strong>in</strong>d mir<br />
bis jetzt fre<strong>und</strong>lich begegnet.<br />
Doch die Älteren gucken e<strong>in</strong>en oft schief an, vor allem, wenn<br />
man nur gebrochen Deutsch spricht. Ich glaube denen fehlt<br />
das Interesse. In welchem Land ich Asyl beantrage war mir eigentlich<br />
egal, Frankreich oder Deutschland – das macht für<br />
mich ke<strong>in</strong>en Unterschied. Tatsache ist, dass ich von Zuhause<br />
weg <strong>und</strong> me<strong>in</strong>e Eltern <strong>und</strong> Geschwister verlassen musste <strong>und</strong><br />
ich nicht weiß wann wir uns wieder sehen. Wer möchte schon<br />
alle<strong>in</strong> außerhalb se<strong>in</strong>er He<strong>im</strong>at leben? Fre<strong>und</strong>schaften habe<br />
ich bis jetzt ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Oldenburg geschlossen. Ich habe ke<strong>in</strong>e<br />
Arbeit <strong>und</strong> ke<strong>in</strong> Geld <strong>und</strong> <strong>in</strong>direkt achten de<strong>in</strong>e Mitmenschen<br />
doch darauf, was du hast. Vielleicht b<strong>in</strong> ich auch e<strong>in</strong> schwie-<br />
zuflucht<br />
spr<strong>in</strong>g<br />
riger Typ. Aber ob die Leute fre<strong>und</strong>lich oder unfre<strong>und</strong>lich zu<br />
mir s<strong>in</strong>d ist mir egal, solange ich frei leben kann.«<br />
Francis Paul, 21 Jahre, aus Liberia. In Deutschland seit Dezember<br />
2004. Von se<strong>in</strong>er Familie weiß er nicht, was mit ihr<br />
passiert ist. Er musste <strong>im</strong> Bürgerkrieg flüchten <strong>und</strong> durchquerte<br />
als K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Jahre das afrikanische Buschland.<br />
»Be<strong>im</strong> E<strong>in</strong>kaufen wurde ich schon öfters diskr<strong>im</strong><strong>in</strong>iert. Bei<br />
C&A willigte die Kassierer<strong>in</strong> erst e<strong>in</strong> mir etwas zu verkaufen,<br />
nachdem ich mit Ihrem Vorgesetzten gesprochen hatte. Von<br />
mir hatte sie sich nichts erklären lassen. Bei Aldi bezahlte ich<br />
me<strong>in</strong>e Lebensmittel <strong>und</strong> wollte gerade gehen, als die Kassierer<strong>in</strong><br />
von mir verlangte, me<strong>in</strong>en gesamten E<strong>in</strong>kauf wieder aus<br />
me<strong>in</strong>em Rucksack zu packen <strong>und</strong> ihr zu zeigen. Solche Erlebnisse<br />
habe ich häufiger. Ich gehe nicht viel aus, besuche höchstens<br />
den Pastor vom Kloster Blankenburg bei ihm zu Hause.<br />
Der ist e<strong>in</strong> richtiger Fre<strong>und</strong> geworden. Er hat mir sogar me<strong>in</strong><br />
kaputtes Fahrrad reparieren lassen. Ich beschäftige mich gern<br />
mit mir selbst, schaue Filme, höre Musik oder lese <strong>in</strong> der Bibel.<br />
Manchmal frage ich mich, was aus me<strong>in</strong>er Familie geworden<br />
ist. Es gibt für mich ke<strong>in</strong>e Möglichkeit das herauszuf<strong>in</strong>den. Sie<br />
ist wahrsche<strong>in</strong>lich nicht mehr <strong>in</strong> Liberia.«<br />
Nadia Yaqub
Ult<strong>im</strong>ate Frisbee<br />
mehr als e<strong>in</strong> Zeitvertreib<br />
Wer kennt sie nicht, die<br />
Frisbee-Scheibe?! Wohl<br />
jeder hat schon mal diese<br />
Plastikscheibe durch<br />
die Luft geworfen, bei<br />
schönem Wetter am<br />
Strand, auf der Wiese<br />
oder <strong>im</strong> Badesee. Aber<br />
als richtige Sportart, mit<br />
Mannschaften, Regeln<br />
<strong>und</strong> Turnieren, nicht bloß zum puren Vergnügen? Geht auch,<br />
zum Beispiel be<strong>im</strong> Ult<strong>im</strong>ate Frisbee.<br />
