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Kommissar Kurt Wallander: „Worin liegt das Geheimnis von Henning ...

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Fachhochschule Villingen-Schwenningen<br />

Hochschule für Polizei<br />

<strong>Kommissar</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>: <strong>„Worin</strong> <strong>liegt</strong> <strong>das</strong> <strong>Geheimnis</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Henning</strong> Mankells literarischem Erfolg?“<br />

Iris Lörch<br />

24. Studienjahrgang<br />

Diplomarbeit<br />

Fachbereich IV – Gesellschaftswissenschaften<br />

Erstbetreuer: Studienrätin Ingrid Losert M. A.<br />

Zweitbetreuer: PHK Wolfgang Mallach<br />

Villingen- Schwenningen, Oktober 2004


„Vad jag än skriver så är verkligheten ännu värre.<br />

Det visar sig förr eller senare i alla mina böcker.“<br />

dt.: „Was immer ich schreibe, die Realität ist noch schlimmer.<br />

Das bestätigt sich früher oder später bei jedem meiner Bücher. “<br />

[<strong>Henning</strong> Mankell über seine <strong>Wallander</strong> Krimis]


Vorwort<br />

Meinen Diplombetreuern Frau Studienrätin Ingrid Losert M. A. und Herrn PHK<br />

Wolfgang Mallach möchte ich in diesem Rahmen meinen herzlichen Dank<br />

aussprechen. Durch ihre kompetente Hilfestellung sowie konstruktive Kritik<br />

haben Sie mich in der Erstellung meiner Diplomarbeit stets unterstützt. In<br />

gleichem Maße möchte ich mich bei Herrn Christian Simon und Frau Ulrika Luka<br />

vom Bundeskriminalamt in Stockholm bedanken, die mir den Kontakt zu Frau<br />

Ewa-Gun Westford vermittelten. Ein besonderer Dank richtet sich in diesem Falle<br />

an Frau Luka, die während ihres Urlaubes <strong>das</strong> Interview mit Frau Westford<br />

dolmetschte. Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle auch bei Frau Westford<br />

selbst, die mit großem Engagement alle Fragen meinerseits beantwortete und<br />

mich auf <strong>das</strong> Herzlichste in ihrem Land willkommen hieß. Ein weiteres<br />

Dankeschön gilt Herrn Daniel Imort, dem Webmaster der deutschen <strong>Kurt</strong>-<br />

<strong>Wallander</strong>-Fanseite, der eine Einstellung meines Fragebogens im Internet<br />

ermöglichte und so zum Gelingen meiner Fragebogenaktion beitrug. Nicht zuletzt<br />

danke ich meiner Familie, die mich während der letzten 2 Monate und vor allem<br />

bei der Realisierung meiner Schwedenreise unterstützt hat.<br />

Iris Lörch, Oktober 2004


Inhaltsverzeichnis<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

ABBILDUNGSVERZEICHNIS<br />

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />

1. Einleitung ................................................................................................1<br />

2. <strong>Henning</strong> Mankell....................................................................................3<br />

2.1 Portrait des Mannes, der <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> schuf.....................................3<br />

2.2 Auszeichnungen .....................................................................................5<br />

2.3 Die <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane.................................................................7<br />

3. Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur......10<br />

3.1 Ein Genre, so vielfältig wie der Rest der Literatur ..............................10<br />

3.2 Der Erfolg des Krimigenres in Deutschland ........................................15<br />

3.3 „Der Mord der aus der Kälte kam“:<br />

Was macht skandinavische Krimis so erfolgreich? .............................17<br />

3.3.1 Das Erbe <strong>von</strong> Maj Sjöwall und Per Wahlöö ............................22<br />

3.3.2 Die „Mankellisierung“ .............................................................24<br />

4. Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory .............. 26<br />

4.1 Mankells literarischer Stil ....................................................................26<br />

4.2.1 Erzähltechnik ...........................................................................26<br />

4.2.2 Spannungsaufbau .....................................................................28<br />

4.2.3 Literarische Stilmittel...............................................................30<br />

4.2 Polizeiarbeit ‚en détail’ ........................................................................34<br />

4.2.1 Ablauf der Polizeiarbeit ...........................................................34<br />

4.2.2 Die Schattenseiten der Polizeiarbeit.........................................36<br />

4.2.3 Das Kollegenverhältnis ............................................................38<br />

4.2.4 Realität und Fiktion..................................................................40


4.3 Gesellschaftskritik................................................................................43<br />

4.4 <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> - (k)ein Superheld.......................................................49<br />

4.4.1 Die familiären Eckdaten...........................................................49<br />

4.4.2 Eine Hauptfigur mit vielen Facetten ........................................50<br />

4.4.3 Die andere Seite des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>.......................................52<br />

4.5 Südschweden: Land und Leute ............................................................55<br />

4.5.1 Ystad - Kleinstadtidyll statt Mordmetropole?..........................55<br />

4.5.2 Skåne - eine Landschaft in der Hauptrolle...............................59<br />

4.5.3 Die Menschen - mehr als nur Statisten ....................................61<br />

4.6 Das Marketingkonzept .........................................................................64<br />

5. Schlussbetrachtung ..............................................................................68<br />

LITERATURVERZEICHNIS.................................................................... I<br />

A. Primärliteratur<br />

B. Sekundärliteratur<br />

C. Internet-Quellen<br />

D. Internet-Foren<br />

E. Tages-, Wochen- und Populärpresse<br />

F. Unveröffentlichte Quellen<br />

ANHANG A..............................................................................................VII<br />

ANHANG B..........................................................................................XXIV<br />

SELBSTSTÄNDIGKEITSERKLÄRUNG........................................XLVI


Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 1 Die <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie in ihrer chronologischen<br />

Reihenfolge<br />

Abb. 2 Leserumfrage: Welcher Faktor hat Ihrer Meinung nach am<br />

meisten dazu beigetragen, <strong>das</strong>s die <strong>Wallander</strong>-Romane<br />

internationale Bestseller geworden sind?<br />

Abb. 3 Leserumfrage: Welcher der bisher in Deutschland<br />

veröffentlichten Romane um <strong>Kommissar</strong> <strong>Wallander</strong> gefällt<br />

Ihnen persönlich am Besten?<br />

Abb. 4 Zeitungsartikel. Schwetzinger Zeitung. „Leichenfund am<br />

Strand“.<br />

Abb. 5 Zeitungsartikel. Schwetzinger Zeitung. „Selbstmordversuch<br />

scheitert“.<br />

Abb. 6 Das Genre der Kriminalliteratur<br />

Abb. 7 Umsatzanteile der Warengruppen nach Editionsformen<br />

2003<br />

Abb. 8 Umsatzanteile innerhalb der Warengruppe Belletristik 2003<br />

Abb. 9 Monatszahlen der Neuveröffentlichungen im<br />

deutschsprachigen Raum, die dem Genre der<br />

Kriminalliteratur zuzuordnen sind<br />

Abb.10 Jahreszahlen der Neuveröffentlichungen im<br />

deutschsprachigen Raum, die dem Genre der<br />

Kriminalliteratur zuzuordnen sind<br />

Abb. 11 Jahreszahlen deutschsprachiger Erstveröffentlichungen im<br />

Bereich der Kriminalliteratur<br />

Abb. 12 Interview mit Frau Ewa-Gun Westford am 09. August 2004,<br />

10.00 Uhr in S - 27180 Ystad, Stora Östergatan<br />

(Dolmetscherin: Frau Ulrika Luka, BKA).


Abkürzungsverzeichnis<br />

Abb.................................................Abbildung<br />

BKA ...............................................Bundeskriminalamt<br />

bzw. ................................................beziehungsweise<br />

ca. ...................................................circa<br />

dt.....................................................deutsch<br />

EU ..................................................die Europäische Union<br />

ha....................................................Hektar<br />

k. A................................................. keine Angabe<br />

km...................................................Kilometer<br />

m.....................................................Meter<br />

o. g..................................................oben genannt<br />

SPSS...............................................Statistical Products and Service Solutions<br />

USA................................................die Vereinigten Staaten <strong>von</strong> Amerika<br />

u. a..................................................unter anderem<br />

v. a..................................................vor allem<br />

vgl...................................................vergleiche<br />

z. B. ................................................zum Beispiel<br />

zit....................................................zitiert


Einleitung 1<br />

1. Einleitung<br />

Frances, Ivan und Jeanne sind momentan für Millionen Menschen, die auf den<br />

Antillen bzw. im Süden der USA leben, der Inbegriff eines nicht enden wollenden<br />

Wetter-Krimis. Einen Tennis-Krimi erlebten dagegen Rainer Schüttler und Nicolas<br />

Kiefer, als die beiden vor einigen Wochen im Herrendoppel in Athen um<br />

Olympiagold kämpften. Die Diskussionen um die Arbeitsmarktreform Hartz IV<br />

hingegen beschert den deutschen Bundestagsabgeordneten einen fortwährenden<br />

Polit-Krimi. „Das Wort Krimi ist mittlerweile zum Synonym für jedes beliebige<br />

spannende Geschehen verkommen.“ 1 Krimis verfolgen die Menschheit heute so<br />

hartnäckig wie nie zuvor. Wer nach einem langen Arbeitstag noch ‚action’<br />

benötigt, bedient sich an dem reichhaltigen TV-Abendprogramm. Der Konsument<br />

kann z. B. zwischen heißen Verfolgungsfahrten in James Bond Manier bei Cobra<br />

11, dem Bullen <strong>von</strong> Tölz und der traditionellen Tatort-arbeit der <strong>Kommissar</strong>e Max<br />

Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) wählen. 2<br />

Wer benötigt angesichts dieser Vielfältigkeit des TV-Krimi-Programms noch<br />

Werke der Kriminalliteratur, um Spannung und Nervenkitzel zu erleben? Es ist<br />

kein <strong>Geheimnis</strong>, <strong>das</strong>s sich die Literatur derzeit nicht gerade großer Leserscharen<br />

erfreut. Umso verwunderlicher ist daher der große Erfolg einer<br />

Kriminalromanserie aus dem hohen Norden - der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie des<br />

Autors <strong>Henning</strong> Mankell. Der Schwede gehört zu den erfolgreichsten Autoren<br />

seines Landes des letzten Jahrzehnts und ist nach Abba, Volvo und IKEA zu<br />

einem weiteren Exportschlager dieses nordischen Volkes geworden. Seine<br />

Kriminalromanserie wurde bislang in 35 Sprachen übersetzt und verkaufte sich<br />

allein im deutschsprachigen Raum etwa 10 Millionen Mal. Nach seinem<br />

Heimatland Schweden scheint <strong>Henning</strong> Mankell besonders in Deutschland die<br />

Krimileser in seinen Bann zu ziehen. 3<br />

1<br />

Klaus-Peter Walter. Lexikon der Kriminalliteratur. Vorwort. Meitingen: Corian Verlag Heinrich<br />

Wimmer (1993), S. 1.<br />

2<br />

vgl. Klaus-Peter Walter. Lexikon der Kriminalliteratur. Vorwort, S. 1.<br />

3<br />

vgl. Nina Schindler. Das Mordsbuch. Alles über Krimis. Hildesheim: Claasen Verlag (1997),<br />

S. 24; Walter Wüllenweber. <strong>Wallander</strong>s Welt (2001). In: http://www.stern.de/unterhaltung/<br />

buecher/ index.html?id=71356; Jochen Reinert. <strong>Wallander</strong> Pilger erobern Ystads Gassen (2004).<br />

In: http://www.wallander-web.de; ZDF.de. <strong>Henning</strong> Mankell (2003). In: http://www.zdf.de; Petra<br />

Ludwig. <strong>Henning</strong> Mankell (2000). In: http://www.buecher4um.de.


Einleitung 2<br />

Bereits im Vorfeld der Diplomthemenvergabe war ich - und bin es heute mehr als<br />

je zuvor - ein begeisterter Leser der Kriminalgeschichten aus Ystad. Wie viele<br />

andere Gleichgesinnte habe ich Mankells Bücher regelrecht verschlungen. Mit<br />

dieser Diplomarbeit bekam ich schließlich die Möglichkeit, mich in einer<br />

Intensität mit den Ursachen dieses Erfolges auseinanderzusetzen, wie es im<br />

Berufsalltag kaum zu realisieren gewesen wäre.<br />

Da Sekundärliteratur zu diesem spezifischen Thema nur sehr begrenzt vorhanden<br />

ist, wurde es im Rahmen der Literaturrecherche notwendig, in vielen Bereichen<br />

auf <strong>das</strong> WorldWideWeb zurückzugreifen. In Anbetracht dessen, <strong>das</strong>s unter<br />

etlichen hilfreichen Quellen auch immer wieder nicht gesicherte Informationen<br />

zur Verfügung standen, wurden zusätzlich 217 Leser der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-<br />

Romane, darunter 45 PolizeibeamtInnen, sowohl schriftlich als auch online zu<br />

diesem Themenkomplex befragt. Die Auswertung der Fragebögen erfolgte unter<br />

zu Hilfenahme des Software Programms SPSS, <strong>das</strong> sowohl die Datenverwaltung<br />

als auch eine entsprechende Datenanalyse ermöglichte. Eine viertägige<br />

Schwedenreise sollte es mir überdies gestatten, eigene Eindrücke <strong>von</strong> Schonen<br />

und den literarischen Handlungsorten zu gewinnen und bislang unbeantwortete<br />

Fragen in einem Interview Frau Ewa-Gun Westford, einer Polizeibeamtin aus<br />

Ystad, zu stellen.<br />

Nach einer kurzen biographischen Vorstellung des Autors und seiner bislang<br />

erfolgreichsten Romanserie, ist es Ziel dieser Diplomarbeit, einige der<br />

potentiellen Erfolgsfaktoren, die <strong>von</strong> dem allgemein erfolgreichen Krimigenre bis<br />

zu dem Bereich des Marketing reichen, genauer zu beleuchten, um so eine<br />

Antwort auf die Frage: „<strong>Kommissar</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>: Worin <strong>liegt</strong> <strong>das</strong> <strong>Geheimnis</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Henning</strong> Mankells literarischem Erfolg?“ zu finden.


<strong>Henning</strong> Mankell 3<br />

2. <strong>Henning</strong> Mankell<br />

2.1 Portrait des Mannes,<br />

der <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> schuf<br />

<strong>Henning</strong> Mankell wird am 3. Februar 1948 als Sohn eines<br />

Richters in Sveg, einem Dorf in der Provinz Härjedalen/<br />

Nordschweden geboren, wo er bei seinem Vater<br />

aufwächst. In dieser kalten und oft einsamen Gegend entdeckt er schon im<br />

Kindesalter seine Liebe zu Afrika - „Baumstämme auf dem Fluss Ljusnan sind für<br />

ihn Krokodile“ 4 . Im Alter <strong>von</strong> 17 Jahren ist er als Regie-Assistent am Riks<br />

Theater in Stockholm tätig und arbeitet bereits 3 Jahre später als Autor und<br />

Theaterregisseur in der Hauptstadt Schwedens. Seine ersten „Veröffentlichungen<br />

und Regieprojekte spiegeln die Mentalität der 68er Jahre wider“ 5 . 1972 bereist<br />

<strong>Henning</strong> Mankell zum ersten Mal den afrikanischen Kontinent und lebt die<br />

nächsten zwei Jahre in Sambia; hier fühlt er sich zu Hause.<br />

In den Folgejahren entstehen Mankells erste Prosawerke, die bereits<br />

gesellschaftskritische Themen wie den herrschenden Klassenkampf oder den<br />

Imperialismus behandeln, sowie sein erster Roman Das Gefangenenlager, <strong>das</strong><br />

verschwand (1979). <strong>Henning</strong> Mankell arbeitet fortan für verschiedene<br />

Theaterhäuser wie z. B. <strong>das</strong> Theater <strong>von</strong> Västerbottens in Skellefteå als Intendant,<br />

Autor und Regisseur, bis der Schwede 1986 einer Einladung nach Maputo/<br />

Moçambique folgt, um dort beim Aufbau der ersten und bis heute einzigen<br />

professionellen Theatergruppe Moçambiques mitzuwirken. Bereits im folgenden<br />

Jahr wird Mankell künstlerischer Leiter des 70 Darsteller umfassenden Teatro<br />

Avenida in Maputo. Seither lebt der Autor mehr als die Hälfte des Jahres in der<br />

Hauptstadt Moçambiques, wo <strong>das</strong> Leben, wie er selbst sagt, „ ,zehnmal härter ist´<br />

als in Europa“ 6 . Die Sommermonate verbringt der Wahl-Afrikaner gemeinsam mit<br />

4<br />

Christian Wymann. <strong>Henning</strong> Mankell (2001). In: http://www.wallander.ch/seiten/<br />

m_lebenslauf.html.<br />

5<br />

Literaturportal Schwedenkrimi. Die Biographie des Autoren <strong>Henning</strong> Mankell (2003). In:<br />

http://www.schwedenkrimi.de/mankell_biographie.htm.<br />

6<br />

<strong>Henning</strong> Mankell zit. in: Daniel Imort. Biographie (o. J.). In: http://www.wallander-web.de.


<strong>Henning</strong> Mankell 4<br />

seiner Ehefrau Eva Bergmann, die ihrerseits ein Theater in Göteborg leitet, und<br />

seinen vier Kindern meist in deren Stuga in Trunnerup, 13km nordwestlich <strong>von</strong><br />

Ystad. 7<br />

In den Jahren 1990-1999 entstehen schließlich die neun Romane um die Figur des<br />

<strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>. Diese Art „mit einem Fuß im afrikanischen Sand und dem<br />

anderen im schwedischen Schnee zu leben“ 8 , eröffnet Mankell nach seinen<br />

eigenen Angaben die Möglichkeit, „die europäische Sichtweise infrage zu<br />

stellen“ 9 und letztendlich durch seine Aufenthalte in Afrika zu einem besseren<br />

Europäer zu werden. Mankell, der sich selbst aufgrund deutscher und<br />

französischer Vorfahren als ein Einwanderer in Schweden sieht, hat keineswegs<br />

nur Kriminalromane geschrieben. Sozial engagierte Kinder- und Jugendbücher<br />

sowie etliche Theaterstücke vermitteln ebenso einen Eindruck der Vielfältigkeit<br />

des Schreibens Mankells wie seine Afrika-Romane und eigens geschriebene<br />

Drehbücher. Vor drei Jahren gründete der Schwede schließlich gemeinsam mit<br />

seinem Verleger und Freund Dan Israel den Verlag Leopard förlag, mit dem er<br />

schwedische und afrikanische Schriftsteller in ihrer Arbeit unterstützen möchte.<br />

Bis heute ist <strong>Henning</strong> Mankell, der sich selbst als moralischen aber keineswegs<br />

melancholischen Menschen sieht, Prinzipal des Teatro Avenida, mit dessen<br />

Truppe er Festivals in der ganzen Welt besucht. Unter den Darstellern befinden<br />

sich engste Freunde des Autors und auch heute noch empfindet Mankell seine<br />

Aufgabe in Afrika als eine Herausforderung - eine Arbeit, die ihm ebensoviel<br />

bedeutet wie <strong>das</strong> Schreiben. Neben seinem Engagement für die Hilfsorganisation<br />

„Ärzte ohne Grenzen“ und dem Kampf gegen AIDS und Landminen in Afrika,<br />

wird die Solidarität des Schweden mit der Dritten Welt auch durch dessen<br />

persönliche finanzielle Unterstützung des Teatro Avenida deutlich, an <strong>das</strong><br />

sämtliche Gelder des Verkaufs der Filmrechte an den <strong>Wallander</strong>-Verfilmungen<br />

7<br />

vgl. Daniel Imort. Biographie (o. J.); ZDF.de. <strong>Henning</strong> Mankell (2003); Literaturportal<br />

Schwedenkrimi. Die Biographie des Autoren <strong>Henning</strong> Mankell (2003), Interview mit dem Autoren<br />

<strong>Henning</strong> Mankell (2000). In: http://www.schwedenkrimi.de/ mankell_interview_neu.htm.<br />

8<br />

Eva Zießler. Lieder des Schmerzes (2000). In: http://www.welt.de/daten/2000/07/15/0715lw179<br />

681.htx?print=1.<br />

9<br />

Eva Zießler. Lieder des Schmerzes (2000).


<strong>Henning</strong> Mankell 5<br />

fließen. 10 <strong>Henning</strong> Mankell gelingt der schwierige Balanceakt „zwischen<br />

Mocambique [!] und Schweden, zwischen seinem eigenen Reichtum und seinem<br />

Engagement für die Armen, zwischen den Kriminalromanen des Massenmarktes<br />

und feinkulturellen Theaterinszenierungen.“ 11<br />

2.2 Auszeichnungen<br />

<strong>Henning</strong> Mankell gehört heute zu den meistgelesenen und bekanntesten Krimi-<br />

Autoren weltweit. Mit seinen Büchern verzaubert er nicht nur die Leser, sondern<br />

darüber hinaus auch zahlreiche Jurys verschiedenster Vereinigungen und<br />

Organisationen. Anhand einiger ausgewählter Preise mit den<br />

Länderschwerpunkten Deutschland und Skandinavien soll ein erster Überblick<br />

über die Erfolge des schwedischen Bestseller-Autors zu Beginn dieser Arbeit<br />

gegeben werden - ein Abriss, der keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit<br />

erfüllen kann und möchte.<br />

Bereits 1991, im Jahr seiner Erstveröffentlichung, erhielt Mankell den Preis Der<br />

gläserne Schlüssel der Skandinavischen Gesellschaft für Kriminalliteratur für<br />

seinen ersten <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Roman Mörder ohne Gesicht. Noch im selben Jahr<br />

wurde Mankells Debütroman <strong>von</strong> der Schwedischen Akademie für<br />

Kriminalliteratur als bester schwedischer Kriminalroman ausgezeichnet. Auch<br />

sein zweiter Roman Hunde <strong>von</strong> Riga wurde bereits ein Jahr später <strong>von</strong> der<br />

Schwedischen Akademie für Kriminalliteratur gekürt. Preise folgten nunmehr im<br />

Jahrestakt. Mankells erstes Kinderbuch der Reihe Joels Abenteuer in<br />

Nordschweden wurde gleich zweifach ausgezeichnet: Für Der Hund, der<br />

unterwegs zu einem Stern war erhielt Mankell im Jahre 1993 den Deutschen<br />

Jugendbuchpreis und drei Jahre später den Astrid-Lindgren-Preis. Während<br />

Mankell bislang im deutschsprachigen Raum vor allem<br />

10<br />

vgl. Literaturportal Schwedenkrimi. Die Biographie des Autoren <strong>Henning</strong> Mankell. Interview<br />

mit dem Autoren <strong>Henning</strong> Mankell (2000, 2001); Eva Zießler. Lieder des Schmerzes; Daniel Imort.<br />

Butterfly Blues- Interview (2002), Werke (o. J.). In: http://www.wallander-web.de; Ystads<br />

Kommun. Auf den Spuren <strong>von</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>. Schweden: o. V. (2002).<br />

11<br />

Daniel Imort. Ein rücksichloser Mann, der zu selten getanzt hat (2002). In:<br />

http://www.wallander-web.de.


<strong>Henning</strong> Mankell 6<br />

als Schöpfer <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>s bekannt wurde, rückten nunmehr auch hierzulande<br />

seine in Schweden längst bekannten Kinder- und Jugendbücher in <strong>das</strong> Interesse<br />

der Öffentlichkeit.<br />

Nach den ersten beiden <strong>Wallander</strong> Romanen wurde 1995 auch der fünfte Band<br />

dieser Serie Die falsche Fährte <strong>von</strong> der Schwedischen Akademie für<br />

Kriminalliteratur preisgekrönt. Mankells erster Afrika-Roman Der Chronist der<br />

Winde wurde in den Jahren 1995 und 1996 zunächst für den August-Preis sowie<br />

für den Preis des Nordischen Rates nominiert und schließlich durch den<br />

schwedischen Radiosender P1 ausgezeichnet. Der Schwede, der nicht nur als<br />

Krimi-Autor gesehen werden möchte, konnte spätestens mit diesem Preis seine<br />

Vielfältigkeit des Schreibens unter Beweis stellen. Für <strong>das</strong> erste Werk seiner<br />

Jugendbuchserie Sofias Leben in Moçambique wurde der Schwede mit dem<br />

Kinderbuchpreis Lesereise um die Welt im Jahre 1997 geehrt und zwei Jahre<br />

später mit dem katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis belohnt. Die fünfte<br />

Frau, einer der erfolgreichsten <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane, wurde 1998 vom<br />

deutschen Buchhandel zum Buch des Jahres 1998 gewählt; der ebenso<br />

erfolgreiche Roman Mittsommermord bekam neben dem internationalen<br />

Buchpreis Corine auch den Deutschen Krimi-Preis in der Kategorie International<br />

2001 verliehen. Ein Höhepunkt unter den genannten Auszeichnungen stellt<br />

sicherlich die Wahl Mankells zum Autor des Jahres 2002 dar.<br />

Im Juni dieses Jahres bekam der Autor schließlich in Tutzing den Toleranzpreis<br />

durch die dortige Evangelische Akademie verliehen, die damit Mankells Einsatz<br />

für die Völkerverständigung würdigte. Angesichts dieser enormen Popularität<br />

sieht sich <strong>Henning</strong> Mankell persönlich in einem Widerspruch: „Einerseits<br />

schreibe ich, um Menschen zu erreichen; andererseits muss ich sehr aufpassen,<br />

<strong>das</strong>s die Medien meine Person nicht interessanter machen als meine Bücher.“ 12<br />

Mankells Sorgen sind zumindest in Bezug auf dessen berühmteste Romane, seine<br />

12 Literaturportal Schwedenkrimi. Interview mit dem Autoren <strong>Henning</strong> Mankell (2000).


<strong>Henning</strong> Mankell 7<br />

Kriminalgeschichten aus Ystad, unbegründet, denn für viele seiner Fans ist <strong>Kurt</strong><br />

<strong>Wallander</strong> «wirklicher» als der Autor selbst. 13<br />

2.3 Die <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane<br />

„Ich hatte nie vor, jemals in meinem Leben über Verbrechen oder<br />

Krimis zu schreiben. Ich glaube auch noch immer nicht, <strong>das</strong>s ich <strong>das</strong><br />

tue. Was ich mache ist eigentlich etwas sehr Altes, ich sehe auf die<br />

Gesellschaft durch den Spiegel des Verbrechens.“ 14<br />

Als <strong>Henning</strong> Mankell im Jahre 1989 nach einem Afrikaaufenthalt nach Schweden<br />

zurückkehrte, wurde er mit einer noch nie da gewesenen Brutalität des<br />

Verbrechens konfrontiert. Zunächst unbekannte Täter hatten ein Bauernehepaar<br />

aus Knickarp, einem Dorf norddwestlich <strong>von</strong> Ystad, auf eine äußerst brutale<br />

Weise überfallen und schwer misshandelt. Angesichts dieses Verbrechens und den<br />

fremdenfeindlichen Übergriffen, die sich im Anschluss an diese Tat in Schonen<br />

häuften, beschloss Mankell eine Geschichte über Rassismus zu schreiben. Da<br />

Rassismus in seinen Augen eine kriminelle Haltung darstellt, entschloss er sich,<br />

einen Kriminalroman zu schreiben. Im Mai 1990 entstand schließlich die Figur<br />

des <strong>Kommissar</strong>s <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>; sein erster Kriminalfall Mörder ohne Gesicht<br />

wurde 1991 veröffentlicht. Mankell gelang es in diesem Roman, die damalige<br />

fremdenfeindliche Stimmung der Menschen <strong>von</strong> Skåne aufzufangen und durch<br />

<strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> zu vermitteln. Angesichts des unerwarteten Erfolges erkannte<br />

Mankell, <strong>das</strong>s er mit <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> eine Möglichkeit geschaffen hatte, mit der er<br />

seinem Volk den bedenklichen Wandel in der schwedischen Gesellschaft bewusst<br />

machen konnte, und er entschloss sich, weitere Romane um die neu entstandene<br />

Figur des Kriminalbeamten aus Ystad zu schreiben. Was ursprünglich als<br />

Einzelerzählung geplant war, wuchs in der Zwischenzeit zu einer neun Bände<br />

13<br />

vgl. Daniel Imort. Auszeichnungen (2003), News (2004). In: http://www.wallander-web.de;<br />

Manuela Bruckner. Skandinavische Kriminalliteratur am Beispiel <strong>Henning</strong> Mankell. Facharbeit<br />

Deutsch Wien, Höhere Bildende Schule für Tourismus (2002), S. 9; Ystads Kommun. Auf den<br />

Spuren <strong>von</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> (2002), S. 6; Literaturportal Schwedenkrimi. Interview mit dem<br />

Autoren <strong>Henning</strong> Mankell (2001).<br />

14<br />

<strong>Henning</strong> Mankell zit. in: Manuela Bruckner. Skandinavische Kriminalliteratur am Beispiel<br />

<strong>Henning</strong> Mankell, S. 7.


<strong>Henning</strong> Mankell 8<br />

umfassenden Serie an. Die Einflüsse Afrikas auf Mankells Kriminalgeschichten<br />

aus Ystad weiß der Autor in einem Interview mit der Zeitung Die Welt zu<br />

bestätigen. 15<br />

Während Mankell der große Durchbruch in Schweden bereits 1991 mit Mörder<br />

ohne Gesicht gelang, ließ der Erfolg in Deutschland bis zum fünften Roman der<br />

<strong>Wallander</strong>-Serie auf sich warten. Nach einem völligen Fehlstart der drei ersten<br />

<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane beim Berliner Edition Q Verlag, setzten später sowohl<br />

der Paul Zsolnay Verlag als auch der Deutsche Taschenbuch Verlag mit großem<br />

Erfolg auf Mankells Kriminalromanserie. Die fünfte Frau war 1998 <strong>das</strong> erste<br />

Buch, <strong>das</strong> im Zsolnay Verlag veröffentlicht wurde und mit dem sich letztendlich<br />

auch der Erfolg in Deutschland einstellte. Die somit nicht chronologische<br />

Erscheinungsfolge der <strong>Wallander</strong>-Bücher in Deutschland sorgte lange Zeit für<br />

Rätselraten und Verwirrung unter der deutschen Fangemeinde. 16<br />

Bei dem zuletzt erschienenen Band der <strong>Wallander</strong> Serie <strong>Wallander</strong>s erster Fall<br />

handelt es sich um eine Sammlung <strong>von</strong> fünf Kurzgeschichten, die <strong>Wallander</strong>s<br />

Leben vor dem frühen Morgen des 08. Januar 1990 erzählen, dem zeitlichen Start<br />

<strong>von</strong> Mörder ohne Gesicht. Mit <strong>Wallander</strong>s erster Fall, Der Mann mit der Maske,<br />

Der Mann am Strand, Der Tod des Fotografen sowie Die Pyramide<br />

veröffentlichte Mankell eine Sammlung <strong>von</strong> Erzählungen, die parallel zu den<br />

anderen acht Romanen entstanden waren. Nach der Fertigstellung des fünften<br />

Romans stellte der Autor fest, <strong>das</strong>s er aus Gründen eigener Neugier und der<br />

Stimmigkeit seines Hauptprotagonisten in Folgeromanen damit begonnen hatte,<br />

<strong>das</strong> Leben des jungen <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> gedanklich aufzuarbeiten.<br />

15 vgl. Rainer Traub. Der Spiegel des Verbrechens. In: Augstein, Rudolf (Hg.): Spiegel 26.<br />

Hamburg: Spiegel Verlag Rudolf Augstein, (1999). S. 180; Literaturportal Schwedenkrimi.de.<br />

Autorengedanken (o. J.). In: http://www.schwedenkrimi.de; Interview mit Ewa-Gun Westford<br />

Anhang A, Abb.12; Ystads Kommun. Auf den Spuren <strong>von</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, S. 6; Eva Zießler.<br />

Lieder des Schmerzes (2000).<br />

16 vgl. Ystads Kommun, S. 6; Bianca Reineke. Der Ritter <strong>von</strong> der traurigen Gestalt (2000). In:<br />

http://www.hainholz.de/wortlaut/mankell.htm; ZDF.de. <strong>Henning</strong> Mankell; Tanja Rischer. <strong>Henning</strong><br />

Mankell (1999). In: http://www.buecher4um.de/AutorHM.htm.


<strong>Henning</strong> Mankell 9<br />

Als Ausrufezeichen hinter dem Punkt, den der Autor bereits mit Die Brandmauer<br />

gesetzt hatte, wurden die Kurzgeschichten schließlich im Jahre 2002 in<br />

Deutschland als Prolog - im Gewand eines Epilogs - erstveröffentlicht. 17<br />

Seinen Ruf als Kriminalschriftsteller festigte Mankell vorwiegend durch drei<br />

seiner Kriminalromane aus Ystad. Die fünfte Frau gilt dabei als sein bislang<br />

erfolgreichster Roman. Während dieser bei einer Umfrage der deutschen<br />

<strong>Wallander</strong>-Fanseite http://www.wallander-web.de vom April/Mai 2001 <strong>von</strong> 18%<br />

der Umfrageteilnehmer als deren persönlicher Favorit gesehen wurde und damit<br />

Rang drei belegte, landete der fünfte Roman bei der dieser Arbeit zu Grunde<br />

liegenden Fragebogenaktion auf Rang zwei der beliebtesten Romane. Die beiden<br />

im Anschluss an Die fünfte Frau in Deutschland veröffentlichten Romane Die<br />

falsche Fährte und Mittsommermord konnten diesen Erfolg nutzen und belegen<br />

darüber hinaus bei den beiden vorliegenden Meinungsumfragen die vordersten<br />

Ränge unter allen <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen. 18 Im Folgenden wird daher ein<br />

spezielles Augenmerk auf diese drei Romane gelegt, wenn es auf den nächsten<br />

Seiten gilt, <strong>das</strong> Erfolgsgeheimnis der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane zu erforschen.<br />

Die Liste des unbeliebtesten <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romans führt, wenn auch nur knapp,<br />

Mankells zweiter Roman Hunde <strong>von</strong> Riga an. Das Ergebnis dieser Frage fiel<br />

längst nicht so eindeutig aus, wie die Frage nach dem beliebtesten Roman.<br />

Mankells drei erfolgreichste Romane belegen jedoch bei dieser Frage die drei<br />

hintersten Plätze, was sie wiederum in ihrer Eigenschaft als Lieblingsromane der<br />

Leser bestätigt. Im Gegensatz zu seinen Lesern hat jedoch Mankell selbst keine<br />

Favoriten. Insgesamt wurden die <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong> Romane weltweit über 33<br />

Millionen Mal verkauft; einige <strong>von</strong> ihnen bereits verfilmt. Worin liegen die<br />

Gründe für diesen grandiosen Erfolg? 19<br />

17 vgl. Börsenverein des deutschen Buchhandels. Börsenblatt Extra Krimi 47. »Ein Mensch wie du<br />

und ich«. Frankfurt: Buchhändler-Vereinigung GmbH, (2002), S. 36; Mankell. <strong>Wallander</strong>s erster<br />

Fall, Prolog.<br />

18 vgl. Alexandra Krieg. Auf Spurensuche. Marburg: Tectum Verlag (2002), S. 75f; siehe Anhang<br />

A, Abb. 3 u. Anhang B, Anlage 2 Frage 6a).<br />

19 vgl. Wissen.de. Interview mit <strong>Henning</strong> Mankell: „Wir leben in einer schrecklichen Welt“ (o. J.).<br />

In: http://www.wissen.de/xt/default.do? MENUNAME=InfoContainerPrintArticle&<br />

MENUID=40%2C156%2C538% 2C547%OCCURENCEID=SL0013379222SL<br />

0019672573.5000065.full; siehe Anhang B, Anlage 2 Frage 6b).


