Überblicksstudie über die aktuelle Kinder- und Jugendliteratur in ...

Überblicksstudie über die
aktuelle Kinder- und
Jugendliteratur in
Polen
Russland
Slowenien
Tschechien
der Ukraine
Ungarn
im Auftrag der Robert Bosch Stiftung.
München im Juni 2011
Katja Wiebe

INHALTSVERZEICHNIS
1. EINFÜHRUNG und HANDREICHUNG 5
2. POLEN 7
2.1 Buchmarkt – Allgemein
2.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
2.3 AUTOREN 8
2.3.1 Roksana Jędrzejewska-Wróbel (*1969)
2.3.2 Marcin Szczygielski (*1972)
2.3.3 Wojciech Widłak (*1957)
2.3.4 Ewa Nowak (*1966)
2.3.5 Anna Onichimowska (*1952)
2.4 ILLUSTRATOREN 12
2.4.1 Aleksandra Mizielińska & Daniel Mizieliński (beide *1982)
2.4.2 Iwona Chmielewska (*1960)
2.4.3 Paweł Pawlak (*1962)
2.4.4 Marta Ignerska (*1978)
2.4.5 Aleksandra Woldańska-Płocińska (*1985)
2.4.6 Katarzyna Bogucka (*1985)
2.4.7 Monika Hanulak (*1973)
2.4.8 Piotr Fąfrowicz (*1958)
2.4.9 Gabriela Cichowska (*1984)
2.4.10 Agata Katarzyna Dudek (*1984)
2.5 ÜBERSETZER 24
2.5.1 Polnisch > Deutsch
2.5.2 Deutsch > Polnisch
2.6 INSTITUTIONEN 25
2.6.1 Polnische IBBY-Sektion
2.6.2 Instytut ksiąŜki – The Polish Book Institute
2.6.3 Qlturka und Ryms
3. RUSSLAND 27
3.1 Buchmarkt – Allgemein
3.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
3.3 AUTOREN 29
3.3.1 „ZUGPFERD“: Sergej Lukjanenko (*1968)
3.3.2 Stanislav Vostokov (*1975)
3.3.3 Galina Djadina (*1979)
3.3.4 Svetlana und Nikolaj Ponomarev (beide *1976)
3.3.5 Eduard Verkin (*1975)
3.3.6 Mariam Petrosjan (*1969)
3.3.7 Artur Givargizov (*1965)
3.3.8 Michail Jasnov (*1946)
3.3.9 Andrej Usačev (*1958)
3.3.10 Sergej Sedov (*1954)
3.4 ILLUSTRATOREN 38
3.4.1 Zina Surova (*1982)
3.4.2 Natal’ja Korsunskaja (*1976)
1

3.4.3 Tat’jana Kormer (*1970)
3.4.4 Natal’ja Petrova (*1981)
3.4.5 Igor’ Olejnikov (*1953)
3.4.6 Ekaterina Silina (*1960)
3.4.7 Natal’ja Jaskina (*1985)
3.4.8 Maksim Pokalev (*1971)
3.4.9 Ivan Aleksandrov (*1982)
3.4.10 Marija Michal’skaja (*1983)
3.5 ÜBERSETZER 48
3.5.1 Russisch > Deutsch
3.5.2 Deutsch > Russisch
3.6 INSTITUTIONEN 49
3.6.1 Vserossijskaja gosudarstvennaja biblioteka inostrannoj literatury („Inostranka“)
3.6.2 RBBY – Russian Board on Books for Young People
4. SLOWENIEN 51
4.1 Buchmarkt – Allgemein
4.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
4.3 AUTOREN 53
4.3.1 Janja Vidmar (*1962)
4.3.2 Dušan Čater (*1968), Andrej Predin (*1976) und Goran Vojnović (*1980)
4.3.3 Peter Svetina (*1970)
4.3.4 Neli Kodrič Filipić (*1964)
4.3.5 Andrej Rozman Roza (*1955)
4.4 ILLUSTRATOREN 58
4.4.1 Lila Prap (*1955)
4.4.2 Damijan Stepančič (*1969)
4.4.3 Alenka Sottler (*1958)
4.4.4 Peter Škerl (*1973)
4.4.5 Suzi Bricelj (*1971)
4.5 ÜBERSETZER 64
4.5.1 Slowenisch > Deutsch
4.5.1 Deutsch > Slowenisch
4.6 INSTITUTIONEN 65
4.6.1 Slowenische IBBY-Sektion/ Pionirska-Zentrum für KJL an der Stadtbibliothek
Ljubljana
4.6.2 JAK – Javna agencja za knjigo/ Slowenische Buchagentur
5. TSCHECHIEN 67
5.1 Buchmarkt – Allgemein
5.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
5.3 AUTOREN 69
5.3.1 „ZUGPFERD“: Iva Procházková (*1953)
5.3.2 Pavel Šrut (*1940)
5.3.3 Radek Malý (*1977)
5.3.4 Olga Černá (*1962 oder *1964)
5.3.5 Miloš Kratochvíl (*1948)
5.3.6 Jiří Holub (*1975)
5.3.7 Alena Ježková (*1966)
5.3.8 Marka Míková (*1959)
2

5.4 ILLUSTRATOREN 75
5.4.1 Galina Miklínová (*1970)
5.4.2 Lukáš Urbánek (*1973)
5.4.3 Michaela Kukovičová (*1968)
5.4.4 Alžběta Škálová (*1982)
5.4.5 Tereza Říčanová (*1974)
5.4.6 Renáta Fučiková (*1964)
5.5 ÜBERSETZER 82
5.5.1 Tschechisch > Deutsch
5.5.2 Deutsch > Tschechisch
5.6 INSTITUTIONEN 82
5.6.1 Tschechische IBBY-Sektion
5.6.2 Svět knihy (Welt des Buches)
6. UKRAINE 84
6.1 Buchmarkt – Allgemein
6.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
6.3 AUTOREN 86
6.3.1 Oleksandr „Saško“ Dermanskyj (*1976)
6.3.2 Oleksandr Havroš (*1971)
6.3.3 Halyna Malyk (*1951)
6.3.4 Natalka Snjadanko (*1973)
6.3.5 Ivan Andrušjak (*1968)
6.3.6 Ljubomyr „Ljubko“ Dereš (*1984)
6.3.7 Lesja Voronina (*1955) und Zirka Menzatjuk (*1954)
6.4 ILLUSTRATOREN 91
6.4.1 Romana Romanyšyn & Andrij Lesiv (beide *1984)
6.4.2 Jevhenija Hapčyns’ka/ Evgenija Gapčinska (*1974)
6.4.3 Glowberrybooks
6.5 ÜBERSETZER 95
6.5.1 Ukrainisch > Deutsch
6.5.2 Deutsch > Ukrainisch
6.6 INSTITUTIONEN 95
6.6.1 Centr Doslidžennja literatury dlja ditej ta junactva (CDLDJu) - Ukrainian Research
Centre for Children’s and Youth Literature (URCCYL)
6.6.2 Forum vydavciv – Ukrainisches Verlegerforum
7. UNGARN 97
7.1 Buchmarkt – Allgemein
7.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
7.3 AUTOREN 98
7.3.1 Berg Judit (*1974)
7.3.2 Finy Petra (*1978)
7.3.3 Lackfi János (*1971)
7.3.4 Kiss Ottó (*1963)
7.3.5 Várro Dániel (*1977) und Tóth Krisztina (*1967)
7.3.6 Boldiszár Ildikó (*1963)
7.4 ILLUSTRATOREN 104
7.4.1 Baranyai András (*1974)
3

7.4.2 Takács Mari (*1971)
7.4.3 Molnár Jacqueline (*1973)
7.4.4 Szegedi Katalin (*1963)
7.5 ÜBERSETZER 110
7.5.1 Ungarisch > Deutsch
7.5.2 Deutsch > Ungarisch
7.6 INSTITUTIONEN 110
7.6.1 Association of Hungarian Children’s Book Publishers
7.6.2 Hungarian Book Foundation
8. APPENDIX 112
4

1. EINFÜHRUNG & HANDREICHUNG
Seit Anfang der 1990er Jahre haben sich die Kinderbuchmärkte in den mittelosteuropäischen,
südosteuropäischen und osteuropäischen (im Folgenden: MSOE) Ländern auf
unterschiedliche Weise entwickelt; rein statistisch liegt der jeweilige Anteil des
Kinderbuchmarktes an der gesamten Buchproduktion einhellig zwischen 7% und 9%. Der
Blick auf die Inhalte und Schwerpunkte der heutigen Kinderbuchmärkte in Polen, Russland,
Slowenien, Tschechien, der Ukraine und Ungarn offenbart jedoch einige Unterschiede.
Während Polen, Tschechien, Ungarn und auch Slowenien deutliches Gewicht auf die
Bilderbuchproduktion legen, fehlt in Russland und der Ukraine eine solche Tradition. In den
beiden östlichsten hier betrachteten Ländern steht das erzählerische Element im Vordergrund,
wenngleich das Bilderbuch zunehmend an Bedeutung gewinnt. Das Kinderbuch nimmt den
wichtigsten Platz ein, der Jugendbuchbereich ist von einem starken Fantasy-Genre geprägt.
Gesellschaftskritische Texte gelangen hingegen eher in Übersetzung in die Länder. Für die
Ukraine muss auch dies mit Einschränkungen gelten. Dieser Kinderbuchmarkt befindet sich
noch am deutlichsten in der eigenen Findungsphase und orientiert sich noch immer deutlich
an einer didaktischen Kinder- und Jugendliteratur (im Folgenden: KJL).
Doch auch die mitteleuropäischen Nachbarn in Polen, Tschechien und Ungarn verfügen noch
nicht über ein „eigenes“ Jugendbuch. Lediglich der kleinste hier betrachtete Kinderbuchmarkt
Slowenien verfügt über ein festes Fundament von Jugendliteratur – sowohl im fantastischen
als auch und vor allem im gesellschaftskritischen Bereich. Insbesondere Polen und
Tschechien „kompensieren“ jene Lücke in der heimischen Buchproduktion mit ihrer überaus
starken Illustration, die aufgrund ihrer oftmals popkulturellen Ausrichtung oder ihres Comic-
Charakters auch Jugendliche anspricht. Und mit einem großen Angebot an Workshops für
Kinder, spielerischen Ausstellungskonzepten zu einzelnen Bilderbüchern oder auch
Kamishibai-Vorführungen (s.u.) findet die Illustration durchaus direkten Zugang zum jungen
Lesepublikum.
Abgesehen von allen Unterschieden ist den MSOE-Kinderbuchmärkten hingegen gemein,
dass Kinderlyrik und Märchen noch immer zu den dominierenden Genres gehören und als
Klassiker neu herausgegeben werden oder gar der aktuellen Produktion entstammen. Im Falle
des Märchens zeigen sich dabei unterschiedlichste Spielarten wie die ironische Adaption; bei
der Kinderlyrik steht gern ein leicht absurder Humor im Vordergrund, der die Gedichte
überaus reizvoll macht.
Wenngleich der deutsche Kinderbuchmarkt sicherlich auf allen hier angedeuteten Gebieten
gut bestückt scheint, so gibt es dennoch einiges zu entdecken im „Osten“! Gerade der
hintergründige Humor der Gedichte und ebenso der Kinderbücher, aber auch die Illustration
und der Blick in fremde Lebens- und Problemwelten durch das gesellschaftskritische
Jugendbuch (Russland, Slowenien) lohnen sich.
Die Studie gliedert sich alphabetisch nach Ländern. Jedes Länderkapitel wird eröffnet mit
einem kurzen Blick auf den Buchmarkt – zunächst allgemein, dann mit seinen
Schwerpunkten. Es folgen Autoren- und Illustratorenportraits, die in ihrer Reihung nicht
alphabetisch, sondern nach „Empfehlungsgrad“ oder „internationaler Qualität“ gegliedert
sind. Jeder Autor und Illustrator wird mit kurzen Einblicken in die jeweils wichtigsten Werke
vorgestellt; den Abschluss bildet eine Auswahlbibliographie, die auch Angaben über die
Zugehörigkeit des jeweiligen Werkes macht und Altersempfehlungen gibt:
BB = Bilderbuch; KB = Kinderbuch; JB = Jugendbuch; SB = Sachbuch
In der Bibliographie sind die interessantesten und bedeutendsten Titel des jeweiligen Autors
bzw. Illustrators grau unterlegt. Auf die meisten wird in den vorangehenden Texten
detaillierter eingegangen.
5

Bei den Illustratoren wurden zusätzlich eine Beispielillustration sowie die Angabe zu den
Rechteinhabern bzw. der Quelle eingefügt, um das Copyright deutlich zu machen. Die
Verfasserin dankt allen Illustratoren und Verlagen für die Bereitstellung der entsprechenden
Abbildungen. In unklaren Fällen möchte man sich bitte bei der Verfasserin melden.
Die Auswahl der Autoren und Illustratoren fand mithilfe von Kinderbuchexperten, Verlegern
und Institutionen der jeweiligen Länder statt, wurde aber letztlich durch die eigene Lektüre
bestimmt. Als zusätzliche Hilfe für die Auswahl wurde ein Fragebogen entwickelt, der nach
den wichtigsten Bilder-, Kinder- und Jugendbüchern sowie nach den wichtigsten Kinder- und
Jugendbuchautoren der abgelaufenen Dekade fragt; darüber hinaus wurden Kinderbuchpreise
und bedeutende Verlagshäuser eruiert sowie nach Tendenzen und Ausrichtung des jeweiligen
Kinderbuchmarktes gefragt. Ein Beispielfragebogen ist als Appendix der Studie beigefügt.
Neben den Autoren und Illustratoren, die detailliert vorgestellt werden, verweist die Studie
auf eine Reihe weiterer Autoren und Illustratoren, die in ihrem Land als wichtige
Kinderbuchvertreter gelten. Im Fließtext sind sie durch Fettdruck gekennzeichnet. Die
portraitierten Autoren und Illustratoren sind – außerhalb ihres jeweiligen Portraits – im
weiteren Fließtext sowie in den Bibliographien blau markiert.
Auf die Abschnitte zu den Autoren und Illustratoren folgt eine zweigeteilte Übersicht zu den
Übersetzern der jeweiligen Kinderliteratur: zum einen in der Übersetzungsrichtung MSOE-
Sprache > Deutsch, zum anderen in Richtung Deutsch > MSOE-Sprache. Dabei zeigt die
Liste, welche Kinderbuchautoren die Übersetzer übertragen und bei welchem Verlag dies
geschieht. Die Übersetzer, die an anderen Stellen in der Studie vorkommen, sind dort grün
markiert.
Jedes Länderkapitel schließt mit dem Verweis auf die wichtigsten Ansprechpartner für den
Bereich KJL des jeweiligen Landes. Sie wurden nach Vernetzungsgrad mit anderen KJL-
Institutionen, nach Verlagskontakten und natürlich nach Kontakten zu Autoren, Illustratoren
und Übersetzern ausgewählt.
Die Studie ist so angelegt, dass sich die einzelnen Abschnitte getrennt voneinander lesen und
verstehen lassen. Bei den allgemeineren Beschreibungen zu den Buchmärkten bleibt darum
eine gewisse Redundanz nicht aus, da jeweils dieselben analytischen Parameter angelegt
wurden (wie bspw. die Buchmarktstatistik; übersetzte Autoren; übersetzte deutsche Autoren;
Gattungen: Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendbuch; Genres: Märchen, Kinderlyrik, Fantasy,
Comic).
6

2. POLEN
2.1 Buchmarkt – Allgemein
Im Jahr 2008 kamen in Polen 1144 Erstausgaben an belletristischen Kinder- und
Jugendbüchern auf den Markt. Bei einer Gesamtproduktion von 13280 Titeln an Erstauflagen
liegt die KJL damit bei einem Anteil von 8,6%. 1 Im Jahre 2009 lag der Anteil bei ca. 7,9%.
Leider finden sich beim Hauptamt für Statistik (GUS) keine genaueren Zahlen zu den
Übersetzungen auf dem Kinderbuchmarkt, ebenso wenig wie die detaillierten Zahlen für 2009
und 2010. 2
Wie auch in Tschechien bangt der polnische Kinderbuchmarkt, dass sich die Umsatzsteuer für
Bücher sich erhöht und damit vielen Verlagen das (Über)Leben schwer gemacht wird –
insbesondere den so genannten „Liliputanern“ 3 . Damit sind reine Kinderbuchverlage gemeint,
die über ein für Verlagshäuser winziges Programm verfügen, aber in ihrer stilistischen und
thematischen Ausrichtung im Grunde federführend und wegweisend für den polnischen
Kinderbuchmarkt sind. Darunter insbesondere DWIE SIOSTRY, MUCHOMOR, BAJKA,
MILA, HOKUS-POKUS, WYTWÓRNIA oder auch CZERWONY KONIK. 4 Doch auch die
größeren Verlagshäuser mit reinem Kinderbuchprogramm oder solche mit ausgeprägtem
KJL-Segment wären betroffen – so bspw. der älteste und ehemals staatliche Verlag NASZA
KSIĘGARNIA sowie MEDIA RODZINA, LITERATURA oder auch ZNAK. Die Anzahl der
hier gelisteten Verlage verweist auf die enorme Entwicklung des polnischen KJL-Marktes seit
dem Ende des kommunistischen Regimes: Der Markt differenziert sich immer weiter aus und
ist – wenn man ihn mit den anderen MSOE-Kinderbuchmärkten vergleicht – am weitesten
entwickelt. Auch die verschiedenen Leseförderprogramme, literarischen Wettbewerbe, die
qualitativ hochwertigen und vielfältigen Onlineportale zur KJL (qlturka.pl), Fachzeitschriften
(Ryms) und das zentrale Organ des polnischen Buchinstitutes Instytut ksiąŜki, das als Mittler
und Ansprechpartner für alle Fragen bzgl. der polnischen Literatur fungiert und eine eigene
Sparte für KJL auf seiner Homepage eingerichtet hat, deuten auf ein ausgeweitetes Interesse
und auch Geschäft mit dem Kinderbuch hin.
Das große Interesse an KJL gilt in Polen sowohl der einheimischen als auch der übersetzten,
aus dem Ausland eingekauften Buchproduktion, die insbesondere aus dem anglophonen
Raum kommt. Ähnlich dem tschechischen Lizenzgeschäft finden sich auch in Polen
internationale Kinderbuchbestseller („Harry Potter“, „Gregs Tagebuch“, „Tintenherz“,
„Biss“-Trilogie), aber genauso Bücher, die vielleicht keine riesigen Kassenschlager, aber
thematisch interessant sind. So ist das auch in Deutschland vieldiskutierte Missbrauchsbuch
„Rotkäppchen muss weinen“ von Beate Teresa Hanika von 2009 bereits in Polen erschienen
(bei Nasza Księgarnia) und der US-amerikanische Jugendbuchautor John Green hat 2010 in
Polen einen der wichtigsten Kinderbuchpreise, den DuŜy Dong, erhalten, der bspw. 2006 an
den Niederländer Toon Tellegen ging. Diese kleine Auswahl zeigt einerseits die westliche
Orientierung des polnischen Buchmarktes und andererseits das breite inhaltliche Spektrum,
das der polnische Kinderbuchmarkt mittlerweile abzudecken vermag.
2.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
Wie auch die Mehrheit der anderen mittel- und osteuropäischen Länder hält Polen seine
Kinderbuchklassiker und insbesondere eine überaus fabulierfreudige Kinderlyrik hoch. In
Polen fällt jedoch ein großes Geschick bei der Neuillustration von klassischen
Kinderbuchtexten (v.a. Lyrik) auf, die auf die auch heute noch vorhandene Frische und
1 Der Anteil wird in der Übersicht des Hauptstatistikamtes mit 8,4% angegeben:
http://www.stat.gov.pl/cps/rde/xbcr/gus/PUBL_cts_culture_in_2009.pdf
2 Auch dem polnischen Buchinstitut Instytut KsiąŜki sind genaue Angaben nicht bekannt.
3 Zitiert nach Adam Jaromir, Verleger (Gimpel-Verlag) und Autor.
4 Daneben weiterhin: EZOP, AKAPIT-PRESS. CZARNA OWCA, FORMAT, KORA-STENTOR, TATAREK.
7

Aktualität der Texte verweisen oder diese aufs Neue herauskitzeln. Zum Teil erlebt auch die
vielgepriesene polnische Buchillustration älterer Tage eine Renaissance, die bis ins Ausland
schwappt und die ebenso die geschickte Modernisierung von traditionellen Kinderbüchern
verdeutlicht. Markantes Beispiel ist die großformatige Neuauflage des polnischen KJL-
Veterans Julian Tuwim und dessen lyrische Anekdote vom „Herrn Winzigklein und dem
Wal“. – Mit Bohdan Butenkos Illustrationen aus den 1960er Jahren hat DWIE SIOSTRY den
Text als riesiges Bilderbuch 2009 veröffentlicht und daraufhin die Rechte nach Frankreich
und Deutschland verkaufen können. 5 Auch das Projekt des polnischen Verlages Wytwórnia,
Kinderverse von Tuwim und von Jan Brzechwa von mehreren jungen Illustrationen bebildern
zu lassen, war letztendlich auch international von Erfolg gekrönt – mit der Verleihung des
Bologna Ragazzi Awards, dem Preis der größten internationalen Kinderbuchmesse. Dass die
polnische Illustration ein besonderes Standing in Polen aber auch außerhalb des Landes
genießt, zeigt die weltweite Begeisterung für die polnische Plakatkunst (für Film, Theater,
Oper, weitere Veranstaltungen), die seit den 1950er Jahren eine feste und identifikatorische
Größe im polnischen Kunstbetrieb ist und zu einer Art „Brand“ der polnischen Kunst
avancierte. Einige Illustratoren, wie Maria Ekier (*1943) oder bereits erwähnte Bohdan
Butenko (*1931), sind sowohl im Bereich der Plakatkunst als auch für die
Kinderbuchillustration aktiv und hochgeschätzt. Daher verwundert es nicht, dass das
Bilderbuch in Polen eine herausragende Position einnimmt, und das Land über eine
unglaublich agile Illustratorenszene verfügt.
Auch das Kinderbuch hat seine Qualitäten, wenngleich es hinter dem Bilderbuch
zurückbleibt. Während das Bilderbuch als überaus progressiv und auch international als
innovatorisch gilt, so kommt das polnische Kinderbuch traditionell daher und erzählt vor
allem märchenhafte (Tier-)Geschichten oder versucht sich in typischen kindlichen
Alltagserzählungen über die Familie und Schule. Dabei wird der Plot gern in eine Rätsel- oder
Detektivgeschichte gekleidet oder in anekdotischen Episoden erzählt.
Sehr viel problematischer sieht es jedoch mit dem Jugendbuch aus, wenn man einmal von
der so genannten „Mädchenliteratur“ absieht. Das Segment wird bestimmt von Übersetzungen
und nur wenige tatsächlich polnische Jugendbuchtitel erscheinen. Da es inhaltlich keine
wirklichen Hürden bzw. Tabus mehr in Polen zu geben scheint, die sich auf die
Jugendbuchproduktion hätten auswirken können, mag vielleicht ein Grund in dem sich seit
einiger Zeit vollziehenden Generationenwechsel in der polnischen Autorenszene liegen; ein
Wechsel, der in der Illustration bereits stattgefunden hat. In der polnischen
Jugendliteraturgeschichte fehlt ein dezidiertes Jugendbuchfundament (Ausnahmen bestätigen
die Regel), und darum findet man unter der älteren polnischen Autorengeneration wenige
Jugendbuchautoren, sondern vielmehr Kinderbuchautoren, die auch dann und wann etwas für
Jugendliche schreiben (Anna Onichimowska, Marta Fox, *1952). Die jüngere Generation
wiederum tastet sich gerade erst an das noch Genre heran und wird/wurde vielfach in den
Bereich der jungen Erwachsenenliteratur einsortiert (Dorota Masłowska, *1983) 6 .
2.3 AUTOREN
In Polen gibt es eine Vielzahl an soliden Kinderbuchautoren, von denen aber wenige wirklich
herausstechen. Einer der seit Jahren erfolgreichsten Kinderbuchautoren seines Landes ist
Grzegorz Kasdepke (*1972), der für kleine Kinder schreibt und mit Kurzanekdoten über
5 Unter „Herr Klitzewinzig und der Wal“. Übers. Joanna Manc. Hannover: Die Buchpiloten 2010.
6 Popliteratin Masłowska erhielt 2005 für „Schneeweiß und Russenrot“ (Übers. Olaf Kühl. Kiepenheuer &
Witsch 2004) den Deutschen Jugendliteraturpreis. Auch die darauffolgende „Reiherkönigin. Ein Rap“ (Übers.
Olaf Kühl. Kiepenheuer & Witsch 2005) war eine echte Entdeckung im Jugendbuchbereich Seit einiger Zeit
arbeitet Masłowska eher an Theaterstoffen (Między nami dobrze jest/ „Wir kommen gut klar mit uns“.
Warschau: Lampa i Iskra BoŜa 2008.) und veröffentlicht weniger für Jugendliche.
8

