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Mutter-Kind-Beziehung bei Primaten - uli-reyer.ch

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Sonderdruck aus "der kinderarzt". Heft 5. 6. 7/74<strong>Mutter</strong>-<strong>Kind</strong>-<strong>Beziehung</strong>en<strong>bei</strong> <strong>Primaten</strong> Von Heinz-Ulri<strong>ch</strong> ReyerAis ein Markstein in der experimentellen Untersu<strong>ch</strong>ungder <strong>Mutter</strong>-<strong>Kind</strong>-<strong>Beziehung</strong>en <strong>bei</strong> <strong>Primaten</strong>gelten die von der Mitte der 50iger Jahre an von HarryF. Harlow an der Universitat von Wisconsin dur<strong>ch</strong>gefUhrtenVersu<strong>ch</strong>e an Rhesusaffen (Macacamulatta). Obwohl inzwis<strong>ch</strong>en zahlrei<strong>ch</strong>e andereArten - sowohl im Labor als au<strong>ch</strong> im Freilanduntersu<strong>ch</strong>t wurden, ist der Rhesus no<strong>ch</strong> heute d asFors<strong>ch</strong>ungsobjekt auf diesem Gebiet. Die folgendenAusfUhrungen gelten daher im wesentli<strong>ch</strong>en fUr dieseArt, deren Heimat in den Waldern, Baumkulturen undFelsengebieten Indiens und der ostli<strong>ch</strong> daran ans<strong>ch</strong>lieBendenLander liegt.Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Sozialentwicklung in derGruppe und in IsolationVerhalten im sozialen VerbandNa<strong>ch</strong> der Geburt wird das Rhesusbaby von der <strong>Mutter</strong>trocken geleckt, an die Brust gepreBt (Abb. 1), gesaugtund gewiegt. Das <strong>Kind</strong> klammert si<strong>ch</strong> aberau<strong>ch</strong> selbst an sie und halt haufig ihre Brustwarzeim Mund. Dieser enge Kontakt, der in den erstenLebenstagen fast 24 Stunden dauert, wo<strong>bei</strong> das Babyca. 60 Prozent der Zeit s<strong>ch</strong>laft, nimmt in den folgendenTagen und Wo<strong>ch</strong>en s<strong>ch</strong>nell auf ein niedrigesNiveau ab (Abb. 2). In den Zeiten, in denen das <strong>Kind</strong>ni<strong>ch</strong>t mehr an der Brust liegt, turnt es zuna<strong>ch</strong>st aufder Mutt~r herum, untersu<strong>ch</strong>t ihren Korper und beginntau<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on wenige Tage na<strong>ch</strong> der Geburt die<strong>Mutter</strong> na<strong>ch</strong>zuahmen. Z. B. ma<strong>ch</strong>t es Bewegungenna<strong>ch</strong>, s<strong>ch</strong>aut in die glei<strong>ch</strong>e Ri<strong>ch</strong>tunl=!, kostet spaterdie glei<strong>ch</strong>e Nahrung und untersu<strong>ch</strong>t diesel ben Gegenstande.Dieses Erkunden erstreckt si<strong>ch</strong> zunehmend auf dieUmwelt - zuna<strong>ch</strong>st no<strong>ch</strong> im K6rperkontakt mit der<strong>Mutter</strong> (Abb. 3). Mit ein bis zwei Wo<strong>ch</strong>en kommt esaber au<strong>ch</strong> vor, daB si<strong>ch</strong> das Junge da<strong>bei</strong> etwas vonder <strong>Mutter</strong> entfernt. Die Strecke wird immer weiter,die Zeit, die es von der <strong>Mutter</strong> getrennt verbringt,immer langer; mit zwei Wo<strong>ch</strong>en sind es ca. zehnProzent, mit ungefahr zehn Wo<strong>ch</strong>en 30 bis 40 Prozentund spater no~h mehr. Es begegnet da<strong>bei</strong> anderenArtgenossen und entwickelt mit Glei<strong>ch</strong>altrigen sozialeSpiele wie Raufen und Jagen, die bis zum Ende deszweiten Lebensjahres anhalten k6nnen. Mit se<strong>ch</strong>sMonaten treten zuna<strong>ch</strong>st ebenfalls spieleris<strong>ch</strong> ­sexuelle Verhaltensweisen (Aufreiten) und Imponierverhalten(AsterOtteln) hinzu.12Q~ ·c0 100·~0.800'"60·~8 '020JO~Tage -Abs<strong>ch</strong>ni t Ie11 13Abb. 2: Entwicklung des ventralen Korperkontaldes zwis<strong>ch</strong>en<strong>Mutter</strong> und <strong>Kind</strong>. Auf der Ordinate ist die Anzahl der15-Sekunden-lntervalle aufgetragen, in denen das ventraleAnklammern wiihrend einer Beoba<strong>ch</strong>tungszeit von 1 Stundebeoba<strong>ch</strong>tet wurde. (na<strong>ch</strong> Harlow & Harlow 1965).So verbringt das Junge immer weniger Zeit <strong>bei</strong> der<strong>Mutter</strong>, kehrt aber <strong>bei</strong> S<strong>ch</strong>reck und hin und wiederau<strong>ch</strong> mitten im Spiel zu ihr zurOck, nimmt da<strong>bei</strong>gelegentli<strong>ch</strong> die Brustwarze in den Mund und verlaBtsie dann erneut. Das Saugen endet zwis<strong>ch</strong>en dem8. und 14. Monat; die endgultige Trennung erfolgt umden 15. Monat. Man hat aber au<strong>ch</strong> Faile beoba<strong>ch</strong>tet,Abb. 3: Eln Languren-<strong>Kind</strong>him, wiihrend es die Umwelterkundet, den Kontaldmit der <strong>Mutter</strong> aufre<strong>ch</strong>t.Abb. 1: Eine Rhesusmutterdruckt ihr Junges an dieBrust, wahrend dieses ihreBrustwarze im Mund halt.Vorabdruck aus Band 2 der Forts<strong>ch</strong>ritte der Sozialpiidiatrle: .. Sozialisallonund Sozlalentwicklung des Mens<strong>ch</strong>enkindes". Verlag Urban undScliwarzenberg. Mun<strong>ch</strong>en. Berlin, Wlen 1974.in denen Rhesus-Weib<strong>ch</strong>en sie konnen aile zwolfMonate gebiiren auBer ihrem jungsten <strong>Kind</strong> die<strong>Kind</strong>er aus zwei Vorjahren um si<strong>ch</strong> hatten. Au<strong>ch</strong> <strong>bei</strong>S<strong>ch</strong>impansen geht die <strong>Mutter</strong>-<strong>Kind</strong>-<strong>Beziehung</strong> liberdas na<strong>ch</strong>ste <strong>Kind</strong> hinaus; dagegen ist sie <strong>bei</strong> Pavianenund Languren mit dem na<strong>ch</strong>sten Gebaren abges<strong>ch</strong>lossen.Mit drei bis vier Jahren wird der junge Rhesus oe·s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsreif Weib<strong>ch</strong>en etwas fruher; er ist bis dahinin die Gruppe hineingewa<strong>ch</strong>sen, nimmt e,nenkinderarzt 5. Jg. (1974) Nr. 5