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 10<br />

3. Das 20. Jahrhundert -<br />

Das Jahrhundert der Kriminalliteratur<br />

3.1 Ein Genre, so vielfältig wie der Rest der Literatur<br />

Man zeige mir einen Mann oder eine Frau, die<br />

Kriminalromane nicht ausstehen können, dann will ich<br />

Ihnen einen Narren zeigen; einen klugen Narren<br />

vielleicht - aber nichtsdestoweniger einen Narren.<br />

Raymond Chandler 20<br />

Bereits im Vorfeld dieses Unterkapitels wurde selbstverständlich vom Begriff der<br />

Kriminalliteratur und des Kriminalromans Gebrauch gemacht, ohne näher auf<br />

dessen Bedeutung einzugehen. Was ist eigentlich Kriminalliteratur? Wo innerhalb<br />

dieser Gattung sind Mankells <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane anzusiedeln und worin<br />

liegen die Ursachen für den Erfolg des gesamten Genres der Kriminalliteratur?<br />

Der Begriff Kriminalliteratur ist in aller Munde - und dennoch kaum fassbar.<br />

Selten sah man sich über scheinbar einfache Begriffsdefinitionen und Grenzen so<br />

widersprüchlich streiten. Das Problem <strong>liegt</strong> wohl im Wesen der Kunst. Ist es denn<br />

legitim, im Falle der Kriminalliteratur überhaupt <strong>von</strong> literarischer Kunst zu<br />

sprechen?<br />

Nach Peter Nusser ist die Kriminalliteratur (Kriminalroman, -erzählung) als<br />

Oberbegriff des gesamten Genres zu verstehen. Im Gegensatz zu Vogt grenzt er<br />

die Gesamtheit der Kriminalliteratur deutlich <strong>von</strong> der Verbrechensliteratur ab, was<br />

sich letztendlich hilfreich für den Laien erweist. Im Unterschied zur<br />

Verbrechensliteratur beschäftigt sich die Kriminalliteratur neben dem eigentlichen<br />

Verbrechen mit den sich ihm anschließenden „Anstrengungen, die zur<br />

Aufdeckung des Verbrechens und zur Überführung und Bestrafung des Täters<br />

notwendig sind“ 21 . Die Wahl des ermittelnden Charakters, dessen Taktik und die<br />

angewandte Erzähltechnik führen zu weiteren Subgenres. Die zwei klassischen<br />

20<br />

Raymond Chandler zit. in: Jochen Vogt. Der Kriminalroman. Poetik · Theorie · Geschichte.<br />

München: Wilhelm Fink Verlag (1998), S. 7.<br />

21<br />

Peter Nusser. Der Kriminalroman. 3., akt. u. erw. Aufl.. Stuttgart: J. B. Metzler Verlag (2003),<br />

S. 1.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 11<br />

unter ihnen sind zum Einen der Detektivroman/ -erzählung und zum Anderen der<br />

Thriller bzw. die kriminalistische Abenteuererzählung. Beide Untergliederungen<br />

stellen - wie auch bereits die beiden Oberbegriffe - idealtypische Stränge dar, in<br />

deren Mitte es zahlreiche Mischformen gibt. Aus dem ursprünglichen klassischen<br />

Detektivroman Poes (1809 - 1845), entwickelten sich unzählig viele verschiedene<br />

Krimiformen, wie z. B. der Polizeiroman, der historische Kriminalroman, der<br />

Regionalkrimi, der Psychokrimi oder der Soziokrimi. Jede Form in sich beinhaltet<br />

wiederum unterschiedliche Akzentuierungen, die eine generelle Zuordnung zu<br />

einem der bereits erläuterten Subgenres unmöglich machen. In ihrer 163-jährigen<br />

Geschichte ist die Kriminalliteratur zu einem Genre angewachsen, <strong>das</strong> so<br />

vielfältig ist wie der Rest der Literatur. Vogt vergleicht sie daher treffenderweise<br />

mit einem „hohen, unendlich fein verzweigten und verästelten Baum“ 22 . Längst ist<br />

die Vormachtstellung britischer und amerikanischer Krimis der 20er/30er Jahre<br />

des letzten Jahrhunderts gebrochen; mehr und mehr Länder machen mit ihren<br />

national typischen Krimis auf dem internationalen Buchmarkt auf sich<br />

aufmerksam. Das Genre der Kriminalliteratur gilt als <strong>das</strong> literarische Genre der<br />

Gegenwart, <strong>das</strong> am weitesten verbreitet ist. Im Rahmen dieser Arbeit ist es daher<br />

unmöglich, auf alle Ausprägungen dieses Genres einzugehen. Die im Anhang ,A’<br />

befindliche Übersicht kann deshalb keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit<br />

erfüllen, sondern soll zu diesem Zeitpunkt einen ersten Überblick über dieses<br />

Genre geben. 23<br />

Sowohl Zsolnay als auch der dtv-Verlag veröffentlichen <strong>Henning</strong> Mankells <strong>Kurt</strong>-<br />

<strong>Wallander</strong>-Romane unter dem Label des Romans, obgleich die Mehrzahl der<br />

Theoretiker die Bücher dem Subgenre des Thrillers zurechnet. In Erinnerung an<br />

den letzten Actionthriller im Kino wird so mancher Leser bezüglich der letzten<br />

Zuordnung stutzig, erscheint ihm doch diese vorgenommene Einteilung auf den<br />

ersten Blick vollkommen unpassend. Das Wörterbuch des Langenscheidt<br />

22 Jochen Vogt. Der Kriminalroman. (1998), S. 7.<br />

23 vgl. Peter Nusser. Der Kriminalroman. (2003), S. 1-7; Vogt, S. 7; Nina Schindler. Das<br />

Mordsbuch. (1997), S. 21-24; FAZ.NET. Horst Eckert: „Es reicht nicht, einfach einen Mord<br />

aufzutischen“ (2001). In: http://www.faz.net/ s/Rub76B8D5378E0E4970B36637AC8DAA545F/<br />

Doc~E9FB4007688BA4160B93726D10AB2 DB89~ATpl~Econom~Scontent.html; siehe Anhang<br />

A, Abb. 6.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 12<br />

Verlages gibt jedoch Frau Krieg in ihrem Buch Die Spurensuche Recht, die (to)<br />

thrill im formalen Wortsinn dem dt. ,Krimi’ gleichstellt. Tatsächlich ist der<br />

Thriller in seiner literarischen Bedeutung dem Genre der Kriminalliteratur<br />

zuzuordnen, wie in Abbildung 6 des Anhangs ,A’ ersichtlich wird. 24<br />

Wie im Folgenden zu sehen sein wird, lassen sich bereits auf den ersten Blick in<br />

<strong>Henning</strong> Mankells <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie viele Merkmale des Thrillers wieder<br />

erkennen. Obgleich der Schwede, wie dies typisch für <strong>das</strong> gesamte Genre ist,<br />

jenseits des Grundschemas des Thrillers zahlreiche Merkmale variiert und so<br />

zeitweise <strong>von</strong> der idealen Linie dieser Literaturform abweicht, sind seine Bücher<br />

aus formal literarischer Sicht als Vertreter des Thrillers und damit der<br />

Kriminalliteratur anzusehen.<br />

Ungeachtet seiner zahlreichen Modifikationen ist der Thriller in seiner<br />

Handlungsstruktur einem Dreierschritt unterworfen, der aus den Schritten<br />

Verbrechen-Fahndung-Überwältigung besteht. Obgleich <strong>das</strong> Verbrechen im<br />

Bereich des Thrillers nicht festgelegt ist, bedient sich Mankell in jedem seiner<br />

<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane des Mordes bzw. Serienmordes und folgt damit dem<br />

aktuell feststellbaren Trend. Kennzeichnend für den Thriller wird auch hier der<br />

Leser nicht vor den vollendeten Mord gestellt, sondern wird wie z. B. in Die<br />

falsche Fährte Zeuge des Mordes an Åke Liljegren. Das Verbrechen wird zum<br />

Ereignis, <strong>das</strong> es zu bekämpfen gilt. Die Fahndung nach dem Täter spiegelt sich im<br />

Thriller durch die Elemente der Verfolgung, Flucht, Gefangennahme und<br />

Befreiung wider. Gerade die sich gegenseitig bedingenden drei letzten Elemente<br />

zeugen <strong>von</strong> der Jagd nach dem Täter, in deren Verlauf es durchaus zu einer<br />

Verlagerung der Machtverhältnisse kommen kann und der Jäger schließlich zum<br />

Gejagten wird. So gerät <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> beim Öffnen seiner Wohnungstür in die<br />

Schusslinie <strong>von</strong> Åke Larstam, flüchtet, um kurz darauf wieder die Verfolgung des<br />

Landbriefträgers aufzunehmen (Mittsommermord). In dieser den Thriller<br />

kennzeichnenden Handlungsstruktur, die letztendlich mit der Überwältigung des<br />

Täters endet, wird deutlich, <strong>das</strong>s die >actionanalysis


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 13<br />

>Action< im Sinne <strong>von</strong> Aktion/ Handlung vermisst der Leser auch in Mankells<br />

Krimis nicht. Jedes Agieren und Reagieren seiner Figuren spielt sich jedoch wie<br />

bereits angedeutet im Rahmen des menschlich Möglichen ab.<br />

Während im Thriller gewöhnlich mehrere Kriminelle ihr Unwesen treiben, begeht<br />

in Mankells drei erfolgreichsten <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen jeweils nur ein<br />

einzelner Täter die Morde. Jedoch haben die meisten dieser Opfer selbst eine<br />

kriminelle Karriere hinter sich und können somit zur Gruppe der Straftäter<br />

gerechnet werden. Gustav Wetterstedt gehörte einem Mädchenhändlerring an (Die<br />

falsche Fährte), Holger Eriksson ermordete gar in seiner Vergangenheit eine Frau<br />

(Die fünfte Frau). Die zunächst als Zugeständnis erscheinende Variation des<br />

Thrillers erweist sich jedoch auf den zweiten Blick als Neuerung. Längst nicht<br />

alle Opfer, die die Polizei in Ystad zu beklagen hat, sind damit<br />

charakteristischerweise Angehörige der ingroup, in deren Mitte der Held des<br />

Thrillers angesiedelt wird. Die Straftäter, die neben der Gesellschaft Vertreter der<br />

outgroup sind, repräsentieren in der Reinform des Thrillers die Sündenböcke einer<br />

Gesellschaft. Mankells literarische Mörder hingegen sind keine Sündenböcke im<br />

eigentlichen Sinne. Y<strong>von</strong>ne Ander war zwar ein Sündenbock, jedoch muss man<br />

sich vor Augen halten, <strong>das</strong>s sie als Kind die Gewalt des Vaters und indirekt die<br />

Tötung der ungeborenen Schwester aushalten musste. Ebenso musste sie in<br />

späteren Jahren die Misshandlung ihrer Mutter und schließlich als erwachsene<br />

Frau in ihrem Beruf als Krankenschwester <strong>das</strong> Leiden zahlreicher misshandelter<br />

Frauen miterleben (Die fünfte Frau). Durch die intensive Herausarbeitung der<br />

Motivfrage wird dem Leser deutlich, <strong>das</strong>s Frau Ander zur gleichen Zeit Opfer ist -<br />

Opfer eines scheinbar unfähigen Justizsystems, <strong>das</strong> im Griff zur Selbstjustiz<br />

seinen einzigen Ausweg sieht. Nusser kritisiert in seinem neuesten Werk Der<br />

Kriminalroman die verstümmelte Darstellung der Ursachen eines Verbrechens im<br />

Thriller. Mankell setzt jedoch gerade an diesem Punkt an und beleuchtet die<br />

Tätermotive, wie Y<strong>von</strong>ne Anders Rachefeldzug, aus psychischer, sozialer und<br />

politischer Sicht. Nussers Kritik ist damit im Falle der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane<br />

völlig haltlos. 25<br />

25 vgl. Nusser, S. 48-64; Krieg, S. 76-82.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 14<br />

Trotz anhaltender Diskussionen über Qualität bzw. Trivialität einiger<br />

kriminalliterarischer Werke, konnte sich die Kriminalliteratur seit ihrem Bestehen<br />

als eines der beständigsten Genres der populären Literatur behaupten. Die<br />

meistgelesene Literatur der Gegenwart wird überdies als Welt-Literatur<br />

verstanden; eine Literatur, an der die ganze Welt Anteil hat. Und doch gehört <strong>das</strong><br />

Krimigenre „nach wie vor zu den meistunterschätzten des Literaturmarktes“ 26 .<br />

Die Ursachen für diesen globalen Erfolg liegen einerseits in den<br />

Entstehungsbedingungen materieller und ideeller Art sowie in den Lesern selbst.<br />

Leider gibt es bis heute kaum empirische Untersuchungen bezüglich ihrer<br />

psychologischen und soziologischen Leserdispositionen. Gerade diese Fragen<br />

werden nicht nur gerne in den Literaturforen des WorldWideWeb aufgegriffen<br />

und diskutiert; sie stehen derzeit auch im Mittelpunkt des Forschungsinteresses<br />

verschiedener Hochschulen. Veröffentlichungen diesbezüglich werden noch<br />

einige Zeit auf sich warten lassen, man darf aber gespannt sein. Bislang versuchte<br />

man die Massenwirksamkeit der Kriminalliteratur auf hermeneutischem Weg zu<br />

erforschen, auf deren Darlegung angesichts des fehlenden Beweises und<br />

zahlreicher ungesicherter Informationen im Rahmen dieser wissenschaftlichen<br />

Arbeit verzichtet wird.<br />

Die im Rahmen der Leserumfrage erhobenen Daten spiegeln folgendes Bild des<br />

‚typischen’ <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Lesers wider: 58,1% der Teilnehmer waren Männer.<br />

Der Großteil der Leser, die zwischen 15 und 65 Jahren alt waren, ist zwischen 25<br />

und 34 Jahren alt (42,6%). Ein überdurchschnittlich hoher Anteil des damit<br />

insgesamt jungen Lesepublikums <strong>Henning</strong> Mankells hat zudem einen<br />

akademischen Beruf Inne (26,8%), beziehungsweise strebt einen derartigen<br />

Berufsstand nach dem Abschluss des Studiums an (13,8%). 27<br />

Die Zukunft wird zeigen, ob die Sensationslust des Lesers, die intellektuelle<br />

Herausforderung an ihn, die Spannung und die Möglichkeit des Erlebens <strong>von</strong><br />

Abenteuern diesen Boom des kriminalistischen Literaturmarktes mitauslöste und<br />

weiterhin aufrechterhält. <strong>Henning</strong> Mankell konnte und kann sicherlich <strong>von</strong> diesem<br />

Erfolg profitieren. Jedoch reicht die Tatsache, <strong>das</strong>s es sich bei den <strong>Kurt</strong>-<br />

26 Krieg, S. 5.<br />

27 siehe Anhang B, Anlage 2 Geschlecht - Alter - Beruf.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 15<br />

<strong>Wallander</strong>-Romanen um Kriminalliteratur handelt, bei weitem nicht aus, den<br />

Erfolg seiner Werke zu erklären. 28<br />

3.2 Der Erfolg des Krimigenres in Deutschland<br />

Längst ist diese Euphorie um den Krimi auch über die deutschen Grenzen getreten<br />

und hat hierzulande einen wahrhaftigen Boom des kriminalistischen<br />

Literaturmarktes ausgelöst. Mit den Worten „Tyskland, Tyskland - Deckarland“ 29<br />

titelte der schwedische Krimispezialist Johan Wopenka bereits vor Jahren einen<br />

seiner Artikel für die skandinavische Krimi-Zeitung Jury und betonte damit den<br />

im Ausland bewunderten Erfolg des Krimigenres hierzulande. Noch nie wurden<br />

im deutschsprachigen Raum so viele Krimis veröffentlicht wie im letzten Jahr.<br />

Noch nie stammten mehr Krimis aus der Hand deutschsprachiger Autoren. 30<br />

Die Geschichte der Kriminalliteratur wird sicherlich in jedem Land anders<br />

geschrieben, doch nimmt Deutschland in dieser Hinsicht eine Sonderstellung ein.<br />

In den Zeiten des Dritten Reiches hatte es der deutsche Krimi sehr schwer. Die<br />

bestehende Regierungsform der Diktatur ließ es nicht zu, über kriminalliterarische<br />

Themen wie Mord oder Verbrechen zu schreiben, da sie gesellschaftliche<br />

Missstände aufzeigten, die es in einer Diktatur schlichtweg nicht geben durfte.<br />

Das Ende des Zweiten Weltkrieges und des damit einhergehenden Machtverlustes<br />

Hitlers stellte jedoch zunächst nicht die erhoffte Geburtsstunde des deutschen<br />

Krimis dar; noch 15 Jahre später veröffentlichten viele deutsche Autoren ihre<br />

Krimis unter (englischen) Pseudonymen. Die Kriminalliteratur war noch immer<br />

stark angelsächsisch geprägt, es gab nur einige wenige weibliche<br />

Krimischriftstellerinnen und die deutsche Krimiszene befand sich noch in ihren<br />

Kinderschuhen. Einige Subgenres waren noch nicht einmal erfunden. Erst Ende<br />

der 60er-Jahre änderte sich die Situation und deutsche Autoren schrieben fortan<br />

unter deren eigenem Namen. Neben den ersten Soziokrimis erschien 1974<br />

SHOCK, die erste Zeitschrift für Kriminalliteratur in Deutschland; die erste<br />

28 vgl. Schindler, S. 15; Alfred Miersch. Gute Nachrichten aus dem Genre (2001). In:<br />

http://www.alligatorpapiere.de; Nusser, S. 7, 151-168; Vogt, S. 9.<br />

29 Walter. Lexikon der Kriminalliteratur. Deutschland-Krimiland (1993), S. 1.<br />

30 vgl. Schindler, S. 24; FAZ.NET. Horst Eckert: „Es reicht nicht, einfach einen Mord<br />

aufzutischen“ (2001); siehe Anhang A, Abb. 9-11; siehe dazu auch Anhang A, Abb. 7 u. 8.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 16<br />

Krimibuchhandlung Die Wendeltreppe öffnete in Frankfurt ihre Pforten. Im<br />

Ergebnis entwickelte sich die Kriminalliteratur hierzulande langsamer als in<br />

anderen Ländern. Bis zum heutigen Tag ist es dem dt. Buchmarkt jedoch<br />

gelungen, diesen Rückstand kontinuierlich zu verringern. Längst verfügt auch der<br />

deutschsprachige Raum mit Deutschland, Österreich und der Schweiz über die<br />

gleiche Bandbreite an Kriminalliteratur wie der angelsächsische. Die Anzahl<br />

deutschsprachiger Originalausgaben steigt seit einigen Jahren beständig an. Zwar<br />

sind die Glauser-Listen der Autorenvereinigung DAS SYNDIKAT nicht <strong>von</strong> der<br />

Qualität exakter Statistiken, jedoch kann der an ihnen ablesbare Trend sicherlich<br />

für eine Betrachtung der deutschen Krimiszene herangezogen werden. Im<br />

vergangenen Jahr haben sich 191 deutschsprachige Autoren mit ihren<br />

Kriminalromanen für den Friedrich-Glauser-Preis beworben - so viele wie nie<br />

zuvor. 31<br />

Vom Boom der Kriminalliteratur profitieren jedoch hierzulande vor allem<br />

ausländische Autoren, denen mit ihren übersetzten Werken der weitaus größte<br />

Teil der Neuveröffentlichungen im Bereich der Kriminalliteratur zuzurechnen ist.<br />

Deutsche Titel liegen in ihren Verkaufszahlen weiter hinter denen amerikanischer<br />

und britischer Kriminalschriftsteller zurück. Während in Skandinavien 30% der<br />

veröffentlichten Krimis eines Jahres aus der Feder einheimischer Autoren<br />

stammen, handelt es sich im deutschsprachigen Raum lediglich bei 13,9% aller<br />

Neuveröffentlichungen um Originalausgaben (Stand 2003). Nach wie vor kommt<br />

dem Genre Kriminalliteratur in anderen Ländern wie Großbritannien und<br />

Frankreich eine höhere literarische Bedeutung zu, als dies momentan in<br />

Deutschland der Fall ist. Zwar ist es dem Krimi gelungen, erfolgreich gegen <strong>das</strong><br />

Vorurteil der Schundliteratur anzukämpfen, doch mangelt es trotz zahlreicher<br />

essayistischer Auseinandersetzungen weiterhin an empirischen Untersuchungen<br />

zu diesem Genre. 32<br />

31 vgl. FAZ.NET. Horst Eckert:“ Es reicht nicht, einfach einen Mord aufzutischen“; Walter.<br />

Lexikon der Kriminalliteratur. Deutschland- Krimiland, S. 1, 3, 5; Vogt, S. 7.<br />

32 vgl. Schindler, S. 188; Bruno Franceschini; Carsten Würmann. Verbrechen als Passion. Neue<br />

Untersuchungen zum Kriminalgenre. Berlin: Weidler Verlag (2004), S. 8; Krieg, S. 5; siehe<br />

Anhang A, Abb. 10, 11.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 17<br />

Die Spiegel-Bestsellerlisten zeigen deutlich, <strong>das</strong>s die erfolgreichsten<br />

Kriminalschriftstellerinnen und Kriminalschriftsteller auf dem deutschen<br />

Buchmarkt derzeit mit Patricia Cornwell, Donna Leon und Stephen King aus den<br />

USA, aber allen voran mit Håkan Nesser, Liza Marklund und <strong>Henning</strong> Mankell<br />

aus den skandinavischen Ländern kommen.<br />

3.3 „Der Mord der aus der Kälte kam“: 33<br />

Was macht skandinavische Krimis so erfolgreich?<br />

Abgesehen vom englischsprachigen Raum und Japan gibt es auf dieser Welt keine<br />

andere Gegend, in der <strong>das</strong> Genre Kriminalliteratur so populär ist wie in<br />

Skandinavien und in Relation zur jeweiligen Bevölkerungsdichte eine größere<br />

Verbreitung genießt. Jährlich werden derzeit in den drei skandinavischen Ländern<br />

rund 300 Kriminalromane veröffentlich. Längst hat diese „Krimiwelle aus dem<br />

Norden“ 34 auch Deutschland erreicht. 120 AutorInnen aus Skandinavien sowie<br />

Finnland und Island sind derzeit mit ihren Werken auf dem deutschen Krimimarkt<br />

vertreten, „da<strong>von</strong> schätzungsweise 40 allein aus Schweden“ 35 . Die Wurzeln dieses<br />

gegenwärtigen Erfolgs reichen bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts<br />

zurück, weshalb ein kurzer Blick auf die neuere Geschichte der skandinavischen<br />

Kriminalliteratur notwendig wird, um dieses Phänomen zu erklären.<br />

Im Gegensatz zum geographischen Verständnis zählen neben Schweden,<br />

Dänemark und Norwegen auch die Werke der Länder Finnland sowie Island und<br />

der Färöer Inseln zur skandinavischen Kriminalliteratur, obgleich die drei<br />

letzteren in ihrer Entwicklung und Internationalität bislang nicht zu deren<br />

Hauptvertretern Schweden, Dänemark und Norwegen aufschließen konnten. In<br />

dem Bewusstsein, <strong>das</strong>s es sich im Falle der nordischen Kriminalliteratur<br />

keineswegs um eine homogene Literatur handelt, sondern sich diese indes schon<br />

durch sprachliche wie entwicklungstechnische Unterschiede <strong>von</strong>einander<br />

33 Alexandra Hagenguth. Der Mord der aus der Kälte kam. Was machen skandinavische Krimis so<br />

erfolgreich? (2004). In: http://www.schwedenkrimi.de.<br />

34 Alexandra Hagenguth. Der Mord der aus der Kälte kam (2004).<br />

35 Hagenguth. Der Mord der aus der Kälte kam.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 18<br />

abgrenzt, sind dennoch charakteristische Gemeinsamkeiten nicht zu verkennen,<br />

anhand derer im Folgenden der internationale Erfolg dieser Literatursparte<br />

analysiert werden soll. 36<br />

Wie ihre Kollegen in den übrigen Ländern, so mussten auch die skandinavischen<br />

Kriminalautoren lange um Aufmerksamkeit und Anerkennung ihrer Werke<br />

kämpfen. Beinahe schlagartig änderte sich diese unbefriedigende Situation in den<br />

späten 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts durch <strong>das</strong> Autorenehepaar Maj<br />

Sjöwall (*1935) und Per Wahlöö (1926-1975), die rückblickend die entscheidende<br />

Rolle in der kriminalliterarischen Entwicklung Skandinaviens und hier<br />

insbesondere Schwedens spielten; ihr Einfluss wird <strong>von</strong> einigen Kritikern sogar<br />

als zu immens beschrieben. Sjöwalls und Wahlöös Romanzyklus um den<br />

Stockholmer <strong>Kommissar</strong> Martin Beck war für Autoren, Kritiker und Leser<br />

ausschlaggebend, Kriminalliteratur fortan nicht mehr als bloße<br />

Unterhaltungsliteratur, sondern „auch als ein Mittel der Überprüfung <strong>von</strong><br />

Wirkungsweisen und Machtstrukturen der modernen Gesellschaft“ 37 zu sehen. Zu<br />

dieser Anerkennung der Kriminalliteratur trugen ohne Zweifel auch Kritiker und<br />

Experten wie Jörgen Elmström oder Åke Runnquist bei, die erste Werke der<br />

Sekundärliteratur zu diesem Genre veröffentlichten. Erste kriminalliterarische<br />

Zeitschriften wurden gegründet sowie mehrere Vereine und Organisationen ins<br />

Leben gerufen. Die wohl bedeutendste Organisation unter ihnen ist bis heute noch<br />

die Svenska Deckarakademin, die Schwedische Krimiakademie, die sich selbst<br />

der Niveauanhebung schwedischer Kriminalliteratur verschrieb.<br />

Nach der ersten Skandinavienwelle, die Deutschland mit Autoren wie<br />

Kierkegaard und Ibsen bereits um die Wende zum 20. Jahrhundert erreichte,<br />

gelang es Sjöwall und Wahlöö erstmals, den skandinavischen Krimi in<br />

Deutschland salonfähig zu machen und überdies die Gattung des Kriminalromans<br />

nach den Querelen des Dritten Reiches nunmehr auch in der Bundesrepublik <strong>von</strong><br />

den ihm anhaftenden Vorurteil der Schundliteratur zu befreien. Durch diesen<br />

Boom bekamen viele skandinavische Krimiautoren die Chance, endlich aus dem<br />

36 vgl. Schindler, S. 188; Manuela Bruckner. Skandinavische Kriminalliteratur am Beispiel<br />

<strong>Henning</strong> Mankell. (2002), S. 3, 6; Hagenguth. Der Mord der aus der Kälte kam.<br />

37 Schindler, S. 192.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 19<br />

Schatten einer bislang verachteten Literatur in ihrem eigenen Land hervorzutreten,<br />

während sich zur gleichen Zeit bereits anerkannte skandinavische Autoren diesem<br />

‚neu entdeckten’ Genre verschrieben. Bei weitem standen nicht alle Autoren unter<br />

dem direkten Einfluss <strong>von</strong> Sjöwall/Wahlöö. Die Entwicklung neuer<br />

Plotstrukturen, die Kreuzung verschiedener kriminalliterarischer Stile und<br />

Einflüsse anderer Autoren außerhalb des Genres trugen dazu bei, <strong>das</strong>s die Vielfalt<br />

des skandinavischen Krimis weiter wuchs. Das wohl berühmteste Beispiel hierfür<br />

ist Peter Høegs Roman Fräulein Smillas Gespür für Schnee, mit dem Høeg 1992<br />

die Bestsellerlisten Deutschlands stürmte. 38<br />

Selbstverständlich kann eine Arbeit dieses Umfangs bei weitem nicht alle<br />

Facetten der nordischen Kriminalliteratur ansprechen, weswegen im Folgenden<br />

lediglich auf den augenblicklichen Mainstream dieses Genres eingegangen wird.<br />

Der Mainstream, der letzten Endes den enormen Erfolg in Deutschland auslöste<br />

und dem auch <strong>Henning</strong> Mankell mit seinen <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen zuzuordnen<br />

ist. Nahezu alle gegenwärtig erfolgreichen skandinavischen<br />

KrimischriftstellerInnen wie z. B. Liza Marklund, Håkan Nesser, Åke Edwardson,<br />

Anne Holt und der bereits genannte <strong>Henning</strong> Mankell, stehen mehr oder weniger<br />

im Erbe des Autorenduos Sjöwall/Wahlöö und machen die ihnen gemeinsame<br />

sozialrealistische wie gesellschaftskritische Komponente zum unverkennbaren<br />

Markenzeichen des skandinavischen Kriminalromans. 39<br />

Der Kriminalroman aus dem Norden Europas hat jedoch weitaus mehr zu bieten:<br />

Der skandinavische Krimi ist in seiner Art internationaler als viele Vertreter<br />

seiner Gattung. Gekonnt verbinden Autoren wie Arne Dahl oder Olov Svedelid<br />

diese scheinbar am Rande der Welt liegenden Länder mit dem Rest der Erde und<br />

zeigen so die Auswirkungen der Globalisierung auf, die in der Bundesrepublik<br />

ebenso spürbar sind wie in Skandinavien. Ihre literarischen Protagonisten plagen<br />

dieselben Ängste und Sorgen wie den deutschen Krimifan, wodurch er sich in<br />

diesen für den nordischen Krimi so typischen menschlichen Charakteren leicht<br />

38<br />

vgl. Klaus-Peter Walter. Lexikon der Kriminalliteratur. Der schwedische Krimi. (1995), S. 8-20;<br />

Krieg, S. 75; Schindler, S. 188-194.<br />

39<br />

vgl. Tobias Gohlis. Das Böse kommt <strong>von</strong> Norden. Die Welt des nordischen Kriminalromans.<br />

Wien: Paul Zsolnay Verlag (2003/2004), S. 5; Hagenguth. Der Mord der aus der Kälte kam.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 20<br />

wiedererkennen kann. Das beste Beispiel hierfür ist <strong>Henning</strong> Mankells Hauptfigur<br />

des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>. Einen Hauch <strong>von</strong> Modernität bringen Autoren wie Åke<br />

Edwardson durch ihren flotten Magazinstil, eine leicht verständliche Sprache und<br />

schnelle Szenenwechsel in ihre Kriminalromane. Auch <strong>das</strong> Autorentrio um Emma<br />

Vall hat sich, wenn auch nicht in einer derart expliziten Weise, diesem<br />

Sprachdaktus verschrieben, der den melancholischen Romanen zusätzliche<br />

Dynamik verleiht.<br />

Überdies machen Skandinaviens Kriminalautorinnen mit ihren <strong>Kommissar</strong>innen<br />

auf sich aufmerksam. Liza Marklunds Hauptfigur Annika Bengtzon verkörpert in<br />

ihren Rollen als Mutter, Ehefrau und Journalistin nicht nur <strong>das</strong> vorbildliche<br />

skandinavische Gleichheitsmodell, sondern auch gleichzeitig den Traum vieler<br />

deutscher Frauen <strong>von</strong> der Vereinbarkeit <strong>von</strong> Familie und Beruf. Neben dem<br />

feministischen Krimi ist auch der psychologische Krimi vor allem dank Karin<br />

Fossum nunmehr zu einem wichtigen Nebenstrom der skandinavischen<br />

Krimilandschaft geworden. Eine „Landschaft“, die einerseits weiterhin durch den<br />

Polizeiroman mit seinen verzweifelnden Protagonisten bestimmt wird;<br />

andererseits jedoch in der Zwischenzeit eine Vielfalt aufweist, die jeden Krimifan<br />

fündig werden lässt. Ein weiteres Merkmal, <strong>das</strong> den skandinavischen Krimi als<br />

solchen auszeichnet, stellt der hohe Grad an Realität dar, dem man z. B. in den<br />

Romanen <strong>von</strong> Åke Edwardson begegnet. Seine Romane sind <strong>das</strong> Ergebnis<br />

monatelanger Recherchen, die letztendlich in der detaillierten Schilderung der<br />

mühsamen Ermittlungsarbeit seiner Protagonisten ihren Niederschlag finden.<br />

Einen zweiten Weg verfolgt indes <strong>Henning</strong> Mankell. Durch die Einbindung realer<br />

Schauplätze, Persönlichkeiten und Ereignisse verleiht er seinen <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-<br />

Romanen zusätzliche Authentizität.<br />

Eine weitere Ursache dieses immens großen Erfolges hierzulande <strong>liegt</strong> jedoch in<br />

Deutschland selbst. Auch 55 Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches kämpft<br />

Deutschlands Bevölkerung immer noch mit seiner Geschichte. Eine zu starke<br />

Kritik an der Gesellschaft, des Staates und seiner Regierung ist nach wie vor ein<br />

Tabuthema, weshalb sich die dt. Leser ihre Antworten auf die vielen offenen<br />

Fragen bezüglich des Themas Globalisierung und den benötigten Halt in der


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 21<br />

Literatur suchen. Die deutsche Literatur kann diese Fragen derzeit nicht<br />

beantworten, weswegen der Leser auf die momentan politischsten Krimis<br />

zurückgreift - die Skandinavischen. 40<br />

Im Ergebnis unterscheidet sich der skandinavische Kriminalroman mit seinen<br />

charakteristischen Merkmalen deutlich <strong>von</strong> der jeweiligen typischen<br />

Kriminalliteratur anderer Länder. Anstatt lebenslustiger Menschen voller Humor<br />

und Esprit, wie sie der Leser aus zahlreichen südeuropäischen Krimis kennt,<br />

begegnet er im Norden Europas schwermütigen, beinahe ängstlichen Charakteren.<br />

Parodien und surreale Konstruktionen sind dem Liebhaber skandinavischer<br />

Kriminalliteratur ebenso fremd wie die den französischen Krimi kennzeichnenden<br />

verspielten Züge. Die traditionellen Kriminalromane aus dem hohen Norden sind<br />

für den Leser leicht als solche zu identifizieren, selbst wenn der Begriff des<br />

skandinavischen Kriminalromans literaturwissenschaftlich überhaupt nicht<br />

existiert. 41<br />

<strong>Henning</strong> Mankells <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane weisen die Mehrzahl der zuvor<br />

aufgeführten Attribute des traditionellen skandinavischen Krimis auf, wie im<br />

Laufe dieser Arbeit noch genauer zu sehen sein wird. Die Riege der momentan<br />

erfolgreichen Autoren aus Skandinavien ist immens und sicherlich hat der Sog<br />

dieses Erfolgs die deutschen Leser auch auf <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> aufmerksam werden<br />

lassen. Jedoch kann auch diese Tatsache nicht die literarische Erfolgsgeschichte<br />

dieser Kriminalromanserie abschließend begründen. 42<br />

40 vgl. Hagenguth. Der Mord der aus der Kälte kam; Peter E. M. Rohling. Der skandinavische<br />

Kriminalroman. Eine Erfolgsgeschichte (o. J.). In: http://www.heiner-k.de/specials/<br />

skandinavische_ krimis/ einfuehrung.html.<br />

41 vgl. Thomas Gohlis. Das Böse kommt <strong>von</strong> Norden. (2003/2004), S. 5.<br />

42 vgl. Peter E. M. Rohling. Der skandinavische Kriminalroman (o. J.).