Auf e<strong>in</strong>em rechteckigen Spielfeld (offizielle Größe: 100m<br />
lang, 37m breit) treten zwei Mannschaften mit je sieben Spielern<br />
gegene<strong>in</strong>ander an. Ziel des Spiels ist es, die 175 g schwere<br />
Frisbee durch Passspiel <strong>in</strong> der 18 Meter tiefen Endzone der<br />
gegnerischen Mannschaft zu fangen, ähnlich dem Touchdown<br />
be<strong>im</strong> American Football. Nur anders als be<strong>im</strong> populären<br />
Verwandten ist Körperkontakt be<strong>im</strong> Ult<strong>im</strong>ate untersagt, allerd<strong>in</strong>gs<br />
gibt es ke<strong>in</strong>en Schiedsrichter, der für die E<strong>in</strong>haltung<br />
der Regeln e<strong>in</strong>tritt, die Spieler vertrauen ganz auf den Geist<br />
des Fair- Play: Ist e<strong>in</strong> Spieler der Me<strong>in</strong>ung gefoult worden zu<br />
se<strong>in</strong>, ruft er »Foul«, akzeptiert dies der unmittelbar beteiligte<br />
Gegenspieler, erhält der Gefoulte die Scheibe, akzeptiert er es<br />
nicht, geht die Scheibe zurück zum letzten Werfer. Das Spiel<br />
basiert also auf Fairness <strong>und</strong> Respekt.<br />
Die angreifende Mannschaft versucht, sich Freiräume zu<br />
erlaufen, die verteidigende<br />
Mannschaft versucht<br />
durch Decken <strong>und</strong><br />
Blocken <strong>in</strong> Scheibenbesitz<br />
zu gelangen. Das<br />
Spiel ist dadurch sehr<br />
lauf<strong>in</strong>tensiv, allerd<strong>in</strong>gs<br />
darf sich der Spieler mit<br />
der Scheibe nicht von der<br />
Stelle bewegen <strong>und</strong> die<br />
Scheibe darf nicht länger<br />
als 10 Sek<strong>und</strong>en gehalten<br />
werden. Landet e<strong>in</strong> Pass<br />
auf dem Boden, <strong>im</strong> Aus<br />
oder wird von der gegnerischen<br />
Mannschaft<br />
abgefangen, wechselt der<br />
Scheibenbesitz, <strong>und</strong> das<br />
andere Team greift sofort<br />
an.<br />
Je nach Spiel wird bis 13, 15 oder 17 Punkte oder über e<strong>in</strong>e<br />
vorher festgelegte Zeit gespielt. Nach jedem Punkt dürfen beliebig<br />
viele Spieler auswechselt werden.<br />
In Deutschland gibt es geschätzte 1.000 Ult<strong>im</strong>ate Spieler,<br />
die <strong>in</strong> ca. 50 Vere<strong>in</strong>en oder Gruppen<br />
aktiv s<strong>in</strong>d, häufig auch <strong>im</strong> Rahmen des Hochschulsports.<br />
Der Deutsche Frisbeesportverband organisiert regelmäßig<br />
Spiele <strong>und</strong> Turniere, <strong>in</strong> denen zum Beispiel der Deutsche Meister<br />
ermittelt wird. Vermehrt wird sich seitens der Ult<strong>im</strong>ate-<br />
Anhänger auch um den Nachwuchs bemüht, die Zahl der Jugendturniere<br />
steigt <strong>und</strong> die Sportart wird mittlerweile auch<br />
häufiger <strong>im</strong> Schulsport angeboten, Sportlehrer berichten von<br />
gestiegenem Interesse seitens der Schüler.<br />
Aber warum Ult<strong>im</strong>ate Frisbee, anstatt Fussball oder Basketball?<br />
Was macht den besonderen Reiz aus? Laut Daniel Rieß,<br />
Mitglied der Oldenburger Un<strong>im</strong>annschaft »Sunblocker«, sei<br />
der Sport besonders abwechslungsreich, da das Werfen <strong>und</strong><br />
Fangen durch W<strong>in</strong>d <strong>und</strong> Wetter jedes Mal von neuem bee<strong>in</strong>flusst<br />
werden könne. Außerdem lobt Rieß das gute Teamspiel<br />
sowie das Fair-Play Spiel ohne Schiri, dass auch bei Turnieren<br />
ohne nennenswerte Probleme klappe. Andere Spieler wiederum<br />
begeistert die Spieldynamik, die »Magie« der Scheibe<br />
