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1,80 - Draußen

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02 | 10<br />

Straßenmagazin für Münster und das Münsterland 0,70 Euro für den Verkäufer www.muenster.org/draussen<br />

1,<strong>80</strong><br />

Uiuiui! 40 JJahree SSesamsttraßee


2<br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser,<br />

schreckliche Meldungen von zig Tausenden Toten, Millionen<br />

von Verletzten und Obdachlosen haben in den letzten Wochen<br />

wieder mal die Nachrichten beherrscht. Der mittelamerikanische<br />

Staat Haiti wurde von einem schweren Erbeben heimgesucht.<br />

Unweigerlich wird man an die schlimmen Bilder erinnert,<br />

als vor gut fünf Jahren im indischen Ozean Hunderttausende<br />

Menschen einem Seebeben zum Opfer fielen.<br />

_Damals wie auch heute zeigten alle Medien weltweit die Bilder<br />

von Leichen, von verletzten und hungernden Menschen. Und<br />

dann diese vielen armen Kinder mit erschreckten, angstvollen,<br />

hungrigen und bittenden Blicken. Ein Aufschrei ging durch alle<br />

Bevölkerungsschichten. Spontan wurden überall auf der Welt<br />

Hilfsaktionen gestartet und millionenschwere Geldbeträge gesammelt.<br />

Riesige Mengen an medizinischen und technischen<br />

Hilfsgütern und Nahrungsmitteln wurden zusammengetragen<br />

und in die Krisenregion gesendet. Man organisierte Konzerte<br />

und alle möglichen anderen Solidaritätsveranstaltungen zu<br />

Gunsten der armen Erdbebenopfer von Haiti.<br />

_Das ist die eine Seite der Medaille. Aber da gibt es noch eine<br />

weitere, nämlich jene, die gerade heutzutage immer öfter allzu<br />

gerne vergessen wird. Denn schon seit vielen Jahren ist Haiti<br />

ein Land, das längst die Hilfe von außen nötig hat. Haiti gilt<br />

als ärmstes Land der westlichen Hemisphäre mit dem geringsten<br />

Pro-Kopf-Einkommen von ganz Lateinamerika. Rund 65%<br />

Anzeige<br />

der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze, 50% sind arbeitslos<br />

und fast ein Viertel der Bevölkerung ist chronisch unterernährt.<br />

Die Baby- und Kindersterblichkeit ist erschreckend<br />

hoch. Die politische Lage Haitis ist seit vielen Jahren katastrophal:<br />

Korrupte Machthaber haben Land und Menschen bis aufs<br />

Blut ausgesaugt und unterdrückt. Der Regenwald war bereits<br />

vor 20 Jahren fast völlig abgeholzt. Überwirtschaftung und<br />

Starkregen taten ihr Übriges. Haiti wird immer wieder von katastrophalen<br />

Wirbelstürmen heimgesucht.<br />

_Und so hätten es die Menschen von Haiti im Grunde schon lange<br />

verdient gehabt, dass man ihnen ernsthaft Hilfe entgegenbringt.<br />

Aber wie heißt es doch so schön: Das Kind muss erst in<br />

den Brunnen fallen! In diesem Fall müssen über 110.000 Menschen<br />

von Trümmern erschlagen werden und Millionen anderer<br />

halb verhungert vor dem Nichts stehen, bevor die Weltöffentlichkeit<br />

endlich reagiert.<br />

Sigi Nasner


~<br />

Für Ihre<br />

Patenschaft<br />

unser<br />

Patenspendenkonto:<br />

Kto. 34205427<br />

BLZ 40050150<br />

Sparkasse Münsterland Ost<br />

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Ihre Unterstützung ist Hilfe, die direkt ankommt<br />

Jeder Euro wird sinnvoll und verantwortungsvoll genutzt, um Obdachlosen und schwer<br />

vermittelbaren Langzeitarbeitslosen neue Chancen zur Verbesserung ihrer Lebenssituation<br />

zu bieten. Helfen Sie mit, es gibt vielfältige Möglichkeiten:<br />

Kaufen und Weiterempfehlen der ~ ist die direkte Hilfe zur Selbsthilfe für<br />

die VerkäuferInnen (kleines Zubrot, Akzeptanz, Eröffnung neuer Perspektiven)<br />

und steigert die Auflage der Zeitung. Preis: 1,<strong>80</strong> Euro.<br />

Seitensponsoring ist eine besondere Form, die Druckkosten einer Seite in der<br />

~ direkt zu finanzieren. Preis: ab 50,- Euro. (Kto. 33878, BLZ 40050150)<br />

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Preis ab 58,- Euro (incl. MwSt.) (Kto. 33878, BLZ 40050150)<br />

Spenden sind wichtig für den Erhalt des Projektes. Summe: beliebig (Kto 33878,<br />

BLZ 40050150)<br />

Patenschaften ermöglichen uns die Finanzierung von Voll- und Teilzeitstellen<br />

für Verkäufer. Summe: langfristig und beliebig


4<br />

Vier Jahrzehnte auf<br />

derselben Straße


Impressum<br />

Herausgeber<br />

„~” e.V.<br />

Berliner Platz 8<br />

48143 Münster<br />

Redaktion<br />

Heinz Dalmühle<br />

Jörg Hüls<br />

Sabrina Kipp<br />

Sigi Nasner<br />

Carsten Scheiper (V.i.S.d.P.)<br />

Tel.: 0251 / 4909118<br />

E-Mail-Adresse<br />

draussen-redaktion@live.de<br />

Streetwork<br />

Sabrina Kipp<br />

draussen-kipp@hotmail.com<br />

Internetseite<br />

www.muenster.org/draussen<br />

Administrator: Cyrus Tahbasian<br />

An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet<br />

Adik Alexanian, Destiny Ani, Heinz Dalmühle,<br />

Thorsten Enning, Jannine Forsthove, Nora<br />

Gantenbrink, Horst Gärtner, Michael Heß,<br />

Jörg Hüls, Sabrina Kipp, Jan Magunski, Sigi<br />

Nasner, Annette Poethke, Carsten Scheiper,<br />

Kathrin Staufenbiel<br />

Fotos<br />

Adik Alexanian, Buio Omega Filmclub, Michael<br />

Heß, Jörg Hüls, Sabrina Kipp, Sigi Nasner,<br />

NDR/Sesameworkshop, Nico Obenhaupt, Mike<br />

Schermann, Kathrin Staufenbiel<br />

Titelfoto<br />

NDR/Sesameworkshop<br />

Layout, Titelgestaltung<br />

Adik Alexanian<br />

Heinz Dalmühle<br />

Gestaltungskonzept<br />

Lisa Schwarz/Christian Büning<br />

Auflage <strong>80</strong>00<br />

Druck<br />

Borgsmüller Druck<br />

unterstützt durch<br />

Siverdes-Stiftung<br />

Fontshop, Berlin (spendierte<br />

die Satzschrift FF Fago)<br />

Bankverbindung<br />

Sparkasse Münsterland Ost<br />

Konto-Nr. 33 878<br />

BLZ 400 501 50<br />

Paten-Spenden-Konto<br />

Sparkasse Münsterland Ost<br />

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BLZ 400 501 50<br />

Wir danken allen Spendern!<br />

Bitte berücksichtigen Sie<br />

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Inhalt<br />

40 Jahre Sesamstraße<br />

Motzende, krümelnde Monster<br />

Ernie und Bert im Interview<br />

Weltbekannte Puppenspieler<br />

Mann mit der Matte<br />

Günther, der personifizierte Schalk<br />

Big Issue<br />

Die Straßenzeitung im Bankgebäude<br />

Eine Stimme für die Wohnungslosen<br />

Die Arbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe stellt sich vor<br />