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 22<br />

3.3.2 Das Erbe <strong>von</strong> Maj Sjöwall und Per Wahlöö<br />

Der Klappentext zu Mörder ohne Gesicht verrät dem Leser schon auf den ersten<br />

Blick zwei Vorbilder <strong>Henning</strong> Mankells. Angepriesen als Thriller in der Tradition<br />

<strong>von</strong> Maj Sjöwall und Per Wahlöö, darf der Liebhaber nordischer Kriminalliteratur<br />

gespannt sein, in welchem Ausmaß sich Mankell mit seinem Debütroman und mit<br />

den sich ihm anschließenden Romanen seiner <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie an die beiden<br />

„Urahnen“ 43 des skandinavischen Krimis anlehnt. Ein genauerer Blick auf die<br />

Romane Sjöwalls/Wahlöös und ein sich anschließender Vergleich mit Mankells<br />

Kriminalgeschichten aus Ystad wird zeigen, ob in dem Erbe des<br />

Autorenehepaares <strong>das</strong> <strong>Geheimnis</strong> um den Erfolg der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie zu<br />

suchen ist.<br />

Inspiriert <strong>von</strong> Ed McBains Romanen über <strong>das</strong> 87. Polizeirevier, veröffentlichte<br />

<strong>das</strong> Autorenehepaar Maj Sjöwall und Per Wahlöö in den Jahren 1965-1975 seine<br />

Romanserie um eine Stockholmer Ermittlungsgruppe mit <strong>Kommissar</strong> Martin<br />

Beck als Hauptfigur. Die Serie, die <strong>von</strong> den beiden Schweden <strong>von</strong> Beginn an als<br />

10-bändiges Werk konzipiert worden war, wies einerseits McBains Züge der<br />

Darstellung polizeilicher Ermittlungsroutine und ihrer Kriminalbeamten auf, die<br />

darüber hinaus mit einem glaubhaften Privatleben versehen waren. Andererseits<br />

versuchten Sjöwall und Wahlöö als bekennende linke Autoren, die<br />

gesellschaftlichen Verhältnisse Schwedens in ihren Romanen aus ihrer<br />

persönlichen Sicht widerzuspiegeln und mit ihren Büchern eine breite<br />

Bevölkerungsschicht zu erreichen. Die beiden übernahmen jedoch nicht<br />

vollständig <strong>das</strong> Konzept <strong>von</strong> McBain; bereits ihr zweiter Roman Der Mann, der<br />

sich in Luft auflöste trug ihre eigene Handschrift. Des Weiteren machten Sjöwall<br />

und Wahlöö durch eine Detailversessenheit und hohe Authentizität in ihrer<br />

Romanserie, die sie u. a. durch die Einbindung realer Persönlichkeiten und<br />

Ereignisse entstehen ließen, auf sich aufmerksam. Die Kritik am schwedischen<br />

43 Hagenguth. Der Mord der aus der Kälte kam.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 23<br />

Wohlfahrts- und Sozialstaat nahm indes <strong>von</strong> Roman zu Roman zu, so <strong>das</strong>s es sich<br />

bei den letzten beiden Werken dieser Serie nicht mehr um Kriminalliteratur im<br />

engeren Sinn handelt. 44<br />

<strong>Henning</strong> Mankells verwobene Gesellschaftskritik in den Romanen, sein<br />

Hauptprotagonist <strong>Kommissar</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> und dessen Unbehagen gegenüber<br />

einer weiter zunehmenden Globalisierung erinnern stark an die Romanserie seiner<br />

Landsleute Sjöwall/Wahlöö. Es ist heute unumstritten, <strong>das</strong>s Mankell als Schüler<br />

der beiden ‚Großmeister des skandinavischen Krimis’ angesehen werden kann,<br />

doch stellen seine Romane keinesfalls nur eine Kopie der beiden dar. Mankell<br />

lässt keinen Hauch <strong>von</strong> Nostalgie aufkommen. Stattdessen hat er es verstanden,<br />

<strong>das</strong> <strong>von</strong> Wahlöö/Sjöwall beschriebene Szenario der schwedischen Gesellschaft<br />

konsequent weiterzudenken, den Verhältnissen des ausklingenden 20.<br />

Jahrhunderts anzupassen und damit auf eine vorübergehende Spitze zu treiben,<br />

was anhand folgender Beispiele verdeutlicht werden soll.<br />

Während Martin Beck erst im Laufe der Serie vom great detectiv „zum<br />

Sprachrohr moralischer Reflexionen wird“ 45 , steht <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> bereits in<br />

seiner ersten Mordermittlung fassungslos einer menschlichen Brutalität eines<br />

bislang unbekannten Ausmaßes gegenüber. 46 Längst hat <strong>das</strong> Verbrechen auch in<br />

die vermeintlich letzte Ecke Schwedens Einzug gehalten, in die <strong>Wallander</strong>s<br />

Tätigkeit wesentlich enger gebunden ist als Beck an Stockholm. Diese enge<br />

Bindung kann als Ausdruck <strong>von</strong> <strong>Wallander</strong>s Suche nach Schutz vor der globalen<br />

Bedrohung gesehen werden. Schutz, den er in seiner Heimat Ystad trotz der dort<br />

wütenden Verbrechen findet und die er deshalb nur ungern verlässt. Dieser<br />

vermeintlich hoffnungslosen Situation wurde auch <strong>Wallander</strong>s Liebesleben<br />

angepasst, der im Unterschied zu seinem Kollegen Beck weiter auf die zweite<br />

große Liebe warten muss. Während Sjöwall/Wahlöö gerne ihre<br />

radikalsozialistischen Ideen in ihren Büchern zum Audruck brachten, blieb<br />

Mankell trotz seiner hervorgebrachten Gesellschaftskritik bürgerlich-neutral. Um<br />

44 vgl. Walter. Lexikon der Kriminalliteratur. Vorwort, S. 9f; Hagenguth. Der Mord der aus der<br />

Kälte kam; Krieg, S. 75; Schindler, S. 188-194; Dr. Stephan Schwier. Krimis ohne Überhelden<br />

(o. J.). In: http://www.heiner-k/specials/skandinavische_krimis/interviewalzweig.html.<br />

45 Krieg, S. 83.<br />

46 vgl. Mankell. Mörder ohne Gesicht, S. 16 Z. 15-18.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 24<br />

dem Leser seine Botschaft zu visualisieren, schlägt Mankell stattdessen neue<br />

Wege ein und weist der ihn umgebenden Landschaft eine herausragende Rolle<br />

zu. 47<br />

Sicherlich hat Mankell einen Teil des Erfolges seiner weltberühmten Krimiserie<br />

der Vorarbeit Maj Sjöwalls und Per Wahlöös zu verdanken, die ihren Nachfolgern<br />

den steinigen Weg der Anerkennung der Kriminalliteratur ebneten. Von der<br />

damaligen Krimieuphorie der 60/70er Jahre des letzten Jahrhunderts profitierte<br />

<strong>Henning</strong> Mankell jedoch nicht mehr. Der ‚Vater’ <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>s veröffentlichte<br />

seinen ersten Kriminalroman im Jahre 1993 in Deutschland, 25 Jahre nach<br />

Sjöwalls/Wahlöös Deutschland Debüt. Vielmehr löste Mankell mit <strong>Kurt</strong><br />

<strong>Wallander</strong> in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts eine neue und bis heute<br />

ungebrochene Krimiwelle aus. Dank <strong>Henning</strong> Mankell „ist der ‚Skandinavische<br />

Kriminalroman’ endgültig in die Belle Etage der guten Krimi-Literatur<br />

aufgestiegen“ 48 .<br />

3.3.2 Die „Mankellisierung“<br />

Hoch gelobt <strong>von</strong> den Feuilletons der großen Zeitungen und beinahe durchgängig<br />

auf den Spiegel-Bestsellerlisten vertreten, wurde Mankell dank seiner <strong>Kurt</strong>-<br />

<strong>Wallander</strong>-Serie mehr und mehr zum Publikumsmagneten. In kürzester Zeit<br />

gelang es dem Autoren, sich in die Herzen der deutschen Krimileser zu schreiben;<br />

Ende der 90er Jahre gelang ihm schließlich der Durchbruch in Deutschland. Von<br />

diesem Mankell-Rummel profitierten nicht nur bislang unbekannte<br />

skandinavische Schreiber wie Karin Fossum, Markku Ropponen oder Karin<br />

Altvegen. Auch in Liza Marklunds und Håkan Nessers Romanen, die dank der<br />

neu entdeckten Leidenschaft für nordische Krimis problemlos interessierte<br />

deutsche Verlage fanden, ist Mankells Einfluss zu spüren. Schriftsteller aus dem<br />

deutschsprachigen Raum lassen sich ebenso <strong>von</strong> Mankells Krimis inspirieren und<br />

veröffentlichten ihre Romane in der Tradition der Mankell´schen Schule. Eva<br />

Rossmann lieferte mit ‚Freudsche Verbrechen’ die östereichische Antwort auf<br />

Mankell, Ulrich Ritzel die Schwäbische. Doch auch über den deutschsprachigen<br />

47 vgl. Rainer Sens. Dem <strong>Kommissar</strong> auf der Spur. Ein literarische Reiseführer zu den Tatorten<br />

der “<strong>Wallander</strong>-Romane“. Welver: Conrad Stein Verlag (2004), S. 12-15; Krieg, S. 84.<br />

48 Rohling. Der skandinavische Kriminalroman.


Das 20. Jahrhundert - Das Jahrhundert der Kriminalliteratur 25<br />

Raum hinaus lassen sich KrimischriftstellerInnen <strong>von</strong> der ‚Mankellisierung’ des<br />

gesamten Krimigenres anstecken. Mit Mankellisierung bezeichnet Franz Schuh,<br />

der Kolumnist der Zeitschrift Literaturen, „die Verquickung <strong>von</strong> spekulativer,<br />

genre-spezifischer Gewaltdarstellung und einem politisierenden Moralismus, der<br />

es sich bei den realen Katastrophen, die er anspricht, gut gehen lässt“ 49 . Erst<br />

kürzlich zeigte Alicia Giménez-Bartlett den deutschen Lesern mit ihrem Roman<br />

‚Piranhas im Paradies’, <strong>das</strong>s längst nicht mehr überall, wo Schweden nicht drauf<br />

steht, Schweden nicht drin ist. Mankell ist allgegenwärtig.<br />

Was ist <strong>das</strong> Besondere an Mankells Krimiserie, <strong>das</strong> diesen Boom um <strong>Kurt</strong><br />

<strong>Wallander</strong> auslöste und seine Kriminalgeschichten zu einer faszinierenden<br />

Erfolgsstory machten? 50<br />

49 Franz Schuh. Der Norden und der Süden (2004). In: http://www.literaturen.de/krimi-index.html.<br />

50 vgl. Klaus-Peter Walter. Reclams Krimi-Lexikon. Autoren und Werke. Stuttgart: Philipp Reclam<br />

jun. Verlag (2002), S. 23, 118, 138, 289, 362, 364f; Franz Schuh. Der Norden und der Süden<br />

(2004); Thomas Widmer. Morden im Norden. In: Tamedia AG (Hg.): Facts. Das Schweizer<br />

Nachrichtenmagazin 15. Zürich: Hans Heinrich Conxinx, (2001). S. 147; Börsenverein des<br />

deutschen Buchhandels. Börsenblatt Extra Krimi 47. »Ein Mensch wie du und ich« (2002), S.36.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 26<br />

Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory<br />

4.1 Mankells literarischer Stil<br />

Es kommt nicht <strong>von</strong> ungefähr, <strong>das</strong>s der Satz »Jeder Autor hat seinen eigenen Stil«<br />

in Buchhändlerkreisen so weit verbreitet ist, lassen sich doch nur schwerlich und<br />

verallgemeinernd die Stile mehrerer Autoren miteinander vergleichen. Ein<br />

literarischer Stil ist mehr als <strong>das</strong> Befolgen bestimmter Grundregeln der<br />

Schriftstellerei. Er spiegelt persönliche Erfahrungen und Eigenschaften des Autors<br />

wider. Während Mankells Schreibstil auf den ersten Blick eher nüchtern und<br />

spröde wirkt, eröffnet sich dem Leser nach einer genaueren Betrachtung seiner<br />

Texte die gesamte Breite ihrer mystischen wie kontroversen Wirkung.<br />

4.1.1 Erzähltechnik<br />

Mankell hat seine <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane allesamt als Berichte im Präteritum<br />

geschrieben. Seine oftmals einfachen und kurzen Sätze enthalten kaum<br />

Fremdwörter und sind so für den Leser leicht verständlich. Den für den Thriller<br />

typischen chronologisch sukzessiven Erzählverlauf hält der Autor jedoch nicht<br />

durchgehend ein. Mehrmals unterbricht Mankell den jeweils gegenwärtigen<br />

Handlungsverlauf, um über zurückliegende Ereignisse zu berichten. Nicht immer<br />

verwendet er hierfür <strong>das</strong> gebräuchliche Plusquamperfekt und zwingt den Leser so<br />

seine Aufmerksamkeit zu schärfen. Während <strong>Wallander</strong>s Kollegen damit<br />

beschäftigt sind, die vier verschleppten Frauen aus der Dominikanischen Republik<br />

zu vernehmen, erfährt der Leser mitten im Textfluss <strong>von</strong> deren schicksalshafter<br />

Vorgeschichte (Die falsche Fährte). Zum Anderen geht der Autor zeitweise in die<br />

für den Detektivroman typische rückwärtsgerichtete Erzählweise über. Mit Hilfe<br />

<strong>von</strong> Vorgriffen wie „Später sollte er sich an den Abend in Helsingör als an den<br />

Wendepunkt der ganzen Ermittlung erinnern“ 51 vermischt Mankell endgültig zwei<br />

völlig unterschiedliche Erzähltechniken miteinander. Insgesamt betrachtet<br />

entspricht der Erzählverlauf damit nicht mehr dem Ablauf der objektiven Zeit. 52<br />

51 Mankell. Die falsche Fährte, S. 399 Z. 28f.<br />

52 vgl. Rainer Sens. Dem <strong>Kommissar</strong> auf der Spur. (2004), S. 12; Nusser, S. 52; Susanne Schanda.<br />

«Ich reise gerne in der Zeit» (1998). In:http://www.espace.ch/medien/bz/archiv/details_2.cfm?<br />

id=9082&simplesearch=kriminalliteratur &template=index.cfm; Mankell. Die falsche Fährte, S.<br />

391 Z.22, S. 453 Z. 6ff, S. 462 Z. 18ff; Die fünfte Frau, S. 532 Z. 10ff.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 27<br />

Auch bei der Wahl der Erzählperspektive entschied sich der Schwede für eine<br />

Mischform - den perspektivischen Wechsel. Der Erzähler konzentriert sich in<br />

allen Romanen auf die Perspektive des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, lässt den Leser ständig<br />

einen Blick über <strong>Wallander</strong>s Schulter werfen und ermöglicht ihm somit einen<br />

hohen Identifikationsgrad mit der Hauptfigur. Einen Höhepunkt stellt hierbei<br />

sicherlich die erste Vernehmung <strong>von</strong> Anita Carlman dar (Die falsche Fährte). Der<br />

ständige Wechsel zwischen der eigentlichen Vernehmung und <strong>Wallander</strong>s parallel<br />

zum Gespräch verlaufenden inneren Monologen zwingt den Leser, die<br />

entsprechenden Zeilen mit einer erhöhten Konzentration zu lesen. 53 Die<br />

Figurenperspektive wird jedoch in Mankells späteren Romanen - und hier vor<br />

allem in seinen drei Erfolgreichsten - unterbrochen. In eingeschobenen Passagen<br />

entfernt sich die Handlung <strong>von</strong> der Hauptfigur und geht sowohl in die Opfer- wie<br />

Täterperspektive über. Die introspektive Schilderung des Mörders unterbreitet<br />

Mankell die Möglichkeit, <strong>das</strong> Tatmotiv, welchem, wie im Verlauf dieser Arbeit<br />

noch zu sehen sein wird, eine große Bedeutung zukommt, genauestens zu<br />

beleuchten. Der Leser begleitet den Mörder bei seinen Tatvorbereitungen und der<br />

eigentlichen Tat und erhält überdies Einblicke in die (kranken) Täter- wie<br />

leidenden Opferseelen.<br />

Mankell steigert diese psychologisch-kritische Tendenz des Thrillers, indem er in<br />

ausgesuchten Momenten in die Ich-Perspektive einer Person wechselt bzw. seine<br />

Hauptfigur <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> mit den Worten „Von wo konntest Du ihn sehen, ohne<br />

gesehen zu werden?“ 54 direkt zu dem Täter sprechen lässt. Hervorgehoben werden<br />

die beiden zuletzt genannten Textabschnitte zusätzlich durch Kursivdruck im<br />

Layout. Dank dieser weniger statischen Erzählweise ist der Leser letzten Endes<br />

dem Ermittler in seinem Wissen voraus und kennt in den meisten Fällen bereits<br />

nach wenigen gelesenen Seiten die Identität des Täters. Trotz des<br />

Wissensvorsprungs kann der Leser jedoch nicht sagen, ob der nächste Schritt<br />

<strong>Wallander</strong> zu seinem Ziel bringen wird. 55<br />

53 vgl. Mankell. Die falsche Fährte, S. 135 Z. 12 - 32.<br />

54 Mankell. Die falsche Fährte, S. 174 Z.1f.<br />

55 vgl. Sens, S. 12; Nusser, S. 52f; Mankell. Die fünfte Frau, S. 57 Z. 31ff, S. 59 Z. 4ff,<br />

S. 65 Z. 31ff; Die falsche Fährte, S. 152 Z. 7ff.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 28<br />

Die angewandte Erzähltechnik verleiht Mankells Büchern insgesamt einen hohen<br />

Grad an Dynamik. Damit der Leser dennoch den Überblick behält, bilden<br />

unzählige exakte Zeitangaben <strong>das</strong> Gerüst der Handlung und erleichtern ihm die<br />

Orientierung. Im Ergebnis trägt die angewandte dualistische Erzählweise mit den<br />

aus ihr hervorgehenden Handlungsunterbrechungen ebenso zur Intensivierung der<br />

Grundspannung des Lesers bei wie auch der bereits im Vorfeld erläuterte<br />

Erzählverlauf.<br />

4.1.2 Spannungsaufbau<br />

Die Grundspannung hingegen ist abhängig <strong>von</strong> der konkreten Situation, in der<br />

sich die Hauptfigur befindet. Höhepunkte der Spannung fallen mit einem<br />

bevorstehenden Durchbruch der Ermittlungen wie auch mit einer drohenden<br />

Gefahr für den Hauptprotagonisten zusammen. Mankells minutiöse Schilderung<br />

befindet sich in diesen Momenten auf ihrem Höhepunkt. 56 Während der Leser<br />

über die sich in einigen Situationen überschlagenden Ereignissen sprichwörtlich<br />

hinwegf<strong>liegt</strong>, schafft Mankell mit Hilfe der gegensätzlich wirkenden absoluten<br />

Stille eine nicht mindere Spannung. 57 Die Bestsellerromane des Schweden weisen<br />

keinen einheitlichen Spannungsaufbau auf. Dem Leser stockt der Atem, als<br />

Hoover eines Nachts vor <strong>Wallander</strong>s Bett steht und den <strong>Kommissar</strong> im Schlaf<br />

beobachtet, bis sich dieser entschließt, unerkannt die Wohnung wieder zu<br />

verlassen. 58 Kennzeichnend für die gesamte Gattung des Thrillers lässt sich daher<br />

jeder <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Roman in mehrere Handlungsbögen unterteilen,<br />

entsprechend derer <strong>das</strong> Erzähltempo zwischen den einzelnen aktionistischen<br />

Situationen und den ihnen gegenüber stehenden retardierenden Momenten stark<br />

variiert.<br />

Besonders zeichnet sich Mankell für seine starken Romananfänge aus, in deren<br />

Prologen meist schon der erste Mord zu beklagen ist. Gemäß Mankells Ansicht,<br />

der Leser würde sich bereits nach der ersten gelesenen Seite entscheiden, ob er<br />

<strong>das</strong> Buch weiter läse oder wegwürfe, entschied er sich bewusst für diese<br />

56 vgl. Mankell. Mittsommermord, S. 570 Z. 1ff.<br />

57 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 407 Z. 7ff.<br />

58 vgl. Nusser, S. 53; Mankell. Die falsche Fährte, S. 315 Z. 12ff.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 29<br />

Anfänge. 59 Mankells Spannung ist jedoch mehr. Sie ist mehrdimensional. Neben<br />

dem Plot erzeugt Mankell auch durch seine lebendigen Figuren, die Tatmotive<br />

sowie beinahe kämpferischen Dialoge Spannung. 60 Katarina Taxells Vernehmung<br />

spitzt sich in Form eines Frage-Antwort-Spiels mehr und mehr zu, bis <strong>Wallander</strong><br />

<strong>das</strong> Gespräch plötzlich auf S. 395 Z. 24 abbricht und die ständig ansteigende<br />

Spannung somit abrupt gestoppt wird (Die fünfte Frau). Mit der Prostituierten<br />

Elisabeth Carlén liefert sich <strong>Wallander</strong> gar ein regelrechtes Wortgefecht. 61 Indem<br />

Mankell seine Leser lediglich über <strong>Wallander</strong>s Absicht, „einen Besuch [zu]<br />

machen“ 62 , in Kenntnis setzt, ohne hierbei zunächst <strong>das</strong> Ziel zu erwähnen, erzeugt<br />

der Autor wiederum die für den Krimi charakteristische suspense. Erst auf der<br />

folgenden Seite des betreffenden Romans lüftet der Schwede schließlich <strong>das</strong><br />

<strong>Geheimnis</strong>. 63 Suspense entsteht jedoch an einigen Stellen auch durch die<br />

Allwissenheit des Lesers. Während <strong>Wallander</strong> in einem Gespräch mit Martinsson<br />

noch nicht ahnt, <strong>das</strong>s er selbst <strong>das</strong> neunte Opfer Åke Larstams sein soll, bangt die<br />

Lesergemeinde bereits um <strong>das</strong> Leben des Kult-<strong>Kommissar</strong>s.<br />

» Larstam hat Hansson und den Kollegen aus Malmö nicht erschossen.<br />

Und keiner redet mir ein, er hätte sie verfehlt. Es war nur, weil keiner<br />

<strong>von</strong> beiden die neunte Person war. «<br />

» Und <strong>das</strong> bist du also auch nicht? «<br />

» Wohl kaum. « 64<br />

Durch den gezielten Einsatz <strong>von</strong> Überraschungseffekten an vielen Kapitelenden<br />

gelingt es Mankell überdies den Spannungsbogen nicht an diesen prägnanten<br />

Stellen abbrechen zu lassen. 65 Viele Leser sind obendrein neugierig, ob <strong>Wallander</strong><br />

z. B. tatsächlich nach dem Romanende <strong>von</strong> Die weiße Löwin seinen Dienst<br />

quittieren und ob es für ihn und Baiba eine gemeinsame Zukunft geben wird. Der<br />

Spannungsbogen kann damit sowohl als kapitel- als auch romanübergreifend<br />

gewertet werden. Ein Indiz hierfür ist auch der insgesamt hohe Anteil der<br />

befragten Leser, die alle <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane gelesen haben (57,14%).<br />

59<br />

vgl. Susanne Schanda. «Ich reise gerne in der Zeit» (1998).<br />

60<br />

vgl. Schindler, S. 52.<br />

61<br />

vgl. Mankell. Die falsche Fährte, S. 392 Z. 323 - S. 396 Z. 29.<br />

62<br />

Mankell. Mittsommermord, S. 467 Z. 32.<br />

63<br />

vgl. dazu auch Mankell. Mittsommermord, S. 467 Z. 32 - S. 468 Z. 28;<br />

Die falsche Fährte, S. 341 Z. 24ff.<br />

64<br />

Mankell. Mittsommermord, S. 545 Z. 26ff.<br />

65<br />

vgl. Mankell. Mittsommermord, S. 389 Z. 6, 11f, S. 452 Z. 1ff.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 30<br />

Allgemein betrachtet ist die Spannung in Mankells <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen ein<br />

grundlegendes Element. 88,5% der befragten Leser sahen den Faktor Spannung<br />

als sehr wesentlich für ihre Gesamtbeurteilung der <strong>Wallander</strong>-Romane an, die im<br />

Übrigen 84,6% der Leser sehr gut gefallen haben. 66<br />

4.1.3 Literarische Stilmittel<br />

Hinter der Spannung, die unangefochten den ersten Platz unter den möglichen<br />

Einflussfaktoren auf die Bewertung der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane einnimmt,<br />

rangiert der literarische Stil auf dem zweiten Rang. Immerhin 51,2% der Leser<br />

betrachten den Stil Mankells als sehr wesentlich für ihre Gesamtbewertung seiner<br />

Werke. Lediglich 1,4% der Befragten weisen dem Stil keinerlei Bedeutung für<br />

ihre Gesamtbewertung der Kriminalgeschichten aus Ystad zu. Die Frage, was die<br />

Leser unter Mankells literarischem Stil verstehen und als solchen erkennen, wurde<br />

im Rahmen dieser Umfrage nicht erörtert. 67<br />

Die beiden Rhetorikfiguren, derer sich <strong>Henning</strong> Mankell in seinen Romanen am<br />

häufigsten bedient, sind die Metapher sowie der Simili. In dem Augenblick, in<br />

dem Mankell seinen <strong>Wallander</strong> spüren lässt, „daß ein weiterer, unsichtbarer, aber<br />

schwerer Mantel der Verantwortung um seine Schultern gehängt wurde“ 68 , wird<br />

dem Leser bewusst, <strong>das</strong>s der <strong>Kommissar</strong> nicht glücklich in seiner Rolle des<br />

Ermittlungsleiters ist, und er befürchtet, er könne die gesamte Ermittlung in eine<br />

falsche Richtung lenken, ohne <strong>das</strong>s der Autor diese Aussage wörtlich wiedergibt.<br />

Der Simili/Vergleich hingegen veranschaulicht den jeweiligen Textinhalt, indem<br />

er zwei Bereiche miteinander verknüpft, die in einem Punkt übereinstimmen. „An<br />

den trockenen und harten Tauen zu nagen war [für Gösta Runfelt] wie eine<br />

tröstende Hand“ 69 . Unter normalen Umständen vermag eine Hand einer<br />

verzweifelten Person Trost zu spenden; während Gösta Runfelts Gefangenschaft<br />

erfüllen die Fesseln des Blumenhändlers nunmehr diese Aufgabe.<br />

66 siehe Anhang B, Anlage 2 Frage 12) 13a).<br />

67 siehe Anhang B, Anlage 2 Frage 13b).<br />

68 Mankell. Die falsche Fährte, S. 338 Z. 21f.<br />

69 Mankell. Die fünfte Frau, S. 59 Z. 34f.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 31<br />

Beide Stilmittel weisen eine angenehme Mischung aus Bildern der<br />

Umgangssprache sowie neu geschaffenen Bildern auf. Mankells Sprache wirkt<br />

daher nicht künstlich erhoben und macht <strong>das</strong> Lesen seiner Bücher angenehm.<br />

Während dem Leser Bilder, wie der Kloß im Hals oder der springende Punkt in<br />

einem Problemfall wohl bekannt sind, vergleicht er die Seezeichen des<br />

Fahrwassers hingegen nicht alltäglich mit „verlassene[n] Statuen in einem<br />

Museum, <strong>das</strong> für die Saison geschlossen hat“ 70 . 71<br />

Um den aktuellen Stand der Ermittlung treffend zu veranschaulichen, bedient sich<br />

der Autor häufig der Bilder aus der Schifffahrt bzw. dem Bild des Puzzles. 72<br />

Ferner begegnet der Leser in den Romanen wiederholt Bildern aus den Bereichen<br />

der Flora und Fauna sowie der Kriegs- („Das war ihr Wallgraben, und es führte<br />

kein Eingang zur Festung hinein“ 73 ) und Theaterwelt („Immer noch standen die<br />

Menschen dort und betrachteten den Epilog des düsteren Schauspiels, <strong>von</strong> dessen<br />

eigentlicher Handlung sie nichts mitbekommen hatten.“ 74 ). Mehrfach findet man<br />

auch Metaphern und Simili aus den Bereichen der Unterwelt und Meteorologie<br />

vor. So manche Ermittlung <strong>Wallander</strong>s erweist sich als „Abstieg in die<br />

Unterwelt“ 75 , und zahlreiche Nebelbänke sowie Herbststürme verleihen Mankells<br />

Romanen die <strong>von</strong> den Lesern geliebte mystische Stimmung. 76 Selten dagegen<br />

verwendet der Autor Bilder aus dem Sport wie „Sie setzte sich auf die äußere<br />

Kante des Stuhls. Wie eine Läuferin, die in den Startlöchern sitzt und sich auf den<br />

Startschuß konzentriert, dachte <strong>Wallander</strong>.“ 77<br />

Zu der Gruppe der rhetorischen Wiederholungen werden sowohl die Anaphora<br />

wie die Epiphora gerechnet, derer sich Mankell bedient, um eindringlich auf einen<br />

bestimmten Sachverhalt hinzuweisen. Streng nach den Regeln der Anaphora<br />

70<br />

Mankell. Mittsommermord, S. 603 Z. 24ff.<br />

71<br />

vgl. M. H. Abrams. A Glossary of Literary Terms. 3rd edition. New York: Holt, Rinehart, and<br />

Winston, Inc. (1971); Mankell. Mittsommermord, S. 69 Z. 21, S. 549 Z. 22.<br />

72<br />

vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 316 Z. 18ff, S. 398 Z. 7 - 13.<br />

73<br />

Mankell. Die falsche Fährte, S. 60 Z. 17f;<br />

vgl. dazu auch Mittsommermord, S. 63 Z. 14f, S. 360 Z. 6f, S. 533 Z. 30f.<br />

74<br />

Mankell. Mittsommermord, S. 409 Z. 4ff; vgl. auch S. 66 Z. 19f;<br />

Die falsche Fährte, S. 320 Z. 28f.<br />

75<br />

Mankell. Mittsommermord, S. 109 Z. 2ff.<br />

76<br />

vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 508 Z. 20ff; Der Mann, der lächelte, S. 12 Z. 14ff;<br />

vgl. dazu auch Die falsche Fährte, S. 53 Z. 11f.<br />

77<br />

Mankell. Mittsommermord, S. 152 Z. 31f.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 32<br />

wiederholt <strong>Wallander</strong> die Worte „Nichts spricht dafür“ 78 an zwei aufeinander<br />

folgenden Satzanfängen und betont damit, <strong>das</strong>s derzeit nichts darauf hindeutet,<br />

<strong>das</strong>s sein Kollege Svedberg in den Dreifachmord im Naturreservat Hagestadt<br />

verwickelt ist. Das Gegenstück der Anaphora bildet folglich die Epiphora, die den<br />

Schluss eines Satzes wiederholt. „<strong>Wallander</strong> dachte nach, bevor er antwortete.<br />

»Wie du und ich«, sagte er dann. »Im großen und ganzen genau wie du und<br />

ich.«“ 79 Exakt die gleiche Wirkung entfaltet die einfache Wortwiederholung, <strong>das</strong><br />

Epizeuxis, des Adjektivs verkleidet auf Seite 173 des Mittsommermordes.<br />

Eine ebenso eindringliche Wirkung verbreiten überdies Mankells angewandte<br />

literarische Stilmittel wie z. B. die Kette, die Akkumulation oder Alliterationen<br />

wie <strong>das</strong> „klassische Klatschzentrum“. Der letzte Satz <strong>von</strong> <strong>Wallander</strong>s<br />

Gedankengang „Hier brauchte er nie daran zu denken, wer er war. Auch nicht<br />

daran, daß er recht hatte. Recht hatte damit, daß es keine Gerechtigkeit gab.“ 80<br />

beginnt mit exakt den gleichen Worten wie ihm vorausgehenden Satz, weshalb<br />

diese Satzfolge als Kette bezeichnet wird. Die Akkumulation hingegen erreicht<br />

eine gesteigerte Eindringlichkeit des geschriebenen Wortes durch die Anhäufung<br />

mehrerer Begriffe wie „Zwischen all den Dummheiten, Irrtümern und<br />

Fehlschlüssen (…)“ 81 . 82<br />

Bei der insgesamt grundlegenden melancholisch-mystischen Stimmung aller<br />

Romane verpasst es Mankell nicht auch kommunikative rhetorische Mittel wie die<br />

Ironie („Das ist eine Mutter, die ihre Tochter wirklich liebt (…).“ 83 ) oder <strong>das</strong><br />

Oxymoron („lautlose Alarmsignale“ 84 ) in seinen Plot einzubauen. Ebenso<br />

unterhaltend wirken Mankells Einschübe wie „Dieses Arschloch <strong>von</strong><br />

Staatsanwalt. Er stänkert.“ 85 ; eine Figur, die in der literarischen Fachsprache als<br />

Stilbruch bezeichnet wird. <strong>Wallander</strong>s Einkauf <strong>von</strong> fünf Brillen zaubert dem<br />

78 Mankell. Mittsommermord, S. 196 Z. 19f.<br />

79 Mankell. Die falsche Fährte, S. 370 Z. 20f.<br />

80 Mankell. Mittsommermord, S. 157 Z. 23f.<br />

81 Mankell. Die falsche Fährte, S. 240 Z. 14f.<br />

82 vgl. M. H. Abrams. A Glossary of Literary Terms. (1971).<br />

83 Mankell. Mittsommermord, S. 174 Z. 20.<br />

84 Mankell. Die fünfte Frau, S. 98 Z. 27f.<br />

85 Mankell. Mittsommermord, S. 329 Z. 10; vgl. dazu auch Die falsche Fährte, S. 351 Z. 6.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 33<br />

Leser ein Lächeln auf die Lippen; die <strong>von</strong> <strong>Wallander</strong> unbemerkte Begegnung mit<br />

Y<strong>von</strong>ne Ander, als diese ihn um die Fahrscheine zwecks einer durchzuführenden<br />

Fahrkartenkontrolle bittet, stellt indessen einen besonderen ‚Gag’ dar. 86<br />

Spannende wie anschauliche Wirkung verbreiten hingegen <strong>das</strong> Paradoxon und die<br />

beiden Formen der Reihung. Die scheinbar widersinnige Aussage <strong>Wallander</strong>s<br />

über Hoover „ …, er ist Marionette und Marionettenspieler zugleich“ 87 erweist<br />

sich im Nachhinein als richtig und erfüllt damit die Kriterien des Paradoxons. Die<br />

Kriterien des Asyndetons, der ersten Form der Reihung, erfüllt dagegen<br />

<strong>Wallander</strong>s Bild des Täters als „Mager, durchtrainiert, barfuß, wahnsinnig“ 88 . Im<br />

Gegensatz zum Asyndeton reiht <strong>das</strong> Polysyndeton Begriffe wie „Regen und Kälte<br />

und Mist“ 89 bewusst mit der Wiederholung des Bindewortes und aneinander und<br />

wirkt somit verstärkt auf den Leser. Sprachlich eigentlich falsch ist dagegen die<br />

Form des Pleonasmus. Die doppelte Wiedergabe des Sachverhalts „<strong>Wallander</strong><br />

gewann den Eindruck, daß Birgersson als Polizeiintendant vorbildlich auftrat, eine<br />

der wirklich seltenen Ausnahmen“ 90 , veranschaulicht dem Leser die Rarität<br />

vorbildlicher Vorgesetzter. 91<br />

Darüber hinaus verzichtet Mankell nicht darauf, die bislang erläuterten<br />

rhetorischen Figuren miteinander zu kombinieren und somit deren Wirkung<br />

nochmals zu verstärken. Folgende Textstelle beinhaltet sowohl eine Metapher als<br />

auch <strong>das</strong> literarische Stilmittel einer Kette: „<strong>Wallander</strong> wollte den Täter dazu<br />

bringen, sich zu bewegen. Bewegliches Wild war leichter zu sehen als <strong>das</strong>, was<br />

sich still verhielt und sich im Schatten verbarg.“ 92<br />

<strong>Henning</strong> Mankell setzt die gesamten literarischen Stilmittel sehr prägnant - vor<br />

allem in retardierenden Momenten und Gedanken - ein, um die Aussagen<br />

einzelner Passagen zu untermauern und bedeutende Szenen seiner Romane<br />

86<br />

vgl. Stefan Ohlerich. Die fünfte Frau (o. J.). In: http://www.x-zine.de; Abrams. A Glossary of<br />

Literary Terms; Mankell. Die fünfte Frau, S. 271 Z. 6ff, S. 278 Z. 14ff.<br />

87<br />

Mankell. Die falsche Fährte, S. 172 Z. 12f.<br />

88<br />

Mankell. Die falsche Fährte, S. 416 Z. 27.<br />

89<br />

Mankell. Die falsche Fährte, S. 261, Z. 5.<br />

90<br />

Mankell. Die falsche Fährte, S. 454, Z. 15ff.<br />

91<br />

vgl. Abrams. A Glossary of Literary Terms.<br />

92<br />

Mankell. Die fünfte Frau, S. 225 Z. 8ff; vgl. dazu auch S. 215 Z. 1 (Metapher und Similli), S.<br />

