Randale in Hamm und Oberhausen
Randale in Hamm und Oberhausen
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40 Revierkick Nr. 35-2009<br />
Nr. 35-2009 Revierkick 41<br />
Zwei Massenschlägereien am Wochenende<br />
Gewalt im Revier eskaliert<br />
Essen (RS).<br />
Zwei Massenschlägereien im<br />
<strong>Hamm</strong> <strong>und</strong> <strong>Oberhausen</strong> erschütterten<br />
am Sonntag die<br />
Amateurfußballszene im Revier.<br />
Die Polizei sprach beim Vorfall<br />
während des Bezirksligaspiels<br />
zwischen dem SC <strong>Oberhausen</strong> <strong>und</strong><br />
dem Vogelheimer SV sogar von<br />
r<strong>und</strong> 140 Beteiligten. In <strong>Hamm</strong><br />
lieferten sich laut Bericht der Behörden<br />
etwa 60 Aktive <strong>und</strong> Zuschauer<br />
des C-Kreisliga-Partie<br />
zwischen dem TSC <strong>Hamm</strong> V <strong>und</strong><br />
dem Kamener SC II e<strong>in</strong> handfestes<br />
Gemenge. Was beiden Tumulten<br />
geme<strong>in</strong>sam war, war die traurige<br />
Bilanz: Mehrere, zum Teil schwer<br />
Verletzte mussten behandelt werden.<br />
RS lässt hier noch e<strong>in</strong>mal die<br />
Beteiligten zu Wort kommen, um<br />
zu schildern, wie es zu den Eskalationen<br />
kommen konnte.<br />
<strong>Hamm</strong>: Stollenabdruck im Gesicht<br />
Manuel Barwig, 1. Vorsitzender<br />
Kamener SC: „Die Schlägerei<br />
entwickelte sich nach e<strong>in</strong>em Foulspiel<br />
an e<strong>in</strong>em unserer Spieler.<br />
Dieser beschwerte sich daraufh<strong>in</strong><br />
lauthals beim Schiedsrichter, was<br />
e<strong>in</strong>en zuvor mit Gelb-Rot vom<br />
Platz gestellten <strong>Hamm</strong>er Spieler<br />
dazu veranlasste, auf den Platz<br />
zu stürmen <strong>und</strong> unserem Spieler<br />
mehrere Schläge gegen den Kopf<br />
zu geben. Als e<strong>in</strong>er unserer Spieler<br />
helfend e<strong>in</strong>schreiten wollte,<br />
bekam auch dieser e<strong>in</strong>en harten<br />
Schlag ab. Dann eskalierte die Situation,<br />
ich sah plötzlich Betreuer,<br />
Fans <strong>und</strong> Spieler gegenseitig auf<br />
sich e<strong>in</strong>schlagen. E<strong>in</strong>er unserer<br />
Fans liegt mit e<strong>in</strong>em Kiefer- <strong>und</strong><br />
Jochbe<strong>in</strong>bruch im Krankenhaus.<br />
Zudem hat er Prellungen <strong>und</strong> Stollenabdrücke<br />
am ganzen Körper<br />
davongetragen. Unseren Tra<strong>in</strong>er<br />
hat es auch schlimm erwischt.<br />
Er ist vorübergehend erst e<strong>in</strong>mal<br />
krank geschrieben. Auch bei ihm<br />
ist noch e<strong>in</strong> Stollenabdruck im Gesicht<br />
zu sehen, zudem ist e<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>er<br />
Rippen gebrochen, vier dazu<br />
geprellt.“<br />
Yüksel Tirgil, Geschäftsführer<br />
TSC <strong>Hamm</strong>: „Nach e<strong>in</strong>em Foul<br />
e<strong>in</strong>es unserer Spieler, forderten der<br />
Gefoulte <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Mitspieler e<strong>in</strong>e<br />
Rote Karte. Während der Schiedsrichter<br />
mit e<strong>in</strong>igen Kamener Spielern<br />
darüber diskutierte, rächte<br />
sich der gefoulte Spieler der Gäste<br />
