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Auto Verkehr<br />
Führerausweisentzug wegen Radfahrens<br />
in angetrunkenem Zustand – ein Mythos?<br />
Gemäss einer Umfrage von «20 Minuten Online» (April 2009) gaben über 80% <strong>der</strong> Teilnehmenden an,<br />
schon einmal angeheitert Fahrrad gefahren zu sein. Ein Drittel davon sei dabei gestürzt o<strong>der</strong> habe<br />
beispielsweise ein Auto gerammt (20 Minuten Online, 13.05.2009).<br />
Dieses Ergebnis zeigt einerseits, dass angetrunkene<br />
Radfahrer nicht nur für sich selbst –<br />
wie dies oft entschuldigend vorgebracht wird<br />
– son<strong>der</strong>n auch für alle an<strong>der</strong>en Verkehrsteilnehmer<br />
eine beträchtliche Gefahr darstellen.<br />
An<strong>der</strong>erseits scheinen die meisten mit geringeren<br />
Konsequenzen zu rechnen und schwingen<br />
sich daher für die meist nächtliche «Blaufahrt»<br />
eher aufs Fahrrad, als dass sie ins Auto<br />
steigen. Am nächsten Tag beschleicht die ausgenüchterten<br />
«Blauradler» jedoch oft das<br />
ungute Gefühl, dass ihnen die Polizei bei<br />
einer allfälligen Kontrolle womöglich den<br />
Führerausweis hätte abnehmen können.<br />
Das Strassenverkehrsgesetz unterscheidet<br />
grundsätzlich zwischen Regeln für den Fahrverkehr<br />
und den Regeln für den übrigen Verkehr<br />
(Fussgänger, Reiter usw.). Als sogenannte<br />
Führer von motorlosen Fahrzeugen<br />
gehören Radfahrer – selbst wenn sie ihrem<br />
Ruf nach eher ein schwammiges Regelverständnis<br />
aufweisen – gleichermassen wie<br />
Autofahrer zum Fahrverkehr. So gilt auch<br />
für sie eine Blutalkoholkonzentration von<br />
0,8 ‰ als Grenzwert für die Annahme eines<br />
(schweren) Falles des Fahrens unter Alkoholeinfluss<br />
mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration,<br />
und auch sie sind bei dessen<br />
Überschreiten grundsätzlich als fahrunfähig<br />
einzustufen und haben mit Sanktionen zu<br />
rechnen.<br />
In strafrechtlicher Hinsicht ist die mildeste<br />
Sanktion, welche angetrunkene Radfahrer<br />
zu gewärtigen haben, eine Busse. Deren<br />
Höhe ist abhängig von <strong>der</strong> jeweiligen Blutalkoholkonzentration,<br />
<strong>der</strong> tatsächlichen Verkehrsgefährdung<br />
und letztendlich vom<br />
Ermessen <strong>der</strong> urteilenden Behörde. So kann<br />
bei leichten Fällen, d. h. von 0,5 ‰ – 0,79‰<br />
und wenn keine weitere Wi<strong>der</strong>handlung<br />
gegen das Strassenverkehrsgesetz begangen<br />
wurde, auch eine Verwarnung ausgesprochen<br />
werden. Schwere Fälle hingegen, kön-<br />
nen mit Bussen bis ca. CHF 500.– geahndet<br />
werden.<br />
Ist ein Radfahrer in angetrunkenem Zustand,<br />
d. h. mit einer Blutalkoholkonzentration<br />
von mehr als 0,8 ‰ gefahren, kann ihm<br />
<strong>der</strong> Wohnsitzkanton für mindestens einen<br />
Monat das Radfahren untersagen. Gemäss<br />
Fürsprecher Thomas Baumgartner, Abteilungsleiter<br />
Administrative Verkehrssicherheit,<br />
Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt<br />
des Kantons Bern, wurde dieses befristete<br />
Fahrradfahrverbot im Zusammenhang mit<br />
Alkohol und auch Drogen im Kanton Bern<br />
im Jahre 2009 immerhin 51 Mal ausgesprochen.<br />
Die Wirkung eines solchen Verbots ist<br />
jedoch auf das Fahrradfahren beschränkt.<br />
Der Führerausweis für das Auto wird in<br />
<strong>der</strong> Regel nicht entzogen.<br />
Fürsprecher Baumgartner stellt klar, dass<br />
ein Führerausweisentzug als administrative<br />
Massnahme nur in äusserst schweren Fällen<br />
in Frage kommt, nämlich dann, wenn <strong>der</strong><br />
Verdacht auf fehlende Fahreignung wegen<br />
einer Trunksucht besteht. Ein solcher Verdacht<br />
liegt dann vor, wenn eine angetrunkene<br />
Person mit einer Blutalkoholkonzentration<br />
von mehr als 2.5 ‰ angehalten wird o<strong>der</strong><br />
die Person bereits wegen Fahrten unter Alkoholeinfluss<br />
aktenkundig ist. Gemäss bundesgerichtlicher<br />
Rechtssprechung verfügen<br />
Personen mit einer sehr hohen Blutalkoholkonzentration<br />
über eine hohe Alkoholtoleranz,<br />
die in aller Regel auf eine Alkoholabhängigkeit<br />
hinweist.<br />
Liegt ein solcher Verdacht vor, ordnet die<br />
zuständige kantonale Behörde ein Fahreignungsgutachten<br />
an. Dabei hat <strong>der</strong> Gutachter<br />
den Suchtmittelkonsum bzw. -umgang, die<br />
persönlichen Verhältnisse <strong>der</strong> betroffenen<br />
Person abzuklären und diese einer körperlichen<br />
Untersuchung zu unterziehen. Auf fehlende<br />
Fahreignung darf nur dann geschlossen<br />
werden, wenn <strong>der</strong> Betroffene nicht mehr in<br />
<strong>der</strong> Lage ist, Alkoholkonsum und Strassenverkehr<br />
ausreichend zu trennen, o<strong>der</strong> wenn<br />
die naheliegende Gefahr besteht, dass er<br />
im akuten Rauschzustand am motorisierten<br />
Strassenverkehr teilnimmt. Wird die Trunksucht<br />
bejaht, wird gestützt auf das Gutachten<br />
ein sogenannter Sicherungsentzug des Führerausweises<br />
verfügt. Dabei wird <strong>der</strong> Führerausweis<br />
grundsätzlich sofort vorsorglich entzogen,<br />
dies auch auf die Gefahr hin, dass<br />
man diese Massnahme nachher rückgängig<br />
machen muss, wenn sich nach Begutachtung<br />
erweist, dass sie nicht gerechtfertigt war.<br />
Damit steht klar; «Blauradler» welche zu tief<br />
o<strong>der</strong> zu oft und tief ins Glas schauen und sich<br />
mit etwas Pech von <strong>der</strong> Polizei erwischen<br />
lassen, haben einen Führerausweisentzug zu<br />
befürchten.<br />
Christoph Nyffeler, MLaw<br />
Ammann Rechtsanwälte, Jegenstorf<br />
Juristische Beratung<br />
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<strong>ACS</strong> Bern aktuell | <strong>Club</strong>magazin | März 2010