548 Z. 11f (Similli und Oxymoron).


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 34<br />

herauszuarbeiten. Auf eine abschließende Besprechung des literarischen Stils wird<br />

an diesem Punkt der Arbeit bewusst verzichtet. Ziel dieses Unterabschnittes war<br />

es, den Stil, der den <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen zu Grunde <strong>liegt</strong> und letztendlich zu<br />

deren Erfolg beigetragen hat, kurz anzureißen und somit einen ersten Eindruck der<br />

Wirkungsmöglichkeiten literarischer Stilmittel zu vermitteln. Einige weitere<br />

Aspekte zu Mankells Stil werden in den folgenden Unterpunkten jeweils<br />

themenbezogen besprochen.<br />

4.2 Polizeiarbeit ‚en détail’<br />

Eine der Stärken <strong>Henning</strong> Mankells ist die genaue, ja sogar akribische<br />

Beschreibung polizeilicher Arbeit. Durch die zu großen Teilen angewandte<br />

Figurenperspektive gelingt es dem Bestsellerautor, seine Leser intensiv in die<br />

Ermittlungsarbeit <strong>Wallander</strong>s und seiner Kollegen einzubeziehen und somit die<br />

Polizeiarbeit in all ihren Details zu schildern. Es ist ein Genuss für jeden Leser,<br />

sich mit <strong>Wallander</strong> und seinem Ermittlungsteam auf Tätersuche zu begeben oder<br />

sich mit ihnen erneut aufraffen zu müssen, wenn sich verheißungsvolle Spuren als<br />

Sackgassen erweisen. Kein Telefonanruf, keine Tasse Café, aber auch kein<br />

ermittlungstechnischer Fehler wird ausgelassen. 93<br />

4.2.1 Ablauf der Polizeiarbeit<br />

Mankell gelingt es in seinen Büchern einen zu großen Teilen realistischen<br />

Überblick der Ermittlungstätigkeit der Polizei zu geben, so <strong>das</strong>s der Leser einen<br />

Eindruck der Arbeit dieses Berufsstandes gewinnen kann. Er erfährt so <strong>von</strong> den<br />

ersten Arbeitsschritten einer Mordermittlung, deren Reihenfolge <strong>von</strong> <strong>Wallander</strong><br />

und seinen Kollegen stets beharrlich eingehalten wird. Der zunächst<br />

erforderlichen Absperrung folgen gegebenenfalls Videoaufnahmen zur<br />

Beweissicherung, die Feststellung des Todes durch einen Arzt und die sich<br />

anschließende Arbeit der Kriminaltechniker. Steht die Identität des Toten fest,<br />

<strong>liegt</strong> es an den Beamten in Begleitung eines Polizeigeistlichen den Angehörigen<br />

93 Thomas Wörtche. Der Overkill des Krimimarktes. Eine Sammelbesprechung (1998). In:<br />

http://kaliber38.de/woertche/einzelteile/woche98.htm; Stefan Ohlerich. Die falsche Fährte (o. J.).<br />

In: http://www.x-zine.de.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 35<br />

des Mordopfers die Todesnachricht zu überbringen. Schon in diesem frühen<br />

Ermittlungsstadium wird ein erster Zeitplan des begangenen Verbrechens erstellt,<br />

werden erste Zeugen befragt und die Recherche in den polizeilichen<br />

Datensystemen aufgenommen. In dieser Anfangsphase jeder Ermittlung, die einer<br />

„mühsame[n] Grundlagenarbeit“ 94 gleicht, sind die Kriminalbeamten bemüht, sich<br />

zunächst ein Bild des Toten zu machen und möglichst unvoreingenommen in alle<br />

Richtungen zu ermitteln. 95 Eine Verallgemeinerung der sich daran anschließenden<br />

Ermittlungsschritte ist nur mit vielen Zugeständnissen möglich, die zu einer<br />

Verfälschung ihrer Aussagekraft führen würden, da wie <strong>Wallander</strong> treffend zum<br />

Ausdruck bringt, „eine Verbrechensermittlung (…) nie einer anderen [gleicht],<br />

zumindest nicht in der Tiefe.“ 96 Im Folgenden wird daher auf eine weitere<br />

Darstellung <strong>von</strong> Mankells Schilderung der Polizeiarbeit verzichtet und stattdessen<br />

auf einige Besonderheiten des Autors in Bezug auf dieses Thema eingegangen.<br />

Mankell greift die tatsächlich zweimal täglich stattfindenden Besprechungen der<br />

Kriminalbeamten in Ystad in seinen Romanen auf, um dem Leser den aktuellen<br />

Ermittlungsstand offen zu legen und <strong>das</strong> Geschehene kurz zusammenzufassen. In<br />

einer zunächst stattfindenden Informationsrunde werden dem Leser schließlich die<br />

Ergebnisse der Ermittlungen <strong>von</strong> <strong>Wallander</strong>s Kollegen mitgeteilt, während er<br />

selbst mit dem Ermittlungsleiter unterwegs war. 97<br />

Die Ermittlungserfolge <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>s und seines Teams basieren letzten Endes<br />

auf einer Mischung aus logischen Schlüssen, labortechnischen<br />

Untersuchungsergebnissen, viel Laufarbeit und einem leicht übertriebenen Maß<br />

an Intuition und Glück. In schriftstellerischer Perfektion gelingt es Mankell dem<br />

außen stehenden Leser durch entsprechende, in die Handlung eingebaute<br />

Textpassagen den notwendigen polizeilichen Erfahrungsschatz näher zu bringen,<br />

so <strong>das</strong>s er ständig den Gedankengängen der Kriminalbeamten folgen und die sich<br />

daraus ergebenden Ermittlungsschritte nachvollziehen kann. Anhand des lockeren<br />

Seils, mit dem Gösta Runfelt an einen Baum gefesselt war, und seiner plötzlichen<br />

94 Mankell. Die fünfte Frau, S. 164 Z. 12.<br />

95 vgl. Mankell. Mittsommermord, S. 197 Z. 2f; Die fünfte Frau, S. 138 Z. 2ff, S. 189 Z. 7f.<br />

96 Mankell. Die fünfte Frau, S. 131 Z. 22ff.<br />

97 vgl. Interview Anhang A, Abb.12; Mankell. Die falsche Fährte, S. 478f;<br />

Mittsommermord, S. 432 Z. 35f; Die fünfte Frau, S. 37ff.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 36<br />

Abmagerung schließt <strong>Wallander</strong>, <strong>das</strong>s der Blumenhändler in seinem Todeskampf<br />

keinen Widerstand leisten konnte (Die fünfte Frau). 98 Mankells Schilderung der<br />

Polizeiarbeit wird lebendig, indem er seinen Protagonisten typische polizeiliche<br />

Redewendungen in den Mund legt. Mats Eckholm deklariert den Skalpmörder<br />

kurzerhand zu <strong>Wallander</strong>s Täter; Nyberg ist dagegen gespannt, was ihm die<br />

technische Untersuchung der Fingerabdrücke ‚erzählen’ wird. 99 Des Weiteren<br />

geht Mankell in seiner Darstellung des Polizeialltages über die jeweils aktuelle<br />

Mordermittlung hinaus und integriert die tatsächlichen Kriminalitätsschwerpunkte<br />

des Polizeidistriktes Ystad wie den Autoschmuggel, Körperverletzungs- sowie<br />

Verkehrsdelikte in die Handlung. 100<br />

Insgesamt betrachtet schätzt der größte Teil der befragten Leser sowohl den<br />

Ablauf der Polizeiarbeit (44,2%) als auch die allgemeine Ermittlungstaktik<br />

(50,7%) teils realistisch ein. Eine spezifische Auswertung der befragten Polizisten<br />

bestätigte <strong>das</strong> gewonnene Bild. 42,2% der Polizeibeamten bewerten den<br />

geschilderten Ablauf der Polizeiarbeit zum Teil realistisch, gar 64,4% die<br />

dargestellte Ermittlungstaktik. Die beschriebene Spurensicherung als ein<br />

spezifischer Aspekt der Polizeiarbeit stuften 47,9% aller befragten Personen<br />

absolut realistisch ein. Zwar konnten nur 29,5% der Polizeibeamten dieses Urteil<br />

bestätigten, jedoch sahen weitere 45,5% in Nybergs Arbeit realistische<br />

Elemente. 101<br />

4.2.2 Die Schattenseiten der Polizeiarbeit<br />

Angesichts der pedantischen Schilderung der Polizeiarbeit, die schließlich am<br />

Ende jedes Romans zum Erfolg führt und in der Festnahme des Täters ihren<br />

vorläufigen Abschluss findet, verpasst es <strong>Henning</strong> Mankell nicht, die<br />

Schattenseiten dieses Berufes samt der Fehler seiner Protagonisten ins<br />

Rampenlicht zu rücken. Der Beruf des Polizisten wird in Mankells <strong>Kurt</strong>-<br />

<strong>Wallander</strong>-Romanen keinesfalls als DER Traumberuf dargestellt. Entsetzliche<br />

Leichenfunde, die Überbringung ungeliebter Todesnachrichten und eine ständig<br />

98 vgl. Stefan Ohlerich. Die falsche Fährte (o. J.); Mankell. Die fünfte Frau, S. 182f, S. 190 Z.<br />

23ff; vgl. dazu auch Mittsommermord, S. 98 Z. 11ff; Die falsche Fährte, S. 447 Z. 23ff.<br />

99 vgl. Mankell. Die falsche Fährte, S. 171 Z. 24; Mittsommermord, S. 339 Z. 6.<br />

100 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 37 Z. 13ff; Mittsommermord, S. 409 Z. 36f, S. 599 Z. 1f.<br />

101 siehe Anhang B, Anlage 2 u. 3 Frage 8 e) f) g).


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 37<br />

zunehmende Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung zeigen zudem auf, was es<br />

heißt, in der heutigen Zeit den Beruf des Polizisten auszuüben.<br />

Neben finanziellen Engpässen, etlichen Überstunden, einer maroden Technik und<br />

zwangsläufig verworfenen Urlaubsplanungen, leidet die Ermittlungsgruppe um<br />

<strong>Kommissar</strong> <strong>Wallander</strong> unter dem bestehenden Personalmangel, während die<br />

Arbeitsbelastung der einzelnen Polizeibeamten ständig größer wird. Dies äußert<br />

sich nicht nur in der jeweils aktuellen Mordermittlung; auch andere polizeiliche<br />

Aufgaben wie die Verfolgung <strong>von</strong> Trunkenheitsfahrten müssen angesichts der<br />

begrenzten personellen Kapazitäten hinten anstehen und werden so<br />

vernachlässigt. 102<br />

Während <strong>Wallander</strong> und seine Kollegen mit den widrigen Arbeitsbedingungen<br />

vor Ort kämpfen, kümmert sich die Reichspolizeibehörde um scheinbar<br />

belanglose Dinge wie <strong>das</strong> erneute Aufrollen des Slogans einer „bürgernahen<br />

Polizei“ 103 oder erlässt sinnentleerte Direktiven, „daß die einzelnen Polizeibezirke<br />

ihr Verhältnis zu den Massenmedien verbessern und intensivieren sollten.“ 104<br />

Paradoxerweise steht die Polizei in Ystad zur gleichen Zeit beinahe mittellos den<br />

aufkommenden Bürgerwehren und deren Folgen gegenüber (Die fünfte Frau). 105<br />

Aufgrund bestehender binnenländischer ‚Grenzen’ zwischen den<br />

unterschiedlichen Polizeidistrikten und damit verbundener Formalitäten im Falle<br />

einer ‚Grenzüberschreitung’, werden den Kriminalbeamten immer wieder in ihrer<br />

Arbeit zusätzliche Steine in den Weg gelegt. 106 Während es wie bereits erläutert<br />

an Beamten ‚auf der Straße’ fehlt, scheint der Verwaltungsapparat der<br />

(schwedischen) Polizei zunehmend größer zu werden. 107<br />

Doch auch Mankells Protagonisten sind Menschen und daher nicht unfehlbar in<br />

der Ausübung ihres Berufs. Die Vermisstensache Holger Eriksson wird zunächst<br />

vergessen (Die fünfte Frau), ein Schlauchboot wird unbemerkt aus dem Präsidium<br />

102 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 220 Z. 17ff; Die falsche Fährte, S. 64 Z. 27;<br />

Mittsommermord, S. 34 Z. 15ff, S. 409 Z. 36 - S. 410 Z. 2.<br />

103 Mankell. Die fünfte Frau, S. 48 Z. 1.<br />

104 Mankell. Mittsommermord, S. 134 Z. 6 - 8.<br />

105 vgl. Klaus-Peter Walter. Lexikon der Kriminalliteratur. <strong>Henning</strong> Mankell - Die fünfte Frau.<br />

(1999), S. 4; Mankell. Die fünfte Frau, S. 398ff.<br />

106 vgl. Mankell. Mittsommermord, S. 303 Z. 17ff; Die falsche Fährte, S. 254 Z. 9f, S. 350 Z. 6ff.<br />

107 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 276 Z. 3ff.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 38<br />

entwendet (Hunde <strong>von</strong> Riga) und die Erreichbarkeit der einzelnen Beamten ist<br />

aufgrund ausgeschalteter Mobiltelefone keinesfalls durchgehend gesichert. 108 Die<br />

Frage bleibt offen, ob Y<strong>von</strong>ne Ander durch eine professionellere Observation <strong>von</strong><br />

Katarina Taxells Wohnung schneller hätte gefasst werden können oder die<br />

Beamten im Falle einer veranlassten kriminaltechnischen Untersuchung der<br />

Blutlache in Gösta Runfelts Blumengeschäft schneller auf deren Spur gekommen<br />

wären. 109 Hin und wieder verdanken die Beamten es reinem Glück, <strong>das</strong>s es<br />

aufgrund der einen oder anderen Nachlässigkeit zu keinem größeren<br />

Schadensereignis gekommen ist. Welchen Eklat hätte es gegeben, hätte Y<strong>von</strong>ne<br />

Ander Ann-Britt Höglund mit Hanssons Dienstwaffe erschossen? 110<br />

Den negativen Höhepunkt bilden jedoch die straffällig gewordenen<br />

Polizeibeamten. Dabei handelt es sich nicht nur um einen namenlosen Polizisten,<br />

„der Anfang der fünfziger Jahre eine Reihe <strong>von</strong> Morden beging und dann selbst<br />

an der Aufklärung der Verbrechen beteiligt war.“ 111 Auch Svedberg, ein Kollege<br />

aus <strong>Wallander</strong>s unmittelbarer Nähe, kann zweifelsohne zu dieser Gruppe<br />

gerechnet werden, da er in seiner Vergangenheit Åke Larstam zu gefälschten<br />

personenbezogenen Dokumenten verholfen hat. 112 Im Ergebnis wird damit nicht<br />

nur Mankells Hauptfigur <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, wie später noch zu sehen sein wird,<br />

realistisch dargestellt; auch der schwedische Polizeiapparat samt seinen Beamten<br />

wird ‚menschlich’ - mit etlichen Fehlern und Schwächen - geschildert.<br />

4.2.3 Das Kollegenverhältnis<br />

Im Einklang mit den bereits geschilderten Missständen der (schwedischen) Polizei<br />

steht auch <strong>das</strong> Kollegenverhältnis <strong>von</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, seiner Vorgesetzten Lisa<br />

Holgersson, Ann-Britt Höglund, dem Computerspezialisten Martinsson, Karl<br />

Evert Svedberg, dem Kriminaltechniker Sven Nyberg und Ove Hansson. Bilden<br />

die sieben Kriminalbeamtinnen und -beamten zwar arbeitstechnisch ein perfekt<br />

108 vgl. Mankell. Hunde <strong>von</strong> Riga, S. 98 Z. 32 - S. 99 Z. 30;<br />

Die fünfte Frau, S. 73 Z. 9, S. 372 Z. 4f.<br />

109 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 369 Z. 1ff, S. 434 Z. 28 - S. 441 Z. 22.<br />

110 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 537 Z. 22 - S. 539 Z. 27.<br />

111 Mankell. Die falsche Fährte, S. 158 Z. 30ff.<br />

112 vgl. Mankell. Die falsche Fährte, S. 189 Z. 1 - 4.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 39<br />

eingespieltes Team, <strong>das</strong> sich blind zu verstehen scheint, wird im Laufe der<br />

Romane klar, wie wenig sie über ihr jeweiliges Gegenüber wissen. 113<br />

„Wir wissen nicht viel, (…) [verrät <strong>Wallander</strong> dem Leser in seinen<br />

Gedanken]. Weder die anderen über mich, noch ich über die anderen.<br />

Wir arbeiten zusammen. Vielleicht ein ganzes Berufsleben lang. Aber<br />

was wissen wir eigentlich <strong>von</strong>einander? Nichts.“ 114<br />

Daher ist es nicht verwunderlich, <strong>das</strong>s Hansson um 12.30 Uhr noch nicht einmal<br />

bemerkt hat, <strong>das</strong>s Svedberg an diesem Tag nicht zum Dienst erschienen ist<br />

(Mittsommermord). Innerhalb seines Kollegenkreises konnte <strong>Wallander</strong> lediglich<br />

zu dem bereits verstorbenen Evert Rydberg ein wirklich freundschaftliches<br />

Verhältnis aufbauen. Private Gesprächsthemen gibt es unter den KollegInnen<br />

kaum. Lisa Holgerssons Nachfrage, wie es denn <strong>Wallander</strong> in Rom ergangen sei,<br />

hat ebenfalls den Anschein, eine reine Höflichkeitsfloskel zu sein. 115 Zudem<br />

kämpfen <strong>Wallander</strong>s ältere Kollegen noch mit heftigen Vorurteilen gegenüber<br />

weiblichen Kolleginnen, obwohl deren neue Vorgesetzte Lisa Holgersson wie<br />

auch die junge Absolventin Ann-Britt Höglund in ihrer jeweiligen Tätigkeit<br />

überzeugen. Sowohl Hansson als auch Svedberg, dem es schwerfällt, „weibliche<br />

Kolleginnen zu akzeptieren“ 116 , demonstrieren offen ihren Unmut über diese<br />

Entwicklung. 117<br />

Mankells Schilderung des Kollegenverhältnisses wird <strong>von</strong> keinem Leser als völlig<br />

unrealistisch bewertet. Je 47,4% der befragten Leser schätzten den beschriebenen<br />

Umgang der Kriminalbeamten miteinander sowohl absolut realistisch als auch<br />

teils realistisch ein. Die Mehrzahl der befragten deutschen Polizeibeamten<br />

hingegen bewertet <strong>das</strong> dargestellte Kollegenverhältnis nur in Teilen als<br />

authentisch (59,1%). Trotz der ausführlich geschilderten Missstände innerhalb des<br />

Polizeiapparates, gaben 17,30% der befragten Leser an, ihr Bild <strong>von</strong> der Polizei<br />

hätte sich durch Mankells <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane positiv verändert. 118<br />

113 vgl. Mankell. Mittsommermord, S. 38 Z.30ff , S. 86 Z. 11ff, S. 130 Z. 7ff, S. 195 Z. 25, S. 29f.<br />

114 Mankell. Mittsommermord, S. 42 Z. 24 - 27.<br />

115 vgl. Mankell. Mittsommermord, S. 44 Z. 11f; Die fünfte Frau, S. 70 Z. 3.<br />

116 Mankell. Die falsche Fährte, S. 57 Z. 20.<br />

117 vgl. Mankell. Mittsommermord, S. 35 Z. 33ff, S. 74 Z. 5, S. 259 Z. 10f; Die fünfte Frau, S. 38<br />

Z. 9ff, S. 411 Z. 10 - 15; Die falsche Fährte, S. 30 Z. 12f, S. 498 Z. 32 - S. 499 Z.4.<br />

118 siehe Anlage B, Anhang 2 u. 3 Frage 8 d) 14).


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 40<br />

4.2.4 Realität und Fiktion<br />

Die <strong>von</strong> Mankell detailliert geschilderten Vorurteile gegenüber Frauen in der<br />

praktischen Polizeiarbeit sind ein sehr gutes Beispiel für dessen exzellente<br />

Recherchearbeit. Wie Frau Westford in unserem Interview bestätigen konnte,<br />

musste auch sie trotz ihrer 32-jährigen Diensterfahrung noch gegen die<br />

Engstirnigkeit einiger Kollegen in Ystad ankämpfen - und <strong>das</strong> trotz eines<br />

landesweiten Frauenanteils <strong>von</strong> 25 %. In liebevoller Feinarbeit gelang es<br />

Mankell, selbst kleinste Details des alltäglichen Polizeidienstes<br />

wirklichkeitsgetreu in seine Romane einfließen zu lassen. Die sagenumwobenen<br />

Gerüchte innerhalb des Polizeiapparates werden in derselben Weise erwähnt wie<br />

unzählige Tassen starken Cafés - ungeachtet seines letztendlichen Geschmacks. 119<br />

Dieses insgesamt äußerst hohe Maß an Realität ist <strong>das</strong> Ergebnis einer<br />

beträchtlichen Recherchearbeit, die jedem Roman des Schweden vorausgeht.<br />

Hilfreich erwiesen sich hierbei für den Autor nicht nur der Richterberuf seines<br />

Vaters, sondern auch gute Freunde unter Polizisten und Staatsanwälten. Die<br />

detaillierten Computerkenntnisse für seinen Roman Die Brandmauer eignete sich<br />

der Schwede z. B. <strong>von</strong> einem 19-jährigen Hacker an. <strong>Henning</strong> Mankell steht zwar<br />

nicht in direktem Kontakt zur schwedischen Polizei, abonniert jedoch die<br />

schwedische Polizeizeitung und eine junge Polizistin schreibt für ihn Erlebnisse<br />

aus ihrem Berufsalltag auf. Die inoffizielle Verwendung der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-<br />

Romane in Mankells Geburtsland Schweden für die dortige Polizeiausbildung ist<br />

sicherlich eine der größten Anerkennungen für den Autor hinsichtlich seiner<br />

eingebrachten Authentizität. 120<br />

Neben dem bereits in Punkt 2.3 geschilderten realen Hintergrund zu Mörder ohne<br />

Gesicht, mag der Leser mutmaßen, inwiefern die Übereinstimmungen zwischen<br />

<strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> und seinem realen Kollegen <strong>Kurt</strong> Ingvar Wald, der die Funktion<br />

des leitenden <strong>Kommissar</strong>s in diesem Fall innehatte, zufällig sind. Beide haben<br />

eine Tochter namens Linda, trinken Whiskey, lieben die Oper und haben bzw.<br />

119<br />

vgl. Interview Anhang A, Abb. 12; Mankell. Mittsommermord, S. 346 Z. 5f; Die falsche<br />

Fährte, S. 33 Z. 22ff, S. 45 Z. 27ff, S. 338 Z. 5 - 9.<br />

120<br />

vgl. Literaturportal Schwedenkrimi. Interview mit dem Autoren <strong>Henning</strong> Mankell (2000, 2001);<br />

Interview Anhang A, Abb. 12.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 41<br />

hatten eine weibliche Vorgesetzte. Mankell gelingt es in seinen Romanen<br />

Wirklichkeit und Fiktion auf eine Weise zu verweben, die seine Romane v. a. für<br />

direkt Betroffene, wie Frau Westford <strong>von</strong> der Polizei in Ystad, mystisch macht. 121<br />

Sieht man <strong>von</strong> den reinen Tatsachenberichten in der Welt der Literatur ab, so<br />

enthält jedes literarische Werk fiktionale Momente. Wohl angesichts der vielen<br />

realen Szenen in <strong>Henning</strong> Mankells Büchern, weist der Autor explizit in mehreren<br />

Nachworten seiner Romane auf die bestehende Freiheit in der Welt des Romans<br />

hin (Hunde <strong>von</strong> Riga, Die fünfte Frau). Wie die Ermittlungstaktik, enthalten auch<br />

Mankells Romanausgänge unrealistische Elemente. <strong>Wallander</strong>s Ablehnung einer<br />

personellen Verstärkung wäre in der polizeilichen Wirklichkeit nicht vertretbar.<br />

Hier weicht Mankell zu Gunsten des literarischen Wertes seiner Bücher <strong>von</strong> der<br />

Wirklichkeit ab, um die Anzahl der Ermittlungsbeamten begrenzt zu halten und<br />

somit eine Identifikation des Lesers mit den Kollegen <strong>Wallander</strong>s weiterhin zu<br />

gewährleisten. Auf realistische Romanausgänge, vor allem unter dem Aspekt der<br />

Eigensicherung, verzichtet Mankell zu Gunsten der Spannung. Svedbergs Frage<br />

„Sollen wir bewaffnet sein?“ 122 als die Kriminalbeamten zu Y<strong>von</strong>ne Anders Hof<br />

fahren, wäre in der Realität völlig überflüssig. Sicherlich ist auch <strong>Wallander</strong>s<br />

alleinige Überwältigung Åke Larstams mittels einer Planke im spärlichen<br />

Mondlicht wesentlich nervenaufreibender als der Einsatz eines<br />

Spezialeinsatzkommandos, <strong>das</strong> dem Landbriefträger völlig überlegen wäre<br />

(Mittsommermord). Mankells Leser sind sich der fiktionalen Szenen vor allem in<br />

den Bereichen der Eigensicherung bewusst. Während erwartungsgemäß<br />

wesentlich mehr befragte Polizeibeamte die dargestellte Eigensicherung ihrer<br />

‚Kollegen’ zumindest in Teilen unrealistisch beurteilten (81,8%), waren immerhin<br />

59,1% aller befragten Leser der gleichen Meinung. Erstaunlicherweise bewerteten<br />

die befragten Gesetzeshüter die Romanausgänge der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane<br />

insgesamt realistischer, als der Durchschnitt aller befragten Personen. 123<br />

Obgleich <strong>Henning</strong> Mankell, abgesehen <strong>von</strong> dessen Debütroman Mörder ohne<br />

Gesicht, alle Tatgeschehen in seinen Romanen frei erfunden hat, weisen doch<br />

121 vgl. Interview Anhang A, Abb. 12; Wolfgang Gehrmann. Die richtige Fährte (2000). In:<br />

http://www.zeit.de/2000/42/Reisen/200042_wallander.html.<br />

122 Mankell. Die fünfte Frau, S. 523 Z. 34.<br />

123 siehe Anhang B, Anlage 2 u. 3 Frage 8 h) i).


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 42<br />

einige seiner Fälle erstaunliche Parallelen zu begangenen Taten in der<br />

Wirklichkeit auf. Nach der Veröffentlichung des Romans Vor dem Frost, in dem<br />

Schwäne angezündet werden, mussten Igel in Malmö <strong>das</strong>selbe Schicksal erleiden.<br />

Ein Artikel in der Ausgabe der Schwetzinger Zeitung vom 21. Juni 2004 berichtet<br />

dagegen <strong>von</strong> drei zusammengebundenen Leichen, die am Lake Michigan (USA)<br />

an Land geschwemmt wurden, und ruft damit sofort Erinnerungen an Mankells<br />

Roman Hunde <strong>von</strong> Riga hervor. Ein weiterer Artikel dieser Lokalzeitung<br />

informiert den Leser über einen Suizidversuch, der deutliche Parallelen zu Maria<br />

Dolores Santanas Selbstmord aufzeigt (Die falsche Fährte). Diese drei<br />

exemplarischen Fälle zeigen deutlich, <strong>das</strong>s es dem Autor auf eine beinahe<br />

magische Art und Weise gelingt, Taten vorherzusagen. Das Ergebnis der<br />

vorliegenden Fragebogenauswertung zeigt, <strong>das</strong>s die Menschen - unabhängig <strong>von</strong><br />

ihrem Berufs - den potentiellen Realitätsgrad der Tatgeschehen erkannt haben und<br />

diese zumindest in einigen Punkten als realistisch einschätzen (88,4%).<br />

Erstaunlich ist auch hier der geringere Anteil an Polizeibeamten, die den übrigen<br />

Lesern in ihrer Meinung zustimmen (70,6%). <strong>Henning</strong> Mankells Zitat vom<br />

Beginn dieser Arbeit „Was immer ich schreibe, die Realität ist noch schlimmer.<br />

Das bestätigt sich früher oder später bei jedem meiner Bücher.“ 124 , kann hiermit<br />

als bestätigt angesehen werden.“ 125<br />

Wenngleich der Unterhaltungswert der Bücher insgesamt für die Mehrzahl der<br />

befragten Personen wichtiger ist als deren kriminalistischer Wert, trug <strong>das</strong><br />

allgemein hohe Maß an Authentizität ohne Zweifel mit zum Erfolg der <strong>Kurt</strong>-<br />

<strong>Wallander</strong>-Serie bei. 126<br />

124<br />

Literaturportal Schwedenkrimi. Interview mit dem Autoren <strong>Henning</strong> Mankell (2000).<br />

125<br />

vgl. Interview Anhang A, Abb. 12; siehe Anhang A, Abb. 4 u. 5; Anhang B, Anlage 2 u. 3<br />

Frage 8 a).<br />

126<br />

siehe Anhang B, Anlage 2 Frage 11 a) b), siehe dazu auch: Frage 13c) u. Anhang A, Abb. 2.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 43<br />

4.3 Gesellschaftskritik<br />

„Erst nachdem ich den achten und letzten Teil der Serie über <strong>Kurt</strong><br />

<strong>Wallander</strong> geschrieben hatte, wurde mir klar, welchen Untertitel ich<br />

die ganze Zeit gesucht, aber nicht gefunden hatte. Als alles, oder<br />

zumindest <strong>das</strong> meiste, geschrieben war, erkannte ich, daß der<br />

Untertitel »Romane über die europäische Unruhe« lauten müßte.“ 127<br />

Mit diesen ersten Worten <strong>Henning</strong> Mankells zu seinem Werk <strong>Wallander</strong>s erster<br />

Fall betont der Romancier explizit die sich in allen seinen <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-<br />

Romanen wieder findende gesellschaftskritische Komponente. Ganz in der<br />

Tradition des skandinavischen Kriminalromans bedient sich auch Mankell seiner<br />

Romane, um seinen Lesern die Missstände der Gesellschaft, in der sie leben, vor<br />

Augen zu führen. Schließlich waren es diese, die Mankell dazu veranlassten, die<br />

Figur des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> zu erschaffen und letztendlich aus ihr einen<br />

‚Serienhelden’ zu kreieren. Obgleich die Romane rein technisch dem Genre der<br />

Kriminalliteratur zuzuordnen sind, schreibt Mankell in seinem Herzen<br />

gesellschaftskritische Romane. Allen <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen <strong>liegt</strong> daher eine<br />

politisch motivierte Frage zu Grunde. Während sein Debütroman Mörder ohne<br />

Gesicht <strong>das</strong> Problem der Fremdenfeindlichkeit in Südschweden aufgreift, widmet<br />

sich der Autor in Die fünfte Frau einem heute noch, v. a. in den gehobenen<br />

Bevölkerungsschichten, absoluten Tabuthema: Der Gewalt gegen und dem<br />

Missbrauch <strong>von</strong> Frauen. 128<br />

Mankell überlässt es dabei keineswegs dem Zufall, ob sich der Leser seiner<br />

Botschaft in den Romanen bewusst wird, sondern bringt seine Kritik am<br />

schwedischen Wohlfahrts- und Rechtsstaat gleich multidimensional zum<br />

Ausdruck. Kein Täter, kein Verbrechen wurde <strong>von</strong> Mankell zufällig entwickelt;<br />

seine literarischen Serienmorde spiegeln stattdessen den Zustand der Gesellschaft<br />

wider. In einem Interview bezüglich der Veröffentlichung des Romans Die<br />

falsche Fährte gab Mankell mit aller Deutlichkeit zu verstehen: „Es gibt keine<br />

schlechten Menschen, nur schlechte Umstände“ 129 und machte damit klar, <strong>das</strong>s<br />

127 <strong>Henning</strong> Mankell. <strong>Wallander</strong>s erster Fall, S. 1 Z.1-5.<br />

128 vgl. Peter <strong>Henning</strong>. Mich interessiert die Spirale des Unglücks. In: Tamedia AG (Hg.): Facts.<br />

Das Schweizer Nachrichtenmagazin 24. Zürich: Hans Heinrich Conxinx, (1999). S. 138.<br />

129 Peter <strong>Henning</strong>. Mich interessiert die Spirale des Unglücks. (1999). S. 138.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 44<br />

<strong>das</strong> Böse in einem Menschen seiner Meinung nach ein Resultat der Gesellschaft<br />

sei. Mankells Täter morden also nicht ohne Grund. Hoovers Motiv hatte seinen<br />

Ursprung in der Unfähigkeit des Justizsystems und endete letztendlich in einem<br />

Rachefeldzug für seine geschändete Schwester Louise (Die falsche Fährte). 130<br />

<strong>Henning</strong> Mankell sympathisiert nicht mit den Tätern, obgleich er klarstellt, <strong>das</strong>s<br />

sie für ihn in gewisser Weise Opfer der heutigen Gesellschaft darstellen; in einer<br />

Gesellschaft, in der die Kluft „zwischen Arm und Reich, zwischen den<br />

Erfolgreichen und den Ausrangierten“ 131 immer größer wird. Fehlende soziale<br />

Bindungen und Kontakte sowie die Sorgen um seine Arbeitslosigkeit lassen es für<br />

Åke Larstam, der für die zuletzt genannten Menschen steht, unerträglich werden,<br />

glückliche Menschen zu sehen (Mittsommermord). Mankell hält diese Menschen<br />

nicht für unschuldig, möchte jedoch mit seiner Opfertheorie zum Ausdruck<br />

bringen, <strong>das</strong>s die tieferen Gründe für Taten dieser Art in der Gesellschaft zu<br />

suchen sind. Ein Mensch wird ebenso wenig als Verbrecher geboren wie der<br />

Gesellschaft die alleinige Schuld hierfür gegeben werden kann. In diesem<br />

Zusammenhang ist Mankells Verwendung des Wortes ‚Opfer’ leicht<br />

missverständlich. Die Aufklärung des Tatmotivs muss neben der Täterfestnahme<br />

vorrangiges Ziel jeder polizeilichen Ermittlung sein. Nur so ist es möglich,<br />

Verbrechen dieser Art, zumindest im theoretischen Ansatz, langfristig zu<br />

bekämpfen. 132<br />

Indem Mankell der Suche nach dem Motiv ebenso viel Platz in seinen Büchern<br />

einräumt wie der Suche nach dem Täter, leistet er hierzu den ersten Schritt und<br />

zeigt dem Leser, wo die Ursachen solcher Verbrechen zu finden sind. <strong>Wallander</strong><br />

will verstehen, wie es dazu kommen kann, <strong>das</strong>s ein 14-jähriger Junge vier Männer<br />

skalpiert, die Augen verätzt und einen ihrer Köpfe in einem Backofen gart (Die<br />

falsche Fährte). In der Gewichtung der Motivfrage hebt Mankell sich deutlich <strong>von</strong><br />

anderen Vertretern seines Genres ab und lässt bereits an diesem Punkt erahnen,<br />

welchen Stellenwert die sozialkritische Komponente in seinen Romanen innehat.<br />

130<br />

vgl. Wissen.de. Interview mit <strong>Henning</strong> Mankell: „Wir leben in einer schrecklichen Welt“<br />

(o. J.).<br />

131<br />

Literaturportal Schwedenkrimi.de. Interview mit dem Autoren <strong>Henning</strong> Mankell (2000).<br />

In: http://www.schwedenkrimi.de; vgl. dazu auch Mankell. Die fünfte Frau, S. 298 Z. 5ff.<br />

132<br />

vgl. ZDF.de. Serienkiller sind nicht nur ein Phänomen Amerikas (2001). In: http://www.zdf.de.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 45<br />

Die Auswirkungen des gesellschaftlichen Wandels werden jedoch nicht nur durch<br />

Täter und Tote deutlich. Mit <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> gelingt es Mankell, seine persönliche<br />

Sichtweise über <strong>das</strong> Interieur der schwedischen Gesellschaft mit der eigentlichen<br />

Handlung zu verstricken und hebt seinen Kriminalbeamten so zum moralischen<br />

Sprachrohr seiner Romane empor. 133 Mit <strong>Wallander</strong> will Mankell jedoch den<br />