bei unserem Akteuer, <strong>in</strong>dem er<br />
ihm e<strong>in</strong>en Faustschlag verpasste.<br />
Als dies unser bereits mit Gelb-Rot<br />
vom Platz gestellte Spieler mitbekam,<br />
rannte dieser auf das Feld<br />
<strong>und</strong> schlug mehrere Male auf den<br />
Gefoulten e<strong>in</strong>. Dann g<strong>in</strong>g es richtig<br />
los. E<strong>in</strong> riesen Pulk an Menschen<br />
stand auf dem Spielfeld <strong>und</strong> lieferte<br />
sich e<strong>in</strong>e wahre Massenschlägerei.<br />
Ich möchte bei dieser Gelegenheit<br />
e<strong>in</strong>es klarstellen: Der Türkische<br />
Sportclub <strong>Hamm</strong> leistet seit Jahren<br />
große Integrationsarbeit. Wir geben<br />
<strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht unser Bestes.<br />
Was im Spiel gegen Kamen passiert<br />
ist, ist nicht mit unserem Vere<strong>in</strong> zusammenzubr<strong>in</strong>gen.<br />
Wir haben die<br />
Mannschaft für‘s Erste vom Spielbetrieb<br />
abgemeldet <strong>und</strong> werden alle<br />
schuldigen Spieler suspendieren.“<br />
O‘hausen: Schwalben <strong>und</strong> Schläge<br />
Detlef Schliffke, Geschäftsführer<br />
Vogelheimer SV: „Der <strong>Oberhausen</strong>er<br />
Tra<strong>in</strong>er hat den Unparteiischen<br />
kritisiert <strong>und</strong> auch e<strong>in</strong>en<br />
unserer Zuschauer beschimpft, bis<br />
der Referee den Coach h<strong>in</strong>ter die<br />
Barriere geschickt hat. Außerdem<br />
s<strong>in</strong>d unsere Spieler mit irgendetwas<br />
beworfen worden, ich glaube,<br />
es waren Eiswürfel. Daher habe<br />
ich den Schiedsrichter <strong>in</strong> der Pause<br />
darum gebeten, e<strong>in</strong>en Ordnungsdienst<br />
zu <strong>in</strong>stallieren. Als wir <strong>in</strong> der<br />
80. M<strong>in</strong>ute das 2:0 gemacht haben,<br />
war auf den Zuschauerrängen e<strong>in</strong>e<br />
Mischerei, mehrere Zuschauer haben<br />
sich gehabt, dann rannten alle<br />
aufs Feld, es wurden immer mehr.<br />
Plötzlich lag der Vater e<strong>in</strong>er unserer<br />
Spieler bewusstlos auf der<br />
Asche. Auch unser Tra<strong>in</strong>er hat<br />
zwei Schläge abbekommen. Die<br />
Polizei ist aber wenig später schon<br />
mit e<strong>in</strong>er H<strong>und</strong>ertschaft angerückt<br />
<strong>und</strong> hat uns <strong>in</strong> die Kab<strong>in</strong>e geleitet.<br />
Doch die <strong>Oberhausen</strong>er wollten<br />
immer noch drauf <strong>und</strong> haben ke<strong>in</strong>e<br />
Ruhe gegeben.“<br />
Roland Nowak, Fußballobmann<br />
SC 1920 <strong>Oberhausen</strong>: „Es begann<br />
alles mit e<strong>in</strong>er Aktion e<strong>in</strong>es Vogelheimer<br />
Spielers, der drei Mal h<strong>in</strong>tere<strong>in</strong>ander<br />
<strong>in</strong> Strafraum zu Fall<br />
kam <strong>und</strong> der Schiedsrichter ihm<br />
die Gelbe Karte für e<strong>in</strong>e Schwalbe<br />
gab. E<strong>in</strong> Zuschauer von uns hat<br />
dann gesagt: ‚Du solltest besser<br />
Schauspieler werden‘, woraufh<strong>in</strong><br />
der Spieler ihm direkt <strong>in</strong>s Gesicht<br />
gespuckt hat. Der Schiedsrichter<br />
hat das leider nicht gesehen. Später<br />
ist der Ball <strong>in</strong> Höhe der Essener<br />