Alex kommt<br />

Zwänge finde ich zum Kotzen<br />

Erfolgsmodell Chance e.V.<br />

Hilfe für Knackis und Langzeitarbeitslose<br />

Wenn nichts mehr geht<br />

Schluss mit Flatratesaufen<br />

Eine Praktikantin für alle Fälle<br />

Hübsch und unverzichtbar<br />

Jeder besitzt einen Stern<br />

Geheimnisvoller Gast<br />

Du bist der verkleidete Gott<br />

Dilettantischer Pfaffe<br />

Cinema Bizarr<br />

Schräges auf Zelluloid<br />

Preußen Report<br />

Münster lechtzt nach Aufstieg<br />

Anzeige<br />

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6<br />

Interview | Text: Nora Gantenbrink | Fotos: NDR/Sesame Workshop<br />

40 Jahre Sesamstraße<br />

Gefährliches Ghetto<br />

Wenn man das Wort „Ghetto“ hört, dann<br />

denken heutzutage viele Menschen vermutlich<br />

an New Yorker Stadtteile wie<br />

„Bronx“ oder „Harlem“. Vielleicht denken<br />

manche an Eminem, an Hip Hop, an<br />

Trailerparks, an Armut und Hoffnungslosigkeit<br />

oder an deutsche, so genannte<br />

Brennpunkte wie Berlin Neukölln. Es<br />

könnten einem auch der Rapper Bushido<br />

einfallen oder Sido und sein Song „Mein<br />

Block“. Was sicherlich niemandem in<br />

Verbindung mit dem Wort „Ghetto“ einfallen<br />

würde, ist die Sesamstraße. Könnte<br />

es aber. Wieso, weshalb, warum?<br />

Darüber berichtet Nora Gantenbrink.<br />

_Am 8. Januar 1973 startete die deutsche<br />

Sesamstraße mit dem Ohrwurm-Titellied<br />

„Wieso, weshalb, warum“ und sorgte für<br />

reichlich Gesprächsstoff. Die Kindersendung<br />

spielte in der gleichnamigen Straße<br />

und orientierte sich an einem amerikanischen<br />

Format namens „Sesame Street“.<br />

Die Hauptfiguren waren motzende, krümelnde<br />

und kreischende Monster sowie<br />

zwei witzig dreinschauende Puppen namens<br />

Ernie und Bert, ein travestitisch anmutender<br />

gelber Vogel und wahlweise ein<br />

paar Erwachsene. Insgesamt präsentierte<br />

sich die Sendung als wilder Mix aus Mit-<br />

Sing-Liedern, kurzen Szenen und wirrwitzigen<br />

Kuschelmonstern mit Griesgram-<br />

Anarcho-Allüren. Und während die Kleinsten<br />

vergnügt kreischend das irrsinnige<br />

Spektakel vor der Flimmerkiste verfolgten,<br />

waren Pädagogen, Journalisten und<br />

Eltern verunsichert. Frei nach dem Motto<br />

„Was Spaß macht, wird verboten“ passierte<br />

genau das: Die Sendung wurde für<br />

gefährlich erklärt. Harald Hohenacker,<br />

damals Leiter der Projektgruppe Erziehungswissenschaft<br />

beim Bayerischen Rundfunk,<br />

erkannte in der Sendung „unerträgliche<br />

Inhalte“ sowie einen „Missbrauch<br />

der pädagogischen Mittel in infamster Art<br />

und Weise“. Der Bayerische Rundfunk, der<br />

Süddeutsche Rundfunk, der Südwestfunk<br />

und der Saarländische Rundfunk boykot-<br />

tierten zum Starttermin die Kindersendung<br />

mit der Begründung, diese „amerikanische<br />

Ghettosendung hätte nichts<br />

mit der Lebenswirklichkeit deutscher<br />

Kinder gemein“. Die Szenen erinnerten<br />

die Intendanten an ein Ghetto-Milieu.<br />

Das Urteil: Viel zu amerikanisch. Deutschland<br />

ward in Süd und Nord gespalten.<br />

Auch der Direktor des Österreichischen<br />

Fernsehens lehnte 1973 das bunte Kinder-<br />

TV-Konzept harsch ab. Wenn jemand ihm<br />

mit dem Erfolg der Sendung zu überzeugen<br />

versuchte, antwortete er: „Auch<br />

Haschisch ist bei vielen beliebt, der Bekanntheitsgrad<br />

ist kein Beweis für Bekömmlichkeit.“<br />

Ende der Diskussion?<br />

_Nein. Ein halbes Jahr nach dem Start<br />

der Sesamstraße willigten auch die Bayern<br />

und das Saarland bei der Ausstrahlung<br />

der Sendung ein. Zu groß war der<br />

Erfolg der Sendung, zu gut das Konzept.<br />

Denn gerade der Bildungshintergrund<br />

war den Machern der Kindersendung<br />

von großer Bedeutung. Ur-Intention war<br />

es, amerikanischen, unterprivilegierten<br />

Kindern ein Unterhaltungsprogramm auf<br />

hohem Niveau zu gewähren. Die freche<br />

Puppenschar sollte Fragen beantworten,<br />

aufklären, spielerisch Buchstaben beibringen<br />

oder das Zählen. Bildung mischte<br />

sich mit Blödsinn, die Puppen wurden<br />

Kinderhelden, Kinder steppten mit Elmo<br />

oder brüllten mit Oskar: „Ich mag Müll!“<br />

Infantile Evergreens, die einen bis heute<br />

begleiten, sind Ernies „Hätt ich dich heut<br />

erwartet, hätt ich Kuchen da!“ oder „Ma-<br />

Na-Ma-Na“. Mittlerweile sind die Kinder<br />

aus den 70ern zumeist selbst schon Eltern.<br />

Die Widerstände gegen die deutsche „Sesamstraße“<br />

sind geschwunden, die Freude<br />

an der Sendung blieb ungebrochen.<br />

Die Helden sind Helden geblieben. Aber<br />

auch die Ansprüche sind gestiegen, das<br />

Kinder-Fernsehen hat sich ausdifferenziert.<br />

Neue Figuren bevölkerten die farbenfrohe<br />

Straße: 1977 kam die pinke Puppe<br />

Tiffy hinzu, ein Jahr später Samson,<br />

irgendwann auch die Schnecke Finchen<br />

sowie das undefinierbare Etwas namens<br />

Herr Bödefeld. Auch Feli Filu, Pferd und<br />

Wolle sind neu in der deutschen Sesamstraße.<br />

Mittlerweile wird die Sendung<br />

mit stets kulturell angepasstem Konzept<br />

bereits in über 140 Ländern welteit ausgestrahlt.<br />

In der Türkei heißen Ernie und<br />

Bert zum Beispiel „Edi“ und „Budu“. In<br />

Amerika wurde 2007 eine Sonder-DVD<br />

produziert. In der Spezial-Folge klären<br />

Figuren wie Ernie und Bert über den Irak-<br />

Krieg und die daraus entstandenen Behinderungen<br />

vieler Soldaten auf. Die Sendung<br />

wurde an Familien von im Irak verwundeten<br />

Amerikanern verteilt .<br />

_Letztes Jahr feierte die amerikanische<br />

Sesamstraße ihren 40. Geburtstag, 2013<br />

ist es auch in Deutschland so weit. Dr.<br />

Jan-Uwe Rogge hat 2002 eine Studie namens<br />

„Fantasie, Emotion und Kognition<br />

in der Sesamstraße“ veröffentlicht. Er<br />

kommt zu dem Ergebnis: „Die Sesamstraße<br />

ist ein Ort, an dem sich Kinder<br />

wiedererkennen und deshalb aufgehoben<br />

fühlen.“ Das genialste Kinder-Ghetto der<br />

Fernsehgeschichte darf allein aus diesem<br />

Grund schon nicht zerstört werden.<br />

Es wäre viel zu gefährlich. #


Interview | Text: Nora Gantenbrink | Fotos: NDR/Sesame Workshop<br />

Ernie und Bert im Interview<br />

Wer nicht fragt, bleibt dumm!<br />

Wer was wissen will, muss fragen. Das<br />

hat keine Fernsehsendung so eindeutig<br />

kommuniziert wie die Sesamstraße.<br />

~-Mitarbeiterin Nora Gantenbrink<br />

bekam die Chance zum „Wer-Wie-<br />

Was-Wieso-Weshalb-Warum“-Interview<br />

mit den Ernie-und-Bert-Sprechern<br />

Martin Paas (42) und Carsten Haffke (42).<br />

Ein Gespräch mit zwei Menschen, die<br />

zum Puppentanzenlassen nie zu alt geworden<br />

sind.<br />

~: Herr Paas, Sie spielen den Sesamstraßen-Ernie,<br />

Herr Haffke den Bert.<br />

Im Tagesspiegel habe ich gelesen, dass<br />

Sie schon zusammen mit Herrn Haffke<br />

als „Pille“, dem sprechende Ball, Goleo,<br />

das WM-Fußballmaskottchen, dargestellt<br />

haben. Sind Sie ein eingefleischtes Puppenspieler-Team?<br />

Paas: Wir kennen uns seit 1992 durch die<br />

„Hurra Deutschland“-Produktion. Da waren<br />

wir beide schon als Puppenspieler<br />

aktiv.<br />

Haffke: Die Szene ist ja sehr überschaubar,<br />

damals suchten wir noch gute Spieler<br />

und fanden so den Martin! Wir haben<br />

dann ziemlich schnell ein Team gebildet<br />

und für diverse Produktionen zusammen<br />

gearbeitet.<br />

~: Seit wann sind Sie denn<br />

Puppenspieler?<br />

Haffke: Seit 1989. Oh Gott, ich hatte<br />

20-jähriges Jubiläum und hab es nicht<br />

gewusst! Aber vielleicht ist das auch besser<br />

so, sonst gehört man irgendwann zu<br />

den Menschen, die sagen: Ich mach das<br />

schon seit 20 Jahre und sowas ist mir<br />

noch nie untergekommen.<br />

Paas: Bei mir gibt es da gar keinen Anfang.<br />

Zunächst habe ich das neben meinem<br />

Studium gemacht. Dann wurde mir<br />

der Job immer wichtiger, die Freude am<br />

Puppen spielen immer größer - das war<br />

ein fließender Übergang. Letztendlich<br />

habe ich unglaublich lange studiert und<br />

dann, als ich alle Scheine zusammen<br />

hatte, sehr erfolgreich abgebrochen.<br />

~: Und wie wird man Puppenspieler?<br />

Haffke: Das ist kein typischer Ausbildungsberuf.<br />

Es gibt da zwei, drei Ausbildungswege<br />

in Deutschland, soweit ich<br />

weiß, die an Theaterschulen angeschlossen<br />

sind. Aber eigentlich ist das ‘learning<br />

by doing’, natürlich benötigt man schon<br />

ein bestimmtes Talent für Koordination.<br />

Wir hatten für die Sesamstraßen-Produktionen<br />

das Glück, immer wieder an<br />

tollen Workshops teilnehmen zu dürfen.<br />

Unter anderem sind wir unterrichtet worden<br />

von Kevin Clash (Elmo) und noch so<br />

ein paar Größen, die bei der Sesamstraße<br />

in New York arbeiten.<br />

~: Haben Sie es je bereut, Puppenspieler<br />

zu werden?<br />

Haffke: Nein, nie. Ich glaub, ich kann<br />

da für uns beide sprechen. Ich habe schon<br />

die erste Sendung der Sesamstraße auf<br />

Englisch gesehen und nix verstanden.<br />

Trotzdem haben mich die Figuren so be-<br />

geistert und zwar bis heute noch. Das ist<br />

ein Kindheitstraum, der nun Beruf geworden<br />

ist. Manchmal, da sehe ich mich<br />

um am Set, sehe den Kollegen zu und<br />

denke, dass kann doch gar nicht echt<br />

sein. Teilweise bin ich so vertieft im Zuschauen,<br />

dass ich meinen Einsatz verpasse.<br />

Dann fühl ich mich wieder wie vor<br />

dem Fernseher vor 37 Jahren.<br />

Paas: Ich kann mich da nur anschließen.<br />

Ich muss zugeben, ich habe recht<br />

lange sogar geglaubt, dass das gar keine<br />

Puppen sind. Für mich waren das Helden.<br />

Wenn wir mit den Sesamstraßen-Puppen<br />

mal auf einem Außendreh sind, dann<br />

merkt man, welche unglaubliche Anziehungskraft<br />

die Figuren besitzen. Dann lugen<br />

Kinder aus den Buggys und Mütter<br />

bleiben ganz selbstverständlich staunend<br />

stehen.<br />

~: Ich habe im Internet gelesen,<br />

dass Sie beide auch bei Käpt´n Blaubär<br />

mitspielen?<br />

Paas: Das stimmt. Ich aber weitaus weniger<br />

als Carsten. Ein Wikipedia-Eintrag<br />

ist übrigens sehr praktisch, wenn man zu<br />

faul ist, sich selbst eine Homepage zuzulegen.<br />

(lacht)<br />

7


8<br />

~: Nun aber mal was zu Ernie und<br />

Bert: Was ist dran an dem Gerücht, dass<br />

die beiden schwul sind?<br />

Paas: Zu den homosexuellen Neigungen<br />

habe ich Ernie unlängst persönlich befragt.<br />

Er hat mir glaubhaft versichert,<br />

dass er keine Ahnung habe, wovon ich<br />

spreche, und mir stattdessen Quietsche-<br />

Entchens Fortschritte am Schlagzeug vorgeführt.<br />

~: Hmmh, das klingt natürlich<br />

glaubwürdig. Machen Sie eigentlich<br />

manchmal auch Telefonscherze?<br />

Haffke: Jaaa, aber nicht mit der Stimme<br />

von Bert (lacht).<br />

Paas: Nein, eher nicht. Aber Carsten hat<br />

ja zwei sehr süße Kinder und die wollen<br />

schon regelmäßig mal mit den Bewohnern<br />

der Sesamstraße kommunizieren.<br />

Irgendwann stößt man da aber an seine<br />

Grenzen, wenn man zum zehnten Mal<br />

gefragt wird: Kann ich jetzt noch mal den<br />

Samson? Und jetzt nochmal Tiffi? (lacht)<br />

~: Ernie hat ja eine sehr spezielle<br />

Stimme und Lache, Herr Paas, sind Sie<br />

manchmal heiser?<br />

Paas: Nein, ehrlich gesagt nicht. Neulich<br />

sind wir allerdings beide Mal angeschlagen<br />

auf einen Dreh gefahren und<br />

meine Stimme klang dann nachher katastrophal,<br />

dass ich neulich zehn Folgen<br />

mich selbst nachsynchronisieren musste,<br />

was natürlich sehr ärgerlich war.<br />

Haffke: Noch schlimmer als das Nachsynchronisieren<br />

ist übrigens der Spott<br />

der Kollegen! (lacht)<br />

~: Ich habe gelesen, dass man in<br />

Amerika versucht, die Figuren etwas moderner<br />

zu machen. Zum Beispiel denkt<br />

man darüber nach Ernie und Bert ande-<br />

re Pullover anzuziehen. Wie finden Sie<br />

das überhaupt?<br />

Paas: Frau Gantenbrink, Sie müssen jetzt<br />

ganz stark sein: Die Pullover sind festgenäht!<br />

(lacht)<br />

Haffke: Nein, im Ernst: Ich finde, dass<br />

das so ein tolles Kostüm ist, das sollte<br />

man nicht verändern. Das ist so, als wenn<br />

man Charly Chaplin plötzlich ein T-Shirt<br />

anzieht.<br />

Paas: Außerdem haben Ernie und Bert<br />

doch manchmal andere Sachen an:<br />

Schlafanzug, Smoking, Regenmäntel…<br />

~: Okay, ich sag besser nichts mehr<br />

gegen Ernie und Berts Garderobe.<br />

Haffke: Was natürlich schon stimmt, ist,<br />

dass die deutsche Sesamstraße versucht,<br />

auch nach 37 Jahren modern und aktuell<br />

zu bleiben. Und Sie haben insofern Recht,<br />

als dass man in Amerika im Moment wirklich<br />

versucht -soweit ich weiss- über Verbesserungen<br />

nachzudenken, was natürlich<br />

sehr schwierig ist. Denn auf der einen<br />

Seite sollte man Bewährtes bewahren,<br />

auf der anderen Seite ist die heutige<br />

Wirklichkeit der Vorschulkinder natürlich<br />

eine andere als die in den 70ern.<br />

~: Apropos 70er: Als die Sesamstraße<br />

1973 in Deutschland an den Start<br />

ging, waren sich Pädagogen über das<br />

Konzept uneinig. Der Bayrische Rundfunk,<br />

der Bayerische Rundfunk und der<br />

Süddeutsche Rundfunk sowie der Südwestfunk<br />

boykottierten die Kindersendung.<br />

Helmut Oeller, der Fernsehdirektor<br />

des Bayrischen Rundfunks, begründete<br />

seine Ablehnung mit den Worten, die<br />

Szenen aus dem Slum-Milieu kämen<br />

ihm „zu amerikanisch“ vor, weil es „in<br />

Deutschland keine unterprivilegierten<br />

Kinder gebe.<br />

Paas: Ja, ich habe mir gerade auf Ebay<br />

den Spiegel aus der Zeit bestellt, da hatten<br />

Ernie und Bert übrigens eine Titelseite,<br />

das ist ganz süß. Was damals passierte,<br />

ist wirklich sehr interessant gewesen,<br />

denn natürlich war das Konzept<br />

der Sesamstraße zunächst für unterprivilegierte<br />

Kinder gedacht, auch die Sesamstraße<br />

ist ja nicht das feinste Viertel.<br />

Damit hatten manche Sender offensichtlich<br />

ein Problem. Das hat sich zum Glück<br />

mittlerweile gewandelt.<br />

~: Ja, ein halbes Jahr nach dem<br />

Start der Sesamstraße in der Bundesrepublik<br />

lenkte auch der Bayerische Rundfunk<br />

und das Saarland ein. Die Sesamstraße<br />

wurde vom umstrittenen Phänomen<br />

zum weltweiten Erfolg.<br />

Haffke: Mittlerweile sind es 140 Länder,<br />

in denen die Sesamstraße ausgestrahlt<br />

wird.<br />

Paas: Und es gibt wirklich tolle Anpassungen.<br />

Es gibt Puppen mit Kopftüchern<br />

und in Afrika klärt seit 2002 eine HIVpositive<br />

Puppe namens Kami die Kinder<br />

über die Gefahren von Aids auf. Auch<br />

daran wird deutlich, dass die Sesamstraße<br />

keineswegs veraltet ist.<br />

~: Vielen Dank für das Gespräch! #


Verkäuferportrait | Text: Michael Heß | Foto: Sigi Nasner<br />

Der Mann mit der Matte<br />

Verkäufer Günter vorgestellt<br />

Der Mann mit der Matte - heißt es oft<br />

über Verkäufer Günter. Oder: der Verkäufer<br />

mit dem Schalk im Nacken. Unbestritten<br />

gehört Günter Reintke zu den<br />

profiliertesten Verkäufern mit echtem<br />

Alleinstellungsmerkmal. Ein Portrait des<br />

Mannes mit der Matte von ~-Autor<br />

Michael Heß.<br />

_Ab wann ist man Münsteraner? An Günter<br />

dürften sich die Geister scheiden,<br />

denn seit über 50 Jahren wohnt der fast<br />

60-jährige nun an der Aa. Geboren im<br />

niederbayerischen Straubing, zog er mit<br />

sechs Jahren samt Eltern hierher. Gut,<br />

zum Paohlbürger reicht das lange nicht,<br />

aber die Masse der Zugewanderten, die<br />

schlägt er längst aus dem Feld.<br />

_Günters Markenzeichen sind seine langen<br />

Haare. Günter ist hier Überzeugungstäter.<br />

„Zu meiner Matte stehe ich, die<br />

habe ich seit meinem 18. Lebensjahr“,<br />

zeigt er Lebensart und, wer sich die Matte<br />

näher betrachtet, sieht, hier pflegt einer<br />

seine Haarpracht mit Inbrunst. Vom Umstand<br />

abgesehen, dass die meisten Männer<br />

in Günters Alter bestenfalls noch lückenhaften<br />

Bewuchs vorzeigen können.<br />

_Aber wie wird man ~-Verkäufer?<br />

Indem das Leben folgende Geschichte<br />

schreibt: Nach einer Lehre als Einzelhandelskaufmann<br />

schließen sich Jahren<br />

als Gehilfe eines Vermessers sowie als<br />

Auslieferungsfahrer für diverse Firmen<br />

an. Zumindest Münsters Gummibärchenliebhaber<br />

der 70er Jahre stehen in Günters<br />

Schuld, sorgte er damals doch für<br />

die rasche Verteilung des zeitlos beliebten<br />

Naschwerks in die hiesigen Geschäfte.<br />

Auf Gummibärchen steht Günter deshalb<br />

aber noch lange nicht. So geht das<br />

etliche Jahre, bis er 1981 arbeitslos wird<br />

und das auch bleibt. Wir überspringen<br />

die folgenden Jahre und finden Günter<br />

wieder als Gast des Obdachlosentreffs<br />

an der Clemenskirche. Nicht, dass er<br />

ohne Dach überm Kopf gewesen wäre.<br />

„Obdachlos war ich nie“, stellt Günter<br />

klar. Das leckere Essen zieht ihn an und<br />

vielleicht die Kontakte zu anderen. Er<br />

beschließt, seine viele Zeit sinnvoller zu<br />

nutzen und hilft vier Jahre im Treff mit.<br />

Auf ehrenamtlicher Basis für Gotteslohn<br />

sorgt Günter dafür, dass die Dinge zwischen<br />

7 Uhr morgens und 14 Uhr ihren<br />

geregelten Gang gehen. Bis ihn dann<br />

2005 ~-Mutti Sabrina anspricht<br />

und er beginnt, als Zuverdienst Hefte zu<br />

verkaufen. Seitdem betreibt Günter zumeist<br />

vor Karstadt, manchmal auch in<br />

der Salzstraße seine dritte Karriere im<br />

Dienst der ~.<br />

_Als wäre das nicht genug, zeigte die<br />

jüngste Skulpturenschau 2007, wie vielseitig<br />

Günter ist. Im Rahmen der Ausstellung<br />

lief im damaligen Metropolis<br />

ein Endlosfilm mit Szenen rund um und<br />

im Bahnhof. Das typische Flair solcher<br />

Orte eben. Mitten im Film ein Blick auf<br />

einen der Bahnsteige, zwei Polizisten<br />

wachen über die Einhaltung der Gesetze.<br />

Ein näherer Blick zeigt: In den Uniformen<br />

stecken Detlev und Günter von<br />

~. Sie machen ihre Sache gut mit<br />

strengem Blick und souveräner Geste und<br />

wäre es ein Prüfungsgang gewesen,<br />

Günter wäre heute wohl Polizist und die<br />

~-Vermittlungs-Erfolgsstory um<br />

eine Geschichte länger. Es sollte nicht<br />

sein und so bleibt Günter uns erhalten.<br />

_“Ich habe hier eine sinnvolle Beschäftigung<br />

gefunden“, sagt er über seine<br />

heutige Tätigkeit und fügt hinzu: „Es<br />

sind gute Leute bei ~ und<br />

Freundschaften findet man auch.“ In<br />

der warmen Jahreszeit ist er gerne mit<br />

seinem Fahrrad unterwegs, auch auf<br />

längeren Touren durch die Baumberge.<br />

Er hat sich eingerichtet im Leben, sein<br />

Credo: „Ich brauche keinen Mercedes!“<br />

klingt glaubhaft. Zwar stammt Günter<br />

aus Bayern, aber mit Brez'n und Hax'n<br />

braucht man ihm nicht zu kommen.<br />

„Roullade, das ist es!“, benennt er seine<br />

Lieblingsspeise. Dazu ein gepflegtes Bier -<br />

wieviel braucht es denn zum Glücklichsein?<br />

Der Schalk in Günters Wesen macht<br />

ihm manches leichter.<br />

_Nur eines bereitet ihm wirklich Kummer.<br />

Seit 29 Jahren wohnt Günter in einer<br />

kleinen Wohnung in der Dorotheenstraße.<br />

„Ohne richtiges Fenster, nur mit Glasbausteinen“<br />

umreißt er seinen Kummer.<br />

Gerne würde er in der Innenstadt „etwas<br />

Vergleichbares aber mit richtigem Fenster“<br />

beziehen. An pünktlichen Mietzahlungen<br />

soll es nicht scheitern, denn die<br />

leistet er seit 29 Jahren.<br />

_Ein hartnäckiges Gerücht ist jedoch noch<br />

zu korrigieren, dass Günter nämlich Millionär<br />

sei und nur in die Rolle schlüpfe,<br />

um seinen Spaß zu haben. Zuzutrauen<br />

wäre diesem Schalk selbst das, denn<br />

schmunzelnd gesteht freimütig: „So einen<br />

500-Euro-Schein bügele ich doch<br />

immer wieder gerne.“ #<br />

9


10<br />

Bericht | Text: Kathrin Staufenbiel | Foto: Jörg Hüls und Kathrin Stauffenbiel<br />