Leser nicht belehren; der <strong>Kommissar</strong> verkörpert echte Sorge. Wie kein anderer<br />

seiner Charaktere lässt Mankell ihn getreu seiner eigenen wertkonservativen<br />

Einstellung über die Abgründe der (schwedischen) Gesellschaft sinnieren.<br />

<strong>Wallander</strong> kann deren moralischen Zusammenbruch nicht überwinden. Durch<br />

seinen Beruf wird er überdies direkt mit den zu anfangs geschilderten<br />

Konsequenzen einer härter werdenden Gesellschaft konfrontiert, was ihn mit<br />

jedem weiteren Mord seiner Karriere fassungsloser vor der wachsenden Brutalität<br />

einiger Menschen stehen lässt. In seinen Gedanken und Ängsten, die sich im<br />

Laufe der Romanserie verändern, kann der Leser trefflich den sich vollziehenden<br />

gesellschaftlichen Wandel ablesen. 134<br />

<strong>Wallander</strong> ist mit seinen Sorgen über die Zukunft der (schwedischen) Gesellschaft<br />

jedoch kein Ausnahmefall. Fast schon genial zeigt Mankell seinen Lesern, <strong>das</strong>s<br />

diese Ängste nicht nur ein Problem weniger vereinsamter Personen sind, indem er<br />

sie an den Sorgen seiner Haupt- wie Nebenfiguren Teil haben lässt. Halt suchend<br />

widmen sich die Bürger Schonens den unterschiedlichsten Dingen. Für<br />

<strong>Wallander</strong>s Vater stellt seine Malerei mit dem immer wiederkehrenden Motiv des<br />

Auerhahns die einzig feste Instanz in diesem Chaos dar. 135 Zuflucht und Schutz<br />

suchen jedoch auch andere; <strong>Wallander</strong> in Verdis Opern, Y<strong>von</strong>ne Ander in ihren<br />

Zeitplänen und Holger Eriksson in seinen Gedichten über aus Schweden<br />

‚fliehende’ Vögel (Die fünfte Frau). Betrachtet man jedoch die Motivation für die<br />

Malerei <strong>von</strong> <strong>Wallander</strong>s Vater oder die akribischen Zeitpläne im Leben der<br />

Y<strong>von</strong>ne Ander genauer, so symbolisieren sie „in einem Umkehrschritt den<br />

133 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 234 Z. 17-31, S. 429 Z. 36 - S. 430 Z. 8.<br />

134 vgl. Sens, S. 14; Christian Wymann. Moral und Verantwortung (2001) In:<br />

http://www.wallander.ch; <strong>Henning</strong>, S. 139; ZDF.de. Serienkiller sind nicht nur ein Phänomen<br />

Amerikas (2001); Literaturportal Schwedenkrimi.de. Interview mit dem Autoren <strong>Henning</strong> Mankell<br />

(2000).<br />

135 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 140 Z. 22-26.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 46<br />

fließenden Übergang zum Wahnsinn“ 136 und münden erneut ins Chaos. 137<br />

Auffällig viele Zeugen in Die fünfte Frau leben in völliger Abgeschiedenheit. Die<br />

Frage bleibt wohl bewusst offen, ob sie Opfer des gesellschaftlichen Wandels sind<br />

oder vor diesem auf der Flucht. Wie Kritik letztendlich kaum<br />

unmissverständlicher sein kann, verkündet Holger Eriksson im selben Roman,<br />

<strong>das</strong>s die Gesellschaft dabei ist „vor die Hunde zu gehen“ 138 . Trotz lautstarker<br />

Unmutsäußerungen bekommt der Leser den Eindruck, <strong>das</strong>s die älteren Menschen<br />

der momentanen Situation hilflos gegenüber stehen und sich in Erinnerungen an<br />

vergangene Zeiten flüchten. 139 Anders die jungen Menschen; sie versuchen<br />

Antworten auf ihre Fragen nach dem Warum zu finden. Paradoxerweise lässt<br />

Mankell sie hierbei auf <strong>Wallander</strong> stoßen, der sich wiederholt als unfähig erweist<br />

und die Gespräche beendet. 140 Die heranwachsende Generation als Zeichen<br />

Mankells, <strong>das</strong>s es noch nicht zu spät ist, um die Ursachen der Probleme zu<br />

erforschen und diesen zu begegnen? 141<br />

Tatsächlich verfolgt der Bestseller-Autor mit diesem sowohl offensiven wie<br />

intensiven Umgang mit dieser Thematik gleich zwei Ziele und spricht<br />

dementsprechend verschiedene Bevölkerungsgruppen an. Zunächst möchte der<br />

Romancier die Bevölkerung auf mögliche Zukunftsszenarien vorbereiten bzw.<br />

dafür sensibilisieren, indem er versucht in seinen Geschichten „Dinge<br />

aufzugreifen, bevor sie passieren“ 142 . Tatsächlich gelingt dies dem Schweden<br />

auch, wie bereits im vorigen Kapitel ausführlich dargestellt wurde. Obwohl<br />

Mankell seit Jahren in Afrika lebt und dort die meiste Zeit des Jahres verbringt,<br />

wisse der Autor sehr gut was in Schweden passiert, gibt Frau Westford in unserem<br />

Interview zu verstehen. Im Ergebnis hat die schwedische Gesellschaft mit exakt<br />

denselben Problemen zu kämpfen wie die Bundesrepublik Deutschland. Die<br />

Arbeitslosenrate steigt unaufhörlich, viele Menschen fühlen sich vergessen und<br />

reagieren aggressiv. Die Schreckensmeldungen <strong>von</strong> rechtsextremen Gewalttaten<br />

136 Krieg, S. 86.<br />

137 vgl. Krieg, S. 85f.<br />

138 Mankell. Die fünfte Frau, S. 153 Z. 12f.<br />

139 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 298 Z. 21f.<br />

140 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 234 Z. 4ff, S. 297 Z. 12ff; Mittsommermord, S. 58 Z. 21ff.<br />

141 vgl. Klaus-Peter Walter. Lexikon der Kriminalliteratur. <strong>Henning</strong> Mankell-Die fünfte Frau, S.4.<br />

142 Literaturportal Schwedenkrimi.de. Interview mit dem Autoren <strong>Henning</strong> Mankell (2001).


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 47<br />

reissen nicht ab, Jugendliche fühlen sich nutzlos und unwillkommen. Obwohl die<br />

Emanzipation der Frauen weit fortgeschritten ist, haben beide Länder mit einer<br />

hohen Dunkelziffer im Bereich des Missbrauchs <strong>von</strong> Frauen und Kindern zu<br />

kämpfen. Die Politiker scheinen diesen gesellschaftspolitischen Themen hilflos<br />

gegenüber zu stehen, der Rechtsstaat an einigen Stellen zu versagen. In ihrer<br />

Verzweiflung verhelfen sich Menschen wie Y<strong>von</strong>ne Ander zu ihrem und anderer<br />

‚Recht’ und gehen den in ihren Augen einzig gebliebenen Weg, auch wenn es<br />

letztendlich der falsche ist. Anhand der Analyse der politischen Entwicklung und<br />

der damit einhergehenden Offenbarung der in der Tiefe liegenden Krankheiten<br />

des schwedischen Rechtsstaates, wendet sich Mankell überdies speziell an die<br />

Politiker der Länder des europäischen Kontinents - Kritik, die jedoch <strong>von</strong> den<br />

reichen Ländern unserer Welt nur ungern gehört wird. 143<br />

Nach Lösungsansätzen für die geschilderten Probleme sucht der Leser in<br />

Mankells <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen vergebens. Hier präsentiert sich Mankell<br />

bürgerlich-neutral, zumal es nicht <strong>Wallander</strong>s Charakter entsprechen würde, die<br />

passenden Antworten zu den komplexen Problemen dieser Art parat zu haben.<br />

Trotzdem belässt es Mankell nicht beim Schreiben über die gesellschaftlichen<br />

Probleme der Gegenwart. Im wirklichen Leben engagiert sich der Autor vor allem<br />

für seine Wahlheimat Afrika in politischen wie gesellschaftlichen Bereichen - wie<br />

zum Beispiel dem Kampf gegen AIDS - und liefert damit <strong>das</strong> beste Vorbild, <strong>das</strong><br />

er sich für seine Romane wünschen könnte, selbst und wird demzufolge in seiner<br />

Botschaft glaubhaft.<br />

Insgesamt betrachtet erweist sich <strong>Henning</strong> Mankell als ein Mensch, der die Augen<br />

nicht vor den Fehlern der westlichen Zivilisationen verschließt, sondern diese an<br />

den Pranger stellt. In seiner Kritik am schwedischen Wohlfahrts- und Rechtsstaat,<br />

der mit seinen Problemen stellvertretend für die meisten Staaten Europas steht,<br />

präsentiert sich Mankell als ernst zu nehmender und glaubhafter Mann. Trotz der<br />

umfassenden gesellschaftskritischen Komponente, die seinen Romanen eine<br />

melancholische, manchmal auch deprimierende Grundstimmung verleiht,<br />

143 vgl. Christian Wymann. Moral und Verantwortung (2001); Krieg, S. 86; Literaturportal<br />

Schwedenkrimi.de. Interview mit dem Autoren <strong>Henning</strong> Mankell (2000).


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 48<br />

überschreitet der Bestsellerautor zu keinem Zeitpunkt die Grenze, hinter der „die<br />

Handlung nur noch als Vehikel für die Kritik dient. Eine wichtige Voraussetzung<br />

für seinen internationalen Erfolg“ 144 . 145<br />

In den Augen der Leser spielt Mankells eingebrachte Gesellschaftskritik für die<br />

Gesamtbeurteilung der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane unterschiedlich wichtige Rollen.<br />

In einer Umfrage der deutschen <strong>Wallander</strong>-Fanseite http://www.wallander-web.de<br />

vom März 2003 sahen 28% der Leser Mankells subtile Gesellschaftskritik als<br />

wichtigsten Faktor für den internationalen Großerfolg dieser Kriminalromanserie<br />

an. In hiesiger Meinungsumfrage beurteilten gar 39,80% der befragten Leser<br />

Mankells gesellschaftskritische Komponente als sehr wesentlich für deren<br />

Gesamtbeurteilung der Romane, die wiederum deren Erfolg begründet.<br />

Andererseits darf dieser Aspekt jedoch nicht bei der Suche nach möglichen<br />

Erfolgsgründen überbewertet werden. Immerhin 25,00 % der Leser sehen in der<br />

Gesellschaftskritik ein unwesentliches Element, gar 5,10% ein völlig<br />

unwesentliches. 146<br />

144 Sens, S. 18.<br />

145 vgl. Sens, S. 18; Ludger Menke. <strong>Henning</strong> Mankell - steget efter - dt.: Mittsommermord (o. J.).<br />

In: http://www.der-buecherfreund.de/krimi/mankell2.html .<br />

146 siehe Anhang A, Abb. 2; Anhang B, Anlage 2 Frage 13e)


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 49<br />

4.4 <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> - (k)ein Superheld?<br />

Während die Entwicklung des Verbrechens in der Geschichte der<br />

Kriminalliteratur immer brutalere und beinahe groteske Formen annahm, verlief<br />

die Entwicklung der ihnen entgegenwirkenden Individuen beinahe durchgängig<br />

diametral. Die Ermittler des ausklingenden 20. Jahrhunderts und des nunmehr neu<br />

begonnenen 21. Jahrhunderts verkörpern nicht mehr den klassischen Überhelden,<br />

sondern sind <strong>von</strong> weicherem Charakter gezeichnet, kommen fürwahr nicht mehr<br />

mit ihren Aufgaben, den gesellschaftlichen Um- und Missständen im Allgemeinen<br />

und der daraus resultierenden sinnlosen Brutalität zurecht. 147<br />

Ist <strong>Henning</strong> Mankell diesem Trend mit <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, dem Kriminalkommissar<br />

aus dem südschonischen Ystad, gefolgt oder schlägt er in Bezug auf seine<br />

Hauptfigur neue Wege ein?<br />

4.4.1 Die familiären Eckdaten<br />

<strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, geboren 1947, wächst zusammen mit seinen Eltern und seiner<br />

Schwester Kristina in Klagshamn, etwas außerhalb <strong>von</strong> Malmö, in einer alten<br />

umgebauten Schmiede auf. Nach anfänglichen Berufswünschen Pressefotograph<br />

bzw. Opernsänger zu werden, beginnt <strong>Kurt</strong> zum großen Unverständnis seines<br />

Vaters im Alter <strong>von</strong> 18 Jahren eine Ausbildung bei der Polizei in Malmö, wo er<br />

auch die ersten Jahre als Streifenpolizist tätig ist. <strong>Wallander</strong> heiratet 1970 seine<br />

Freundin Mona; noch im selben Jahr kommt ihre Tochter Linda zur Welt. Als<br />

<strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> im Sommer 1976 die Zusage für eine Stelle bei der<br />

Kriminalpolizei in Ystad bekommt, zieht die dreiköpfige Familie in die<br />

Zweizimmerwohnung eines Mehrfamilienhauses in der Mariagatan, einer<br />

schmucklosen Wohnstraße im Osten Ystads.<br />

Linda, die nach zwei Selbstmordversuchen eine lange Selbstfindungsphase<br />

durchlebt, zieht früh aus und so wohnt <strong>Wallander</strong> nach der Trennung <strong>von</strong> seiner<br />

Frau alleine in der ehelichen Wohnung. Noch Jahre nach der Trennung, die<br />

<strong>Wallander</strong> nie überwinden wird, hat er große Sehnsucht nach Mona und hofft<br />

ständig auf eine Versöhnung mit ihr. Als diese für <strong>Kurt</strong> völlig überraschend die<br />

Scheidung einreicht, versinkt er in Kummer und Selbstmitleid; sein<br />

147 vgl. Krieg, S. 9.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 50<br />

Selbstwertgefühl ist am Boden. Erst als er beinahe seinen Führerschein einbüßen<br />

muss, wird ihm sein Lebenswandel bewusst und es gelingt <strong>Wallander</strong> sich<br />

langsam aufzuraffen. Es vergeht eine lange Zeit, bis zwischen den geschiedenen<br />

Eheleuten eine Begegnungsebene der Normalität entstehen kann. 148<br />

Mankell wollte mit <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> alles andere als einen leicht fassbaren<br />

Charakter schaffen. Während die ersten Fakten einen nüchternen Eindruck seiner<br />

Hauptfigur hinterlassen, lernt der Leser im Laufe der Romanserie einen mit<br />

„zahlreichen, wenn auch klischeehaften Widerhaken ausgestatteten“ 149 Mann im<br />

besten Alter kennen.<br />

4.4.2 Eine Hauptfigur mit vielen Facetten<br />

<strong>Wallander</strong> gibt sich gänzlich seiner Arbeit hin, die, so kann man berechtigt<br />

mutmaßen, ursächlich für <strong>das</strong> Scheitern seiner Ehe ist. Weder unzulängliche<br />

Arbeitsbedingungen noch unzählige unbezahlte Überstunden schmälern<br />

<strong>Wallander</strong>s Motivation; vielmehr werden diese nach der Scheidung mehr und<br />

mehr zu einer lieb gewonnenen Begründung, nicht in die leere Wohnung<br />

zurückkehren zu müssen. <strong>Wallander</strong> ist praktisch immer im Dienst, jedoch führen<br />

seine oftmals unorthodoxen Arbeitsweisen und sein ausgesprochen sturer<br />

Charakter mitunter zu Problemen. Seit seinem ersten Fall agiert <strong>Wallander</strong> viel zu<br />

oft auf eigene Faust. In seinen Ermittlungen verstößt der <strong>Kommissar</strong> häufig gegen<br />

polizeiliche Vorschriften. Zeugen werden zum Reden gebracht (Die falsche<br />

Fährte), Åke Larstams Wohnung ohne jeglichen Durchsuchungsbeschluss<br />

aufgebrochen (Mittsommermord) und <strong>Wallander</strong>s Überwältigung Harderbergs<br />

stellt <strong>von</strong> juristischer Seite gar einen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr dar<br />

(Der Mann, der lächelte). Einen negativen Höhepunkt seiner beruflichen Karriere<br />

stellt mit Sicherheit die Ermittlung gegen ihn wegen Polizeiwillkür dar, der sich<br />

<strong>Wallander</strong> in seinem letzten Fall Die Brandmauer zu stellen hat. 150<br />

148 vgl. Daniel Imort. <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> (o. J.) In: http://www.wallander-web.de; Bianca Reineke.<br />

Der Ritter <strong>von</strong> der traurigen Gestalt (2000); Ystads Kommun, S. 4; Sens, S. 132ff, 148f.<br />

149 Krieg, S. 88.<br />

150 vgl. Reineke. Der Ritter <strong>von</strong> der traurigen Gestalt; Thomas Gohlis. <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, Held<br />

unserer Zeit (2001). In: http://www.zeit.de/2001/45/Kultur/print_200145_ka-krimi.html; Ystads<br />

Kommun, S. 4; Mankell. Die falsche Fährte, S. 207 Z. 13ff, S. 294; Mittsommermord, S. 499ff;<br />

Der Mann, der lächelte, S. 369 Z. 35 - S. 370 Z. 21.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 51<br />

Trotz jahrelanger Polizeiarbeit ist <strong>Wallander</strong> sensibel und empfindlich geblieben.<br />

Die Grausamkeit des Verbrechens erschüttert ihn zunehmend im Alter, reist ihn<br />

aus seinen Gedanken, in denen er sich nach der einst heilen Welt zurücksehnt -<br />

„eine Welt ohne sinnlose Gewalt, ohne brutale Übergriffe, ohne rasante politische<br />

Veränderungen, die unter anderem Rassismus und gesellschaftliche Übergriffe<br />

mitsichbringt.“ 151 Auch die Sehnsucht nach einer heilen familiären Welt zermürbt<br />

den allein lebenden <strong>Kommissar</strong>. Ständig hin und her gerissen zwischen dem<br />

Bedürfnis nach Zweisamkeit und der bestehenden Bindungsangst, gelingt es dem<br />

geschiedenen Mann nicht, eine neue Beziehung einzugehen. Sowohl der<br />

Annäherungsversuch an die Staatsanwältin Anette Brolin als auch die Beziehung<br />

zu der verwitweten lettischen Übersetzerin Baiba Liepa misslingt; lediglich in<br />

seinen Träumen erfährt der <strong>Kommissar</strong> erotische Momente mit verschiedensten<br />

Frauen. Die Einsamkeit dieses Mannes spiegelt sich auch in dem bereits unter<br />

Kapitel 4.2.2 geschilderten Kollegenverhältnis wider. Lediglich seinem früheren<br />

Mentor Evert Rydberg kann er <strong>das</strong> nötige Vertrauen entgegenbringen und eine<br />

über <strong>das</strong> kollegiale Miteinander hinausgehende Freundschaft zu ihm aufbauen.<br />

Über seinen Tod hinaus ist er <strong>Wallander</strong>s Vorbild und selbst seine einfühlsame<br />

Kollegin Ann-Britt Höglund kann ihm diesen Freund nicht ersetzen. Als einzigen<br />

Freund <strong>Wallander</strong>s außerhalb des Polizeiapparates lernt der Leser den<br />

Pferdezüchter Sten Widén kennen. Die Einsamkeit des <strong>Kommissar</strong>s findet<br />

schließlich ihren Zenit als <strong>Wallander</strong> zum Mobbingopfer wird (Die<br />

Brandmauer). 152<br />

Neben der Oper, gehören der Whisky, literweise Kaffee und Wienerbröd zu<br />

<strong>Wallander</strong>s Vorlieben. Trotz wiederkehrender guter Vorsätze gelingt es dem<br />

übergewichtigen <strong>Kommissar</strong> nicht, seine Ernährung, die größtenteils aus Fastfood<br />

und unzähligen Konditoreibesuchen besteht, umzustellen oder sich mehr<br />

Bewegung zu verordnen. Der ihm diagnostizierten Diabetes versucht der unter<br />

Schlafstörungen leidende <strong>Wallander</strong> in seiner Angst vor dem Älter werden und<br />

der sich abzeichnenden schlechter werdenden Gesundheit zu verdrängen.<br />

151<br />

Reineke. Der Ritter <strong>von</strong> der traurigen Gestalt.<br />

152<br />

vgl. Reineke. Der Ritter <strong>von</strong> der traurigen Gestalt; Thomas Gohlis. <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, Held<br />

unserer Zeit (2001); Krieg, S. 88.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 52<br />

In dieser Lebensphase verfällt <strong>Wallander</strong> mehr als einmal in eine melancholische<br />

Stimmung. Er fragt nach dem Sinn des Lebens. Nicht sein Leben, sondern <strong>das</strong><br />

Leben überhaupt und bezieht diese großen Lebensfragen in seinen Arbeitsalltag<br />

mit ein. Am Abend bleibt <strong>Wallander</strong> häufig an der Whiskyflasche hängen und<br />

versucht bei den Klängen Verdis seine Sorgen zu vergessen. Sorgen, die er sich<br />

auch um seine Tochter Linda und seinen alten Vater macht, deren Lebenswandel<br />

er nicht nachvollziehen kann. <strong>Wallander</strong> versteht sich nach dem Auszug der<br />

Tochter wieder zunehmend besser mit ihr und die Besuche und Telefonate Lin<strong>das</strong><br />

muntern in auf. Das Verhältnis zu seinem schwer kranken Vater, seinem einzig<br />

gebliebenen Familienmitglied, bleibt bis kurz vor dessen Tod angespannt;<br />

Besuche enden oft im Streit. Ohne es zu jedoch merken, wird <strong>Wallander</strong> im Laufe<br />

der Romanserie seinem Vater, der ihm selbst fremd erscheint, immer ähnlicher. 153<br />

Der Mann mit dem alten blauen Peugeot ist wahrlich kein Superheld; nicht clever<br />

wie Sherlock Holmes, „nicht sexy wie James Bond, nicht cool wie Philip Marlow<br />

und schon gar nicht skrupellos wie Dirty Harry“ 154 . Ein ganz normaler Mensch;<br />

ständig begleitet <strong>von</strong> privaten Konflikten und seinen eigenen körperlichen wie<br />

psychischen Schwächen; „mit Ecken und Kanten, mit Zweifeln und Sorgen“ 155 .<br />

„Ein Mensch wie du und ich.“ 156<br />

4.4.3 Die andere Seite des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong><br />

Doch Mankell gelingt es seinen auf den ersten Blick misanthrop wirkenden<br />

Kriminalbeamten liebenswert zu machen, indem er die Leser, exklusiv nur die<br />

Leser, teilhaben lässt an seinem Innenleben. Weder seine Kollegen noch<br />

Familienmitglieder ahnen etwas <strong>von</strong> dieser Seite des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>. Ein<br />

<strong>Kommissar</strong>, der ständig mit seinem schlechten Gewissen, herrührend <strong>von</strong> zu<br />

seltenen Anrufen bei seiner Tochter und nicht eingehaltenen Besuchen bei seinem<br />

153<br />

vgl. Reineke. Der Ritter <strong>von</strong> der traurigen Gestalt; Gohlis. <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, Held unserer Zeit;<br />

Christian Wymann. <strong>Wallander</strong>s schlimme Fälle (2001). In: http://www.wallander.ch; Ystads<br />

Kommun, S. 4.<br />

154<br />

Walter Wüllenweber. <strong>Wallander</strong>s Welt (2001).<br />

155<br />

Krieg, S. 92.<br />

156<br />

Börsenverein des deutschen Buchhandels. Börsenblatt Extra Krimi 47, S. 36.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 53<br />

Vater, kämpft. Ein <strong>Kommissar</strong>, der schüchtern ist und sich nach Zweisamkeit<br />

sehnt. Ein <strong>Kommissar</strong>, der Angst hat. 157<br />

<strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> hat jedoch noch eine andere Seite. Dieser melancholische und<br />

zeitweise wütend um sich schlagende Mann verwirklicht den Traum vieler Leser.<br />

In einer mittlerweile unüberschaubaren, chaotischen und mutmaßlich<br />

unregierbaren Welt tritt er nicht nur aus Berufsgründen, sondern auch aus einem<br />

inneren Bedürfnis - einem Gefühl der Ehre - den alleinigen Kampf gegen <strong>das</strong><br />

Übel an, „auch wenn er selber der Ansicht ist, dieses gelinge ihm nicht immer<br />

oder zu spät“ 158 . Obwohl <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> mehr als einmal an der Richtigkeit<br />

seiner Berufswahl zweifelt, bisweilen sogar daran denkt, seine Uniform<br />

sprichwörtlich an den Nagel zu hängen und sich bei einer privaten<br />

Sicherheitsfirma zu bewerben, lebt er für seinen Beruf. Private Wünsche stellt er<br />

strikt hinter seine berufliche Pflicht. 159 Leidend, aber zäh durchhaltend zeigt er,<br />

<strong>das</strong>s auch heute noch der Einzelne Gutes für die Allgemeinheit tun kann. Durch<br />

zielstrebige aber auch hartnäckige Arbeit, kombiniert mit genialer Intuition,<br />

gelingt es ihm am Ende jedes Romans, den bzw. die Täterin zu ergreifen. Doch<br />

anstatt eines strahlenden und jubelnden Superhelden erlebt der Leser einen<br />

erschöpft wirkenden <strong>Kommissar</strong>, der müde und still nach Hause schleicht. 160<br />

„Der strahlende Detektiv, der unmenschlich und unangefochten über allen<br />

Dingen steht, hat ausgedient“ 161 . Stattdessen hat Mankell mit seinem <strong>Kommissar</strong><br />

einen weitaus passenderen Helden geschaffen, einen „Helden unserer Zeit“ 162 .<br />

Mit Hilfe einer präzisen Beschreibung seines Hauptprotagonisten und einer<br />

geschickten Verstrickung dessen privater Seite mit dem eigentlichen Plot, ist es<br />

Mankell gelungen eine lebendige, sich <strong>von</strong> Roman zu Roman ändernde Figur zu<br />

erschaffen. Während <strong>Wallander</strong> im ersten Fall noch bestimmte Meinungen<br />

vertritt, wird er <strong>von</strong> Jahr zu Jahr skeptischer und steht letztendlich beinahe<br />

157<br />

vgl. Gohlis. <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, Held unserer Zeit.<br />

158<br />

Krieg, S. 89.<br />

159<br />

vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 303; Die falsche Fährte, S. 281.<br />

160<br />

vgl. Reineke. Der Ritter <strong>von</strong> der traurigen Gestalt; Krieg, S. 89; Mankell. Die falsche Fährte,<br />

S. 281; Die fünfte Frau, S. 36 Z. 1ff.<br />

161<br />

Krieg, S. 92.<br />

162<br />

Gohlis. <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, Held unserer Zeit.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 54<br />

ohnmächtig den aktuellen Geschehnissen gegenüber. Zuweilen weiß der Leser<br />

nicht mehr, ob er denn nun Bewunderung oder Mitleid für <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong><br />

empfinden soll. Dank seiner (schlechten) Gewohnheiten wird dem <strong>Kommissar</strong> aus<br />

dem südschwedischen Ystad überdies ein hoher Wiedererkennungsgrad zuteil.<br />

Der sympathische Kriminalbeamte stellt mit seinen Ängsten und Unsicherheiten,<br />

seinem Durchhaltevermögen und seinem Einsatz für <strong>das</strong> Gute, der ihm zuweilen<br />

den Beinamen des „letzten Mohikaners“ zukommen lässt, ohne Zweifel eine<br />

Identifikationsfigur für einen Großteil seiner Leser dar. Knapp die Hälfte der<br />

befragten Leser sah die Identifikation mit <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> als wesentlichen<br />

Gesichtspunkt ihrer Gesamtbewertung der nach ihm benannten<br />

Kriminalromanserie an. 163<br />

Nicht zu unterschätzen ist hierbei die Beurteilung der Authentizität des <strong>Kurt</strong><br />

<strong>Wallander</strong>. 71,4% der befragten Personen und 57,8% der befragten<br />

Polizeibeamten empfinden die Schilderung des Hauptcharakters absolut<br />

realistisch. Kein Teilnehmer beurteilt den literarischen <strong>Kommissar</strong> als völlig<br />

unrealistisch. Die Darstellung seiner privaten Situation schätzten gar rund ¾ der<br />

befragten Leser als absolut realistisch ein. Eine spezifische Auswertung der<br />

befragten Polizeibeamten ergab ein ähnlich eindeutiges Ergebnis. 164<br />

Im Ergebnis ist es Mankell mit <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> gelungen, eine Hauptfigur zu<br />

erschaffen, die kaum lebendiger sein könnte. Der Autor selbst sieht in der<br />

Lebendigkeit und der Identifikationskraft des <strong>Kommissar</strong>s aus Ystad zwei Gründe<br />

des enormen Erfolges seiner <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane. Und tatsächlich ist<br />

<strong>Wallander</strong> für viele seiner Leser ein lebendiger Mensch, eine Persönlichkeit<br />

geworden. „Er ist aus den Buchseiten herausgetreten und zu einem Mitmenschen<br />

geworden.“ 165 Diesen Eindruck vermittelte auch Ewa-Gun Westford in unserem<br />

Gespräch und beschreibt ihren literarischen Kollegen als den Vertreter des typisch<br />

unsicheren schwedischen Mannes mittleren Alters. 166<br />

163 vgl. Krieg, S. 89, Literaturportal Schwedenkrimi.de. Interview mit dem Autoren <strong>Henning</strong><br />

Mankell (2000); siehe Anhang B, Anlage 2 Frage 13 d).<br />

164 siehe Anhang B, Anlage 2 u.3 Frage 8 b) c).<br />

165 Mankell. <strong>Wallander</strong>s erster Fall, S. 11 Z. 7-11.<br />

166 vgl. Gohlis. <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, Held unserer Zeit; Reineke. Der Ritter <strong>von</strong> der traurigen Gestalt;<br />

Christian Wymann. <strong>Wallander</strong>s schlimme Fälle (2001); Krieg, S. 89f; Börsenverein des deutschen<br />

Buchhandels. Börsenblatt Extra Krimi 47, S. 36; Interview Anhang A, Abb.12.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 55<br />

4.5 Südschweden: Land und Leute<br />

4.5.1 Ystad - Kleinstadtidyll statt Mordmetropole?<br />

Ystad ist nicht nur <strong>das</strong> literarische Revier des weltberühmten <strong>Kommissar</strong>s <strong>Kurt</strong><br />

<strong>Wallander</strong>. Ystad ist mehr. Die Kleinstadt in der südschwedischen Provinz Skåne<br />

ist die einzige Stadt in Nordeuropa und eine der wenigen auf dem europäischen<br />

Festland, die die Abrissmanie der 60er Jahre überlebt hat und somit ihr<br />

historisches Antlitz mit über 300 Fachwerkhäusern wahren konnte.<br />

Eine der schönsten Straßen Ystads ist sicherlich die Lilla Västergatan, die aus<br />

kleinen, einstöckigen, für die Gegend so<br />

typischen Häusern aus dem 17. und 18.<br />

Jahrhundert besteht. Rosenstöcke<br />

schmücken die Klinkersteinfassaden<br />

auch in der Harmonigata, in der Åke<br />

Larstam in seinem schallisolierten<br />

Schlafzimmer heimlich die Briefe<br />

glücklicher Menschen las (Die falsche<br />

Fährte). Unweit da<strong>von</strong> wohnte Y<strong>von</strong>ne Ander in der Liregatan (Die fünfte Frau),<br />

die an ihrem östlichen Ende in die<br />

Stickgatan mündet, wo <strong>Wallander</strong> im<br />

Garten <strong>von</strong> Berta Duner eine Mine mittels<br />

Telefonbuch zur Explosion brachte (Der<br />

Mann, der lächelte). Explosionen sind keineswegs unbekannt in der<br />

beschaulichen Altstadt Ystads, der Gamla Staden. Die Schwestern Anna und<br />

Emilia Eberhardsson wurden in der Vergangenheit samt deren Haus an der Ecke<br />

Möllegatan, Hamngatan in die<br />

Luft gesprengt (<strong>Wallander</strong>s<br />

erster Fall). <strong>Wallander</strong>s<br />

langjähriger Kollege Svedberg<br />

fand gar in seiner Wohnung in<br />

der Lilla Norregatan seinen<br />

Tod (Mittsommermord). Und <strong>Wallander</strong>? Den ließ und lässt Mankell trotz heftiger


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 56<br />

Vorwürfe seitens der Ystader Fans, die sich persönlich für ihren quasi Nachbarn<br />

einsetzen wollen, in der einzigen heruntergekommenen Wohnstraße der Stadt<br />

hausen, der Mariagatan, die durchaus als Spiegelbild des traurigen Helden<br />

betrachtet werden kann. Der Arbeitsplatz des <strong>Kommissar</strong>s<br />

befindet sich in der Kristianstadvägen, im Norden Ystads.<br />

An der Seite des alten städtischen Wasserturms posiert <strong>das</strong><br />

Polizeigebäude erhöht auf einem Hügel, so <strong>das</strong>s der Eindruck<br />

entsteht, <strong>Wallander</strong> würde nebst Martinsson, Nyberg und<br />

Hansson <strong>von</strong> diesem Hügel über die Stadt wachen, die sich<br />

an diesem sonnigen Augusttag meiner Schonen - Reise <strong>von</strong> ihrer schönsten Seite<br />

zeigt. 167<br />

„Was ist aus den eintönigen Wohnsiedlungen geworden, in denen<br />

Inspektor <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> nach Mördern sucht? Wo ist der<br />

gespenstische Nebel, durch den er sich zu kämpfen hat? Wo sind die<br />

klumpigen Lehmäcker, über die er stolpert?“ 168<br />

Mankell hat dieses Bilderbuchstädtchen bewusst zu <strong>Wallander</strong>s Revier<br />

auserkoren. Als die Figur des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> entstand, beschrieb Mankell, es läge<br />

so nahe, es sei die Gegend, in der er selbst bereits 10 Jahre lebte. Absichtlich wich<br />

er damals <strong>von</strong> der gängigen Großstadt als literarischem Schauplatz des<br />

Verbrechens ab, um der Gesellschaft auf diesem Weg deutlich zu machen, <strong>das</strong>s<br />

auch in einer Kleinstadt wie Ystad Verbrechen <strong>von</strong> einem bislang ungeahnten<br />

Ausmaß an Brutalität geschehen können. Wie eine Flutwelle, die <strong>von</strong> London<br />

über die Nordsee schließlich die skandinavischen Länder erreicht, erfasst die<br />

Kriminalität nach und nach Stockholm und Malmö und macht schon lange nicht<br />

mehr vor ländlichen Gebieten - wie in unserem Fall Schonen - halt. Längst kann<br />

man in Ystad die gleichen Drogen kaufen wie in Berlin. In meinen Augen gelingt<br />

es Mankell diese Aussage geschickt zu verdeutlichen, indem er „fast alle<br />

167 vgl. Touristeninformation Ystad. Ystad. Wegweiser für die Stadt und ihre Umgebung.<br />

Schweden: o. V. (2004/2005), S.52; Jochen Reinert. <strong>Wallander</strong>-Pilger erobern Ystads Gassen<br />

(2004); Sens, S. 49, 60, 66f; Wüllenweber. <strong>Wallander</strong>s Welt;<br />

vgl. dazu auch Ystads Kommun, S. 4.<br />

168 Christian Wymann. <strong>Wallander</strong>s Revier (2001). In: http://www.wallander.ch.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 57<br />

Handlungsorte (…) in <strong>das</strong> reale Ystad und dessen Umgebung projiziert“ 169 und<br />

somit bei so manchem <strong>Wallander</strong>-Pilger auf seiner Erkundungstour durch die<br />

Stadt Gänsehaut hervorruft. 170<br />

Mit seinem Fährhafen ist Ystad nicht nur ein Modell Schwedens, sondern auch<br />

ein Tor zur Welt - ein Grenzland zwischen Polen und dem Kontinent mit der<br />

Ostsee in ihrer Rolle des Río Grandes. Während Ystad zu Zeiten des Kalten<br />

Krieges noch am Ende der Welt lag, wird heute praktisch der gesamte Verkehr<br />

<strong>von</strong> Skandinavien nach Osteuropa und Asien in Ystads Hafen verladen und die<br />

Stadt damit ins Zentrum gerückt - eine Entwicklung, die durch den Beitritt<br />

Schwedens zur EU 1995 sicherlich weiter verstärkt wurde. Weit verfehlt sind<br />

Ansichten einer abgeschiedenen Welt, in der die Uhren stehen geblieben und<br />

deren Menschen ein nahezu unbewegliches und konservatives Leben führen.<br />

Victor Mabasha (Die weiße Löwin), Maria Dolores Santana (Die falsche Fährte)<br />

und Anna Ander (Die fünfte Frau) sind nur drei der Charaktere, mit Hilfe deren<br />

Geschichte <strong>Henning</strong> Mankell die kriminalistischen Konsequenzen der<br />

Globalisierung am Beispiel Ystads veranschaulicht und es ihm somit gelingt,<br />

Schweden nunmehr auch literarisch mit der Welt zu verbinden. Die Mehrzahl<br />

seiner Romane beginnt in fernen Ländern, wie in Algerien oder der<br />

Dominikanischen Republik, die letztendlich den Ausgangspunkt für einen neuen<br />

Krimifall <strong>Wallander</strong>s bilden. Als Markenzeichen Mankells kann die dadurch<br />

entstehende geographische wie kulturelle Bipolarität angesehen werden, mit der<br />

der Autor daran erinnern möchte, <strong>das</strong>s sein Ystad ein Teil der Welt ist. Eine<br />

Steigerung der geographischen Globalisierung stellt schließlich Mankells letzter<br />

Roman Die Brandmauer dar, in dem die weltweite Bedrohung durch einen Blick<br />

auf die Cyberworld vollends zum Ausdruck gebracht wird. 171<br />

169 Sigrid Reinert. In <strong>Wallander</strong>s Welt. Ystad war ein friedlicher Ort. Bis <strong>Henning</strong> Mankell hier<br />

Krimis erfand (2004). In: http://www.archiv.tagesspiegel.de/archiv/11.07.2004/1236263.asp.<br />

170 vgl. Touristeninformation Ystad. Ystad. (2004/2005), S. 35; Interview Anhang A, Abb.12;<br />

ZDF.de. Sie hielten mir eine Pistole an den Kopf (2001). In: http://www.zdf.de; Reinert.<br />

<strong>Wallander</strong>-Pilger erobern Ystads Gassen.<br />

171 vgl .ZDF.de. <strong>Wallander</strong> zu spielen, ist sehr, sehr reizvoll (2001). In: http://www.zdf.de;<br />

Interview Anhang A, Abb. 12, Thomas Steinfeld. <strong>Wallander</strong>s Landschaft. Eine Reise durch<br />

Schonen. Wien: Paul Zsolnay Verlag (2002), S. 5f; Wüllenweber. <strong>Wallander</strong>s Welt; Sens, S. 14;<br />

Schanda. «Ich reise gerne in der Zeit».