oder auch das h<strong>in</strong>ter der Frisbee herhechten. Besonders wichtig<br />
sei das Stellungsspiel, was be<strong>im</strong> Fussball gerne mal als »Arbeit<br />
ohne Ball« bezeichnet wird, <strong>und</strong> die nötige Kondition für<br />
die viele Laufarbeit, das Fangen <strong>und</strong> Werfen komme mit der<br />
Zeit von ganz alle<strong>in</strong>e.<br />
Fliegende Kuhfladen<br />
Gespielt werden kann so gut wie überall: Auf Betonfläche,<br />
auf Sand, <strong>in</strong> der Halle- am Besten eignet sich jedoch der Rasenbelag.<br />
Die Anzahl der Spieler kann hierbei je nach Spielfeldgröße<br />
variieren,<br />
aufgr<strong>und</strong> der vielen<br />
Laufarbeit s<strong>in</strong>d jedoch<br />
m<strong>in</strong>destens<br />
zwei Auswechselspieler<br />
von Nöten, da das<br />
Spiel mitunter ziemlich<br />
Kräfte zehrend<br />
se<strong>in</strong> kann.<br />
Gespielt werden<br />
kann bei nahezu<br />
jedem Wetter, die<br />
Würfe müssen sich<br />
eben den gegebenen<br />
Umständen anpassen.<br />
Lediglich allzu<br />
kräftiger W<strong>in</strong>d macht<br />
e<strong>in</strong> vernünftiges Spiel<br />
zunichte. Bei günstigenWetterverhältnissen<br />
s<strong>in</strong>d dann allerd<strong>in</strong>gs auch mal Würfe über die gesamte<br />
offizielle Spielfeldlänge von 100 Metern möglich.<br />
Um die Entstehungsgeschichte der Frisbee ranken sich verschiedene<br />
Sagen <strong>und</strong> Mythen, von fliegenden Lebensmitteln,<br />
fliegenden Kuhfladen <strong>und</strong> w<strong>in</strong>digen Geschäftsleuten, die mit
der aufkommenden UFO-Manie Mitte des 20.Jahrh<strong>und</strong>ersts<br />
zu schnell verdientem Geld kommen wollten, ist die Rede.<br />
Historisch lässt sich die heutige Bezeichnung Frisbee auf die<br />
Bäckerei »Frisbie Pie Company« zurückführen. Dieses Familienunternehmen<br />
wurde 1871 von dem Bäcker Wiliam Russel<br />
Frisbie <strong>in</strong> Amerika gegründet. Diese Bäckerei verkaufte<br />
unter anderem Torten <strong>in</strong> r<strong>und</strong>en Kuchenblechen, mit denen<br />
<strong>in</strong> den 40er Jahren K<strong>in</strong>der begannen zu spielen. Die Bleche<br />
waren aber nur bed<strong>in</strong>gt flugfähig. Dies beobachtete Walter<br />
Frederic Morrison, der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dheit selber die Kuchen<br />
der »Frisbie Pie Company verkaufte <strong>und</strong> machte sich daran,<br />
die Flugeigenschaften zu verbessern.1947 hielt er die erste aus<br />
Plastik selbst gefertigte Scheibe <strong>in</strong> den Händen. 1951 schuf<br />
Morrison e<strong>in</strong>e verbesserte zweite Version, die ‚Pluto Platte‘,<br />
die ab 1957 kommerziell von Wham-O hergestellt wurde. Der<br />
letzte Schritt zum bekannten Namen Frisbee fand 1959 statt.<br />
Rich Knerr, e<strong>in</strong>er der Inhaber von Wham-O, hörte zum ersten<br />
Mal die Bezeichnung ‚Frisb(ie)ee‘. Ihm gefiel der Name, aber<br />
er hatte ke<strong>in</strong>e Ahnung von dessen historischen Ursprung, also<br />
sport<br />
spr<strong>in</strong>g<br />
ließ er sich die fliegenden Scheiben unter dem Namen Frisbee<br />
e<strong>in</strong>tragen.<br />
1964 wurde mit der International Frisbee Association (IFA)<br />
der weltweit erste Verband gegründet, drei Jahre später wurden<br />
die auch heute noch gültigen Regeln aufgestellt. Seit 1983<br />
werden sogar Weltmeisterschaften <strong>im</strong> Ult<strong>im</strong>ate ausgetragen.<br />
Weltweit dürfte es mehr als 100.000 Spieler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Spieler<br />
geben, am beliebtesten ist die Sportart <strong>in</strong> den USA <strong>und</strong><br />
