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Hans Joachim von Brockhusen<br />
Die Königstochter im N aumburger Westchor
Sonderdruck aus<br />
Der Herold, Vierteljahrsschrift für Heraldik,<br />
Genealogie und verwandte Wissenschaften, Bd. 7, Heft 9
220<br />
aufbewahrt wird, während die verlorene Deckplatte leider nur durch eine recht ungeschickte<br />
Zeichnung überliefert ist 9 ). Sie zeigt den Fürsten mit einem Schappel in Form<br />
eines schmalen Reifs, vorn mit drei Rosetten geziert 10 ), zur Rechten aber seine Gemahlin,<br />
Mathilde von Bayern, gest. 1319, mit einer Königskrone auf dem Haupt, zur<br />
Seite ein längs herabwehendes Spruchband: ,,+ SOROR LODEWICI EMPERA<br />
TORIS" (= Schwester des Kaisers Ludwig), und zwar dies, obwohl Ludwig IV.<br />
der Bayer seit 1314 zunächst nur König war und erst lange nach dem Tod seiner<br />
Schwester 1328 auch die Kaiserwürde gewonnen hat. So bedeutsam jedoch erschien<br />
den Zeitgenossen diese bloße Seitenverwandtschaft, daß man die an sich von Geburt<br />
ranggleiche Herzogin neben ihrem Gatten in Bild und Schrift königlich erhöhte!<br />
Kehren wir nun ins 13. Jahrhundert zurück, das uns hier näher berührt, dann<br />
finden wir "bald nach 1265" im Südturm der Stiftskirche zu Stuttgart ein vermutlich<br />
von der alten Grablege in Beutelsbach später dorthin überführtes Monument, das<br />
den Grafen Ulrich I. von Württemberg mit einem hoch ragenden Laubkranz, durchaus<br />
nicht zu verwechseln mit einem Kronreif, neben seiner Gattin, Agnes von Liegnitz,<br />
darstellt, die ihrerseits einen Witwenschleier, und zwar mit freiem Hals ohne das<br />
sonst damals übliche Gebände trägt ll ). Eben dieses modische Kleidungsstück treffen<br />
wir aber "nach 1280" unweit Stuttgart in der Stadtkirche von Markgröningen (westlich<br />
Ludwigsburg) am sogenannten "Fürstenpfeiler", wo eine "Gräfin" mit bordierter<br />
Gebändekappe 12 ) einer "Königin" mit regelrechter Krone gegenübergestellt ist 13 ).<br />
Abhängig von den Naumburger "Stifterfiguren" gilt das Denkmal des Grafen<br />
Ernst IV. von Gleichen (Abb. 2), das aus der Peterskirche in den Dom zu Erfurt versetzt<br />
worden ist 14 ). Als Bruder des Bischofs Hermann von Cammin ist dieser Graf<br />
1277 in Stolp (Hinterpommern) verstorben, aber durch den berühmten Stein, der zur<br />
Sage von einer angeblichen Doppelehe veranlaßte, zwischen seinen beiden Frauen<br />
in der thüringischen Heimat verewigt worden. Zur Linken (vom Beschauer rechts)<br />
steht, wie wir sehen werden, seine erste Gattin, deren Gebändekappe eine Krone<br />
9) G. Schnath, Das Sachsenroß. In: Schriftenreihe der Landeszentrale für Heimatdienst in<br />
Niedersachsen, Reihe B, Heft 6, 1958, Tafel XI, Abb.37, nachf.\J.Rehtmeier, Braunschweig<br />
Lüneburgische Chronica, 1722, Bd. I, Tafel 5. - Die "Kunst" der Darstellung und das<br />
Erscheinungsjahr 1722 stimmen übrigens mit dem bei R. Stoewesand, Uta und die Anfänge<br />
des Hauses der Askanier, in: Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Herold zu Berlin,<br />
1969, S. 19, abgebildeten Stich aus dem Werk des Eccardus überein. Zu diesem vergleiche<br />