seinen Sohn Kacper den Durchbruch hatte. 7 Und er ist für eine der beliebtesten
Kinderbuchfiguren der letzten Jahre verantwortlich: Detektyw Pozytywka. Die Geschichten
über den kaktusbewaffneten Detektiv, der Mitmachrätsel für Kinder rund um das Alltagsleben
in einem Mietshaus zu lösen hat, füllen mittlerweile mehrere Bände und wurden ins
Slowenische und Ukrainische übersetzt. 8 Bisher konnte sich Kasdepke, der 2010 das White
Ravens Festival in München besuchte, damit jedoch nicht auf dem deutschen Markt
durchsetzen. Auch die 56-jährige Małgorzata Strzałkowska (*1955) ist in Polen
vielbeschäftigt und schreibt vor allem Kinderlyrik und Märchen sowie Bilderbücher (s.u. bei
Piotr Fąfrowicz). Auch der 1970 Kinderbuchautor und Übersetzer Paweł Beręsewicz (*1970)
hat in Polen mehrfach ausgezeichnete KJL veröffentlicht und gilt als Vielschreiber für
amüsante Familiengeschichten für die Altersstufe ab 8 Jahren. 9 Beręsewicz bleibt dabei
immer auf einem soliden Level, hat aber bisher nicht den „großen Wurf“ landen können.
Die im Folgenden vorgestellten Autoren sind bei Gesprächen mit polnischen
Kinderbuchfachleuten und Verlegern als Empfehlung für den deutschen Markt vorgeschlagen
worden. Insbesondere bei Marcin Szczygielski und Roksana Jędrzejewska-Wróbel sind diese
Vorschläge bestens gerechtfertigt, aber auch für Ewa Nowak, die mit ihrer großen Anzahl an
Teenagerromanen nicht immer Beachtung findet.
2.3.1 Roksana Jędrzejewska-Wróbel (*1969)
Die Kinderbücher von Roksana Jędrzejewska-Wróbel machen einfach Freude, denn sie sind
auf Zug geschrieben und zeichnen sich durch nette Wendungen im Plot aus. Ihre „Schnur-
Geschichte“ (Sznurkowa historia) verfolgt den ‚verworrenen’ Lebensweg einer Schnur vom
Laden über den Transport in einer Jackentasche, die Weltreise als Paketschnur bis in die
„Schublade der nutzlosen Dinge“, aus der das Schnürchen jedoch mit einem Happy-End noch
einmal entkommt. Im 2009 ausgezeichneten Kinderbuch „Das kleine Köngreich von Königin
Aurelka“ (Maleńkie królestwo królewny Aurelki) beweist die Danziger Autorin Humor und
macht die Protagonistin zur Königin eines postpaketgroßen, märchenhaften Königreiches, das
ins Kinderzimmer passt. Als praktisch veranlagtes und aufgewecktes Kind will die auf
Königreichgröße geschrumpfte Aurelka ihr ganzes Märchenwissen beim Königinnensein
anbringen, muss aber feststellen, dass nichts so ist wie gedacht: Es ist total anstrengend zu
regieren, die Hexe ist eigentlich ganz charmant, der böse Wolf hat eigentlich Komplexe, weil
alle ihn für böse halten usw. Jędrzejewska-Wróbel liebt das Spiel mit Klischees und führt jene
gern ad absurdum.
Auch in der „Regenrinne“ (Rynna) zeigt sich das Talent der promovierten
Literaturwissenschaftlerin, ungewöhnliche, witzige Stories aus dem Nichts zu zaubern: Die
Regenrinne und der Regen erleben darin eine neverending lovestory, die einen nach der
Lektüre nie wieder einfach so an einer unscheinbaren Regenrinne vorbeilaufen lassen.
Roksana Jędrzejewska-Wróbel ist Mutter und ein Energiebündel – zwei Eigenschaften, die
sicherlich dazu beitragen, dass ihre Lesungen quirlig und lebendig sind. Auch ihre Arbeiten
für Lehrbücher und therapeutische Zwecke in (Kinder)kliniken (u.a. Lucjan oder das
Säuglingsbuch Oto jestem!/“Hier bin ich“) machen die Polin zu einer vielseitigen Autorin.
In Auswahl:
Maleńkie królestwo królewny Aurelki. Ill. Jona Jung. Warschau: Bajka 2009. (KB ab 6)
Lucjan – lew jakiego nie było. Ill. Jona Jung. Warschau: Muchomor 2005. (KB ab 5)
7 Kacperiada. Ill. Jan Zieliński. Łódź: Literatura 2001.
8 Detektyw Pozytywka. Ill. Piotr Rychel. Warschau: Nasza Księgarnia 2005.
9 A niech to czykolada! (Ill. Piotr Fąfrowicz. Warschau: Stentor 2011) wurde 2011 mit dem polnischen Astrid-
Lindgren-Manuskriptwettbewerb ausgezeichnet (Vgl. FN 10). Besonders erfolgreich ist seine
Familiengeschichte Co tam u Ciumkow?“Was gibts bei den Ciumkows?“. Warschau: Skrzat 2005.
9

Sznurkowa historia. Ill. von Agnieszka śelewska. Warschau: Nasza księgarnia 2004. (BB ab
5)
Rynna. Ill. Agnieszka śelewska. Łódź: FRO9 2004. (KB ab 5)
Oto jestem! – ilustrowana opowieść o pierwszych miesią. Ill. Włodzimierz Fijałkowski.
WSiP 2001. (KB ab 4)
2.3.2 Marcin Szczygielski (*1972)
2010 ist DAS Jahr für Marcin Szczygielski – eigentlich Journalist und Erwachsenenautor –
gewesen: Als Schriftsteller für phantastische Jugendbücher (ab 12) wird er für die virtuelle
Odyssee Omega mit dem Preis für das Buch des Jahres im Bereich Jugendbuch
ausgezeichnet, und dann gewinnt Szczygielskis unheimliche Geschichte Czarny Młyn
(„Schwarze Mühle“) beim Astrid-Lindgren-Manuskriptwettbewerb 10 in Polen den Grand Prix.
Sobald man anfängt, Szczygielski zu lesen, kann man diese Entscheidung durchaus
nachvollziehen, denn sowohl Omega als auch „Die schwarze Mühle“ entwickeln sofort einen
großen Lesesog, der auf der typischen Spielregel phantastischer Literatur gründet, nach und
nach in eine vermeintlich „normale“ Welt mystische und unheimliche Ereignisse
einzuflechten, die jedoch nicht oder unvollständig erklärt werden.
Czarny Młyn erzählt die durchaus sozialkritische Horror-Story über ein trostloses, isoliertes,
verarmtes, von der Umwelt vergessenes Dorf an irgendeiner polnischen Autobahn, in dem
aber nicht alles so ist, wie es scheint. Erzählt aus der Sicht eines der wenigen
Dorfjugendlichen, gruselt es den Leser zunehmend: Aus dem Dorf sind alle Tieren
verschwunden, es gibt nur eine holprige Straße, eine stillgelegte Fabrik ist Zeichen des
allgemeinen Verfalls, am unheimlichsten ist jedoch, dass merkwürdige Dinge geschehen, die
die Erwachsenen scheinbar nicht wahrnehmen, in denen die Kinder aber eine diffuse Gefahr
spüren. Allein die an den Rollstuhl gefesselte kleine Schwester des Protagonisten sieht all die
unglücklichen Geschehnisse voraus und scheint sie deuten zu können, allerdings kann sie sie
doch nicht recht verbalisieren...am Ende müssen sich die Jugendlichen bewähren, um sich und
ihr Dorf zu retten.
Das 600 Seiten starke Omega wiederum befasst sich mit der Grenzverwischung von Realität
und virtueller Computerwelt und wird auf seine Weise zur unheimlichen Lektüre. Der
zwölfjährige Omega bekommt einen mysteriösen Link zu einem realitätsverändernden
Computerspiel geschickt. Er lässt sich auf das Spiel zunächst begeistert ein, und erhält per
SMS seine Aufgaben geschickt. Omega muss jedoch feststellen, dass das Spiel immer mehr
von seiner Wirklichkeit, die in Warschau verortet ist, Besitz ergreift und ihn verändert. Immer
stärker im sklavischen Bann des Spiels und dessen Erfinder, droht der Junge seine Identität zu
verlieren. Wie in Czarny Młyn, so schafft es Szczygielski auch in Omega durch permanente
Rückkopplung an die Realität und die bekannte Welt, für den Leser einen unheimlichen
Schwebezustand zu erzeugen, bei dem dieser unsicher wird und nicht entscheiden kann, ob
sich das eigentlich Unmögliche nicht doch ereignen könnte.
Czarny Młyn. Warschau: Stentor 2011. (JB ab 12)
Za niebieskimi drzwiami. Warschau: Latarnik 2010. (KB ab 10)
Omega. Warschau: Latarnik 2009. (JB ab 12)
2.3.3 Wojciech Widłak (*1957)
Vor seiner Kinderbuchautorenkarriere hat Wojciech Widłak viele andere Dinge gemacht und
war unter anderem im Iran und Russland tätig. Seine Erfahrungen in internationalen
Beziehungen konnte er auch als Verleger und Autor einsetzen. In Polen ist er verantwortlich
für die wahrscheinlich wichtigste Kinderbuchreihe (neben den Detektiv-Geschichten von
10 Der Wettbewerb wurde vom nationalen Leseförderprojekt ABCXXI - Cała Polska czyta dzieciom initiiert.
Szczygielski setzt sich gegen 583 eingereichte Arbeiten durch.
10

Schriftstellerkollege Grzegorz Kasdepke) der abgelaufenen Dekade: „Herr Kügelchen“ (Pan
Kuleczka). Und auch mit der neuen Reihe der „NICHTnachschlagewerke“ (NIEporadnik), in
der er zusammen mit Paweł Pawlak sinniert, was man alles NICHT mit bestimmten Dingen
anstellen sollte (s.u. bei Pawłak), ist Widłak ein Erfolg bei Publikum und Kritik gelungen.
Widłak schreibt vor allem für die jüngsten Leser, und der von jenen heiß geliebte Pan
Kuleczka ist mittlerweile als Hörbuch, als Animationsfilm und sogar auf der Straßenbahn in
Poznań zu finden und hat eine eigene Website. Mit ihm hat Widłak eine warmherzige Figur
geschaffen, die mit Ente, Hund und Mücke zusammen wohnt und die die drei
unterschiedlichen Tierchen mit deren Eigenarten und Charakteren bei Laune zu halten hat. In
liebevollen kurzen Geschichten beschreibt Widłak, wie sich Herr Kügelchen mit Apfelkuchen
und Zoobesuchen rührend um seine „Kinder“ kümmert. Die kleinen Leser lieben die
Geschichten von der Ente, die schusselig ist, Ordnung hasst, gern meckert und aufmüpfig ist
und die vieles tut, was Kindern häufig von ihren Eltern als schlechtes Verhalten angekreidet
wird. Im Gespann mit dem verschrobenen Hund und der seltsamen Mücke entwickeln sich
um Pan Kuleczka Alltagsanekdoten, die vor allem auf den Dialogen zwischen den sich mehr
oder minder verstehenden Protagonisten fußen.
Wie auch sein das Kinderbuch über Ryjek, ein kleines Schweinchen und dessen Familie
(Wesoły Ryjek/ „Fröhliches Rüsselchen“) zeigt, ist Wojciech Widłak in erster Linie ein Autor
für kleine, unaufgeregte Familiengeschichten, die zum Schmunzeln anregen.
In Auswahl:
Podręczny nieporadnik (3 Bände). Ill. Paweł Pawlak. Kraków: Czerwony konik 2009-2011.
(KB ab 5)
Wesoły ryjek. Ill. Agnieszka śelewska. Poznań: Media Rodzina 2010. (KB ab 4)
Sekretne Ŝycie Krasnali w Wielkich Kapeluszach. Ill. Paweł Pawlak. Łagiewniki: Format
2008.
Pan Kuleczka (5 Bände). Ill. ElŜbieta Wasiuczyńska. Poznań: Media Rodzina 2002-2007.
(KB ab 4)
2.3.4 Ewa Nowak (*1966)
Vielleicht ist Ewa Nowak so etwas wie die polnische Alexa Hennig von Lange. Eine Vielzahl
von Jugendromanen, vor allem für Mädchen, ziert ihre Bibliografie. Sie ist eine echte
Jugendbuchautorin und erforscht mit ihren Büchern die unterschiedlichen Problemthemen –
allen voran die Liebe – des Erwachsenwerdens. Herausragend aus ihren mehr als 25 Büchern,
die sie seit 2002 verfasst hat, sind Krzywe 10 (Ortsname ‚Krzywe’, Nr. 10) und Bardzo biała
wrona („Eine sehr weiße Krähe“). In Krzywe, einem Erholungsort in Mazuren treffen
Landjugend und Warschauer Stadtteenager aufeinander und in der sommerlichen
Urlaubsstimmung entspinnen sich zarte Liebesbande und große Dramen: Unter den
Teenagern entsteht der berühmte Zwang, dazugehören zu wollen und sei es, dass man sich
verstellen muss und die eigenen Gefühle leugnet. Doch nicht allein die Suche nach Identität,
Selbstbewusstsein und Nonkonformismus, sondern auch das Loslösen von den Eltern und von
elterlicher Karrieresucht (projiziert auf die Kinder) sind Themen des Romans. Ewa Nowak
nutzt vor allem das Setting des kleinen Dorfes und des abgesteckten Zeitraumes, um – fast
wie im klassischen Drama – den Plot immer stärker zu konzentrieren und zuzuspitzen.
In Bardzo biała wrona, das 2009 Jugendbuch des Jahres in Polen war, ist die Handlung
„erwachsener“ und kosmopolitischer. Sie dreht sich um die scheinbar perfekte
Liebesbeziehung zwischen Natalia und Norbert, der heiß begehrt bei den Mädchen ist. Nach
und nach zeigt sich jedoch Norberts wahres Gesicht: Mit übermäßigem Kontrollzwang
(notfalls auch mit Gewalt), Herrschsucht und Manipulation vergiftet Norbert die Beziehung
der Teenager und bringt Natalie an den Rand des (psychischen) Wahnsinns, aus dem sie sich
kaum befreien kann. Nowak geht bei dieser Geschichte recht weit in die Tiefe, baut die
11

Charaktere in bester realistischer Tradition von ihrer Kindheit an auf und wechselt häufig den
Erzählfokus. Der Leser glaubt sich damit dicht am Geschehen und fühlt ähnlich hin und her
gerissen wie die Figuren.
Reizvoll an Nowaks Büchern sind auch die sequellhaften Querverweise: man begegnet
einzelnen Figuren in anderen Büchern wieder, verfolgt deren Geschichte am Rande des
eigentlichen Plots weiter und erhält so den Eindruck, mit jedem Buch in die immer gleiche
große fiktionale Realität einzutauchen und zurückkehren zu dürfen.
In Auswahl:
Bardzo biała wrona. Warschau: Egmont 2009. (JB ab 14)
Lawenda w chodakach. Warschau: Egmont 2004, 2006, 2007. (JB ab 14)
Krzywe 10. Warschau: Egmont 2003. (JB ab 12)
2.3.5 Anna Onichimowska (*1952)
Onichimowska ist nach wie vor eine zentrale Gestalt im polnischen KJL-Betrieb. Mit gut 30
Kinder- und Jugendbüchern im Gepäck reiste sie bereits 2004 nach Saarbrücken auf die
Europäische Kinder- und Jugendbuchmesse und nach Berlin auf das Internationale
Literaturfestival. Den beiden Übersetzungen ihrer preisgekrönten Kinderbücher „Eine gelbe
Geschichte“ (śółta zasypianka) und der Einschlafgeschichte „Wo ist mein Traum“ (Sen, który
odszedl) folgte bisher jedoch keine weiterer Titel in deutscher Sprache.
Im Bereich des Jugendbuches sei dennoch auf zwei der wichtigsten Titel von Onichimowska,
die auch lange Zeit der polnischen IBBY-Sektion vorstand, verwiesen: zum einen auf den
aufwühlenden Drogenroman Hera moja miłość („Heroin, meine Liebe“) und dessen
Forsetzung Lot komety („Kometenflug“), zum anderen auf das 2007 erschienene „Zehn Seiten
der Welt“ (Dziesięć stron świata). Während Hera moja miłość den typischen Fall eines
Drogenabsturzes thematisiert, aber auch ein Zeichen für Solidarität mit den Betroffenen setzt,
klingt in den „Zehn Seiten“ das Thema der Globalisierung an. Onichimowska beschreibt in
den zehn Geschichten des Buches Jugendliche in unterschiedlichen Teilen der Welt und mit
welch unterschiedlichen Wirklichkeiten sie konfrontiert werden: Selbstmordattentate in
Palästina, Prostitution in Kolumbien, lesbische Hochzeit in Dänemark und Modellbusiness in
Polen...Onichimowka will sagen, wie anders Menschen und v.a. Jugendliche leben können
und dennoch einander ähnlich sind.
In Auswahl:
Dziesięć stron świata. Warschau: Znak 2007. (JB ab 13)
Hera moja miłość. Warschau: Świat ksiąŜki 2003. (JB 13)
> frz.: Héro, mon amour. Paris: Editions Thierry Magnier 2009. (JB ab 13)
Kor.: Dobry potwór nie jest zły. Ill. Maria Ekier. Seoul: Changbi Publishers 2006.
Sen, który odszedł. Ill. Krystyna Lipka-Sztarbałło. Warschau: Ezop 2001. (BB ab 4)
> dt.: Wo ist mein Traum? Übers. Natalie Weber. Saarbrücken: Verlag
Europäische Kinder- und Jugendbuchmesse e.V. 2005.
śółta zasypianka. Ill. Krystyna Lipka-Sztarbałło. Łódź: FRO9 2005. (BB ab 4)
> dt.: Eine gelbe Geschichte. Übers. Natalie Weber. Saarbrücken: Verlag
Europäische Kinder- und Jugendbuchmesse e.V. 2004.
2.4 ILLUSTRATOREN
Im Unterschied zu den literarischen Kinderbuchvertretern kann man bei den polnischen
Illustratoren aus dem Vollen schöpfen. Es gibt so viele wunderbare Illustratoren von
internationalem Rang, dass man zwar die „Veteranen“ der Illustratorenriege um Janusz
Stanny (*1932), Józef Wilkoń (*1930) und den noch immer wahnsinnig komischen Bohdan
Butenko (*1931) nennen sollte, sich aber dann getrost und unbedingt den jungen Wilden, die
12

fast alle Mitte der 1980er geboren wurden, zuwenden kann. Die meisten der polnischen
Illustratoren sind im Internet gut vertreten (insbesondere die Graphik- und Webdesigner unter
ihnen) und haben fast alle mehrsprachige Homepages. Beliebter Umschlagplatz für
Neuigkeiten, Ausstellungsankündigungen, Buchveröffentlichungen, etc. stellt die Seite
http://www.polskailustracjadladzieci.pl/ dar. Wenngleich gerade diese Site nur auf Polnisch
verfügbar ist, so richtet sie ihren Blick nicht nur auf die polnische Kinderbuchillustration,
sondern auch auf die internationale. – Umgekehrt sollte auch das Ausland unbedingt mehr
und genauer nach Polen schauen: Es tut sich viel!!!
2.4.1 Aleksandra Mizielińska & Daniel Mizieliński (beide *1982)
Die Mizielińskis sind die absoluten Stars der aktuellen Szene und im Lieblinge In- und
Ausland! Zu ihrem zweiten in Deutschland erschienenen Kindersachbuch über Design und
berühmte Designgegenstände, wie der Saftpresse von Philippe Starck, „Farbe Form
Orangensaft“ (D.E.S.I.G.N.) veranstaltete der Moritzverlag bereits eine Ausstellung im
Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe (Februar bis Juni 2011).
Ihr Durchbruch gelang den beiden Graphikdesignern jedoch mit „Treppe Fenster Klo“
(D.O.M.E.K.), 11 dem Kindersachkunstbuch über außergewöhnliche Häuser und Architektur,
mit dem die beiden Graphiker ein vermeintlich schwieriges Feld für Kinder- (und auch
Erwachsene) öffnen. D.O.M.E.K. zeigt bunte, „popartartige“ Bilder von berühmten Gebäuden
auf der ganzen Welt und liefert dazu kurze, aber umso treffendere Ikons zu Baumaterial,
Herkunft, Standort, Baujahr sowie Annotationen und Erklärungen, warum und wieso jene
Gebäude so besonders sind.
Doch auch als Wimmelbuchkünstler haben sich die Mizielińskis schon bewährt und mit dem
eigentümlichen Städtchen Mamoko einen Tummelplatz für schräge Kreaturen und Details
entworfen, der mannigfaltig Raum zum Geschichtenausdenken bietet.
Dass beide Graphiker grob-derbe, archaische Figurenzeichnungen (und „Überzeichnungen“)
lieben und einen Hang zu außergewöhnlicher Typographie haben, die der Film- und
Werbeplakat Welt entspringt, zeigen sie in ihrem „Nachschlagewerk“ zu ungewöhnlichen
Berufen Co z ciebie wyrośnie („Was soll nur aus Dir werden?“). Mit der Gemüseschnitzerin,
dem Golfballtaucher oder des Chicken Sexers, begegnen dem verblüfften Leser scheinbar
einzelne Figuren aus Mamoko wieder; und wie in dem Wimmelbuch, so überrascht auch hier
jede neue Seite des Buches. Man muss auf alles gefasst sein! Co z ciebie wyrośnie hat in
diesem Jahr einen der begehrten Bologna Ragazzi Awards erhalten und setzt damit die
Erfolgsgeschichte des Illustratorenduos fort.
In Auswahl:
Dawno temu w Mamoko. Warschau: Dwie siostry 2011. (Textloses BB ab 3)
Co z ciebie wyrośnie? Warschau: Dwie siostry 2010. (SB ab 8)
D.E.S.I.G.N. Text: Ewa Solarz. Warschau: Dwie siostry 2010. (SB ab 9)
> u.a. dt.: Farbe Form Orangensaft. Verrücktes Design aus aller Welt. Text: Ewa Solarz,
Übers. Dorota Stroinska. Frankfurt a.M.: Moritz Verlag 2011. (KSB ab 9)
Miasteczko Mamoko. Warschau: Dwie siostry 2010. (Textloses BB ab 3)
> dt.: 50 Geschichten aus Mamoko: Ein Wimmelsuchbuch für Kinder und Erwachsene.
Frankfurt a.M.: Wolff 2011. (Textloses BB ab 3)
D.O.M.E.K. Warschau: Dwie siostry 2009. (SB ab 9)
11 Einige der Auszeichnungen außerhalb Polens: Luchs, Liste der “Besten 7” (März 2010), Lesepeter des
Monats Juli für das beste Sachbuch (Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der GEW), Architectural
Book Award (Anerkennung), „Die besten Bücher 2010“ (Leporello, Bern); nominiert als Wissenschaftsbuch
des Jahres in Österreich.
13

dt.: (unter: Aleksandra Machowiak & Daniel Mizielinski) Treppe, Fenster, Klo. Die
ungewöhnlichsten Häuser der Welt. Übers. Dorota Stroinska. Frankfurt a.M.: Moritz
Verlag 2009. (SB ab 9)
Zweisprachige Homepage: http://www.hipopotamstudio.pl/
Abb. zu Co z ciebie wyrośnie? auf:
http://www.wydawnictwodwiesiostry.pl/tytuly/co_z_ciebie_wyrosnie/co_z_ciebie_wyrosnie.html
Abb. zu D.E.S.I.G.N. auf: http://www.wydawnictwodwiesiostry.pl/tytuly/design/design.html
2.4.2 Iwona Chmielewska (*1960)
Was für kluge Einfälle! Und was für tiefgehende Bilder! Iwona Chmielewska ist in
Deutschland bisher (leider) ein unbeschriebenes Blatt, dafür aber in Italien und der Slowakei
höchstpreisig dekoriert, 12 heißgeliebt und vielfach veröffentlicht in Korea und hat ein zur
Schullektüre avanciertes Bilderbuch in Mexiko publiziert („Der blaue Stock“/El bastón azul).
Chmielewskas großes Thema ist das Sehen und Wahrnehmen der Welt und insbesondere das
„Anders“-Wahrnehmen. Dabei bleibt sie schlicht und ist in dieser Klarheit einfach klasse. Ihr
Thinking ABC, das in Korea erschien, versinnbildlicht in Text und Form die einzelnen
Buchstaben des Alphabetes: zwei Schnecken verbinden sich zum Buchstaben S, genauso wie
zwei sich ineinander schlängelnde Schlangen. Oder Chmielewsk sperrt einem Alligator das
breite Maul mit einem Stock auf, so dass alles zusammen wie ein A aussieht, Koalas klettern
auf einen K-förmigen Baum und der lange Giraffenhals wird mit einem Schal so
umschlungen, dass sich daraus ein N – für engl. neck/Hals – ergibt.
In Polen gilt Chmielewskas poetisches Bilderbuch O wędrowaniu przy zasypianiu („Über das
Wandeln beim Schlafen“) als eines der wichtigsten der vergangenen Jahre. Darin benutzt sie
wieder und wieder das gleiche Bild, verändert es aber leicht und stellt es damit in andere
Sinnzusammenhänge: Es geht um die zehn Zehen, die, wenn man im Bett liegt, am Ende
unter der Bettdecke hervorluken, und was passiert, wenn man mit ihnen im übertragenen
Sinne Schlafwandeln geht: Die Zehen mutieren zu Pinguinen am Südpol oder zu
zipfelbemützten Heinzelmännchen. Faszinierend dabei ist, dass man in den Bildern jener
Traumreisen immer das Ausgangssujet mit den Zehen dem Bettende erkennt und stets daran
erinnert wird, wie anders die Welt mit ein wenig Phantasie doch sein kann.
In Auswahl:
12 2007 mit dem Goldenen Apfel der Biennale in Bratislava für Thinking ABC; 2011 Bologna Ragazzi Award für
MAUM.
14