Fans <strong>in</strong>s Aus gefl ogen. Der Spieler,<br />
der zuvor gespuckt hatte, war<br />
da schon ausgewechselt worden,<br />
stand draußen <strong>und</strong> hat unseren<br />
Mann, der den Ball holen wollte,<br />
geschubst. Es war heiß, die Leute<br />
hatten Alkohol getrunken <strong>und</strong> das<br />
war dann der Auslöser. E<strong>in</strong>er unserer<br />
Akteure wurde bedrängt, ich<br />
habe gehört, dass e<strong>in</strong> L<strong>in</strong>ienrichter<br />
e<strong>in</strong>em die Fahne auf den Kopf geschlagen<br />
haben soll. Aber dass 140<br />
Leute mitgemischt haben, ist absoluter<br />
Quatsch.<br />
Aufgezeichnet von Lucas Lampen<br />
<strong>und</strong> Aaron Knopp<br />
Web-Tipp<br />
Ausführliche Zitate <strong>und</strong> weitere<br />
Stimmen auf www.reviersport.de.<br />
„Gewalt ist ke<strong>in</strong>e Lösung“, fi nden diese Fans zu Recht. Gutgeme<strong>in</strong>te Transparente alle<strong>in</strong> allerd<strong>in</strong>gs auch nicht. Dem Phänomen, dass sich die Gewalt <strong>in</strong> den Amateurfußball verlagert hat,<br />
stehen die Beteiligten oft hilfl os gegenüber (Foto: fi ro).<br />
Ausschreitungen im Amateurfußball haben im<br />
E<strong>in</strong>e Chronologie<br />
Spielabbrüche aufgr<strong>und</strong> von<br />
Tätlichkeiten s<strong>in</strong>d leider mitlerweile<br />
an der Tagesordnung.<br />
Manchmal eskaliert die Lage derart,<br />
dass Beteiligte ernsthaft Schaden<br />
nehmen <strong>und</strong> nur e<strong>in</strong> massiver<br />
Polizeie<strong>in</strong>satz die Ausschreitungen<br />
beenden kann. RS blickt auf drei<br />
traurige „Höhepunkte“ <strong>in</strong> der jüngeren<br />
Geschichte zurück.<br />
Mülheim, 17. September 2006<br />
Das Spiel: VfB Speldorf - RW <strong>Oberhausen</strong><br />
1:1 (Oberliga NR)<br />
H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>: Speldorf freut sich<br />
nach dem Abstieg von RWO auf<br />
e<strong>in</strong> Derby. Die Aufl agen der Polizei<br />
vor dem Kartenvorverkauf lauten:<br />
ke<strong>in</strong> Freitagsabend-Spiel, nur<br />
2500 Karten, strikte Fantrennung.<br />
Denn die Polizei kennt aus beiden<br />
Fangruppen diverse Hooligans. Die<br />
Tickets s<strong>in</strong>d schnell ausverkauft.<br />
Vor der Partie: RWO bietet an, den<br />
eigenen Ordnungsdienst mitzubr<strong>in</strong>gen,<br />
Speldorf lehnt aber ab.<br />
Während des Spiels: In der 57. M<strong>in</strong>ute<br />
die erste Unterbrechung für<br />
sieben M<strong>in</strong>uten, <strong>in</strong> der RWO-Kurve<br />
erste Tumulte <strong>und</strong> Schlägereien<br />
zwischen etwa 50 Fans <strong>und</strong> dem<br />
Ordnungsdienst. Die Polizei muss<br />
dazwischengehen, e<strong>in</strong> verletzter<br />
Beamter ist die Folge. In der 70.<br />
M<strong>in</strong>ute liegt e<strong>in</strong> angetrunkener<br />
RWO-Fan im Speldorfer Tor, die<br />
Polizei muss erneut e<strong>in</strong>schreiten,<br />
wieder Tumult <strong>und</strong> Schlägereien<br />
zwischen knapp 30 Fans <strong>und</strong> der<br />
Polizei (mit H<strong>und</strong>estaffel), jetzt<br />
drei verletzte Fans. Der Stadion-<br />
sprecher verkündet Spielabbruch<br />
bei der nächsten Unterbrechung.<br />