Big Issue<br />

Ein Einblick in Londons Straßenzeitung<br />

Die Idee, eine Straßenzeitung zu Gunsten<br />

von Obdachlosen ins Leben zu rufen,<br />

stammt nicht aus England, sondern<br />

aus New York. Doch bereits 1991 wurde<br />

diese Idee vom Unternehmer Gordon<br />

Roddick - Mitbegründer der Firma Body<br />

Shop - nach England importiert: Der<br />

Startschuss für die Erfolgsgeschichte der<br />

Londoner Zeitung 'Big Issue'. Heute wird<br />

die Straßenzeitung in ganz England verkauft<br />

und unterstützt derzeit etwa 3.000<br />

Obdachlose. 'Big Issue' wurde zum Vorbild<br />

für viele Obdachlosenzeitungen in<br />

Europa. Für uns Grund genug einmal<br />

nachzuforschen, was genau hinter dem<br />

Phänomen 'Big Issue' steckt. Unsere Autorin<br />

Kathrin Staufenbiel hat sich in Englands<br />

Hauptstadt auf die Suche nach<br />

Antworten gemacht.<br />

_Ihre Blicke hasten durch den Raum.<br />

Schließlich wird Lara McCullagh fündig<br />

und sie bietet mir einen Stuhl an. Die<br />

Britin entschuldigt sich mehrfach dafür,<br />

dass ich so lange auf einen Interviewtermin<br />

warten musste. In letzter Zeit<br />

wäre immer so viel los, erklärt sie und<br />

schaut mich erwartungsvoll und gleichzeitig<br />

etwas unnahbar an. Lara McCullagh<br />

arbeitet nun seit acht Jahren für die Londoner<br />

Straßenzeitung 'Big Issue'. Anfangs<br />

war sie für die Werbung zuständig, jetzt<br />

leitet sie die komplette Öffentlichkeitsarbeit.<br />

McCullagh erscheint noch sehr<br />

jung, fast jugendlich, doch ihr selbstsicheres<br />

Auftreten lässt auf viel Erfahrung<br />

schließen. Die Ungeduld in ihrer Stimme<br />

verfliegt erst bei meiner ersten Frage.<br />

Ausführlich erklärt sie mir, aus welchen<br />

Gründen sie für 'Big Issue' arbeitet: „Es<br />

ist die Arbeit mit so vielen unterschiedlichen<br />

Menschen, die mich wirklich fasziniert“,<br />

meint sie nachdenklich. „Ich<br />

spreche mit Journalisten, mit Firmen und<br />

Organisationen, die in unserer Zeitung<br />

für ihre Zwecke werben wollen und ich<br />

bin im ständigen Austausch mit einigen<br />

Obdachlosen.“<br />

_In London wird 'Big Issue' derzeit von<br />

etwa 500 Obdachlosen verkauft. Die<br />

wöchentlich erscheinende Zeitung bietet<br />

Unterhaltung und sozialkritische<br />

Themen an und erreicht in ganz England<br />

etwa 700.000 Leser und Leserinnen. Die<br />

Obdachlosen kaufen die Zeitung für 75p<br />

pro Exemplar ein und verkaufen diese<br />

für 1,50£. Somit verdienen sie 75p pro<br />

Exemplar. Die Verkäufer können Zeitungen<br />

jedoch nicht mehr zurückgeben. Daher<br />

muss sowohl der Einkauf der Zeitungen<br />

genau geplant als auch der Verkauf so<br />

gestaltet werden, dass am Ende der Woche<br />

kein Exemplar übrig bleibt. Jedem Verkäufer<br />

wird eine festgelegte Verkaufsstelle,<br />

ein so genannter „Pitch“, zugewiesen.<br />

Aus Gründen der Fairness rotiert<br />

diese Zuordnung für die meisten Verkaufsstellen<br />

jedoch wöchentlich.<br />

_Wenn man die 'Big Issue' verkaufen<br />

möchte, muss man erst nachweisen, dass<br />

man in sehr schlechten Wohnverhältnissen<br />

lebt. Daraufhin durchlaufen die zukünftigen<br />

Verkäufer ein kurzes Training<br />

und unterzeichnen schließlich einen Vertrag,<br />

einen 'Code of Conduct'. Dieser Vertrag<br />

bezieht sich auf das Verhalten beim<br />

Verkaufen der Zeitungen. „Es geht ja<br />

schließlich auch um unseren Namen“, erklärt<br />

McCullagh. „Unsere Verkäufer sind<br />

das Herz von 'Big Issue', sie repräsentieren<br />

uns täglich auf den Straßen. Das<br />

muss jedem Verkäufer ganz klar bewusst<br />

gemacht werden.“ Als Willkommensgeschenk<br />

erhält jeder Verkäufer 10 Exemplare<br />

der Zeitung kostenlos.<br />

_Seit 1995 gehört auch eine Wohlfahrtsorganisation<br />

zu 'Big Issue', die den Obdachlosen<br />

zusätzlich zum Verkauf der<br />

Zeitung Hilfe zur Selbsthilfe anbietet. Der<br />

Gewinn, der durch den Verkauf oder<br />

durch die Werbung in der Zeitung entsteht,<br />

wird an diese angegliederte Organisation<br />

weiter geleitet. „Dabei duplizieren<br />

wir jedoch keine bereits bestehende<br />

soziale Einrichtung. Vielmehr geht es<br />

darum, Kontakte zwischen diesen Einrichtungen<br />

und unseren Verkäufern herzustellen“,<br />

so McCullagh. Bei diesen<br />

Hilfsangeboten werden Fragen rund um<br />

Wohnraum, Finanzen oder Gesundheit<br />

besprochen. Den Obdachlosen soll somit<br />

Schritt für Schritt der Weg von der Straße<br />

gelingen. Wie viele Obdachlose dies durch<br />

'Big Issue' tatsächlich erreicht haben,<br />

kann McCullagh nur schwer quantifizie-<br />

ren: „Da wir nicht nach Gründen fragen,<br />

wenn ein Verkäufer nicht mehr für uns<br />

arbeitet, erfahren wir oft gar nicht, wie<br />

es ihnen weiterhin ergangen ist. Doch<br />

natürlich sind es die positiven Geschichten<br />

vieler Menschen, die zusammen genommen<br />

die Erfolgsgeschichte von 'Big Issue'<br />

ausmachen. Das treibt mich jeden<br />

Tag an!“ McCullagh strahlt und vergisst<br />

vielleicht für einen Moment, dass sie für<br />

mein Interview nur eine halbe Stunde<br />

eingeplant hat.<br />

_Die Geschichte von Billie wird beispielsweise<br />

in der neusten Ausgabe der Zeitung<br />

beschrieben. Billie wurde mit 14 Jahren<br />

von seiner Mutter vor die Tür gesetzt und<br />

lebte seitdem auf der Straße, wo er auch<br />

in Kontakt mit Drogen kam. In seinen<br />

Jahren auf der Straße war Billie in insgesamt<br />

96 Strafanzeigen verwickelt. Als<br />

er anfing, die 'Big Issue' zu verkaufen,<br />

war dies für ihn eine Art und Weise, ein<br />

wenig Geld zu verdienen, ohne gleich<br />

wieder der Polizei negativ aufzufallen.<br />

Doch 'Big Issue' konnte ihn schließlich<br />

davon überzeugen, in eine Herberge zu<br />

ziehen, und auch dabei unterstützen,<br />

clean zu werden. Heute verkauft Billie<br />

mit großer Freude die 'Big Issue' und ist<br />

dabei besonders stolz auf seine große<br />

Zahl an Stammkunden.<br />

_'Big Issue' ist auf diese Kundschaft, auf<br />

die Hilfe von kirchlichen Organisationen<br />

und auf Spenden von Einzelpersonen angewiesen.<br />

Von lokalpolitischer Seite erhält<br />

die Zeitung nämlich nur wenig Unterstützung.<br />

„Natürlich ist es für eine<br />

Zeitung nie gut von politischer Seite finanziell<br />

abhängig zu sein, doch etwas<br />

mehr Unterstützung würde ich mir schon<br />

wünschen“, meint McCullagh. „Um möglichst<br />

viel Geld an unsere Wohlfahrtsorganisation<br />

überführen zu können, überlegen<br />

wir uns jedoch ständig neue Spendenaktionen.“<br />

Eine etwas ausgefallenere<br />

Spendenaktion findet nächstes Jahr<br />

statt: 'Big Issue' organisiert eine Fahrradtour<br />

von London nach Berlin. Die Ankunft<br />

dieser Fahrradtour soll übrigens im Olympiastadion<br />

gebührend gefeiert werden.<br />

Die Uhr tickt. Vielleicht auch besonders,<br />

wenn es um einen guten Zweck geht. Ab-


schließend möchte ich von Lara McCullagh<br />

noch wissen, was sie sich für die Zukunft<br />

von 'Big Issue' erhofft. „Ich wünsche mir<br />

noch ein wenig mehr tatkräftige Unterstützung<br />

aus der Bevölkerung. Bei 'Big<br />

Issue' arbeiten in ganz England etwa 120<br />

festangestellte Mitarbeiter. Es wäre schön,<br />

wenn wir noch einige ehrenamtliche Mitarbeiter<br />

für ein paar Stunden pro Woche<br />

hätten. Doch das ist wohl in erster Linie<br />

eine Frage der effektiven Öffentlichkeitsarbeit“,<br />

meint Misses McCullagh schmunzelnd.<br />

_Nach einer guten halben Stunde verlasse<br />

ich das Gebäude, an dessen Hauswand<br />

in großen Lettern 'Big Issue' geschrieben<br />

steht. Nachdenklich steige ich<br />

in einen roten Doppeldeckerbus und lasse<br />

das Gespräch mit Lara McCullagh Revue<br />

passieren. Beim Piccadilly Circus überzeugt<br />

mich das Großstadtflair doch noch<br />

dazu auszusteigen. Ich lasse mich von<br />

der internationalen Menschenmasse treiben.<br />

In der Nähe des St. James Parks treffe<br />

ich völlig unerwartet auf einen Verkäufer<br />

von 'Big Issue'. Ich erwerbe bei ihm eine<br />

Ausgabe und setzte mich dann eine Weile<br />

zu ihm. Rod, 32, arbeitet seit März dieses<br />

Jahres für 'Big Issue'. Seine Hundedame<br />

Minie unterstützt ihn dabei. „'Big Issue'<br />

ist schon eine super Sache. Vielen Menschen<br />

hat es wirklich geholfen“, sagt Rod.<br />

„Allerdings dauert es auch sehr lange, bis<br />

man wirklich Fortschritte macht und man<br />

ein bisschen mehr Geld in der Tasche<br />

hat.“ Das Hauptproblem sieht Rod im<br />

Preis der Zeitung, der zu hoch sei und<br />

seiner Meinung nach viele potentielle<br />

Käufer abschreckt. Schließlich frage ich<br />

auch ihn danach, was er sich für 'Big Issue'<br />

wünscht. Für einen Moment ist Stille.<br />

Rod schaut gedankenverloren den<br />

Schuhpaaren zu, die vor uns durch den<br />

Abend laufen. Dann erleuchtet sich sein<br />

Gesicht zusehends und er entgegnet leise,<br />

aber bestimmt: „Ich würde mir wünschen,<br />

dass Obdachlose auch an mehreren<br />

Stellen bei der Herstellung der Zeitung<br />

tätig sein können und nicht nur<br />

beim Verkauf. In jeder Zeitung ist zwar<br />

eine Seite von einem Obdachlosen geschrieben.<br />

Das ist gut, könnte aber viel<br />

mehr sein.“ #<br />

Anzeige<br />

11


12<br />

Bericht | Text: Horst Gärtner<br />

Eine Stimme für die Wohnungslosen<br />

Die Arbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe Münster<br />

Wohnungslosigkeit kennt viele Gesichter,<br />

komplex sind meist die individuellen<br />

Problemlagen der Betroffenen, besonders<br />

für alleinstehende Wohnungslose<br />

ist oft das harte Ende eines langen<br />

Elendskreislaufes erreicht. Deshalb äußert<br />

sich auch die Betreuung und Hilfe<br />

für Wohnungslose mannigfaltig, eine<br />

stattliche Anzahl von Institutionen und<br />

Trägern bietet Beratung und Beistand<br />

an. Damit sich diese Angebote zu einem<br />

ineinander greifenden sozialen Netzwerk<br />

verknüpfen, bedarf es einer guten<br />

Koordination der Bemühungen. Die<br />

Grundlage für eine fruchtbare Zusammenarbeit<br />

im Bereich der Wohnungslosenhilfe<br />

wird in Münster durch die<br />

Arbeit der Arbeitsgemeinschaft gelegt.<br />

~ sprach mit Bernd Mühlbrecht,<br />

seit über 15 Jahren Sprecher dieser Arbeitsgemeinschaft<br />

und Leiter des Hauses<br />

der Wohnungslosenhilfe (HdW).<br />

_Die Initiative zur Gründung dieser Arbeitsgemeinschaft<br />

ging aus der Sozialgesetzgebung<br />

hervor. Dort schreibt der<br />

Gesetzgeber fest, dass die staatlichen<br />

Träger der Sozialhilfe mit Vereinigungen<br />

und Stellen, die sich die gleichen Aufgaben<br />

zum Ziel gesetzt haben, wirksam zusammenarbeiten<br />

sollen. Um diesen nackten<br />

Buchstaben des Gesetzes hierzulande<br />

Atem einzuhauchen, wurde die<br />

Arbeitsgemeinschaft ins Leben gerufen,<br />

um das Gespräch der verschiedenen Akteure<br />

untereinander zu fördern, die Hilfen<br />

abzustimmen, Bedarfslücken zu erkennen<br />

und gegebenfalls soziale und<br />

gesundheitliche Hilfen bei den zuständigen<br />

Stellen anzuregen. Doch die Arbeitsgemeinschaft<br />

in Münster ist heute<br />

mehr als die bloße Umsetzung dieses gesetzlichen<br />

Auftrages, denn eine ganze<br />

Reihe von Menschen ohne Obdach bezieht<br />

gar keine Sozialhilfe, muss aber in<br />

die Planungen und die Überlegungen<br />

zur Verbesserung der Situation einbezogen<br />

werden.<br />

_Die Arbeitsgemeinschaft bietet eine<br />

Plattform für Gespräche und Gedankenaustausch<br />

zur Entwicklung von Initiativen<br />

und neuen Ideen. „In den letzten<br />

Jahren hat es eine ganze Reihe von Re-<br />

formen gegeben, die diesen Sozialbereich<br />

unmittelbar betreffen oder ihn auf<br />

jeden Fall berühren. Insofern erfüllt das<br />

monatliche Treffen der Arbeitsgemeinschaft<br />

eine ganz wichtige Informationsund<br />

Abstimmungsaufgabe. Wir haben<br />

deshalb auch immer wieder Gäste der<br />

jeweiligen Fachdisziplinen bei uns: Vertreter<br />

der Krankenkassen, des Arbeitsamtes,<br />

der ARGE, des Sozialamtes und<br />

vieler anderer Stellen. Hier ist es Aufgabe<br />

der Arbeitsgemeinschaft, das Anliegen<br />

Wohnungsloser rechtzeitig zur Geltung<br />

zu bringen, immer dann, wenn es<br />

Entwicklungen und Planungen gibt, bei<br />

denen die Interessen und Belange wohnungsloser<br />

Menschen berührt werden“,<br />

erklärt Bernd Mühlbrecht. So wirkt die<br />

Arbeitsgemeinschaft 'Wohnungslosenhilfe<br />

Münster' im Beirat von ARGE und Sozialamt,<br />

im Arbeitskreis „Ordnungspartnerschaft“<br />

(Hauptbahnhof/Drogen) und<br />

im Arbeitskreis „Psychiatrie“ mit. „Auf<br />

diese Weise können wir auf Entwicklungen,<br />

die die Situation wohnungsloser<br />

Menschen betreffen, möglichst präventiv<br />

und gestalterisch einwirken“, ergänzt<br />

der Sprecher des Gremiums.<br />

_Auch die Öffentlichkeit- und Lobbyarbeit<br />

nimmt einen großen Raum im Aufgabenspektrum<br />

des Arbeitskreises ein.<br />

Bernd Mühlbrecht erläutert dazu: „Hier<br />

nehmen wir auch Möglichkeiten wahr,<br />

uns an überregionalen Aktivitäten wie<br />

der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe<br />

zu beteiligen. Hand in<br />

Hand mit anderen nehmen wir so Einfluss<br />

auf aktuelle Schwerpunktthemen,<br />

die für die Gestaltung des Zusammenlebens<br />

im öffentlichen Raum von Bedeutung<br />

sind. Wir waren zusammen mit anderen<br />

auch beteiligt, als die Landesregierung<br />

das Programm 'Wohnungslosigkeit<br />

vermeiden - Wohnraum sichern'<br />

abschaffen wollte und dieser Plan durch<br />

die gebündelten Aktivitäten vieler Kräfte<br />

zu Fall gebracht werden konnte.“ Gerade<br />

in diesen Wochen mit den für Wohnungslose<br />

bedrohlichen Minustemperaturen<br />

wird deutlich, wie wichtig es ist,<br />

die Öffentlichkeit auf besonders problematische<br />

Situationen immer wieder aufmerksam<br />

zu machen, Gespräche mit der<br />

Politik und mit anderen Verantwortlichen<br />

anzuregen, um die brennende Aktualität<br />

des Themas „parzielle Wohnungsnot<br />

und Wohnungsversorgung“<br />

nachhaltig ins öffentliche Bewusstsein<br />

zu rufen.<br />

_Auf die Frage, welche Gruppen, Institutionen<br />

und Träger im Arbeitskreis zusammenarbeiten,<br />

entgegnet B. Mühlbrecht:<br />

„Eine Vielzahl von Institutionen<br />

unterschiedlichster Provenienz beteiligt<br />

sich an den Aktivitäten unseres Gremiums.<br />

Die Arbeitsgemeinschaft bietet ein<br />

willkommenes Forum, um die Profile<br />

der verschiedenen Hilfsangebote einander<br />

vorzustellen, so dass in der praktischen<br />

Zusammenarbeit alle davon profitieren<br />

können. Es engagieren sich bei<br />

uns Einrichtungen wie die Bischof-Hermann-Stiftung<br />

mit dem Kettler- und<br />

dem Christopherushaus, der Sozialdienst<br />