nun ferner: H. J. v. Brockhusen, Zur angeblichen Tumbenplatte des Peter Wlast (gest. 1153).<br />
In: Zeitschrift für Ostforschung, 19. Jgg., 1970, Heft 3, S. 446-448 mit drei Abb.<br />
10) Vgl. dazu die Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, die Weingartner und die Große<br />
Heidelberger ("Manessische") Liederhandschrift mit verschiedenen Spielarten dieses Kopfschmucks<br />
in mannigfaltigen Formen aus Laub- und Blumenkränzen, Perlenketten, Metallreifen,<br />
Stoffwulsten u. dgl. m., insbesondere den prächtigen Onyx im Allerheiligenmuseum<br />
zu Schaffhausen mit der Gestalt des Grafen Ludwig II!. von Froburg in der Schweiz um<br />
1240 (Rittertum. Dokumente zur aargauischen Kunstgeschichte. Nr.2. 2. Auf!. 1964, Nr.307<br />
u. Abb. S. 267).<br />
11) H. Christ, Kunstwanderungen in Württemberg und Hohenzollern, 3. Auf!. 1955,<br />
S. 20, wo auf den Vergleich mit dem Grabmal Herzog Heinrichs IV. von Schlesien in der<br />
Kreuzkirche zu Breslau hingewiesen wird. Dazu Abb. nach alphabet. Folge, ohne Seitenzahl,<br />
im Anhang.<br />
12) H. Koepf, Schwäbische Kunstgeschichte, Bd. 3, 1963, Bildtafel nach S. 8, Abb. 1.<br />
13) Koepf, a. a. 0., Abb. 3, wo zum Vergleich die bisher als "Reglindis" bezeichnete Figur<br />
aus Naumburg als Abb. 2 gegenübergestellt wird.<br />
14) Die Kunstdenkmale der Provinz Sachsen, Bd.1. Die Stadt Erfurt, 1929, S. 318 f., mit<br />
teilweise überholten (genealogischen) Angaben, dazu S. 315, Abb. 261.
umgibt, nämlich ein Reif, auf dem sich dreiteilige Blattornamente deutlich bis zum<br />
oberen Rand dieser Kopfbedeckung erheben. Ingeborg Pedersdatter aus dem Hause<br />
Ulfeldt erscheint so sinnbildlich als Nachfahrin eines Königs, und das stimmt: Knut<br />
der Heilige von Dänemark, ermordet 1086, ist über seine Tochter Caecilia, vermählt<br />
mit dem Jarl Erik von Falster, ihr direkter Urahn 15 ). Die zweite Frau des Grafen<br />
Ernst zu seiner Rechten (vom Beschauer links), Margarete OlofsdOatter von Bawelse,<br />
Abb. 2. Graf Ernst IV. von Gleichen zwischen seinen beiden dänischen Frauen. Grabstein<br />
im Dom zu Erfurt<br />
(Foto: Bildarchiv Foto Marburg)<br />
15 S. O. Brenner, Nachkommen Gorms des Alten, 1965, S. 18, Nr.224, über vier Generationen<br />
zurück bis S.4, Nr.49. - Daß Ernst selbst ebenfalls von Gorm abstammt (Brenner,<br />
S. 20, Nr. 263), wird auf seinem Grabmal freilich nicht angedeutet.<br />
221
222<br />
Tochter eines dänischen Schenken 16 ), immerhin eines ansehnlichen Ministerialen, trägt<br />
zum Gebände lediglich eine flache Kappe ohne weiteren Zierat. Der Unterschied<br />
beider Damen ist demnach bewußt und gewollt. Auch ein Siegelbild aus der Zeit um<br />
1306/1308 kann hier herangezogen werden 160 ), das die Figur der Gräfin Jutta von<br />
Sternberg (aus Zweig des Hauses Schwalenberg-Waldeck) geborenen von Bentheim<br />
Tecklenburg, vorn beseitet von drei Wappen übereinander, hinten von sechs Sternen,<br />
aufweist. Dazu heißt es lediglich: " ... interessant ist dieses Siegel auch noch besonders<br />
wegen der Krone, welche die Gräfin trägt." Das ist alles! Man darf sich<br />
wundern" daß man sich damals keine weiteren Gedanken über den Grund dieses<br />
Schmuckes gemacht hat; denn unter den Ahnen dieser Jutta stößt man auf Graf<br />