~---Tab. 1: Einige Belspiele fOr von versthledenen Autoren besthriebene Entwicklungsstadien <strong>bei</strong> <strong>Primaten</strong> (nath Hinde, 1971)BriiUalfe Pavl n (Pap/o) Pavlal1 (Pepio Meerkatze Langur(Presbytis S<strong>ch</strong>lmpanse (Pan) S<strong>ch</strong>impanse (Pan) Gorilla (Gorilla)(Alouatta) Devo ca, 1963; hamadryas) (Carvopithecus sp,) entellus)Reynolds & Reynolds, van Lawick-Goodall, S<strong>ch</strong>aller, 1963, 1965Carpenter, 1965 Hall ~ Devore 1965 Kummer, 1968 Gart/an & Brain, 1968 Jay, 1963 1965 1968._-­<strong>Kind</strong> 1: 0 bis 5 oder Neug eborenes: S<strong>ch</strong>warze Miinnehen <strong>Kind</strong> 1: 0 bls 4 oder Neugeborenes: <strong>Kind</strong> 1: 0 bis 6 <strong>Kind</strong> 1: 0 bis 6 <strong>Kind</strong>: 0 bis 3 Jahre,6 Monate. Fast immer Ob ,1 Monat. und Weib<strong>ch</strong>en: 5 Monate, Korperli<strong>ch</strong> Obis 1 Monat. Monate, Klammert Monete. Fast standig Lange Perioden vomam Bau<strong>ch</strong> der <strong>Mutter</strong>. Fas standig auf Obis 'I, Jahr. klein, Dunkelfarben, Entlernt si<strong>ch</strong> nur si<strong>ch</strong> stiindig an. an der <strong>Mutter</strong>. Wei b<strong>ch</strong>en getragenGrau-braun, der Vlutter, Fell ganz oder Gesi<strong>ch</strong>t und Ohren bis zu 1 m von der oder auf ihm reitend.tei Iweise s<strong>ch</strong>warz. rosa. VerliiBI die <strong>Mutter</strong>.<strong>Kind</strong> 2: 6 Monate<strong>Kind</strong> 2: 6 MonataWiegt weniger als<strong>Kind</strong> 2: 5 ode(6 bls <strong>Kind</strong> 1:1bis4<strong>Mutter</strong> selten. No<strong>ch</strong>bis 2 Jahre. Winzig. bis 2 Jahre. Nimmt 55 Pfund,10 oder 12 Monate, Mo ate. Bewegt Einjah"ge: ,/, bis ni<strong>ch</strong>! ganz entwiihnt.<strong>Kind</strong> 1: 1 bis 3 Monate. Bewegt sl<strong>ch</strong> in kurzen etwas feste NahrungEng mit der <strong>Mutter</strong> si<strong>ch</strong> gelegentli<strong>ch</strong> 1'/, Jahre. SitzgroBe Entlernt si<strong>ch</strong> b is zu Entfernungen von auf. Selten auBer Jugendli<strong>ch</strong>er:verbunden, von der M utter tort. ea, 30 em, <strong>Kind</strong> 2: 4 oder 5 bis 3 m von der <strong>Mutter</strong>, der <strong>Mutter</strong>, Si<strong>ch</strong>tweite der <strong>Mutter</strong>, 3 bis 6 Jahre, GroBerBraunli<strong>ch</strong>-s<strong>ch</strong>warz. Braunes Fell. 18 Monate, Auffallendes Bus<strong>ch</strong>el als eln <strong>Kind</strong> undObe lang: 4 bis 6 Korperl i<strong>ch</strong> unreit. Obergang: Jugendlieher 1:weiSer Haare amkleiner als ei n<strong>Kind</strong> 3: 10 oder 12 bis Mo ate. Farbwe<strong>ch</strong>sel. Zweijahrige: 1'{' bis Wendet si<strong>ch</strong> Glei<strong>ch</strong>- 3 bis 5 Monate. 2 bis 4 Jahre,SteiB,Erwa<strong>ch</strong>sener, Ohne18 oder 20 Monete, Vie Spiel. 1St feste 2'" Jahre, SitzgrOBe altrigen ZU. Halt si<strong>ch</strong> Farbwe<strong>ch</strong>sel. Viertel der GroBelange Kontakt-Lauft gelegentli<strong>ch</strong> Na 'ung. Entfernt ca. 40 cm. In Spie!gruppen auf. Verbringt mehr Zeit Erwa<strong>ch</strong>sener. Ober <strong>Kind</strong> 3: 2 bis 3'/, oder perioden mit demallein. S<strong>ch</strong>warz. si<strong>ch</strong> bis zu 2() m von Braunes Fell, Kehrt selten zur mit Glel<strong>ch</strong>altrigen mehrere Stunden 4 Jahre. NahrungWelb<strong>ch</strong>en,der Vlutter. <strong>Mutter</strong> zuruck. als mit der <strong>Mutter</strong>. unabhangig. Wird <strong>bei</strong> wie die der55-110 Pfund,Entwohnt.Jugendli<strong>ch</strong>er 1: Dreijiihriges Mann<strong>ch</strong>en: Bewegungen der Erwa<strong>ch</strong>senen. No<strong>ch</strong>20 bls 30 Monate, <strong>Kind</strong> 2: 6 Monate 2'/, bis 3'(, Jahre. <strong>Kind</strong> 2: 3 oder 5 Gruppe von der von der <strong>Mutter</strong>Subadulte undEntwohnung. Ziem­ bis Jahr. Sitzgr6Be ca. 47 em, Jugendli<strong>ch</strong>esMonata bis 1 Jahr. <strong>Mutter</strong> getragen,behutet; reitel aber Erwa<strong>ch</strong>sane: 6 undli<strong>ch</strong> unabhiingig, Oft Zun )hmenda Man<strong>ch</strong>mal langere Weibehen: 18 Monate Spielt viele Stunden zunehmend weniger mehr Jahre. Dberin Splelgruppe, Un 'hiingigkeit. Ver- Haare an den bis 2 Jahre. Ni<strong>ch</strong>t pro Tag mit Glei<strong>ch</strong>­ Jugendl/<strong>ch</strong>er 2:auf ihrem ROcken, JugendstadiumS<strong>ch</strong>warz. bri It viel Zeit mit Kopfseilen. voll ausgewa<strong>ch</strong>sen. altrigen, lilt allein. 4 bis 6 Jahre.hinaus.Gle <strong>ch</strong>altrigen.AuBert Warnrufe.Dritlel der GroBe Jugendli<strong>ch</strong>er: Jugend/i<strong>ch</strong>er 2: Dreijahriges Weib<strong>ch</strong>en: Entwohnung: Erwa<strong>ch</strong>sener. 3';' bis 4 oder30 bls 40 Monate, Entw ihnung: 2'1, bis 3'/' Jahre. Jugendli<strong>ch</strong>es11 bis 15 Monate. Man<strong>ch</strong>mal von der 7 Jahre. BezOgli<strong>ch</strong>Meist <strong>bei</strong> Glel<strong>ch</strong>­ 11 s 15 Monate, SitzgrMe ca, 45 em. Mann<strong>ch</strong>en: 16 Monate <strong>Mutter</strong> getragen.Fressen, Transportaltrigen, nur Brustwarzen bis 4 Jahre,Junger Jugendli<strong>ch</strong>er:und S<strong>ch</strong>lafenmanehmal bel der knopfartig, Korperli<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> n i<strong>ch</strong>tJun )r Jugendli<strong>ch</strong>er: 2, Jahr. Verbringt Alterer Jugendli<strong>ch</strong>er: unabhangig von der<strong>Mutter</strong>. S<strong>ch</strong>warz mit 2. Jvoll erwa<strong>ch</strong>sen.hr. Verbringtmeiste Zeit mit 6 bis 8 Jahre, Halite <strong>Mutter</strong>. HaarbOs<strong>ch</strong>elrotliehem Mantel.Skrotum klein undme ,te Zeit des Tages Subadulte Miinn<strong>ch</strong>en:Glei<strong>ch</strong>altrigen, der GroBeam SteiB wird all­purpurn. Stimmemi 3lei<strong>ch</strong>altrigen, Rei<strong>ch</strong>t von einer Sitzziemli<strong>ch</strong>ho<strong>ch</strong>,Erwa<strong>ch</strong>sener. Kann mahli<strong>ch</strong> wenigerJugendli<strong>ch</strong>er 3: Fli It ni<strong>ch</strong>l zur groBe von 56 em und der <strong>Mutter</strong> no<strong>ch</strong>auffallend,AuBert Warnrufe.4() bis 50 Monata, Mu er, sondern zum ersten Anzei<strong>ch</strong>en lolgen, ist aber ge-Vollig unabhiingig. Mii n<strong>ch</strong>en. eines Mantels w6hnli<strong>ch</strong> fOr si<strong>ch</strong>. Alterer Jugendli<strong>ch</strong>er: S<strong>ch</strong>warz mit deutli<strong>ch</strong> All 'er Jugendlieher: (3'/' bis 4 Jahre) bis Subadultes Weibehen:7-9 bis 10-12 Jahrerotem Mantel. 