katholischer Frauen, die Diakonie, die<br />

'Pension Plus' gGmbH, der 'Chance' e.V.,<br />

der 'Verein integrativer Projekte' (VIP),<br />

dessen Augenmerk der Straffälligenhilfe<br />

gilt, der Verband sozialtherapeutischer<br />

Einrichtungen (VSE), der Treffpunkt Loerstraße/Misericordia,<br />

die Bahnhofsmission,<br />

das Selbsthilfeprojekt Reinhold<br />

Hach/SKM, der Ordensarbeitskreis, die<br />

Bewährungshilfe Münster und nicht zuletzt<br />

die Stadt Münster mit der Fachstelle<br />

für Wohnungslosenhilfe, die den wichtigen<br />

Brückenschlag zum 'Amt' und zu<br />

diversen Fachämtern der Stadtverwaltung<br />

sicher stellt.“<br />

_Die Erfolge dieser Arbeitsgemeinschaft<br />

können sich wirklich sehen lassen, meint<br />

~. Weiter so! #<br />

~ Mitarbeiter (fest angestellt)<br />

sucht dringend 1-2 Zimmer Wohnung<br />

bis 350 Euro warm<br />

Hundehaltung erwünscht.<br />

0251/ 4909118


Bericht | Text und Foto: Sabrina Kipp<br />

Alex kommt<br />

Nicht normkonform!<br />

Eigentlich ist die Wende Schuld am Lebensweg<br />

von ~-Verkäufer Alex.<br />

Geboren 19<strong>80</strong> in Gera, aufgewachsen in<br />

Dessau, ist seine kleine Welt in Ordnung.<br />

Zwar hat sich der Vater aus dem Staub<br />

gemacht, als Alex gerade vier Jahre alt<br />

war, aber das Leben mit Mutter und<br />

Schwester lässt nichts zu wünschen übrig.<br />

Die Mutter, eine gelernte Krankenschwester,<br />

hat Arbeit in einer Magnetbandfabrik.<br />

Das Auskommen ist gesichert.<br />

Dann kommt die Wende. Ein einschneidendes<br />

Erlebnis im Leben des damals<br />

Neunjährigen. Sabrina Kipp hat er<br />

erzählt, wie die Wiedervereinigung sein<br />

Leben verändert hat.<br />

_“Nachdem die Mauer gefallen war, wurde<br />

meine Mutter wie fast alle anderen in<br />

unserer Gegend arbeitslos“, erinnert sich<br />

Alex, der mit vollem Namen Alexander<br />

heißt. Nach langer Suche ergibt sich ein<br />

Arbeitsangebot, allerdings weit weg von<br />

der lieb gewonnenen Heimatstadt. Die<br />

Mutter zieht nach Celle, um ein Jobangebot<br />

als Krankenschwester anzunehmen.<br />

Da Alex mit inzwischen 12 Jahren<br />

noch schulpflichtig ist, lässt sie ihn allein<br />

in der Wohnung zurück. „Natürlich ging<br />

das nicht gut. Ich habe die Situation natürlich<br />

gnadenlos ausgenutzt und wir haben<br />

nur Blödsinn gemacht. Welcher 12-<br />

Jährige hat schon 'dauersturmfrei'?“,<br />

erzählt der junge Mann mit dem bunten<br />

Haarschopf. Nach vier Monaten war dann<br />

Schluss. Die Mutter holt den Jungen zu<br />

sich in die fremde Stadt. Hier fühlt Alex<br />

sich fremd, hat keine Freunde, findet nur<br />

schwer Anschluss. „Ich wollte da nicht<br />

bleiben. Immer wieder bin ich abgehauen,<br />

zurück nach Dessau“, sagt Alex. Zuweilen<br />

war er drei Monate lang unterwegs.<br />

Auf der Straße, bei Freunden, irgendwie<br />

schlägt er sich durch. Weil er die<br />

Schule nicht besucht, schaltet sich das<br />

Jugendamt ein. Es folgt ein Hilfeplangespräch<br />

und er wird vor die Wahl gestellt:<br />

Entweder bleibt er in Celle bei der<br />

Mutter oder in Dessau im Kinderheim. Da<br />

die Mutter inzwischen ein Alkoholproblem<br />

hat, zieht Alex das Heim vor. Doch<br />

auch hier gibt es Probleme. Alex ist nicht<br />

„normkonform“, schwimmt immer gegen<br />

den Strom. Schwänzt die Schule, färbt<br />

sich die Haare bunt. Mit 14 wird er in ein<br />

Heim nach Kropstett verlegt. „Das war<br />

am Arsch der Welt. Ein ganz kleines Kaff,<br />

jenseits von Gut und Böse. Da konnteste<br />

gar keine Scheiße bauen“, grinst er.<br />

Tatsächlich schafft er es in der Einöde<br />

seinen Realschulabschluss erfolgreich<br />

zu bestehen. Inzwischen wohnt er in<br />

einer eigenen kleinen Wohnung, wird<br />

vom Heim aber weiterhin betreut. Seine<br />

Mutter ist zwischenzeitlich nach München<br />

umgezogen. Alex verbringt regelmäßig<br />

seine Ferien bei ihr und nach der<br />

Schule zieht er ebenfalls in den Bayrischen<br />

Freistaat. „Gemacht hab ich da<br />

eigentlich nix, nur rumgegammelt“, gesteht<br />

er.<br />

_Dann wird seine Mutter schwer krank.<br />

Krebs heißt die niederschmetternde Diagnose.<br />

Im Frühling 2000 stirbt sie mit nur<br />

45 Jahren. Für Alex bricht eine Welt zusammen.<br />

Jeder Halt scheint verloren. Er<br />

beginnt zu trinken, probiert sich in Drogen<br />

aus, macht Schulden. „Irgendwann<br />

saß ich so tief in der Scheiße, dass ich<br />

mich nirgendwo mehr sehen lassen konnte“,<br />

erinnert er sich. Auch die Wohnung<br />

wird ihm gekündigt. Als er in Kontakt<br />

mit einer Drückerkolonne kommt,<br />

schließt er sich dort an und landet in Haltern.<br />

Doch das Leben hat er sich dort<br />

auch anders vorgestellt. Es gibt keine<br />

Freizeit, keine Privatsphäre. Kurzerhand<br />

packt Alex seine sieben Sachen und verschwindet.<br />

Jetzt ist er das erste Mal richtig<br />

auf der Straße, pennt mal hier mal<br />

da, macht Platte. Kreuz und quer durch<br />

das Ruhrgebiet führt sein Weg, bis nach<br />

Hamm. Hier findet er über einen alten<br />

Freund endlich wieder eine eigene Wohnung<br />

in der Beukenbergstraße. Hier wohnen<br />

viele gleichgesinnte Punks, Alex findet<br />

Anschluss. Irgendwann ist er in Münster<br />

und lernt ein Mädchen kennen. Weil<br />

diese wohnungslos ist und nicht aus<br />

Münster weg will, geht Alex aus Liebe<br />

und Beschützerinstinkt zurück auf die<br />

Straße. Die Beziehung hält 18Monate,<br />

danach steht er wieder allein vor dem<br />

nichts. Vor einiger Zeit kam Alex dann<br />

zur ~. Durch den Verkauf der Zeitung<br />

und den Kontakten, die dadurch<br />

zustande kommen, findet der heute 29-<br />

Jährige wieder ein wenig Halt und Struktur<br />

in seinem Leben. „~-Verkaufen<br />

macht mir Spaß. Vor allem, weil ich<br />

verkaufen kann, wann ich will. Zwänge<br />

finde ich zum Kotzen!“, sagt der Punk<br />

und fügt hinzu: „Jetzt fehlt mir nur noch<br />

ein eigenes Zimmer!“ #<br />

Wer Alex bei der Zimmersuche helfen<br />

kann, meldet sich unter 0251/4909118<br />

Diese Seite wurde gesponsert vom Zoodirektor Jörg Adler<br />

13


14<br />

Bericht | Text und Fotos: Sigi Nasner<br />

Erfolgsmodell Chance e.V.<br />

Neuer Standort: Friedrich-Ebert-Straße<br />

Viele Menschen werden den Chance e.V.<br />

bereits kennen, der sich unter anderem<br />

um aus der Haft entlassene Menschen<br />

und deren Angehörige kümmert<br />

und zu diesem Zweck eine Entrümpelungsfirma<br />

mit angeschlossenem Möbel-Trödel-Projekt<br />

betreibt. Weil das<br />

Mietverhältnis des Vereins am Bohlweg<br />

beendet wurde, fand er ein neues, zentral<br />

liegendes Domizil in der Friedrich-<br />

Ebert-Straße 15. Sigi Nasner sprach am<br />

neuen Standort mit Rainer Wick, dem<br />

hauptamtlichen Geschäftsführer des<br />

Vereins.<br />

_Für Menschen, die aus der Haft entlassen<br />

werden, ist es oft sehr problematisch,<br />

wenn sie mit dem, was auf sie zukommt<br />

- den ganzen Amtsgängen und<br />

der Job- und Arbeitssuche -, allein gelassen<br />

werden. Nicht nur, dass sie schnell<br />

mit der Situation überfordert sein können,<br />

sondern sie sind auch oft willkürlichen<br />

Angriffen durch Menschen ausgesetzt,<br />

die kein Verständnis für sie aufbringen<br />

können oder wollen. Durch die<br />

dadurch ausgelöste Frustration ist bei<br />

den Betroffenen die Gefahr eines Rückfalls<br />

in alte Verhaltensmuster sehr groß<br />

und damit eine erneute Inhaftierung fast<br />

vorprogrammiert. Um einer solch ungünstigen<br />

Entwicklung entgegenzuwirken,<br />

wurde 1987 der Verein Chance e. V. gegründet.<br />

„Egal, ob es sich dabei nun um<br />

Haftentlassene, Nochhäftlinge, Leute, die<br />

von Haft bedroht sind oder auch die Angehörigen<br />

solcher Menschen handelt, der<br />

Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht,<br />

all diesen Menschen zu helfen“, erklärt<br />

Rainer Wick, der Geschäftsführer des Vereins.<br />

_Ein erheblicher Teil der beratenden Tätigkeiten<br />

besteht in einer Art Übergangsmanagement<br />

für die Häftlinge beim Gang<br />

vom Knast in die Freiheit. Das bedeutet,<br />

dass die Gefangenen im Knast von Mitabeitern<br />

des Vereins besucht und durch<br />

Gespräche auf die Entlassung vorbereitet<br />

werden. In diesen Gesprächen wird<br />

überlegt, was die Entlassenen nach ihrer<br />

Entlassung als erstes benötigen, was für<br />

Probleme auf sie zukommen könnten<br />

und wo der Verein die Betroffenen bei<br />

der Bewältigung dieser Problematik unterstützen<br />

kann. „Wenn die Leute rauskommen,<br />

haben sie keine Wohnung.<br />

Außerdem haben sie kein Geld“, meint<br />

Rainer Wick. „Wir helfen dann bei den<br />

Fragen: Wo kriegst du dein Geld her und<br />

wo könntest du wohnen? Als wir im Jahr<br />

2007 unser 20-jähriges Bestehen feierten,<br />

trat die Leiterin der JVA Münster als<br />

Festrednerin auf und äußerte sich sehr<br />

positiv über die Zusammenarbeit mit<br />

Chance e.V. Schließlich kann nur ein derart<br />

gutes Verhältnis dafür sorgen, dass<br />

man den Leuten, um es die letztendlich<br />

geht, auch wirklich entsprechend helfen<br />

kann.“<br />

_Nachdem die Beratungsstellen eingerichtet<br />

waren, wurden zusätzlich die Entrümplungs-<br />

und Verkaufsfirmen Möbelrampe<br />

und Möbeltrödel gegründet. Dort<br />

hatten die betroffenen Ex-Häftlinge<br />

auch eine reelle Chance, sich in so genannten<br />

Arbeitsgelegenheiten (früher<br />

ABM) wieder an das Berufsleben außerhalb<br />

der Gefängnismauern zu gewöhnen.<br />

„Grundsätzlich muss man sagen,<br />

dass diese Maßnahmen des zweiten Arbeitsmarkts<br />

den Menschen sehr helfen,<br />

wieder Fuß zu fassen, und sie vorbereiten<br />

für den ersten Arbeitsmarkt. Wir haben<br />

heute eine Vermittlungsquote, die<br />

bei ungefähr 30 bis 40% liegt. Ich bin<br />

von solchen Maßnahmen überzeugt“,<br />

sagt Rainer Wick.<br />

_Die negative Entwicklung auf dem deutschen<br />

Arbeitsmarkt brachte es mit sich,<br />

dass auch verstärkt Nichthäftlinge in die<br />

Beschäftigungsprojekte des Vereins integriert<br />

wurden. „Wir halten es für sehr<br />

wichtig, uns auch um die Langzeitarbeitslosen<br />

zu kümmern“, so Wick. „Bei<br />

uns werden diese in guter Zusammenarbeit<br />

mit der ARGE mit den Exhäftlingen<br />

gemeinsam ebenso arbeitstechnisch vorbereitet,<br />

sozial betreut und unterstützt.<br />

Und so haben auch sie wieder gute Aussichten,<br />

einen festen Job auf dem ersten<br />

Arbeitsmarkt zu finden.“ Sind die ersten<br />

Hürden genommen, ist vielleicht schon<br />

eine Arbeit gefunden und ein wenig Normalität<br />

eingekehrt, kann ein Schritt weitergegangen<br />

werden. Die Betroffenen<br />

können bei Bedarf durch die vereinseigene<br />

Schuldnerberatung bei der Bewältigung<br />

eventueller Schulden, die sich<br />

oft über Jahre angehäuft haben und im<br />

Gefängnis nur „auf Eis gelegt“ waren,<br />

unterstützt werden.<br />

_Neben der genannten Sozial- und der<br />

Schuldnerberatung hat der Verein auch<br />

noch eine spezielle berufliche Beratung,<br />

die so genannte MABiS.NeT (Marktorientierte<br />

Ausbildungs-und Beschäftigungsintegration<br />

für Strafentlassene) im Angebot.<br />

Dort wird versucht, ehemalige<br />

Häftlinge innerhalb eines halben Jahres<br />

auf dem ersten Arbeitsmarkt, aber zumindest<br />

erst einmal überhaupt in Arbeit<br />

zu vermitteln. „Entweder bekommen<br />

wir aus dem Gefängnis die Information,<br />

dass jemand entlassen wird oder entlassen<br />

worden ist, oder wir gehen in<br />

die Gefängnisse“, meint Wick. „Hier in<br />

der JVA Münster machen wir auch Gruppenveranstaltungen.<br />

Wir gehen in die<br />

Knäste, befragen die Insassen. Und jene,<br />

die Interesse bekunden, vermerken wir<br />

und beginnen dann mit unseren Vermittlungsbemühungen.“<br />

Für diese Vermittlungstätigkeiten<br />

arbeitet Chance e.V. mit<br />

etlichen Zeitarbeitsunternehmen Hand<br />

in Hand, durch die die Betroffenen auf<br />

dem ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden<br />

können. Es gibt aber auch etliche<br />

Kontakte zum zweiten Arbeitsmarkt. Da<br />

wird geschaut, ob das, was die Unternehmen<br />

suchen, zu dem passt, was ver-


mittelt werden kann. „Wenn die Arbeitssuchenden<br />

es wollen, begleiten unsere<br />

Berater sie natürlich auch bei den Bewerbungsgesprächen“,<br />

berichtet Wick,<br />

„die telefonische Absprache mit den<br />

möglichen Firmen und Betrieben findet<br />

aber auf jeden Fall statt. Allein schon um<br />

eine eventuelle Stigmatisierung der arbeitssuchenden<br />

ehemaligen Häftlingen<br />

zu vermeiden.“ Außerdem gibt es bei<br />

Chance e.V. noch den „Jobcoach“: Das<br />

sind Sozialarbeiter, die die durch Chance<br />

e.V. auf dem zweiten Arbeitsmarkt vermittelten<br />

Beschäftigen sozialpädagogisch<br />

betreuen. Sie versuchen bestehende Vermittlungshemmnisse<br />

bei den Beschäftigten<br />

abzubauen und sorgen dafür, dass,<br />

wer will, sich zusätzlich qualifizieren<br />

kann. Damit steigen natürlich die Chancen<br />

auf Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt<br />

erheblich.<br />

_Zusätzlich besitzt der Verein in Sprakel<br />

ein Haus, in dem Haftentlassene für eine<br />

Übergangszeit von etwa drei bis maximal<br />

sechs Monate wohnen können, bis sie<br />

eine eigene Wohnung gefunden haben.<br />

Dort stehen den Betroffenen vier voll<br />

möblierte Zimmer sowie Gemeinschaftsräume<br />

und Küche zur Verfügung. Als<br />

jüngstes Projekt betreibt der Verein seit<br />

Mitte 2009 das so genannte ‘teilstationäre<br />

Wohnen’. „In dieser Einrichtung leben<br />

bis zu zwölf Personen, die für einen<br />

Großteil, aber nicht während des ganzen<br />

Tages vor Ort betreut werden“, so der Geschäftsführer.<br />

Die Leute wohnen in zwei<br />

Wohngemeinschaften mit je sechs Plätzen.<br />

Diese Wohnungen haben die Leute<br />

selbst angemietet. Die Betreuer haben<br />

im Haus ein Büro, in dem sie den Bewohnern<br />

bei der Beantwortung von Fragen<br />

und Bewältigung von Problemen zu<br />

festgelegten Zeiten zur Verfügung stehen.<br />

Dieses neue betreute Wohnen wurde aufgebaut,<br />

weil sich herausgestellt hat, dass<br />

die Haftentlassenen immer mehr Probleme<br />

haben „draußen“ wieder Fuß zu<br />

fassen. Besonders nach einer mehrjährigen<br />

Haftstrafe tauchen oft sehr große<br />

Schwierigkeiten im Bereich der Selbstständigkeit<br />

auf. Die meisten sind nicht<br />

mehr in der Lage, sich eine Arbeit zu suchen<br />

und für die wesentlichen Leben-<br />

grundlagen zu sorgen. Schon für den<br />

Durchschnittsbürger, der nicht im Knast<br />

gesessen hat, ist das Leben heutzutage<br />

in seiner immer mehr zunehmenden<br />

Komplexität sehr schwer zu bewältigen.<br />