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 58<br />

In der Gemeinde Ystad leben ca. 26.000 Menschen, <strong>von</strong> denen wiederum 16.000<br />

in der Stadt wohnen. Die 220 Polizeibeamten, die hier ihren Dienst im<br />

Hauptquartier des Polizeidistrikts Südschonen verrichten, sind jedoch für ein<br />

weitaus größeres Gebiet zuständig. Der Polizeidistrikt umfasst neben Ystad, <strong>das</strong><br />

aufgrund seiner historischen Funktion als bedeutender Hafen eine Art<br />

Oberzentrum dieses Gebietes ist, die Bezirke Trelleborg, Vellinge, Svedåla,<br />

Skurup, Sjöbo, Tomellila und Simrishamn - eine Fläche, die größer ist als der<br />

gesamte Rhein-Neckar-Kreis. Ystads Altstadt umfasst lediglich ca. 52 ha. Oft<br />

nimmt <strong>Wallander</strong> seinen Wagen, um in dieser ‚Kleinstadt’ Wegstrecken <strong>von</strong><br />

wenigen hundert Metern zurückzulegen. Einerseits steht dies im Einklang mit<br />

<strong>Wallander</strong>s Lebensgewohnheiten und seiner Diabetes Erkrankung; andererseits<br />

gelingt es Mankell durch diesen erzählerischen Trick „<strong>das</strong> begrenzte Pflaster<br />

Ystads größer erscheinen zu lassen“ 172 .<br />

Während <strong>Wallander</strong>s Kollegen im letzten Jahrzehnt 53 Mordopfer zu beklagen<br />

hatten, passiert hier statistisch gesehen lediglich alle 7 Jahre ein Mord. Das letzte<br />

Tötungsdelikt wurde zu Beginn dieses Jahres, am 09./10. Januar 2004, begangen.<br />

Die Kriminalitätsschwerpunkte Südschonens sind einerseits aufgrund seiner<br />

Küstenlage im Bereich der Autoschieberei, des Drogenschmuggels und der<br />

illegalen Einreise zu beklagen; ¾ aller illegalen Ausländer Schwedens werden<br />

hier aufgegriffen. Weitere Hauptaufgaben stellen andererseits die Bekämpfung<br />

verschiedener Diebstahls- und Körperverletzungsdelikte sowie die gesamte<br />

Bandbreite der Verkehrsdelikte dar. Eine höhere Kriminalitätsbelastung, durch die<br />

die Stadt Christian Wymanns (Webmaster der Schweizer <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-<br />

Fanseite) Bild einer gespenstischen Hauptstadt des Verbrechens gerecht werden<br />

würde, hat Ystad jedoch trotz einer vergleichsweise hohen Anzahl an<br />

Schmuggeldelikten nicht zu verzeichnen. 173<br />

172 Christian Wymann. <strong>Wallander</strong>s Revier (2001).<br />

173 vgl. Touristeninformation Ystad, S. 102; Interview Anhang A, Abb.12; Wolfgang Gehrmann.<br />

Die richtige Fährte (2000); Sens, S. 23; Wüllenweber. <strong>Wallander</strong>s Welt.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 59<br />

4.6.2 Skåne - eine Landschaft in der Hauptrolle<br />

Südschonen ist für <strong>Henning</strong> Mankell keineswegs nur zwingend notwendige<br />

Kulisse der schauerhaften Verbrechen seiner Romane. Obgleich der Romancier in<br />

seinen <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen nach eigenen Angaben nicht <strong>von</strong> Ystad und<br />

seiner Umgebung beeinflusst wurde, räumte er der unverkennbaren schonischen<br />

Landschaft mit ihren typischen Jahreszeiten eine Hauptrolle in seiner Romanserie<br />

ein. Die Natur Schonens ist für den Schweden mehr als die bloße Möglichkeit,<br />

einen kritischen Blick auf die schwedische Gesellschaft zu werfen. „Sie ist<br />

vielmehr Teil der Handlung.“ 174 Damit unterscheidet sich Mankell nicht nur <strong>von</strong><br />

seinen angelsächsischen und französischen Kollegen, bei denen Landschaften und<br />

Städte lediglich der schemenhaften Kulisse dienen. Auch schwedische<br />

Kriminalautoren wie Håkan Nesser bevorzugen es, ihre <strong>Kommissar</strong>e in fiktiven<br />

Ländern und Städten agieren zu lassen. Keiner der gegenwärtigen literarischen<br />

¸Helden´ ist so eng an einen realen Ort gebunden wie <strong>Wallander</strong>, der sich Schutz<br />

suchend an Ystad - seine Burg - klammert, die er nur ungern verlässt. 175<br />

Malerische Schilderungen der Landschaft ermöglichen es dem Leser, einen<br />

umfangreichen Eindruck der südlichsten Provinz Schwedens zu gewinnen. In ihr<br />

finden sich Äcker, die in weichen Wellen zum Meer hinabfallen, und Alleen<br />

gestutzter Weiden, die zu weißgekalkten alten Schonenhöfen führen. 176 Eine<br />

Landschaft, die geprägt ist <strong>von</strong> kleinen Dörfern, zahlreichen Bauernhöfen und<br />

ihrer landwirtschaftlichen Nutzung, die ihr berechtigterweise <strong>das</strong> Bild einer<br />

„grenzenlosen Kornkammer“ 177 zukommen lässt. Eine endlose Ebene, die<br />

lediglich <strong>von</strong> vereinzelten Buchenwäldern unterbrochen wird. Auf der einen Seite<br />

bedient sich der Bestseller-Autor einiger dieser Texteinbindungen, um dem Leser<br />

die vorherrschende Stimmung einzelner Passagen zu vergegenwärtigen. Nach<br />

vielen Jahren des Unverständnisses darf <strong>Wallander</strong> den letzten Spaziergang mit<br />

seinem Vater am schönsten Sandstrand Schwedens, dem Strand <strong>von</strong><br />

Sandhammaren, genießen, wo sich die beiden Männer endlich näher kommen. 178<br />

174 Sens, S. 18.<br />

175 vgl. Touristeninformation Ystad, S. 35; Sens, S. 12.<br />

176 vgl. Mankell. Die fünfte Frau, S. 22 Z. 5f; Die falsche Fährte, S. 122 Z. 8f.<br />

177 Steinfeld. <strong>Wallander</strong>s Landschaft. (2004), S. 10.<br />

178 vgl. Mankell. Die fünfte Frau. S. 140 Z. 36- S. 141 Z. 32, S. 187 Z. 33f.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 60<br />

Die gelben Rapsfelder, die <strong>das</strong> Landschaftsbild Schonens im Sommer prägen,<br />

begleiten <strong>Wallander</strong> während der gesamten Ermittlung in Die falsche Fährte.<br />

Nachdem sich Maria Dolores Santana in einem Rapsfeld bei Marvinsholm <strong>das</strong><br />

Leben genommen hat, ist auch Arne Carlmans Anwesen <strong>von</strong> den Feldern dieser<br />

Hülsenfrucht umgeben. Das immer wiederkehrende Bild <strong>von</strong> unendlichen<br />

blühenden Rapsfeldern erinnert den Leser ständig an den Suizid des jungen<br />

Mädchens Dolores Maria, der letztendlich auch im Zusammenhang mit der im<br />

Vordergrund stattfindenden Fahndung nach dem Skalpmörder steht. 179<br />

Auf der anderen Seite verbindet Mankell auf eine bizarre Art und Weise die<br />

idyllischen Beschreibungen der vermeintlich schönsten Provinz Schwedens mit<br />

dem allgegenwärtigen Verbrechen dieser Welt. Gekonnt lässt Mankell einen<br />

wunderschönen Schimmel an der völlig entstellten Leiche des Valfrid Ström<br />

vorbeireiten (Mörder ohne Gesicht) und den Orchideenfreund Gösta Runfelt<br />

ausgehungert an einem Baum zwischen Svarte und Marvinsholm sterben (Die<br />

fünfte Frau). Auf einem ebenso ‚widersprüchlichen Boden’ finden die jungen<br />

Leute Astrid, Lena und Martin in ihren prunkvollen Rokokokostümen inmitten<br />

eines der schönsten Naturreservate ihren Tod (Mittsommermord). Mit Hilfe<br />

zahlreicher Gegensätze dieser Art gelingt es Mankell auf eine weitere Weise die<br />

bereits geschilderte Gesellschaftskritik erzähltechnisch zu visualisieren. 180<br />

Wie <strong>das</strong> Landschaftsbild, so ist auch <strong>das</strong> Wetter Schonens mit mitteleuropäischen<br />

Verhältnissen vergleichbar. Während der Sommer in Schonen, der Riviera<br />

Skandinaviens, sechs Wochen länger dauert, ist die Provinz für ihre starken<br />

Herbstwinde bekannt, die über die Ebene blasen, „als ob die Landschaft ein<br />

riesengroßes, weit geöffnetes Fenster wäre“ 181 . Obwohl der Winter aufgrund des<br />

maritimen Klimas bei weitem nicht so hart ist wie im Norden Schwedens und<br />

Schnee eher selten fällt, gibt es heftige Schneestürme, die den Schnee in kurzer<br />

Zeit meterhoch auf den Straßen türmen können. 182 Gezielt setzt Mankell diese<br />

widrigen Wetterverhältnisse Schonens ein, um die Spannung an <strong>von</strong> ihm<br />

179 vgl. Mankell. Die falsche Fährte, S. 35 Z. 37 - S. 38 Z. 12, S. 141 Z. 1f, S. 243 Z. 23f.<br />

180 vgl. Sens, S. 18; Krieg, S. 87; Mankell. Mörder ohne Gesicht, S. 247 Z. 9-33; Die fünfte Frau,<br />

S. 168 Z. 25-34; Mittsommermord, Prolog.<br />

181 Steinfeld, S. 7.<br />

182 vgl. Mankell. Mörder ohne Gesicht, S. 298 Z. 27-34.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 61<br />

ausgewählten Stellen zu forcieren. Was wäre <strong>Wallander</strong>s Verfolgungsjagd nach<br />

Konovalenko in herrlichem Sonnenschein (Die weiße Löwin)? Endlose Regentage<br />

unterstreichen die Eintönigkeit, ja fast schon Abscheulichkeit der Kriminalwelt;<br />

die drückende Sommerhitze dagegen steht symbolisch für den Druck der<br />

Bevölkerung hinsichtlich geforderter Ermittlungserfolge. 183 Anhand des Wetters<br />

ist es dem aufmerksamen Leser überdies an einigen wenigen Stellen möglich,<br />

korrekte Prognosen bezüglich des weiteren Handlungsverlaufs zu stellen. Von<br />

schweren Wolken begleitet steht <strong>Wallander</strong> an einem Donnerstagmorgen auf,<br />

während es im Laufe des Vormittages schließlich mehr und mehr zu regnen<br />

beginnt. „Es regnet(e) [schließlich] ununterbrochen“ 184 , als <strong>Wallander</strong> fünf Seiten<br />

später entsetzt vor der Leiche des Holger Eriksson steht. Im diesem Fall kündigt<br />

jedoch nicht nur <strong>das</strong> regnerische Wetter den Tod des Ornithologen an. Bereits in<br />

Erikssons Haus nimmt <strong>Wallander</strong> - wenn auch unbewusst - den lärmenden<br />

Krähenschwarm wahr. Mankell arbeitet mit diesen schwarzen Vögeln, die in der<br />

Welt der Literatur sinnbildlich für die Ankündigung des Todes stehen, um den<br />

Leichenfund Erikssons vorherzusagen. Während sich <strong>Wallander</strong> dem späteren<br />

Fundort nähert, schreien die Krähen immer lauter, bis diese letztendlich da<strong>von</strong><br />

fliegen und so <strong>Wallander</strong> den Blick auf die Pfahlgrube freigeben. (Die fünfte<br />

Frau). 185<br />

4.6.3 Die Menschen - mehr als nur Statisten<br />

Neben der Landschaft und den Hauptakteuren spielen auch die Nebencharaktere<br />

aller <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane eine nicht unbedeutende Rolle. In seiner<br />

Gesamtheit wird <strong>das</strong> schonische Volk als ein konservativer und naiver<br />

Menschenschlag beschrieben, der in der Gegenwart noch mit Vorurteilen in<br />

Sachen Homosexualität und der Emanzipation des weiblichen Geschlechts zu<br />

ringen hat. Wie <strong>Wallander</strong>s Kollege Svedberg (Mittsommermord) hält auch die<br />

Blumen- und Gemüsehändlerin Maria Svensson ihre Homosexualität vor der<br />

Öffentlichkeit geheim, um keine Kunden zu verlieren (Die fünfte Frau). Beruflich<br />

kämpfen nicht nur die Polizeibeamtin Ann-Britt Höglund und deren Vorgesetzte<br />

183 vgl. Mankell. Die falsche Fährte, Kapitel 20.<br />

184 Mankell. Die fünfte Frau, S. 78 Z. 22.<br />

185 vgl. Sens, S. 17f, 25; Steinfeld, S. 10; Mankell. Die fünfte Frau, S. 69-79.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 62<br />

Lisa Holgersson um Anerkennung seitens ihrer männlichen Kollegen. Die<br />

Pastorin Gunnel Nilsson hat es in ihrem Beruf nicht leichter. „Es gibt bestimmt<br />

viele, die sich nur einen Mann als Pastor vorstellen können“ 186 , gibt Sven<br />

Andersson <strong>Wallander</strong> bei einem Treffen in Smedstorp zu verstehen. Begangenen<br />

Verbrechen und geschehenen Unglücksfällen steht <strong>das</strong> schonische Volk in<br />

Mankells Romanen und in der Realität völlig fassungslos gegenüber, wie Frau<br />

Westford in unserem Interview zu bestätigen wusste. 187<br />

Durch eine detaillierte Wiedergabe der Gedanken und Probleme einzelner<br />

Protagonisten gestaltet Mankell auch Charaktere der zweiten Reihe, wie zum<br />

Beispiel <strong>das</strong> Ehepaar Rykoff (Die weiße Löwin), lebendig und plastisch. Einigen<br />

Personen räumt <strong>Henning</strong> Mankell sogar über den jeweils betreffenden Roman<br />

hinausgehende Auftritte ein. Die Bankangestellte Brita-Lena Bodén, die<br />

<strong>Wallander</strong> dank ihrer ausgezeichneten Beobachtungsgabe den entscheidenden<br />

Hinweis zur Ergreifung der Täter in Mörder ohne Gesicht geben konnte, trifft den<br />

<strong>Kommissar</strong> in Die falsche Fährte zufällig in einem Selbstbedienungsrestaurant<br />

wieder. Die Krankenschwester Ylva Brink lernt der Leser ebenfalls zunächst in<br />

der Zeugenrolle kennen (Die fünfte Frau), bevor sie durch den Tod ihres Cousins<br />

Svedberg direkt mit den Folgen des Verbrechens konfrontiert wird<br />

(Mittsommermord). Der Leser fühlt sich so automatisch stärker mit den<br />

Charakteren, denen der Autor allesamt typisch schwedische Namen gab,<br />

verbunden. Insgesamt betrachtet geht <strong>Henning</strong> Mankell nicht sparsam mit der<br />

Einführung neuer Charaktere um - rund 650 Personen werden in den <strong>Wallander</strong>-<br />

Romanen bei ihrem Namen genannt. Doch weitaus nicht jeder <strong>von</strong> Mankells<br />

Charakteren ist wie er zunächst zu sein scheint. Der Blumenhändler Runfelt<br />

betreibt im Verborgenen eine Detektei (Die fünfte Frau), Svedberg war<br />

homosexuell und selbst die als Bestie eingeschätzte Y<strong>von</strong>ne Ander war in ihrem<br />

Innersten <strong>das</strong> zutiefst traumatisierte Mädchen, <strong>das</strong> sowohl ihre Schwester als auch<br />

die Mutter durch die Brutalität der Männer des eigenen Umfelds verlor (Die fünfte<br />

Frau). 188<br />

186 Mankell. Die falsche Fährte, S. 206 Z. 13f.<br />

187 vgl. Interview Anhang A, Abb. 12; Mankell. Die fünfte Frau, S. 55 Z. 1.<br />

188 vgl. Sens, S. 16, 136; Krieg, S. 86; Mankell. Die fünfte Frau, S. 231 Z. 12f.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 63<br />

Zum Erfolg der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie in Deutschland hat Ystad mit seinen<br />

Einwohnern in zweifacher Hinsicht beigetragen. Die detaillierte Beschreibung der<br />

Handlungsorte und der Landschaft mit ihren typischen Wetterlagen wie auch<br />

immer wiederkehrende Orts-, Straßen- und Personennamen ermöglichen es dem<br />

Leser, auch ohne jemals in Skåne gewesen zu sein, sich in die Situationen<br />

hineinzuversetzen. In seinen Gedanken reist er mit <strong>Wallander</strong> und seinem Vater<br />

nach Rom und steht dem <strong>Kommissar</strong> zur Seite, als er betrunken <strong>von</strong> seinen<br />

Kollegen einer Fahrzeugkontrolle unterzogen wird. Ein Gefühl, als wäre man<br />

‚mitten drin dabei’… Ein Teil der Leser, die bereits Ystad besucht haben, steht<br />

womöglich, wenn sie dieses Kleinstadtidyll sehen, zunächst vor einem<br />

scheinbaren Widerspruch. Mankells literarische Verbrechen mögen so gar nicht in<br />

ihr gewonnenes Bild <strong>von</strong> Ystad hineinpassen. Glücklicherweise gibt es in der<br />

Realität (noch) keinen Ort auf dieser Welt mit einer derart negativen Bilanz<br />

begangener Kapitalverbrechen; <strong>Wallander</strong> begegnete in seiner Karriere immerhin<br />

direkt oder indirekt 29 Mördern. 189 Die täglichen Nachrichten zeigen uns jedoch<br />

deutlich, was Mankell bereits Anfang der 90er-Jahre mit seinen Büchern<br />

voraussagte: Verbrechen dieser Art können heute überall auf dieser Welt<br />

geschehen. Aktuell berichten hiesige Printmedien über den Franzosen Michel<br />

Fourniret, auf dessen Konto womöglich weit mehr als die bislang neun<br />

eingeräumten Morde an jungen Frauen und Mädchen in Belgien und Frankreich<br />

gehen. Mit dem geschilderten Maß an realen Handlungsorten und möglichem<br />

Tatgeschehen gelingt es Mankell, seinen Lesern am Beispiel Ystad diese<br />

Botschaft zu vermitteln. Genauso gut hätten die Romane in jedem anderen Ort auf<br />

dieser Welt spielen können. Dieser Ansicht sind auch über ¾ der befragten Leser.<br />

In ihrer Beurteilung des Realitätsgrades der Romane ist es völlig gleichgültig, ob<br />

die Romane in Schweden oder der Bundesrepublik Deutschland spielen. Das Maß<br />

an Realität ist in beiden Ländern gleich groß. Drei Teilnehmer gaben gar an, die<br />

BRD wäre als Handlungsort für Mankells Romane realistischer. 190<br />

Im Ergebnis sind dies damit zwei weitere Gesichtspunkte, die ohne Zweifel zur<br />

Beliebtheit <strong>Henning</strong> Mankells <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen beigetragen haben.<br />

189 vgl. Sens, S. 135.<br />

190 siehe Anhang B, Anlage 2 Frage 10.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 64<br />

4.6 Das Marketingkonzept<br />

Die Flut <strong>von</strong> Krimis, die Jahr für Jahr auf den deutschen Buchmarkt strömt und<br />

ständig an Größe gewinnt (im Jahre 2003 wurden ca. 1375 Kriminalromane im<br />

deutschsprachigen Raum veröffentlicht), kann der Leser schon lange nicht mehr<br />

selbst bewältigen. Er muss eine Auswahl treffen, welchen Krimi er letzten Endes<br />

lesen wird und welchen nicht. Diesen notwendig gewordenen<br />

Entscheidungsprozess versuchen nunmehr die Verlage durch den gezielten<br />

Einsatz <strong>von</strong> Werbung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. 191<br />

Das Marketingkonzept <strong>von</strong> <strong>Henning</strong> Mankells <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen wird<br />

hauptsächlich beim Hardcover-Verlag Zsolnay erstellt, der die Romane zunächst<br />

in gebundener Form veröffentlicht. Der dtv-Verlag entwirft zusätzlich bei jeder<br />

neu erscheinenden Taschenbuchausgabe Poster, spezielle Verkaufsboxen und<br />

Buchpakete für den Buchhandel vor Ort. Geworben wird vor allem in<br />

Zeitschriften wie der Brigitte oder auch dem Endkundemagazin des dtv-Verlages<br />

selbst sowie in der Branchenpresse wie z. B. dem Börsenblatt für den Deutschen<br />

Buchhandel. Jedem verkauften dtv-Krimi <strong>liegt</strong> zusätzlich ein DIN A 6 Prospekt<br />

des Verlages bei, in dem auch für Mankells Romane geworben wird. Lesezeichen<br />

im <strong>Henning</strong>-Mankell-Design werden überdies in Form <strong>von</strong> Give-Aways für den<br />

Buchhandel hergestellt.<br />

In den letzten Jahren fand die Literaturwerbung auch den Weg in die<br />

elektronischen Medien. Neben der bereits laufenden TV-Werbung warb der dtv-<br />

Verlag für den zuletzt erschienenen Roman <strong>Wallander</strong>s erster Fall zum ersten<br />

Mal fünf Tage lang auf Infoscreens in deutschen Großstädten. Die Zeitschrift<br />

Stern veröffentlichte gar ab Juni 2001 <strong>Wallander</strong>s letzten Roman Die Brandmauer<br />

im Vorabdruck, der im Laufe <strong>von</strong> zehn Ausgaben komplett in der Zeitschrift<br />

erschien. 192<br />

191 vgl. Krimi-Couch.de; Literaturportal schwedenkrimi.de. krimi rezession (2004). In:<br />

http://www.schwedenkrimi-forum.krimi-couch.de/forum/idThread-810.html; siehe Anhang A,<br />

Abb. 9f.<br />

192 vgl. Walter Wüllenweber. <strong>Wallander</strong>s letztes Abenteuer (2001). In:<br />

http://www.stern.de/unterhaltung/ buecher/index.html?id=71331; Börsenverein des Deutschen<br />

Buchhandels e.V.. dtv - <strong>Henning</strong> Mankell 13. Frankfurt: Buchhändler-Vereinigung GmbH,<br />

(2004). S. 12f.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 65<br />

Das Marketingkonzept der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane war und ist natürlich in<br />

Bezug auf die Cover- und Postergestaltung in erster Linie auf den Bestseller-<br />

Autor und auf den Serien-Charakter seiner Kriminalromane ausgelegt. Mit dem<br />

Marketingkonzept wird jedoch keine bestimme Altersgruppe angesprochen. Der<br />

dtv-Verlag ist daher bemüht, seine Werbung möglichst neutral zu halten, um alle<br />

Zielgruppen ansprechen zu können. Zuletzt erschien bei ihm auch der Band Die<br />

Pyramide, der einen Auszug aus <strong>Wallander</strong>s erster Fall darstellt, in einer<br />

Großdruckausgabe, um auch die sehbehinderten Leser Mankells bedienen zu<br />

können. Im Allgemeinen verkaufen sich Krimis vor allem in ihrer jeweiligen<br />

Taschenbuchausgabe. Im Falle bekannter Autoren wie z. B. <strong>Henning</strong> Mankell<br />

sind aber auch die Hardcover sehr gefragt, da viele Fans nicht auf die später<br />

erscheinende Taschenbuchausgaben warten wollen oder die Romane schlichtweg<br />

sammeln. Eine erhöhte Nachfrage nach den <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen ist überdies<br />

nach ausgestrahlten Verfilmungen im TV zu verzeichnen. 193<br />

Obwohl literarische Doppel- und Mehrfachexistenzen in der Welt der<br />

Kriminalliteratur keineswegs außergewöhnlich sind, verzichtete <strong>Henning</strong> Mankell<br />

bislang auf die Benutzung eines Pseudonyms. Das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel<br />

<strong>von</strong> Pseudonym und Enttarnung ist sicherlich unter dem Gesichtspunkt des<br />

Marketings nicht zu verachten. Die Enttarnung eines Pseudonyms kurbelte in der<br />

Vergangenheit schon so manchen Buchverkauf an. Darüber hinaus ließ sich<br />

<strong>Henning</strong> Mankell auch nicht <strong>von</strong> dem Schubladendenken einiger Kollegen und<br />

Kritiker abhalten und veröffentlichte nach zahlreichen Kinder- und<br />

Jugendbüchern nunmehr auch Kriminalromane unter seinem Namen. Cora<br />

Stephan alias Anne Chaplet war in dieser Hinsicht weniger mutig und befürchtete<br />

zum Gespött der Öffentlichkeit zu werden. Der Schöpfer <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>s steht<br />

fest hinter seinen Büchern, so <strong>das</strong>s ihn auch nicht <strong>das</strong> heute noch in Teilen<br />

bestehende Image des Schmuddelgenres abbringen konnte, seine Romane unter<br />

seinem Namen zu veröffentlichen. 194<br />

193<br />

vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.. Börsenblatt Extra Krimi 47, S. 27; siehe<br />

dazu auch Anhang A, Abb. 8.<br />

194<br />

vgl. Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.. Börsenblatt Extra Krimi 47, S. 27.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 66<br />

Nach einem völligen Fehlstart beim Berliner Kleinverlag Edition Q ließ auch der<br />

Erfolg beim Zsolnay Verlag auf sich warten. Die Reaktionen auf die Frankfurter<br />

Buchmesse im Jahre 1998 konnten die Erwartungen, die man in Mankells<br />

Kriminalromane gesteckt hatte, nicht erfüllen; eine Lesung in einer Münchner<br />

Buchhandlung musste gar wegen mangelnden Interesses im Herbst des gleichen<br />

Jahres abgesagt werden. Zwei Jahre später war <strong>Henning</strong> Mankell bereits<br />

Bestsellerautor in Deutschland. Praktisch ohne Werbung verkauften sich seine<br />

Bücher innerhalb <strong>von</strong> 3 Jahren 4,5 Millionen Mal in Deutschland - Rekord. Auch<br />

die Feuilletons jubelten erst, als der Name Mankell bereits in den Bestsellerlisten<br />

zu lesen war. Umso erstaunlicher ist dieser Blitzerfolg in Anbetracht dessen, <strong>das</strong>s<br />

„dem Phänomen ‚Mankell’ [meine Hervorhebung !] alle Zutaten<br />

fehlen, aus denen die Marketing-Abteilungen in den letzten Jahren<br />

ihre Erfolge in der Sparte Designer-Literatur mixten: Der Autor ist<br />

nicht sexy. Sein Held ist kein Held. Shoppen, Ficken, der Zweit-<br />

Porsche und <strong>das</strong> Thema Ich-Ich-Ich spielen keine Rolle.“ 195<br />

Stattdessen erfindet Mankell ‚altmodische’ Geschichten aus der Wirklichkeit ohne<br />

jeglichen Blendcharakter. 196<br />

Die durchgeführte Leserumfrage bestätigte Rainer Traubs These eines<br />

Spiegelartikels aus dem Jahre 1999, <strong>das</strong>s neben glänzenden Kritiken auch die<br />

Mundpropaganda Mankells Roman Die fünfte Frau in die Bestsellerlisten brachte<br />

und belegt darüber hinaus die Bedeutung der Mundpropaganda für den grandiosen<br />

Erfolg der gesamten Serie. Lediglich durchschnittlich 5% der befragten Leser<br />

gaben an, durch Werbung auf die Kriminalgeschichten aus Ystad aufmerksam<br />

geworden zu sein. Im Gegensatz zu den Printmedien (6,5%) nimmt <strong>das</strong><br />

WorldWideWeb als Werbeplattform eine bislang zu vernachlässigende Rolle<br />

(0,9%) ein. Immerhin 11,6% der Leser orientieren sich in ihrem Leseverhalten an<br />

den Bestsellerlisten. Die Empfehlung der örtlichen Buchhandlung war bei gut<br />

einem Viertel der Leser der ausschlaggebende Punkt, die <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane<br />

zu lesen. Die Mehrzahl der Lesergemeinde wurde jedoch durch Empfehlungen<br />

195 Walter Wüllenweber. <strong>Wallander</strong>s letztes Abenteuer (2001).<br />

196 vgl. Wüllenweber. <strong>Wallander</strong>s letztes Abenteuer.


Die <strong>Wallander</strong>-Romane: Eine faszinierende Erfolgsstory 67<br />

<strong>von</strong> Freunden, Bekannten oder Kollegen auf den schwedischen Autor aufmerksam<br />

(69,9%). Dieses Lese- und damit verbundene Kaufverhalten führt zu einer<br />

Verstärkung ohnehin bestehender Trends. 197<br />

Ein Marketing ‚mit’ seiner literarischen Erfindung verbittet sich der Bestseller-<br />

Autor jedoch. Weder möchte er, <strong>das</strong>s Ystad die Figur des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> als<br />

Symbol der Stadt und für den Toursimus vermarktet, noch stimmte er der<br />

Produktion und dem Verkauf <strong>von</strong> <strong>Wallander</strong> Fan-Artikeln zu. <strong>Henning</strong> Mankell<br />

willigte lediglich dem Faltblatt Auf den Spuren <strong>von</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, der in diesem<br />

Jahr neu erschienenen CD-Rom sowie Touristenfahrten auf einem ausrangierten<br />

Spritzenwagen der Freiwilligen Feuerwehr Ystads zu den wichtigsten<br />

Schauplätzen seiner Krimis ein. <strong>Henning</strong> Mankell legt damit großen Wert darauf,<br />

<strong>das</strong>s mit seiner literarischen Erfindung kein Schindluder getrieben wird. Diese<br />

Haltung unterstreicht <strong>Henning</strong> Mankells Echtheit. Stände <strong>das</strong> Geld im absoluten<br />

Vordergrund, hätte der Autor einer sicherlich gewinnbringenden Vermarktung<br />

seines melancholischen <strong>Kommissar</strong>s zugestimmt und die <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie<br />

nicht auf dem Höhepunkt ihres Erfolges beendet. 198<br />

197 vgl. Rainer Traub. Der Spiegel des Verbrechens (1999), S. 179; Krimi-Couch.de;<br />

Literaturportal schwedenkrimi.de. krimi rezession (2004).<br />

198 vgl. Christian Wymann. <strong>Wallander</strong>s Revier; Sigrid Reinert. In <strong>Wallander</strong>s Welt (2004).


Schlussbetrachtung 68<br />

5. Schlussbetrachtung<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, <strong>das</strong>s sicherlich jeder der hier untersuchten<br />

Aspekte seinen Teil dazu beigetragen hat, <strong>das</strong>s <strong>Henning</strong> Mankells <strong>Kurt</strong>-<br />

<strong>Wallander</strong>-Romane in vielerlei Hinsicht eine wahrlich faszinierende Erfolgsstory<br />

seit Ende der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts schreiben konnten. Ein Erfolg,<br />

der sich nicht nur in Rekordzahlen bezüglich des Verkaufs begründet. Schon nach<br />

der Veröffentlichung des Debütromans Mörder ohne Gesicht fanden die ersten<br />

<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Fans ihren Weg nach Ystad. Die Zahl der ‚Krimi-Touristen’<br />

nimmt seither <strong>von</strong> Jahr zu Jahr kontinuierlich zu; jeder zweite Fan stammt dabei<br />

aus dem deutschsprachigen Raum. In diesem Jahr startete gar <strong>das</strong> größte<br />

Filmprojekt in der Geschichte Skandinaviens, an dem auch die deutsche ARD<br />

beteiligt ist - 13 neue <strong>Wallander</strong>-Filme sollen dann im kommenden Jahr über<br />

Europas Kinoleinwände und TV-Kanäle flimmern. Ein Erfolg, der trotz einiger<br />

Widersprüchlichkeiten in den Romanen (Auerhahn/Birkhuhn bzw. <strong>das</strong><br />

Geburtsdatum <strong>Wallander</strong>s), nichts <strong>von</strong> seiner Anziehungskraft einbüßen<br />

musste. 199<br />

Während <strong>das</strong> Marketingkonzept der Romane sicherlich eine weniger bedeutende<br />

Rolle für den internationalen Erfolg der Kriminalgeschichten aus Ystad spielte,<br />

kann die Mundpropaganda unter den deutschen Krimifans nicht hoch genug in<br />

ihrem Einfluss gewertet werden. Das Genre der Kriminalliteratur als eines der<br />

derzeit erfolgreichsten auf dem deutschen Buchmarkt sowie <strong>das</strong> gute Image<br />

skandinavischer Krimis ließen mit Sicherheit so manchen unentschlossenen<br />

Kunden in den Buchhandlungen Deutschlands auf <strong>Wallander</strong> und sein<br />

Ermittlungsteam aufmerksam werden.<br />

Doch welche Faktoren verhalfen <strong>Henning</strong> Mankells <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romanen in<br />

erster Linie zu diesem durchschlagenden Erfolg, wie er in der heutigen Zeit nur<br />

noch schwerlich zu finden ist?<br />

Zum Einen ist hierunter sicherlich Mankells Schreibkunst zu sehen. Die <strong>von</strong> den<br />

Lesern hoch geschätzte mystische Stimmung, sein unverkennbarer literarischer<br />

199<br />

vgl. Reinert. <strong>Wallander</strong>-Pilger erobern Ystads Gassen; Reinert. In <strong>Wallander</strong>s Welt;<br />

Sens, S. 134.