3, td 4. Jahr, zu 60 cm und einem 3. Jahr. Korperli<strong>ch</strong>(Welb<strong>ch</strong>en), 7 bis 13:;' '" voll entwickelten ausgerelft und aus­(Mann<strong>ch</strong>en). Haar­0.(I)iiliiMantel (5-7 Jahre).Subadulte Weib<strong>ch</strong>en:?'3'j, bis 5 Jahre.'-'f'SitzgroBe ca, 50 em. Brustwarzen gewohnli<strong>ch</strong> kurz, ~ni<strong>ch</strong>t langer als brei!.z;"'gewa<strong>ch</strong>seri,Brustwarzenni<strong>ch</strong>t verlangert.bus<strong>ch</strong>el am SteiBvers<strong>ch</strong>windet.Q! ,-­;11' {;.' (


estimmten Platz in der Rangordnung ein, kann si<strong>ch</strong>selbst fortpflanzen, und der Zyklus beginnt von neuem(Harlow & Harlow 1965, Hinde 1971, Hinde & Spencer­Booth 1973, Jay 1965, Jensen & Bobbit 1965).Obwohl die Entwicklungsablaufe <strong>bei</strong> vers<strong>ch</strong>iedenen<strong>Primaten</strong>arten, aber au<strong>ch</strong> <strong>bei</strong> Gruppen und Individueneiner Art mehr oder weniger stark s<strong>ch</strong>wan ken konnen,ahneln die Stadien den hier fUr den Rhesus skizzierten.(Tabellaris<strong>ch</strong>e Obersi<strong>ch</strong>t <strong>bei</strong> Hinde 1971).Sowelt zur Verhaltensentwicklung von Affen, die ineiner sozialen Umwelt aufwa<strong>ch</strong>sen; in einer Umwelt,in der zumindest no<strong>ch</strong> ihre MOtter, meist aber au<strong>ch</strong>andere Artgenossen existieren.in Angst und Panik. Sie kneifen und <strong>bei</strong>Ben si<strong>ch</strong> ­besonders in sol<strong>ch</strong>en Angstsituationen - in Arme,Beine und andere Korperteile.Setzt man sie als Erwaehsene sehlieBli<strong>ch</strong> zu anderenAffen, bleiben sie angstli<strong>ch</strong> und teilnahmslos undnehmen die untersten Rangpositionen in der Gruppeein.Gibt man Ihnen einen Ges<strong>ch</strong>leehtspartner, reagierensie entweder aggressiv oder zeigen Oberhaupt keinInteresse oder sind ni<strong>ch</strong>t in der Lage, die ri<strong>ch</strong>tigenPaarungsstellungen einzunehmen (Abb. 5).Verhalten in IsolationGanz anders verlauft die Entwicklung von Affenbabys,die man wenige Stunden na<strong>ch</strong> der Geburt von ihrer<strong>Mutter</strong> trennt und isoliert in Kafigen aufzieht. (Sol<strong>ch</strong>eVersu<strong>ch</strong>e nennt man in der Verhaltensfors<strong>ch</strong>ung"Kaspar-Hauser-Versu<strong>ch</strong>e", die ohne Kontakt aufwa<strong>ch</strong>sendenTiere "Kaspar-Hauser").Sie haben ni<strong>ch</strong>t nur eine hohe Sterberate, die Oberlebendenentwickeln au<strong>ch</strong> zahlrei<strong>ch</strong>e Verhaltensstorungen:sie zeigen ein monotones, periodis<strong>ch</strong>esZucken und S<strong>ch</strong>aukeln (Stereotypien); sie liegen zusammengekauert,den Kopt verbergend auf demBoden, ums<strong>ch</strong>lingen si<strong>ch</strong> selbst (Abb. 4); sie sindwenig aktiv, starren ins Leere und widmen den Vorgangen um siGh herum wenig Aufmerksamkeit.Gegenstande, die <strong>bei</strong> normal aufgewa<strong>ch</strong>senen AltersgenossenErkunden und Spiel auslosen, versetzen sieaAbb. 5: Fur eine erfolgrei<strong>ch</strong>e Paarung ist wi<strong>ch</strong>tlg, daB si<strong>ch</strong>das Mann<strong>ch</strong>en naeh dem Aufreiten auf die Hinter<strong>bei</strong>ne desWeib<strong>ch</strong>ens stutzt (a); das gelingt nur Mann<strong>ch</strong>en, die mitArtgenossen aufwuehsen. Isoliert aufgezogene versu<strong>ch</strong>enzwar au<strong>ch</strong> aufzureiten (b), kommen aber niehl in die riehtlgeStellung. (na<strong>ch</strong> Harlow & Harlow 1965).bGelingt in Ausnahmetallen do<strong>ch</strong> einmal eine Paarungzwis<strong>ch</strong>en einem mutterlos aufgewaehsenen Weibehenund einem normal aufgewaehsenen, erfahrenenMannehen, so sind die Weib<strong>ch</strong>en gegen ihre eigenen<strong>Kind</strong>er im glinstigsten Fall indifferent. Oft stoBen siedie Jungen jedo<strong>ch</strong> von sieh, werfen sie zu Boden undbehandeln sie keineswegs mit der spri<strong>ch</strong>wortli<strong>ch</strong>en"Aftenliebe" (Harlow & Harlow 1962).Abb. 4: Zusammenkauern und Kopfverbergen (oben)sowie das Ums<strong>ch</strong>lingendes ·eigenen Korpers(links) sind lypis<strong>ch</strong>e Kennzei<strong>ch</strong>enfUr in Isolationaufgewa<strong>ch</strong>sene Rhesusaffen.Beide BUder zeigenJunqtiere im Alter von ungefahr6 Monaten (na<strong>ch</strong>Harlow & Harlow 1965).kinderarzl 5. Jg. (1974) Nr. 5