Da hat es jemand, der über lange Jahre<br />

hinweg vor der Welt abgeschottet war,<br />

noch weitaus schwerer. „Der Tagesablauf<br />

eines Häftlings war 100% klar durchstrukturiert.<br />

Er hatte im Knast das zu tun,<br />

was man ihm sagt, und nun ist er plötzlich<br />

wieder draußen“, meint Wick. „Der<br />

weiß doch oft gar nicht, wie er seine<br />

wiedererlangte Selbstständigkeit alleine<br />

bewerkstelligen soll.“ Im neuen Wohnprojekt<br />

können die Betroffenen bis zu<br />

16 Monaten wohnen. Nach dieser Zeit<br />

sollten sie wieder fit genug sein, um ohne<br />

Hilfe klar zu kommen, mindestens<br />

aber soweit, dass sie dann in weniger<br />

intensiv betreute Wohneinrichtungen<br />

weitervermittelt werden können.<br />

_Die Beschäftigungsbereiche im eigenen<br />

Haus, sprich Möbeltrödel und Möbelrampe,<br />

die nun nach dem Umzug in die Friedrich-Ebert-Straße<br />

15 zusammengelegt<br />

wurden, ist ein wichtiges Standbein des<br />

Vereins. Der organisatorische Aufwand<br />

für die beiden ehemaligen Läden an den<br />

verschieden Standorten war sehr umfangreich.<br />

Zudem wurde die Möbelrampe<br />

an der Dieckstraße - sie war in einem<br />

Kellerlager im Hinterhof untergebracht -<br />

nicht optimal wahrgenommen. „Wir sitzen<br />

nun an der Straße und nicht mehr<br />

im Hinterhof“, so Geschäftsführer Rainer<br />

Wick. „Man wird uns zukünftig besser<br />

wahrnehmen und mehr beachten. Hier<br />

im neuen Laden ist etwas Tolles geschaffen<br />

worden. Zwar herrscht immer noch<br />

dieses Trödel-Ambiente wie früher vor,<br />

schließlich kommen die Leute her, weil<br />

sie auch gerne trödeln und Schnäppchen<br />

suchen, es hat aber nicht mehr diesen<br />

etwas unangenehmen Kramladen-Touch,<br />

diese dunkle Keller-Atmosphäre wie in<br />

der Dieckstraße. Hier ist es hell und sehr<br />

freundlich, die Leute fühlen sich gleich<br />

viel wohler.“ Die zukünftigen Büros des<br />

Vereins werden übrigens gleich nebenan<br />

in der Friedrich-Ebert-Straße 7 eingerichtet.<br />

_Erwähnenswert wäre noch, dass der<br />

Verein auch einen eigenen Verlag besitzt.<br />

In ihm werden Bücher zum Thema<br />

Haft und Haftentlassung mit vielen Tipps<br />

und Informationen für Betroffene angeboten.<br />

Vor allem aber hat der Verlag den<br />

bundesweit ersten Ratgeber für Angehörige<br />

von Inhaftierten herausgegeben.<br />

_Dass der Verein Chance e.V. wahrhaft<br />

ein Erfolgsmodell ist, dafür sprechen folgende<br />

Zahlen: Im Laufe seines über 20jährigen<br />

Bestehens haben über 7.000<br />

Häftlinge oder deren Angehörige die<br />

Hilfe des Vereins in Anspruch genommen,<br />

weit über 1.000 Personen waren<br />

in den hauseigenen Arbeitsprojekten<br />

beschäftigt. #<br />

Am 19. Februar findet an der<br />

Friedrich-Ebert-Straße 15 die große<br />

Eröffnungsfeier am neuen Standort des<br />

Chance e.V. statt. Alle interessierten<br />

Menschen sind herzlich eingeladen.<br />

Anzeige<br />

15


16<br />

Bericht | Text und Foto: Michael Heß<br />

Wenn nichts mehr geht<br />

Alkoholverbotszonen in Münster?<br />

Lange Zeit zogen auf Münsters städtischen<br />

Partymeilen Anwohner und Gastwirte<br />

an einem Strang. Die problematische<br />

Paarung erforderte von allen Beteiligten<br />

ein hohes Maß an Einsichten.<br />

Damit scheint es nun vorbei zu sein. In<br />

jüngster Zeit eskaliert der Streit Anwohner<br />

gegen Gastwirte nämlich gleich an<br />

mehreren Stellen der Innenstadt. Das<br />

Problem erörtert ~-Autor Michael<br />

Heß.<br />

_Die Innenstadt wandelt sich zur Erlebniszone.<br />

Nach dem Shopping winkt das<br />

Vergnügen in Gestalt vielfältiger Gastronomie<br />

mit Erlebnischarakter bis in die<br />

Puppen. Entsprechend hat sich die Außengastronomie<br />

ausgeweitet. Noch vor<br />

zehn Jahren war Außenbestuhlung wie<br />

vor Stuhlmacher am Prinzipalmarkt die<br />

Ausnahme. Das ist längst vorbei. In der<br />

gesamten Innenstadt rücken die Stuhlreihen<br />

von Jahr zu Jahr vor. Oftmals bleibt<br />

zu Mauern oder Bordsteinkanten kaum<br />

Platz für Passanten. Das Geschäft boomt,<br />

die Geräuschkulisse steigt und auch andere<br />

Belästigungen nehmen zu. Alle<br />

Nachtschwärmer gehen irgendwann, die<br />

Gastronomen machen Kasse und fahren<br />

ins ruhige Heim, die ruhebedürftigen Anwohner<br />

müssen bleiben. Und die nächste<br />

laute Nacht kommt so sicher wie das<br />

Amen in der Kirche. So geht es am Alten<br />

Fischmarkt, im Kuhviertel, im Umfeld der<br />

Partymeile am Hafen (zugegeben, dort<br />

hat sich die Situation etwas entspannt).<br />

_Grundsätzlich geht es um die Frage, wie<br />

viel Lärm und Unrat ein Wohngebiet speziell<br />

in den Ruhezeiten erträgt. Es ist nicht<br />

nur ein lokales Problem und auch nicht<br />

neu. Schon 1999 stellte das Berliner Straßengesetz<br />

den öffentlichen Konsum von<br />

Alkohol unter Androhung eines Ordnungsgeldes<br />

sowie Platzverweises. Diese Bestimmung<br />

wurde zwar 2006 wieder aufgehoben,<br />

aber dafür erwärmten sich andere<br />

deutsche Städte wie Bamberg, Erfurt,<br />

Magdeburg und Marburg für derartige<br />

Regelungen. Besonderes Aufsehen<br />

erregte im vorigen Jahr das südbadische<br />

Freiburg, das schon seit Januar 2009<br />

öffentlichen Alkoholkonsum in der Innenstadt<br />

verbot. Auf die Klage eines Jurastudenten<br />

kassierte das zuständige Verwaltungsgericht<br />

im Juli die städtische<br />

Verfügung. Dies geschah aber nur wegen<br />

der zu pauschalen Formulierung des Freiburger<br />

Verbots, konkrete Maßnahmen<br />

gegen konkrete Auswüchse wären nach<br />

Ansicht des Gerichtes nämlich statthaft.<br />

Kein Wunder also, wenn selbst der Deutsche<br />

Städtetag als Dachverband der bundesdeutschen<br />

Kommunen die verstärkte<br />

Nutzung von Alkoholverbotszonen<br />

empfiehlt. Denkbar sind auch das Verbot<br />

von Flatrate-Partys und vorgezogene<br />

Sperrstunden - das alles wird noch in<br />

Münster seinen Auftritt bekommen.<br />

_Zurück also in die westfälische Metropole.<br />

Im Hansaviertel eskalierte der Konflikt<br />

schon vor Jahren zeitgleich mit der<br />

Etablierung des nahe liegenden Kreativ-<br />

Kais. Neuerdings sind das Kuhviertel sowie<br />

die Bereiche um die Hörster Straße<br />

und um den Alten Fischmarkt betroffen.<br />

Mit dem wachsenden Zuspruch durch die<br />

Nachtschwärmer erhöhten sich auch die<br />

Belastungen durch Alkoholmissbrauch<br />

und Gewalt. Wechselseitig erfolgen heute<br />

die Schuldzuweisungen zwischen Anwohnern<br />

und Wirten. Die einen wollen mehr<br />

Ruhe, die anderen mehr Geschäft. Die<br />

einen wollen die Wirte in der Pflicht sehen,<br />

die anderen wehren sich gegen Pauschalierungen<br />

und machen immerhin<br />

eigene Vorschläge zur Verbesserung der<br />

Situation. So sollen Ordnungsdienste für<br />

gesittete Zustände im Kiez sorgen oder<br />

mehr Mitarbeiter des Ordnungsamtes<br />

und Polizisten. Doch Stadt und Polizei<br />

winken ab. Die dünne Personaldecke<br />

lässt weitere Abstellungen gar nicht zu<br />

und von den Wirten organisierte, private<br />

Ordnungsdienste dürfen im Grunde gar<br />

nichts machen. Lachende Dritte sind einmal<br />

mehr die Feierlustigen. Sie sehen sie<br />

sich in keiner Pflicht, denn sie verlassen<br />

den Ort des Unfriedens ohne Unrechtsbewusstsein.<br />

Woher sollten sie das auch haben,<br />

wenn keiner die nötige Sensibilität<br />

erzeugt?<br />

_Politische Unterstützung für die geplagten<br />

Anwohner ist rar. Noch vor der Kommunalwahl<br />

bezog vor allem die UWG Position<br />

pro Anwohner. Nutzen tat es nichts,<br />

die Unabhängigen wurden dennoch abgewählt.<br />

Wenigstens fiel das Thema nach<br />

der Wahl nicht komplett durch den Rost.<br />

Mit Dr. Dietmar Erber machte sich im Oktober<br />

2009 ein einsamer CDU-Ratsherr ein<br />

Bild vom letzten Verständigungsversuch<br />

zwischen Anwohnern und Gastwirten im<br />

Kuhviertel. Immerhin organisierte dann<br />

die örtliche CDU unter dem Titel „Krach<br />

in der Altstadt?!“ eine öffentliche Veranstaltung<br />

zur Diskussion des Problems.<br />

Auf dem Podium sitzen Anwohner, Wirte,<br />

Mitarbeiter des Ordnungsamtes und Politiker,<br />

nur die Polizei fehlt. Durch den<br />

Blätterwald geht in den folgenden Tagen<br />

ein neues Rauschen. Der grüne Polizeipräsident<br />

Hubert Wimber mochte auf<br />

der schwarzen Veranstaltung wohl nicht<br />

den Prügelknaben geben, rechtfertigt<br />

sich öffentlich mit einem „Wir ducken<br />

uns nicht weg“ und verweist auf zehn<br />

Polizeibeamte, die seit Anfang 2009 zusätzlich<br />

in den Problemarealen unterwegs<br />

seien. Munter rollt der Ball über<br />

die verbalen Bande, derweil wird der<br />

Lärm nicht weniger.<br />

_Dabei sendet die Polizei immerhin die<br />

Signale, die das Ordnungsamt notgedrungen<br />

vermissen lassen muss. Mehrfach<br />

verweist Manfred Geers vom Ordnungsamt<br />

in der Debatte auf die leeren Kassen<br />

der Stadt und die daraus resultierenden<br />

Einschränkungen der Präsenz des Ordnungsamtes<br />

vor Ort. Doch so richtig der<br />

geäußerte Gedanke „Dann müssten eben<br />

die Anwohner mehr Druck machen“ auch<br />

sein mag, so verständlich ist deren entsetzte<br />

Reaktion. Helft euch selbst - im<br />

Wilden Westen mochte das eine akzeptable<br />

Parole sein. Nicht zu vergessen das<br />

Faustrecht als zwangsläufige Folge. Noch<br />

ist es im Kuhviertel und anderswo nicht<br />

so weit, aber das kann ja noch kommen.<br />

Zieht man die Polizeistatistik zur Entwicklung<br />

der Gewalttaten im vergangenen<br />

Jahr zu Rate, ist es vielleicht schon so<br />

weit. Allerdings kann bürgerliche Selbst-


hilfe auch anders ausgehen, wie die Bewohner<br />

des Hauses Hörster Straße 51 vor<br />

zwei Jahren zeigten. Mittels eines privat<br />

finanzierten Lärmgutachtens und einer<br />

engagierten Kanzlei sorgten sie letztendlich<br />

für die Schließung der im Haus befindlichen<br />

Gastronomie, die mit Fug und<br />

Recht unter „Druckbetankung“ oder neudeutsch<br />

Flatrate firmierte. Nun haben die<br />

Anwohner ihre Ruhe und die Welt dreht<br />

sich weiter. Der Wirt hat den Verlust übrigens<br />

auch überlebt.<br />

_Jenseits solcher Bürgerwehr muss der<br />

Befund also bestehen bleiben: Auch die<br />

Ratsparteien halten sich bei diesem Thema<br />

vornehm zurück, bei dem man sich<br />

zu schnell die Finger verbrennen kann.<br />

Denn ganz gleich, auf wessen Seite man<br />

sich schlägt, tönen aus der anderen Ecke<br />

Totschlagargumente: „Ruhebedürfnis“,<br />

„Lebensumfeld“ oder aber „Arbeitsplätze“<br />

oder „Steueraufkommen“. Ein Kompromiss<br />

ist schwer vorstellbar und keine Partei<br />

möchte es sich mit einer der beiden<br />

Seiten verscherzen. Die UWG tauchte nach<br />

der Kommunalwahl ab, aber wenigstens<br />

fordert nun die CDU „deutlich wahrnehmbare<br />

Konsequenzen“ und kündigt in der<br />

Folge einen Ratsantrag an. Im Grundsatz<br />

soll es einmal mehr um verstärkte Präsenzen<br />

in den Problembereichen gehen,<br />

Alkoholverbotszonen seien dagegen keine<br />

Lösung. Im Grunde ist man damit auf der<br />

politischen Ebenen nur so weit gekommen<br />

wie Anwohner und Wirte im außerparlamentarischen<br />

Bereich.<br />

_Da ist es viel besser, Stellvertreter-Testballons<br />

aufsteigen zu lassen. Unisono kritisieren<br />

Vertreter der Jugendverbände<br />

von Grün bis Schwarz massiv die bisher<br />

vorgeschlagenen ordnungsrechtlichen<br />

Restriktionen, ein theoretisch mögliches<br />

Alkoholverbot vorweg. So äußert noch im<br />

Spätherbst 2009 Daniel Sandhaus, einer<br />

der beiden Sprecher des grünen Kreisverbandes,<br />

mit Alkoholverbotszonen würden<br />

„Bürgerrechte“ beschnitten. Noch jung<br />

an Jahren meint er vielleicht die „Rechte“,<br />

fremdes Eigentum mit Exkrementen zu<br />

überziehen oder zu zerstören. Anfang November<br />

assistiert vom ebenso jungen Vorsitzenden<br />

der Münsteraner Jungliberalen<br />

Jens Lenski (zugleich frisch gekürter FDP-<br />

Ratsherr), der sich gegen eine nicht näher<br />

beschriebene „Verbotskultur“ wendet und<br />

auch vorgezogene Sperrstunden ablehnt.<br />

Stattdessen soll die Stadt (also die Allgemeinheit)<br />

in die Bütt springen. O-Ton des<br />

Jungliberalen: „Auf Partymeilen wie der<br />

Jüdefelder Straße oder dem Alten Fischmarkt<br />

erwarten wir erhöhte Präsenz und<br />

rigoroses Durchgreifen.“ Das Problem zu<br />

begreifen, scheint eher eine Frage der Lebenerfahrung<br />

zu sein denn der Farbe des<br />

Parteibuches. Alkoholgenuss verbindet<br />

eben doch und das sogar über die sonst<br />

so sorgsam gehegten Politbarrikaden hinweg.<br />

_Hafen und Kuhviertel stehen im Kleinen<br />

für gesellschaftliche Trends im Großen. Es<br />

geht ums Geldverdienen und das notfalls<br />

auch auf Kosten der Allgemeinheit. Es<br />

geht um den eigenen Genuss, selbst auf<br />

Kosten anderer. Feiern ohne Rücksichtnahme<br />

wird zum „Bürgerrecht“ erhoben,<br />

das keinerlei Hinterfragung bedarf. Wessen<br />

Interessen aber sind am Ende höher<br />

zu bewerten, sofern es keinen Kompromiss<br />

geben wird? Und darauf deutet im<br />

Moment vieles hin, den die Interessenlagen<br />

sind zu verschieden. Und was passiert,<br />

wenn gar nichts mehr geht? Der<br />

nächste Sommer kommt bestimmt und<br />

davor winkt schon der Lenz mit lauen<br />

Abenden. Der Knoten schürzt sich weiter<br />

und die bisherigen Lösungsvorschläge<br />

wirken hilflos. #<br />

Anzeige<br />

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18<br />

Bericht | Text: Adik Alexanian | Foto: Privat<br />

Eine Praktikantin für alle Fälle<br />

Adik und ihre Arbeit bei der ~<br />

Wie wird es sein, wenn ich mein einjähriges<br />

Praktikum bei der „~“<br />

anfange, fragte ich mich oft, bevor ich<br />

die Stelle als Praktikantin für Mediengestaltung<br />

antrat. Etwa langweilig?<br />

Nein! Niemals! So kann ich heute sagen.<br />

Ich freue mich über jeden einzelnen Tag<br />

und kann mich wirklich glücklich schätzen,<br />

dort angefangen zu haben! Adik<br />

Alexanian berichtet über ihr Leben bei<br />

~.<br />

_Ich erinnere mich genau an den Tag, als<br />

ich die Stellenanzeige in der „~“<br />

las. Durch einen Praktikumsbericht meiner<br />

Vorgängerin, die ebenso wie ich 12<br />

Monate lang ein Praktikum als Mediengestalterin<br />

absolviert hatte, wurde mein<br />

Interesse geweckt, mich auch einmal vorzustellen<br />

und zu schauen, ob ich vielleicht<br />

ab August 2009 nach meinem kleinen<br />

Fachabitur dort anfangen könnte.<br />

Und in der Tat, es hat geklappt. Natürlich<br />

fragte ich mich wochenlang, wie es für<br />

mich sein würde, irgendwo zu arbeiten,<br />

wo man den sozialen Kontakt zu Menschen<br />

intensiv pflegt und gleichzeitig<br />

noch die Monatsausgaben fertigstellen<br />