Hermann von Luxemburg-Salm, immerhin Gegenkönig Heinrichs IV. von 1081 bis<br />
1088 16b ).<br />
Nicht anders kann es nach solchen Ausführungen auch bei den sogenannten "Stifterfiguren"<br />
im Westchor des Naumburger Domes sein, wenn man die Grundsätze der<br />
Analogie gelten läßt. Freilich müssen wir uns in diesem Fall - nicht leichten Herzens<br />
oder gar mutwillig! - von vertrauten, länger hergebrachten Meinungen lösen. Das<br />
eifernde Bemühen von R. Stoewesand 17 ) um die Deutung darf uns beim Augenschein<br />
der Tatsachen nicht irremachen, auch wenn er betont, die Umschrift des Schildrandes:<br />
"EC/HAR TVS" oben und "MA/RCHIO" seitwärts, jeweils durch das vorgestellte<br />
Schwert unterbrochen, kennzeichnete die beiden Hauptgestalten "ganz selbstverständlich"<br />
als Ekkehard und Uta, ferner das ihnen gegenüberstehende Paar "ebenso selbstverständlich"<br />
als Hermann und Reglindis 18 ).<br />
Trotzdem sind hierzu schon früher leise Zweifel geäußert worden. G. Bäumer 19 )<br />
bemerkt: "Also Hermann, Markgraf von Meißen, ist der Gemahl der Regelindis, die<br />
ihrerseits - man sollte es vor ihrem Bild nicht denken - die Tochter des Herzogs<br />
und Königs Boleslaw I. von Polen ist ... " W. Schlesinger 20 ) dagegen findet, daß<br />
Ekkehard I. und n., Vater und Sohn, miteinander verwechselt wurden, und betont:<br />
"Einen Niederschlag hat diese Vermengung der Persönlichkeiten darin gefunden,<br />
16) F. Baron Freytag von Loringhoven, Europäische Stammtafeln IV, 1961, Tafel 68. Die<br />
Grafen von Gleichen.<br />
160) F. K. Fürst zu Hohenlohe-Waldenburg: Sphragistische Aphorismen, 1882, S.81,<br />
Nr. 215, zu Tafel XIX.<br />
16b) E. Brandenburg: Die Nachkommen Karls des Großen, 1935, S.24, Taf. 12, die<br />
unter X 36 folgenden Generationen: Salm/Rheineck/Bentheim.<br />
17) Dabei ist unter anderem ein heraldisches Mißverständnis unterlaufen (Der Herold,<br />
Bd.6, 1967, S. 381 ff., dazu zwei Abb. auf S.383 oben); denn dort sagt er (zu Anm.83):<br />
"Sizzos Schild im Naumburger Dorn ist die erste noch primitive (I) Form des Wappens seines<br />
Hauses, das wir kennen, und eines der frühesten (I) Wappenvorkommen in Deutschland<br />
überhaupt" (zwei Ausrufezeichen von mir eingefügt). Im Gegenteil: Der Löwe in dieser<br />
ausgesprochen spätestgotisch verschnörkelten Gestalt kann überhaupt erst etwa um 1480 in<br />
den Schild gemalt worden sein, ob als Ersatz einer entsprechenden Figur älteren Stils, ist<br />
unbeweisbar. Außerdem sind ohnehin sämtliche Schilde der Naumburger Personen ganz einheitlich<br />
und ausnahmslos mit goldenen Bildern auf blauem Grund ausgestattet (vgl. unten<br />
Anm. 19 wegen der Farbfotos). Deshalb bleibt die Auslegung dieser, Wappen völlig problematisch.<br />
18) Der Herold, Bd. 6, 1966, S. 290.<br />
19) G. Bäumer, Der ritterliche Mensch. Die Naumburger Stifterfiguren in 16 Farbaufnahmen<br />
von W. Hege. 1941, S. 83, letzter Absatz.<br />
20) W. Schlesinger, Meißner Dorn und Naumburger Westchor. Ihre Bildwerke ingeschichtlicher<br />
Betrachtung. In: Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte. Heft 2. 1952, S.53,<br />
Anm. 188 am Ende.