Blumkas Tagebuch. Hannover: Gimpel Verlag (Oktober 2011). (BB ab 7)
kor.: A House of the Mind: MAUM. Text: Kim Hee-Kyung. Seoul: Changri Publishers
2010. (BB ab 7)
Domowe duchy. Text: Dubravka Ugrešić (HR). Ćirlić. Kraków: Znak 2010. (BB ab 7)
O wędrowaniu przy zasypianiu. Warschau: Hokus-Pokus 2006. (BB ab 3)
Kor.: Thinking ABC. Seoul: Nonjang 2005. (BB ab 3)
> Eng.: Thinking ABC. Seoul: Nonjang 2006. (BB ab 3)
Esp.: El bastón azul / La caja azul. Mexico D.F.: Océano 2005. (BB ab 7)
Kopciuszek. Text: Zofia Stanecka. Warschau: Muchomor 2004. (BB ab 4)
Abb. zu O wędrowaniu przy zasypianiu auf: http://www.hokus-pokus.pl/ksiazka/29/index.html
2.4.3 Paweł Pawlak (*1962)
Paweł Pawlak ist seit Jahren ein gefragter polnischer Illustrator, der sein zeichnerisches
Handbwerk in Breslau auf der Kunsthochschule gelernt und mittlerweile über 50
Kinderbücher illustriert hat. 2005 erhielt er für sein rührendes Hasenmärchen Jajuńciek
(„Dideldum“), in dem der kleinste Hase seine Familie aus den Klauen eines gefräßigen
Königs, der Heißhunger auf Langohren hat, befreien muss, den Goldenen Apfel bei der
Biennale in Bratislava. Ebenso wie Pawlak für Jajuńciek niedlich-warmherzige und zugleich
gewitzte Bilder findet, so entwirft er auch für die gleichnishafte Geschichte über eine Katze,
die, um die Hundeschule besuchen zu dürfen, sich als Hund verkleidet und am Ende als Katze
akzeptiert wird, herzerwärmende Impressionen. In O kotku, który merdał ogonem („Die
Katze, die mit dem Schwanz wedelte“) zeigt Pawlak seine ganze Schaffensbreite, in dem er
mit der Kollagetechnik arbeitet und durch das Zuschneiden und Zusammenbasteln der
Protagonisten große Plastizität und Ausdrucksstärke erlangt. Seine komische Seite präsentiert
der Illustrator in den drei „NICHTnachschlagewerken“ (NIEporadnik) zu den Begriffen
Hammer, Kamm und Handschuh, für die er zusammen mit Wojciech Widłak 2009 den Preis
für das schönste Buch Polens erhielt. In diesen absurden Heftchen zeigt Pawlak bzw. zeigen
die beiden verrückten Wissenschafter Prof. Schneesturm und Dozent Säure, was man alles
NICHT mit dem Hammer, dem Kamm oder dem Handschuh machen kann: Mit dem Hammer
bitte nicht Zähneputzen – die Zahnpasta haftet so schlecht darauf; mit dem Hammer wird es
auch schwierig eine Wand anzustreichen, wie Pawlaks Illustrationen, die einen verzweifelten
Maler zeigen, der mit der Hammerschlagfläche kleine bunte Vierecke auf der Wand platziert,
verdeutlichen. Und man merkt, dass diese Quatschideen dem Illustrator sicher nicht weniger
Spaß machen als dem eigentlichen Lesepublikum.
In Auswahl:
15

Podręczny NIEporadnik (3 Bände). Text: Wojciech Widłak. Kraków: Czerwony Konik 2009-
2011. (KB ab 5)
Jajuńciek. Warschau: Muchomor 2005. (BB ab 4)
> dt.: Dideldum.Übers. Adam Jaromir. Hannover: Gimpel Verlag 2007. (BB ab 4)
O kotku, który merdał ogonem. Text: Gérard Moncomble. Idee: Paweł Pawlak. Warschau:
Muchomor 2005. (BB ab 4)
> dt.: Die Katze, die mit dem Schwanz wedelte. Übers. Alexander Potyka. Wien: Picus
Verlag 2009. (BB ab 4)
> frz.: Le Chat qui aboyait. Toulouse: Editions Milan 2010. (BB ab 4)
Z górki na pazurki. Text: Zofia Bezsczyńska. Warschau: Media Rodzina 2005. (KLyrik)
Historyjki o Alicji, która zawsze wpadała w kłopoty. Text: Gianni Rodari. Warschau:
Muchomor 2003. (KB ab 7)
> dt.: Alice in der Tinte. Text: Gianni Rodari. Hannover: Gimpel Verlag 2007. (KB ab 7)
Abb. zu NIEporadnik.Grzebien auf: http://www.czerwonykonik.pl/images/grzebien_okladka.jpg
Abb. zu Jajuńciek auf:
http://www.qlturka.pl/projects/qlturka/resources/cms/galleries/e3c113b51966853bc17d4a2f713aa8e4.jpg
2.4.4 Marta Ignerska (*1978)
Provokativ, drastisch, unorthodox und von unglaublicher Symbolkraft sind Marta Ignerskas
Bilder, die es über Polen hinaus nach Italien, Brasilien, Norwegen und Frankreich, nicht aber
nach Deutschland geschafft haben. Mit ihrer Technik aus Wasserfarbe und Federzeichnung
hat sich Ignerska einer außergewöhnlichen Ästhetik verschrieben: Leuchtende Bilddetails
kombiniert mit nervösen, chaotischen Federstrichen und groben Figuren mit dicken,
fleischigen Körpern machen Ignerskas Bilder zu expressiven Ereignissen.
Im übergroßen Bilderbuch Wielkie marzenia („Große Träume“), das vom vielbeschäftigten
Przemysław Wechterowicz außergewöhnlich getextet wurde und das internationale
Aufmerksamkeit erregte, zeigt Ignerska ihren großen Ideenreichtum, denn sie visualisiert
große Sehnsuchten, wie die der Flussquelle, die den Ozean sehen will, oder die des Windes,
der einmal in seinem Leben schwimmen möchte.
In Uri Olrevs gesellschaftskritischem Kinderbuch Babcia robi na drutach („Großmutter
strickt“) nutzt Ignerka ihre zeichnerische Expressivität, um der verstörenden Geschichte von
einer einsamen Großmutter, die sich ihre geliebten Enkel kurzerhand strickt und dann
miterleben muss, wie diese angefeindet und mit Gewalt zerstört werden, entsprechende
bildliche Sprengkraft zu verleihen.
Das aktuelle Projekt der Absolventin der Warschauer Kunsthochschule (ASP) kam zeitgleich
in Frankreich und Polen auf den Markt und lässt Ignerskas Phantasie erneut aufscheinen: Das
16

Alphabet-Bilderbuch trägt im Französischen passenderweise den Titel „Das Alphabet der
Menschen“, und Ignerska findet auf der Basis jedes Buchstabens ein wunderbar stimmiges
menschliches Körperformenpendant.
In Auswahl:
Alfabet. Text: Przemysław Wechterowicz. Warschau: Znak 2011.
> fr.: L’Alphabet des gens. Rodez Cedex: Editions du Rouergue 2011.
pt.: Bruxas, Beijos e outros encantos. Text: Luiz Antonio Aguiar. São Paulo: Editora Biruta
2011.
Babcia robi na drutach. Text: Uri Orlev. Warschau: Wytwórnia 2009.
Tuwim. Wiersze dla dzieci. (zs. mit Gosia Gurowska, Monika Hanulak, Agnieszka
Kucharska-Zajkowska, Anna Niemierko, Gosia Urbańska, Justyna Wróblewska). Text: Julian
Tuwim. Warschau: Wytwórnia 2008. (KLyrik)
Wielkie marzenia. Text: Przemysław Wechterowicz. Warschau: Znak 2008. (BB ab 6)
Tronik. (zs. mit Joanna Olech). Text: Martyna Skibińska. Warschau: Wytwórnia 2006.
> no.: Den lille tronen. Oslo: Gyldendal 2009.
Englischsprachige Homepage: http://www.martaignerska.art.pl/marta_ignerska/home.html
Abb. zu Wielkie marzenia auf:
http://www.martaignerska.art.pl/marta_ignerska/books/Entries/2008/2/1_Great_Dreams_(Wielkie_Marzenia)_*I
BBY_Special_Mention_2008%2C_PTWK_Special_Mention_2008%2C_THE_WHITE_RAVENS_Special_Me
ntion_2009_-
17

_Internationale_Jugendbibliothek_in_Munich_(Germany)%3B_Great_Dreams_received_a_Special_Mention_in
_the_Competition.html
2.4.5 Aleksandra Woldańska-Płocińska (*1985)
Aleksandra Woldańska-Płocińskas großflächige Illustrationen kommen mit wenigen Details
aus, aber diejenigen, die vorhanden sind, haben es in sich und treffen den „Situationsnagel“
auf den Kopf; so wie bei der Ameise, die sich einen Bräutigam suchen will, bei der
Kandidatenwahl zunehmend gestresst ist, und Woldańska dies in dem Bild einfängt, wie die
Ameise mit herunterhängenden Fühlern in ihrem Kuschelsessel versinkt (Mrówka wychodzi
za mąŜ/ „Die Ameise heiratet“). Woldańskas Bilder sind großartige Milieustudien mit
modernem Antlitz – im Falle der „Ameise“ könnten sie einem Werbespot oder einer Sitcom
entstammen, in der die Protagonistin morgens noch gerädert von der Nacht in ihrem
Morgenmantel und Hausschuhen erstmal mit einer Tasse Kaffee (Latte Macchiato?) durch die
Wohnung schleicht und sich überlegt, ihr Singledasein an diesem Tag aufgeben zu wollen.
...und Woldańska sowie der Autor des Buches Przemysław Wechterowicz lieben Pointen:
die Ameise heiratet am Ende weder Ameisensoldat, noch Boxer oder Elefant, sondern den
Ameisenbär!
Ihr aktuelles Bilderbuch Kocham Pana, Panie Tygrysie! („Herr Tiger, ich liebe Sie!“) wird
einmal mehr vom umtriebigen Przemysław Wechterowicz, der auch für Marta Ignerskas
Bilderbücher textet, erzählt: Es entspinnt sich aus dem Besuch eines Enkels bei seiner
Großmutter eine großartige karnevaleske Geschichte, in der die Oma als gefährlicher Tiger
verkleidet und ein Zirkusfest organisiert, um dem Enkel ein Abenteuer zu bescheren. Man
entdeckt in dem Buch große Momente der Freude, des Glücks und der Warmherzigkeit, wenn
sich die Großmutter auf das Tanzparkett quält und für ihr Enkelkind zu allen Schandtaten
bereit ist. Aleksandra Woldańska-Płocińskas Illustrationen verleihen der klassischen
Kindergeschichte auch hier große Aktualität und Gegenwärtigkeit und bewahren den Leser
bravourös davor, sich bei der Geschichte zu langweilen oder sie als angestaubt zu empfinden.
Aufgrund der leicht verständlichen, witzigen oder anrührenden Stories mit ihren unerwarteten
Wendungen einerseits und den hintergründigen Illustrationen andererseits, haben sowohl
Kinder als auch Erwachsene großes Vergnügen an den Arbeiten der jungen Polin.
In Auswahl:
Marchewka z groszkiem. Kraków: Czerwony Konik 2011. (BB ab 4)
Kocham Pana, Panie Tygrysie! Text: Przemysław Wechterowicz. Warschau: Ezop 2011.
(BB ab 4)
Pierwsze urodziny prosiaczka. Kraków: Czerwony Konik 2010. (BB ab 3)
Mrówka wychodzi za mąŜ. Text: Przemysław Wechterowicz. Kraków: Czerwony Konik
2009. (BB ab 4)
Englischsprachige Homepage: http://slimaq.ovh.org/
18

Abb. zu Mrówka wychodzi za mąŜ auf: http://slimaq.ovh.org/slimaq_02.html
2.4.6 Katarzyna Bogucka (*1985)
Bis vor einem Jahr war Katarzyna Bogucka auch in Polen noch wenig bekannt. Mit ihrer
Arbeit für die Verlage Dwie siostry und Wytwórnia hat sich sie jedoch innerhalb kürzester
Zeit zu einem neuen Sternchen am polnischen Illustratorenhimmel gemausert und war
mittlerweile für die polnische IBBY-Sektion zeichnerisch aktiv.
Wenn man die Bilder der 26-jährigen betrachtet, fühlt man sich in vergangene Zeiten
zurückversetzt: Pastellige, mattierte Farben – vorzugsweise orange, oliv und braun – sowie
graphische Figurenlinien, die der Ästhetik früherer Kinderbuchillustration nacheifern. Für
ihre Illustrationen bekannter polnischer Kindergedichte von Konopnicka, Fredro oder auch
Tuwim bedient sich Bogucka in Form und Farbe im Möbelhaus der 1950er und 1960er Jahre
mit Nierentischen, Cocktailsesseln und imitiert vor allem die groß gemusterten Tapeten aus
jener Zeit. Gepaart mit den wahnwitzigen Anekdoten und deftigen Reimen der polnischen
Kinderlyrikklassiker, fühlt man sich als Leser wie in eine heißgeliebte, alte filmische
Slapstickklamotte zurückversetzt – sei es beim verrückten „Affen in der Badewanne“ (Małpa
w kąpeli), bei der „Kranken Katze“ (Chory kotek), die nicht wirklich krank, sondern nur
unglaublich dick ist und auf Nulldiät gesetzt wird, oder bei den Streithähnen „Paweł und
Gaweł“ (Paweł i Gaweł), die sich als Nachbarn das Leben zu Hölle machen.
Die Absolventin der Toruńer Kunsthochschule mit der Spezialisierung Malerei und
multimediales Design transportiert mit ihren dynamischen Illustrationen den drive der Texte
und scheint viel Sinn für Humor zu haben: Auf ihrer Website bietet sie zusammen mit ihrem
Kollegen Szymon Tomiło neben Illustrationen und Web-Designs auch Pflaumenmus und
Hefekuchen an.
Paweł i Gaweł. Text: Aleksander Fredro. Warschau: Dwie siostry 2010. (KLyrik)
Małpa w kąpieli. Text: Aleksander Fredro. Warschau: Dwie siostry 2010 (KLyrik)
Chory kotek. Text: Stanisław Jachowicz. Warschau: Dwie siostry 2010 (KLyrik)
Stefek Burczymucha. Text: Maria Konopnicka. Warschau: Dwie siostry 2010 (KLyrik)
O Panu Tralalińskim. Text: Julian Tuwim. Warschau: Wytwórnia 2010. (KLyrik)
Zweisprachige Homepage: www.nioska.com
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Abb. zu Małpa w kąpieli auf: http://wydawnictwodwiesiostry.pl/tytuly/malpa_w_kapieli/malpa_w_kapieli.html
2.4.7 Monika Hanulak (*1973)
Viele Verleger und Kinderbuchexperten sind sich einig: Monika Hanulak ist das größte Talent
unter den jungen polnischen Illustratoren, das bisher vor allem im Hintergrund der
Illustratorenszene aktiv war. Dann aber kam die Neuillustration von Hanulak zu Irena
Tuwims (Schwester von Julian Tuwim, 1900-1987) Parabel Pampilio, das gleich „Buch des
Jahres 2010“ (KsiąŜka roku 2010) wurde. Die Geschichte handelt von hungrigen Tieren in
Afrika, die endlich eine Frucht finden, sie essen wollen, aber nicht wissen wie diese heißt und
ob sie giftig ist. Zur Lösung des Problems brauchen die Tiere nicht nur die Hilfe des Löwen-
Königs, sondern auch die des kleinsten Mitglieds ihrer Gesellschaft – der Schildkröte. Monika
Hanulak findet für Pampilio Bilder, die in Form und Stil an den französischen Illustrator
BlexBolex erinnern: Bunte, neonstrahlige Figuren auf weißem Grund ohne weitere
Hintergrundszenerie, von Hanulak gezielt zur bildlichen Umsetzung der Textparabel genutzt.
Tuwims Gleichnis über die tierische Gemeinschaft lässt sich dank der Illustrationen leicht auf
die menschliche übertragen, denn Hanulak stellt Nashorn, Krokodil, Elefant und Löwe als
Menschen dar, die sich Tierköpfe übergestülpt haben...die poetische Schlusspointe: unter dem
Schildkrötenpanzer steckt ein menschliches Baby, das das Rätsel um die Pampilio-Frucht
aufzulösen weiß und damit alle anderen vor dem Hungertod rettet.
Hanulak arbeitet als Assistentin an der Warschauer Akademie der Schönen Künste (ASP) und
gehört seit 2004 zur informellen Künstlergruppe CMYK zusammen mit den ebenso
hervorragenden Illustratorinnen GraŜka Lange (*1961) und Małgorzata Gurowska. Sie
organisiert Ausstellungen und Workshops und gewann 2008 zusammen mit sechs weiteren
Illustratoren den Bologna Ragazzi Award für die großartigen Illustrationen zu Julian Tuwims
Kindergedichten (Wiersze dla dzieci). Dieses Buch ist ein wirkliches Ereignis!
In Auswahl:
Pampilio. Text: Irena Tuwim. Warschau: Wytwórnia 2010. (BB ab 5)
Debata filozoficzna królika z dudkiem. Text: Leszek Kołakowski. Warschau: Muchomor
2009. (BB ab ?)
Tuwim. Wiersze dla dzieci. (zs. mit Gosia Gurowska, Marta Ignerska, Agnieszka
Kucharska-Zajkowska, Anna Niemierko, Gosia Urbańska, Justyna Wróblewska). Text: Julian
Tuwim. Warschau: Wytwórnia 2008. (KLyrik)
Smonia. Warschau: Wytwórnia 2006. (BB ab 4)
20

Abb. zu Pampilio auf: http://wytwornia.com/index.php?s=karta_skany&id=18&p=26
2.4.8 Piotr Fąfrowicz (*1958)
Neben der sehr graphischen Linie vieler der jüngeren polnischen Illustratoren, nehmen sich
die malerischen, in matten Farben gestalteten Illustrationen von Piotr Fąfrowicz ganz anders
aus. Sie sind von großer Ruhe und strahlen in ihrer Einfachheit. Fąfrowiczs großes
Durchbruchsbuch war 2004 das preisgekrönte Leon i Kotka, czyli jak zrozumieć zegara
(„Leon und Katze, oder Wie man die Sprache der Uhr versteht“), in dem sich der Hauskater
Leon mit einem neuen Familienmitglied – einer weiteren Katze – arrangieren muss und am
Ende feststellt, dass Veränderungen das eigene Leben bereichern und bunter machen. Die von
GraŜyna Ruszewska (*1964) sanft erzählte Geschichte begleitet Fąfrowicz in matten
Temperafarben, die die häusliche Stimmung der Story einfangen und die vor allem auch die
Veränderungen in Leons Wahrnehmung wiedergeben.
Wie in Leon i Kotka so transportiert der Illustrator auch in „Große Veränderungen im dichten
Wald“ (Wielkie zmiany w duŜym lesie) die drei modernen Fabeln um Angsthase, eitlen
Marienkäfer und zwanghaften Igel in Bildern von großer Flächigkeit, die das eigentliche
Geschehen im wahrsten Sinne nur am Rande und äußerst reduziert zeigen und damit vielmehr
auf Farbwirkung und den Gesamteindruck des Bildes setzen.
Dass sich dabei wunderbare gedankliche Freiräume ergeben, zeigt das poetische Bilderbuch
Zielony i Nikt („Grün und Niemand“), das 2009 und 2010 diverse Preise erhalten hat. Auch
hier bebildert Fąfrowicz einen philosophischen, parabelhaften Inhalt: es geht um die
selbstgewählte Isolation und unbewusste Einengung des eigenen Blicks auf die Welt von der
Figur Niemand. Fąfrowicz findet hierfür das Bild des Brunnens, in dem Niemand lebt und der
nur einen kleinen Ausschnitt seiner Umgebung wahrnimmt. Dunkle Illustrationen bestimmen
das Buch solange, bis die Figur Grün an den Brunnen kommt und Niemand mit einer Ranke
aus dem Tief befreit: Die Welt wird im wahrsten Sinne bunt und farbenfroh und tauscht die
strenge, geradlinige Form gegen organische Blatt-, Baum- und Blumenrundungen ein.
Jedes von Fąfrowiczs Büchern ist ein Erlebnis; sie machen den Kunsthistoriker zu einem der
wichtigsten Illustratoren seines Landes.
In Auswahl:
Tatsu Taro, syn smoka. Text: Miyoko Matsutani. Warschau: Media Rodzina 2010. (KB ab
6)
Zielony i Nikt. Text: Małgorzata Strzałkowska. Warschau: Bajka 2009. (BB ab 5)
Koziutek zdobywa zamek. Text: GraŜyna Ruszewska, Hanna Wyszkowska. Lublin:
Miejskie Przedsiębiorstwo Komunikacyjne 2006. (BB ab 3)
21

Wielkie zmiany w duŜym lesie. Text: GraŜyna Ruszewska. Łódź: FRO9 2005. (BB ab 3)
Leon i Kotka, czyli jak zrozumieć mowę zegara. Text: GraŜyna Ruszewska. Łódź: FRO9
2004. (BB ab 4)
Zielony, Ŝółty, rudy, brązowy! Text: Małgorzata Strzałkowska. Warschau: Media Rodzina
2003. (BB ab 3)
Abb. aus Leon i Kotka auf: http://www.galeria.czest.pl/galerie/wystawa-2004-x195/5.jpg.
Abb. zu Zielony i Nikt auf:
http://www.qlturka.pl/projects/qlturka/resources/cms/galleries/8deafc6a68e05447aa517e1b7bd06655.jpg
2.4.9 Gabriela Cichowska (*1984)
Gabriela Cichowska ist eines der vielen großen Talente in Polen und hat mit ihrem Debüt
gleichzeitig den polnischen und den deutschen Buchmarkt erobert. Und nicht nur das – ihr
Bilderbuch Słoniątko (“Fantje“) wurde auf der 2011er Kinderbuchmesse in Bologna im
Rahmen des Ragazzi Awards lobend erwähnt.
Das Sujet um einen kleinen weißen Elefanten, der mit fünf Nüssen in die Welt zieht, um dort
seinen Platz und sich selbst zu finden (er tut dies im Porzellanladen!), hat Cichowska
großformatig und in wenigen, matten, pastelligen Farben und zarten Federstrichen liebevoll
und sensibel illustriert. Ihr kleiner weißer Elefant war eine der großen Überraschungen der
Warschauer Buchmesse 2010 und entwickelte sich unverhofft zum Bestseller der Messe. Es
mag daran liegen, dass man sich dem Charme des Dickhäuters mit dem riesigen Kopf, den
sanften Wimpern und dem kleinen Körper nicht entziehen kann.
Gabriela Cichowska bereitet zur Zeit ein Kinderbuch über Kinder im Warschauer Ghetto vor,
und man darf gespannt sein, welche Bilder sie für diese Thematik finden wird.
Słoniątko. Text: Adam Jaromir. Warschau: Muchomor 2010. (BB ab 3)
> dt.: Fantje. Text: Adam Jaromir. Hannover: Gimpel Verlag 2010. (BB ab 3)
Zweisprachige Homepage: http://www.cichowskag.com/
22

Abb. zu Słoniatko/Fantje auf: http://www.qlturka.pl/sloniatko,patronaty,374.html
2.4.10 Agata Katarzyna Dudek (*1984)
In dem scheinbar unerschöpflichen Pool an hervorragenden jungen polnischen Illustratoren
darf Agata Dudek, die bereits diverse Preise für ihre Arbeiten erhielt, nicht vergessen werden.
Nach den vielbeachteten Illustrationen zur polnischen Bilderbuchausgabe von Aldous
Huxleys The Crows of Pearblossom (Buch des Jahres im Bereich Illustration 2010) erscheint
mit śoŜo i Lulu nun ein frankophiles Bilderbuch, das zugleich der erste Titel es jungen
Verlages Dookoła Świata ist. Darin entführt Dudek zusammen mit der polnischstämmigen
französischen Autorin Elisabeth Duda nach Paris, in dem die Geschwister śoŜo und Lulu
leben. In die Schwarz-Weiß-Fotografien der französischen Hauptstadt zeichnet Dudek mit
blauem Buntstift und Computerbearbeitung das Sujet und begleitet die beiden Kinder mit
weiteren blau nachkolorierten Schwarz-Weiß-Zeichnungen durch ihre Stadtstreifzüge und
Abenteuer mit ihrem Onkel Charles.
Agata Dudek ist aber auch für ihre merkwürdigen, aber irgendwie sympathischen Kreaturen
und Monster bekannt, die vor allen Straszne strachy (“Schreckliche Angst”) bevölkern. Darin
und auch in ihren Plakatarbeiten erkennt man Dudeks Hang zu früheren Illustrationsstilen
sowie Graphikdesign und Alltagskunst der 1950er, 1960er und1970er Jahre. Mit diesem
popkulturellen Hintergrund lassen Dudeks Illustrationen auch die Herzen von Erwachsenen
höher schlagen und lohnen sich, ausgestellt oder gar erworben zu werden. 13
śoŜo i Lulu. Text: Elisabeth Duda. Kutno: Dookoła Świata 2010. (KB ab 6)
Wrony i wąž (The Crows of Pearblossom). Text: Aldous Huxley. Warschau: Dwie siostry
2010. (BB ab 6)
Straszne strachy. Text: Olga Gromek. Vorbereitet für Endo 2010.
Pora coś (z)malować. Endo 2009. (Malbuch für Kinder)
Piecyk czapeczka i budyn. Text: Anna Onichimowska. Warschau: Ezop 2009.
Czy moŜna dotknąć tęczy? Text: Przemysław Wechterowicz. Vorbereitet für Endo 2009.
Zwariowana kału. Text: Danuta Parlak. Warschau: Cartalia Press 2008.
Siedem sowich piór. Text: Katarzyna Ryrych. Warschau: Cartalia Press 2008.
Englischsprachige Homepage: http://agata-dudek.blogspot.com/
13 Leider waren die meisten von Dudeks (potentiellen) Büchern nicht erhältlich, sondern nur online auf der
umfangreichen Homepage der Illustratorin einsehbar.
23