muss.<br />

_Ich hatte keinerlei Erfahrungen im Bereich<br />

Layout, wollte aber unbedingt in<br />

diese Arbeit reinschnuppern, um zu<br />

schauen, ob Mediengestaltung wirklich<br />

das ist, was ich mein Leben lang machen<br />

möchte. Ich lernte zunächst Heinz<br />

kennen, der für das Layout der Zeitung<br />

zuständig ist. Er gab mir eine kurze Einführung<br />

in den Umgang mit den Layout-<br />

Programmen und schon kamen auch die<br />

ersten Berichte an, die für die neue Ausgabe<br />

gesetzt werden mussten. Zuerst arbeiteten<br />

wir zusammen und es war für<br />

mich einen Monat lang eine bereichernde<br />

Erfahrung, zuzuschauen, wie Heinz als<br />

Profi arbeitet.<br />

_Leider wurde er schon bald darauf eine<br />

lange Zeit krank. Als die Oktober-Aus-<br />

gabe vor der Tür stand, war nicht klar,<br />

wie es nun ohne Heinz weiter gehen<br />

sollte. In dieser schwierigen Situation<br />

fragte mich die Redaktion, ob ich bereit<br />

wäre, die Zeitung mit ein bisschen Hilfe<br />

des Teams eigenverantwortlich zu gestalten.<br />

Ich nahm das Angebot gerne an<br />

und war stolz darauf, der „~“ aus<br />

der Klemme zu helfen und dem Redaktionsteam<br />

beizustehen, die Oktober-<br />

Ausgabe druckfertig zu bekommen. Diese<br />

freiwillig übernommene Verantwortung<br />

machte mich noch stärker und selbstsicherer<br />

bei der Arbeit und eine Menge<br />

Spass hatte ich auch dabei. Meine Fachkenntnisse<br />

konnte dadurch so sehr festigen,<br />

dass ich bei den folgenden Ausgaben<br />

kaum noch Probleme beim eigenverantwortlichen<br />

Gestalten hatte.<br />

Oftmals hat man nicht die Chance als<br />

Praktikantin soviel Verantwortung zu<br />

übernehmen und die Dinge selber in<br />

die Hand nehmen zu dürfen.<br />

_Neben der zentralen Arbeit am Layout<br />

der Zeitung lernte ich viele nette Menschen<br />

kennen. Alle sind ein Team hier<br />

und sie sind mir in nur paar Monaten<br />

sehr ans Herz gewachsen. Wir lernen uns<br />

von Tag zu Tag besser kennen und es<br />

verbindet mich mit allen, die hier tätig<br />

sind, so etwas wie eine Freundschaft.<br />

Deshalb kann ich meine Arbeit mit viel<br />

Motivation durchführen.<br />

_Redaktionsschluss ist meistens mitten<br />

im Monat, bis dahin bleibt viel Zeit. Inzwischen<br />

versuche ich auch Kontakt zu<br />

den Verkäufern zu knüpfen und etwas<br />

darüber zu erfahren, wie das Leben auf<br />

der Straße ist, wieso sie Verkäufer sind<br />

und was für ein Leben sie vor der Obdachlosigkeit<br />

hatten. Wir unterhalten<br />

uns über Gott und die Welt, lachen zusammen,<br />

aber auch gibt es traurige Momente.<br />

Das schönste Erlebnis war es,<br />

dass einmal ein Verkäufer zu mir meinte,<br />

das er mich zu schätzen weiß, weil<br />

ich ihm zuhöre und ihm Ratschläge geben<br />

kann. Diese kleinen „Dinge“ haben<br />

mich stärker im Leben gemacht, auch zu<br />

sehen, was in der Realität geschieht,<br />

denn davor als Schülerin, bin ich mit<br />

solchen Sachen kaum in Berührung gekommen.<br />

Ich bin mir jetzt sicher, dass<br />

ich diesen beruflichen Weg einschlagen<br />

will in meiner Zukunft und eine Ausbildung<br />

im Bereich Mediengestaltung<br />

machen möchte. #


Bericht | Text: Destiny Any | Foto: Adik Alexanian<br />

Jeder besitzt einen Stern!<br />

Destiny im Austauschprogramm<br />

Von Geburt an geheimnisvoll und talentiert.<br />

Das ist Destiny Ani aus Nigeria. Mit<br />

Hilfe einer Organisation namens ICJA im<br />

Rahmen eines einjährigen Austauschprogramms<br />

für Jugend & Kultur kam er<br />

vor 3 Monaten nach Deutschland. Der<br />

leidenschaftliche Fußballer bezeichnet<br />

sich selbst als ein Entdecker von verborgenen<br />

Talenten, auf die er bauen kann.<br />

Er sieht Möglichkeiten im Unmöglichen.<br />

Er will Hoffnungslosen Hoffnung geben.<br />

Destiny liebt es, sich in den Dienst der<br />

Menschheit zu stellen, er mag Menschen<br />

von unterschiedlichster Herkunft. Hautfarbe<br />

und Religion spielen keine Rolle,<br />

denn man kann so viel voneinander<br />

lernen, so lautet seine Lebensmaxime.<br />

In den kommenden Monaten wird der<br />

junge Mann uns in der Redaktion unterstützen.<br />

_Warum bin ich nach Deutschland gekommen?<br />

Ganz einfach! Großartige Landschaften<br />

und Städte von und für großartige<br />

Menschen. Und so bin auch ich in<br />

gewisser Weise großartig, z.B. im Streben<br />

nach den kleinen Dingen des Lebens.<br />

Klein? Mag sein, aber sie machen mich<br />

glücklich. Deutschland ist ein beeindruckendes<br />

Land. Alles, was ich über das<br />

Land der Deutschen weiß, bekam ich<br />

durch Menschen in meinem Umfeld oder<br />

mit Hilfe von Nachrichten und Büchern<br />

heraus. Es ist, wie schon bereits erwähnt,<br />

eine Herausforderung, aber auch gleichzeitig<br />

eine große Chance etwas Großes<br />

oder Gutes zu tun. In Nigeria habe ich<br />

einige Programme und Projekte ins Leben<br />

gerufen, von denen ich hier in Deutschland<br />

profitieren möchte. Aus diesem<br />

Grund will ich gerade hier durch mein<br />

Engagement Vieles zurückgeben und<br />

gute Dienste an der Gesellschaft leisten.<br />

In meiner Heimat Afrika habe ich die<br />

„Allstars Academy“ gegründet. Das ist<br />

ein Projekt für Menschen in Nöten, die<br />

sehr schlecht versorgt sind: Kinder und<br />

Jugendliche, Erwachsene und ältere Personen<br />

sowie ehemalige Strafgefangene.<br />

Mit einem Satz: Es gibt keine Ausnahme,<br />

alle sind gleich und niemand wird benachteiligt.<br />

Von Prominenten hört man<br />

immer wieder, dass jeder Mensch als Star<br />

geboren wird. Aber das stimmt nicht.<br />

Einige haben ihren Stern niemals aufgehen<br />

oder strahlen sehen. Es bleibt bei<br />

unerfüllten Träumen. „Academy“ versucht<br />

den Armen eine Struktur zu geben<br />

und auch bei der Realisierung oder Erfüllung<br />

vieler Wünsche helfend zur Seite<br />

zu stehen. Wir versuchen ihnen ein bisschen<br />

Hoffnung für eine bessere Zukunft<br />

zu geben.<br />

_Mein erstes Projekt hier auf deutschem<br />

Boden war in Baden-Würtemberg beim<br />

Zirkus 'Pimparello' in der Nähe von Rappenhof/<br />

Geschwend. Ich war dort für ca.<br />

3 Monate und konnte die Zeit nutzen, um<br />

in den Zirkusalltag rein zu schnuppern.<br />

Natur, Klettern, Tanz und Theater, zudem<br />

noch Akrobatik; alles Dinge, die das klassisch<br />

geprägte Bild eines Wanderzirkuses<br />

vervollständigen. Jede Woche begrüßten<br />

und betreuten wir Klassen von verschiedenen<br />

Schulen aus dem Umland, die uns<br />

besuchten, um uns über die Schulter zu<br />

schauen. Ich gab mein Bestes, um später<br />

Glück und Zufriedenheit zurückzubekommen.<br />

Ich lebte dort, weil der Zirkus<br />

normalerweise seinen Reisebetrieb<br />

im Winter einstellt und deshalb auch<br />

Gäste dort Quartier beziehen können.<br />

Und durch dieses Engagement kam es<br />

auch, dass ich nach Münster reiste und<br />

im Weihnachtszirkus 'Alfredo' in Hiltrup<br />

assistierte. Kaum war ich dort hatte ich<br />

doppeltes Glück: Eine Artistin aus Spanien<br />

namens Maritha bot mir völlig überraschend<br />

eine kleine Rolle in ihrer Darbietung<br />

an: Es war eine afrikanische<br />

Show. Nach einem 4-Tage-Programm<br />

im Zelt hatte ich manchmal das Gefühl<br />

nicht immer mein Bestes gegeben zu<br />

haben, aber ab und zu war ich auch zu<br />

sehr damit beschäftigt Briefe und Geschenke<br />

von meiner Familie zu öffnen,<br />

die mich regelmäßig erreichten.<br />

_Nun hat sich eine neue Möglichkeit am<br />

Himmel abgezeichnet. Ich habe mit Hilfe<br />

des Strassenmagazins „~“ein Projekt<br />

für meinen Aufenthalt in Deutschland<br />

ins Leben gerufen. Zuallererst bin<br />

ich überwältigt von dem ungebrochenen<br />

Tatendrang der Menschen bei dieser Zeitung<br />

und so will ich mich mit einer Tasche<br />

voller Ideen in das Team einbringen.<br />

Bis jetzt hat mir der enge Kontakt zum<br />

„~“-Team viel ermöglicht und auch<br />

die eine oder andere Frage konnte ich<br />

beantworten. Denn schließlich habe ich<br />

einiges anzubieten, dass ich gerne mit<br />

anderen teilen will. Ich möchte die Möglichkeit<br />

nutzen, an dieser Stelle zu erwähnen,<br />

dass ich im Rahmen meines<br />

Austauschprogramms noch bis August<br />

dieses Jahres in Deutschland bleibe und<br />

für diese Zeit noch eine nette Gastfamilie<br />

suche, bei der ich wohnen und im Haushalt<br />

tatkräftig mitanpacken kann.<br />

_Von Herzen wünsche ich allen Menschen<br />

in Deutschland ein gesundes und<br />

glückliches Jahr und vergesst nicht: Jeder<br />

Mensch besitzt einen Stern. Es liegt<br />

nun an jedem selbst, ob man ihn zum<br />

Strahlen bringt. #<br />

Über Adressen, Tipps oder Hilfestellung<br />

zum Thema Gastfamilie würde ich mich<br />

sehr freuen. Ich bin erreichbar über:<br />

Tel.: 0251/4909118 (~)<br />

mobil: 0157/81891075<br />

E-Mail: aniokeycima@yahoo.com<br />

19


20<br />

Bericht | Text: Jan Magunski, Kirche und Welt | Foto: Sigi Nasner<br />

„Du bist der verkleidete Gott“<br />

Willi Schultes ist Seelsorger der Wohnungslosen<br />

Nein, einen offiziellen Auftrag hat Willi<br />

Schultes nicht. Einzig von Gott fühlt er<br />

sich gesandt: Seit seiner Emeritierung<br />

vor neun Jahren ist der Pfarrer auf den<br />

Straßen Münsters unterwegs, um Ausgegrenzten<br />

und Wohnungslosen zu begegnen.<br />

Er weiß: „Was ich wahrnehmbar<br />

tue, ist in den Augen eines Therapeuten<br />

oder Sozialarbeiters eher dilettantisch.“<br />

Aber er spürt auch: Es ist eine<br />

Form von Seelsorge.<br />

_Vor 17 Jahren hat Willi Schultes, damals<br />

noch Pfarrer in Wulfen-Barkenberg, sein<br />

Pfarrhaus verlassen, um seine Gemeinde<br />

neu kennen zu lernen: unverzweckt und<br />

unvoreingenommen. 40 Tage lang ist er<br />

von einem einfachen Kellerzimmer aus<br />

jeden Morgen aufgebrochen, um - ähnlich<br />

wie der kleine Bär und der kleine<br />

Tiger in Janoschs berühmter Geschichte<br />

- sein „Panama“ zu finden, den Ort, wo<br />

der Himmel die Erde berührt.<br />

_“Steh auf und geh in die Stadt, dort wird<br />

dir alles gesagt werden, was du tun sollst“<br />

- die Aufforderung, einst an den heiligen<br />

Paulus gerichtet, ist ihm zu einem<br />

Leitsatz jener Tage geworden; das „Sakrament<br />

der Begegnung“ hat sie erfüllt:<br />

„Jeder, der mir begegnet, wird mir geschickt;<br />

an wen ich denke, an den soll ich<br />

denken“, war Schultes überzeugt. Damals<br />

hat er gelernt, dass die Menschen immer<br />

früher und immer öfter heimatlos werden,<br />

dass man in vielfacher Weise Geborgenheit<br />

und sein Zuhause verlieren<br />

kann. Als er vor neun Jahren emeritiert<br />

wurde und in seinen Geburtsort - nach<br />

Münster - zurückgezogen ist, versprach<br />

man in der Personalabteilung des Bistums:<br />

„Wir werden uns Gedanken machen,<br />

was du in Zukunft tun kannst.“<br />

Schultes lehnte dankend ab: „Ich kann<br />

auch selbst denken!“ Damals, so erzählt<br />

er rückblickend, war die Möglichkeit gekommen,<br />

einen Traum wahr werden zu<br />

lassen und das „Sakrament der Begegnung“<br />

in einer neuen Dimension zu leben.<br />

_Seitdem schnürt er immer wieder seinen<br />

Rucksack, seitdem geht er regelmäßig<br />

durch die Straßen der Domstadt, um<br />

die „Freunde der Straße“ zu treffen und<br />

ihnen ein Kumpel und Ansprechpartner<br />

zu sein. „Niemand hat mich darum gebeten,<br />

niemand hat mich beauftragt“,<br />

sagt er - aber mit den Jahren ist er so<br />

zum Seelsorger von Münsters Wohnungslosen<br />

geworden. Er geht mit ihnen - oft<br />

auch auf dem letzten Weg, wenn die Bestatter<br />

ihn über den Tod eines Obdachlosen<br />

informieren. Wenn niemand „beisetzungspflichtig“<br />

ist, wie es offiziell<br />

heißt, steht eigentlich eine anonyme<br />

Urnenbestattung an. Um die zu verhindern,<br />

versammelt Schultes andere<br />

„Freunde der Straße“ und feiert mit<br />

ihnen im Haus der Wohnungslosen ein<br />

würdiges Requiem für den Verstorbenen.<br />

_Viele, die der Alkohol auf die Straße getrieben<br />

hat, sterben schon mit 50, 60<br />

Jahren; Drogenabhängige erleben oft<br />

nicht einmal ihren 35. Geburtstag. „Ich<br />

bin traurig“, sagt Schultes, als er sich an<br />

diesem Morgen auf seinen Weg durch die<br />

Stadt macht: „Viele meiner Freunde sind<br />

in den letzten Jahren gestorben.“ Auf<br />

seiner Runde durch Münster wird er immer<br />

wieder an sie erinnert, bestimmte<br />

Orte sind untrennbar mit ihren Namen<br />

und Gesichtern verbunden. Willi Schultes<br />

denkt an Bombenernie und Boxerdieter,<br />

an Bayernmax, Münzentheo oder Kalle<br />

mit der Kelle. Er weiß genau, wo sie<br />

„Platte gemacht“, wo sie nachts geschlafen<br />

haben: ein Fahrradunterstand, ein<br />

Treppenaufgang oder eine Nische mit<br />

Lüftungsschacht.<br />

_In die Lage dieser Verstecke eingeweiht<br />

zu werden, ist für einen Außenstehenden<br />

ein großer Vertrauensbeweis - schließlich<br />

stellen sie das Intimste dar, was ein<br />

Wohnungsloser vorweisen kann. „Wer<br />

von uns würde einem Fremden schon<br />

sein Schlafzimmer präsentieren?“, gibt<br />

Schultes zu bedenken. Der 73-Jährige ist<br />

in Münsters Obdachlosenszene längst kein<br />

Fremder mehr. „Da kommt der abgehalfterte<br />

Pfaffe“, wird er schon von weitem<br />

begrüßt - und ist über diese schnoddrige<br />

Anrede alles andere als verärgert: „Da<br />

hat sich doch jemand Gedanken über<br />

mich und meine Situation gemacht.“ Natürlich<br />

- er ist in den vergangenen Jahren<br />

auch „verarscht und reingelegt“ worden,<br />

es hat auch Männer gegeben, die seine<br />

Gutmütigkeit und Menschenliebe ausgenutzt<br />

haben. „Ich bin ja nicht blauäugig“,<br />

will er nichts beschönigen, sagt<br />

aber auch: „Das nehme ich in Kauf.“ Gerade<br />

gegenüber Menschen, die vielleicht<br />

schon in Kinder- und Jugendjahren und<br />

dann immer wieder enttäuscht worden<br />

sind, sei es wichtig, Geduld zu zeigen,<br />

ihnen die Treue zu halten. Treue - vielleicht<br />

das wichtigste, vielleicht das entscheidende<br />

Argument, um das Vertrauen<br />

der Wohnungslosen zu gewinnen.<br />

_Inzwischen argwöhnt keiner mehr -<br />

“warum macht dieser alte Mann sich an<br />

uns heran?“ - inzwischen freuen sich die<br />

„Freunde der Straße“, wenn sie Schultes<br />

begegnen oder er sie an den einschlägigen<br />

Treffs besucht. Mancher ist glücklich,<br />

wenn der emeritierte Pfarrer ihm ein<br />

Päckchen Tabak oder ein paar Cent<br />

schenkt - aber diese materielle Unterstützung<br />

ist nicht das Entscheidende ihrer<br />

Beziehung. Viele sind vor allem froh, in<br />

Willi Schultes ein Gegenüber gefunden zu<br />

haben, das zuhören kann, das sie ernst<br />

nimmt und nicht vorschnell abstempelt.