Sie lassen si<strong>ch</strong> in einfa<strong>ch</strong>en Experimenten na<strong>ch</strong>weisen:beriihrt man die Innenfla<strong>ch</strong>e der Hand miteinem dunnen Stab, so s<strong>ch</strong>lieBen si<strong>ch</strong> die Finger sofest urn ihn, daB man das Baby daran ho<strong>ch</strong>hebenkann (Pre<strong>ch</strong>tl 1955). Der Klammerreflex wird in folgendemVersu<strong>ch</strong> deutli<strong>ch</strong>: legt man ein Rhesusbabymit dem Rucken auf den Boden, walzt es si<strong>ch</strong> so lange,bis es auf dem Bau<strong>ch</strong> liegt; gibt man ihm jedo<strong>ch</strong> inderselben ROckenlage einen zylindris<strong>ch</strong>en Gegenstand,ums<strong>ch</strong>lingt es den mit Armen und Beinen undbleibt unverandert liegen (zit. na<strong>ch</strong> Harlow & Harlow1965).Klammer- und Greifreflex sind fOr die Affen im Freilandvon groBer Bedeutung. Ein Junges, das si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>tselbst festhalten kann, ware in Situationen, in denendie <strong>Mutter</strong> "aile Hande und FuBe voll zu tun hat", verloren.Sol<strong>ch</strong>e Situationen kennen si<strong>ch</strong> <strong>bei</strong> allen Ortsveranderungender Gruppe im Geast oder am Bodenerg eben vor all em aber <strong>bei</strong> ras<strong>ch</strong>er Flu<strong>ch</strong>t vorFeinden.Beim Mens<strong>ch</strong>en sind diese <strong>bei</strong>den Reflexe funktionslosgeworden, weil einerseits der <strong>Mutter</strong> das Haarkleidfehlt und andererseits der zum Laufen umgebildeteFuB des Sauglings ni<strong>ch</strong>t mehr so wirkungsvoll greifenkann wie der des kleinen Affen. Hassenstein (1973a, b) bezei<strong>ch</strong>nete daher den Affensaugling als T rag ­lin 9 , den mens<strong>ch</strong> li<strong>ch</strong>en Saugling als e h emali ­gen Tragling.Das Anklammern ist aber ni<strong>ch</strong>t nur wi<strong>ch</strong>tig, damit dasAffenjunge ni<strong>ch</strong>t verloren geht, es ist - au<strong>ch</strong> wenn esspiiter ni<strong>ch</strong>t mehr reflektoris<strong>ch</strong> ist - alJgemein einwi<strong>ch</strong>tiger Faktor in der gesamten Entwicklung. Mankann z. B. die Oberlebensrate der isoliert aufgezogenenRhesus allein dadur<strong>ch</strong> steigern, daB man ihneneinen Zylinder oder Kegel in den Kafig stellt, an densie si<strong>ch</strong> sofort klammern (Harlow 1959).Harlows Untersu<strong>ch</strong>ungen mit Attrappen-MiilternOber die groBe Bedeutung des Korperkontaktes fUr dieEntwicklung haben vor allem Harlows beruhmt gewordeneVersu<strong>ch</strong>e mit ErsatzmUttern Aufs<strong>ch</strong>luB geliefert:Er trennte die Babys wenige Stunden na<strong>ch</strong> der Geburtvon ihrer <strong>Mutter</strong> und setzte sie in Kafige, in denensi<strong>ch</strong> <strong>Mutter</strong>attrappen befanden. (Attrappen sind Na<strong>ch</strong>bildungen,die mogli<strong>ch</strong>st nur die Merkmale aufweisen,die man untersu<strong>ch</strong>en will.) In diesem Fall war es eineDrahtpuppe, die das Merkmal Nahrung bot - an ihrkonnte das <strong>Kind</strong> saugen - und eine Stoftpuppe, diedas Merkmal pelzige Oberfla<strong>ch</strong>e enthielt. In eineranderen Versu<strong>ch</strong>sserie wurde au<strong>ch</strong> die Nahrung vonder Stoffpuppe geliefert.Das erstaunli<strong>ch</strong>e Ergebnis war nun, daB si<strong>ch</strong> diejungen Rhesus eindeutig hiiufiger an die Stoffmuttergeklammert hielten - unabhangig davon, auf wel<strong>ch</strong>erder <strong>bei</strong>den AUrappen sie gefilttert wurden (Abb. 7und 8). Stellte man die <strong>bei</strong>den "MOtter" nahe genugzusammen, blieben sie au<strong>ch</strong> mit der Stoffpuppe inKontakt, wenn sie an der Drahtpuppe tranken (Harlow1959, Harlow & Harlow 1965).Selbstumklammern. DaB die Stoffmutter uberhauptakzeptiert wurde, liegt daran, daB das Auftreten einerHandlung ni<strong>ch</strong>t nur von bestimmten auBeren Reizenabhangt, sondern au<strong>ch</strong> von der Bereits<strong>ch</strong>aft (Motivation,Antrieb, Drang, Stimmung) des Lebewesens zudieser Handlung - in diesem Fall zum Anklammern.(Prinzip der doppelten Qualifizierung; s. Hassenstein1973 a, b).Bei einem isolierten Jungen, das si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t an die• Abb. 7: <strong>Mutter</strong>-Attrappen, die Harlow jungen Rhesusaffenzur Wahl bot. Die hintere besteht aus einem Drahtgestell,an dem eine Mil<strong>ch</strong>flas<strong>ch</strong>e mit S<strong>ch</strong>nuller befestlgt 1st, dievordere ist mit Stoff bezogen. Der junge Rhesus zeigt dietypis<strong>ch</strong>e Klammerhaltung Coa<strong>ch</strong> Harlow 1959).wirkli<strong>ch</strong>e <strong>Mutter</strong> klammern kann, steigt die Bereits<strong>ch</strong>aftzu dieser Handlung, und die auslesenden Reizebrau<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t mehr die optimalen der natUrli<strong>ch</strong>en<strong>Mutter</strong> zu sein; es rei<strong>ch</strong>en au<strong>ch</strong> die der Attrappe. Fehltin volliger Isolation aurn die StoffmuUer, wa<strong>ch</strong>st dieBereits<strong>ch</strong>aft weiter, und der na<strong>ch</strong>st bessere Reiz (daseigene Fell) lost nun die Verhaltensweise aus undri<strong>ch</strong>tet sie auf den eigenen Korper. So ist das Selbstumklammernzu erklaren.Gibt man einem isolierten Rhesusaffen - unter bestimmtenBedingungen - eine StoffmuUer oder au<strong>ch</strong>nur ein Kissen, hert das Selbstumklammern sofort auf;fOgt man ans<strong>ch</strong>lieBend eine ri<strong>ch</strong>tige <strong>Mutter</strong> hinzu, hatdie Attrappe keine Chance mehr. Das zeigt, daB <strong>bei</strong>einer gegebenen Bereits<strong>ch</strong>aft die Wirksamkeit derauslesenden Reize vom eigenen Korper Gber dieAttrappe zum ri<strong>ch</strong>tigen Weib<strong>ch</strong>en zunimmt (vergl. Reizsummenregel,z. B. Lampre<strong>ch</strong>t 1973).o.-­ .--::==--­2S 85 105 125 as 165AIt.r I Tog.lAbb. 8: Resultate der Attrappen-Wahlversu<strong>ch</strong>e. .Die Jungen klammem si<strong>ch</strong> viel langer an die Stoffmutter(dur<strong>ch</strong>gezoge-ne Llnien). als an die Drahtmutter (gestri<strong>ch</strong>elteLinien). Diese Bevorzugung ist unabhanglg 'CIavon, ob sleauf der Stoffmutter gefOttert werden (Punkte) oder auf derDrahtmutter (Kreise). (na<strong>ch</strong> Harlow & Harlow 1965).kinderarzt 5. Jg. (1974) Nr. 6