Abb. zu śoŜo i Lulu auf: http://dudekbook.blogspot.com/
2.5 ÜBERSETZER
2.5.1 Polnisch > Deutsch
Adam Jaromir: Paweł Pawlak (Gimpel)
Olaf Kühl: Dorota Masłowska (Suhrkamp)
Joanna Manc: Grzegorz Kasdepke; Julian Tuwim (Buchpiloten)
Dorota Stroinska: Alekandra & Daniel Mizieliński (Moritz)
Silvie Preußer: Anna Onichimowska (ILBerlin)
Natalie Weber: Anna Onichimowska (ILBerlin; Verlag der Europäischen
Kinderbuchmesse)
2.5.2 Deutsch > Polnisch 14
Renata Baranowska: Klaus Ensikat (Dwie siostry)
Emilia Bielicka: Michael Ende; Janosch; Christine Nöstlinger; Jürg
Schubiger (Znak)
Maria Borzęcka: Wolf Erlbruch; Janosch (Hokus-Pokus)
Sławomir Błaut: Michael Ende; (Günther Grass; Christa Wolf) (Znak)
Izabela Daniel: Otfried Preußler (Siedmioróg)
Barbara Górecka: Thomas Brezina (Egmont)
Johanna Hashold: Joachim Friedrich (Nasza księgarnia)
Teresa Jętkiewicz: Michael Ende (Siedmioróg)
Ewa Kopsik i GraŜyna Subocz: Klaus Ensikat (Dwie siostry)
Izabella Korsak: Cornelia Funke, Mirjam Pressler, Johanna Spyri
(Egmont, Nasza księgarnia, Świat ksiąŜki)
Jan Koźbiał: Cornelia Funke (Egmont)
Agnieszka Kowaluk: Andreas Steinhöfel (Jacek Santorski & Co.)
Karolina Kuszyk: Kirsten Boie (C&T)
Przemysław Masny: Cornelia Funke (Nasza księgarnia, Egmont)
BoŜena Michałowska-Stoeckle: Thomas Brezina (Egmont)
14 Neben den Verlagsprogrammen bietet das Deutsche Poleninstitut eine Übersicht deutscher Übersetzungen ins
Polnische seit 1994: http://www.deutsches-polen-institut.de/Service/Bibliografien/deutsch-polnischeuebersetzung/index.php?we_lv_start_0=1180
24

Małgorzata Mirońska: Isabel Abedi (Świat ksiąŜki – Bertelsmann Media)
Alicja Oczko: Isabel Abedi (Nasza księgarnia)
Hanna OŜogowska: Otfried Preußler (Dwie siostry)
Andrzej OŜogowski: Otfried Preußler (Dwie siostry)
Małgorzata Słabicka: Cornelia Funke (Nasza księgarnia)
Arkadiusz Stempin: Kai Meyer (Videograf II)
Ryszard Turczyn: Dagmar Geisler; Christiane F (Nasza księgarnia)
Anna i Miłosz Urban: Thomas Brezina, Cornelia Funke (Egmont, Świat
ksiąŜki)
Sylwia Walecka: Isabel Abedi (Nasza księgarnia)
Ryszard Wojnakowski: Michael Ende; Cornelia Funke, Walter Moers (Nasza
księgarnia, Siedmioróg, Znak)
Anna Wziątek: Isabel Abedi, Joachim Friedrich, Cornelia Funke, Beate
Teresa Hanika, Kai Meyer (Nasza księgarnia,
Dolnośląskie)
Łukasz śebrowski: Wolf Erlbruch; Werner Holzwarth (Hokus-Pokus)
Jolanta Zubek: Milena Baisch (Świat ksiąŜki)
2.6 INSTITUTIONEN
2.6.1 Polnische IBBY-Sektion
Wie nahezu in jedem Land so ist auch in Polen die IBBY-Sektion zentrales Organ und bester
Ansprechpartner in Sachen Kinderbuch. Die Vorsitzende der Sektion, Maria Kulik, ist ein
Wirbelwind, der vieles, wenn nicht alles möglich macht. Sie spricht gut Deutsch und
vermittelt gern weitere Kontakte.
Anschrift:
Polska Sekcja IBBY
c/o Maria Kulik
ul. Freta 11 m. 8
00-227 Warszawa
Telefon: (+48) 22 831-67-27
www.ibby.pl
Email: ibby@ibby.pl
2.6.2 Instytut ksiąŜki – The Polish Book Institute
Das Buchinstitut ist Ansprechpartner für alles, was sich um polnische Bücher dreht.
Wenngleich der Kinderbuchbereich nur über die polnische Version der ansonsten
mehrsprachigen Homepage verfügbar ist, so kann man sich jedoch guten Gewissens an die
Mitarbeiter wenden, die sich sehr bemühen, einem Auskunft zu geben oder die Anfrage an
Spezialisten weiterzuleiten.
Anschrift:
Instytut KsiąŜki
ul. Szczepańska 1, II piętro
31-011 Kraków
Poland
Telefon: +48 12 433 70 40
Fax: +48 12 429 38 29
www.instytutksiazki.pl
25

Email: informacje@instytutksiazki.pl
biuro@instytutksiazki.pl
Abteilung Warschau:
Instytut KsiąŜki
Pl. Defilad 1 (Pałac Kultury i Nauki), IX piętro pok. 911
00-901 Warszawa
Telefon: + 48 22 656 63 86 oder 7 oder 8
Fax: + 48 22 656 63 89
Email: warszawa@instytutksiazki.pl
ElŜbieta Kalinowska: e.kalinowska@instytutksiazki.pl
Tel. +48 22 656 63 86 oder 7 oder 8
Durchwahl 104
2.6.3 Qlturka und Ryms
Das Onlineportal für Kinderliteratur qlturka und die Fachzeitschrift Ryms bieten sich nicht
nur als hervorragende Informationsquellen an, sie werden auch von überaus netten und
kompenten Mitarbeiterinnen betreut, die zum Teil bei IBBY und verlegerisch aktiv sind.
Anschrift:
Qlturka
Królowej Marysieńki 29B
02-954 Warszawa
Telefon: (+48) 502 362 752
www.qlturka.pl
Email: qlturka@qlturka.pl
Anschrift:
Biuro redakcji Rymsa
ul. Wandy 10 A/
403-949 Warszawa
Telefon/Fax: 22 895 03 28
www.ryms.pl
Herausgeberin Marta Lipczyńska-Gil: marta@ryms.pl
Chefrekakteurin Ewa Skibińska: ewa.skibinska@ryms.pl
26

3. RUSSLAND
3.1 Buchmarkt – Allgemein
Der russische Buchmarkt ist vielfältig, komplex, schnell- und kurzlebig. In der
postsowjetischen Phase schießen Verlage wie Pilze aus dem Boden, verschwinden häufig
schnell wieder; gleiches trifft auf die Personalpolitik zu. Auch der sich bisher wesentlich
ruhiger entwickelnde Bereich der Kinder- und Jugendliteratur verzeichnet seit einigen Jahren
eine wachsende Zahl an dezidiert kinderliterarisch ausgerichteten Verlagen. Und auch
Buchläden, die sich auf KJL spezialisiert haben, eröffnen neuerdings in Moskau und anderen
russischen Städten. 1 Allein auf der Moskauer NonFiction-Buchmesse, die sich als besonders
bedeutet für KJL erweist und sich das Label „anspruchsvoll“ auf die Fahnen geschrieben hat,
waren im Dezember 2010 ca. zehn reine Kinderbuchverlage, die vielfach erst zwischen ein
und fünf Jahren bestehen, sowie viele weitere Verlage mit breitem Kinderbuchsegment
vertreten: der älteste russische Kinderbuchverlag, der nach Jahren in der Versenkung mit
einem hocherfreulichen neuen Programm aufwartet DETGIZ, der beste reine
Kinderbuchverlag SAMOKAT, der jüngste, aber bereits sehr ausgewogene Verlag
KOMPASGID, der Moskauer Verlag CENTR NARNIJA, der auf aufwendige Neuauflagen
setzende Verlag MELIK-PAŠAEV, die auf hochwertige Importe spezialisierten Verlage MIR
DETSTVA und ROZOVYJ ŽIRAF, das umfangreiche neue Kinderbuchsegment RIPOL KIT
des RIPOL-Verlages, der großformatige Bücher vertreibende Verlag TRIMAG, der sibirische
Vertreter SOKRAT, der internetaffine LIVEBOOK-Verlag, der in Österreich und Russlans
agiertende IDMI-Verlag, u.a.. 16
Bei einem recht konstanten Anteil der KJL von ca. 9% Prozent am russischen
Buchnovitätenmarkt in den letzten Jahren, 17 kam es innerhalb des Kinderbuchmarktes zu
Verschiebungen von Sach- und Schulbüchern hin zur kinderliterarischen Belletristik. Die
russische Buchkammer verweist in ihrer 2010er Statistik explizit darauf, dass es einen
signifikanten Anstieg an Neuveröffentlichungen in diesem Bereich im Vergleich zum Vorjahr
gäbe (2009: 2908 Titel, 2010: 3785 Titel), der sich auch in den Auflagenstärken
niederschlage. 18
Insgesamt wird der Anteil an Übersetzungen von den Verlegern als sehr hoch eingeschätzt.
Insbesondere englische Titel werden eingekauft, in der letzten Zeit aber auch verstärkt
aktuelle skandinavische KJL verlegt (Klassiker wie Astrid Lindgren und Tove Jansson waren
schon immer präsent), und auch französische und deutsche Kinderbücher finden ihren Weg
auf den russischen Markt: Entweder Klassiker wie „Max und Moritz“, moderne Klassiker wie
Krüss, Boie, Nöstlinger oder auch aktuelle Kinderbuchtitel von Manuela Olten, Anu Stohner,
Amelie Fried oder Wolf Erlbruch und Rotraut Susanne Berner.
Der umtriebigste und überaus erfolgreiche russische Kinderbuchverlag Samokat bemüht sich
um aktuelle Titel aus Deutschland und Skandinavien, legt aber auch Wert auf originär
russische Bücher. Neben Samokat bemühen sich aber nahezu alle jungen, auf qualitativ
hochwertige KJL ausgerichteten Kinderbuchverlage um ein russisches Originalprogramm.
Insgesamt fällt der Anteil der original russischen Titel am KJL-Markt geringer aus,
1 So die Geschäfte Džabervoki/Jabberwocky und Lavočka detskich knig/Kinderbuchladen.
16 Neben diesen Kinderbuchverlagen haben auch große russische Verlagshäuser ein Kinderbuchsegment, wie
bspw. EGMONT RUSSIA, MACHAON, AZBUKA, AST, APRIORI, ASTREL’, u.a.
17 2008: 123336 Novitäten gesamt, davon 11296 Kinder- und Jugendbücher, d.h. ein Anteil von 9,1%. 2009
waren es 8,5% und 2010 um die 8,9%. Dabei konnte nicht ermittelt werden, ob hier auch Neuauflagen
eingerechnet wurden oder ob es sich um ‚echte’ Ersterscheinungen handelt. Berechnung nach den Zahlen der
russischen Buchkammer: http://www.bookchamber.ru/main.html.
18 Vgl. http://www.bookchamber.ru/content/stat/stat_2010.html.
20 Das vollständige Ranking ist einsehbar in der Jahresstatistik der staatlichen russischen Buchkammer (Knižnaja
palata): http://www.bookchamber.ru/content/stat/statistic.html.
27

insbesondere dann, wenn man ausschließlich Ersterscheinungen in den Blick nimmt. In der
Statistik der 20 meistherausgegebenen Autoren finden sich 2010 nur zwei aktuelle, qualitativ
hochwertige Kinderbuchautoren (Grigorij Oster *1947, Andrej Usačev) neben zwei weiteren
aktuellen Vielschreiberlingen (Irina Gurina, Marina Družinina) und Klassikern der russischsowjetischen
und internationalen KJL à la Andersen, Perrault und Lindgren. 20
Außerhalb des ästhetisch-belletristischen Bereichs der KJL werden in Russland nahezu
genauso viele Sachbücher veröffentlicht. 21
Eine weitere Besonderheit des russischen Buchmarktes, die sowohl die Neu- oder
Erstübersetzung von ausländischen Titeln als auch die Veröffentlichung russischer Novitäten
erschwert, liegt in der Lizenzpolitik begründet: Ein Autor vergibt mit seinem Text nicht die
Rechte an den Verlag sondern kann theoretisch zeitgleich bei einem anderen Haus
veröffentlichen. Für einen Verlag entsteht ein doppeltes finanzielles Risiko, da zum einen der
Erfolg der Veröffentlichung nicht „garantiert“ ist, zum anderen die Redaktions- und
Druckkosten sowie Übersetzerhonorare höher liegen als bei Wiederauflagen (von sowohl
russischen wie übersetzten Klassikern) oder Parallelveröffentlichungen.
3.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
Ebenso wie in Deutschland erscheinen auch in Russland seit einigen Jahren vermehrt
(übersetzte) crossover-Titel wie z.B. von J.R. Rowlings 22 Harry Potter, die sowohl
erwachsenes als auch jugendliches Publikum anziehen. In der Folge werden nun auch
verstärkt russische All-Age-Titel publiziert, so bspw. die bisher achtbändige Reihe Dlja
vzroslych i detej („Für Erwachsene und Kinder“) des ansonsten wenig kinderliterarisch
aktiven Verlages ArtHouseMedia. Daneben erfreut sich nach wie vor das Fantasy-Genre in
Russland großer Popularität. Neben Gründen der inhaltlichen Attraktivität mag eine Ursache
für jene Beliebtheit darin liegen, dass Fantasy und ScienceFiction eine signifikante Lücke im
russischen Kinder- und Jugendbuchmarkt zu schließen versucht. Trotz deutlicher
Umbruchsprozesse hat der Markt eine bewusst kindliche Ausrichtung für Kinder bis maximal
14 Jahre und macht dann einen Sprung in die so genannte Erwachsenenliteratur. Jugendliche
weichen entweder auf den Kauf von „Erwachsenenliteratur“ aus und/oder kaufen die in allen
Altersstufen beliebten Fantasy-Titel, unter die auch die Twilight-Reihe oder Tolkiens Herr der
Ringe zu rechnen sind, in Russland aber einen eigenen boomenden Markt haben (und
umgekehrt auch nach Deutschland schwappen: vgl. Sergej Lukianenko und das kürzlich ins
Deutsche übersetzte Metro 2033 von Dmitri Gluchovskij, *1979).
Jugendbücher, die sich dezidiert an jugendlichen Themen orientieren (häufig
Problembücher), sind kaum zu finden und wenn, dann sind sie zumeist Übersetzungen. Nach
Meinung von Autoren und Verlegern, seien viele russische Eltern der Ansicht, dass
Jugendliche nicht mit Problemen belastet werden sollen. Dass ein problematisches Alter
jedoch eine entsprechend orientierte Literatur fordere, so der Fantasy- und Jugendbuchautor
Eduard Verkin in einem Interview mit der russischen Onlinebuchseite setbook 2010, würde
vielfach ausgeblendet und negiert. 23 Viele Bücher, die gesellschaftskritische Themen
ansprechen, tun dies nur am Rande, mit Maß und bieten im Grunde immer eine (lehrreiche)
Lösung und guten Ausgang der Story an. Provokative Jugendliteratur, wie sie bspw. aus
21 Im Jahre 2009: 5525 belletristische KJL, 5160 Sachbücher; im Jahre 2010: 6858 belletristische KJL, 4076
Sachbücher. Vgl. http://www.bookchamber.ru/content/stat/statistic.html. Der Schulbuchmarkt ist sich im
Vergleich um ein Vielfaches größer.
22 Als einzige zeitgenössische, ausländische Autorin schaffte es J.R. Rowling 2008 auf den vierten Platz der
meistverkauften Kinderbuchautoren in Russland. Vgl. http://www.bookchamber.ru/content/stat/stat_2008.html.
Die in Deutschland ebenso erfolgreiche Twilight-Reihe von Stephenie Meyer taucht bisher nicht in den
Jahresrankings auf.
23 Vgl. http://www.setbook.net/news/interview/300.html
28

Skandinavien bekannt ist (vgl. Janne Teller Nichts, 2010), habe auf dem russischen KJL-
Markt wenig Chancen auf Erfolg, da sie als nicht angemessen gelte. 24
Eine ähnliche, wenn nicht striktere Haltung gilt auch für den Bereich des Kinderbuches:
Symptomatisch ist hier die Diskussion um das Thema Tod im Kinderbuch, das außerhalb
Russlands fast schon „klassisch“ in den Verlagsprogrammen und auch in der Forschung
vertreten ist, innerhalb des Landes jedoch sehr kritisch gesehen wird – und das völlig
unabhängig von der Aufbereitung des Themas. 25 In den letzten Jahren hat sich der Buchmarkt
für problemorientierte KJL langsam geöffnet, in den Programmen dominieren aber folglich
klassische KJL-Genres wie Märchen oder Titel mit Anekdoten oder Abenteuergeschichten
sowie Kinderlyrik bzw. Verserzählungen. Dennoch liegt hier im Bereich des Kinderbuches
die bisher größte Stärke des russischen Marktes, denn hier sind die meisten der hochrangigen
Autoren aktiv.
Das Gespann aus Märchen und Kinderlyrik, das traditionell dem jüngsten Leser vorbehalten
ist, deutet auf eine Besonderheit im russischen Buchmarkt hin, die ihn vom deutschen
unterscheidet: der Umgang mit der Gattung Bilderbuch. Trotz einer gewichtigen Tradition an
Illustrationskunst (vgl. russische Avantgarde), hat diese heute gern den Status als „Beiwerk“
zum Text und gilt nicht als eigenständige „Sprache“ für ein Kinderbuch. 26 Mit den vielen
Verlagsneugründungen scheint das Bilderbuch (in westeuropäischem Verständnis) an
Bedeutung zu gewinnen, die etablierte Konzentration auf den Text bei bebilderten Büchern
für Kinder wird sich jedoch erhalten.
3.3 AUTOREN
Die Größe und Unüberschaubarkeit des russischen Kinderbuchmarktes macht die Auswahl an
Autoren nicht besonders einfach und bekannte und vielfach ausgezeichnete Schriftsteller wie
die bedeutende Ekterina Murašova (*1962), Tim Sobakin (*1958), die zur Zeit überaus
beliebte Marina Aromštam (*1960) oder auch der Jugendbuchautor Oleg Rain (*1964) sind
erwähenswert.
3.3.1 „ZUGPFERD“: Sergej Lukjanenko (*1968)
Der in Deutschland zur Zeit eindeutig erfolgreichste russischsprachige Autor ist Sergej
Lukjanenko aus Kasachstan, der in Moskau lebt und dort neben der „klassischen“
Schriftstellerei auch Drehbücher schreibt. Seine „Wächter“-Romane haben Lukjanenko auch
international bekannt gemacht und den Weg für eine ganze Reihe von russischen Fantasy-
Autoren bereitet; die beiden ersten „Wächter“-Titel – „Wächter der Nacht“ und „Wächter des
Tages“ wurden in Russland auch verfilmt und gelangten sogar in das kommerzielle deutsche
Kino. Seine zahlreichen Science-Fiction- und Fantasy-Veröffentlichungen, die eher an ein
erwachsenes Publikum gerichtet sind, erfreuen sich einer breiten Leserschaft (Hinweis darauf
gibt bereits der Verlag: Heyne) und sind preisgekrönt – „Die Ritter der vierzig Inseln“ erhielt
2010 den Deutschen Phantastik-Preis für das beste internationale Buch. Auch Lukjanenkos
Jugendbücher, die sich ebenso im Bereich des Abenteuer- und Fantasyromans bewegen,
wurden ausgezeichnet und nicht minder Bestseller. Der erste in Deutschland veröffentlichte
Titel „Das Schlangenschwert“ wurde 2007 mit dem internationalen Buchpreis „Corine“
ausgezeichnet und mit dem in der Sueddeutschen Zeitung hochgelobten „Trix Solier“ schlägt
24 Umgekehrt wirkt der zum Teil unbesorgte Umgang mit Kriegs- Militärs- und Waffenthematik in den
russischen Kinder- und Jugendbüchern, der ein Überbleibsel aus der Sowjetzeit zu sein scheint, für den
nichtrussischen Leser befremdlich.
25 Ein Diskussionspanel auf der Moskauer Buchmesse im Dezember 2010 zeigte große Diskrepanzen zwischen
dem auch international orientierten Fachpublikum und den Plenumsbesuchern: Die Frage, ob ein Thema wie Tod
den Kindern zumutbar sei oder ob man nicht gerade aufgrund der Schwierigkeit im Umgang mit einem solchen
Thema eine bewusste Heranführung forcieren sollte, blieb kontrovers.
26 Textlose Bücher sind auf dem russischen Buchmarkt praktisch nicht vorhanden. Bedeutende Ausnahme:
Nikolaj Popovs internationaler Erfolg Začem? („Warum?“) – eine Parabel über das Entstehen von Krieg.
29

Lukjanenko ein neues Erfolgskapitel in Deutschland und in seinem Oeuvre auf. Der Roman
ist eine Zauberlehrlings- und Schelmengeschichte und ging nach dem Erscheinen 2010 bereits
in die vierte Auflage.
Lukjanenko war zu Gast beim Berliner Literaturfestival 2010.
In Auswahl auf Deutsch:
Trix Solier, Zauberlehrling voller Fehl und Adel. Übers. Christiane Pöhlmann. Weinheim:
Beltz & Gelberg 2010. (KB ab 10)
Der Herr der Finsternis. Übers. Christiane Pöhlmann. Weinheim: Beltz & Gelberg 2010
(AllAge ab 12)
Die Ritter der vierzig Inseln. Übers. Matthias Dondl. München: Heyne 2009. (AllAge ab
17)
Drachenpfade. Übers. Anja Freckmann. München: Heyne 2009. (AllAge ab 17)
Das Schlangenschwert. Übers. Ines Worms. Weinheim: Beltz & Gelberg 2007. (KB,AllAge
ab 12)
Wächter der Nacht. Übers. Christiane Pöhlmann. München: Heyne 2005. (Mystery ab 17)
Wächter des Tages. Übers. Christiane Pöhlmann. München: Heyne 2006. (Mystery ab 17)
3.3.2 Stanislav Vostokov (*1975)
Eigentlich hatte Stanislav Vostokov nicht vor, Kinderbücher zu schreiben. Als Biologie war
er Zoowärter im Moskauer Zoo, dann Englisch-Übersetzer in Kambodscha und schließlich
hatte er Arbeit im russischen Zentrum für Umweltschutz. Zum Glück schreibt er nun
Kinderbücher und versetzt mit seinem Humor den Leser in die peinliche Situation,
unvermittelt und scheinbar in ein Buch vertieft, in lauthalses Lachen (oder wenigstens
Kichern) auszubrechen. Vostokovs Witz entsteht durch eine entfremdete Perspektive, die die
jeweiligen Protagonisten auf das von ihnen Beschriebene haben und ihre eigenen, völlig
divergenten Erfahrungen als mögliche Erklärungsmuster heranziehen: Der hemdsärmelige,
bauernschlaue Helfer im Zoo ist vollkommen unvertraut mit der Tierwelt und dem Alltag im
Zoobetrieb und führt seine Beobachtungen über Löwe, Pfau und Co. kurzerhand auf
menschliche Verhaltensweisen zurück (vgl. das preisgekrönte Ne kormit’, ne draznit’!
Rasskazy o Moskovskom zooparke/ „Nicht füttern, nicht ärgern! Geschichten aus dem
Moskauer Zoo“).
Auch der Ich-Erzähler in „Die Wintertür“ (Zimnjaja dver’), der sich das Leben auf dem Land
anschaut, schildert in kurzen anekdotischen Episoden seine sonderbaren Erlebnisse und
Eindrücke. Vostokov versteht es, in alltäglichen Begebenheiten Außergewöhnliches
aufzuspüren, bzw. er schafft es, jene Begebeneheiten als außergewöhnlich darzustellen: z.B.
entsteht eine kleine Episode aus dem „Phänomen“ der Wintertür, die so heißt, weil sie sich im
Sommer nicht öffnen lässt, sondern nur bei Frost, wenn sich alle Schaniere verziehen. Auch
spielen die Begegnungen mit Tieren erneut eine Rolle (Elch, Hai, Nachtigall, Katzen), und
Vostokov liebt es, seine Protagonisten auf etymologische Expeditionen zu schicken und über
die Herkunft von Tier-, Ort-, Personennamen sinnieren zu lassen.
In 2008 ausgezeichneten „Präsident und seine Minister“ (Prezident i ego ministry) lässt
Vostokov Kinder Staatswesen spielen, eine Kabinettssitzung mit Präsident und Ministerriege
nachstellen und führt dabei – auch zur großen Belustigung erwachsener (Vor)Leser –
Absurditäten und Kuriositäten des politischen Handelns und politischer Gegebenheiten vor.
Heruntergebrochen auf die kindliche Ebene hortet der Minister für Ressourcen alle
Dosenreichtümer der Gruppe, der Präsident will alles bestimmen und niemand weiß so Recht,
was ein Minister für Kultur eigentlich machen soll.
Man begegnet in Vostokovs Büchern einem ständigen Augenzwinkern und hat Spaß an der
Fabulierkunst des Autors. Vostokov gilt auch aufgrund seiner Auslandsaufenthalte
30