Doch nach wie vor gibt es Unruhen<br />
während des Spiels. Der Schiedsrichter<br />
zeigt schließlich acht M<strong>in</strong>uten<br />
Nachspielzeit an, <strong>in</strong> der RWO<br />
den Ausgleich schießt. Nach dem<br />
Spiel weitere Tumulte.<br />
Fazit: Zwei Festnahmen, außerdem<br />
werden fünf Personen <strong>in</strong> Gewahrsam<br />
genommen. Es gibt ke<strong>in</strong>e<br />
genauen Angaben über Anzahl<br />
der e<strong>in</strong>gesetzten <strong>und</strong> verletzten<br />
Polizisten; Speldorf muss sich e<strong>in</strong>gestehen,<br />
dass es e<strong>in</strong> Fehler war,<br />
das Angebot von RWO, den eigenen<br />
Ordnungsdienst mitzubr<strong>in</strong>gen,<br />
abzulehnen.<br />
Mülheim, 5. Januar 2008<br />
Das Spiel: RW Mülheim<br />
- Galatasaray Mülheim (<br />
Hallenstadtmeisterschaft)<br />
Revier schon fast e<strong>in</strong>e traurige Tradition<br />
des Schreckens<br />
Während des Spiels: Erste Unruhen<br />
nach e<strong>in</strong>er gelben Karte gegen<br />
e<strong>in</strong>en Spieler von Galatasaray:<br />
Wütende Galatasaray-Fans laufen<br />
aufs Spielfeld, werden von Ordnern<br />
<strong>in</strong> den Block zurückgedrängt.<br />
Aus dem Block des Teilnehmers<br />
VfB Speldorf heizen polizeibekannte<br />
Anhänger aus Essen <strong>und</strong><br />
Velbert die Stimmung weiter an.<br />
Becher werden geworfen, Spieler<br />
<strong>und</strong> Tra<strong>in</strong>er von Galatasaray<br />
lassen sich kaum beruhigen. Das<br />
Spiel wird schließlich abgebrochen<br />
<strong>und</strong> die Mannschaften gehen<br />
<strong>in</strong> die Kab<strong>in</strong>en; auf dem Weg<br />
dah<strong>in</strong> eskaliert die Situation: Vor<br />
dem Speldorf-Block entsteht e<strong>in</strong>e<br />
Massenschlägerei mit r<strong>und</strong> 50 Beteiligten,<br />
darunter Hooligans, türkische<br />
Fans, Spieler <strong>und</strong> Verantwortliche<br />
von Galatasaray. Die 14<br />
Polizeibeamten vor Ort haben die<br />
Situation schnell wieder im Griff.<br />
16 weitere Beamte rücken an, um<br />
die „Problemfans“ zum Bahnhof<br />
zu begleiten.<br />
Fazit: 30 Polizisten im E<strong>in</strong>satz, Das<br />
Turnier wird abgebrochen. Außerdem<br />
drei Verletzte, e<strong>in</strong>er von ihnen<br />
musste mit Gehirnerschütterung<br />
<strong>und</strong> Schädelprellung im Krankenhaus<br />
behandelt werden.<br />
<strong>Hamm</strong>, 24. Feburar 2008<br />
Das Spiel: SSG <strong>Hamm</strong> - IG Bönen<br />
(Kreisliga A1, Unna/<strong>Hamm</strong>)<br />
H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>: Bereits <strong>in</strong> der H<strong>in</strong>r<strong>und</strong>e<br />
wurde das Spiel zwischen<br />
den Teams abgebrochen, weil sich<br />
Spieler der SSG <strong>und</strong> Anhänger der<br />
IG geprügelt hatten.<br />
Während des Spiels: In der zweiten<br />
Halbzeit kommt es zu mehreren<br />
krassen Foulspielen, woraufh<strong>in</strong><br />
sich die Spieler die ersten<br />
harten Wortgefechte lieferten. E<strong>in</strong><br />
Bönener Spieler (Gültek<strong>in</strong> Ciftci)<br />
wird nach wiederholtem Foulspiel<br />
vom Schiedsrichter (Ayhan Karabacak)<br />
vom Platz gestellt, auf dem<br />