Kanada mit weit über 50.000 Aktiven <strong>und</strong> Skand<strong>in</strong>avien.<br />
Nähere Informationen gibt es auf der Internetseite des Deutschen<br />
Frisbeesportverbandes www.frisbeesportverband.de.<br />
Piet Meyer
Wilhelmshaven<br />
Stadt am Meer - ohne Zukunft?<br />
»Wilhelmshaven lebt« lautet der Werbespruch der »Touristik<br />
<strong>und</strong> Freizeit GmbH« der niedersächsischen Stadt an der<br />
Nordsee. Läuft man durch die Innenstadt, so sieht man den<br />
Spruch überall – auf Plakaten oder allerhand kaufbaren Produkten;<br />
T-Shirts, Tassen <strong>und</strong> so weiter.<br />
E<strong>in</strong>e Gruppe junger Leute zeigt schon seit e<strong>in</strong>iger Zeit ihren<br />
Protest diesem Werbespruch <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em Inhalt gegenüber. Und<br />
zwar mit Hilfe e<strong>in</strong>es T-Shirts mit der Aufschrift »Wilhelmshaven<br />
stirbt«. Wer hat nun Recht?<br />
Die Stadt am Jadebusen zieht jedes Jahr mehr als 50.000 Besucher<br />
an. Diese kommen das ganze Jahr über – <strong>im</strong> W<strong>in</strong>ter wie <strong>im</strong> Sommer.<br />
Über e<strong>in</strong>e langweilige <strong>und</strong> »sterbende« Stadt beklagen sich die<br />
Besucher, die meist aus dem <strong>in</strong>ländischen B<strong>in</strong>nenland, aber auch<br />
aus dem Ausland anreisen, selten. Auch<br />
als die »grüne Stadt am Meer« bezeichnet,<br />
bietet Wilhelmshaven zum e<strong>in</strong>en durch die<br />
zahlreichen Grünflächen, allen voran der<br />
riesige Stadtpark, zum anderen durch den<br />
Kontakt zur Nordsee <strong>und</strong> gleich mehreren<br />
Stränden allen Naturliebhabern viele Möglichkeiten<br />
zum Zeitvertreib. Nicht nur die<br />
beiden Nordseestrände »Geniusbank«, e<strong>in</strong><br />
allerd<strong>in</strong>gs bald zu betonierter Sandstrand<br />
<strong>im</strong> Stadtnorden, sowie der Südstrand mit<br />
angrenzender Strandpromenade mit zahlreichen<br />
Hotels <strong>und</strong> Gaststätten stehen zum<br />
Baden <strong>und</strong> zum Betreiben verschiedener<br />
Wassersportarten zur Verfügung. Hierzu<br />
eignet sich ebenso gut der Banter See oder<br />
e<strong>in</strong>es der Frei- <strong>und</strong> Hallenbäder.<br />
Auch bietet die Stadt <strong>in</strong>teressante Museen<br />
zu marit<strong>im</strong>en Themen. Stadtfeste<br />
br<strong>in</strong>gen Leben <strong>in</strong> die Stadt: Im Juli steigt<br />
mit dem viertägigen »Wochenende an der<br />
Jade« der Höhepunkt des Jahres.<br />
Auch das friesische Umland hat e<strong>in</strong>e<br />
Menge zu bieten <strong>und</strong> lockt die Besucher<br />
h<strong>in</strong> <strong>und</strong> wieder zu e<strong>in</strong>em Ausflug aus der<br />
Stadt h<strong>in</strong>aus. Beliebte Ziele s<strong>in</strong>d ostfriesische<br />
Kle<strong>in</strong>städte <strong>und</strong> Dörfer, Strände<br />
entlang der Nordseeküste sowie Bootsfahrten<br />
zu e<strong>in</strong>er der ostfriesischen Inseln<br />
oder nach Helgoland.<br />
Egal für was ihr euch entscheidet – e<strong>in</strong>en<br />
oder mehrere spannende Tage könnt<br />
ihr <strong>in</strong> Wilhelmshaven erleben. Ganz egal<br />
ob mit Shopp<strong>in</strong>gtouren, Strandbesuchen,<br />
e<strong>in</strong>er Kultursession oder e<strong>in</strong>em Ausflug<br />
<strong>in</strong>s Grüne oder Blaue.<br />
Am häufigsten wird jedoch der Mangel<br />
an Diskotheken <strong>und</strong> anderen abendlichen<br />
Attraktionen geklagt. Hier könnte mehr geboten<br />