(abgesehen von Kambodscha war er als Autorenstipendiat in Finnland) als sehr weltoffen und
umgänglich – seine Lesungen versprechen ein großes Vergnügen zu sein.
In Auswahl:
Zimnjaja dver’. Ill. Marija Voroncova. Moskau: Samokat 2011. (KB ab 9)
Ne kormit’ i ne draznit’! Rasskazy o Moskovskom zooparke. Ill. Stanislav Vostokov.
Moskau: Samokat 2011. (KB ab 7)
Specialist po rukonožkam ili Ostrov, odetyj v džersi. Moskau: Vremja 2011. (KB ab 7)
Prezident i ego ministry. Moskau: Vremja 2010. (KB ab 7)
3.3.3 Galina Djadina (*1979)
Galina Djadina, eigentlich Galina Gričenko, ist der zur Zeit „aufstrebendste“ Name in der
russischen Kinderlyrik und eine echte Entdeckung des ersten Kinderliteraturfestivals Kak
chorošo („Wie gut“) des traditionsreichen Petersburger Kinderbuchverlages DetGiz im Jahr
2008. Seit 2003 arbeitet Djadina an ihren Gedichten für Kinder und hatte vor dem Festival
kleine Veröffentlichungen (Auflage ca. 300), mit denen sie bereits bei anderen
Schreibwettbewerben auf sich aufmerksam machen konnte, und publizierte einzelne Gedichte
im in Russland populären Medium der Kinderzeitschrift. 2010 erschien die erste große
Gedichtsammlung, dank deren Beliebtheit 2011 gleich ein Nachfolger folgt. Ihr „Büchlein im
Matrosenhemd“ (Knižka v tel’njažke) ist eine alphabetische Reise durch die Welt in, um, am
Meer und enthält Gedichte über Piraten, den Äquator, Eisberge, Strandleben, Tsunami usw.
Nicht nur der thematische Radius ist von Djadina einfallsreich abgesteckt, auch die Gedichte
zeichnen sich durch großen Abwechslungsreichtum aus. Konkrete Poesie, Wortspiel und die
Eigenschaft, genauer auf die Dinge zu schauen, um neue Blickwinkel zu erhaschen, zeichnen
Djadinas Texte aus. So wird der Eisberg im Meer im gleichnamigen Gedicht zum
eis
BERG.
Der größerere Teil des Berges befindet sich immer unterhalb des sichtbaren Eises an der
Meeresoberfläche – im Gedicht wird er entsprechend als „Wortberg“ geschichtet und auf zwei
Zeilen verteilt dargestellt, mit dem längeren Wort „BERG“ in der unteren Zeile. Neben
typischen kurzen lyrischen Episoden über Tiere oder das Familienleben greift Djadina gern
auf ungewöhnliche Themenfelder zurück, wie ihre Gedichte über den Planeten Uranus oder
über hochhackige Schuhe belegen.
Die Zeitungskorrespondentin aus der russischen Provinzstadt Arzamas (bei Nižnij Novgorod)
übt sich auch in der Übertragung englischer (amerikanischer) Gedichte ins Russische und geht
gern in Bibliotheken zu Lesungen und Begnungen mit ihrem jungen Publikum.
In Auswahl:
Pugovičnyj gorodok. Ill. Ekaterina Andreeva. Moskau: Oktopus 2011. (KLyrik)
Knižka v tel'njaške: morskaja azbuka, Ill. Aleksandr Bichter. Sankt-Petersburg:
Grif/DetGiz 2010. (KLyrik)
Einzelne Gedichte in Anthologie Kak chorošo. Sankt-Petersburg: DetGiz 2009. (KLyrik)
3.3.4 Asja Kravčenko (*1971)
Im russischen Kinderliteraturbetrieb noch nicht etabliert und zu Unrecht übersehen ist die
Journalistin und studierte Psychologin Asja Kravčenko. Mit ihren mal melancholisch, mal
schmunzlerischen Geschichten ist sie eine hoffnungsvolle, noch leise junge Stimme im
Reigen der russischen KJL-Autoren. Ihre beiden Kinderbücher kommen vermeintlich schlicht
daher und erzählen nicht von großen Abenteuern, sondern schweben in leichtem,
spielerischem Ton durch den Alltag ihrer kindlichen Protagonisten. Man nimmt sowohl der
kleinen Sonja aus „Hallo Pferd!“ (Zdravstvuj lošad’!) als auch Taška (Natal’ja) aus den
31

„Geschichten des alten Hauses“ (Skazki starogo doma) die kindliche Perspektive ab und freut
sich, die Kinder durch ihren Alltag begleiten zu dürfen. Kravčenkos amüsanter Erstling über
das Pferd Kabačok (Melonenkürbis) und dessen guter Einfluss auf die quirlige Sonja (ein
Traum für ein Mädchen ein Pferd zum wahren Freund zu haben!) war gleich Finalist für den
Kinderbuchpreis Zavetnaja mečta 2007. In ihrem aktuellen Titel geht um ein altes Haus, das
noch der Sowjetzeit entstammt, das zum Teil die Struktur der kommunal’ka, der
Wohnungsgemeinschaft, bewahrt hat und in dem mehrere Generationen zusammenleben;
allen voran Taška mit ihren Eltern, ihr Freund Sereža in der Nachbarschaft, eine sprechende
Katze und der Hund Bob. Taška lernt den arrivierten Hausgeist Monach kennen, der ihr
Etikette beibringen will, veranstaltet eine Schiffsreise inklusive Havarie im heimischen
Badezimmer, organisiert für ein junges Brautpaar einen Hochzeitsumzug und lüftet am Ende
als die Familie das Haus verlassen muss (es wird abgerissen), sogar das Geheimnis um den
Schatz, den die Großmutter vor Jahren in dem alten Haus versteckt hat. Asja Kravčenko
entwirft in ihren kleinen Geschichten Bilder einer sorglosen, unbelasteten Kindheit, die im
Falle der „Geschichten des alten Hauses“ wie eine urbane Reminiszenz an Lindgrens
Krachmacherstraße wirken.
Skazki starogo doma. Ill. Aleksandr Jaroslavcev. Moskau: O.G.I. 2010. (KB ab 6)
Zdravstvuj lošad’! Ill. A. Kudrevič. Moskau: O.G.I. 2007. (KB ab 6)
3.3.5 Svetlana und Nikolaj Ponomarev (beide *1976)
Die fünffachen Eltern Ponomarev aus dem sibirischen Omsk schreiben bereits seit 1998, doch
erst seit gut drei Jahren sind sie auch über die regionalen Grenzen hinaus bekannt. Sie
schreiben in doppeltem Sinne ungewöhnlich für den russischen Markt: weil sie a)
Jugendbücher verfassen und b) jene Jugendbücher weder Krimi noch Fantasy sind. Dass sie
auch mit realistischeren Geschichten fesseln können, zeigen sie sowohl in „Fürchtest Du die
Dunkelheit?“ (Boiš’sja li ty temnoty?) und in „Foto auf Trümmern“ (Foto na razvalinach).
Letzteres ist – wie auch die Jurybegründung für die Auszeichnung des Buches mit dem
bedeutenden Michalkov-Kinderbuchpreises lautet – „weder Krimi, noch Abenteuer, noch
Fantasy […] und trotzdem fesselt es einen von der ersten Seite an und lässt einen bis zum
Schluss nicht mehr los.“ 27 Es geht um den Teenager Elisej, der am liebsten die (Bau)Ruinen
seiner Provinzstadt in schwarz-weißen Bildern festhält. Die Fotographie ist ihm Metapher für
das gleichgültige, grau-pessimistische Dasein seiner Umgebung und auch seiner selbst. Seine
Eltern führen nur noch auf dem Papier eine Ehe, der Vater ist meistens auf Dienstreise, die
Mutter betrinkt sich und der Junge selbst glaubt, allein durch Intrigen sein Leben in gelenkten
Bahnen halten zu können. Vor allem will er dem neuen Lehrer, in den seine heimliche Liebe
Nataša verliebt ist, eins auswischen und ersinnt ein machtspielerisches Komplott, um „sein“
Mädchen zu erobern. Der Plan schlägt fehl, zerstört die wenigen freundschaftlichen
Beziehungen des Jungen und endet beinah in der Katastrophe. Atemlos folgt man den
erzählerischen Schlenkern, die um die Suche nach Identität und das Schwanken zwischen
Kind- und Erwachsensein kreisen. Auch „Fürchtest Du die Dunkelheit“ fokussiert auf einen
jugendlichen Protagonisten, der als Waisenjunge neben dem Verlust der Eltern und dem
Trauma ihres Unfalltodes auch die neue Wirklichkeit eines neuen (Heim-)Alltags bewältigen
muss. Vertrauter wird der Erzieher Sergej, der selbst wiederum mit einem Kriegstrauma aus
den Tschetschenienkriegen belastet ist und der mit den Problemen, die sich auf seine
zerbröckelnden Familie auswirken, zu kämpfen hat. Erneut reihen sich dramatische Ereignisse
aneinander, führen aber mit dem sukzessiven Vertrauensgewinn der beiden Protagonisten zu
einem happy ending. Die Ponomarevs verstehen es, den typischen Jugendproblemkosmos
(erste Liebe, Identitätsfindung, usw.) aufzurufen und ihn – gepaart mit einem zwingenden
27 http://www.svmihalkov.ru/page/page50.html
32

Plot – in jener fast kitschigen Dramatik wiederzugeben, in der sich jener Kosmos den
Jugendlichen eben darstellt.
In Auswahl:
Foto na razvalinach. Moskau: Igra slov 2011. 28 (JB ab 13)
Boiš’sja li ty temnoty? Moskau: Centr Narnija 2010. (JB ab 13)
3.3.6 Eduard Verkin (*1975)
Verkin gilt im russischen KJL-Betrieb als streitbare Figur. Als Verfasser vieler
Fantasyromane für Kinder und Jugendliche hat er sich unter seinen jungen (und auch älteren)
Lesern einen Namen gemacht, bei einigen KJL-Experten fällt er jedoch aufgrund jenes
Genres oft durch das Bewertungsraster. Nichtsdestotrotz gewinnt Verkin 2007 den
Kinderbuchpreis Zavetnaja mečta in der Kategorie „bestes ScienceFiction-Buch“ mit dem
Mesto snov („Ort der Träume“) aus seiner Fantasy-Reihe Chronika strany mečty („Die
Chronik des Traumlandes“). Mit dem Jugendbuch Drug Aprel’ (Freund April) wagt sich
Verkin in ein realistisches Genre vor und gewinnt damit 2010 den zusammen mit Zavetnaja
mečta bedeutendsten russischen Kinderbuchpreis zu Ehren von Sergej Michalkov, der -
ebenso wie Zavetnaja mečta – von einer Expertenjury außerhalb des Verlagswesens vergeben
wird. Zurecht, denn Verkin wagt sich nicht nur in das rare Gebiet des Jugendbuches vor, er
beschreibt atmosphärisch dicht die verkorkste Kindheit dreier Brüder, die in einem für
Russland typischen Provinznest mit hoher Arbeits- und Trostlosigkeit aufwachsen. Einzige
Abwechslung und Ort der Sehnsuchtsphantasien bildet die Bahnlinie, an der das Dorf liegt,
und auf der die Züge aus Moskau vorbeirauschen. Die Brüder, die sich eigentlich das Leben
zur Hölle machen, aber letztlich aufgrund ihrer Alkoholikermutter und des zwielichtigen
„Onkels“ zusammenhalten müssen, sind mit ihren Einbrüchen in die Wochenendhäuser
(Datscha) reicher Moskauer und als Schulabbrecher auf dem Weg in die Kriminalität. Auf der
anderen Seite träumen sie – wie alle – von einem Computer, einem Handy und warten auf den
April. Denn dann sollen die Freunde, die weggezogen sind, für den Urlaub wieder auf das
Dorf kommen. Diese Sehnsucht nach dem Wiedersehen wird insbesondere für den mittleren
Bruder Aksen zu einer Art mentaler Rettungsanker, denn Uljana – der erste Liebe von Aksen
– wird auch kommen.
Verkin erzählt in einem drastischen, kühlen und groben Ton auf mehreren Zeitebenen und
unterbricht das aktuelle „Geschehen“ durch Rückblenden. Langsam entspinnt sich darin die
(unglückliche) Geschichte der ersten Liebe von Aksen, dem Protagonisten, der trotz erster
krimineller Aktivitäten gewissenhaft, warmherzig und eigentlich hoffnungsvoll ist und am
Ende – in einer weiteren Zeitblende in die Zukunft – tatsächlich die Misere seines Zuhauses
verlassen kann.
Das Buch führt ganz deutlich die bedrückende Stimmung des russischen Dorfes vor, in dem
man zum Teil ohne Telefon und Elektrizität sein Dasein fristet, mehrere Kilometer zum
nächsten Lebensmittelgeschäft braucht und vom modernen Leben in Moskau nur träumen
kann. Jenes moderne Leben kommt lediglich in Form von alten Zeitschriften, die aus den
Zügen geworfen werden, in das Dorf der drei Brüder. Auch zeigt das Buch die Brutalität eines
Alltags, der von Arbeitslosigkeit, Alkohol und Aussichtslosigkeit bestimmt ist und der dem
deutschen Lesepublikum in dieser Form bestimmt unbekannt ist.
In Auswahl:
Drug aprel’. Moskau: Igra slov 2011. (JB ab 14)
4-teilige Fantasy-Serie Chronika strany mečty. Moskau: öksmo 2007-2009.
> u.a. Mesto snov. Moskau: öksmo 2007.
28 Erstmals 2009 bei Grifon, Moskau.
33

3.3.7 Mariam Petrosjan (*1969)
Die Armenierin Petrosjan ist eigentlich Animationsfilmerin und hat sich bisher lediglich
einmal in den Bereich der Jugendliteratur vorgewagt. - Ihr 900 Seiten starker Roman Dom, v
kotorom… („Das Haus, in dem …“) ist ein in Russland vieldiskutiertes Buch, das in einigen
Kreisen bereits Kult-Status hat. Angeblich habe die Autorin gute 10 Jahre daran geschrieben
und wurde für den russischen Booker-Preis und den nationalen Buchpreis „Großes Buch“
nominiert (als Jugendbuch eine Besonderheit). 2010 gewann Dom, v kotorom... den
russischen Buchpreis Russkaja premija, und im April 2011 erschien der Titel in Italien. Doch
worum geht es? Es geht um Jugendliche. Behinderte Jugendliche, die im HAUS – einem
Internat – leben. Vollkommen isoliert von der Außenwelt, von der auch der Leser kaum je
etwas mitbekommt, bewegen sich unzählige Jugendliche durch die labyrinthisch wirkenden
Strukturen des HAUSES und seiner Regeln. – Als würden sie ihr altes Dasein ablegen,
erhalten sie mit dem Eintritt in das HAUS einen neuen Namen (Der Raucher, Der Blinde,
Sphinx,...) und wechseln diesen mit zunehmendem Alter oder bei der Aufnahme in eine der
fünf großen Gruppen im Haus (Die Vögel, Die Fasane, Die Ratten,...), die Schutz und
Orientierung bietet und die jeweils eigene Regeln hat. Der Leser wird immer tiefer in jene
HAUSwelt gezogen und muss sich selbst immer neu orientieren, denn Perspektive, Namen
und Regeln ändern sich...und man bekommt ein beklemmendes Gefühl dafür, wie sich jenes
Dasein, das nicht phantastisch, sondern sehr realistisch anmutet, im HAUS anfühlt.
Abgesehen davon, dass Petrosjan über behinderte Jugendliche schreibt – einem recht „neuen“
Thema in der russischen KJL 29 –, tut sie dies auf eine postmoderne Weise, die kein Sujet
benötigt und wie ein Flickenteppich aus inhaltlichen Fetzen den Roman zusammensetzt.
Aufgrund des Umfangs als auch aufgrund der literarischen Dichte ist dieses Buch ein wahrer
crossover-Titel, der nicht zuletzt auch deshalb im jungen LiveBook-Verlag veröffentlicht
wurde; denn der Verlag hat sich auf Titel für „erwachsene Kinder“ („kidults“) spezialisiert
und bindet das Internet als Textquelle stark in sein Verlagsprogramm ein.
Dom v kotorom. Moskau: Gajatri/Livebook 2009. (JB ab 16)
3.3.8 Artur Givargizov (*1965)
Bissig, ironisch, urkomisch und gern derb im Ton – und dies auch bei seinen Auftritten – ist
der in Kiev geborene Kinderbuchautor Artur Givargizov, der eigentlich Musiklehrer ist und
gerade wegen der „Nichtpädagogik“ seiner Bücher gelobt wird. 30 – Lehrer, Ärzte und
überhaupt Erwachsene...all jene vermeintlichen Respektspersonen bekommen von Givargizov
ihr Fett weg – zur großen Freude der Kinder. Nach seinem Debüt 1997 gewinnt er 2003 und
2006 jeweils den bis dato bedeutendsten, heute nicht mehr existenten russischen
Kinderbuchpreis Alye parusa („Rote Segel“), die nationale Auszeichnung Kniga goda („Buch
des Jahres“) und steht 2006 im Finale um den Sonderpreis der Zavetnaja mečta für die
witzigste Erzählung. Givargizov fühlt sich genauso im Bereich von Nonsenslyrik für Kinder
zuhause wie in der Prosa – in beiden Genres wird er gern als Wiederbelebung des herrlich
nonkonformen Daniil Charms gefeiert. Unter Kollegen und Kinderbuchexperten gilt er
zusammen mit Tim Sobakin (*1958) und Sergej Sedov als eine der wichtigsten (männlichen)
Kinderbuchstimmen in Russland.
Givargizov nutzt gern den Dialog als Textform, denn dort kann er seine humoristischen
Spitzen durch komminkative Missverständnisse und durch gekonntes
29 Vgl. auch das Kinderbuch Klass korrekcii („Korrekturklasse“, Samokat 2009) der in Russland zur Zeit
wahrscheinlich etabliertesten Kinderbuchautorin Ekaterina Murašova. Das Buch gewann 2006 den großen
Preis der Zavetnaja mečta und handelt von einer Art Sonderschulklasse in einer regulären Schule.
30 Vgl. Nina Koloskova „Etot ‚nepadagogičeskij’ Artur Givargizov“, in: Biblioteka v škole, 15: 20, 2005.
http://lib.1september.ru/2005/15/20.htm.
34

„Aneinandervorbeireden“ der Protagonisten setzen. Allerdings spielt Givargizov auch mit
seinen Lesern, die er absichtlich über die Situation im Unklaren lässt, Erwartungen aufbaut,
um sie ins Leere laufen zu lassen und um dann mit einer Schlusspointe alles aufzuklären: So
bietet in Try-Try-Try („Tri-Tri-Tri“) der Dreikäsehoch Dima einem „alten Mütterlein“ in der
U-Bahn seinen Platz an, wobei sich später im hitzigen Gespräch der beiden herausstellt, dass
die „Alte“ gerade 30 Jahre alt ist. In „Klassenarbeit...oder die antike Tragödie“ (Kontrol’nyj
diktant ili Grečeskaja tragedija) ergehen sich bspw. Kinderarzt und kleiner Patient in
kuriosen (Theater)Dialogen, die in der Diskrepanz zwischen kindlich-phantasievoller
Wahrnehmung und erwachsen-professioneller Faktenhuldigung große Komik freilegen. Auch
ohne dialogische Form ist Givargizov ein Humorist erster Güte, wie in Neposlušnyj pirat
(„Der ungehorsame Pirat“), das in der preisgekrönten Kinderbuchreihe Pestryj kvadrat
(„Buntes Quadrat“) 31 bei Egmont 2009/2010 erschien und das die Geschichte vom modernen
Großstadtpiraten Miša im Moloch Moskau erzählt; oder wie in Pro korolej i voobšče („Über
Könige und so“), wo Givargizov alles Märchenhafte des „Es war einmal“ ablegt und eine
Reihe königlicher Idioten und deren schrägen Lebenswandel präsentiert. Dieser Autor liebt
das Absurde!
In Auswahl:
Generaly. Ill. Maksim Pokalev. Moskau: Samokat 2011. (KB ab 7)
Kak-to ja letel s rjabiny. Ill. Natal’ja Jaskina. Moskau: IDMI 2011. (KLyrik)
ökzamen na barabanščika. Ill. A. Naumov. Moskau: Vremja 2010.
Kontrol’nyj diktant ili Grečeskaja tragedija. Ill. Aleksandr Vojcechovkij. Moskau:
Samokat 2009. (KB ab 9)
Neposlušnyj pirat. Ill. Maksim Pokalev. Moskau: Egmont 2009. (KB ab 7)
Zapiski vydajuščegosja dvoečnika. Ill. E. Blinova. Moskau: Egmont 2009. (KB ab 8)
My tak pochoži. Ill. Ivan Aleksandrov. Moskau: Samokat 2006. (KLyrik)
Try-Try-Try, my – avtobus i drugie. Ill. Vera Korotaeva. Moskau: Vremja 2006. (KB ab 9)
Pro korolej i voobšče. Moskau: Gajatri 2005. (KB ab 8)
So škafom na velosipede. Ill. Lena Savina. Moskau: Egmont 2003. (KB ab 7)
3.3.9 Michail Jasnov (*1946)
Wenngleich ein älteres Semester und darüber hinaus noch im vermeintlich problematisch zu
übersetzenden Genre der Kinderlyrik zuhause, so ist Michail Jasnov ein großartiger, aktueller
Kinderbuchautor, und seine Gedichte sind in ihrer Frische und ihrer wohlgesetzten metrischen
Struktur ein großer Vorlese- und Zuhörspaß. In Russland gilt er als der momentan
bedeutendste Kinderlyriker und hat ca. 30 Gedichtsammlungen für Kinder veröffentlicht.
Seine Texte handeln vom kindlichen Alltag, finden in jenem das Absurde, Sonder- und
Wunderbare. Begriffe und Phrasen aus der Umgangssprache werden wörtlich genommen,
umkontextualisiert und stoßen damit die Tür für ungewohnte Perspektiven und Einsichten auf.
Typischerweise enden Jasnovs Gedichte mit einer Pointe, so z.B. das Gedicht über das
„Zeichnen im Quadrat“ (aus: Sobiratel sosulek/ „Der Eiszapfensammler“), in dem ein Kind in
einen „Zeichenzirkel“ kommt, dort Zirkel/Kreise malen soll, aber nur Quadrate hinbekommt
und dafür aber die Note 1 zum Quadrat verlangt.
Neben vielen anderen Auszeichnungen erhält die Gedichtsammlung Detskoe vremja
(„Kinderzeit“) 2007 auf der Moskauer Buchmesse den nationalen Preis Kniga goda (Buch des
Jahres). Eine andere besondere Ausgabe der letzten Jahre war die weihnachtlich anmutende
Geschichte über die einsame Alte Polina Pavlovna und eine (Pinocchio-)Puppe, die sie sich
31 Weitere Titel, die ebenso lohnenswerte Lektüren und auch aufgrund ihrer Illustration zu beachten sind (s.u.):
von Tim Sobakin Iz perepiskoj s korovoj („Aus dem Briefwechsel mit einer Kuh“), Michail Esenovskij
Glavnyj špionskij vopros („Die wichtigste Spionagefrage“), Sergej Grigoriev Dressirovščik buterbrodov („Der
Butterbrotdresseur“).
35

eines Abends aus Pappmaché zusammensetzt. Puppe Pavlik wird zu ihrem geliebten Enkel,
geht verloren, kehrt jedoch am Ende durch glückliche Umstände zu seiner Großmutter.
Wenngleich der Plot nicht neu ist, so verleiht die lyrische Umsetzung des Themas (als Poem
bzw. Ballade) von Jasnov und der wunderbaren Kinderlyrikerin Marina Borodickaja
(*1954) dem Bilderbuch eine zarte melancholisch-anrührende Atmosphäre, die ihren Anfang
in den Illustrationen hat. Denn die Idee zu dem Buch stammt vom Petersburger Illustrator
Igor Kuprin (*1966), mittlerweile in Hamburg arbeitend, 32 der die Geschichte in zart
getuschten Bildern angelegt hat. Kuprins Pavlik trägt die typisch russische „Šapka“ dazu
amerikanische Stoffturnschuhe und steht stellvertretend für eine interessante Mischung von
„typisch“ russischen Realia (Straßenzüge, Kleidung) und globalen Einflüssen.
Michail Jasnov, der Mitglied im PEN-Club ist und jahrelang am Institut français in
Petersburg den Bereich der belletristischen Übersetzung leitete, engagiert sich in Russland
sehr für das Renommée der KJL und gern gesehener Gast bei Lesungen. – Auch in
Deutschland und den USA wird er – ebenso wie Andrej Usačev – für Auftritte in der
russischen Community (Russische Schulen, Kulturzentren) gebucht.
In Auswahl:
Čudetstvo. Ill. Lija Orlova, Aleksandra Lunjakova, Marija Ovčinnikova. Sankt-Petersburg:
DetGiz 2010. 33 (KLyrik)
V gostjach u neba. Ill. Elena Kurkova. Moskau: Centr Narnija 2010. (KLyrik)
Odnaždy v zimnem gorode. (Zs. mit Marina Borodickaja unter dem Pseudonym Jasnobor
Mišarin). Ill. Igor’ Kuprin. Moskau: Rozovyj žiraf 2009. (KLyrik/KB ab 7)
Sobiratel’ sosulek. Ill. Zina Surova. Moskau: Samokat 2009. (KLyrik)
Detskoe vremja. Ill. Julija Bogatova. Sankt-Petersburg: Detgiz 2007. (KLyrik)
3.3.10 Andrej Usačev (*1958)
Zusammen mit Michail Jasnov ist Usačev zur Zeit der beliebteste russische Kinderlyriker; er
verfasst aber ebenso kurze poetisch-philosophische Bilderbucherzählungen, Theaterstücke
sowie „erzählende“ Sachbücher (insgesamt über 70 Titel). Als einziger schafft er es auch von
den Verkaufszahlen seiner Bücher in die Topliste der erfolgreichsten Kinderbuchautoren in
Russland. Usačev veröffentlicht sowohl in „kleineren“ Kinderbuchverlagen als auch bei den
großen Verlagshäusern (z.B. Azbuka) mit entsprechend hohen Auflagen. Seine Gedichte sind
zumeist vertont, der Autor intoniert sie zur Gitarrenbegleitung bei seinen „Lesungen“ gern als
Lied. – Den Gedichten ist damit eine eingängige Rhythmik sowie stimmige Reime einher.
Leider sind die Gedichte und Poeme (d.h. Erzählungen in Reimen) kaum übersetzt, von den
Erzählungen gibt es jedoch eine ganze Reihe von deutschen Titeln, die jedoch hinter der
Lyrik ein wenig zurückbleiben. Andrej Usačev wird in Deutschland von der Verlagsagentur
Prahl vertreten und war 2007 zu Gast auf der Saarbrücker Kinderbuchmesse.
In Auswahl:
Kotoboj ili Koty vychodjat v more. Ill. Igor’ Olejnikov. Moskau: Klever Medija Grup 2011.
(KB ab 8)
Skazočnoe moreplavanie. Ill. Igor’ Olejnikov. Moskau: RIPOL Klassik 2010. (SB, ab 10)
Kolybel’naja kniga. Ill. Igor’ Olejnikov. Moskau: RIPOL Klassik 2009. (Klyrik)
Miša kosolapyj. Ill. Vera Chlebnikova. Moskau: Melik-Pašaev 2009. (KLyrik)
Progulki pro Tret’jakovskoj galeree s po÷tom Andreem Usačevym. Ill. Moskau: Drofaplus
2008. (KLyrik)
32 Kuprin arbeitet mit fünf anderen Illustratoren im Hamburger Atelier „Igor und die anderen“. Im
deutschsprachigen Raum ist er u.a. für den Stern, Spiegel, GEO, die Verlage Friedrich und Gerstenberg tätig.
Siehe: www.igor-kuprin.de; http://www.igorunddieanderen.de/
33 Erstmals im Verlag Samovar 1990.
36