Schlussbetrachtung 69<br />

Stil und die zeitweise ins unermessliche ansteigende Spannung hoben <strong>Kurt</strong><br />

<strong>Wallander</strong> ebenso zum Kult-<strong>Kommissar</strong>en empor wie Ystad - <strong>das</strong> literarische<br />

Revier des weltberühmten <strong>Kommissar</strong>s - sowie <strong>das</strong> schonische Landschaftsbild,<br />

dem Mankell wie bereits erläutert eine Hauptrolle in seinen Bestseller-Romanen<br />

einräumte. Inmitten unendlicher Kornfelder und den typisch weißgekalkten<br />

Schonenhöfen sorgt der zuweilen melancholische <strong>Kommissar</strong>, mit dessen Sorgen<br />

und Ängsten sich eine Vielzahl seiner Leser identifiziert, für die sprichwörtliche<br />

‚Ruhe und Ordnung’. <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, „ein Mensch wie du und ich“ 200 . Den<br />

vierten Faktor stellt ohne Frage Mankells gesellschaftskritische Komponente<br />

seiner Kriminalromane dar, mit denen der Autor seine Leser nicht nur unterhalten<br />

möchte. In erster Linie <strong>liegt</strong> dem Schweden daran, die Menschen - und hier vor<br />

allem die Politiker aller europäischen Länder - dazu zu bringen, über ihre<br />

Gesellschaft und deren offensichtliche Missstände nachzudenken und<br />

entsprechend aktiv zu werden. Der letzte und gleichzeitig bedeutendste Faktor des<br />

grandiosen Erfolges der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane stellt Mankells gleichermaßen<br />

minutiöse und authentische Schilderung der Polizeiarbeit dar. Polizeiarbeit ‚en<br />

détail’, die dem Leser einen in Teilen realistischen Blick auf die alltägliche Arbeit<br />

eines Kriminalbeamten gibt.<br />

„Mankells Krimis verkörpern [damit] par excellence, was man die<br />

«Wärmeströmung» des Kriminalromans nennen könnte.“ 201 In dem Verzicht auf<br />

machoide Schießereien, der Absenz <strong>von</strong> Special Effects, Autorasereien oder gar<br />

wilden Frauengeschichten traf <strong>Henning</strong> Mankell, so kann man vermuten, den<br />

Geist der Zeit. 202<br />

Es wäre völlig übertrieben anhand der im Rahmen dieser Arbeit angesprochenen<br />

Erfolgsfaktoren mutmaßen zu wollen, die Erfolgsgeschichte der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-<br />

Romane an dieser Stelle abschließend erörtert zu haben. Ein Teil des<br />

<strong>Geheimnis</strong>ses <strong>von</strong> <strong>Henning</strong> Mankells literarischem Erfolg wurde sicherlich<br />

gelüftet, ein anderer Teil bleibt sowohl den Theoretikern sowie den Lesern<br />

200 Börsenverein des deutschen Buchhandels. Börsenblatt Extra Krimi 47, S. 36.<br />

201 Thomas Widmer. Bewusst langsam. In: Tamedia AG (Hg.): Facts. Das Schweizer<br />

Nachrichtenmagazin 02. Zürich: Hans Heinrich Conxinx, (2001), S. 113.<br />

202 vgl. Thomas Widmer. Bewusst langsam. (2001), S. 113.


Schlussbetrachtung 70<br />

vorenthalten und lädt beide Personengruppen an dieser Stelle ein, Mankells<br />

Romane erneut in die Hand zu nehmen und bei einem zweiten oder dritten Lesen<br />

<strong>von</strong> Mal zu Mal mehr zu genießen. „Es gehört [wohl] zur Magie des Erfolges,<br />

zumal des wirklich großen, <strong>das</strong>s nicht gänzlich aufzuklären ist, worauf er<br />

eigentlich beruht.“ 203<br />

„Etwas hat er vergessen, <strong>das</strong> weiß er genau, als er aufwacht.<br />

Etwas, <strong>das</strong> er geträumt hat in dieser Nacht. Etwas, an <strong>das</strong> er<br />

sich erinnern sollte…“ 204<br />

203 Gohlis. <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>, Held unserer Zeit.<br />

204 Mankell. Mörder ohne Gesicht, Kapitel 1.


Literaturverzeichnis I<br />

Literaturverzeichnis<br />

A. Primärliteratur<br />

Interview mit Frau Ewa-Gun Westford. Dolm. Frau Ulrika Luka. 09. August<br />

2004, 10.00 Uhr, S-27180 Ystad, Stora Östergatan.<br />

Mankell, <strong>Henning</strong>. Die falsche Fährte. Übs. Dr. Wolfgang Butt. 8. Auflage.<br />

München: Deutscher Taschenbuch Verlag (2003) - (Villospår, 1995).<br />

Mankell, <strong>Henning</strong>. Die fünfte Frau. Übs. Dr. Wolfgang Butt. 12. Auflage.<br />

München: Deutscher Taschenbuch Verlag (2003) - (Den femte kvinnan, 1996).<br />

Mankell, <strong>Henning</strong>. Mittsommermord. Übs. Dr. Wolfgang Butt. 8. Auflage.<br />

München: Deutscher Taschenbuch Verlag (2003) - (Steget efter, 1997).<br />

B. Sekundärliteratur<br />

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Rinehart, and Winston, Inc. (1971).<br />

Franceschini, Bruno; Wuermann, Carsten (Hg.). Verbrechen als Passion.<br />

Neue Untersuchungen zum Kriminalgenre. Berlin: Weidler Verlag (2004).<br />

Gohlis, Tobias. Das Böse kommt <strong>von</strong> Norden. Die Welt des nordischen<br />

Kriminalromans. Wien: Paul Zsolnay Verlag (2003/2004).<br />

Krieg, Alexandra. Auf Spurensuche. Der Kriminalroman und seine<br />

Entwicklung <strong>von</strong> den Anfängen bis zur Gegenwart. Marburg: Tectum Verlag<br />

(2002).<br />

Nusser, Peter. Der Kriminalroman. 3., akt. u. erw. Aufl.. Stuttgart: J. B.<br />

Metzler Verlag (2003).


Literaturverzeichnis II<br />

Schindler, Nina (Hg.). Das Mordsbuch. Alles über Krimis. Hildesheim:<br />

Claasen Verlag (1997).<br />

Sens, Rainer. Dem <strong>Kommissar</strong> auf der Spur. Ein literarischer Reiseführer zu<br />

den Tatorten der “<strong>Wallander</strong>-Romane“. Der Weg ist <strong>das</strong> Ziel. 132. Welver:<br />

Conrad Stein Verlag (2004).<br />

Steinfeld, Thomas. <strong>Wallander</strong>s Landschaft. Eine Reise durch Schonen. Wien:<br />

Paul Zsolnay Verlag (2002).<br />

Touristeninformation Ystad (Hg.). Ystad. Wegweiser für die Stadt und ihre<br />

Umgebung. Schweden: o. V. (2004/2005).<br />

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Wilhelm Fink Verlag (1998).<br />

Walter, Klaus-Peter. Lexikon der Kriminalliteratur. Autoren, Werke,<br />

Themen/Aspekte. Meitingen: Corian Verlag Heinrich Wimmer (1993-2004).<br />

Reclams Krimi-Lexikon. Autoren und Werke. Stuttgart:<br />

Philipp Reclam jun. Verlag (2002).<br />

Ystads Kommun (Hg.). Auf den Spuren <strong>von</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong>.<br />

Schweden: o. V. (2002).<br />

C. Internet- Quellen<br />

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aufzutischen“ (2001). In: http://www.faz.net/s/Rub76B8D5378E0E4970B<br />

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Econom~Scontent.html [Stand 21.07.2004].<br />

Das SYNDIKAT (Hg.). Glauser (2004). In: http://www.<strong>das</strong>-syndikat.com<br />

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http://www.kailber38.de/neu.htm [Stand 20.08.2004].<br />

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Reineke, Bianca. Der Ritter <strong>von</strong> der traurigen Gestalt. Der schwedische Autor<br />

<strong>Henning</strong> Mankell und sein <strong>Kommissar</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> (2000). In:<br />

http://www.hainholz.de/wortlaut/mankell.htm [Stand 14.06.2004].<br />

Reinert, Jochen. <strong>Wallander</strong>-Pilger erorbern Ystads Gassen. (2004). In:<br />

http://www.wallande-web.de [Stand 24.06.2004].


Literaturverzeichnis IV<br />

Reinert, Sigrid. In <strong>Wallander</strong>s Welt. Ystad war ein friedlicher Ort. Bis <strong>Henning</strong><br />

Mankell hier Krimis erfand (2004). In: http://www.archiv.tagesspiegel.de/<br />

archiv/11.07.2004/1236263.asp [Stand 21.07.2004].<br />

Rischer, Tanja. <strong>Henning</strong> Mankell (1999). In:<br />

http://www.buecher4um.de/AutorHM.htm [Stand 24.06.2004].<br />

Rohling, Peter E. M.. Der skandinavische Kriminalroman. Eine<br />

Erfolsgeschichte (o. J.). In: http://www.heiner-<br />

k.de/specials/skandinavische_krimis/einfuehrung.html [Stand 23.06.2004].<br />

Schanda, Susanne. «Ich reise gerne in der Zeit» (1998). In:<br />

http://www.espace.ch/medien/bz/archiv/details_2.cfm?id=9082&simplesearch=<br />

kriminalliteratur&template=index.cfm [Stand 21.07.2004].<br />

Schuh, Franz. Der Norden und der Süden (2004). In:<br />

http://www.literaturen.de/krimi-index.html [Stand 29.06.2004].<br />

Schwier, Stephan. Krimis ohne Überhelden (o. J.). In: http://www.heiner-<br />

k/specials/skandinavische_krimis/interviewalzweig.html [Stand 23.06.2004].<br />

Wissen.de (Hg.). Interview mit <strong>Henning</strong> Mankell: „Wir leben in einer<br />

schrecklichen Welt“ (o. J.). In: http://www.wissen.de/xt/default.do?<br />

MENUNAME=InfoContainerPrintArticle&MENUID=40%2C156%2C538%<br />

2C547%OCCURENCEID=SL0013379222SL0019672573.5000065.full<br />

[Stand 23.06.2004].<br />

Wörtche, Thomas. Der Overkill des Krimimarktes. Eine Sammelbesprechung<br />

(1998). In: http://kaliber38.de/woertche/einzelteile/woche98.htm [Stand<br />

21.07.2004].<br />

Wüllenweber, Walter. <strong>Wallander</strong>s letztes Abenteuer (2001). In: http://www.<br />

stern.de/unterhaltung/buecher/index.html?id=71331 [Stand 14.06.2004].<br />

<strong>Wallander</strong>s Welt (2001). In: http://www.stern.de/<br />

unterhaltung/buecher/index.html?id=71356 [Stand 18.06.2004].


Literaturverzeichnis V<br />

Wymann, Christian (Hg.). (2001). http://www.wallander.ch [Stand 22.03.-<br />

17.06.2004].<br />

ZDF.de (Hg.). (2001-2003). http://www.zdf.de [Stand 18.06.2004].<br />

Zießler, Eva. Lieder des Schmerzes (2000). In: http://www.welt.de/daten/2000/<br />

07/15/0715lw179681.htx?print=1 [Stand 24.06.2004].<br />

D. Internet-Foren<br />

Krimi-Couch.de; Literaturportal schwedenkrimi.de (Hg.). krimi rezession<br />

(2004). In: http://www.schwedenkrimi-forum.krimi-couch.de/forum/idThread-<br />

810.html [Stand 23.06.2004].<br />

E. Tages-, Wochen- und Populärpresse<br />

Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. (Hg.). Börsenblatt Extra Krimi<br />

47. Frankfurt: Buchhändler-Vereinigung GmbH, (2002). S. 21- 40, 4768f.<br />

Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. (Hg.). dtv - <strong>Henning</strong> Mankell<br />

13. Frankfurt: Buchhändler-Vereinigung GmbH, (2004). S. 12f.<br />

<strong>Henning</strong>, Peter. „Mich interessiert die Spirale des Unglücks“. In: Tamedia AG<br />

(Hg.): Facts. Das Schweizer Nachrichtenmagazin 24. Zürich: Hans Heinrich<br />

Conxinx, (1999). S. 136-139.<br />

Traub, Rainer. „Der Spiegel des Verbrechens“. In: Augstein, Rudolf (Hg.):<br />

Spiegel 26. Hamburg: Spiegel Verlag Rudolf Augstein, (1999). S. 179-181.<br />

Schwetzinger Zeitung (Hg.). „Leichenfund am Strand“. In: Schwetzinger<br />

Zeitung 140, 21. Juni 2004, S. 4.<br />

Schwetzinger Zeitung (Hg.). „Selbstmordversuch scheitert“. In: Schwetzinger<br />

Zeitung 218, 20. September 2004, S. 20.


Literaturverzeichnis VI<br />

Widmer, Thomas. „Bewusst langsam“. In: Tamedia AG (Hg.): Facts. Das<br />

Schweizer Nachrichtenmagazin 02. Zürich: Hans Heinrich Conxinx, (2001).<br />

S. 113.<br />

„Morden im Norden“. In: Tamedia AG (Hg.): Facts. Das<br />

Schweizer Nachrichtenmagazin 15. Zürich: Hans Heinrich Conxinx, (2001).<br />

S. 146-149.<br />

F. Unveröffentlichte Quellen<br />

Bruckner, Manuela. Skandinavische Kriminalliteratur am Beispiel <strong>Henning</strong><br />

Mankell. Facharbeit Deutsch Wien, Höhere Bildende Schule für Tourismus<br />

(2002).


Anhang A VII<br />

Anhang A


Anhang A VIII<br />

Abbildung 1:<br />

Die <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie in ihrer chronologischen Reihenfolge<br />

Deutscher Titel<br />

(Erscheinungsjahr) *<br />

Originaltitel<br />

Erstveröffent-<br />

lichung<br />

Mörder ohne Gesicht (2001) Mördare utan ansikte 1991<br />

Hunde <strong>von</strong> Riga (2000) Hundarna i Riga 1992<br />

Die weiße Löwin (2002) Den vita lejoninnan 1993<br />

Der Mann, der lächelte (2001) Mannen som log 1994<br />

Die falsche Fährte (1999) Villospår 1995<br />

Die fünfte Frau (1998) Den femte kvinnan 1996<br />

Mittsommermord (2000) Steget efter 1997<br />

Die Brandmauer (2001) Brandvägg 1998<br />

<strong>Wallander</strong>s erster Fall (2002) Pyramiden 1999<br />

* Berücksichtigt werden hier die Escheinungsdaten des Paul Zsolnay Verlages, Wien.<br />

Abbildung 2:<br />

Leserumfrage: Welcher Faktor hat Ihrer Meinung nach am meisten dazu<br />

beigetragen, <strong>das</strong>s die <strong>Wallander</strong>-Romane internationale<br />

Bestseller geworden sind? **<br />

33%<br />

28%<br />

spannende Kriminalgeschichten aus dem düsteren Schweden<br />

subtile Gesellschaftskritik anhand aktueller Themen<br />

realitätsnahe Fälle und sympathische Figuren<br />

** Diese Umfrage wurde im März 2003 durch die deutsche <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Fanpage<br />

http://www.wallander-web.de durchgeführt. An dieser Umfrage nahmen 702 Personen teil.<br />

39%


Anhang A IX<br />

Abbildung 3:<br />

Leserumfrage: Welcher der bisher in Deutschland veröffentlichten Romane<br />

um <strong>Kommissar</strong> <strong>Wallander</strong> gefällt Ihnen persönlich am<br />

31%<br />

18%<br />

Besten? *<br />

5%<br />

16%<br />

Mörder ohne Gesicht Hunde <strong>von</strong> Riga Die weiße Löwin<br />

Der Mann, der lächelte Die falsche Fährte Die fünfte Frau<br />

Mittsommermord<br />

* Diese Umfrage wurde im April/Mai 2001 durch die deutsche <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Fanpage<br />

http://www.wallander-web.de durchgeführt. Mankells achter Roman Die Brandmauer sowie<br />

<strong>Wallander</strong>s erster Fall waren zum Zeitpunkt der Meinungsumfrage noch nicht auf dem<br />

deutschen Buchmarkt veröffentlicht. Eine Beteiligtenzahl konnte nicht ermittelt werden.<br />

15%<br />

2%<br />

13%


Anhang A X<br />

Abbildung 4:<br />

Zeitungsartikel. Schwetzinger Zeitung (Hg.). „Leichenfund am Strand“. In:<br />

Schwetzinger Zeitung 140, 21.Juni 2004, S. 4.<br />

Abbildung 5:<br />

Zeitungsartikel. Schwetzinger Zeitung (Hg.). „Selbstmordversuch scheitert“. In:<br />

Schwetzinger Zeitung 218, 20.September 2004, S. 20.


Anhang A XI<br />

Abbildung 6:<br />

Das Genre der Kriminalliteratur *<br />

Verbrechensliteratur Kriminalliteratur<br />

Detektivroman<br />

Detektiverzählung<br />

Kriminalroman/<br />

Kriminalerzählung<br />

Feministischer Krimi<br />

Polizeikrimi<br />

Regionalkrimi<br />

Historischer Krimi<br />

Schauerroman<br />

Tierkrimi Nostalgische Kriminalromane Soziokrimi<br />

Gebrestenkrimi<br />

Psychokrimi<br />

Kloster- und Kirchenkrimi Romantik-Thriller<br />

Cyberpunk<br />

Verbrechensdichtung<br />

Psychopathenkrimi<br />

Schwulen-/ Lesbenkrimi<br />

Politkrimi<br />

* vgl. Nusser, S. 1-7, 106; Vogt, S. 7; Schindler, S. 21-24; Walter. Lexikon der Kriminalliteratur. Vorwort, S. 1.<br />

Thriller<br />

Kriminalistische<br />

Abenteuererzählung<br />

Spionageroman<br />

Heftromankrimi<br />

hard-boiled school


Anhang A XII<br />

Abbildung 7:<br />

Umsatzanteile der Warengruppen nach Editionsformen 2003 *<br />

Hardcover Taschenbuch<br />

Hörbuch/<br />

Audiobook<br />

Belletristik 16,1 65,0 45,4<br />

Kinder- und Jugendbuch 16,1 7,1 24,9<br />

Reise 9,1 1,9 0,4<br />

Sachbuch/ Register 20,2 9,7 8,0<br />

Geisteswissenschaften,<br />

Kunst & Musik<br />

12,1 9,4 6,1<br />

Mathematik,<br />

8,3 2,0 0,2<br />

Naturwissenschaft & Technik<br />

Sozialwissenschaft,<br />

Recht & Wirtschaft<br />

7,2 4,3 0,7<br />

Schule und Lernen 10,9 0,6 14,4<br />

100,0 100,0 100,0<br />

Abbildung 8:<br />

Umsatzanteile innerhalb der Warengruppe Belletristik 2003 *<br />

Hardcover Taschenbuch<br />

Hörbuch/<br />

Audiobook<br />

Romane 41,8 55,1 48,6<br />

Krimis 13,1 27,5 21,9<br />

Science Fiction/ Fantasy 5,5 7,9 9,9<br />

Märchen/ Sagen/ Legenden/<br />

Fabeln<br />

1,3 0,2 2,1<br />

Lyrik/ Dramatik/ Essays/<br />

Aufsätze<br />

2,9 2,3 6,5<br />

Briefe/ Tagebücher/<br />

Biographien<br />

8,2 5,1 2,9<br />

Fremdsprachige Literatur 3,8 0,2 0,9<br />

Humor/ Cartoons/ Comics/<br />

Satire<br />

12,7 1,0 7,1<br />

Geschenkbücher 10,9 0,6 0,0<br />

* Nach den Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e. V..


Anhang A XIII<br />

Abbildung 9:<br />

Monatszahlen der Neuveröffentlichungen im deutschsprachigen Raum, die dem Genre der Kriminalliteratur zuzuordnen sind *<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Jan Febr März April Mai Juni Juli Aug Sept Okt Nov Dez<br />

* vgl. kaliber.38. Krimis im Internet. Neuerscheinungen (2004). In: http://www.kaliber38.de.<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004


Anhang A XIV<br />

Abbildung 10:<br />

Jahreszahlen der Neuveröffentlichungen im deutschsprachigen Raum, die<br />

dem Genre der Kriminalliteratur zuzuordnen sind *<br />

0 200 400 600 800 1000 1200 1400<br />

* vgl. kaliber.38. Krimis im Internet. Neuerscheinungen (2004). In: http://www.kaliber38.de.<br />

Abbildung 11:<br />

Jahreszahlen deutschsprachiger Erstveröffentlichungen im Bereich der<br />

Kriminalliteratur **<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003<br />

** vgl. Das Syndikat. Glauser (2004). In: http://www.<strong>das</strong>-syndikat.com.<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004


Anhang A XV<br />

Abbildung 12:<br />

Interview mit Frau Ewa-Gun Westford am 09. August 2004, 10.00 Uhr<br />

in 27180 Ystad, Stora Östergatan (Dolmetscherin: Ulrika Luka, BKA).<br />

Frage: Das erste Buch „Mörder ohne Gesicht“ beruht auf einer wahren<br />

Begebenheit, laut derer ein Bauernehepaar in der Nähe <strong>von</strong> Ystad überfallen und<br />

hierbei schwer verletzt wurde. Wann ist dies geschehen und war diese Tat<br />

tatsächlich der ausschlaggebende Punkt für Mankell sein erstes Buch mit<br />

<strong>Kommissar</strong> <strong>Wallander</strong> zu schreiben?<br />

Antwort: Das stimmt so. Das Buch basiert auf einer wahren Begebenheit. Das<br />

Ehepaar wurde jedoch nicht - wie in den Büchern geschildert - ermordet, sondern<br />

schwer misshandelt. H. M. hat <strong>das</strong> einfach nur noch ein bisschen schlimmer<br />

gemacht.<br />

Frage: Gab es tatsächlich fremdenfeindliche Reaktionen auf diese Tat?<br />

Antwort: H. M. hat die Stimmung, die es gab, auffangen können. Er hat des<br />

Öfteren schon über Dinge geschrieben, bevor diese überhaupt geschehen waren.<br />

Er hat also ein Vermögen Stimmungen aufzufangen und zu vermitteln. Eine<br />

fremdenfeindliche Stimmung dieses Ausmaßes gab es jedoch nicht.<br />

Fremdenfeindlichkeit ist eigentlich ein sehr tabu belegtes Thema, vor allem hier in<br />

Schweden, weil wir Schweden immer denken: „Wir sind super korrekt und<br />

tüchtig.“<br />

Frage: Wie hat H. M. auf den Fall reagiert? Hat er den Kontakt zur Polizei<br />

gesucht, um mehr über diesen Fall zu erfahren und wann hat er sich <strong>das</strong> erste Mal<br />

bei der Polizei gemeldet?<br />

Antwort: Wie und wann <strong>das</strong> Ganze angefangen hat - <strong>das</strong> weiß keiner. H. M. lebt<br />

jedoch seit 25 Jahren auf einem Hof außerhalb <strong>von</strong> Ystad und beschreibt die Stadt<br />

als eine Art Grenzland zwischen Polen und dem Kontinent. Die südliche Spitze<br />

<strong>von</strong> Schweden ist ein Grenzland zu Polen. H. M. hat die Polizisten in Ystad viel<br />

besucht und es kommen Dinge in den Büchern vor, die an die Wirklichkeit<br />

grenzen. Es gibt zum Beispiel einen Polizisten namens Wald. Er hat eine Tochter


Anhang A XVI<br />

namens Linda, trinkt gerne Whiskey und liebt die Oper. Auch die<br />

Polizeidirektorin <strong>von</strong> Ystad war bis Dezember letzten Jahres eine Frau. Es gibt<br />

also ein paar Dinge, die real sind. Liza Hold entspricht jedoch keineswegs Eva<br />

Astrid Rosberg, der damaligen Chefin der Ystader Polizei. Deren Gemeinsamkeit<br />

<strong>liegt</strong> lediglich darin, <strong>das</strong>s es sich jeweils um eine weibliche Führungskraft handelt.<br />

Wirklichkeit und Fiktion werden auf eine Art verwoben, die <strong>das</strong> Ganze ein wenig<br />

mystisch macht.<br />

Frage: Ist der Name <strong>Wallander</strong> auf den Kriminalbeamten Wald zurückzuführen,<br />

der in dem o. g. Fall der ermittelnde Beamte war?<br />

Antwort: Ich habe nicht versucht H. M. dazu auszuquetschen. Gewisse Dinge<br />

braucht man nicht zu wissen. Je älter man wird desto mehr hat man vielleicht so<br />

<strong>das</strong> Gefühl: „Das muss man nicht wissen. Es ist schon besser wenn man es nicht<br />

weiß.“. Es ist schlimm genug zu sehen wie viel man in der Filmwelt pfuscht, um<br />

einfach gute Bilder zu bekommen. Das, was wir letztendlich im Film sehen, ist<br />

nicht so wie es richtig gelaufen ist.<br />

Frage: In den Büchern werden sowohl die Autoschieberei nach Polen als auch<br />

die Rauschgiftkriminalität zu Kriminalitätsschwerpunkten dieser Stadt erklärt.<br />

Trifft diese Aussage zu und was zeigen aktuelle Entwicklungen auf?<br />

Antwort: Dies sind zwei Hauptpunkte der Polizeiarbeit hier in Ystad.<br />

Luxusautos, in denen oftmals gleichzeitig Drogen versteckt sind, werden nach<br />

Polen geschmuggelt. Leider hat die Polizei in Ystad keine Ressourcen, um diese<br />

Sachen zu überwachen. Kfz- und Drogenschmuggel sind OK-Delikte, die <strong>von</strong><br />

Malmö aus gesteuert werden. Malmö ist in diesem Fall zuständig für den Bereich<br />

Skåne. In den Romanen kommt <strong>Wallander</strong> mit diesen Kriminalitätsfeldern in<br />

Berührung. In der Realität würde <strong>das</strong> nicht passieren, sondern <strong>von</strong> Malmö aus<br />

gesteuert werden.<br />

Anmerkung: In diesem Augenblick kommt Herr Göran Schön, ein Kollege <strong>von</strong><br />

Frau Westford, hinzu. Er vermittelte dem Schauspieler Krister Hendriksson, der<br />

<strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> in „Vor dem Frost“ spielt, die männliche Perspektive eines<br />

Kriminalbeamten aus Ystad und trug somit dazu bei die Authentizität der


Anhang A XVII<br />

Verfilmungen zu erhöhen. Die folgende Frage wird deshalb <strong>von</strong> Herrn Schön<br />

beantwortet.<br />

Frage: Einige Male hält <strong>Wallander</strong> absichtlich Informationen gegenüber seinen<br />

Kollegen zurück und ermittelt letztendlich auf eigene Faust. Privat hat er u. a.<br />

Ernährungsprobleme und leidet unter der Scheidung <strong>von</strong> Mona, was ihn immer<br />

wieder in eine melancholische Stimmung versetzt. Könnte die Person <strong>Kurt</strong><br />

<strong>Wallander</strong> - sowohl aus privater als auch dienstlicher Sicht - im realen<br />

schwedischen Polizeiapparat existieren?<br />

Antwort: In der Realität müsste <strong>Wallander</strong> mit einer Kündigung rechnen, sobald<br />

er gegen geltende Gesetze verstößt. Zur privaten Situation des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong><br />

kann ich nichts sagen, da ich mich nicht in einer vergleichbaren privaten Situation<br />

befinde.<br />

Frage: Weist Ystad eine höhere Kriminalitätsrate im Vergleich zu anderen<br />

Städten Südschwedens auf?<br />

Antwort: Nein. Angesichts des Hafens überwiegen hier lediglich die<br />

Schmuggeldelikte. Die übrigen Bereiche Südschwedens haben ihrerseits jedoch<br />

andere spezifische Kriminalitätsschwerpunkte. In Småland, dessen Landschaft<br />

<strong>von</strong> Wäldern geprägt ist, überwiegen Delikte wie Diebstähle, Hehlerei oder<br />

Schwarzbrennerei. Auch die Hells Angels sind hier aktiv. Angesichts der Nähe<br />

zum Baltikum stellt in Lappland hingegen die Prostitution einen<br />

Kriminalitätsschwerpunkt dar. Die Hauptstadt wiederum muss ihre Schwerpunkte<br />

im OK-Bereich der Wirtschaftskriminalität setzen, deren Ursprünge in Lettland,<br />

Litauen und Estland zu suchen sind. Gerade <strong>das</strong> Phänomen durchorganisierter<br />

Banden ist mittlerweile auch in Ystad zu beobachten. Mit der Kriminalität verhält<br />

es sich so wie mit der Mode. Die neuen Trends kommen <strong>von</strong> London über<br />

Stockholm und Malmö letztendlich nach Ystad. Betrachtet man die Morde an<br />

Olof Palme oder Anna Lind, wird einem klar, <strong>das</strong>s die Schweden in dieser<br />

Hinsicht naiv sind. Während die Welt mit diesem Thema versiert umgeht, fragt<br />

sich <strong>das</strong> schwedische Volk ganz erstaunt: „Ups, wie konnte <strong>das</strong> denn passieren?“


Anhang A XVIII<br />

Frage: Wo liegen die Schwerpunkte der kriminalpolizeilichen Arbeit in Ystad?<br />

Antwort: Es handelt sich hierbei um Eigentumsdelikte und Straftaten gegen die<br />

körperliche Unversehrtheit. Im Falle <strong>von</strong> schwerwiegenderen Delikten wie Mord<br />

oder Totschlag greift die Polizei in Ystad auf die technische und personelle<br />

Unterstützung der Landespolizei in Malmö zurück. Den Fall untersucht sie jedoch<br />

selbst.<br />

Frage: Wie lange <strong>liegt</strong> der letzte Mord in Ystad zurück?<br />

Antwort: Es handelt sich hierbei um den Totschlag an einem neugeborenen Kind<br />

vom 09./10. Januar diesen Jahres in einer Nachbarkommune <strong>von</strong> Ystad. Die<br />

Täterschaft konnte bis heute noch nicht eindeutig geklärt werden. Man weiß,<br />

<strong>Wallander</strong> gibt es nicht, aber im Falle der Brandstiftungsserie vom Oktober 2003<br />

oder dem zuvor erwähnten Totschlag denkt man für sich: „Oh Mann, <strong>das</strong> ist ja<br />

wie der Anfang eines <strong>Wallander</strong> Romans“. <strong>Wallander</strong> gibt es überall.<br />

Frage: Wie viele Einwohner hat Ystad?<br />

Antwort: Ich glaube 13.000, bin mir aber nicht sicher.<br />

Frage: Wie viele Polizisten arbeiten hier in Ystad? Und wie groß ist deren<br />

Zuständigkeitsbereich?<br />

Antwort: Insgesamt sind 320 Beamten und Angestellte für die Polizei in Ystad<br />

tätig. Abzüglich der örtlichen Angestellten handelt es sich letztendlich hierbei um<br />

ca. 220 PolizeibeamtInnen. Die Polizei in Ystad ist darüber hinaus für die sieben<br />

Bereiche Trelleborg, Vellinge, Svedåla, Skurup, Ystad, Tomellila und<br />

Simrishamn zuständig.<br />

Frage: Sind die übrigen Fälle, die in den Büchern beschrieben werden, jemals in<br />

einer gewissen Ähnlichkeit in Skandinavien passiert?<br />

Antwort: H. M. hat die übrigen Mordfälle erfunden. Es gibt jedoch immer eine<br />

gewisse Realitätsanknüpfung. So haben zum Beispiel Einwanderer in Malmö Igel<br />

angezündet. Das hat uns sehr stark an die brennenden Schwäne in „Vor dem<br />

Frost“ erinnert.


Anhang A XIX<br />

Frage: Das Kollegenverhältnis wird in den Büchern nicht sehr innig dargestellt.<br />

<strong>Wallander</strong> weiß zum Beispiel nichts <strong>von</strong> Svedbergs Bewunderung ihm gegenüber.<br />

Lediglich mit Ann-Britt Höglund spricht der <strong>Kommissar</strong> über private Probleme.<br />

Trifft <strong>das</strong> auch für den realen Polizeialltag in Ystad zu?<br />

Antwort: Das entspricht der Realität. In diesem Zusammenhang muss man<br />

jedoch erwähnen, <strong>das</strong>s die Polizei eine sehr strikte, hierarchische und männliche<br />

Organisation ist. Es gibt erst seit 1958 Frauen bei der schwedischen Polizei. Im<br />

Vergleich zu dem normalen Tagesdienst kommt man sich zum Beispiel um 4 Uhr<br />

morgens - zusammen in einem Streifenwagen - wesentlich näher. Das Verhältnis<br />

ist dann ein anderes. Frauen bei der Polizei haben dazu beigetragen, <strong>das</strong>s vermehrt<br />

auch über private Belange gesprochen wird. Man hat in den letzten Jahren mit<br />

Hilfe der weiblichen Perspektive die Polizeiarbeit in eine andere Richtung lenken<br />

können. Der Mitbürger wurde ins Zentrum gerückt und man setzt in manchen<br />

Situationen auf weichere und sanftere Töne im Gegensatz zu der strikten<br />

männlichen Welt, die die Polizeiarbeit lange Zeit geprägt hat. Ich bin mir nicht<br />

sicher, ob <strong>das</strong> der Grund ist, weshalb Linda <strong>Wallander</strong> nun Polizistin wird. Ich bin<br />

auf jeden Fall sehr gespannt, wie H. M. Linda beschreiben wird, wie sie ihre<br />

Aufgabe als Polizistin meistern und <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> diesen Umstand bewältigen<br />

wird.<br />

Frage: Sowohl Ann-Britt Höglund als auch Martinsson müssen zunächst um die<br />

Akzeptanz ihrer neuen Kollegen kämpfen. Bestehen tatsächlich Vorurteile<br />

gegenüber Frauen und jüngeren Kollegen innerhalb des schwedischen<br />

Polizeiapparates?<br />

Antwort: Diese Vorurteile bestehen leider seitens einiger Kollegen in Ystad, da<br />

die Welt hier sehr traditionsgebunden ist und zum Beispiel einige Kollegen schon<br />

immer hier arbeiten. Ich selbst habe <strong>das</strong> vor zwei Jahren trotz meiner 32-jährigen<br />

Diensterfahrung erleben müssen, als ich nach Ystad kam und mich einer<br />

traditionellen Männerwelt gegenübersah. Das war sehr anstrengend. 1974 haben<br />

sich Männer noch geweigert mit Frauen Streife zu fahren und<br />

Gleichstellungspläne waren nicht vorhanden.<br />

Frage: Wie hoch ist heute der Frauenanteil bei der schwedischen Polizei?