Weg <strong>in</strong> die Kab<strong>in</strong>e eskaliert die<br />
Situation: Der Bönener provoziert<br />
verbal e<strong>in</strong>en Spieler der SSG, woraufh<strong>in</strong><br />
der Bönener Spieler zurück<br />
auf den Platz läuft <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en<br />
Gegenspieler schlägt. Mehrere Zuschauer<br />
<strong>und</strong> Betreuer laufen auf<br />
das Spielfeld <strong>und</strong> beteiligten sich<br />
an der Ause<strong>in</strong>andersetzung.<br />
Fazit: Polizeie<strong>in</strong>satz, mehrere Verletzte,<br />
e<strong>in</strong> Bönener Betreuer muss<br />
<strong>in</strong>s Krankenhaus gebracht werden.<br />
Das Spiel wurde abgebrochen.<br />
Zusammengestellt von Steffi e<br />
Zwaagstra<br />
Der Amateurfußball als Spiegel der Gesellschaft<br />
Klima der Fe<strong>in</strong>dseligkeit<br />
Kommentar von Elmar Redemann<br />
Als hätte der Amateurfußball<br />
nicht genug andere Sorgen.<br />
Aber die Saison ist noch ke<strong>in</strong>en<br />
Monat alt, da hat das Maß der<br />
Gewalt dort alles bisher Gekannte<br />
schon überstiegen. Wer aus welchem<br />
Gr<strong>und</strong> Schuld am jeweiligen<br />
Tumult trägt, ist dabei genauso<br />
unwichtig, wie die Frage, ob e<strong>in</strong><br />
Dutzend oder 140 Schläger an e<strong>in</strong>er<br />
Keilerei beteiligt waren. Drei<br />
D<strong>in</strong>ge sollten sich alle Beteiligten<br />
aber schleun<strong>in</strong>gst auf die Fahnen<br />
schreiben, sonst verrohen die Sitten<br />
noch weiter:<br />
1. Bekämpfung der Ursachen:<br />
Zugegeben, das ist die schwierigste<br />
Aufgabe von allen. Sportvere<strong>in</strong>e<br />
leisten e<strong>in</strong>en immensen Beitrag als<br />
„sozialer Kitt“, aber offenbar noch<br />
nicht genug. Egal ob Vater, Lehrer<br />
oder „nur“ Mitmensch – „die Gesellschaft“,<br />
deren Gesicht offenbar<br />
immer asozialer wird, das s<strong>in</strong>d wir<br />
alle. Deshalb s<strong>in</strong>d auch wir alle gefordert,<br />
wenn sich etwas ändern<br />
soll.<br />
2. Deeskalation vor Ort: Auf den<br />
Fußballplätzen muss e<strong>in</strong> Klima<br />
der Fairness, nicht der Fe<strong>in</strong>dseligkeit<br />
e<strong>in</strong>kehren. Wer pöbelt <strong>und</strong><br />
provoziert, muss sich <strong>in</strong> der M<strong>in</strong>derheit<br />
fühlen. Und jeder Vere<strong>in</strong><br />
muss vor der eigenen Tür kehren,<br />
se<strong>in</strong>en Mitgliedern <strong>und</strong> Zuschauern<br />
genau auf die F<strong>in</strong>ger schauen.<br />
Ganz allgeme<strong>in</strong> für das Gebiet<br />
Westfalen gilt, dass es eigentlich<br />
e<strong>in</strong>en Rückgang bei der<br />
Quantität solcher Vorfälle gibt. Das<br />
Problem ist allerd<strong>in</strong>gs, dass die<br />
Quantität zunimmt, es wird brutaler.<br />
Und das können wir natürlich<br />
nicht gutheißen. Zwar haben<br />
wir <strong>in</strong> den letzten zwei Jahren bei<br />
etwa 80.000 Kreisliga-Spielen nur<br />
sechs schwere Vorfälle verzeichnet,<br />
dennoch wollen wir das Ganze<br />
nicht verharmlosen.<br />
Carsten Jaksch-<br />
N<strong>in</strong>k, Direktor<br />
des Fußball- <strong>und</strong><br />
Leichtathletikverbands<br />
Westfalen<br />