Malusja i gogoped. Ill. Lena Savina. Moskau: Egmont 2003. (KB ab 6)
Oranževyj verbljud. Ill. Igor’ Olejnikov. Moskau: Drofa 2002. (KB ab 7)
Sny Petuškova. Ill. T. Grachovskaja. Moskau: CH.G.S. 1994. (KLyrik)
Titel auf Deutsch (unter Andrej Usatschow):
Emma stellt alles auf den Kopf. Ill. Alexandra Junge. Übers. Simone Peil. Zürich: Nord-
Süd-Verlag 2011. (BB ab 3)
Das magische Riesenrad - Eine Reise um die Welt. Ill. Alexandra Junge. Übers. Simone
Peil. Zürich: Nord-Süd-Verlag 2010. (BB und CD, ab 3)
Guten Tag, danke und auf Wiedersehen!. Ill. Pierre Thomé. Übers. Simone Peil. Zürich:
Nord-Süd-Verlag 2009. (BB ab 5)
Geschichte ohne Anfang und Ende. Ill. Alexandra Junge. Übers. Simone Peil. Zürich: Nord-
Süd-Verlag 2008. (BB ab 5)
Es lebte einmal eine Igelfamilie in einem nicht besonders dunklen Wald:
Vorlesegeschichten. Ill. Sonja Bougaeva. Übers. Simone Peil. Freiburg: Herder Verlag 2008.
(BB/Vorlesebuch ab 3)
Der karierte Tiger. Ill. Alexandra Junge. Übers. Simone Peil. Zürich: Nord-Süd-Verlag
2007. (BB ab 3)
3.3.11 Sergej Sedov (*1954)
Sedov gehört zu den etablierten russischen Kinderbuchautoren der postsowjetischen Zeit.
Verleger wie Kinderbuchexperten und auch Buchhändler kommen auf Nachfrage nach guten
Kinderbuchautoren immer auf ihn zu sprechen. Sedov hat zwar einen pädagogischen
Abschluss, hat aber nur kurze Zeit als Lehrer gearbeitet. Er schreibt episodische
Kinderbücher, die er häufig „Märchen über ###“ nennt und die mit der obligatorischen
Formel „Es war einmal“ beginnen, dann aber in humorig-sarkastischem Ton zu modernen
Anekdoten über ein bestimmtes Thema werden. Mal dreht sich die Welt um einen
liebenswürdigen Drachen und die verschiedendsten Gründe, warum er nie dazu kommt, ein
Kind oder Menschen zu verspeisen (Skazki Zmeja Gorynyča/ „Die Märchen vom Drachen
Gorynyč“); mal geht es um die verschiedenen Plüschtiere im bekanntesten Moskauer
Spielwarenladen (Skazki detskogo mira/ „Die Märchen aus der ‚Welt des Kindes’“), die
nachts ein Eigenleben entwickeln, oder darum, wieviele und welche verschiedene Mütter es
gibt und vor allem wie das Verhältnis jener Mütter zu ihren Kindern ist (Skazki pro mam/
„Märchen über Mütter“). Neben den Geschichten über den Drachen Gorynyč und den Jungen
Leša, der sich in alles Mögliche verwandeln kann – beide Skazki erschienen 2008/2009 in
Schweden –, sind die Mütter-Märchen die beliebtesten Erzählungen Sedovs. Bereits in dritter
Auflage retten, erziehen, beeindrucken, behüten, malträtieren vergessliche, mutige,
chaotische, altmodische, trinkende Mütter ihre kleinen Kannibalen, Jäger, Angsthasen und das
auf jeweils zwei Textseiten. Dabei liebt Sedov makabre, „bissige“ Sujets und präsentiert
Menschenfresser, gefährliche Schießübungen, elterliche Trunksucht oder auch Mütter, die
jeden Tag ihre Kinder aus dem Wolfsmagen befreien müssen, wenn er sie einmal wieder
gefressen hat. 34 Dass die Mutter-Geschichten dennoch oder gerade aufgrund jener Morbidität
ein Lesespaß sind, verdanken sie den pointenreichen Wendungen, die jene Sujets übertreiben,
umwerten und relativieren.
34 Markantestes Beispiel sind Sedovs „Wahre Ungehuer“ (Nastojaščie strašilki, Apriori-press 2009), in dem er
Horrorsujets mit abgehackten Händen, erschossenen Räubern und KGB-Kinder mit Maschinengewehren
zeichnet. Hier steht besteht allerdings Zweifel, wie kindgerecht die Sujets sind bzw. an welchen
Adressatenkreis/an welches Adressatenalter sich Sedov wendet.
37

Sedovs letzte Veröffentlichung ist hingegen „zahmer“ und fand zusammen mit der
wunderbaren Marina Moskvina (*1954) statt, deren Kinderbuch „Mein Hund liebt Jazz“ 35
ein zeitgenössischer Kinderbuchklassiker in Russland ist und mit der Sedov in der
Kinderzeitschrift Murzilka jahrelang scharfsinnige Comics textete. Im aktuellen Bilderbuch
erzählen Sedov und Moskvina auf Anfrage von Väterchen Frost/dem Weihnachtsmann die
Geschichte, wie bzw. warum eben jenes Väterchen Frost auf die Welt gekommen ist, und
verbriefen, dass es ihn wirklich gibt (en detail s.u. zum Illustrator des Buches Igor’
Olejnikov).
In Auswahl:
Kak Ded Moroz na svet pojavilsja. Zs. mit Marina Moskvina. Ill. Igor’ Olejnikov. Moskau:
RIPOL Klassik 2011. (BB ab 4)
Skazki pro mam. Ill. Tat’jana Kormer. Moskau: Samokat 2006, 2008, 2010. (KB ab 8)
Skazki detskogo mira. Ill. Asja Flitman. Moskau: Samokat 2008. (KB ab 6)
Skazki nesoveršennogo vremeni. Ill. Leonid Tiškov. Moskau: Gajatri 2006. (KB ab 8)
Skazki Sergeja Sedova pro Lëšu, pro Zmeja Gorynyča,... Ill. Leonid Tiškov. Moskau:
Gajatri 2005. (KB ab 8)
Skazki Zmeja Gorynyča. Ill. Andrej Bondarenko. Moskau: Detskaja Literatura 1993; Ill.
Valerij Cikota/ Mikola Voroncov. Moskau: Drofa 2000. (KB ab 8)
3.4 ILLUSTRATOREN
Bei den Illustrationen herrscht – die Disney-Ästhetik der Massenliteratur einmal ausgeblendet
– eine „östliche Ästhetik“ vor, die für den westeuropäischen Geschmack gern „süßlich“,
anbiedernd oder gar kitschig anmutet, wenngleich sich die Illustrationen handwerklich auf
gutem Niveau befinden. Beliebte Illustratoren für das Kinder- und Bilderbuch sind aus der
älteren Generation Igor’ Olejnikov und Evgenij Antonenkov (*1956). Aufgeschlossene und
„international kompatible“ junge Kinderbuchillustratoren sind insbesondere in der
Vereinigung Vol’šebnaja pila („Magische Säge“) organisiert. Die Künstler (Jahrgänge 1970
bis 1985) sind alle Absolventen von Moskauer Kunst- und Graphikhochschulen 36
(insbesondere der Abschlussjahrgänge 2004/2005) und bieten neben ihren eigenen Arbeiten
auch Workshops („Meisterklassen“) für Kinder an. Die Kreativität der Gruppe zeigt sich an
ungewöhnlichen Arbeiten wie dem dreidimensionalen (noch unveröffentlichten) „Buch“ Koza
i Kozel („Ziege und Ziegenbock“). Dieses Volksmärchen ist von Ekaterina Zabalova
(*1982) als Pappbox gestaltet worden, die die Geschichten durch Aufklappen und
Zusammensetzen in der Art eines Zauberwürfels freigibt. 37
Neben der „Magischen Säge“ und ihrer aufschlussreichen russich-englischen Webpräsenz
(www.magic-pila.ru) bietet die Internetplattform www.illustrators.ru eine reichhaltige Quelle,
um sich über die aktuelle russische Illustration zu informieren.
3.4.1 Zina Surova (*1982)
35
Moja sobaka ljubit džaz. Ill. Vladimir Burkin. Moskau: Detskaja literatura 1992; Moskau: Olimpionik 1997;
Ill. Leonid Tiškov. Moskau: Gajatri 2008.
36
Staatliche Moskauer Universität für Druckwesen; Poligraphisches Institut der Staatlichen Universität Moskau;
Studio für Animationszeichnungen Moskau.
37
Neben den im Fließtext erläuterten Illustratoren gehören zu der Gruppe: Irina Ivanova (*1977), Sofija
Kasjan (*1981; Illustrationen zur russischen Ausgabe von Maria Parrs „Waffelherzen“), Tat’jana Kuznecova
(*1985, Studium u.a. in Deutschland), Ekaterina Lavrent’jeva (*1977, Illustratorin der Kinderzeitschrift
Kukumber), Ol’ga Solomatina (*1973), Nadežda Suvorova (*1982), Nikolaj Šachovskoj (*1978,
Illustrationen für die Verlage Samokat, O.G.I.), Leonid Šmel’kov (*1982, 2011 erscheint seine zweite große
Arbeit beim Verlag Terevinf: das neuillustrierte Buch des Klassikers Aleksandr Rubenko Vol’šebnye per’ja
Ararchisa).
38

Zina Surova ist in erster Linie Illustratorin, hat jedoch ihre beiden eigenen Bilderbücher
Korablik ljubvi („Liebesschiffchen“) und Čaepitie na vozdušnom zmee („Teekränzchen auf
dem Papierdrachen“) selbst getextet. Zur Zeit muss sie in Russland als die wichtigste der
jungen Illustratorenriege gelten und hat neben diversen einheimischen Ausstellungen auch an
internationalen Illustrationsfestivals teilgenommen, wie der renommierten Biennale für
Illustrationskunst in Bratislava (BIB) oder dem CJ Picture Book Festival in Korea.
Ihr Korablik ljubvi war in Russland eine ungewöhnliche Veröffentlichung sowohl thematisch
als auch bzgl. des Illustrationsstils. Zurova arbeitet mit unterschiedlichen Materialen und
mischt ihre Techniken. Anhand der archaisch-schlichten Figuren aus dem „Liebesschiffchen“
klärt Surova Kinder in dezenter Weise über die Urfrage nach dem „Wo komme ich her“ auf.
Sie erzählt, wie sich die Eltern kennen und lieben gelernt haben, dass diese Begegnung mit
einem herrlich schaukelnden Schiff zu vergleichen und dass aus diesem Glück das
gemeinsame Kind entstanden sei. Im „Teekränzchen auf dem Papierdrachen“ malt und
schreibt Surova erneut eine Liebesgeschichte, wenngleich keine mit Aufklärungsauftrag.
Surova benutzt vielfältige Materialen – neben Farben und Tusche auch Holz, Stoff, Folien –
um aus zwei Perspektiven (Er und Sie) die Geschichte von einem Liebesglück in einer
chaotischen, kriegserschütterten Welt zu erzählen, das nur dank des gemeinsamen
Zufluchtsortes – dem Papierdrachen – überleben kann. Surova verfügt über eine
metaphorische, gehaltvolle Bildsprache, die ihre besondere Botschaft auch über die Wahl
besonderer Materialen und – so im Teekränzchen und in Tim Sobakins „Briefwechsel mit
einer Kuh“ (Iz perepiski s korovoj) – durch wenige aber ungewöhnlich platzierte Elemente
transportiert.
In Auswahl:
Čaepitie na vozdušnom zmee. Moskau: Trimag 2010. (BB ab 8)
Korablik ljubvi. Moskau: Samokat: 2007. (BB ab 6)
Sobiratel sosulek, Text: Michail Jasnov. Moskau: Samokat 2009. (KLyrik)
Iz perepiski s korovoj. Text: Tim Sobakin. Moskau: Egmont Russia 2009. 38 (KLyrik/KB ab
7)
Abb. zu Korablik ljubvi auf: http://www.magic-pila.ru/?painters/16/projects/5#
3.4.2 Natal’ja Korsunskaja (*1976)
38 Neu illustriert und neu herausgegeben 2009, zuerst 1991.
39

Wie auch Zina Surova ist Natal’ja Korsunskaja Mitglied in der Illustratorienvereinigung
Vol’šebnaja pila. Das erste verlegte, von ihr illustrierte Glavnyj špionskij vopros („Die
wichtigste Spionfrage“) gewann 2010 zusammen mit der gesamten Reihe des Egmont-
Verlages (Vgl. FN 31) gleich mehrere Preise, darunter Kniga-goda (Buch des Jahres). Das
Buch erzählt in mehreren Episoden von dem scheinbar etwas einsamen Jura, der vor nichts
Angst hat, außer vor „ein paar“ Dingen, und wie der Junge diese Angst durch phantasievolle
Einfälle überwinden kann - das typische Monster unter dem Bett, die Dunkelheit sowie die
Angst vor dem großväterlichen Porträt an der Wand. Korsunskaja vermittelt mit ihren
Illustrationen, die eine Mischung aus dick bemalter Leinwand und kollagierten Textilien
darstellen, humor- und liebevoll, wie jene großen Ängste auf einmal klein oder zu
Lachnummern degradiert werden. Der zweite Teil des Buches zeigt einen anderen Jura, dem
jeden Morgen etwas Neues – beinah Kafkaeskes – widerfährt: Ihm wachsen sich verschiedene
Körperteile über alle Maße aus, oder er findet eine Tür zu seinem Körperinneren. –
Korsunkajas Zeichnungen visualisieren manchmal witzig, manchmal melancholisch Juras
„Auswüchse“ in Form von überlangen Ohren, Nasen etc..
Die Abschlussarbeit der Künstlerin war 2003 eine Reihe von Spielbüchern unter dem Namen
„Katzenhaus“ aus Papier, Tusche und Computertechnik, die in unterschiedlichen Leporello-
Formen daherkommen mit Katzen-Gedichten der bekannten Kinderlyrikerin Junna Moric
(*1937) bestückt ist.
In Auswahl:
Glavnyj špionskij vopros. Text: Michail Esenovskij. Moskva: Egmont 2010. (BB ab 6)
Koškin dom. Diplomarbeit 2003. (BB ab 4)
Abb. zu Glavnyj špionskij vopros auf: http://www.magic-pila.ru/?painters/8/projects/7#
3.4.3 Tat’jana Kormer (*1970)
Tat’jana Kormer gründete zusammen mit Irina Balachanova den Samokat-Verlag und ist dort
bis heute Art Director. – Und dies überaus erfolgreich, denn 2006 erhielt der Verlag den
russischen Bukberi-Preis, der die besten Buchdesigns prämiert und dies bezogen auf den
gesamten russischen Buchmarkt und nicht nur den Bereich Kinderbuch. 39 Kormer gehört
ebenso in die Riege um die „Magische Säge“ und leitet regelmäßig „Meisterklassen“ für
Kinder, die sie überaus variabel gestalten kann. 2010 erhielt Tat’jana Kormer für ihre Skizzen
39 Vgl. Interview von Tat’jana Kormer unter dem passenden Titel „Antiglanzbücher“ in Biblioteka v škole,
4/2006. Abrufbar unter http://lib.1september.ru/2006/04/ost.htm
40

zu Čechovs berühmter Hundegeschichte Kaštanka, bei dem sie bewusst einen arrivierten
Zeichenstil eingesetzt hat, einen Preis auf dem CJ-Picture-Book-Festival. Bei den
Illustrationen zu Sergej Sedovs „Geschichten über Mütter“ (Skazki pro mam) wählt sie
hingegen einen graphischen Zugang mit Kollagetechnik, die sie am Computer bearbeitet. Die
Bilder oder vielmehr einzelne Elemente umspielen die jeweiligen Geschichten, reichen in den
Text hinein und verleihen dem Buch Leichtigkeit und Lockerheit. Gerade Leseanfängern
erleichtert es die Lektüre, da sich der Text scheinbar verkleinert und es viel – im wahrsten
Sinne – drumherum zu entdecken und mit dem Text „abzugleichen“ gibt. Entscheidend sei, so
Kormer, dass es dem Leser nicht „unbequem“ beim Lesen werde 40 …und entsprechend
angenehm fallen ihre eigenen Bilder und Bilderbücher aus.
In Auswahl:
Kaštanka. Text: Anton Čechov. Moskau: Samokat 2011. (BB ab 5)
Pis’mo s parochoda. Text: Grigorij Kružkov. Moskau: Samokat 2010. (KLyrik)
Skazki pro mam. Text: Sergej Sedov. Moskau: Samokat 2006, 2008, 2010. (KB ab 8)
Abb. von Kormer zu Skazki pro mam von Sedov auf: http://www.magic-pila.ru/?painters/10/projects/6#
3.4.4 Natal’ja Petrova (*1981)
Ob Linolschnitt oder Tuschzeichnungen – Natal’ja Petrova fühlt sich mit unterschiedlichen
Materialien wohl und arbeitet vorwiegend für den Verlag Samokat. 2007 erscheint das
„Smaragdfischchen“ (Izumrudnaja rybka) von Nikolaj Nazarkin, der darin (autobiographisch)
Geschichten über das Dasein und die Abenteuer in einem Kinderkrankenhaus berichtet.
Natal’ja Petrova arbeitet für diese preisgekrönten Geschichten mit Fotopapier, aus dem sie
Figuren und Muster herauskratzt und so zweifarbige kontrastreiche archaische Illustrationen
entstehen.
Eine völlig andere Art, Texte zu bebildern zeigt sie nicht nur in den reduzierten Gouache-
Illustrationen zu Kindergedichten des Klassikers Aleksandr Timofeevskij, sondern auch in
ihrer praktischen Diplomarbeit zu „Russischen Volksmärchen“ (Russkie narodnye skazki), die
Petrova in der gleichnamigen Reihe bei Samokat unterbringen konnte. Durch ihren naiven,
vermeintlich „simplen“, detailarmen Stil verleiht die Illustratorin den Märchen eine Frische
und eine Drastik, die sich auf das Wesentliche des Geschehens konzentriert und alles
40 Vgl. Interview in Biblioteka v škole, 4/2006. Abrufbar unter http://lib.1september.ru/2006/04/ost.htm
41

Überflüssige weglässt. Sie konzentriert sich allen drei Märchen auf wenige Farben und wählt
eine klare Formsprache. Die drei Bilderbücher bieten einen reizvollen Einblick in das
traditionelle russische Märchen („Mascha und der Bär“/ Maša i medved’, „Die Rübe“/ Repka,
„Der Brotlaib“/ Kolobok gehören zum klassischen russischen Märchenschatz), tun dies jedoch
mit frischen, verständlichen Bildern und sind damit ein idealer Einstieg für ausländische
Leser.
Pust’ begut neukljužie. Text: Aleksandr Timofeevskij. Moskau: Samokat 2009. (KLyrik)
Russkie narodnye skazki. Moskau: Samokat 2007-2009. (BB ab 4)
> Maša i medved’. Text: unbek. Moskau: Samokat 2009. (BB ab 4)
> Repka. Text: unbek. Moskau: Samokat 2007. (BB ab 4)
> Kolobok. Text: unbek. Moskau: Samokat 2007. (BB ab 4)
Izumrudnaja rybka. Palatnye rasskazy. Text: Nikolaj Nazarkin. Moskau: Samokat 2007.
(KB ab 9)
Abb. zu Repka auf: http://www.magic-pila.ru/?painters/14/projects/3#
3.4.5 Igor’ Olejnikov (*1953)
Der altersmäßige „Großvater“ unter den Illustratoren Igor’ Olejnikov erfreut sich gerade in
den letzten drei Jahren einer außerordentlichen Popularität. Er illustriert für diverse Verlage
und war bspw. im Herbst 2010 mit einer Ausstellung (zusammen mit Evgenij Antonenkov) in
München zu Gast. Seine Karriere begann Olejnikov in den 1970er Jahren als
Trickfilmzeichner, und erst ab Mitte der 1980er illustrierte er auch für Kinderzeitschriften.
Die intensivste Phase der Kinderbuchillustration liegt jedoch jenseits der Milleniumsgrenze.
Nicht nur bebildert Olejnikov die russischen Ausgaben von Kate DiCamillo sowie ganz
aktuell den Klassiker Daniil Charms, er ist auch für Verlage in den USA, Kanada, Südkorea,
Japan, Italien, Belgien, der Schweiz und Deutschland tätig. Seine Bilder zu Sergej Sedovs und
Marina Moskvinas Kak Ded Moroz na svet pojavilsja („Wie Väterchen Frost auf die Erde
kam“) spiegeln die textliche Parabel über die Frage, warum Väterchen Frost in die Welt kam,
in feinstrichigen, filigranen Bildern: Väterchen Frost erscheint und bringt der Welt den
Winter, weil sich die drei Jahreszeiten Frühling, Sommer und Herbst nicht einigen können,
wer zur Zeit über das Wetter bestimmen darf. Olejnikov findet dafür filigrane Figuren, in dem
er die Jahreszeiten als streitende Kinder präsentiert – jedes mit einer symptomatischen
Kopfbedeckung: Der Herbst trägt Laub, der Sommer Blumen… Olejnikov ist ein Meister
darin, seinen Figuren Ausdruck zu verleihen und macht jedes seiner Bilder trotz ihrer Vitalität
42

