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4<br />

Medizin aktuell Gesundheit plus<br />

Oberst erfüllt sich mit dem<br />

Arztberuf einen Kindheitstraum<br />

Der Privatdozent ist Nachfolger<br />

von Chefarzt Professor Hahn<br />

Rein äußerlich könnte der Unterschied zu seinem<br />

Vorgänger nicht auffallender sein: Privatdozent Dr.<br />

Michael Oberst trägt keine Fliege. Dafür hätte er sich<br />

einst als Schüler gut vorstellen können, Sportlehrer zu<br />

werden. Sprich, Kindern Beine zu machen, ihnen<br />

Gymnastik, Laufen, Schwimmen und Ballspiele<br />

beizubringen. Apropos Ballspiel. Fußball findet er klasse,<br />

ist als Stuttgarter selbstverständlich VfB-Fan, obwohl er<br />

seit 25 Jahren Handball spielt. Ohne größere Blessuren,<br />

ohne sich auch nur ein einziges Mal den Arm zu<br />

brechen, von einem ausgerenkten Ellbogen einmal<br />

abgesehen.<br />

Heute könnte er sich in solch einem Fall selbst verarzten.<br />

Selbstverständlich nur theoretisch. Ganz praktisch<br />

werden künftig die Patienten der Aalener Unfallchirurgie<br />

von Dr. Michael Oberst profitieren, denn der Privatdozent<br />

wird als Chefarzt dem Team der Klinik für Orthopädie,<br />

Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie (Chirurgie II)<br />

vorstehen. Er freue sich auf seine neue Aufgabe, betont<br />

er, tippt noch rasch ein paar Zeilen in seinen Laptop,<br />

drückt die Aus-Taste und kommt dann ohne Umschweife<br />

zum Thema. „Was unter Prof. Dr. Friedrich Hahn hier<br />

geleistet wurde, ist hervorragende Unfallchirurgie. Deshalb<br />

stellt sich die Frage, was ich ändern werde, nicht.<br />

Was gut ist, muss weitergeführt werden.“ Auf einem anderen<br />

Blatt stehe natürlich, wie eine Klinik sich angesichts<br />

des raschen Wissens- und Technologiewandels<br />

und der sich verändernden gesetzlichen Vorgaben selbst<br />

weiterentwickele, wo sich Chancen für die Zukunft auftäten<br />

und wo nach 25 Jahren Unfallchirurgie am<br />

Ostalb-Klinikum Veränderungen notwendig seien.<br />

Der junge Michael Oberst ging in Stuttgart zur Schule,<br />

machte dort sein Abitur, um anschließend an der Uni<br />

Homburg (Saarland) und danach in Tübingen Medizin<br />

zu studieren. „Für mich war Medizin immer schon ein<br />

alter Kindheitstraum, so wie andere davon träumen, Lo-<br />

Privatdozent Dr. Michael Oberst<br />

leitet seit 28. Juni die Chirurgie II/<br />

Orthopädie am Ostalb-Klinikum.<br />

komotivführer zu werden.“ Heute ist der Traum Realität<br />

und nach wie vor ist der Mediziner vom Arztberuf<br />

hellauf begeistert. Besonders von dessen praktischer<br />

Seite. „Ich sehe einen verletzten Menschen vor mir, helfe<br />

und sehe umgehend ein positives Ergebnis.“ Besonders<br />

in der Unfallchirurgie sei der Vergleich „vorher-nachher“<br />

ganz unmittelbar gegeben, und der Chirurg könne<br />

seinen Erfolg - aber auch den Misserfolg - schon früh<br />

am postoperativen Röntgenbild betrachten. Positiv<br />

wolle er wirken, wolle Patienten vom Säugling bis zum<br />

Greis behandeln und sehen, dass alle das Krankenhaus<br />

in besserem Zustand verlassen, als sie es zuvor betreten<br />

haben.<br />

Die Unfallchirurgie hat Oberst einem krankenpflegerischen<br />