Weitere wi<strong>ch</strong>tige Merkmale der <strong>Mutter</strong>Brustwarzen-Kontakt: Neben dem Korperkontaktspielt der Brustwarzen-Kontakt eine wi<strong>ch</strong>tige Rolle ­und zwar ni<strong>ch</strong>t nur, weil dadur<strong>ch</strong> die Ernahrung erfolgt.Das zeigt erstens die Tatsa<strong>ch</strong>e, daB das Baby in denersten Lebenstagen und -wo<strong>ch</strong>en die Brustwarze der<strong>Mutter</strong> wesentli<strong>ch</strong> haufiger im Mund halt als es tatsa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>saugt (Abb. 9).Zweitens sind die Saugbewegungen unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>:im Faile der Ernahrung tiefe, sonst fla<strong>ch</strong>e Zuge.Und drittens kann man im Experiment Nahrungs- undanderes Saugen auf vers<strong>ch</strong>iedene Objekte lenken.Ein junger, ohne <strong>Mutter</strong> aufgewa<strong>ch</strong>sener Pavian lieBsi<strong>ch</strong> <strong>bei</strong> S<strong>ch</strong>reck dur<strong>ch</strong> einen einfa<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>nuller beruhigen.Wenn das Tier spielte, lieB es ihn fallen, nahmihn aber zwis<strong>ch</strong>endur<strong>ch</strong> immer mal kurz in den Mundund verhielt si<strong>ch</strong> damit genauso wie normal aufw~<strong>ch</strong>sendeJunge, die ja wah rend des Spiels au<strong>ch</strong> hinund wieder zur <strong>Mutter</strong> zurOckkehren und ihre Brustwarzeertassen (vergl. S. 379).Dieser S<strong>ch</strong>nuller war vermutli<strong>ch</strong> nie mit Nahrung verknOpftworden, da der Flas<strong>ch</strong>ensauger, aus dem dasJunge ernahrt wurde, eine andere Form hatte. Bekamder Pavian Hunger und sah die Flas<strong>ch</strong>e, spuckte erden Sehnuller aus und ertaBte den Flasehensauger.Nahm man ihm die Flas<strong>ch</strong>e weg, bevorer satt war,wahlte er <strong>bei</strong> glei<strong>ch</strong>zeitiger Darbietung von S<strong>ch</strong>nullerund Sauger den Sauger, naeh der Sattigung dagegenden S<strong>ch</strong>nuller. Es s<strong>ch</strong>eint also, daB dem Brustwarzenkontaktzwei vers<strong>ch</strong>iedene Systeme mit unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>enBereits<strong>ch</strong>aften zugrundeliegen; das eineSystem dient der Ernahrung, das andere der Beruhigung(Rowell 1965).Ersatz-Brustwarzen. FOr den Brustwarzenkontakt imRahmen der Beruhigung gilt das glei<strong>ch</strong>e wie fOr denK6rperkontakt: ist die e<strong>ch</strong>te Brustwarze ni<strong>ch</strong>t vorhanden,steigt die Bereits<strong>ch</strong>aft, sie zu erfassen unddas <strong>Kind</strong> nimmt Objekt mit den na<strong>ch</strong>st besten Reizqualitaten- z. B. einen S<strong>ch</strong>nuller, den Finger desVersu<strong>ch</strong>sleiters (Abb. 10), einen Lappen und anderes.Sind au<strong>ch</strong> sal<strong>ch</strong>e Gegenstiinde ni<strong>ch</strong>t vorhanden, muB<strong>bei</strong> weiter zunehmender Bereits<strong>ch</strong>aft wieder dereigene Korper als Ersatz dienen. Daraus erklart si<strong>ch</strong>,daB isolierte Affenbabys so haufig an ihren GliedmaBensaugen und - wie au<strong>ch</strong> Mens<strong>ch</strong>enkinder ­am Daumen luts<strong>ch</strong>en.~70~ sog~ 50~o 40~~ 30~" 20.a 10o30~TogE


<strong>Mutter</strong>-<strong>Kind</strong>-<strong>Beziehung</strong> <strong>bei</strong> <strong>Primaten</strong>Experimentelle Untersu<strong>ch</strong>ungen zur Sozialentwicklung3. Foige und S<strong>ch</strong>iuBVon Heinz-Ulri<strong>ch</strong> ReyerIndividuelle <strong>Mutter</strong>-Blndung1m Laufe der Zeit entwickelt si<strong>ch</strong> aber sowohl <strong>bei</strong>mJungen als au<strong>ch</strong> <strong>bei</strong> der <strong>Mutter</strong> eine individuelleBindung aneinander. Diese Entwicklung beruht aufeinem Lernvorgang. Die <strong>Mutter</strong> untersu<strong>ch</strong>t den Korperdes <strong>Kind</strong>es und kann es s<strong>ch</strong>lieBli<strong>ch</strong> an bestimmtenMerkmalen in Aussehen, Bewegungen, LautauBerungenund anderen von anderen unters<strong>ch</strong>eiden.Das <strong>Kind</strong> s<strong>ch</strong>aut zunehmend herum, beginnt auf der<strong>Mutter</strong> zu turnen und pragt si<strong>ch</strong> da<strong>bei</strong> ebenfalls ihreindividuellen optisohen, akustis<strong>ch</strong>en - vielleieht aueholfaktorisohen - Kennzei<strong>ch</strong>en ein.Dieser Obergang von der unspezifisehen zur individuel/enBindung erfalgt relativ s<strong>ch</strong>nell (d. h. inwenigen Tagen).Trennungsversu<strong>ch</strong>eVersu<strong>ch</strong>t man dana<strong>ch</strong>, <strong>Mutter</strong> und <strong>Kind</strong>er auszutaus<strong>ch</strong>en,miBlingt das. Die <strong>Mutter</strong> widersetzt si<strong>ch</strong>dem Trennungsversu<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Angriffe auf den Experimentatorund Ums<strong>ch</strong>lingen des <strong>Kind</strong>es; diesesklammert si<strong>ch</strong> kreis<strong>ch</strong>end an das Weib<strong>ch</strong>en.Trennt man sie denno<strong>ch</strong>, jagt das Weib<strong>ch</strong>en im Kafigherum, rOttelt am Gitter und <strong>bei</strong>Bt hinein (Jensen &