_Seine einfache, intelligente Art kommt<br />

an, er begleitet die Männer auch bei Behördengängen<br />

oder besucht sie, wenn<br />

es mal für eine Zeit „in den Bau“ geht.<br />

Und ist selbst immer wieder erstaunt, wie<br />

tiefe Gedanken sich viele von seinen Gesprächspartnern<br />

machen: „Auch wenn sie<br />

das nie so sagen würden: Sie sind religiös.“<br />

Günter etwa, der gern in einen<br />

Orden eingetreten wäre, aber nirgendwo<br />

Aufnahme gefunden hat, geht jeden<br />

Abend zum Gottesdienst in die Lambertikirche.<br />

Manchmal sitzt er direkt neben<br />

Willi Schultes. Eines Tages hat er die Geschichte<br />

vom reichen Jüngling gehört:<br />

„Verkaufe alles, was du hast und gib es<br />

den Armen.“ Ein Auftrag, der ihm sehr<br />

nahe gegangen ist. Ein paar Tage später<br />

spricht er den Seelsorger auf seiner Runde<br />

an: „Ich hab das versucht - aber keiner<br />

will meine Plastiktüten!“<br />

_Meinulf, ein schizophrener Verkäufer der<br />

Obdachlosen-Zeitung, fühlt sich in Kirche<br />

und Gesellschaft wenig angenommen<br />

und aufgehoben. Er hat das Gefühl, immer<br />

nur auf Forderungen zu treffen, denen<br />

er von vornherein nicht genügen<br />

kann. Und auf die meisten seiner Glaubens-<br />

und Lebensfragen kann ihm niemand<br />

konkrete Antworten geben. „Die<br />

Fragen, die du stellst, hat Gott auch“,<br />

erklärt Schultes und diskutiert mit seinem<br />

Gesprächspartner über das Gottesbild<br />

unserer Tage: „Was für einen allmächtigen<br />

Muskelprotz haben wir nur<br />

aus Gott gemacht?“, klagt der Theologe,<br />

um sich dann wieder seinem Gegenüber<br />

zuzuwenden: „Meinulf, du bist der<br />

verkleidete Gott!“ Wenn Schultes seine<br />

Runde durch die Domstadt macht, dann<br />

lässt er sich oft nur treiben - „ich bemühe<br />

mich, keine Absichten zu haben.“<br />

Trotzdem freut er sich natürlich, wenn<br />

aus den zwanglosen Begegnungen tiefere<br />

Erfahrungen wachsen - so ist er von<br />

zwei „Freunden der Straße“ gebeten worden,<br />

sie zu taufen und unter den besonderen<br />

Schutz Gottes zu stellen. Ronald,<br />

einer der beiden, war vor dem angesetzten<br />

Tauftermin allerdings so aufgeregt,<br />

dass er sich erst einmal Mut antrinken<br />

musste - und anschließend nicht mehr<br />

zu „gebrauchen“ war. Also ein zweiter<br />

Versuch.<br />

_Erneut war alles für die Taufe vorbereitet;<br />

die brennende Osterkerze stand neben<br />

dem Taufbrunnen. Als Schultes die tiefere<br />

Symbolik der Kerze und ihrer fünf<br />

Wundmale erklärte, fand sich Ronald in<br />

diesen Zeichen wieder und bat darum,<br />

die Wundnägel noch einmal in die Kerze<br />

stecken zu dürfen: Wie viele Wunden und<br />

Verletzungen waren ihm zeit seines Lebens<br />

zugefügt worden? Und wie viele<br />

Wunden hatte er bei anderen aufgerissen?<br />

Auf einmal wusste er ganz sicher:<br />

Dieser Jesus, der würde ihn verstehen ...<br />

Alle paar Wochen fährt Willi Schultes in<br />

die Baumberge: zum Wandern und Reflektieren.<br />

Dann betet er sein „Namenund-Gesichter-Gebet“,<br />

dann stellt er sich<br />

vor, alle, die er auf seinen Wegen durch<br />

die Domstadt getroffen hat, würden in<br />

einer langen Karawane hinter ihm hergehen,<br />

Lebende und Verstorbene. „Inzwischen<br />

sind es fast 300, die mich so in<br />

meinen Gedanken begleiten“, sagt er. #<br />

Anzeigen<br />

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22<br />

Bericht | Text: Thorsten Enning | Foto: Buio Omega Filmclub<br />

Cinema Bizarr<br />

Eine cineastische Zeitreise in die 60er und 70er<br />

Wir schreiben das 21. Jahrundert. Ganz<br />

Europa ist von austauschbarer Massenfilmware<br />

verseucht - Ganz Europa?<br />

Nein! Ein von unbeugsamen Cineasten<br />

gegründeter Filmclub hat es sich zur<br />

Aufgabe gemacht, dieser heimtückischen<br />

Plage Einhalt zu gebieten. Jeden<br />

dritten Samstag im Monat vormittags<br />

um 11 Uhr finden sich Dutzende von<br />

Freaks und Nerds im Schauburg Kino<br />

zu Gelsenkirchen ein, um einer einzigartigen<br />

Leidenschaft zu frönen: dem Exploitationfilm<br />

der 60er und 70er Jahre.<br />

Dieser geheimnisvolle Club namens Buio<br />

Omega ist ein Refugium für alle, die sich<br />

gern an diese kraftvolle und radikale<br />

Epoche des Kinos zurückerinnern, in der<br />

Hinterwäldler, geschändete Frauen und<br />

lebende Tote die Leinwand unsicher<br />

machten. ~-Zeichner und Buio<br />

Omega-Mitglied Thorsten Enning über<br />

Grenzgänge des Kinos und Menschen,<br />

die genau dies lieben.<br />

_Veranstaltungsort der monatlichen Clubtreffen<br />

ist das Schauburg Kino in Gelsenkirchen,<br />

das bereits 1929 seine Pforten<br />

öffnete und heute eines der letzten großen<br />

privat betriebenen Lichtspielhäuser<br />

Deutschlands ist. Hier traf sich gegen Ende<br />

der 1990er Jahre eine vier Mann starke<br />

Gruppe um regelmäßig ins Kino zu<br />

gehen. In der Nacht vom 30.10. auf den<br />

31.10.1998, also exakt an Halloween, war<br />

die Idee geboren, hier in diesem Kino<br />

aus den Privatarchiven der vier „Gründerväter“<br />

deren Lieblingsfilme zu bestimmten<br />

Zeiten vor ausgesuchten Publikum<br />

vorzuführen, um ihre Leidenschaft<br />

und Hingabe mitb anderen zu teilen und<br />

im Anschluss über das Gesehene zu resümieren.<br />

Jetzt fehlte neben dem grünen<br />

Licht des Betreibers und den obligatorischen<br />

Vereinsstatuten nur noch ein<br />

Name der seinesgleichen suchen sollte.<br />

Schnell war sich die Truppe einig: BUIO<br />

OMEGA. Benannt nach dem gleichnamigen<br />

Kultstreifen von Joe D`Amato aus<br />

dem Jahre 1979. Amato, selbst Italiener,<br />

war wie viele seiner internationalen Kollegen<br />

ein Meister des Trashkinos.<br />

_Ein kompromissloser Ableger dieses<br />

Genres war oder ist der Exploitationfilm,<br />

dessen direkte Machart schlichtweg<br />

existenzielle Thematiken der<br />

menschlichen Gesellschaft wie etwa<br />

Sex, Gewalt, Leidenschaft, Angst und<br />

Verbrechen radikalisiert und/oder amoralisch<br />

demaskiert. Zahlreiche<br />

Werke waren dem damaligen Zeitgeist<br />

unterworfen, als Hippies für<br />

freie Liebe kämpften, man sich weltweit<br />

gegen den Vietnamkrieg solidarisierte<br />

und mutige Frauen langsam<br />

aber nachhaltig dem Patriarchat die<br />

Stirn boten. Diese Zerrbilder wurden<br />

schließlich ins Kino übertragen und<br />

führten zu einem regelrechten Film-<br />

Boom, den es seit der Stummfilm-Ära<br />

vor rund 100 Jahren so kein zweites<br />

Mal mehr gegeben hat. Das hatte zur<br />

Folge, dass die Angebotspalette der<br />

Filmstudios immens war und Soziologen<br />

das Kino als ein Ventil verstanden,<br />

mit dessen Hilfe sich der gewal-<br />

tige Druck unter der Oberfläche der<br />

Gesellschaft ableiten ließ. Selbstverständlich<br />

lief die spießige Front der<br />

Sittenwächter Sturm und blies zum<br />

konsequenten Angriff auf dieses<br />

„Freidenker-Pack“, dass sich in die<br />

hintersten Ecken von Amerika und<br />

Europa zurückzog, um in Ruhe harte<br />

und anstößige Filmchen zu drehen.<br />

Und genau diese „moralisch verwerfliche“<br />

Form der Unterhaltung zeichnet<br />

dafür verantwortlich, warum sich Fans<br />

und Liebhaber des Trashkinos weltweit<br />

versammeln, um in elitären Kreisen Wissenswertes<br />

rund um die dunkle Seite<br />

des Zelluloids auszutauschen.<br />

_Und nun war es wieder mal so soweit,<br />

mit einer Kiste Gerstensaft und einer<br />

Hand voller guter Freunde per Zug von<br />

Münster in Richtung Gelsenkirchen aufzubrechen.<br />

Die Reisezeit verkürzt sich<br />

der durchgeknallte Haufen mit der Zelebrierung<br />

gesammelter und unvergesslicher<br />

Momente aus zig Lieblingsstreifen,<br />

die dann lauthals, aber fehlerfrei<br />

zum Besten gegeben werden. Plötzlich<br />

meldet sich ein Fahrgast aus dem hinteren<br />

Teil des Abteils. Aber nicht um sich<br />

über die Lautstärke zu beschweren, sondern<br />

um ganz nebenbei zu erwähnen,<br />

dass er doch die Uraufführung des Zombieklassikers<br />

„Dawn of the Dead“ von<br />

George A. Romero miterlebt hat. Schluck!<br />

Damit hat niemand innerhalb der Gruppe<br />

gerechnet. Ein Zeitzeuge! Voller Ehrfurcht<br />

lauschen wir seiner Geschichte,<br />

als er von zartbesaiteten Zuschauern berichtet,<br />

die entweder schreiend und voller<br />

Panik den Saal verließen oder sich in<br />

ihrer Sitzreihe erbrachen. Das wird uns<br />

bestimmt nicht passieren, denn wir alle<br />

besitzen einen gestählten Supermagen,<br />

dem so schnell kein Hardcorestreifen etwas<br />

anhaben kann. Endlich erreichen<br />

wir den Hauptbahnhof von Gelsenkirchen<br />

und nur drei Minuten danach fährt<br />

auch schon eine Trambahn in Richtung<br />

Kino.<br />

_Etwa 20 Minuten später stehen wir vor<br />

den Pforten unseres Heiligtums. Schnell<br />

noch eine neue Buddel Bölkstoff geöffnet<br />

und nichts wie hinein. Der Weg zur<br />

Kasse ist auf beiden Seiten gesäumt mit<br />

Filmplakaten der Superlative: die Original<br />

Poster der Kracher „Ekstase im Folterkeller“<br />

und „Ich spuck`auf dein Grab“<br />

oder Poster diverser Produktionen der<br />

britischen Hammer-Studios, mit denen<br />

Christopher Lee als Dracula Filmgeschich-


te schrieb. Aber das definitive Nonplusultra<br />

des gesamten Interieurs ist ein<br />

Pappaufsteller in Originalgröße von Herbert<br />

Fux aus dem Film „Mark of the Devil“.<br />

Herbert Fux wird sicherlich noch so<br />

manchem Fernsehzuschauer ein Begriff<br />

sein, denn zusammen mit Ilja Richter,<br />

Rudi Carrell und Gunther Phillip war er<br />

ein Star schräger Klamotten und Lustspiele<br />

in den 70er Jahren. Und er war<br />

ein großartiger Mime seiner Zeit. Jetzt<br />

noch schnell bezahlen und ab dafür!<br />

Der Eintrittspreis für zwei Filme inklusive<br />

Vorprogramm und Moderation durch<br />

den populären Filmgelehrten Christian<br />

Kessler ist mit fünf Euro absolut fair und<br />

dient ausschließlich zur Pflege und Erhalt<br />

des Clubs, so dass ein profitorientiertes<br />

Denken von vorne herein ausgeschlossen<br />

werden kann.<br />

_Wer dennoch zum ersten Mal erscheint,<br />

um Buio Omega selbst zu erfahren, muss<br />

sich einem ausgeklügeltem Anmeldeformular<br />

stellen, dass auf den Geschmack<br />

und die Kenntnis des Bewerbers abzielt,<br />

um so die Spreu vom Weizen zu trennen.<br />

Natürlich sind diese strengen Aufnahmekriterien<br />

mit einem Augenzwinkern zu<br />

sehen und sollten unter gar keinen Umständen<br />

bierernst genommen werden.<br />

Aber genau darin liegt sicherlich die<br />

Kernaussage des Clubs: Man ist hier unter<br />

Gleichgesinnten, um sich zu amüsieren.<br />

Übrigens hat es bis jetzt noch kein<br />

einziger Novize geschafft, alle Fragen<br />

korrekt zu beantworten. Ich denke, damit<br />

wollen die Verantwortlichen der<br />

Clubsatzung nur ihre These untermauern,<br />

dass auch bei den Clubgründern<br />

einige Schrauben locker sitzen.<br />

_Dann ist es endlich soweit. Jetzt noch<br />

schnell ein paar gute Sitzplätze ausgemacht<br />

- den üblichen Sitznummern-<br />

Quatsch wie in herkömmlichen Kinosälen<br />

sucht man hier vergebens. Früher<br />

war eben doch so manches besser. Das<br />

Bier fließt in Strömen und gut 200 Fans<br />

grölen und jubeln zu dem heutigen Double-Feature<br />

mit den Spaghetti-Western<br />

„Noch Warm und schon Sand drauf“! und<br />

„Wenn du krepierst, lebe ich“! Die deutschen<br />

Titel sind einfach der Hammer!<br />

Zwischen den Filmen wird diskutiert,<br />

werden Kontakte geknüpft und Nummern<br />

ausgetauscht oder gleich die nächste<br />

private Filmsession ausgerufen. Die<br />

Leute sind supernett, in keinster Weise<br />

abgehoben oder arrogant im Gehabe.<br />

Dort kommen alle gesellschaftlichen und<br />

sozialen Schichten sowie alle Altersgruppen<br />

zusammen, um geschlossen für etwa<br />

vier Stunden der Realität zu entfliehen.<br />

_Ich habe jedes Mal einen Heidenspaß<br />

und kann Noch-Skeptikern und Spontan-Interessenten<br />

nur wärmsten emp-<br />

fehlen, auf der Homepage des geheimnisvollen<br />

Filmclubs BUIO OMEGA mal reinzuschauen,<br />

um letzte persönliche Zweifel<br />

aus dem Weg zu räumen. Oder um es<br />

mit dem Club-Slogan deutlicher werden<br />

zu lassen: „Was Sie bei uns verpassen,<br />

ist für Sie unwiederbringlich verloren“! #<br />

Die Homepage von Buio Omega ist<br />

unter der Adresse<br />

www.buioomega.de zu erreichen.<br />

Anzeige<br />

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24<br />

Buchtipps | Texte: Heinz Dalmühle | Sigi Nasner<br />

Lesen!<br />

Rainer Schepper,<br />

„Ich war Deserteur“<br />

Agenda-Verlag, Münster,<br />

58 Seiten, 14,<strong>80</strong> Euro (D)<br />

ISBN 978-3-89688-386-5<br />

Kirsten Boie, Jutta Bauer<br />

„Ein mittelschönes Leben“<br />

Verlag Hinz&Kunzt, Hamburg<br />

27 Seiten, 4,<strong>80</strong> Euro<br />

ISBN: 978-3000261466<br />

Rainer Schepper ist ein Freund und Sympathisant<br />

der „~“ seit ihren ersten<br />

Tagen als Sprachrohr der Berbergilde. Er<br />

arbeitet als Rezitator, Publizist und Buchautor<br />

in Münster und hat gerade seine<br />

Erinnerungen an die letzten Kriegsjahre,<br />

vor allem an 1945, im Buch „Ich war Deserteur“<br />

veröffentlicht. Er berichtet sehr<br />

persönlich und spannend, wie er als 17-<br />

Jähriger von den Nationalsozialisten noch<br />

in den längst verlorenen Krieg gegen den<br />

Ansturm der Roten Armee geschickt wurde.<br />

Schepper, der völlig klare Vorstellungen<br />

von dem Unsinn des Heldentums, für<br />

Führer und Vaterland zu sterben, hatte,<br />

entwickelte unglaubliche Raffinesse darin,<br />

sich immer wieder jeder noch so bedrohlichen<br />

Situation zu entziehen. Von<br />

der SS verhaftet gelang ihm erneut die<br />

Flucht und er schlug sich von Frankfurt<br />

aus am Rhein entlang durch Westerwald<br />

und Sauerland bis nach Warendorf durch,<br />

wo sein Elternhaus inzwischen in Schutt<br />

und Trümmern lag. Unterwegs hatte er<br />

Wenn es um das Thema Obdachlosigkeit<br />

und die Beurteilung von Menschen, die<br />

auf der Straße leben, geht, dann scheinen<br />

immer noch sehr viele Menschen ein<br />

„Brett vor dem Kopf“ zu haben. Unterstützt<br />

von etlichen Massenmedien, diversen<br />

Stammtischrunden und allem<br />

möglichen halsbrecherischen Meinungsmachern<br />

wird ihnen teilweise ein Bild<br />

suggeriert, das völlig wirklichkeitsfremd<br />

ist. Aber viele, vielleicht sogar die meisten<br />

Vorurteile gegenüber Obdachlosen<br />

resultieren aus frühkindlicher Erziehung:<br />

„Was Hänschen nicht lernt, das lernt Hans<br />

nimmermehr“, sagt ein altes Sprichwort.<br />

Aus diesem Grund hat das Obdachlosenmagazin<br />

Hinz&Kunzt aus Hamburg im Eigenverlag<br />

dieses Buch herausgebracht,<br />

das von der Landeszentrale für politische<br />

Bildung finanziert wurde. Beschrieben<br />

wird der Alltag eines obdachlosen Mannes,<br />

der eine ganz „normale“ Kindheit<br />

und Jugend durchlebt und später auch<br />

ein durchschnittliches Familien- und Berufsleben<br />

führt. Mit Frau und zwei Kindern<br />

und allem, was zu einem glücklichen<br />

Familienleben eben dazu gehört. Irgend-<br />

eine Menge lebensgefährlicher Situationen<br />

zu meistern. Bemerkenswert ist die<br />

große Unterstützung und Hilfsbereitschaft<br />

der Bevölkerung. Ausdrücklich erwähnt<br />

Schepper, dass ihm Adenauer ein Nachtlager<br />

verweigerte. Spannend und lehrreich,<br />

ist „Ich war Deserteur“ ein gutes<br />

Beispiel, wie man auch als Einzelner seinen<br />

Idealen und seinem Herzen treu bleiben<br />

kann, auch wenn man sich gegen Obrigkeit<br />

und Mainstream auflehnen muss.<br />

Ein spannendes Buch, das sich auch gut<br />

als Lektüre für Schulen eignen würde. #<br />

Rainer Schepper liest:<br />

Ich war Deserteur<br />

Dienstag, 9. Februar 2010 um 20 Uhr<br />

in der Rüstkammer des Rathauses<br />

zu Münster am Prinzipalmarkt<br />

wann gab es jedoch Probleme in der Beziehung<br />

zu seiner Frau und die anschließende<br />

Trennung. Danach folgte für den<br />

Mann, nicht von heute auf morgen, aber<br />

nichts desto trotz kontinuierlich der Absturz:<br />

Jobverlust, Kontaktschwierigkeiten,<br />

Vereinsamung, erste Alkoholprobleme,<br />

keine Miete mehr gezahlt, Wohnungsverlust,<br />

Obdachlosigkeit. Das Buch zeigt<br />

beispielhaft anhand eines ganz normalen<br />

Lebens, dass Obdachlosigkeit im<br />

Grunde jeden treffen kann und nicht,<br />

wie manche Leute meinen, wie eine<br />

schlimme Krankheit behandelt werden<br />

sollte, die nur bestimmte schlimme Leute<br />

bekommen können. Erzählt wird das alles<br />

in einer sehr kindgerechten Sprache und<br />

einer schönen Bebilderung. Am Schluss<br />

des Buchs gibt es noch eine Auswahl von<br />

Fragen und Antworten zum selben Thema.<br />

Die Fragen wurden dabei von Hamburger<br />

Grundschülern formuliert, die Antworten<br />

gaben Verkäufer des Straßenmagazins<br />

Hinz&Kunzt. #


Persische Rezepte | Text und Foto: Adik Alexanian<br />

Persische Küche<br />

Die persische Küche vereint orientalische und asiatische Elemente, eine Vielzahl an<br />

Gewürzen sorgt für einen charakteristischen Geschmack. Koriander, Bockshornklee<br />

oder auch andere Kräuter finden reichlich Verwendung, die Palette der Geschmacksrichtungen<br />

reicht von sehr süß bis zu leicht sauer. Die aufwändige Zubereitung<br />

erfordert etwas Geduld, aber entlohnt wird man für seine Mühen mit Gerichten,<br />

die durch ihre ausgeprägte Aromenharmonie zu gefallen wissen. Vielleicht kommen<br />