daß im Westchor der jüngere Bruder Ekkehard im Vergleich mit Hermann als der<br />
ganz wesentlich ältere dargestellt ist." Maßgebend für diese treffende Beobachtung<br />
sind Gesichtszüge und Körperbau. Ein recht deutliches Kennzeichen darf jedoch nicht,<br />
wie bisher, übersehen werden: Das Schwert! Beim Älteren nämlich reicht sein Knauf<br />
genau bis zum Gürtel, beim Jüngeren indessen bis zur Achselhöhle. Stärker läßt sich<br />
der tatsächlich vorhandene Unterschied an Jahren und Bedeutung kaum heraustellen.<br />
Die beiderseitigen Frauen ergänzen diesen Eindruck: Wesentlich kleiner beim älteren<br />
Bruder, aber ein wenig größer und in der Haltung sichtbar überlegen beim jüngeren.<br />
Hinzu tritt schließlich noch der Kopfschmuck (Abb.3); denn die angebliche "Uta"<br />
trägt eine richtige Königskrone - als Gattin eines Markgrafen stünde sie ihr damals<br />
nicht zu! - mit noch etwas über den Kappenrand emporragenden Lilienspitzen,<br />
weit ausgeprägter als jene Zier, die wir oben bei der Gräfin Ingeborg von Gleichen,<br />
Nachfahrin dänischer Könige, gesehen haben. Die vermeinte "Reglindis" dagegen ist<br />
gleich der einzeln stehenden Gerburg zwar mit einem reich verzierten Reif ausgezeichnet;<br />
doch erheben sich die Einzelteile dieses Schmuckes ringsum nur leicht wellenförmig<br />
und geben damit in Spielarten eben den Schappel wieder, wie wir ihn sonst<br />
meist als Blumen- oder Blätterkranz gerade bei Edelfreien beiderlei Geschlechts, zum<br />
Beispiel früher bei Graf Ulrich 1. von Württemberg, Herzog Otto H. von Braunschweig<br />
und Lüneburg usw. angetroffen haben, bei dem Letzteren in bewußtem<br />
Gegensatz zur Krone seiner Gemahlin, die ja noch posthum als "Kaiserschwester"<br />
auf ihrer Tumba bezeichnet ward.<br />
Die Frauengestalt von wahrhaft königlicher Haltung und Anmut, wie sie seit<br />
jeher in der Naumburger Stiftergruppe gepriesen ward, ist also durch ihre Krone<br />
eindeutig auch als gebürtige Königstochter bezeichnet: Reglindis!<br />
Abb. 3. a) Reglindis (bisher "Uta"); b) Uta (bisher "Reglindis"); c) Gerburg<br />
Kopf-Ausschnitte der Standbilder im West chor des Doms zu Naumburg<br />
Nach polnischer Forschung 21 ) ist sie um 989 geboren und nach 1014 am 21. März<br />
gestorben, heiratete zwischen 30. April 1002 und 1003 den Markgrafen Hermann<br />
21) Genealogia. Tablice opracowal Wlodzimierz Dworzaczek.Warszawa 1959, Tabl. 1. -<br />
Aus diesem polnischen Werk können W. K. Prinz zu Isenburg / F. Baron Freytag von<br />
Loringhoven, Stammtafeln zur Geschichte der Europäischen Staaten I, 1965, Tafel 42, und 11,<br />
1965, Tafel 82, wesentlich ergänzt und berichtigt werden.<br />
223
grafen Ludwig 1. (Abb. 1), ein bleibendes Andenken daran, daß ehedem Thüringen<br />
und Hessen unter einer Hand verbunden waren. Obwohl die Zahl der Streifen an<br />
sich gleichgültig war und noch lange schwankte, ähnlich wie die Farbenfolge, erscheint<br />
doch bei diesen zwei Beispielen aus verschiedenen Zeiten zufällig das erstarrte<br />
"System" der Unterscheidung vorweggenommen, das späterhin den Löwen auf Blau<br />
für Thüringen mit Rot, für Hessen aber mit Weiß beginnen ließ.<br />
Abb. 4. Markgraf Diezmann von Meißen, Landgraf von thüringen. Bemalte Holzstatue in<br />
der Paulinerkirche zu Leipzig<br />
225
Als Endergebnis wäre folgendes Schema zu betrachten:<br />
Naumburger Hauptpaare<br />
Bisherige Namen Richtige Namen Vermutliche Vorbilder<br />
Ekkehard ............... Hermann ............... Albrecht<br />
Uta ................... . Reglindis ............... Margarete<br />
Hermann ............... Ekkehard ............... Dietrich<br />