ni<strong>ch</strong>t dagegen, daB der dur<strong>ch</strong> Pragung erworbeneAusloseme<strong>ch</strong>anismus irreversibel ist.Zwar kann die Pragungshandlung - z. B. die Flu<strong>ch</strong>tzueinem Weib<strong>ch</strong>en au<strong>ch</strong> von anderen als denPn'igungsreizen ausgelost werden, aber dasPragungsengramm bleibt bestehen (Engramm = Geda<strong>ch</strong>tnisspur);"es kann dur<strong>ch</strong> Erfahrungen ni<strong>ch</strong>tgel6s<strong>ch</strong>t werden, und es tritt sofort auf den Plan,wenn im Wahlversu<strong>ch</strong> die Pragungsreize in Ers<strong>ch</strong>einungtreten" (Hassenstein 1973 a).EinflUsse der <strong>Mutter</strong>bindung auf dieSozialisationBedeutung normaler Sozial-Pragung fUr Spielen undErkundenEine normal ablaufende Pragung und das KnOpfen undFestigen einer individuellen Bindung sind fOr dieweitere Entwicklung des Rhesuskindes von ungeheurerBedeutung. Sie ents<strong>ch</strong>eiden darGber, ob undwann das <strong>Kind</strong> beginnt, seine Umwelt zu erkunden,ob, wann und wie intensives mit anderen spielt. Erkundenund Spielen sind aber die wi<strong>ch</strong>tigsten VoraussetzungenfUr weiteres Lernen, fUr das Selbststandigwerden,das Hineinwa<strong>ch</strong>sen in die Gruppe kurz: fOrden ganzen ProzeB der Sozialisation.Erkunden und Spiel treten <strong>bei</strong> Jungtieren nur im sogenannten.. entspannten Feld" auf, d. h. in Situationen,in den en das Tier ni<strong>ch</strong>t hungrig oder durstig ist,in den en es ni<strong>ch</strong>t in ernsthafte Auseinandersetzungenverwickelt ist und vor allem, in denen es keine Angsthat. Diese Angst kann auf zwei Wei sen reduziertwerden:1. dur<strong>ch</strong> eine Flu<strong>ch</strong>t vom S<strong>ch</strong>reckreiz weg; das Antriebsziel(der Ruhezustand) ist dann errei<strong>ch</strong>t, wenndie Gefahr vers<strong>ch</strong>wunden ist.2. dur<strong>ch</strong> ein Hinstreben zu einem s<strong>ch</strong>Gtzenden Ort(z. B. zu einer H6hle, zur Sozialmutter usw.). BeimRhesus t.:nd <strong>bei</strong> anderen Jungen, die normalerweisebetreut werden, wird die Angst vor allem auf diesezweite Weise dur<strong>ch</strong> Errei<strong>ch</strong>en des Bindungsobjektesbeseitigt (Hassenstein 1973 a).Das wird deutli<strong>ch</strong>, wenn man einen Gegenstand, derdas Junge ers<strong>ch</strong>reckt, zwis<strong>ch</strong>en es und die <strong>Mutter</strong>stellt. Das Junge flieht immer zu ihr und klammert si<strong>ch</strong>an - au<strong>ch</strong> wenn es da<strong>bei</strong> dem S<strong>ch</strong>reckreiz entgegenmuS.Au<strong>ch</strong> die Beoba<strong>ch</strong>tung, daB von ihren MOttern grobbehandelte <strong>Kind</strong>er (5. S. 3) immer wieder zu diesenWeib<strong>ch</strong>en zuruckkehren, stUtzt diesen Befund.Folgen fehlender <strong>Mutter</strong>-PragungIsolierte <strong>Kind</strong>er dagegen haben als M6gli<strong>ch</strong>keit, dieAngst zu verringern, nur die Flueht weg von der Gefahrenquelle;und ist au<strong>ch</strong> die versperrt, wie z. B. imKafig, bleibt die Angst bestehen und hindert jedesSpielen und Erkunden (Abb. 12).Das Verhindern von Angst dur<strong>ch</strong> KnGpfen und Aufre<strong>ch</strong>terhalteneiner festen Bindung ist daher eine derwiehtigsten, viellei<strong>ch</strong>t die wi<strong>ch</strong>tigste VoraussetzungfOr einen normalen SozialisationsprozeB (Hassenstein1973 a).Rhesusaffen, die mit Draht- und StoffmGttern aufgezogenwurden, fliehen in sol<strong>ch</strong>en fur<strong>ch</strong>teinfl6BendenSituationen in fast 100 Prozent der Versu<strong>ch</strong>e zur Stoffmutter.Na<strong>ch</strong> einiger Zeit losen sie - wie die Jungenri<strong>ch</strong>tiger Weib<strong>ch</strong>en au<strong>ch</strong> den festen Klammergriff,s<strong>ch</strong>auen zuna<strong>ch</strong>st zaghaft, dann offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> beruhigtumher und beginnen in vielen Fallen sogar mit demGegenstand, der ihnen eben no<strong>ch</strong> Angst einfl6Bte, zuspielen (Abb. 13 u. 14).Das zeigt, daB au<strong>ch</strong> zur Attrappe eine Bindung bestehenkann, die Geborgenheit vermittelt. Aber dieseBindung ist s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>er, die empfangene Geborgenheitgeringer. Die Jungen werden dur<strong>ch</strong> die Stoffpuppezwar beruhigt, wirken im ganz'en aber do<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>reckhafter als ihre Artgenossen mit ri<strong>ch</strong>tigenMOttern; sie spielen zwar, aber spater und wenigerals normale <strong>Kind</strong>er, und je komplexer mit zunehmendemAlter das Spiel wird, desto deutli<strong>ch</strong>er tretendiese Unters<strong>ch</strong>iede hervor; au<strong>ch</strong> ihr Sozialverhaltenim Alter ist keineswegs normal (Harlow & Harlow1965).Das ma<strong>ch</strong>t deutli<strong>ch</strong>, daB die Attrappe zwar ein wi<strong>ch</strong>tiger,aber kein vollwertiger Ersatz war. Je alter das<strong>Kind</strong> wird, desto weniger rei<strong>ch</strong>t die bloBe Befriedigungdes K6rperkontaktes aus. Zwar bleibt er fUr dieAufre<strong>ch</strong>terhaltung der Bindung wi<strong>ch</strong>tig, aber bes<strong>ch</strong>ranktsi<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mehr auf das bloBe Anklammern,sondern s<strong>ch</strong>lieBt Aktivitaten wie Spiel und gegenseitigeFellpflege (grooming) ein, die mit einer Stoffpuppeni<strong>ch</strong>t m6gli<strong>ch</strong> sind.Folgen fUr die spatere sexuelle AktivitiitHarlow ist der Meinung, daB vor aI/em <strong>bei</strong> mannli<strong>ch</strong>enAffenkindern dur<strong>ch</strong> dieses intensive Absu<strong>ch</strong>en deskindli<strong>ch</strong>en K6rpers wah rend der Fellpflege dasau<strong>ch</strong> die Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsorgane einbezieht - zusatzli<strong>ch</strong>a Abb. 12: Ein isoliertes RhesusJunges kauert in elner Kafigecke.Oa bel ihm die Angst uberwiegt, kommt es nl<strong>ch</strong>t zumSpiel mit den angebotenen Gegenstanden.Abb. 13: Elne in den Kiiflg geslellte <strong>Mutter</strong>attrappe mil Stoff·oberflii<strong>ch</strong>e beruhlgt das Junge, und es beginnt die in derselbenAnordnung gebotenen GegensUinde zu untersu<strong>ch</strong>en(na<strong>ch</strong> Harlow 1959).kinderarzl 5. Jg, (1974) Nr. 7