Seit 2006 gibt es deswegen sogenannte<br />
„Problemlotsen“, die von<br />
den e<strong>in</strong>zelnen Kreisen e<strong>in</strong>gesetzt<br />
werden. Sie leisten Integrationsarbeit,<br />
kümmern sich aber ebenso<br />
auch um Gewaltprävention. Sie gehen<br />
gezielt vor Ort <strong>und</strong> bieten dort<br />
Sem<strong>in</strong>are für Mannschaftsführer<br />
<strong>und</strong> Betreuer an. Im Jugendbereich<br />
werden Sem<strong>in</strong>are sogar mit<br />
den Eltern veranstaltet, um ihnen<br />
<strong>und</strong> den K<strong>in</strong>dern selbst zu zeigen,<br />
Und couragiert e<strong>in</strong>schreiten, wenn<br />
Leute aus der Reihe tanzen.<br />
3. Strafen, die abschrecken:<br />
Wer sich dazu h<strong>in</strong>reißen lässt,<br />
andere ohne Rücksicht auf Leben<br />
<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit zu malträtieren,<br />
hat nichts auf dem Fußballplatz zu<br />
suchen. Und zwar lebenslänglich.<br />
Übrigens: Schiedsrichter, denen<br />
e<strong>in</strong> Spiel entgleitet, kann es<br />
immer geben. Sie s<strong>in</strong>d aber nicht<br />
die Schuldigen, im Gegenteil. Vor<br />
ihrem E<strong>in</strong>satz muss man tief den<br />
Hut ziehen. Spieler, Betreuer, Tra<strong>in</strong>er<br />
<strong>und</strong> Zuschauer s<strong>in</strong>d gefordert,<br />
sich daran zu er<strong>in</strong>nnern, wofür<br />
man sich auf dem Sportplatz eigentlich<br />
trifft.<br />
RS onl<strong>in</strong>e-Umfrage<br />
Massenschlägereien im Amateurfußball.<br />
Wie sollte man mit den Tätern<br />
umgehen?<br />
Lebenslang sperren! Solche Leute<br />
sollten nie mehr e<strong>in</strong>en Fußballplatz<br />
betreten dürfen. 83,4 %<br />
Die Beteiligten gehören bestraft, aber<br />
mit Augenmaß. Jeder hat e<strong>in</strong>e zweite<br />
Chance verdient. 16,6 %<br />
Was tut der Verband? Jaksch-N<strong>in</strong>k nimmt Stellung<br />
„Es wird brutaler“<br />
wie man am besten mit Gewalt<br />
umgeht.<br />
Diese Problemlotsen werden<br />
auch gezielt vor den „Problemspielen“,<br />
wie zum Beispiel Derbys,<br />
e<strong>in</strong>gesetzt. Sie sprechen dann<br />
ganz bewusst <strong>und</strong> gezielt mit den<br />
Verantwortlichen, um direkte<br />
Maßnahmen zu ergreifen. Zusätzlich<br />
gibt es bei uns e<strong>in</strong>en Integrationsbeauftragten,<br />
dem noch<br />
e<strong>in</strong>mal drei Koord<strong>in</strong>atoren unterstellt<br />
s<strong>in</strong>d, welche die Arbeit der<br />
Problemlotsen koord<strong>in</strong>ieren, aber<br />
auch unterstützten.<br />
Wir müssen natürlich schauen,<br />
ob, wenn solche Vorfälle tatsächlich<br />
immer brutaler <strong>und</strong> schlimmer<br />
werden, diese Maßnahmen<br />
dann ausreichen.<br />
Zu dem Vorfall <strong>in</strong> <strong>Hamm</strong> am Wochenende<br />
kann ich nur sagen, dass<br />
wir natürlich jetzt ermitteln <strong>und</strong><br />
auch die Kreisspruchkammer ihre<br />
Ermittlungen aufgenommen hat.<br />
Im Rahmen von fairen Verhandlungen<br />
werden wir die Verursacher<br />
ausfi ndig machen <strong>und</strong> diese<br />
dann auch entsprechend drastisch<br />
bestrafen, um zu zeigen, dass wir<br />
solche D<strong>in</strong>ge nicht dulden.<br />
Aufgezeichnet von Steffi e<br />
Zwaagstra