Praktikum in einer Unfallstation zu verdanken.<br />

„Dieses eine Vierteljahr hat mich auf die Fachrichtung<br />

getrimmt. Ich wollte Verantwortung übernehmen und<br />

mit den Händen arbeiten.“ Beides biete die Unfallchirurgie<br />

beziehungsweise die Orthopädie. „Chirurgie bedeutet<br />

für mich Wissenschaft und Handwerkskunst, das<br />

heißt, immer nach aktuellen medizinischen Erkenntnissen<br />

und mit der Akribie eines Handwerkers zu arbeiten.“<br />

Leidenschaft für den Beruf<br />

Oberst sprüht vor Leidenschaft, wenn er über seinen Beruf<br />

erzählt. Eine Portion Humor gibt er mit drein: „In<br />

dem Moment, wo ich sozusagen mechanisch ran muss,<br />

bin ich ein richtiger Handwerker.“ Ein zielstrebiger, mag<br />

man mit Blick auf seinen Lebenslauf meinen. Nach dem<br />

Studium und der Promotion über „Entzündliche Schultergelenkskapselschrumpfung“<br />

bei Prof. Dr. Ulrich Holz<br />

vom Katharinenhospital Stuttgart ging es nach dem obligatorischen<br />

„Arzt im praktischen Jahr“ für ein weiteres<br />

Jahr Unfallchirurgie ins Klinikum nach Villingen -<br />

Schwenningen. Danach kehrte der junge Doktor zurück<br />

nach Stuttgart ans Robert-Bosch-Krankenhaus, um hier<br />

seinen Facharzt für Chirurgie bei Prof. Dr. Klaus-Peter<br />

Thon zu machen. Die lange Ausbildungszeit sollte damit<br />

aber noch längst nicht abgeschlossen sein. Für den<br />

Schwerpunkt Unfallchirurgie benötigte er nochmals<br />

zwei Jahre, diesmal wieder zurück am Katharinenhospital<br />

in Stuttgart bei Prof. Holz. „Chirurg, das lernt man<br />

nicht eben mal schnell“, begründet der Doktor und<br />

erzählt, dass seine Lehrjahre mit Haken halten und<br />

assistieren begannen. Erst später durfte er nach und<br />

nach immer größere Verantwortung im OP übernehmen.<br />

Bis zu einem Tag X. Von da an stand Oberst selbst in der<br />

Verantwortung, sah sich mit allen Schwierigkeitsgraden,<br />

die die Unfallchirurgie bietet, konfrontiert. „Da<br />

musst du durch, da musst du dich einfach auf die<br />

Hinterfüße stellen, um dich freizukämpfen.“ Der einzige<br />

Beistand kommt aus der Erfahrung aus mehr als einem<br />

Jahrzehnt Chirurgie. „In unbekannten Situationen sich<br />

richtig zu entscheiden, das ist es, was einen guten von<br />

einem schlechten Chirurgen unterscheidet.“ Dass er zu<br />

den guten gehört, hatte Oberst bis dahin ausgiebig<br />

bewiesen. Doch er wollte mehr. Sein Ziel war klar umrissen<br />

und hieß: Chefarzt. Allerdings sind diese Positionen<br />

rar. Er musste noch viel dafür tun. Dazu gehörte, sich<br />

richtig zu positionieren, weshalb er als Oberarzt von<br />

Stuttgart nach Freiburg wechselte, nicht zuletzt, um<br />

dort zu habilitieren. Sein Thema war die Endoskopie,<br />

sein Ziel die Entwicklung eines Spezialgerätes, mit<br />

dessen Hilfe in Röhrenknochen endoskopiert werden<br />

kann. Mit dem Ergebnis seiner Entwicklungsarbeit,<br />

einem neuartigen Markraumendoskop, das mittlerweile<br />

vom Medizintechnikunternehmen Richard Wolf<br />

Endoskope in Serie gebaut wird, ist Oberst noch heute<br />

zufrieden. Auch mit dem Lohn der Mühe: 2009 durfte er<br />

sich den Priv. Doz. ans Revers heften.<br />

Herbert Kullmann

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