die spatere sexuelle AktiviHit gefordert wird. Affenkinder,die ni<strong>ch</strong>t in dieser Weise von ihren MOtternbetreut wurden, entwickelten sieh im Spiel mit anderenzwar normal, kOmmerten sieh aber als erwaehseneMannehen nieht um Weibehen (Harlow & Harlow 1962).Von gefangenen Gorillas (Gorilla g. gorilla) weiB manseit kurzem, daB die <strong>Mutter</strong> ni<strong>ch</strong>t nur dureh dieK6rperpflege <strong>bei</strong>m mannliehen <strong>Kind</strong> Erektionen hervorruft,sondern au<strong>ch</strong> wah rend des ersten Lebensjahres"Pseudo-Kopulationen" mit ihm (und au<strong>ch</strong> mitweibli<strong>ch</strong>en Jungen) dur<strong>ch</strong>fUhrt, <strong>bei</strong> denen sie die Rolledes Mann<strong>ch</strong>ens Obemimmt (Hess 1973).Zu sol<strong>ch</strong>en und anderen Interaktionen ist eineAttrappe nati.irli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t fahig, und deshalb kann dasJunge au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>ts von ihr lernen. Zwar bringen au<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>tige AffenmOtter ihren <strong>Kind</strong>em in der Regel ni<strong>ch</strong>tsgezielt <strong>bei</strong>, aber sie bieten die Mogli<strong>ch</strong>keit zum Na<strong>ch</strong>ahmenund dam it die Mogli<strong>ch</strong>keit, man<strong>ch</strong>es s<strong>ch</strong>nellerzu lemen, als dies dur<strong>ch</strong> eigenes Erkunden mogli<strong>ch</strong>ware. AuBerdem ist diese Art des Lernens gefahrloser,wenn es si<strong>ch</strong> z. B. darum handelt, zu erfahren,vor wel<strong>ch</strong>en Tieren man fliehen, wel<strong>ch</strong>e Situationenman meiden muB (Hinde 1971).Erstes Erlernen sozialer RegelnFerner vermittelt ein Weib<strong>ch</strong>en indirekt Erfahrungen,indem es sein <strong>Kind</strong> fOr bestimmte Verhaltensweisendureh WegstoBen oder BeiBen straft, fOr andere dur<strong>ch</strong>Kontaktaufnahme belohnt. Das ist insbesondere fUrdas erste Erlemen der sozialen Regeln von Wi<strong>ch</strong>tigkeit- eine Erfahrung, die das Junge spater im Umgangmit Spielkameraden u. a. Aften erweitert.Aber au<strong>ch</strong> <strong>bei</strong> dieser Erweiterung spielt die <strong>Mutter</strong>eine wi<strong>ch</strong>tige Rolle; denn wie genaue Untersu<strong>ch</strong>ungengezeigt haben, fordert sie den Umgang des heranwa<strong>ch</strong>senden<strong>Kind</strong>es mit anderen.Die zunehmende zeitli<strong>ch</strong>e und raumli<strong>ch</strong>e Trennung(s. S. 1) geht anfangs vor allem vom <strong>Kind</strong>e aus, dasvon der <strong>Mutter</strong> wegstrebt. Sie dagegen halt es zuruck,fangt es wieder ein (Abb. 15) und lockt es durehVerhaltensweisen her<strong>bei</strong>, auf die das <strong>Kind</strong> mit Zuwendungreagiert. Dazu gehoren <strong>bei</strong>m Rhesus bestimmteRufe, ein S<strong>ch</strong>Orzen der Lippen oder einZukehren des Hinterteils, verbunden mit einem Hebendes S<strong>ch</strong>wanzes.Spater jedo<strong>ch</strong> werden diese Verhaltensweisen immerseltener; nun weist sie ihr <strong>Kind</strong> <strong>bei</strong> dessen Annaherungsversuehenzunehmend ab, stoBt es von si<strong>ch</strong>,s<strong>ch</strong>lagt es und <strong>bei</strong>St sagar (Abb. 16) (Hinde & Spencer­Booth, Jensen & Bobbit). Auf diese Weise wird dasRhesusjunge zur Selbstandigkeit gezwungen. Auf dieselbeWeise erfolgt <strong>bei</strong> Pavianen und Languren dievollige Trennung zwis<strong>ch</strong>en <strong>Mutter</strong> und <strong>Kind</strong> vor derGeburt des na<strong>ch</strong>sten Babys (Jay 1965).Bei S<strong>ch</strong>impansen fehlt eine sol<strong>ch</strong>e Zuruckweisungvollig; Strafe kommt nur selten vor. Die <strong>Mutter</strong>-<strong>Kind</strong>­Bindung ist <strong>bei</strong> dieser <strong>Primaten</strong>art besonders fest,was na<strong>ch</strong> J. v. Lawick-Goodall eine Anpassung an diebesondere Sozialstruktur der S<strong>ch</strong>impansen ist, in derdas <strong>Kind</strong> ni<strong>ch</strong>t wie der junge Pavian oder Langur au<strong>ch</strong>abseits der <strong>Mutter</strong> si<strong>ch</strong>er ist. Die S<strong>ch</strong>impansen bildennamli<strong>ch</strong> keine ges<strong>ch</strong>lossenen Trupps, sondern nurzeitli<strong>ch</strong>e, in der Zusammensetzung we<strong>ch</strong>selnde Gruppierungen.In ihnen ist im Grunde jeder Erwaehseneeine unabhangige Einheit. Bis das <strong>Kind</strong> selbst einesol<strong>ch</strong>e unabhangige Einheit bilden kann, brau<strong>ch</strong>t eseinen festen Bezugspunkt. Den stellt die <strong>Mutter</strong> dar(Lawick-GoodaIl1967).Hinweise auf Unters<strong>ch</strong>iede der Arten, Sozialstrukturenund UmweltDieser letzte Verglei<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong> einmal deutli<strong>ch</strong>,daB eine S<strong>ch</strong>ilderung der <strong>Mutter</strong>-<strong>Kind</strong>-<strong>Beziehung</strong>en<strong>bei</strong> <strong>Primaten</strong> luckenhaft bleiben muB, wenn sie ni<strong>ch</strong>t6.070~ 6,0I soN~ 1.02.01011 13 is 17Abb. 14: Fur<strong>ch</strong>teinflOBende Objekte wie dieser Spielzeugbar,der laufen und auf eine Trammel s<strong>ch</strong>lagen kann, fUhrendazu, daB das Junge zur Stoffmutter flieht und sl<strong>ch</strong> anklammert(oben). Dieser Kontakt s<strong>ch</strong>elnt es zu beruhlgen,denn na<strong>ch</strong> kurzer Zeit lost es si<strong>ch</strong> wieder und s<strong>ch</strong>aut na<strong>ch</strong>dem seltsamen Gegenstand (unten). (na<strong>ch</strong> Harlow 1959).Abb. 15: Haufigkeit, mit der eine Rhesusmutter ihr Jungeszuriickhiilt und wieder einfangt (relatives MaD). Der Anstiegist auf die zunehmende Aktivitat des <strong>Kind</strong>es zuriickzufUhren,der Abfall darauf, daD die <strong>Mutter</strong> immer mehr duldet, daBdas Junge sl<strong>ch</strong> von ihr entfernt (na<strong>ch</strong> Harlow, Harlow &Hansen 1963).kinderarzt 5. Jg. (1974) Nr. 7