Anhang A XX<br />

Antwort: Während der Frauenanteil landesweit bei ca. 25% <strong>liegt</strong>, sind es in Ystad<br />

ungefähr 10%. Bei den Neueinstellungen wird jedoch eine Frauenquote <strong>von</strong> 30%<br />

angestrebt. Momentan ist man bestrebt vermehrt Ausländer bei der schwedischen<br />

Polizei einzustellen, so <strong>das</strong>s sich der Fokus in diesem Bezug etwas verschoben<br />

hat.<br />

Frage: Sind die beschriebenen Täterprofile der Bücher in Schweden so denkbar?<br />

Antwort: H. M. schmückt wie gesagt vieles aus, weshalb man nicht genau sagen<br />

kann, was nun der Realität entspricht. Er tendiert hier mehr zu Afrika - aber eben<br />

doch im schwedischen Sinne. Obwohl H. M. viel in Afrika lebt, weiß er genau wo<br />

die Probleme in Schweden liegen und berichtet <strong>von</strong> Dingen, bevor sie hier<br />

passieren. Das ist <strong>das</strong> Mystische an diesen Büchern und verursacht Gänsehaut.<br />

Frage: <strong>Wallander</strong> baut zu Hoover, dem Mörder aus „Die falsche Fährte“, ein<br />

fast schon persönliches Verhältnis auf und geht sogar zu dessen Beerdigung.<br />

Kann es in der Tat zu solchen Verhältnissen zwischen dem einzelnen<br />

Kriminalbeamten und dem Täter kommen?<br />

Antwort: Das passiert eigentlich nicht in der Realität. Bei dem zuvor erwähnten<br />

Totschlag hat man z. B. lediglich darüber gesprochen, wie man und wer denn<br />

dieses Neugeborene beerdigen soll.<br />

Frage: Ist die beschriebene Ermittlungstaktik, zum Beispiel in Bezug auf die<br />

Dienstbesprechungen und <strong>Wallander</strong>s „berühmten“ Block, authentisch?<br />

Antwort: Diesen Block gibt es wirklich. Es handelt sich hierbei um ein kleines<br />

schwarzes Wachsbuch, <strong>das</strong> die Kollegen immer bei sich haben.<br />

Dienstbesprechungen finden zweimal täglich statt.<br />

Frage: Dieses Besprechungszimmer gibt es angeblich aber nicht.<br />

Antwort: Es gibt unterschiedliche Arten <strong>von</strong> Besprechungen und demnach auch<br />

unterschiedliche Räume, in denen diese stattfinden.<br />

Frage: Gibt es einen speziell ausgebildeten Spurensicherungsbeamten?<br />

Antwort: Ja, dieser Beamte ist ein Techniker, der für seine Arbeit speziell<br />

ausgebildet wird. Ist ein Verbrechen passiert, sperrt zunächst die Streifenpolizei


Anhang A XXI<br />

<strong>das</strong> Gebiet ab und anschließend wartet man auf den Techniker, der dann die<br />

Spuren sichert und bei Bedarf auch filmt.<br />

Frage: Ist es üblich, <strong>das</strong>s die Staatsanwaltschaft im selben Gebäude wie die<br />

Polizei untergebracht ist?<br />

Antwort: Das ist nicht üblich für Schweden, jedoch tatsächlich so in Ystad und<br />

ausgezeichnet für die Zusammenarbeit. Die Staatsanwaltschaft in Ystad besteht<br />

aus einem Staatsanwalt und einer Staatsanwältin.<br />

Frage: <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong> kombiniert bei seiner Ermittlungsarbeit Logik und<br />

Instinkt.<br />

Antwort: <strong>Wallander</strong> ist ein sehr engagierter Polizist, was ihn unter anderem seine<br />

Ehe gekostet hat. Er ist ein typisch unsicherer schwedischer Mann für sein Alter.<br />

Nach seiner gescheiterten Ehe widmet er sich völlig seiner Arbeit und agiert auch<br />

sonst typisch angesichts der privaten Situation, in der er sich befindet. So<br />

integriert er zum Beispiel die großen Lebensfragen in seine Arbeit und wenn alles<br />

zu viel für ihn wird, greift er zur Whiskeyflasche und hört Opern. Da ist es nicht<br />

verwunderlich, <strong>das</strong>s <strong>Wallander</strong> in eine melancholische Stimmung verfällt.<br />

Frage: Hängt diese melancholische Stimmung, die immer wieder in den Büchern<br />

zum Ausdruck kommt, mit dem Beruf des Polizisten zusammen oder könnte man<br />

diese auch auf <strong>Kurt</strong>s gescheiterte Ehe und die damit zusammenhängenden<br />

Probleme zurückführen?<br />

Antwort: Man sollte schon daran denken, <strong>das</strong>s Polizisten in ihrer Tätigkeit viel<br />

auf Gewalt und andere schlimme Situationen treffen. Ärzte machen <strong>das</strong> zum<br />

Beispiel auch auf eine ähnliche Weise.Der Polizist wird in seiner Arbeit viel mit<br />

menschlichen Defekten konfrontiert. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Beruf<br />

des Polizeibeamten einzigartig und <strong>das</strong> sollte man in diesem Punkt nicht<br />

vergessen.<br />

Frage: Ist es möglich verallgemeinernd zu sagen, <strong>das</strong>s die Scheidungsrate in der<br />

Polizei höher ist als in anderen Berufen?<br />

Antwort: Bei der Polizei ist die Scheidungsfrequenz in der Tat sehr hoch.


Anhang A XXII<br />

Frage: Sind speziell die Romanenden unter dem Gesichtspunkt der<br />

Eigensicherung unrealistisch?<br />

Antwort: Ja, <strong>das</strong> wird hier so gesehen. Gerade im Hinblick auf die<br />

Eigensicherung gibt es in Schweden ein Regelbuch nach dem sich die Beamten<br />

richten. Gerade <strong>das</strong> macht <strong>Wallander</strong> nicht, was ihn in diesem Punkt<br />

unglaubwürdig macht. Aber ohne diesen Fakt gäbe es kein Buch und keinen Film.<br />

Frage: H. M. beschreibt die gesellschaftliche Situation in Schweden als sehr<br />

bedenklich. Ist diese tatsächlich gekennzeichnet <strong>von</strong> einer fremdenfeindlichen<br />

Stimmung, einer zunehmenden Gewaltbereitschaft, einem immer größer<br />

werdenden Gegensatz zwischen Arm und Reich sowie <strong>von</strong> Jugendlichen, die nicht<br />

wissen, was sie tun sollen?<br />

Antwort: Das ist exakt richtig. Malmö zum Beispiel ist eine tickende Bombe.<br />

Erst letzten Freitag hat hier ein 16-jähriger Junge eine andere Person hingerichtet.<br />

Die Politiker beurteilen die Situation falsch.<br />

Frage: H. M. warnt vor dem Kollaps des schwedischen Sozialstaates.<br />

Antwort: Ich kann diesen Eindruck nur bestätigen. Das ist ein politisches<br />

Problem. Politiker setzen sich lieber selbst in Szene als sich um Probleme dieser<br />

Art zu kümmern.<br />

Frage: Sind die gesellschaftlichen Probleme größer als in den übrigen<br />

skandinavischen Ländern?<br />

Antwort: Wahrscheinlich. Ich glaube, eine Ursache hierfür ist, <strong>das</strong>s sich<br />

Schweden im Gegensatz zu Dänemark und Norwegen im Zweiten Weltkrieg<br />

neutral verhalten hat. Dadurch sind die Schweden etwas naiver.<br />

Frage: H. M. wird in Deutschland vor allem für die genaue Schilderung der<br />

Polizeiarbeit gelobt. Wie recherchiert H. M.?<br />

Antwort: Ich erlebe Mankell wie eine Art Schwamm, der alles in sich aufsaugt.<br />

Wenn man mit ihm zusammen ist, dann ist er sehr ruhig und zurückhaltend. Er ist<br />

mit einer schwedischen Frau verheiratet und eine schwedische Polizistin schreibt<br />

für ihn Erlebnisse auf.


Anhang A XXIII<br />

Frage: Verhält sich die schwedische Polizei ihm gegenüber aufgeschlossen?<br />

Antwort: H. M. steht nicht im direkten Kontakt zur Polizei. Ich schicke ihm<br />

jedoch ausgewählte Zeitungsartikel zu, die eventuell für ihn <strong>von</strong> Interesse sein<br />

könnten. Darüber hinaus abonniert er auch die schwedische Polizeizeitung. Ich<br />

bin sozusagen <strong>das</strong> Verbindungsglied zwischen Mankell und den Schauspielern,<br />

die bei den Verfilmungen seiner Bücher mitwirken.<br />

Frage: Sind die Namen der Personen in den Büchern typisch schwedisch?<br />

Antwort: Ja.<br />

Frage: Trifft es zu, <strong>das</strong>s H. M.s Bücher inoffiziell zur Polizeiausbildung benutzt<br />

werden?<br />

Antwort: Das weiß ich nicht. Als Verantwortliche für neue Kollegen in Ystad<br />

gebe ich diesen jedoch jeweils eine Ausgabe <strong>von</strong> „Mörder ohne Gesicht“, da ich<br />

der Meinung bin, <strong>das</strong>s man dieses Buch gelesen haben sollte.<br />

Frage: Ist dies <strong>das</strong> beliebteste Buch in Schweden?<br />

Antwort: Nein, aber es ist <strong>das</strong> erste Buch. Meiner Meinung sollte man die<br />

Nummer eins lesen, wenn man sich <strong>Wallander</strong> nähern möchte. Ich persönlich<br />

finde die „Rückkehr des Tanzlehrers“ und „Vor dem Frost“ am Besten.


Anhang B XXIV<br />

Anhang B


Anhang B XXV<br />

Anlage 1:<br />

Fragebogen „<strong>Henning</strong> Mankell“<br />

Persönliche Angaben: Geschlecht männlich weiblich<br />

Familienstand ledig verheiratet geschieden<br />

Alter …….. Jahre<br />

Wohnort ……..<br />

Beruf ……..<br />

1) Wie viele Bücher lesen Sie durchschnittlich im Laufe eines Monats? …….. Stück<br />

2) Wie hoch ist der Anteil der <strong>von</strong> Ihnen gelesenen Bücher an Kriminalliteratur? …….. %<br />

3) Wie lange interessieren Sie sich schon für dieses Genre der Literatur? …….. Jahre<br />

4) Welche Romane <strong>von</strong> <strong>Henning</strong> Mankells „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie“ haben Sie gelesen?<br />

(Bitte kreuzen Sie die <strong>von</strong> Ihnen gelesenen Romane an.)<br />

1. FALL Mörder ohne Gesicht<br />

2. FALL Hunde <strong>von</strong> Riga<br />

3. FALL Die weiße Löwin<br />

4. FALL Der Mann, der lächelte<br />

5. FALL Die falsche Fährte<br />

6. FALL Die fünfte Frau<br />

7. FALL Mittsommermord<br />

8. FALL Die Brandmauer<br />

<strong>Wallander</strong>s erster Fall. Erzählungen.<br />

5) Wie sind Sie auf Mankells „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ aufmerksam geworden?<br />

Empfehlung <strong>von</strong> Bekannten/ Freunden<br />

Empfehlung <strong>von</strong> Kollegen<br />

Buchhandlung<br />

Bestsellerliste<br />

Werbung. Falls zutreffend: Art des Mediums: Fernsehen/ Hörfunk<br />

Zeitung/ Zeitschrift<br />

Internet


Anhang B XXVI<br />

6) Welcher der „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ hat Ihnen<br />

am Besten …......<br />

am Wenigsten ……..<br />

gefallen?<br />

7) Welchen der „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ schätzen Sie<br />

als den authentischsten Roman der Serie ……..<br />

als den unrealistischsten Roman der Serie ……..<br />

ein?<br />

8) Wie realistisch empfinden Sie 1 2 3 4<br />

<strong>das</strong> Tatgeschehen<br />

den Hauptcharakter <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong><br />

die private Situation des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong><br />

die Nebencharaktere<br />

<strong>das</strong> Kollegenverhältnis<br />

die dargestellten Täterprofile<br />

<strong>das</strong> Täter-Ermittlungsbeamter Verhältnis<br />

den Ablauf der Polizeiarbeit<br />

die Ermittlungstaktik<br />

die Vorgehensweise bei der Spurensicherung<br />

die Eigensicherung der Ermittler bei ihrer Arbeit<br />

den jeweiligen Romanausgang<br />

der „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“?<br />

(Beantworten Sie diese Frage mit Hilfe der Skala 1= absolut realistisch, 2=teils realistisch,<br />

3= teils unrealistisch, 4= völlig unrealistisch.)<br />

9) <strong>Henning</strong> Mankells „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Roamne“ spielen in Ystad - einem kleinen Ort in<br />

Südschweden. Kennen Sie die Unterschiede zwischen den deutschen und schwedischen<br />

Ermittlungsbehörden?<br />

Ja.<br />

Nein.<br />

10) Beeinflusst die Tatsache, <strong>das</strong>s die Romane in Schweden spielen Ihre Bewertung der Realität in<br />

den Romanen?<br />

Ja. Die Bundesrepublik Deutschland als Handlungsort wäre realistischer.<br />

Ja. Die Bundesrepublik Deutschland als Handlungsort wäre unrealistischer.


Anhang B XXVII<br />

Nein. Es ist völlig gleichgültig in welchem der beiden Länder die Romane spielen. Das Maß<br />

an Realität ist in beiden Ländern gleich.<br />

11) Wie wichtig ist Ihnen beim Lesen dieser Kriminalromane 1 2 3 4<br />

der Unterhaltungsfaktor<br />

der kriminalistische Wert?<br />

(Beantworten Sie diese Frage mit Hilfe der Skala 1= absolut wichtig, 2=wichtig,<br />

3=unwichtig, 4=völlig unwichtig.)<br />

12) Wie haben Ihnen die „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ insgesamt gefallen? 1 2 3 4<br />

(Beantworten Sie diese Frage mit Hilfe der Skala 1= sehr gut, 2=gut, 3=weniger gut,<br />

4=überhaupt nicht.)<br />

13) Worin liegen die Gründe hierfür? 1 2 3 4<br />

die Spannung<br />

der literarische Stil<br />

die Authentizität<br />

die Identifikation mit dem Hauptcharakter<br />

die eingebrachte Gesellschaftskritik<br />

(Beantworten Sie diese Frage mit Hilfe der Skala 1= sehr entscheidend, 2=entscheidend,<br />

3=unwesentlich, 4=völlig unwesentlich.)<br />

14) Hat sich Ihr Bild <strong>von</strong> der Polizei dadurch verändert? 1 2 3 4<br />

Nein.<br />

Wenn ja, wie? Positiv<br />

Negativ<br />

(Beantworten Sie diese Frage mit Hilfe der Skala 1= sehr stark, 2=stark, 3=gering,<br />

4=äußerst gering.)<br />

Vielen Dank für Ihre Mithilfe,<br />

Iris Lörch


Anhang B XXVIII<br />

Anlage 2:<br />

Fragebogenauswertung<br />

Geschlecht<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

Gültig männlich 126 58,1 58,3 58,3<br />

weiblich 90 41,5 41,7 100,0<br />

Gesamt 216 99,5 100,0<br />

Fehlend System 1 0,5<br />

Gesamt 217 100,0<br />

Alter<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

Gültig 15-24 43 19,8 19,9 19,9<br />

25-34 92 42,4 42,6 62,5<br />

35-44 49 22,6 22,7 85,2<br />

45-54 23 10,6 10,6 95,8<br />

55-65 9 4,1 4,2 100,0<br />

Gesamt 216 99,5 100,0<br />

Fehlend System 1 0,5<br />

Gesamt 217 100,0<br />

Beruf<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

Gültig Schüler/in 7 3,2 3,3 3,3<br />

Student/in 28 12,9 13,4 16,7<br />

Angestellte/r 57 26,3 27,3 44,0<br />

Absolvent/in 56 25,8 26,8 70,8<br />

Rentner/in 3 1,4 1,4 72,2<br />

Arbeitslose/r 1 0,5 0,5 72,7<br />

Polizeibeamter/in 45 20,7 21,5 94,3<br />

Selbstständig 8 3,7 3,8 98,1<br />

Hausfrau 1 0,5 0,5 98,6<br />

Azubi 3 1,4 1,4 100,0<br />

Gesamt 209 96,3 100,0<br />

Fehlend System 8 3,7<br />

Gesamt 217 100,0


Anhang B XXIX<br />

Frage 1: Wie viele Bücher lesen Sie durchschnittlich im Laufe eines<br />

Monats?<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

Gültig 0,25 4 1,8 1,8 1,8<br />

0,50 4 1,8 1,8 3,7<br />

1,00 52 24,0 24,0 27,6<br />

2,00 78 35,9 35,9 63,6<br />

3,00 42 19,4 19,4 82,9<br />

4,00 13 6,0 6,0 88,9<br />

5,00 14 6,5 6,5 95,4<br />

6,00 3 1,4 1,4 96,8<br />

7,00 2 0,9 0,9 97,7<br />

8,00 3 1,4 1,4 99,1<br />

10,00 1 ,5 0,5 99,5<br />

25,00 1 0,5 0,5 100,0<br />

Gesamt 217 100,0 100,0<br />

Frage 2: Wie hoch ist der Anteil der <strong>von</strong> Ihnen gelesenen Bücher an<br />

Kriminalliteratur?<br />

30,00%<br />

25,00%<br />

20,00%<br />

15,00%<br />

10,00%<br />

5,00%<br />

0,00%<br />

1,40%<br />

9,70%<br />

10,60%<br />

13,80%<br />

14,80%<br />

27,60%<br />

22,10%<br />


Anhang B XXX<br />

Frage 3: Wie lange interessieren Sie sich schon für dieses Genre der<br />

Literatur?<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

34,42<br />

01-05<br />

Jahre<br />

20,93<br />

06-10<br />

Jahre<br />

9,77<br />

11-15<br />

Jahre<br />

18,14<br />

16-20<br />

Jahre<br />

12,09<br />

21-30<br />

Jahre<br />

4,65<br />

über 30<br />

Jahre<br />

Frage 4: Welche Romane <strong>von</strong> <strong>Henning</strong> Mankells „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie“<br />

haben Sie gelesen?<br />

100,00%<br />

90,00%<br />

80,00%<br />

70,00%<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

1. Fall<br />

91,20% 89,40%<br />

2. Fall<br />

3. Fall<br />

82,50%<br />

4. Fall<br />

87,10% 86,20% 88,00% 88,00%<br />

5. Fall<br />

6. Fall<br />

7. Fall<br />

78,30%<br />

8. Fall<br />

Erzählungen<br />

65,00%


Anhang B XXXI<br />

Frage 5: Wie sind Sie auf <strong>Henning</strong> Mankells „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“<br />

aufmerksam geworden?<br />

70,00%<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0,00%<br />

62,50%<br />

7,40%<br />

24,50%<br />

11,60%<br />

4,20% 6,50%<br />

0,90%<br />

Empfehlung <strong>von</strong><br />

Bekannten/ Freunden<br />

Empfehlung <strong>von</strong> Kollegen<br />

Buchhandlung<br />

Bestsellerliste<br />

Werbung- TV/ Hörfunk<br />

Werbung- Printmedien<br />

Werbung- Internet<br />

Frage 6a: Welcher der „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ hat Ihnen am Besten<br />

gefallen?<br />

40,00%<br />

35,00%<br />

30,00%<br />

25,00%<br />

20,00%<br />

15,00%<br />

10,00%<br />

5,00%<br />

0,00%<br />

1. Fall<br />

6,50%<br />

2. Fall<br />

3,70%<br />

10,10%<br />

3. Fall<br />

4. Fall<br />

1,80%<br />

5. Fall<br />

6,90%<br />

18,90%<br />

6. Fall<br />

7. Fall<br />

38,20%<br />

8. Fall<br />

8,30%<br />

Erzählungen<br />

0,50%<br />

k. A.<br />

5,10%


Anhang B XXXII<br />

Frage 6b: Welcher der „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ hat Ihnen am Wenigsten<br />

gefallen?<br />

18,00%<br />

16,00%<br />

14,00%<br />

12,00%<br />

10,00%<br />

8,00%<br />

6,00%<br />

4,00%<br />

2,00%<br />

0,00%<br />

1. Fall<br />

11,10%<br />

18,00%<br />

2. Fall<br />

15,20%<br />

14,30%<br />

3. Fall<br />

4. Fall<br />

5. Fall<br />

3,20% 3,20%<br />

6. Fall<br />

7. Fall<br />

1,80%<br />

8. Fall<br />

9,20%<br />

Erzählungen<br />

7,80%<br />

16,10%<br />

Frage 7a: Welchen der „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ schätzen Sie als den<br />

authentischsten Roman der Serie ein?<br />

40,00%<br />

35,00%<br />

30,00%<br />

25,00%<br />

20,00%<br />

15,00%<br />

10,00%<br />

5,00%<br />

0,00%<br />

24,90%<br />

1. Fall<br />

2. Fall<br />

9,70%<br />

3. Fall<br />

3,20%<br />

4. Fall<br />

7,40% 6,00% 6,50%<br />

5. Fall<br />

6. Fall<br />

12,40%<br />

9,70%<br />

7. Fall<br />

8. Fall<br />

Erzählungen<br />

2,80%<br />

k. A.<br />

17,50%<br />

k. A.


Anhang B XXXIII<br />

Frage 7b: Welchen der „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ schätzen Sie als den<br />

unrealistischsten Roman der Serie ein?<br />

30,00%<br />

25,00%<br />

20,00%<br />

15,00%<br />

10,00%<br />

5,00%<br />

0,00%<br />

1. Fall<br />

3,20%<br />

13,90%<br />

12,50%<br />

2. Fall<br />

3. Fall<br />

4. Fall<br />

9,30%<br />

5. Fall<br />

Frage 8: Wie realistisch empfinden Sie<br />

a) <strong>das</strong> Tatgeschehen<br />

6,00%<br />

6. Fall<br />

7,90% 7,90%<br />

7. Fall<br />

13,90%<br />

8. Fall<br />

Erzählungen<br />

1,40%<br />

24,10%<br />

Gültige Kumulierte<br />

Häufigkeit Prozent Prozente Prozente<br />

Gültig absolut<br />

realistisch<br />

61 28,1 28,1 28,1<br />

teils<br />

realistisch<br />

120 55,3 55,3 83,4<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

33 15,2 15,2 98,6<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

3 1,4 1,4 100,0<br />

Gesamt 217 100,0 100,0<br />

k. A.


Anhang B XXXIV<br />

b) den Hauptcharakter des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong><br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

Gültig absolut<br />

realistisch<br />

155 71,4 71,4 71,4<br />

teils realistisch 50 23,0 23,0 94,5<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

12 5,5 5,5 100,0<br />

Gesamt 217 100,0 100,0<br />

c) die private Situation des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong><br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

Gültig<br />

absolut<br />

realistisch<br />

161 74,2 74,5 74,5<br />

teils realistisch 44 20,3 20,4 94,9<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

9 4,1 4,2 99,1<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

2 0,9 0,9 100,0<br />

Gesamt 216 99,5 100,0<br />

Fehlend System 1 0,5<br />

Gesamt 217 100,0<br />

Gültig<br />

d) <strong>das</strong> Kollegenverhältnis<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

absolut<br />

realistisch<br />

102 47,0 47,4 47,4<br />

teils realistisch 102 47,0 47,4 94,9<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

11 5,1 5,1 100,0<br />

Gesamt 215 99,1 100,0<br />

Fehlend System 2 0,9<br />

Gesamt 217 100,0


Anhang B XXXV<br />

e) den Ablauf der Polizeiarbeit<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

Gültig absolut<br />

realistisch<br />

62 28,6 28,6 28,6<br />

teils realistisch 96 44,2 44,2 72,8<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

51 23,5 23,5 96,3<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

8 3,7 3,7 100,0<br />

Gesamt 217 100,0 100,0<br />

Gültig<br />

f) die Ermittlungstaktik<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

absolut<br />

realistisch<br />

59 27,2 27,4 27,4<br />

teils realistisch 109 50,2 50,7 78,1<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

37 17,1 17,2 95,3<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

10 4,6 4,7 100,0<br />

Gesamt 215 99,1 100,0<br />

Fehlend System 2 0,9<br />

Gesamt 217 100,0<br />

Gültig<br />

g) die Vorgehensweise bei der Spurensicherung<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

absolut<br />

realistisch<br />

103 47,5 47,9 47,9<br />

teils realistisch 86 39,6 40,0 87,9<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

21 9,7 9,8 97,7<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

5 2,3 2,3 100,0<br />

Gesamt 215 99,1 100,0<br />

Fehlend System 2 0,9<br />

Gesamt 217 100,0


Anhang B XXXVI<br />

Gültig<br />

h) die Eigensicherung der Ermittler bei ihrer Arbeit<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

absolut<br />

realistisch<br />

30 13,8 14,0 14,0<br />

teils realistisch 58 26,7 27,0 40,9<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

89 41,0 41,4 82,3<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

38 17,5 17,7 100,0<br />

Gesamt 215 99,1 100,0<br />

Fehlend System 2 0,9<br />

Gesamt 217 100,0<br />

Gültig<br />

i) den jeweiligen Romanausgang<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

absolut<br />

realistisch<br />

48 22,1 22,2 22,2<br />

teils realistisch 107 49,3 49,5 71,8<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

47 21,7 21,8 93,5<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

14 6,5 6,5 100,0<br />

Gesamt 216 99,5 100,0<br />

Fehlend System 1 0,5<br />

Gesamt 217 100,0


Anhang B XXXVII<br />

Frage 10: Beeinflusst die Tatsache, <strong>das</strong>s die Romane in Schweden spielen<br />

Ihre Bewertung der Realität in den Romanen?<br />

80,00%<br />

70,00%<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0,00%<br />

1,40%<br />

23,40%<br />

75,20%<br />

Ja. Die Bundesrepublik<br />

Deutschland als Handlungsort<br />

wäre realistischer.<br />

Ja. Die Bundesrepublik als<br />

Handlungsort wäre<br />

unrealistischer.<br />

Nein. Es ist völlig gleichgültig, in<br />

welchem der beiden Länder die<br />

Romane spielen. Das Maß an<br />

Realität ist in beiden Ländern<br />

gleich.<br />

Frage 11a: Wie wichtig ist Ihnen beim Lesen dieser Kriminalromane der<br />

Unterhaltungsfaktor?<br />

80,00%<br />

60,00%<br />

40,00%<br />

20,00%<br />

0,00%<br />

77,50%<br />

18,40%<br />

4,10%<br />

0,00%<br />

absolut wichtig wichtig unwichtig völlig unwichtig


Anhang B XXXVIII<br />

Frage 11b: Wie wichtig ist Ihnen beim Lesen dieser Kriminalromane der<br />

kriminalistische Wert?<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0,00%<br />

27,00%<br />

54,90%<br />

14,40%<br />

3,20%<br />

absolut wichtig wichtig unwichtig völlig unwichtig<br />

Frage 12: Wie haben Ihnen die „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ insgesamt<br />

gefallen?<br />

100,00%<br />

80,00%<br />

60,00%<br />

40,00%<br />

20,00%<br />

0,00%<br />

84,60%<br />

17,10%<br />

0,90% 0,50%<br />

sehr gut gut weniger gut überhaupt nicht


Anhang B XXXIX<br />

Frage 13: Worin liegen die Gründe hierfür?<br />

a) die Spannung<br />

100,00%<br />

80,00%<br />

60,00%<br />

40,00%<br />

20,00%<br />

0,00%<br />

88,50%<br />

9,20%<br />

2,30% 0,00%<br />

sehr entscheidend entscheidend unwesentlich völlig<br />

unwesentlich<br />

b) der literarische Stil<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0,00%<br />

51,40%<br />

38,00%<br />

9,30%<br />

1,40%<br />

sehr entscheidend entscheidend unwesentlich völlig<br />

unwesentlich


Anhang B XL<br />

c) die Authentizität<br />

60,00%<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0,00%<br />

25,10%<br />

58,10%<br />

13,50%<br />

3,30%<br />

sehr entscheidend entscheidend unwesentlich völlig<br />

unwesentlich<br />

d) die Identifikation mit dem Hauptcharakter<br />

50,00%<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0,00%<br />

48,10%<br />

28,20%<br />

17,10%<br />

6,50%<br />

sehr entscheidend entscheidend unwesentlich völlig<br />

unwesentlich<br />

e) die eingebrachte Gesellschaftskritik<br />

40,00%<br />

30,00%<br />

20,00%<br />

10,00%<br />

0,00%<br />

39,80%<br />

30,10%<br />

25,00%<br />

5,10%<br />

sehr entscheidend entscheidend unwesentlich völlig<br />

unwesentlich


Anhang B XLI<br />

Frage 14: Hat sich Ihr Bild <strong>von</strong> der Polizei dadurch verändert?<br />

100,00%<br />

80,00%<br />

60,00%<br />

40,00%<br />

20,00%<br />

0,00%<br />

82,20%<br />

17,30%<br />

0,50%<br />

Nein. Ja. Positiv. Ja. Negativ.<br />

Anlage 3:<br />

Fragebogenauswertung unter Berücksichtigung des Berufsfeldes<br />

„Polizeibeamter/in“<br />

Frage 7a: Welchen der „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ schätzen Sie als den<br />

authentischsten Roman der Serie ein?<br />

30,00%<br />

25,00%<br />

20,00%<br />

15,00%<br />

10,00%<br />

5,00%<br />

0,00%<br />

17,80%<br />

1. Fall<br />

2. Fall<br />

6,70%<br />

3. Fall<br />

2,20%<br />

4. Fall<br />

4,40%<br />

5. Fall<br />

6,70% 6,70%<br />

6. Fall<br />

15,60%<br />

7. Fall<br />

8. Fall<br />

4,40%<br />

Erzählungen<br />

0,00%<br />

35,60%<br />

k. A.


Anhang B XLII<br />

Frage 7b: Welchen der „<strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Romane“ schätzen Sie als den<br />

unrealistischsten Roman der Serie ein?<br />

30,00%<br />

25,00%<br />

20,00%<br />

15,00%<br />

10,00%<br />

5,00%<br />

0,00%<br />

1. Fall<br />

2,20%<br />

2. Fall<br />

4,40%<br />

11,10%<br />

3. Fall<br />

4. Fall<br />

4,40%<br />

5. Fall<br />

Frage 8: Wie realistisch empfinden Sie<br />

a) <strong>das</strong> Tatgeschehen<br />

2,20%<br />

6. Fall<br />

4,40%<br />

7. Fall<br />

8,90%<br />

15,60%<br />

8. Fall<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Erzählungen<br />

2,20%<br />

44,40%<br />

k. A.<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

Gültig absolut<br />

realistisch<br />

11 24,4 24,4 24,4<br />

teils realistisch 21 46,7 46,7 71,1<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

12 26,7 26,7 97,8<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

1 2,2 2,2 100,0<br />

Gesamt 45 100,0 100,0


Anhang B XLIII<br />

b) den Hauptcharakter des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong><br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

Gültig absolut<br />

realistisch<br />

26 57,8 57,8 57,8<br />

teils realistisch 15 33,3 33,3 91,1<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

4 8,9 8,9 100,0<br />

Gesamt 45 100,0 100,0<br />

Gültig<br />

c) die private Situation des <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong><br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

absolut<br />

realistisch<br />

32 71,1 72,7 72,7<br />

teils realistisch 11 24,4 25,0 97,7<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

1 2,2 2,3 100,0<br />

Gesamt 44 97,8 100,0<br />

Fehlend System 1 2,2<br />

Gesamt 45 100,0<br />

d) <strong>das</strong> Kollegenverhältnis<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

Gültig<br />

absolut<br />

realistisch<br />

15 33,3 34,1 34,1<br />

teils realistisch 26 57,8 59,1 93,2<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

3 6,7 6,8 100,0<br />

Gesamt 44 97,8 100,0<br />

Fehlend System 1 2,2<br />

Gesamt 45 100,0


Anhang B XLIV<br />

e) den Ablauf der Polizeiarbeit<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

Gültig absolut<br />

realistisch<br />

4 8,9 8,9 8,9<br />

teils realistisch 19 42,2 42,2 51,1<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

17 37,8 37,8 88,9<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

5 11,1 11,1 100,0<br />

Gesamt 45 100,0 100,0<br />

f) die Ermittlungstaktik<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

Gültig<br />

absolut<br />

realistisch<br />

5 11,1 11,4 11,4<br />

teils realistisch 27 60,0 61,4 72,7<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

11 24,4 25,0 97,7<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

1 2,2 2,3 100,0<br />

Gesamt 44 97,8 100,0<br />

Fehlend System 1 2,2<br />

Gesamt 45 100,0<br />

g) die Vorgehensweise bei der Spurensicherung<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

Gültig<br />

absolut<br />

realistisch<br />

13 28,9 29,5 29,5<br />

teils realistisch 20 44,4 45,5 75,0<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

8 17,8 18,2 93,2<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

3 6,7 6,8 100,0<br />

Gesamt 44 97,8 100,0<br />

Fehlend System 1 2,2<br />

Gesamt 45 100,0


Anhang B XLV<br />

Gültig<br />

h) die Eigensicherung der Ermittler bei ihrer Arbeit<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

absolut<br />

realistisch<br />

3 6,7 6,8 6,8<br />

teils realistisch 5 11,1 11,4 18,2<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

23 51,1 52,3 70,5<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

13 28,9 29,5 100,0<br />

Gesamt 44 97,8 100,0<br />

Fehlend System 1 2,2<br />

Gesamt 45 100,0<br />

i) den jeweiligen Romanausgang<br />

Gültige<br />

Prozente<br />

Kumulierte<br />

Prozente<br />

Häufigkeit Prozent<br />

Gültig absolut<br />

realistisch<br />

4 8,9 8,9 8,9<br />

teils realistisch 23 51,1 51,1 60,0<br />

teils<br />

unrealistisch<br />

13 28,9 28,9 88,9<br />

völlig<br />

unrealistisch<br />

5 11,1 11,1 100,0<br />

Gesamt 45 100,0 100,0


Selbstständigkeitserklärung XLVI<br />

Selbstständigkeitserklärung<br />

„Ich erkläre hiermit, <strong>das</strong>s ich diese Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen<br />

als die angegebenen Quellen benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder<br />

sinngemäß aus Quellen entnommen wurden, habe ich als solche gekennzeichnet.“<br />

……………………………………. ………………………………..<br />

Ort, Datum Unterschrift


Zusammenfassung<br />

Die <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie des Autors <strong>Henning</strong> Mankell erlebt hierzulande seit<br />

Ende der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts mit bislang 10 Millionen verkauften<br />

Exemplaren einen durchschlagenden Erfolg - ein Erfolg, der angesichts<br />

rückläufiger Umsätze deutscher Buchhändler umso beachtlicher ist. Im Rahmen<br />

dieser wissenschaftlichen Arbeit gilt es daher, die in Frage kommenden<br />

Erfolgsfaktoren dieser Kriminalromanserie aus dem hohen Norden näher zu<br />

erforschen. Worin <strong>liegt</strong> <strong>das</strong> <strong>Geheimnis</strong> <strong>von</strong> <strong>Henning</strong> Mankells literarischem<br />

Erfolg?<br />

Nach einer einleitenden biographischen Vorstellung des Schweden und seiner<br />

bislang erfolgreichsten Romanserie, werden in den beiden darauf folgenden<br />

Hauptteilen dieser Arbeit die prägnantesten Faktoren des literarischen Erfolgs <strong>von</strong><br />

<strong>Henning</strong> Mankell mit seinem melancholischen <strong>Kommissar</strong> <strong>Kurt</strong> <strong>Wallander</strong><br />

erörtert. Zunächst wird demzufolge <strong>das</strong> Genre der Kriminalliteratur genauer<br />

beleuchtet. Welche Rolle nimmt dieser Literaturzweig auf dem internationalen<br />

Buchmarkt ein, wie gestaltet sich die deutsche Krimiszene und welche Rolle spielt<br />

hierbei der skandinavische Krimi? Nach einem kurzen sich daran anschließenden<br />

Blick auf Mankells Vorläufer und dessen Nachahmer, werden im dritten Teil<br />

dieser Diplomarbeit schließlich die Kriminalgeschichten aus Ystad, in denen<br />

mitunter die Hauptgründe für deren faszinierende Erfolgsstory zu suchen sind,<br />

selbst in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Nach Mankells literarischem Stil<br />

stellen sicherlich auch die detaillierte wie authentische Schilderung der<br />

Polizeiarbeit und die in allen Romanen enthaltene gesellschaftskritische<br />

Komponente potentielle Erfolgsfaktoren dar, die es an dieser Stelle näher zu<br />

untersuchen gilt. Keineswegs <strong>von</strong> geringer Bedeutung sind in diesem<br />

Zusammenhang außerdem die Analyse der literarischen Hauptfigur des <strong>Kurt</strong><br />

<strong>Wallander</strong> und der malerischen Beschreibung seines Reviers - die Hafenstadt<br />

Ystad im südlichen Schonen. Mit der Vorstellung des Marketingkonzepts der<br />

Romane am Ende dieser Arbeit wird die Untersuchung potentieller Erfolgsgründe<br />

der <strong>Kurt</strong>-<strong>Wallander</strong>-Serie schließlich abgerundet und deren Ergebnisse in einem<br />

Schlusswort zusammengetragen.

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