werden. Doch den Diskotheken <strong>und</strong><br />
Clubs läuft das Publikum weg. Wilhelmshaven »altert«. Vor r<strong>und</strong> 20<br />
Jahren zählte Wilhelmshaven noch zu Deutschlands Großstädten – mit<br />
über 100.000 E<strong>in</strong>wohnern. Das waren r<strong>und</strong> 20.000 mehr als heute!<br />
Vor allem junge Wilhelmshavener zieht es raus aus ihrer He<strong>im</strong>atstadt.<br />
Die wenigsten Wilhelmshavener Abiturienten studieren<br />
an der he<strong>im</strong>ischen Fachhochschule. Auch e<strong>in</strong>en Ausbildungsplatz<br />
suchen <strong>und</strong> f<strong>in</strong>den die Jugendlichen oft nicht an der Nordsee, sondern<br />
weit entfernt <strong>und</strong> verstreut. Ist dieser Trend noch zu stoppen?<br />
Viele Hoffnungen liegen auf dem geplanten »Jade-Weser-Port«,<br />
dem größten Tiefwasserhafen Deutschlands, der <strong>in</strong> den kommenden<br />
Jahren an der Küste Wilhelmshavens erbaut werden soll. Wofür<br />
allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e Attraktion der Stadt, der Strand auf der Geniusbank,<br />
weichen muss. An dessen Stelle soll er entstehen, der neue Hafen, der<br />
zugleich e<strong>in</strong>e Reihe von Chemie- <strong>und</strong> Logistikunternehmen dazu
anreizen soll, sich <strong>in</strong> Wilhelmshaven zu stationieren. Für e<strong>in</strong>ige Menschen ist dies<br />
ganz klar e<strong>in</strong>e Fehl<strong>in</strong>vestition, die die Stadt nicht bereichern, sondern <strong>im</strong> Gegenteil<br />
um den schönsten Strand br<strong>in</strong>gen wird. Aber auch unweit des Südstrands wird um<br />
die Zukunft <strong>und</strong> um die Identität der Stadt gestritten. Die riesige »Südzentrale«,<br />
das ehemalige Kraftwerk der Kaiserlichen Mar<strong>in</strong>e, steht trotz Denkmalschutz kurz<br />
vor dem Abriss. Die riesige Halle sucht <strong>im</strong> Norden ihresgleichen – <strong>und</strong> wird zur<br />
Zeit trotz erheblicher Gefahren durch offenliegende Schächte von Sprayern, Fotografen,<br />
Abenteuer suchenden Jugendlichen <strong>und</strong> Wohnungslosen aufgesucht.<br />
Kathar<strong>in</strong>a Meitzler<br />
Die Fotos entstanden am Südstrand (oben l<strong>in</strong>ks), zeigen die 100 Jahre alte Kaiser-Wilhelm-Brücke (l<strong>in</strong>ks), die verfallene<br />
aber unter Denkmalschutz stehende »Südzentrale« der ehemals stolzen Kaiserlichen Werft sowie die Nordseepassage.<br />
Das große Bild mit dem gelben Drachen dokumentiert vergangenes Strandleben. Auf der Geniusbank, e<strong>in</strong>st der<br />
schönste Sandstrand an der nordwestlichen Küste, laufen bereits die Bauarbeiten für den neuen Hafen.<br />
metropolen<br />
spr<strong>in</strong>g
Sommer 2006<br />
Und Du?<br />
»Ich war für e<strong>in</strong>e Woche <strong>in</strong><br />
Plön <strong>und</strong> e<strong>in</strong> paar Tage <strong>in</strong><br />
Mackstadt bei Stuttgart bei<br />
Verwandten. Insgesamt haben<br />
mir die Ferien gefallen,<br />
aber sie waren wieder viel zu<br />
kurz!«<br />
Yan<strong>in</strong>a Friederici, 15 Jahre<br />
»Me<strong>in</strong> Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> ich Campen<br />
gerade für e<strong>in</strong>e Woche<br />
hier <strong>in</strong> Wilhelmshaven. Wir<br />
kommen aus Holzm<strong>in</strong>den.«<br />
Sandra Kohlenberg,<br />
19 Jahre<br />
»Ich war für 10 Tage <strong>in</strong> New<br />
York. Ich war zum ersten<br />
Mal dort <strong>und</strong> es hat mir<br />
sehr gut gefallen. Ansonsten<br />
habe ich mich viel mit<br />
Fre<strong>und</strong>en verabredet.«<br />