zu in sich ruhenden, ausgewogenen Szenerien, die man stundenlang betrachten kann und in
denen man immer noch neue Details entdeckt.
Olejnikov ist überaus umgänglich, fast schüchtern, aber geübt in der Interaktion mit Kindern:
Bei Veranstaltungen zeichnet er auf Zuruf alles Gewünschte und erklärt die Prinzipien des
Zeichnens. Als „ideale“ Kombination haben sich Auftritte zusammen mit Andrej Usačev
erwiesen: Usačev liest, singt, spielt Gitarre; Olejnikov zeichnet.
In Auswahl:
Kotoboj ili Koty vychodjat v more. Text: Andrej Usačev. Moskau: Klever Medija Grup
2011. (KB ab 8)
Kak Ded Moroz na svet pojavilsja. Text: Sergej Sedov/Marina Moskvina. Moskau: RIPOL
Klassik 2011. (BB ab 4)
Vse begut, letjat i skačut. Text: Daniil Charms. Moskau: Machaon 2011. (KLyrik/KB ab 7)
Legenda o vostočnom kalendare. Nacherzählung: Marija Eršova. Moskau: Azbuka-Klassika
2010. (BB ab 4)
Skazočnoe moreplavanie. Text: Andrej Usačev. Moskau: RIPOL Klassik 2010. (SB ab 10)
Bosaja princessa. Text: Sof’ja Prokof’eva. Moskau: Moskovskie učebniki 2010. (KB ab 6)
Kolybel’naja kniga. Text: Andrej Usačev. Moskau: RIPOL Klassik 2009. (Klyrik ab 4)
(unter Igor Oleynikov) Dt.: Das kaiserliche Wettrennen. Text: Kate Dargaw. Düren: Dix-
Verlag 2009. (BB ab 4)
(unter Igor Oleynikov) Dt.: Das Nian-Monster. Text: Kate Dargaw. Düren: Dix-Verlag
2009. (BB ab 4)
(unter Igor Oleynikov) Dt.: Was nun lieber Osterhase? Text: Nancy E. Walker Guye.
Zürich: Nord-Süd-Verlag 2005. (BB ab 3)
Oranževyj verbljud. Text: Andrej Usačev. Moskau: Drofa 2002. (KB ab 7
Abb. zu Vse begut, letjat i skačut auf:
http://olejnikov.livejournal.com/tag/Даниил%20Хармс%20%22Все%20бегут
Russische Homepage/Blog des Illustrators mit diversen Abb.:
http://olejnikov.livejournal.com/
3.4.6 Ekaterina Silina (*1960)
Ekaterina ist eine erfahrene Illustratorin, Absolventin des Polgraphischen Instituts in Moskau,
war 2008 und 2009 für den Astrid Lindgren Memorial Award vorgeschlagen und ist unter
43

anderem für die russischen Ausgaben von Ottfried Preußler, aber auch Tolkien oder Jonathan
Swift verantwortlich. Bereits ihre Illustrationen zu Grigorij Osters Schule des Grauens
(„Škola užasov“) von 2001 zeigen nicht nur ihre Fähigkeit, mit filigranem Strich mal
schwarz-weiß, mal farbig, märchenhafte Welten zu erschaffen und dort hinein das von Oster
evozierte schraurig-schöne Gruseln durch die Hintertür hineinzutragen. Ungeheuer, Geister,
okkulte Machenschaften transportiert Silina in ihren Bildern ebenso durch verzerrte
Perspektiven und unausgewogene Porträts, die sich an der feinen Zeichenart reiben.
2008 erscheint mit Zavodnaja kuročka („Das Aufziehhähnchen“) Silinas erstes eigenes
Bilderbuch, das Anleihen an das Lieblingsbuch der Künstlerin „Alice im Wunderland“ 41
macht und zwei Kinder auf zwei Phantasiereisen in eine Welt hinter den magischen Türen
begleitet. Jedes Mal müssen Varja und Maks Abenteuer bestehen, verlorene Schlüssel
wiederfinden und die Musik für die Welt retten. Silina kreiert in ihren Illustrationen
eigenartige, leicht verquere Bildkompositionen, die eben jenes karnevalesk-phantastische
Sujet zum Ausdruck bringen. Ihre neuesten Illustrationen zu Sergej Grigorievs
„Butterbrotdresseur“ (Dressirovščik buterbrodov) aus der preisgekrönten Egmont-Reihe
Pestryj kvadrat (Vgl. FN 22) zeichnen sich noch stärker als die anderen durch die Dominanz
einer Farbe (pro Miniaturerzählung) aus. Silina setzt die oftmals im Zirkus anzusiedelnden
Situationen bortenhaft an den Seitenrand und lässt Farbe sowie Text in der Mitte wirken. Die
Figuren – Zirkustiere und Co. – liegen entweder artistisch den Seitenrand entlang, ragen von
dort in den Text und die Blattmitte oder sind – wie das Kamel – als übergroßer, flächiger
Ausschnitt präsentiert.
Silina arbeitet am liebsten mit Wasserfarben und der Gouache-Technik, ist bereits viel im
Ausland herumgekommen. Sie hat mehrfach an der Biennale in Bratislava teilgenommen und
vertrat Russland auf dem CJ-Picture Book-Festival in Südkorea 2009.
In Auswahl:
Zavodnaja kuročka. Moskau: Apriori-Press 2008. (BB ab 4)
Dressipovščik buterbrodov. Text: Sergej Grigoriev. Moskau: Egmont 2010. (BB ab 6)
Pro mannyju kašu. Text: Vladimir Judelevič. Moskau: Apriori-Press 2009. (KB ab 7)
Stojka na rukach na urokach botaniki. Zapiski pjatiklassnicy. Text: Maša Lukaškina.
Moskau: Apriori-Press 2008. (KB ab 10)
Škola uzasov. Text: Grigorij Oster. Moskau: Astrel’ u.a. 2001. (KB ab 10)
41 Vgl. Porträt auf der Homepage der Russischen Kinderbibliothek Moskau: http://bibliogid.ru/articles/839.
44

Abb. zu Zavodnaja kuročka auf: http://www.labirint.ru/books/168993/
3.4.7 Natal’ja Jaskina (*1985)
Nach Abschluss des ehemaligen Poligraphischen Instituts der Universität Moskau war
Natal'ja Jaskina von 2007 bis 2010 in der Kreativabteilung des Verlags Machaon tätig und
arbeitet nun intensiv für die in Österreich und Russland agierende IDMI Verlags GmbH. 42
Neben den beiden deutschen Veröffentlichungen, die Spiel- und Zaubertrickanleitungen sind,
hat Jaskina in ihrer Arbeitstechnik mit Tonkarton, Tusche, Gouache, Aquarell auch Gedichte
von Artur Givargizov illustriert. Den kecken und launigen Ton jener Gedichte spiegeln die
Illustrationen in ihrer dynamischen Bildanordnung und der Szenenauswahl wieder. Jaskina
gemahnt – ähnlich wie die Polin Katerina Bogucka – an einen Illustrationsstil vergangener
Zeit; die Illustrationen zu den „Magischen Zaubertricks“ bspw. erinnern an die
Figurendarstellungen des Malefiz-Spiels. Die Illustrationen zu den Givargizov-Gedichten
„Irgendwie ich von der Esche runtergeflogen“ (Kak-to ja letel s rjabiny) erinnern wiederum
aufgrund der Farbwahl (wenige, matte Farben) und der schwarzen Konturierungen der
dargestellten Elemente an Bilderbücher aus den 1960er Jahren.
In Auswahl:
Kak-to ja letel s rjabiny. Text: Artur Givargizov. Moskau: IDMI 2011. (KLyrik)
(unter Natalja Yaskina) Dt.: Heitere Spiele für drinnen und draußen. Übers. Irina Berman.
Wien: IDMI Verlags GmbH 2011. (BB ab 5)
(unter Natalja Yaskina) Dt.: Magische Tricks. Eine Anleitung für junge Zauberlehrlinge.
Übers. Oleg Ring. Wien: IDMI Verlags GmbH 2010. (BB ab 5)
Roman o Tristane i Izol’de. Text: Ž. Bed’e. Moskau: Moskovskie učebniki 2007. (KB ab
10)
Abb. zu Kak-to ja letel s rjabiny auf: http://www.magic-pila.ru/?painters/2/projects/10#
3.4.8 Maksim Pokalev (*1971)
Der Kazaner Maksim Pokalev ist einer der angesagtesten russischen Illustratoren, der nicht
nur im Kinderbuchbereich sondern auch in den Printmedien aktiv ist. Pokalev ahmt gern das
kindliche Zeichenverständnis nach, das flächig und ohne Gefühl für Perspektivik malt: Auf
der Straße liegen die Autos eher als dass sie fahren und Figuren sowie Häusern begegnet man
gern in Frontalansicht. Zum Teil trifft man auf gekritzelte Strichmännchen, die scheinbar
42 Die IDMI Verlags GmbH bringt seit 2010 einige aktuelle russische Titel sowie Klassiker (Märchen, Bylinen)
auf Deutsch heraus und ist eine lohnende Quelle bei der Suche von übersetzten russischen Autoren. Interessant:
Tamara Nikolaeva: Über einen Hund, der keinen Namen hatte. Übers. Christine Müller, Anastasia
Mesheryakova, Kristina Ertl. Wien: IDMI Verlags GmbH 2010. (BB ab 5); Olga Kuwykina: Der Schatz auf
dem Fensterbrett. Übers. Claudia Zecher, Johanna Marx. Wien: IDMI Verlags GmbH 2010. (KB/SB ab 8)
45

völlig ungeordnet und geradezu verrutscht das Papier bevölkern (Vgl. önciklopedija s
babočkoj i barabanom). Die auf diese Weise entstehenden ungelenken Bilder erwecken große
Sympathien und Humor. Pokalev unterstreicht seine Bildaussagen gern auch durch das
Prinzip der Reihung, d.h. er bildet – einem Muster oder einer Struktur ähnelnd – gleiche
Bildelemente mehrfach ab, und so gelingen ihm komische Effekte und Blickfänge. Gerade bei
der Evokation der Großstadt Moskau in Artur Givargizovs Neposlušnyj pirat („Der
ungehorsame Pirat“) weiß Pokalev jenes Reihungsprinzip anzuwenden. Das Buch über den
„coolen“ Piratenjungen Miša aus der Kapitale ist neben Givargizovs Text auch dank der
Illustrationen von Pokalev frech. Der Illustrator nimmt mit seinem Illustrationsstil die
erobernde, fast großmäulige aber eben kindliche Perspektive von Miša ein und transportiert
auf diesem Weg das Gefühl des kindlichen Großstadtpiratentums.
In Auswahl:
Generaly. Text: Artur Givargizov. Moskau: Samokat 2011. (KB ab 7)
önciklopedija s babočkoj i barabanom. Text: Artur Givargizov. Moskau: Egmont 2010.
(KB 9)
Neposlušnyj pirat. Text: Artur Givargizov. Moskau: Egmont 2009/2010. (KB ab 7)
Abb. zu Neposlušnyj pirat auf: http://www.illustrators.ru/illustrations/43136
3.4.9 Ivan Aleksandrov (*1982)
Aleksandrov sieht sich gern als handwerklicher Traditionalist, mag aber auch fotographische
Arbeiten, die am PC, der dem Illustrator größere Anteilnahme am Entstehungsprozess eines
Buches bietet, entstehen. 43 Ihm sind die lieblichen, puppenhaften Illustrationen, die in vielen
Kinderbüchern zu finden sind, zuwider; Aleksandrov zieht primitive, reduzierte, auf einzelne
Elemente fokussierende Illustrationen vor und orientiert sich dabei an der klassischen
russischen Avantgarde der 1920er Jahre (El Lissitzky, Vladimir Lebedev, u.a.), die die
Kinderbuchillustration über die russischen Grenzen hinaus bekannt gemacht hat: vgl. insb.
Aleksandrovs Bilder zu Belorusecs Parikmachery travy („Friseurgräser“). In der
Materialwahl ist Aleksandrov überaus experimentierfreudig und erstellt gern
dreidimensionale Kollagen aus geschnittenem Karton und Pappmarché, die er für das zu
illustrierende Buch abfotografiert und somit plan werden lässt. So geschehen bei dem 2006
erschienenen Nonsensgedichtband My tak pochoži („Wir sind so ähnlich“), mit dem
43 Vgl. Interview in KJL-Zeitschrift Chudožnik i pisatel’ v detskoj literature. 3:2010. S. 34.
46

Aleksandrov auf der internationalen Biennale für Illustration in Bratislava mit dem Goldenen
Apfel ausgezeichnet wurde.
An der Universität leitet Aleksandrov den Kurs „Buchkomposition“ und könnte mit Kindern
insbesondere zum Entstehungsprozess eines Buches (Layout, Cover etc.) arbeiten.
Parikmachery travy. Text: S. Belorusec. 2010. Unveröff.
Pro lastoček. Text: Ivan Aleksandrov. 2008. Unveröff.
My tak pochoži. Text: Artur Givargizov. Moskau: Samokat 2006. (KLyrik)
Abb. aus My tak pochoži auf: http://www.magic-pila.ru/?painters/13/projects/1
3.4.10 Marija Michal’skaja (*1983)
2007 beendete die junge Marija Michal'skaja das Institut für Graphikdesign der Moskauer
Kunsthochschule, ist Mitglied des russischen Künstlerverbandes, ansonsten jedoch
unabhängig. Michal'skaja entwickelt sich langsam zu einer der bekanntesten Illustratorinnen
für Kunst- und Volksmärchen in Russland und war auf der Moskauer NonFiction-Buchmesse
mit ihren Arbeiten in der Illustratorenausstellung vertreten. Michal'skaja verleiht mit ihrer
Mischtechnik und den geradlinigen Bildkompositionen dem Märchengenre eine kühle, leicht
distanzierte Note. Ihre Illustrationen beschränken sich auf wenige Details oder Figuren
kontrastiert vor monochromen Hintergrund und wirken so dem „irrationalen“ Märchensujet
beinah entgegen.
Skazki. Text: Oskar Wilde. Moskau: Machaon 2010. (KB ab 7)
Ščelkunčik i Myšnyj korol'. Text: E.T.A. Hoffmann. Moskau: Arbor 2007; Moskau:
Moskovskie učebniki 2010. (Nussknacker und Mausekönig) (KB ab 7)
Cholodnoe serdce. Text: Wilhelm Hauff. Moskau: Machaon 2008. (Das kalte Herz) (KB ab
7)
Duch doma doma? Text: A. Gosteva. Moskau: öksmo 2008. (KB ab 6)
Malen’kim detjam – obo vsem na svete. Text: L. Jachnin. Moskau: öksmo 2007. (BB ab 4)
47

Abb. zu Das kalte Herz auf: http://illustrators.ru/illustrations/22634
Homepage der Künstlerin: http://mary.bokor.ru/
3.5 ÜBERSETZER
3.5.1 Russisch > Deutsch
Franz Derdek: Ekaterina Murašova
Matthias Dondl: Sergej Lukianenko (Heyne)
Kristina Ertl: Tamara Nikolaeva (IDMI)
Anja Freckmann: Sergej Lukianenko (Heyne)
Erich Liaunigg: Grigorij Oster (Edition Liaunigg)
Christine Müller: Tamara Nikolaeva (IDMI)
Simone Peil: Andrej Usačev, Grigorij Oster (Nord-Sued)
Christiane Pöhlmann: Sergej Lukianenko (Heyne, Beltz & Gelberg)
Andreas Tretner: Oleg Grigor’ev, Aleksandr Timofeevskij (Arche)
Ines Worms: Sergej Lukianenko (Beltz & Gelberg)
Claudia Zecher: Olga Kuwykina (IDMI)
3.5.2 Deutsch > Russisch
Grigorij Belov: Kurt Krömer (KompasGid)
V. Bolotnikov: Cornelia Funke (Machaon)
Valerija Brun-Cechova: Thomas Brezina (Oniks)
Elena Bredis: Rotraut Susanne Berner, Martin Karau (Melik-Pašaev)
I. Grečuchina: Thomas Brezina (Oniks)
Nina Fedorova: Elke Heidenreich (Samokat)
Aleksandr Jarin: Janosch (Melik-Pašaev)
Vera Komarova: Christine Nöstlinger; Walter Moers (Samokat)
Marina Koreneva: Michael Ende (Amfora)
Vladimir Letučij: James Krüss (Samokat)
Tat’jana Nabitnikova: Antje Damm (Samokat)
Ksenija Perova: Amelie Fried (KompasGid)
M. Posmetnaja: Thomas Brezina (Oniks)
Valerija Poznjak: Elke Heidenreich (Samokat)
Anna Šibarova: James Krüss (Samokat)
Andrej Usačev: Wilhelm Busch (Melik-Pašaev)
T. Vetrova: Cornelia Funke (Machaon)
Evgenij Voropaev: Hans Zippert/Rudi Hurzlmeier (Samokat)
48

Tat’jana Zborovskaja: Wolf Erlbruch; Katja Gehrmann; Helme Heine; Manuela Olten;
Anu Stohner; (KompasGid)
3.6 INSTITUTIONEN
3.6.1 Vserossijskaja gosudarstvennaja biblioteka inostrannoj literatury („Inostranka“)
Die Kinderbuchabteilung der Staatlichen Russischen Bibliothek für fremdsprachliche
Literatur ist mit ihrer Leiterin Olga Mjaeots (Olga Maeots) der wichtigste Ansprechpartner für
Kontakte in den russischen Kinderbuchmarkt bzw. in die russische KJL. Die Abteilung
sammelt fremdsprachliche Literatur und hat einen guten internationalen Überblick, kann
darum die einheimische Produktion gut einschätzen und kann aufgrund der ausgeprägten
Fremdsprachenkenntnisse der Mitarbeiter Sprachbarrieren leicht überwinden (einfache
Kontaktaufnahme). Darüber hinaus verfügt die Abteilung über beste Kontakte zu
(Kinderbuch)Verlagen, Autoren, Illustratoren und Übersetzern. Die Kinderbuchabteilung der
Inostranka richtet Schreib- und Übersetzungswettbewerbe für Kinder aus, hat mehrere
Workshops für Übersetzer initiiert, stellt regelmäßig Kinderbuchillustrationen aus und ist sehr
aktiv auf der Internetplattform/dem Blog livejournal.ru.
Anschrift:
Россия
Москва, 109189
Николоямская 1
Всероссийская государственная библиотека иностранной литературы им. М.И.
Рудомино
Отдел детской литературы
Vserossijskaja gosudarstvennaja biblioteka inostrannoj literatury im. M.I.Rudomino
Otdel detskoj literatury
Nikolojamskaja 1
Moscow, 109189
Russia
Telefon: +7(495)-915-72-81
http://www.libfl.ru/about/dept/children_centre/index.php
Email: deti@libfl.ru
3.6.2 RBBY – Russische IBBY-Sektion
Wie in den meisten anderen MSOE-Ländern, so ist auch in Russland die IBBY-Sektion
(RBBY) mit Anastasija Archipova und Angela Lebedeva ideale Ansprechpartnerin, die über
eine ähnlich gute Vernetzung mit Verlagen, Autoren und – da Archipova selbst Illustratorin
ist – zu Bildkünstlern verfügt wie die Inostranka.
Die RBBY hat auf der Kinderbuchmesse in Bologna 2011 den russischen Gemeinschaftsstand
ausgerichtet und ist international aktiv (Teilnahme an Tagungen, Kongressen, weiteren
Buchmessen).
Anschrift:
Россия
Москва, 119 019
Гоголевский бульвар 6
Секретариат RBBY
49

Board on Books for Young People of Russia
c/o Russian Cultural Foundation
6 Gogolevsky Avenue
119 019 Moscow
Russia
Telefon: +7 495 739 20 65 / 739 20 66
Fax: +7 495 690 05 73
www.rbby.ru
E-mail: sdk@culture.ru
Angela Lebedeva: aalebedeva21@mail.ru
50

4. SLOWENIEN
4.1 Buchmarkt – Allgemein
Betrachtet in absoluten Zahlen ist der slowenische Kinderbuchmarkt vergleichsweise klein,
aber mit einem beständigen Anteil an der gesamten slowenischen Buchproduktion, der –
ähnlich wie in den anderen MSOE-Ländern – zwischen 7% und 9% anzusiedeln ist. Jährlich
wächst die Zahl der erscheinenden Titel. 44
In Slowenien erfahren der Kinderbuchmarkt und ebenso die slowenische KJL besondere
Aufmerksamkeit, denn sowohl der Markt als auch der literarische Gehalt des Marktes werden
jedes Jahr von einem Expertenteam aus Bibliothekaren, KJL-Forschern, Verlegern und Lesern
evaluiert. Unterstützt von der slowenischen Buchagentur (Javna agencija za knjigo – JAK)
führt die Kinderbuchabteilung der zentralen Stadtbibliothek in Ljubljana (Mestna knjižnica
Ljubljana), die zugleich auch Schaltzentrale der slowenischen IBBY-Sektion ist, die
alljährliche Buch- und Marktevaluation durch. Die Analyse stellt Statistiken zu
Übersetzungen, Originaltiteln, Neuerscheinungen, Wiederauflagen, Anteilen der
Publikationen in den KJL-Genres Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendbuch zu Verfügung sowie
Statistiken über Bücher für bestimmte Lesealter, über vielfach behandelte Themen in den
Büchern und teilt die Publikationen des jeweils abgelaufenen Jahres in „gute“ und „schlechte“
Titel ein.
Aus dem Jahresreport geht hervor, dass in Slowenien – wie auch in den anderen MSOE-
Ländern – die übersetzte KJL über die originalsprachliche dominiert und im Jahre 2009 einen
Anteil von 62,3% hatte. Neben zu erwartenden Übersetzungen internationaler
Klassenschlager (Stephenie Meyer, Maggie Stiefvater, Philipp Pullman) ist aber praktisch das
Who-is-Who der internationalen Kinderbuchautoren in Slowenien verfügbar, insbesondere
aus dem anglophonen Bereich (u.a. Siobhán Parkinson, Sonya Hartnett, Margaret Mahy,
Markus Zusack, Markus Sedgwick, Morris Gleitzman, Shaun Tan). Auch aus dem Deutschen
werden viele Jugend- und Kinderbücher unterschiedlichster Couleur übersetzt (Katja
Gehrmann, Isabel Abedi, Iva Procházková, Andreas Steinhöfel,... Kästner, Ende, Funke,
Preußler, Berner). Diese angedeutete Vielfalt ist umso erstaunlicher, weil die Titel in
Slowenien natürlich in niedriger Auflage erscheinen und um einiges teurer sind als die
gleichen Titel in Deutschland (im Schnitt um 5 Euro teurer).
Slowenische Originaltitel hatten 20009 einen Anteil von 37,7 % am Kinderbuchmarkt. Bei
der Evaluation wurde über die Hälfte dieser originalsprachlichen Bücher mit „schlecht“ bzw.
mit „schwach“ (slabih) bewertet (nämlich 56,8%). 45 Dennoch sind der slowenische
Kinderbuchmarkt und die slowenischen KJL gut aufgestellt und optimieren sich immer
weiter.
Bezogen auf die Anzahl der Neuerscheinungen waren 2009 der ehemalige jugoslawische
kinderliterarische Staatsverlag MLADINSKA KNJIGA sowie Schulbuchverlage
dominierend. 46 Mit einigem Abstand folgen verschiedene reine Kinderbuchverlage und
Verlage mit KJL-Segment, u.a. MIŠ, DZS, DIDAKTA, AJDA, MLADIKA.
Betrachtet man die Verlage bezogen auf die Herausgabe von „guten“ und „schwachen“
Titeln, ergibt sich für 2009 folgendes Ranking: der Verlag MIŠ steht hier an erster Stelle
gefolgt von DZS und AJDA. Die ersten beiden Verlage geben pro Jahr „nur“ ca. 30 neue Titel
44 2009: 1044; 2008: 811; 2007: 759. Vgl. im Jahres- und Evaluationsreport: Ozvezdje Knjiga. Priročnik za
branje kakovostnih mladinih knjig, hrsg. Mestna Knjižnica Ljubljana: Pionirska – center za mladinsko
književnost in knjižničarstvo. Ljubljana 2010. S.10.
45 Bei den Übersetzungen lag der Prozentsatz bei 50,4% an schwachen KJL-Titeln. Natürlich muss eine derartige
Einteilung als subjektiv angesehen werden und hat nichts mit den Verkaufszahlen mancher Titel oder dem
kindlichen Geschmack gemein, sondern entstand im Kreis der Evaluationskommission.
46 Mladinska knjiga deckte 14,3% aller in Slowenien erscheinenden KJL ab, was in absoluten Zahlen ca. 154
Neuerscheinungen entspricht.
51