Sie ja auf den Geschmack!<br />

Ququ (Vorspeise)<br />

Zutaten:<br />

Schnittlauch<br />

1 Bund Basilikum<br />

1 Stange Poreé<br />

5 Eier<br />

1 EL Backpulver<br />

3 EL Mehl<br />

Salz<br />

Pfeffer<br />

Zubereitung:<br />

_ Zuerst werden die Kräuter klein geschnitten<br />

und in einer Schüssel mit den<br />

Eiern verquirlt. Ähnlich wie bei einem<br />

Omelett wird dann das Backpulver eingerührt<br />

und mit Salz und Pfeffer gewürzt.<br />

Die Mischung in eine Pfanne mit vorgeheiztem<br />

Öl geben. Mit aufgesetztem Deckel<br />

bei niedriger Hitze ziehen lassen.<br />

Nach 15 min. wenden und die andere Seite<br />

garen lassen. Fertig ist das „Ququ“. #<br />

Choreschte Mosamo<br />

Zutaten:<br />

3 Auberginen<br />

5 Tomaten<br />

4 Grüne Paprika<br />

500g Rinderbraten<br />

2 EL Tomatenmark<br />

1 Zwiebel<br />

Salz<br />

Pfeffer<br />

Zubereitung:<br />

_Zunächst die Haut der Auberginen abschälen<br />

und das Gemüse in fingerdicke<br />

Scheiben schneiden. Dann in einer Pfanne<br />

Öl erhitzen und die Auberginen andünsten<br />

lassen. Ebenso werden nacheinander<br />

die Tomaten und der Paprika<br />

in Scheiben geschnitten und angedünstet.<br />

Danach die Zwiebel klein schneiden<br />

und anbraten, dazu das in kleine<br />

Stücke zerteilte Rinderfleisch geben und<br />

ebenfalls anbraten. Das Tomatenmark<br />

mit Wasser aufrühren und das Fleisch<br />

damit ablöschen. Das Ganze etwas ziehen<br />

lassen. Anschließend den Pfanneninhalt<br />

in eine Auflaufform füllen und das<br />

vorbereitete Gemüse darübergeben. Zugedeckt<br />

ungefähr 30 min bei 170 Grad im<br />

Ofen köcheln lassen, zum Schluss mit Salz<br />

und Pfeffer abschmecken. #<br />

Salat Olive<br />

Zutaten:<br />

10 große Kartoffeln<br />

1 kleine Hühnerbrust<br />

5 Eier<br />

1 kl. Dose Erbsen<br />

Mayonnaise<br />

einige Oliven<br />

2 Tomaten<br />

Zitronensaft<br />

1 Glas Salzgurken, mittelgroßes Glas<br />

1 kleine Zwiebel<br />

Wasser<br />

Salz und Pfeffer<br />

Zubereitung:<br />

_Kartoffeln waschen, Eier kurz in warmes<br />

Wasser legen, wenn sie aus dem Kühlschrank<br />

kommen. Die Kartoffeln als Pellkartoffeln<br />

kochen und ca. 10 min. vor<br />

Schluss die Eier dazu in den Topf geben<br />

und mitkochen. Die Hühnerbrust mit der<br />

geschnittenen Zwiebel kochen, bis sie<br />

weich ist. In der Zwischenzeit die Gurken<br />

in kleine Würfel schneiden und in eine<br />

Schüssel geben. Wenn die Kartoffeln und<br />

Eier gar sind, schälen, danach alles klein<br />

schneiden. Die Kartoffeln entweder leicht<br />

stampfen oder in Scheiben schneiden.<br />

Danach alles in die Schüssel geben und<br />

mit etwas Mayonnaise vermengen. Zum<br />

Schluss mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft<br />

würzen und noch einmal vermengen. Mit<br />

Tomaten und Oliven dekorieren. #<br />

25


26<br />

Bericht | Text: Jörg Hüls | Foto: Mike Schermann<br />

Preußen Report<br />

Interview mit Sercan Güvenisik<br />

Zum Anfang der Hinrunde stotterte der<br />

Preußen Motor noch gewaltig, das selbst<br />

auferlegte Ziel „Aufstieg“ hielt dem<br />

Druck nicht stand und so spielten die<br />

Adlerträger in den ersten Spiele zu defensiv<br />

und ängstlich. Die Quittung gab<br />

es postwendend und hieß nach dem<br />

fünften Spieltag Platz 17 und somit Abstiegsplatz.<br />

Schuldige wurden gesucht<br />

und schnell gefunden, 'Schmidt und<br />

Gockel raus!'- Rufe waren im Preußenrund<br />

nicht mehr zu überhören.Doch<br />

diesmal anders als im Fußballgeschäft<br />

üblich hielt die Vereinsführung zu Spielern,<br />

Manager und Trainern, in einer<br />

flammenden Rede erklärte Präsident<br />

Dr. Marco de Angelis seine Gründe: „Seit<br />

1993 haben wir 17 Trainer gehabt. Wie<br />

viele Titel haben die geholt? - Null!“ Dr.<br />

de Angelis entschied sich gegen eine<br />

Entlassung des Trainers und somit dieses<br />

Mal gegen das übliche Prozedere.<br />

_Die Entscheidung von Dr. Marco de Angelis<br />

sich hinter die Mannschaft und den<br />

Trainer zu stellen, erwies sich letztlich als<br />

die richtige. Mit einer gehörigen Portion<br />

Wut und einer spürbar besseren Einstellung<br />

kämpften sich die Adlerträger zurück<br />

und holten aus den nächsten sieben<br />

Partien beeindruckende 17 Punkte. Bis<br />

auf drei Punkte konnte sich der SCP der<br />

Spitze nähern. Jedoch verzerrten die wetterbedingt<br />

abgesagten Partien zum<br />

Schluss der Hinrunde die Tabellenkonstellation.<br />

Mit zwei Nachholspielen und<br />

12 Punkten Rückstand zur Tabellenspitze<br />

beginnt am 30. Januar in Bochum der<br />

lange Endspurt im Titelrennen der Fußball-Regionalliga.<br />

Zum Tüpfelchen auf<br />

dem I könnte dabei Sercan Güvenisik<br />

avancieren. Der zur Winterpause überraschend<br />

eingekaufte Spieler, der sich<br />

trotz Anfragen aus der zweiten Liga für<br />

den SCP entschied, ist sicherlich mehr als<br />

eine Bereicherung für Preußen Münster.<br />

Grund genug für uns, Sercan Güvenisik<br />

um ein kurzes Interview zu bitten.<br />

~: Warum hast du dich für Preußen<br />

Münster entschieden, obwohl es Angebote<br />

aus der zweiten Liga gab?<br />

Sercan Güvenisik: Ich hatte schon einmal<br />

eine sehr schöne Zeit hier und ich<br />

hab immer gewusst, dass die Menschen<br />

hier zu mir stehen. Und das war für mich<br />

ausschlaggebend, mich für Preußen Münster<br />

zu entschieden und natürlich auch<br />

das Verhältnis, das ich weiterhin zum<br />

Präsidium hatte, im Besonderen zu Marco<br />

de Angelis.<br />

~: Siehst du dich als Führungsspieler<br />

bei Preußen Münster?<br />

Sercan Güvenisik: Ja, mit Sicherheit, also<br />

ich bin 30 Jahre alt, ich bin schon seit 12<br />

Jahren Profi und ich habe sehr viele Stationen<br />

hinter mir. Wenn man aus der 2.<br />

Liga kommt und in meinen Alter ist, dann<br />

sollte man schon eine Führungsrolle einnehmen.<br />

~: Wo siehst du die Gründe für den<br />

Fehlstart der Preußen zur Hinrunde?<br />

Sercan Güvenisik: Das kann ich jetzt natürlich<br />

schwer beurteilen, da ich das ja<br />

nicht komplett verfolgt habe. Ich kenne<br />

nur die Ergebnisse, jedoch denke ich,<br />

dass der Rückstand noch nicht das Ausmaß<br />

umfasst, dass wir die Punkte in der<br />

Rückrunde nicht einholen könnten. Deshalb<br />

müssen wir einfach schauen, dass<br />

wir das, was am Anfang nicht so gut lief,<br />

jetzt im nachhinein wieder gut machen<br />

können.<br />

~: Für wie realistisch hältst du den<br />

Aufstieg noch in dieser Season?<br />

Sercan Güvenisik: Für wie real? (lacht)<br />

Möglich ist alles, besonders im Fußball,<br />

aber natürlich sind die Chancen nicht sehr<br />

groß. Aber ich bin auch als Typ bekannt,<br />

der erst etwas aufgibt, wenn es gar nicht<br />

mehr möglich ist. Von daher gesehen<br />

hoffe ich, dass wir das noch schaffen<br />

können.<br />

~: Welche Sturmformation würdest<br />

du auflaufen lassen, wenn du Trainer<br />

wärst?<br />

Sercan Güvenisik: Ich bin kein Trainer!<br />

(lacht)<br />

~: Muss die jetzige Mannschaft<br />

noch verstärkt werden und wenn ja, auf<br />

welchen Positionen, um für den Fall des<br />

Aufstiegs die Klasse halten zu können?<br />

Sercan Güvenisik: Ich glaube nicht, dass<br />

die Mannschaft noch unbedingt verstärkt<br />

werden muss, weil wir wirklich Jungs hier<br />

haben, die was drauf haben. Wichtig ist<br />

nur, dass wir einfach alles zu 100% umsetzen<br />

können, was wir können, und<br />

dann denke ich auch, dass wir oben mitspielen<br />

und angreifen werden.<br />

~: Danke für das kurze Gespräch.<br />

Nun gilt es also die Kräfte zu bündeln.<br />

Gleich die ersten Gegner, VfL Bochum II,<br />

1. FC Kaiserslautern II, FC Schalke 04 II<br />

sowie der 1. FC Saarbrücken werden den<br />

Preußen alles abverlangen. Der Druck auf<br />

Preußen Münster ist zwar der gleiche wie<br />

am Anfang der Saison, jedoch scheint sich<br />

die Mannschaft jetzt gefunden zu haben.<br />

Die Chance zum Aufstieg ist nach wie vor<br />

gegeben, wobei die Entscheidung Sercan<br />

Güvenisiks, beim SCP zu spielen, das<br />

ganze Team noch weiter puscht. Bei einem<br />

gelungenen Rückrundenstart ständen<br />

sicherlich auch die Fans als 13ter<br />

Mann hinter den Adlerträgern. Denn eines<br />

ist sicher, Münster lechzt nach dem Aufstieg.<br />

#


Kurz und Knapp<br />

Essen im Enchilada<br />

Am 10.01.2010 wurden insgesamt <strong>80</strong> Wohnungslose und Sozialbenachteilige<br />

aus den Reihen der ~, des Treffpunktes<br />

an der Clemenskirche und dem Haus der Wohnungslosen Hilfe<br />

ins Enchilada zum Drei-Königs-Essen eingeladen! Wir wollen<br />

hiermit dem Enchilada-Team danken für das wunderbar leckere<br />

Essen und für die offene Freundlichkeit, mit der uns das<br />

Team entgegengekommen ist. #<br />

§<br />

Neues aus dem Familienrecht<br />

Unterhalt von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt<br />

Es erstaunt immer wieder, dass junge Leute, die es doch gerade<br />

angeht, nicht darüber informiert sind, dass der betreuende<br />

Elternteil einen eigenen Unterhaltsanspruch gegen den nicht<br />

betreuenden Elternteil hat (§1615 l BGB), ohne dass die Kindeseltern<br />

verheiratet sind und unabhängig vom Unterhaltsanspruch<br />

des Kindes.<br />

_Morton und Frauke kennen sich schon aus der Realschule haben<br />

sich nach einigen Jahren wieder getroffen und bezogen<br />

eine gemeinsame Wohnung. Sie hatte ihre Ausbildung zur Zahnarzthelferin<br />

bereits abgeschlossen und drei Jahre in diesem Beruf<br />

gearbeitet mit einem Nettoeinkommen von 1.200,00 Euro.<br />

Der Zahnarzt hatte seine Praxis allerdings aus Altersgründen<br />

aufgegeben, so dass Frauke gerade arbeitslos war. Morton hatte<br />

sein Ingenieurstudium erfolgreich abgeschlossen und verdiente<br />

monatlich netto etwa 4.000,00 Euro.<br />

_Als Frauke nach zwei Jahren des Zusammenlebens mit Morton<br />

im 7. Monat schwanger war, wurde die Beziehung zwischen<br />

beiden immer stressiger und beide trennten sich einvernehmlich.<br />

Morton ist bereit, später - nach der Geburt des erwarteten<br />

Kindes - Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle zu<br />

bezahlen. Ansonsten ist er der Auffassung, Frauke könne sich<br />

einen Job suchen und das Kind von ihren Eltern betreuen lassen.<br />

Die neue ~<br />

erscheint am 01. 03. 2010<br />

Redaktionsschluss<br />

ist der 12. 02. 2010<br />

Tauschrausch:<br />

~-Tauschaktion immer noch aktuell:<br />

www.muenster.org/draussen/tauschrausch.html<br />

Redaktionssitzung:<br />

Jeden Dienstag um 14:00 Uhr findet die Redaktionssitzung<br />

statt. Freie Mitarbeiter sind immer willkommen!<br />

_Er muss sich allerdings eines Besseren belehren lassen. Er hat<br />

der Kindesmutter Frauke zunächst sechs Wochen vor und acht<br />

Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren und<br />

im Normalfall, wenn von Frauke wegen der Erziehung und<br />

Pflege des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden<br />

kann, bis mindestens drei Jahre nach der Geburt des Kindes<br />

weiterhin Betreuungsunterhalt für Frauke zu zahlen. Frauke<br />

hat auch das Recht, in den ersten drei Jahren des Kindes dieses<br />

selbst zu betreuen und zu erziehen und nicht durch Dritte<br />

betreuen zu lassen, wie etwa den Großeltern. Bei der Höhe des<br />

Unterhalts der Kindesmutter kommt es auf ihre Lebensstellung<br />

zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes an. Da Frauke arbeitslos<br />

war, wird nicht ihr letztes Gehalt als Zahnarzthelferin berücksichtigt,<br />

sondern steht ihr nach der Rechtsprechung als Bedarf<br />

der notwendige Selbstbehalt einer nicht Erwerbstätigen zu, der<br />

sich zur Zeit auf 770,00 Euro beläuft.(vgl. BGH NJW 2008, 3125)<br />

_Sollte Frauke trotz ihres Unterhaltsanspruchs wegen der Kindesbetreuung<br />

noch in den ersten drei Lebensjahren des Kindes<br />

berufstätig sein, ist dieses Gehalt nur teilweise - je nach<br />

den Umständen des Falles - bei der Berechnung des Unterhaltsanspruch<br />

zu berücksichtigen, da es aus überobligatorischer<br />

Tätigkeit stammt. Frauke würde also unterhaltsrechtlich mehr<br />

leisten, als von ihr erwartet wird. #<br />

27


28<br />

Bericht | Text: Horst Gärtner<br />

Schlussakkord<br />

Der Name „Daisy“ weckt kuschelweiche Erinnerungen an die<br />

Verlobte von Donald Duck; sie ist schön, lebhaft und hat einen<br />

schmachtenden Blick.<br />

_So präsentierte sich das mit Katastrophenvoranmeldungen<br />

angekündigte Tief „Daisy“, das wochenlang ganz Europa in<br />

seiner Umklammerung hatte, beileibe nicht, sondern ruppig,<br />

frostig, mit Schnee, Eis und Sturm, wie wir Münsterlander<br />

Flachlandtiroler das seit Jahren nicht mehr erlebt haben.<br />

Wetterverhältnisse, die für uns alle unangenehm, lästig und<br />

beschwerlich waren, für die Menschen auf der Straße und<br />

auch für unsere Straßenverkäuferinnen und Straßenverkäufer<br />

ausgesprochen bedrohlich, eine Wetterlage zum „Zähne zusammenbeißen“.<br />

_Wer bei Schnee, Eis, Sturm und Temperaturen zwischen 10<br />

und 20 Grad minus im Pelzmantel, einer Lammfell- oder<br />

Daunenjacke eine zeitlang „draußen“ sein musste, der kroch<br />

schnell wieder ins Warme - in seine Wohnung, ins Büro, ins<br />

Geschäft oder in den Betrieb.<br />

_Unsere Straßenverkäuferinnen und Straßenverkäufer haben<br />

keinen Pelz, kein Lammfell und keine Daunenmäntel. Sie<br />

Cleopatra<br />

wuchs an einer stark befahrenen Kreuzung bei einem sehr katzenfreundlichen<br />

Obdachlosen auf und verbrachte dort mit mehreren anderen Katzen<br />

ihre ersten beiden Lebensjahre. Leider wurde sie von den dortigen Katzen<br />

oft verscheucht und zeigt sich auf der Pflegestelle verängstigt und unterwürfig<br />

den vorhandenen Katzen gegenüber. Aus diesem Grund sollte sie<br />

entweder als Einzelkatze oder zu einem freundlichen, nicht dominanten<br />

Kater vermittelt werden. Wegen ihrer anfänglichen Zurückhaltung gegenüber<br />

fremden Menschen sollten die neuen Besitzer mit einer etwas längeren<br />

Eingewöhnungsphase rechnen und ihr genügend Zeit geben, um Vertrauen<br />

aufzubauen. Danach möchte sie gerne wieder Auslauf bekommen. Sobald<br />

sie sich eingewöhnt hat, wird sie sich als verspielte und lebhafte Katze<br />

entpuppen, die sich gerne in der Nähe ihrer vertrauten Dosenöffner aufhält<br />

und mit Begeisterung schmusen kann. Cleopatra ist 2 Jahre alt und<br />

sucht ein ruhiges Zuhause - gerne mit größeren Kindern.<br />

Kontakt:<br />

Tel. 0251/8469757 oder<br />

www.katzenhilfe-muenster.de<br />

stehen stundenlang auf der Straße und frieren. Da hilft es nur<br />

wenig, dass das Christkind Pullis gebracht hatte, dass wir Jacken<br />

und Handschuhe verteilten, so gut wir konnten. Wir sind<br />

froh, dass in dieser Zeit niemand ernstlich krank geworden ist.<br />

Dank an unsere Verkäufer, dass sie durchgehalten haben.<br />

_Wenn man in dieser Zeit - und auch jetzt noch - einen Blick nach<br />

Berlin wirft, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren,<br />

dass mit „Daisy“ dort auch alles eingefroren ist; außer dem Mundwerk,<br />

mit dem sich der eine noch besser profilieren will als der<br />

andere! Was diese Wunschkoalition den Wählerinnen und Wählern<br />

(und Steuerzahlern!) seit Monaten präsentiert, geht nicht auf die<br />

berühmte Kuhhaut! Es melden sich Politiker aus der 2. und 3. Reihe<br />

zu Wort und alle wollen sie nur eins: Das parteipolitische Profil<br />

schärfen - dafür sind sie aber nicht in den Bundestag gewählt<br />

worden!<br />

_Wenn man Ausschau hält nach Regierungsmitgliedern, die sich<br />

die Ärmel hochkrempeln, dann hat man es mit der Standortbestimmung<br />

schwer. Man hat eher den Eindruck, es geht nach dem<br />

berühmten bayrischen Kabarettisten Karl Valentin in seinem Lied:<br />

„Jetzt fang´n wir gleich an“ - das singen in dem Lied die Maurer<br />

so lange, bis „Feierabend“ geläutet wird! #


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Der diesjährige Kinderprinz heißt Christian Limberg-Sulzer, Enkel des Karnevalsprinzen Hermann II. von 1998. Hermann Limberg<br />

war in der Session 1997/1998 Stadtprinz von Münster, aber auch schon vorher ist er Karnevalist mit Leib und Seele, davon zeugen<br />

die rund 4.000 Orden, die er von den Münsteraner Karnevalsvereinen in den Jahren erhalten hat, auch das „Tanzende<br />

Schloss“ der KG Schloßgeister, die höchste Auszeichnung für einen Karnevalisten, der „Knabbelorden“ der Narrenzunft vom<br />

Zwinger. Hermann Limberg, seit vielen Jahren erfolgreicher Unternehmer im Bettengeschäft, wird von Freunden gelegentlich<br />

„Papst der Betten“ genannt, weil er die Betten für den Papst bei seinem Münster-Besuch geliefert hatte. Er unterstützt die<br />

„~“ mit seinem sozialen Engagement seit Jahren.<br />

Terminankündigung<br />

Dienstag, 9. Februar 2010 20 Uhr<br />

in der Rüstkammer des Rathauses zu Münster am Prinzipalmarkt<br />

Ich war Deserteur<br />

Rainer Schepper berichtet<br />

Diese Lesung wird veranstaltet von Rainer Schepper mit freundlicher Unterstützung<br />

durch das Kulturamt der Stadt Münster Tel. 0251/2302194 (Platzreservierungen)<br />

Eintritt: 10 Euro, Studenten und Schüler 5 Euro<br />

Rainer Scheppers Autorenlesung wird akustisch eingefasst von vier Schlagzeugimprovisationen seines mit dem<br />

damaligen Deserteur heute etwa gleichaltrigen Enkelsohns Sebastian Lambers, zugehörig der Sendener Jugendband<br />

„Without Skills“, einer Gruppe, die sich gegen Kindermissbrauch einsetzt und noch jüngst in Berlin auf einer Veranstaltung<br />

der World Childhood Foundation vor der schwedischen Königin Silvia, der Schirmherrin der Organisation, auftrat.<br />

In der Rüstkammer des Rathauses zu Münster treten Rainer Schepper und Sebastian Lambers auf gegen jede Art von<br />

Menschenmissbrauch, sei es im Krieg oder im Frieden.<br />

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300<br />

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Letze Meldung:<br />

„Die Westfälischen Nachrichten“ brachten auf der Westfalenseite am 20. Januar 2010 einen Artikel mit dieser Überschrift.<br />

Die augenzwinkernde Klarstellung von „~“ lautet: Wir waren es nicht!


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