Reglindis ............... Uta .................... Helene<br />
ANHANG<br />
Ist Hans Multschers sogenannter "Wurzacher Altar" von 1437 ursprünglich nach<br />
Konstanz oder nach Landsberg am Lech gestiftet worden?<br />
Die Farben der zollerischen "Liberey", die wir im vorangegangenen Beitrag auch<br />
bei Landgraf Ludwig l. von Hessen angedeutet fanden 1 ) und später wieder in voller<br />
Vierzahl unter Albrecht von Brandenburg, Erzbischof von Mainz seit 1514, aus drei<br />
Beispielen an Heiligengewändern kennenlernten 3 ), treffen wir offenbar außerdem<br />
noch am Hochaltar der jetzt evangelischen Marienkirche in der ehemaligen Reichsstadt<br />
Gelnhausen, wo St. Valentin (rechter Flügel, Innenseite, 3. Feld)29) und<br />
St. Wolfgang (Außenseite, 1. Feld)30) am Mantelsaum rot-gelb-grün-weiße Fransen<br />
tragen, wahrend nebenan der Engel bei Mariae Verkündigung (Außenseite, 3. Feld)<br />
auf schwarz-weißen Fliesen steht 31 ). Freilich sind diese Tafeln schon 1500 durch<br />
Nicolaus Schit in städtischem Auftrag gemalt worden; doch die Mainzer Diözese,<br />
der Gelnhausen unmittelbar zugehörte, wurde damals durch Erzbischof Berthold von<br />
Henneberg regiert, bekannt durch sein Wirken an der Reichsreform. Dieser mag die<br />
notorisch finanzschwache Stadt mittelbar unterstützt haben, indem er vielleicht seinen<br />
Neffen, Graf Hermann VIII., und dessen Gattin Elisabeth von Brandenburg, Tochter<br />
des Kurfürsten Albrecht AchilIes, bewog, zu ihrem Seelenheil einen Beitrag für dieses<br />
Altarbild zu leisten. Einen persönlichen Anlaß zum Dank für göttlichen Beistand<br />
hatte dieses Ehepaar ohnehin, weil Hermann zeitweise einziger Stammhalter seiner<br />
Aschach-Römhilder Linie war und es ihm glückte, noch eine letzte Generation, darunter<br />
gerade bis um 1500 allein fünf Söhne, zu erzeugen 32 ). So dürfte es zu erklären<br />
sein, daß zollerische Symbole in diskreter Form, wenn auch nicht als Wappen, in der<br />
Marienkirche zu Gelnhausen erscheinen, um die glückliche Mutter zu ehren, deren<br />
Bildnis übrigens in der ehemaligen Kollegiatsstiftskirche zu Römhild zusammen mit<br />
ihrem Gemahl (Träger des zollerischen Schwanen-Ordens) als Bronzerelief der<br />
Vischer-Werkstatt erhalten ist,33) nachdem sie bereits 1507 allzufrüh verstorben war.<br />
Ebenfalls aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts stammt ein weiteres Altarbild des<br />
"Meisters von Sigmaringen ", und zwar die Außenseite eines Flügels, auf dem Kaiser<br />
Heraklius und Bischof Zacharias nebeneinander betend knien 34 ). Der grüne Mantel<br />
29) L. Bickell, Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel, Bd. I. Kreis<br />
Gelnhausen (1901), Atlas I, Taf. 85 b. Diesen Altar in Gelnhausen lernte ich erst 1970 auf der<br />
Jahreshauptversammlung des Vereins f. Hess. Geschichte und Landeskunde kennen.<br />
30) Bickell, a. a. 0., Tafel 84 a.<br />
31) Bickell, a. a. 0., Tafel 84 b.<br />
32 F. Baron Freytag von Loringhoven, Europäische Stammtafeln, Bd. III, 3. Aufl. 1964,<br />
Tafel 76. Die Grafen von Henneberg-Aschach. "<br />
33) Th. Demmler, Deutsche Ritterdenkmäler in Römhild (Der Eiserne Hammer, 1941),<br />
TafeI9-11.<br />
34) Donaueschingen, Fürstlich Fürstenbergische Gemäldesammlung, Nr. 36.<br />
227
228<br />
des Geistlichen ist unten mit rot-weiß-blau-gelben Fransen besetzt, wobei das Blau<br />
wahrscheinlich eine künstlerische Freiheit sein dürfte, um nicht die Farbe des Umhangs<br />
an seinem Saum wiederholen zu müssen. Hier wäre nun an die schwäbische Linie<br />
der damaligen Grafen von Zollern zu denken. Daß sie erst 1535 als werdenbergische<br />
