Download Ausgabe 7 - Evangelische Kirchengemeinden Dorlar und ...
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Gewissen. War er vielleicht zu weit<br />
gegangen? Kurz darauf erzählte ihm<br />
eine K<strong>und</strong>in: „Haben Sie schon gehört?<br />
Der alte Hartmann liegt im<br />
Sterben! Offenbar hat er es nicht<br />
verkraftet, dass sein Geschäft pleite<br />
gegangen ist.“ Bäcker Neubauer<br />
erschrak. Das hatte er nun wirklich<br />
nicht gewollt! Noch am selben Tag<br />
besuchte er Bäcker Hartmann <strong>und</strong><br />
beichtete ihm, was er getan hatte.<br />
„Bitte lassen Sie es mich wieder gutmachen!<br />
Es tut mir so Leid! Sagen<br />
Sie mir doch, was ich tun kann, um<br />
das wieder in Ordnung zu bringen!“<br />
Bäcker Hartmann sah ihn traurig<br />
an. Dann sagte er: „Nehmen Sie<br />
mein Kissen mit auf den großen<br />
Dom der nächsten Stadt. Schneiden<br />
Sie es auf <strong>und</strong> lassen Sie die Federn<br />
vom höchsten Turm aus in alle Winde<br />
verwehen! Und dann kommen Sie<br />
wieder zu mir! Das ist mein<br />
Wunsch!“ Bäcker Neubauer fand<br />
diesen Wunsch reichlich merkwürdig,<br />
aber er erfüllte ihn. Der Wind<br />
wehte die vielen kleinen Federn des<br />
Kopfkissens überall hin, die Straßen<br />
hinunter, auf Balkone, in Bäume <strong>und</strong><br />
Büsche. Als Herr Neubauer wieder<br />
zu Herrn Hartmann kam, sagte dieser:<br />
„So, <strong>und</strong> nun sammeln sie alle<br />
Federn wieder ein <strong>und</strong> legen Sie sie<br />
in das Kissen zurück. Es darf aber<br />
10 Thema<br />
nicht eine einzige fehlen!“ Herr<br />
Neubauer schüttelte den Kopf: „Tut<br />
mir Leid, das ist absolut unmöglich!<br />
Die Federn sind kilometerweit geflogen!<br />
Nie im Leben könnte ich alle<br />
wieder finden!“ – „Sehen Sie“, sagte<br />
Herr Hartmann da, „so ist es<br />
auch mit unseren Worten. Einmal<br />
ausgesprochen können sie nicht<br />
mehr zurückgeholt werden. Sie gehen<br />
weiter <strong>und</strong> weiter <strong>und</strong> man kann<br />
sie nicht mehr aufhalten.“ Herr<br />
Hartmann lehnte sich zurück. Und in<br />
der folgenden Nacht starb er. Soweit<br />
diese Geschichte.<br />
„Richtige Worte“ finden ist eine<br />
schwere Aufgabe <strong>und</strong> Herausforderung<br />
in kritischen Lebenszeiten. Ich<br />
denke besonders an Situationen am<br />
Krankenbett bei der Aufklärung über<br />
schlimme Diagnosen <strong>und</strong> an die<br />
Notfallseelsorge bei der Überbringung<br />
von Todesnachrichten. „Letzte<br />
Worte“ mit Sterbenden sprechen<br />
oder Worte des Trostes für die Angehörigen<br />
finden fällt uns schwer.<br />
Andererseits gibt es aber auch das<br />
Problem der „ungesagten Worte“. In<br />
einem Song heißt es:<br />
„Ungesagte Worte werden Dich verfolgen,<br />
bleiben stets zurück. Lass es<br />
nie geschehen, dass Wörter ihren<br />
Empfänger nicht erreichen können,<br />
warte nicht, bis es zu spät ist.“<br />
„Wie viele Worte blieben besser ungesagt, wann hab ich gedankt <strong>und</strong><br />
wie oft nur geklagt? Du weißt ja, wie ich bin...“ (Martin Schneider)