Tiana, 14, l<strong>in</strong>ks <strong>im</strong> Bild<br />
»Ich war nur <strong>in</strong> Hamburg. Aber zwei Mal, e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e Woche<br />
lang <strong>und</strong> das zweite Mal für 4 Tage.« Carol<strong>in</strong>, 14 Jahre, rechts<br />
»Ich komme aus Baden-<br />
Württemberg <strong>und</strong> b<strong>in</strong> nun<br />
4 Tage zu Besuch bei Philipp.<br />
Ansonsten habe ich<br />
diese Ferien nicht so viel<br />
gemacht.«<br />
Jana, 17 Jahre, rechts <strong>im</strong><br />
Bild<br />
»Ich war e<strong>in</strong> paar Tage <strong>in</strong> Rhe<strong>in</strong>e. Von dort aus s<strong>in</strong>d wir auch<br />
<strong>in</strong> den Heide-Park gefahren. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht.<br />
Sonst war ich sehr viel schw<strong>im</strong>men!»<br />
Philipp, 11 Jahre, l<strong>in</strong>ks<br />
»Zuerst war ich <strong>im</strong> Urlaub<br />
<strong>in</strong> Italien. Die Fahrt mit<br />
dem Wohnmobil war ziemlich<br />
lang <strong>und</strong> nervenaufreibend.<br />
Aber es war e<strong>in</strong> richtig<br />
schöner Surfurlaub. Hier <strong>in</strong><br />
Wilhelmshaven b<strong>in</strong> ich nun<br />
auch zum Surfen. Eigentlich<br />
komme ich aus Bremerhaven.«<br />
Maik Eicken, 12 Jahre<br />
Rückblick auf e<strong>in</strong>e<br />
fantastische Zeit<br />
umfrage<br />
spr<strong>in</strong>g<br />
»Ich habe 3 Wochen lang<br />
gearbeitet. B<strong>in</strong> seit gestern<br />
zurück <strong>und</strong> genieße nun<br />
me<strong>in</strong>en ersten freien Tag. Ich<br />
war <strong>in</strong> Olpe <strong>im</strong> Sauerland<br />
<strong>und</strong> habe dort K<strong>in</strong>derbetreuung<br />
gemacht.«<br />
Nantke Pecht, 19 Jahre<br />
»Ich komme aus Litauen <strong>und</strong><br />
habe <strong>in</strong>sgesamt zwei Monate<br />
Semesterferien. Zuerst war<br />
ich fünf Wochen <strong>in</strong> Italien<br />
<strong>und</strong> habe dort viel We<strong>in</strong> getrunken<br />
… Zurück <strong>in</strong> Litauen<br />
habe ich e<strong>in</strong>e Woche lang<br />
gearbeitet <strong>und</strong> mich dann<br />
ganz spontan entschieden<br />
für zwei Wochen nach Wilhelmshaven<br />
zu fahren, um<br />
Fre<strong>und</strong>e zu besuchen. Ich<br />
habe hier e<strong>in</strong> Jahr lang als<br />
Austauschschüler gelebt.«<br />
Redis Zaliauskas, 19 Jahre<br />
»Ich war <strong>in</strong>sgesamt zwei Wochen<br />
<strong>im</strong> Urlaub. E<strong>in</strong>e Woche<br />
auf Langeoog <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />
Oldenburg mit me<strong>in</strong>er Cous<strong>in</strong>e.«<br />
Kea, 14 Jahre, l<strong>in</strong>ks <strong>im</strong> Bild<br />
»Und ich war vier Tage <strong>im</strong><br />
Ferienzentrum Schloss Dankern.<br />
Sonst haben wir uns fast<br />
jeden Tag mit Fre<strong>und</strong>en getroffen,<br />
waren <strong>im</strong> Schw<strong>im</strong>mbad,<br />
waren zelten, usw.«<br />
Jan<strong>in</strong>e, 14 Jahre, rechts<br />
»Am ersten Ferienwochenende war ich auf dem Festival ‚Rock<br />
am Schloss‘. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ansonsten<br />
habe ich sehr viel Sport gemacht. Ich war endlich mal Wasserski<br />
fahren, habe viel Fußball gespielt, <strong>und</strong> was man eben sonst<br />
noch e<strong>in</strong>fach so machen kann. Außerdem habe ich wie <strong>im</strong>mer<br />
sehr viel tra<strong>in</strong>iert- Schw<strong>im</strong>men. Und das Feiern darf man natürlich<br />
nicht vergessen!«<br />
Alexander van Acken, 19 Jahre