Erben nach Sigmaringen kamen, spielt dabei keine Rolle, weil der "Notname" des<br />
Meisters nur daher rührt, weil späterhin viele seiner Werke in den Sigmaringer<br />
Sammlungen zusammenfanden, aber nicht an Ort und Stelle, sondern in der süddeutschen<br />
Umgebung entstanden sind.<br />
Nur in ganz bestimmten Zusammenhängen ist natürlich die Deutung jener Farben<br />
auf das Haus Hohenzollern denkbar; denn bunter Fransenbesatz kommt ohne tieferen<br />
Sinn als reiner Schmuck häufig genug an geistlicher Kleidung, Decken aller Art,<br />
Betthimmeln bei Mariae Geburt und Tod, dem Baldachin über ihrem Betstuhl usw.<br />
usw. vor. Man denke etwa an den Wildunger Altar des Konrad von Soest oder an die<br />
Malereien des Sterzinger Altars, an dem freilich Multscher nur als Schnitzer beteiligt<br />
war.<br />
Eben der schwarz-weiß in zwei Reihen gestückte Streifen von ausgesprochen heraldischer<br />
Art, verbunden mit dem Fransenmuster bei der Szene Christi vor Pilatus, auf<br />
dem "Wurzacher Altar" Multschers von 1437 hat mich bewogen, das Werk als ursprüngliche<br />
Stiftung des Bischofs von Konstanz, Grafen Friedrich von Zollern, für<br />
das dortige Heiliggeisthospital anzusprechen 3 ). Nun hat der "Meister der Werdenbergischen<br />
Verkündigung'(35), der nachweislich gerade in Konstanz wirkte36), um<br />
1460/70 eine Marienkrönung gemalt, die in dieser Form ohne Multscher kaum denkbar<br />
wäre. Zu Füßen der Szene hat er nämlich einen grün gemusterten Teppich ausgebreitet,<br />
dessen Einfassung nach obigem Vorbild, aber jetzt willkürlich koloriert,<br />
rot-weiß ganz winzig schmal zweireihig gestückt und außen mit rot-weiß-grünen<br />
Fransen besetzt ist, also nur eine ganz mechanische Kopie ohne wesentlichen Inhalt<br />
darstell t 37 ).<br />
Inzwischen ist gleichzeitig mit meiner früheren Abhandlung Multschers Gesamtwerk<br />
neu und eingehend von Tripps38) untersucht worden, der nun die These verficht,<br />
der sogenannte" Wurzacher Altar" müsse richtig "Landsberger Retabel" heißen,<br />
weil er laut Inschrift: "Bitten Got für Hanssen Muoltscheren von Richenhofen Burger<br />
zu Ulm haut das Werk gemacht do man zalt 1437" von dem Künstler nicht nur<br />
geschaffen, sondern auch an das Heiliggeistspital in Landsberg gestiftet und 1456 als<br />
Tafel auf dem Fronlaltar in der 1457/58 abgebrochenen Pfarrkirche St. Veit erwähnt,<br />
dann in der folgenden Pfarrkirche zu Mariae Himmelfahrt etwa von 1467 bis 1680<br />
(damals Ersatz durch Barockausstattung !) aufbewahrt worden sei. Als besonderes<br />
Argument zitiert Tripps das Tagebuch eines italienischen Sekretärs Andrea de Fran-<br />
35) Sein Hauptwerk, nach dem er seinen "Notnamen" trägt, mit dem anbetenden Domherrn,<br />
Grafen von Werdenberg, als Stifter, befindet sich ebenfalls in Donaueschingen, wo<br />
ich die Sammlung 1970 besuchen konnte (vgl. Anm. 34).<br />
36) A. Stange, Kritisches Verzeichnis der deutschen Tafelbilder vor Dürer (Bruckrnanns<br />
Beiträ.ge zur Kunstwissenschaft), 2. Bd. Oberrhein, Bodensee, Schweiz, Mittelrhein, Ulrn,<br />
Augsburg, Allgäu, Nördlingen, von der Donau zum Neckar, hgg. von N. Lieb, 1970,<br />
Nr. 252 d, S.64, laut freundl. Hinweis von Herrn Dr. W. Beeh, Darmstadt, Hess. Landesmuseum.<br />
37) Darmstadt, Hess. Landesmuseum, Inv.-Nr. KG 846. - G. Bott, Die Gemäldegalerie des<br />
Hess. Landesrnuseums in Darmstadt (Meisterwerke deutscher Museen), 1968, Tafel 21. -<br />
Das Altarfragrnent wurde 1931 aus Schloß Mespelbrunn im Spessart erworben, dann sah<br />
ich es 1970 während der Ausstellung zum 150jährigen Bestehen des Landesmuseums.<br />
38) M. Tripps, Hans Multscher. Seine Ulmer Schaffenszeit 1427-1467. 1969.