Unters<strong>ch</strong>iede der Arten, Sozialstrukturen und Umwelteneinbezieht. Sie ist ferner bru<strong>ch</strong>sWckhaft, wennsie Unters<strong>ch</strong>iede zwis<strong>ch</strong>en Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tern und Indivi·duen auBer a<strong>ch</strong>t laBt, wenn sie ni<strong>ch</strong>t auf die We<strong>ch</strong>selbeziehungendes <strong>Mutter</strong>-<strong>Kind</strong>-Systemes mit anderenSystemen eingeht (s. S. 4), aber au<strong>ch</strong>, wenn sie dieexperimentelien Bedingungen ni<strong>ch</strong>t beriicksi<strong>ch</strong>tigt.In bestimmten Situationen k6nnen viele der bes<strong>ch</strong>riebenenVerhaltensst6rungen rOckgangig gama<strong>ch</strong>twerden, in anderen ausbleiben (Harlow & Harlow1965, 1862, Meier 1965). Platzgrunde und z. T. no<strong>ch</strong>mangelhafte Kenntnis der Zusammenhange zwangenzu einer Vereinfa<strong>ch</strong>ung.Der interessierte Leser findet ausfUhrli<strong>ch</strong>e ErorterungenfOr ni<strong>ch</strong>tmens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e <strong>Primaten</strong> vor allem in denWerken von Harlow & Harlow 1965, Hinde 1971,10090_ 80!:~ 70~ _ so~~ so.> \40..: 30 \\20 \\10 \ ",\30-Toge-Abs<strong>ch</strong>nitte"13 15Abb. 16: Entwicklung der <strong>Beziehung</strong> zwis<strong>ch</strong>en Rhesusmutternund -kind ern. Auf der Ordinate ist der Prozentsatzder posltiven (d. h. ni<strong>ch</strong>taggressiven) Zuwendungen derMulter an dIe <strong>Kind</strong>er aufgetragen, auf der Abszisse das Alterder <strong>Kind</strong>er. Bei eigenen <strong>Kind</strong>ern (Punkte und dur<strong>ch</strong>gezogeneLinie) halten si<strong>ch</strong> vom 9. Monat an positive und negative(d. h. aggressive) Zuwendungen ungeUihr die Waage. Diesevon Harlow als "Stadium mUtterli<strong>ch</strong>er Ambivalenz" bezei<strong>ch</strong>netePhase geht mit ca. 15 Monaten in die Trennungsphaseuber, in der die negativen Zuwendungen wie Strafen undDrohen uberwiegen. Die <strong>Beziehung</strong> gegenuber fremden<strong>Kind</strong>ern (Kreise und gestri<strong>ch</strong>elte Linie) zeigt einen ahnll<strong>ch</strong>en,aber abgekurzten Verlauf (na<strong>ch</strong> Harlow & Harlow 1965).Hinde & Spencer-Booth 1973, Jay 1965 und Mi<strong>ch</strong>ael& Crook 1973. Eine hervorragende verglei<strong>ch</strong>ende DarstellungOber Tierjunges und Mens<strong>ch</strong>enkind gibtHassenstein (1973 a).Verstandnis fUr mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es VerhaltenDar obige Verglei<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>t aber au<strong>ch</strong> deutli<strong>ch</strong>, daB dieObertragung der Ergebnisse von einer <strong>Primaten</strong>art aufdie andere und damit au<strong>ch</strong> vom Rhesus auf denMens<strong>ch</strong>en - ni<strong>ch</strong>t gere<strong>ch</strong>tfertigt ist.Denno<strong>ch</strong> sind Untersu<strong>ch</strong>ungen dieser Art ni<strong>ch</strong>t ohneWert fUr da;i) Verstandnis des mens<strong>ch</strong> li<strong>ch</strong>en Verhaltens.Zwar ist unser Verhalten in vieler Hinsi<strong>ch</strong>tkomplizierter organisiert als das der Tiere, aber esist ni<strong>ch</strong>t grundlegend anders organisiert. Wir habeneine weite Strecke der Evolution mit den anderen<strong>Primaten</strong> gemeinsam dur<strong>ch</strong>gema<strong>ch</strong>t und sind - wiesie - aus unseren Vorfahren nur dur<strong>ch</strong> eine allmahli<strong>ch</strong>eWeiterentwicklung hervorgegangen, ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong>einen v611igen Umbau.Die auf dieser Verwandts<strong>ch</strong>aft beruhenden Gemeinsamkeiten(H 0 mol 0 9 i e n) sind auf physiolog'is<strong>ch</strong>emund morphologis<strong>ch</strong>em Gebiet Jangst anerkanntund werden in Pharmakologie und Medizinausgenutzt. Auf diesen physiologis<strong>ch</strong>en und morphologis<strong>ch</strong>enStrukturen baut aber das Verhalten auf;dur<strong>ch</strong> sie wird es erst mogli<strong>ch</strong>. Ebenso auts<strong>ch</strong>luBrei<strong>ch</strong>kann es jedo<strong>ch</strong> sein, Tiere zu untersu<strong>ch</strong>en, die mituns zwar ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong> Homologien verbunden sind, dieaber unabhangig aufgrund glei<strong>ch</strong>er Anforderungender Umwelt - ahnli<strong>ch</strong>e Anpassungen in K6rperbau,Physiologie und Verhalten entwickelt haben (K 0 n ­ve r 9 en zen).Au<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e Tiere k6nnen fUr uns Madelle darstellen;Modelle, die den Vorteil haben, daB man mit ihnenexperimentieren kann, den Vorteil, daB sie man<strong>ch</strong>eZusammenhange in lei<strong>ch</strong>ter dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>aubarer Weisewiedergeben und aus diesen Grunden s<strong>ch</strong>neller zuHypothesen fUhren als die Untersu<strong>ch</strong>ung am Mens<strong>ch</strong>enselbst. Aber sie bleiben Modelle! Man dart ni<strong>ch</strong>tdie Ergebnisse sondern nur die Hypothesen (undman<strong>ch</strong>e Methoden) auf den Mens<strong>ch</strong>en iibertragen.Die Prufung, ob diese Hypothesen fUr den Mens<strong>ch</strong>engGltig sind, kann nur am Mens<strong>ch</strong>en selbst erfolgen(Hassenstein 1973 a, Wicklef 1971).Llleralur:Harlow, H. F. (1959) Love in Infant Monkeys; Scient. Amer. 200, 68.Harlow, H. F. u. M. K. Harlow (1962): Social Deprivation in Monkeys;Scient. Amer. 207, 136.Harlow, H. F. u. M. K. Harlow (1965); The Affectional System; in;S<strong>ch</strong>rier, Harlow & Stollnitz (Hrsg.): Behaviour of Nonhuman Primates,287 bis 334; Academic Press, London.Harlow, H. F., Harlow, M. K. und E. W. Hansen (1963): The MaternalAlfectional System of Rhesus Monkeys; J. Wiley & Sons, Inc.,London.Hassenstein, 8. (1973 a): Verhaltensbiologie des <strong>Kind</strong>es; Piper,MUnehen.Hassenstein, B. 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