228<br />
des Geistlichen ist unten mit rot-weiß-blau-gelben Fransen besetzt, wobei das Blau<br />
wahrscheinlich eine künstlerische Freiheit sein dürfte, um nicht die Farbe des Umhangs<br />
an seinem Saum wiederholen zu müssen. Hier wäre nun an die schwäbische Linie<br />
der damaligen Grafen von Zollern zu denken. Daß sie erst 1535 als werdenbergische<br />
Erben nach Sigmaringen kamen, spielt dabei keine Rolle, weil der "Notname" des<br />
Meisters nur daher rührt, weil späterhin viele seiner Werke in den Sigmaringer<br />
Sammlungen zusammenfanden, aber nicht an Ort und Stelle, sondern in der süddeutschen<br />
Umgebung entstanden sind.<br />
Nur in ganz bestimmten Zusammenhängen ist natürlich die Deutung jener Farben<br />
auf das Haus Hohenzollern denkbar; denn bunter Fransenbesatz kommt ohne tieferen<br />
Sinn als reiner Schmuck häufig genug an geistlicher Kleidung, Decken aller Art,<br />
Betthimmeln bei Mariae Geburt und Tod, dem Baldachin über ihrem Betstuhl usw.<br />
usw. vor. Man denke etwa an den Wildunger Altar des Konrad von Soest oder an die<br />
Malereien des Sterzinger Altars, an dem freilich Multscher nur als Schnitzer beteiligt<br />
war.<br />
Eben der schwarz-weiß in zwei Reihen gestückte Streifen von ausgesprochen heraldischer<br />
Art, verbunden mit dem Fransenmuster bei der Szene Christi vor Pilatus, auf<br />
dem "Wurzacher Altar" Multschers von 1437 hat mich bewogen, das Werk als ursprüngliche<br />
Stiftung des Bischofs von Konstanz, Grafen Friedrich von Zollern, für<br />
das dortige Heiliggeisthospital anzusprechen 3 ). Nun hat der "Meister der Werdenbergischen<br />
Verkündigung'(35), der nachweislich gerade in Konstanz wirkte 36 ), um<br />
1460/70 eine Marienkrönung gemalt, die in dieser Form ohne Multscher kaum denkbar<br />
wäre. Zu Füßen der Szene hat er nämlich einen grün gemusterten Teppich ausgebreitet,<br />
dessen Einfassung nach obigem Vorbild, aber jetzt willkürlich koloriert,<br />
rot-weiß ganz winzig schmal zweireihig gestückt und außen mit rot-weiß-grünen<br />
Fransen besetzt ist, also nur eine ganz mechanische Kopie ohne wesentlichen Inhalt<br />
darstell t 37 ).<br />
Inzwischen ist gleichzeitig mit meiner früheren Abhandlung Multschers Gesamtwerk<br />
neu und eingehend von Tripps38) untersucht worden, der nun die These verficht,<br />
der sogenannte "Wurzacher Altar" müsse richtig "Landsberger Retabel" heißen,<br />
weil er laut Inschrift: "Bitten Got für Hanssen Muoltscheren von Richenhofen Burger<br />
zu Ulm haut das Werk gemacht do man zalt 1437" von dem Künstler nicht nur<br />
geschaffen, sondern auch an das Heiliggeistspital in Landsberg gestiftet und 1456 als<br />
Tafel auf dem Fron/altar in der 1457/58 abgebrochenen Pfarrkirche St. Veit erwähnt,<br />
dann in der folgenden Pfarrkirche zu Mariae Himmelfahrt etwa von 1467 bis 1680<br />
(damals Ersatz durch Barockausstattung!) aufbewahrt worden sei. Als besonderes<br />
Argument zitiert Tripps das Tagebuch eines italienischen Sekretärs Andrea de Fran-<br />
35) Sein Hauptwerk, nach dem er seinen »Notnamen" trägt, mit dem anbetenden Domherrn,<br />
Grafen von Werdenberg, als Stifter, befindet sich ebenfalls in Donaueschingen, wo<br />
ich die Sammlung 1970 besuchen konnte (vgl. Anm. 34).<br />
36) A. Stange, Kritisches Verzeichnis der deutschen Tafelbilder vor Dürer (Bruckmanns<br />
Beiträl;e zur Kunstwissenschaft), 2. Bd. Oberrhein, Bodensee, Schweiz, Mittelrhein, Ulm,<br />
Augsburg, Allgäu, Nördlingen, von der Donau zum Neckar, hgg. von N. Lieb, 1970,<br />
Nr. 252 d, S.64, laut freundl. Hinweis von Herrn Dr. W. Beeh, Darmstadt, Hess. Landesmuseum.<br />
37) Darmstadt, Hess. Landesmuseum, Inv.-Nr. KG 846. - G. Bott, Die Gemäldegalerie des<br />
Hess. Landesmuseums in Darmstadt (Meisterwerke deutscher Museen), 1968, Tafel 21. -<br />
Das Altarfragment wurde 1931 aus Schloß Mespelbrunn im Spessart erworben, dann sah<br />
ich es 1970 während der Ausstellung zum 150jährigen Bestehen des Landesmuseums.<br />
38) M. Tripps, Hans Multscher. Seine Ulmer Schaffenszeit 1427-1467. 1969.
Otto von Meißen<br />
(X) Hedwig von Brandenburg<br />
Dietrich von Meißen<br />
CD Jutta von Thüringen<br />
Heinrich von Meißen<br />
(X) Konstanze von Osterreich<br />
CD Albrecht von Meißen-Thüringen<br />
(Jüngeres Paar im Dom zu Naumburg)<br />
Dietrich von Meißen-Landsberg<br />
Adalbert von Ballenstedt<br />
(X) Adelheid von Orlamünde<br />
Otto von Ballenstedt<br />
(X) Eilika von Sachsen<br />
Albrecht I. von Brandenburg<br />
(X) Sophie (? von Winzenburg)<br />
Otto I. von Brandenburg<br />
(X) Judith von Polen<br />
lbrecht 11. von Brandenburg<br />
Mathilde von der Lausitz<br />
ann I. von Brandenburg<br />
Sophie von Dänemark<br />
(X)<br />
Hel e von Brandenburg<br />
(Xlteres Paar zur eit des Naumburger Meisters)<br />
(Jüngeres Paar zur eit des Naumburger Meisters)<br />
Friedn I. von Meißen<br />
(X) Elisabeth vo Lobdaburg-Arnshaugk<br />
Friedrich . von Meißen<br />
Elisabeth on Meißen<br />
CD Friedrich . von Nürnberg<br />
Margarete vo Nürnberg<br />
(X) Hermann 11. :von Hessen<br />
Ludwig I. von<br />
Ludwig 11. von Hess<br />
0-0 Margarete von<br />
Margarete (von Hes enY'<br />
CD Heinrich Furst<br />
Valentin Furster<br />
CD ...<br />
Margarete Furster<br />
CD J ohann Metzger<br />
Margarete Metzger<br />
CD Konrad Pistorius<br />
Ottmar Pistorius<br />
(X) Hedwig N.<br />
Anna Katharine Pistorius<br />
CD Johann Georg Daub<br />
Katharine Lukretia Daub<br />
CD Bernhard Ludwig Mollenbeck<br />
Maria Klara Mollenbeck<br />
CD Melchior Detmar Grolman<br />
* Karl August Eckhardt, Margarete von Hessen, in: Hess. Jahrbuch für andesgeschichte,<br />
Bd. 20, 1970).<br />
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