heraus, der dritte hatte gar nur neun Neuerscheinungen. 47 Der Verlag Mladinska knjiga, der
bei diesem Qualitätsranking in der unteren Tabellenhälfte anzutreffen ist, bildet dennoch eine
große Stütze in der slowenischen KJL: Obwohl der Verlag aufgrund seines großen
Programms auch viele „schlechte“ Titel publiziert, so produziert er zugleich auch die meisten
„guten“ Kinderbücher.
Abschließend sei noch auf zwei Verlage verwiesen, die in Österreich sitzen und dort die
slowenische Minderheit vertreten: HERMAGORAS-MOHORJEVA und DRAVA Beide
haben einige slowenische KJL-Autoren auf Deutsch herausgegeben und verfügen über
zweisprachige Verlagsprogramme.
4.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
Der slowenische KJL-Markt ist in seiner Segmentierung dem deutschen Buchmarkt wohl am
ähnlichsten, insbesondere im Vergleich zu den anderen hier untersuchten KJL-Märkten in
Mittel- und Osteuropa. Der ausgeprägte Jugendbuchbereich steht auch in Slowenien unter
dem Einfluss der crossover- bzw. All-Age-Literatur, 48 bietet aber ebenso ein differenziertes
Angebot für die 13- bis 18jährigen. Ein Schwerpunkt im Bereich des Jugendbuchs liegt in
Slowenien vor allem auf den so genannten Problemthemen (problem novel). Insgesamt ist das
Themenspektrum weit und reicht von Drogensucht, Sexualität, Gewalt, Krankheit über
Sozialkritik bis hin zu Liebes- und Freundschaftsromanen. Und mit der sich zur Zeit gerade
konstituierenden neuen Generation von Jugendbuchautoren (vgl. Andrej Predin u.a.) gelangen
auch popkulturelle Töne, die insbesondere mit Film, Musik und urbanem Lifestyle assoziiert
sind, auf den Markt.
Auf dem slowenischen KJL-Markt nimmt das Bilderbuch den wichtigsten Platz ein, wie
nicht nur aus der Statistik des Kinderbuchmarktes, sondern auch aus den Meinungen von
Verlegern, Redakteuren und wissenschaftlichen Kinderbuchexperten hervorgeht. 49 Hier
übersteigt die Zahl an originalsprachlichen bzw. „originalbildlichen“ Büchern diejenige an
eingekauften ausländischen Titeln. Wenngleich die Illustratorenriege, die für die Bilderbücher
verantwortlich zeichnet, überschaubar ist, und aufgrund der Fülle der erscheinenden Titel eine
ganze Reihe an billig gestalteter Massenware dabei ist, so findet sich im Bilderbuchbereich
dennoch wichtige innovatorische Arbeit statt. So werden Themen wie Gewalt in der Familie
bereits hier problematisiert, aber auch Tast-Bilderbücher, an denen blinde und nicht-blinde
Kinder gleichermaßen Spaß haben, entstehen. Auch bezogen auf die internationale
Bekanntheit hat Slowenien bisher über das Bilderbuch auf sich aufmerksam machen können:
So ist die prominenteste Autorin/Illustratorin Sloweniens, die es bereits vielfach auf dem
deutschen Buchmarkt gibt, Lila Prap, im Segment Bilderbuch zu verorten, ebenso wie die
Grande Dame der slowenischen KJL Marlenka Stupica (*1927).
„Problematischer“ erweist sich das Kinderbuch in Slowenien (Lesealter ca. 8-12), das als
„schwächstes“ der drei Gattungen angesehen wird; einerseits aufgrund fehlender
einheimischer Autoren, andererseits aufgrund von mangelnder Qualität oder Originalität.
Vielfach trifft man in Kinderbüchern und auch im Bereich des Bilderbuches auf das überaus
populäre und immer wieder aufgelegte Märchengenre, das mal althergebracht, mal als
zeitgenössische Adaption und in modernisierter Präsentation (bspw. in Comicform und witzig
47 Das Qualitätsranking ist mit Vorsicht zu genießen, denn würde ein Verlag nur ein einziges Buch herausgeben,
dass für „gut“ befunden wird, befände er sich auf Platz 1 der Tabelle mit 100% „guten“ Neuerscheinungen. Miš
muss als Verlag dennoch hervorgehoben werden, denn er zählt zu den größeren slowenischen KJL-Verlage und
gibt überdurchschnittlich viele gute Titel heraus.
48 Der Verlag Miš hat bspw. in seinem 2010/2011er Programm zwei neue Buchserien eingeführt
(Zorenja+/Reifung+ und Bisernice/Perle), von denen sich die eine an junge Erwachsene und die andere an
erwachsene Jugendliche wendet und bewusst die Grenze zwischen den Gattungen Jugendbuch und
Erwachsenenliteratur verwischt.
49 So sind im größten slowenischen Onlinebuchhandel emka genauso viele Bilderbücher im Angebot wie Kinder-
und Jugendbuch zusammen.
52

illustriert von Matjaž Schmidt, *1948) 50 daherkommt. Darüber hinaus hält die slowenische
KJL vor allem die Gattung der Kinderlyrik hoch, moderne Klassiker wie Tone Pavček
(*1928) und die kürzlich verstorbene Saša Vegri (1934-2010) haben nach wie vor
Konjunktur, und auch die „jüngeren“ Generationen beschränken sich kaum je auf
kinderliterarische Prosa, sondern versuchen sich auch in Kindergedichten.
4.3 AUTOREN
Aus der slowenischen Kinderbuchautorenriege fanden bisher wenige in Deutschland Gehör.
Bereits mehrfach war Desa Muck (*1955), beliebte, aber als schwierig geltende Autorin der
seit Jahren populären Mädchenbuchreihe Anica, in Deutschland zu Besuch, unter anderem
2003 in Berlin beim Internationalen Literaturfestival sowie 2008 auf der Europäischen
Kinderbuchmesse in Saarbrücken. 51 Trotz seiner langen Karriere als Kinder- und
insbesondere Jugendbuchautor erhielt der in Slowenien hoch geschätzte Slavko Pregl
(*1945) bisher nicht die Chance, sich im Ausland zu profilieren. 52 Auch Bina Štampe Žmavc
(*1951), die in den vergangenen Jahren zu einer der gefeiertsten Kinderbuchutorinnen ihres
Landes avancierte, ist bisher ein unbeschriebenes Blatt; wahrscheinlich, weil sie sich auf die
vermeintlich schwer übersetzbare Kinderlyrik und das vermeintlich angestaubte
Märchengenre konzentiert.
4.3.1 Janja Vidmar (*1962)
Mit ihren Büchern steht Janja Vidmar seit Jahren unangefochten an der Spitze der
slowenischen Jugendliteratur. Vidmars Literatur zeichnet sich durch Variabilität der Themen
und des sprachlichen Duktus’ aus. Die Inhalte lassen sich zumeist im Feld des Problembuches
ansiedeln und entwerfen soziale und psychologische Einblicke in jugendliche
Befindlichkeiten, sie tun dies aber auf sehr divergente Weise. Zwei Jugendromane sind ins
Deutsche übersetzt und beim österreichisch-slowenischen Verlag Hermagoras-Mohorjeva
erschienen („Zoo“, „Der Bastard“); sie zeigen eine recht komplexe, manchmal nicht ohne
Weiteres verständliche Sprache, die sich im Jugendjargon bewegt und zum einen Punk-
Jugend („Zoo“), zum anderen eine Jugend in einem gewalttätigen Unterschichtenelternhaus
(„Der Bastard“) thematisiert. Man fragt, sich warum gerade diese beiden Titel übersetzt
wurden, und nicht Vidmars stärkster Titel Pink. Denn gerade Pink hält ein spannendes Sujet
bereit: es erzählt von der Kindheit und Jugend von Janca, die während des jugoslawischen
Tito-Regimes aufwächst. Von ergebener Pionier-Kindheit hin zum Rocker-Teenager verfolgt
man Jancas Lebensweg, aber auch den ihres Landes. Und Vidmar versteht es glänzend, die
Verbindungen von persönlichem Alltag und politischem System aufzuzeigen und dies mit
bissigem Humor: So z.B. eine Szene, in der Janca beim Schuldirektor antanzen muss, hinter
ihm das Tito-Portrait an der Wand erkennt und dann zwischen Ehrfurcht und Angenervtsein
nicht nur vor dem Direktor, sondern auch vor dem Diktator ihre neueste Verfehlung
rechtfertigen muss.
Als Jugendbuchautorin wurde Vidmar vielfach ausgezeichnet; aber auch als
Kinderbuchautorin hat sie auf sich aufmerksam machen können: Mit Moja Nina („Meine
Nina“) von 2004 hat sie ein Kinderbuch über Behinderung geschrieben, das nicht nur ins
Italienische übersetzt, sondern auch in das Dokumentationszentrum für Kinderliteratur über
Behinderung an der Osloer Universität aufgenommen wurde.
Janja Vidmar gilt als aufgeschlossene, sehr umgängliche Autorin und hat Erfahrungen mit
internationalem Lesepublikum.
50 Unter dem Titel: Slovenske pravlice (in ena nemška) v stripu. Ljubljana: Mladinska knjiga 2009.
51 Zum Teil sind Mucks Bücher ins Deutsche übersetzt und im Verlag Hermagoras-Mohorjeva erschienen.
52 Eines seiner vielen lesenswerten Jugendbücher ist Srebro iz modre špilje (Silber aus den blauen Grotten).
Ljubljana: Mladinska knjiga 2003.
53

In Auswahl:
Pleme. Ljubljana: Miš Založba 2009. (JB ab 16)
Pink. Za mojo generacijo. Radovljica: Didakta 2008. (JB ab 12)
Angie. Novo Mesto: Goga 2007. (JB ab 14)
Zoo. Klagenfurt: Hermagoras-Mohorjeva 2005. (JB ab 14)
> dt.: Zoo. Übers. Andrea Haberl-Zemljič. Klagenfurt: Hermagoras-Mohorjeva 2008. (JB ab
14)
Baraba. Ljubljana: Mladinska knjiga 2001. (JB ab 14)
> dt.: Der Bastard. Übers. Andrea Greistorfer-Vrbinc. Klagenfurt: Hermagoras-Mohorjeva
2004. (JB ab 14)
Moja Nina. Ljubljana: Založba Mladika 2004. (KB ab 8)
> it.: La mia Nina. Reggio Calabria: Falzea Editore 2007. (KB ab 8)
4.3.2 Dušan Čater (*1968), Andrej Predin (*1976) und Goran Vojnović (*1980)
Wenngleich Dušan Čater eigentlich gar nicht mehr soo jung ist, so bildet er zusammen mit
Andrej Predin und Goran Vojnović eine neue Generation slowenischer Autoren, die sowohl
für der Erwachsene als auch für Jugendliche schreibt. Bei allen drei Autoren ergeben sich –
beinah typisch postmodern – enge Beziehungen zu anderen Medien, insbesondere dem Film:
Während Dušan Čaters einziges Jugendbuch Pojdi z mano („Komm mit mir“) ein filmisch
inszeniertes Horror-Roadmovie à la Blair Witch Project, Hitchcock und Co. darstellt, 53 ist
Goran Vojnović selbst Regisseur und Filmkritiker und gestaltete ein unfertiges Drehbuch zu
seinem aufsehenerregenden All-Age-Roman Čefurji raus! („Tschefurs raus!“) über
zugewanderte „Ex-Jugos“ (allen voran Bosnier) nach Slowenien umgearbeitet. Und auch der
Journalist und Musikkritiker Andrej Predin wählt für seinen Jugendromandebüt Na zeleno
vejo („Auf dem grünen Zweig“) schnelle, sprunghafte und kurz hintereinander geschnittene
Szenen, um das chaotische Teenagerdasein von Luka schildern, das sich zwischen
durchgedrehtem Einelternhaushalt und slang- und hormonüberfrachtetem „Posergehabe“ in
seiner Gang abspielt.
Predins Buch war für den wichtigsten slowenischen Jugendbuchpreis nominiert (Večernica)
und erzählt aus der Sicht von Luka in einem heftigen Schwall von Kraftausdrücken, wie sich
das Leben in der Hochhaussiedlung von Maribor kurz nach der slowenischen Unabhängigkeit
so gestaltet. – Lukas alleinerziehende Mutter will finanziell auf den grünen Zweig kommen
und integriert in die winzige Wohnung, die eh von der halben Siedlung zum Tratsch bevölkert
wird, ein Sonnenstudio und eine Art Schönheitssalon, der auch von Mutters neuem Freund,
einem esoterisch angehauchten Quacksalber mit Chiropraktik-Diplom aus der Ukraine für
Akupunkturbehandlungen, aber auch Nacktfotoaufnahmen genutzt wird. Zu dieser kuriosen,
brüllend komisch erzählten Seite in Lukas Leben tritt das typische Teenagerdrama um Sex,
Ausgehen, Coolsein, das von Predin herrlich überzeichnet und in seiner ganzen
„Dämlichkeit“ und Naivität präsentiert wird. Mit Na zeleno vejo beschreibt Predin die Jugend
in einer dysfunktionalen Familie, in einem schlechten sozialen Umfeld. Doch die von Predin
darin entdeckte Komik lässt den Leser immer wieder darüber hinwegsehen; erst mit einem
tragischen Schlüsselerlebnis (Tod einer Mitschülerin) klingen ernstere Töne an und
balancieren das unbedarfte, leichte Gemüt des Textes aus.
Deutlich erwachsener und auch mit einem „erwachsenen“ Literaturpreis ausgezeichnet 54 ist
Goran Vojnovićs „Tschefurs raus!“, das jedoch auch in einem urbanen Problemumfeld spielt
und den 17-jährigen „Tschefur“ Marko begleitet. Marko ist bosnisches Einwandererkind und
muss seinen Platz und seinen Ruf in einer Ausländersiedlung von Ljubljana behaupten. An
das Dasein als Tschefur, so die Bezeichnung für Immigranten aus dem ehemaligen
53 Glänzend dargestellt ist der intermediale Bezugsrahmen zwischen Film und Popmusik im Essay Kot v filmu
(„Wie im Film“) von Gorazd Trušenovec, der Pojdi z mano als Nachwort beigefügt ist.
54 Der Titel erhält 2009 mit dem renommierten Prešeren-Preis.
54

Jugoslawien, knüpft sich nämliche eine eigene Subkultur mit speziellen Riten und eigenem
Habitus. Als Marko in die Heimat seiner Familie nach Bosnien fährt, erkennt er mehr denn je,
wie sehr er zwischen allen Fronten sitzt: Dort ist er kein Tschefur mehr, sondern ein Janez,
d.h. ein „Scheiß-Typ aus Slowenien“. Allen über diese Begrifflichkeiten zeigt Vojnović die
komplexe Gemengelage der Nationen Ex-Jugoslawiens und führt dies drastisch vor, in dem er
schlaglichtartig kurze, brisante Episoden aneinanderreiht und – ähnlich wie Predin – Jargon
und Soziolekte (den „Tschefurischen“) benutzt. Das Buch gilt als eine der wichtigsten
Auseinandersetzungen mit dem Thema und ist nicht nur für Erwachsene, sondern auch für
ältere Jugendliche eine spannende, vor allem aber erhellende Lektüre.
Die „Sprache der Straße“ geherrscht auch der wohl literarisch etablierteste des Trios Dušan
Čater. Mit seinen Kurzgeschichten, die das Leben im geistigen und physischen
Ausnahmezustand (Borderliner, Exzentriker, Künstler) beschreiben und an die amerikanische
Beatnik-Prosa der 1960er erinnern sollen, machte er bereits Ende der 1990er auf sich
aufmerksam. Bis heute gilt Ati je spet pijan („Vater ist wieder betrunken“) als Čaters
bedeutendster Titel im Bereich der Erwachsenenliteratur. Mit Pojdi z mano gelingt dem
Journalisten und slowenischem Biographen Marilyn Monroes und der Doors gleich ein
beeindruckendes Debüt: Jugendliche mit unterschiedlichem Hintergrund, fünf Tage
gemeinsam auf Tour in der Wildnis ohne konkretes Ziel, sondern immer auf der Suche nach
dem idealen Fotomotiv für einen Wettbewerb; was folgt sind fünf Tage Seelenforschung,
psychologisches Belagern und unheimliche Begebenheiten. Während die Tour für einige die
Flucht vor Familie und dem eigenen verkorksten Leben ist (wie für den Protagonisten Manc),
so erscheint sie anderen als banales Abenteuer und Spritztour. Entsprechend wandelbar und
geschmeidig sind die Beschreibungen Čaters, die mit der Kürze der Episoden einen
unglaublichen drive bekommen und irgendwann einer Abfolge von Musikvideoklips zu
gleichen scheinen. Doch Čater sorgt unterschwellig und geschickt dafür, dass der Roman
nicht in jener, wenngleich überaus reizvoll geschriebenen Oberflächlichkeit stecken bleibt.
Über die Figur Manc etabliert Čater Fragen nach dem Sinn des Lebens, die in der
unbekannten, nicht einschätzbaren und darum unheimlichen Welt außerhalb des vertrauten
(urbanen) Daseins immer dringlicher erscheinen.
Mit den Jugendromanen von Čater, Predin und Vojnović beschreitet die slowenische
Jugendliteratur neue Wege, fort von einer vorrangig problemorientierten Prosa (Vidmar) hin
zu einem popkulturellen Narrativ, das problematische Themen in sich integriert, aber auf
postmoderne Erzählmuster wie dem Zitieren anderer Genres oder Medien setzt und damit
immer eine gehörige Portion von Lässigkeit und Coolness transportieren will.
Andrej Predin:
Učitelijce. Ljubljana: Modrijan 2010. (JB AB 15)
Na zeleno vejo. Ljubljana: Modrijan 2007. (JB ab 15)
Goran Vojnović:
Čefurji 55 raus! Ljubljana: Študentska založba 2009. (JB/ All-Age ab 16)
> dt. in Auszügen: Tschefuren raus! Übers. Sebastian Walcher. Auf:
http://www.readcentral.org/uploads/files/vojnovic_cefurji_raus-ger.pdf
Dušan Čater in Auswahl:
Džehenem. Ljubljana: Študentska založba 2010. (Erw.)
Pojdi z mano. Novo Mesto: Goga 2009. (JB/All-Age ab 14)
Dt. mit fünf Erzählungen in: Zu zweit nirgendwo. Neue Erzählungen aus Slowenien.
Übers. Berlin: Suhrkamp 2006. (Erw.)
55 Detaillierter über den Begriff sowie Auszüge aus dem Roman auf Deutsch:
http://www.readcentral.org/uploads/files/vojnovic_cefurji_raus-ger.pdf
55

Ata je spet pijan. Ljubljana: Študentska založba 2002. (Erw.)
4.3.3 Peter Svetina (*1970)
Neben der Kinderbuchschriftstellerei ist Svetina Slavistikprofessor im österreichischen
Klagenfurt. In Slowenien aber ist er für seine Kinder- und Bilderbücher bekannt. Mit dem
Gedichtband zu den „Gedichten aus der Waschmaschine“ (Pesmi iz pralnogo stroja) hat er
sich aber auch auf dem Feld der Lyrik versucht. Die Gedichte sind zum Teil der konkreten
Poesie zuzuordnen und sind damit fest an die Illustrationen vom Damijan Stepančič
gebunden. Von ihm wurden auch die meisten von Svetinas Büchern wunderbar illustriert;
allen voran das herrlich philosophisch-absurde Kinderbuch Modrost nilskih konjev („Die
Weisheit der Nilpferde“) über die dicken Nilpferdfreunde und Hobbydenker Hubert und
Marcel. Behäbig, im Denken beschränkt, im Grunde ungeschickt und ungewollt mutieren
beide immer wieder zu Helfern und Problemlösern für solch tiefgreifende Fragen wie: Wie
misst man eigentlich die Länge des Sommers am besten aus? (Mit einem Zollstock!). Seinen
Hang zum Philosophischen zeigt Svetina auch in Kako je Jaromir iskal srečo („Wie Jaromir
das Glück suchte“), einem Bilderbuch, das die Geschichte von einem Astronomen erzählt, der
zunächst nur das Glück in seiner (Himmels)Forschung zu finden glaubt, mit dem Erkennen
seiner Einsamkeit jedoch eines Besseren belehrt wird.
Oder Svetina erzählt die Episodengeschichte des schüchternen Herrn Konstantin (Klobut
gospoda Konstantina/ „Der Hut des Herrn Konstantin“), dem der Hut vom Kopf weht. Der
Hut begibt sich auf eine (Flug)Reise auf viele verschiedene Köpfe, bevor er wieder auf den
Kopf des erleichterten Herrn zurückkehrt, der dann endlich ein hochverehrtes Fräulein grüßen
kann, in dem er seinen Hut zieht. Für jüngere Kinder hält Svetina die Geschichten um einen
kleinen Walrossjungen (Mrožek dobi očala/ „Das kleine Walross bekommt eine Brille“)
bereit, in denen der manchmal doch recht ängstliche Meereskoloss typisch kindliche
Alltagserfahrungen im Umgang mit anderen macht: Werde ich zum absoluten Nerd, weil ich
jetzt eine Brille tragen muss?...
Peter Svetina war 2008 im Rahmen der Europäischen Kinderbuchmesse in Saarbrücken zu
Gast und 2010 auf der Leipziger Buchmesse (Veranstaltung: „Kroatien lädt ein: Autoren aus
Südosteuropa lesen“). Er ist es gewohnt und hat Freude daran, vor großem (universitärem)
und kleinem (kindergärtlichem) Publikum aufzutreten.
In Auswahl:
Modrost nilskih konjev. Ill. Damijan Stepančič. Ljubljana: DZS 2010. (KB ab 7)
Kako je Jaromir iskal srečo. Ill. Damijan Stepančič. Klagenfurt: Hermagoras-Mohorjeva
2010. (BB ab 5)
Antonov Cirkus. (Anton’s Circus). Ill. Damijan Stepančič. Ljubljana: Vodnikova založba in
KUD Sodobnost International 2008. (BB ab 5)
Klobuk gospoda Konstantina. Ill. Peter Škerl. Ljubljana: DZS 2007. (BB ab 3)
> dt.: Der Hut des Herrn Konstantin. Übers. Fabjan Hafner. Klagenfurt: Drava 2008. (BB
ab 3)
Pesmi iz pralnego stroja. Ill. Damijan Stepančič. Ljubljana: Mladinska knjiga 2006.
(KLyrik)
Mrožek dobi očala. Ill. Mojca Osojnik. Ljubljana: Mladinska knjiga 2003. (KB ab 5)
> dt.: Das kleine Walross bekommt eine Brille. Übers. Fabjan Hafner. Klagenfurt: Drava
2005.
O mrožku, ki si ni hotel striči nohtov. Ill. Mojca Osojnik. Ljubljana: Mladinska knjiga
1999. (KB ab 5)
> dt. Das kleine Walross lässt sich nicht die Nägel schneiden. Übers. Fabjan Hafner.
Klagenfurt: Drava 2006.
56

4.3.4 Neli Kodrič Filipić (*1964)
Die mehrfach für ihre gesellschaftskritischen Kinderbücher ausgezeichnete Neli Kodrič hat
sich vor allem mit zwei Titeln hervorgetan, einem Bilder- und einem Jugendbuch. Beide
thematisieren Gewalt. Für Bilderbücher ist diese Thematik außergewöhnlich, doch nicht nur
darum verdient Kodričs 2009 erschienenes „Das Mädchen und der Riese“ (Punčka in velikan)
eine Erwähnung. Das Buch erzählt in ausdrucksstarken Bildern des kroatischen Illustrators
Tomislav Torjanac von Gewalt in der Familie und davon, wie sich gewalttätiges Verhalten in
den nachfolgenden Generationen fortsetzt. Ein kleines Mädchen wächst bei einem launischen
Riesen auf, der sie nachts in ihren Träumen verfolgt. Über die feinen Andeutungen des Textes
und die Bilder wird der Leser behutsam aber deutlich darauf gestoßen, dass etwas in der
Beziehung zwischen Vater und Kind nicht stimmt. Das Mädchen selbst wächst zur Riesin
heran, die nun ihrerseits auf Gewalt als Erziehungsmaßnahme bei ihrem winzigen Jungen
setzt; in dieser Generation setzt jedoch ein Lerneffekt ein, denn der kleine Junge, der genauso
wie seine Mutter damals unter Alpträumen leidet, kann diese zur Einsicht bringen. Zusammen
mit den beeindruckenden Bildern vermittelt Punčka in velikan in beinah beängstigender Form
das Gefühl des wehrlosen Kindes gegenüber erwachsener Übermacht.
Auch das Kinderbuch Na drugi strani („Auf der anderen Seite“), das als Friedensbuch für die
Toleranz und Respekt gegenüber anderen Ethnien wirbt, dreht sich um Gewalttätigkeit. Neli
Kodrič Filipić erzählt auf zwei unterschiedlichen, scheinbar unverbundenen Zeitebenen zwei
Geschichten, die sich am Ende im gemeinsamen Thema der Konfliktbewältigung treffen: Am
Beispiel des slowenisch-italienischen Grenzgebietes während des zweiten Weltkrieges wird
die Story eines jungen Mannes aufgerollt, der die Feindlichkeit zwischen den Kriegsnationen
aber auch die zwischen ehemaligen Freunden wieder und wieder erfahren muss. Die zweite
Ebene des Buches spielt im „Hier und Jetzt“ und dreht sich um den Teenager Svita, die in der
Schule Ausländerfeindlichkeit und aggressives Mobbing hautnah miterlebt. Das Buch wurde
in Slowenien im Rahmen des nationalen Projektes Rastem s knjigo (Wachsen mit dem Buch)
zur Lektüreempfehlung für Schüler der siebten Klasse.
In Auswahl:
Punčka in velikan. Ill. Tomislav Torjanac (HR). Ljubljana: Mladinska knjiga 2009. (BB ab
7).
Na drugi strani. Ljubljana: Mladinska knjiga 2004. (JB ab 12)
4.3.5 Andrej Rozman Roza (*1955)
Andrej Rozman Roza gehört seit Jahren zu den wichtigsten Kinderbuchautoren, ist
Schriftsteller, Theaterregisseur und Musiker. Neben der Erwachsenenlyrik profitieren auch
seine Kinder- und Jugendgedichte (aber auch die anderen Texte) zweifelsohne von der
Musikalität des Autors, denn nicht nur der stilistische Schwung, sondern auch die Inhalte
erinnern zum Teil an typische Rocksongsujets. Das Poem Urška („Urška“ – Eigenname) von
2010 handelt beispielsweise von einem Motorradrocker, der nach einer wilden Partynacht mit
seinem Vehikel in den Tod rast. – Neben solchen Texten, die trotz des „kindlichen“
Bilderbuchgenres eher Jugendliche ansprechen, sind seine 2009 ausgezeichneten Rätsel für
jüngere Leser nicht nur Ratespaß, sondern aufgrund ihrer „poetischen Verpackung“ und
gereimten Form ein Lesevergnügen (Uganke und Uganke 100+1/ „Rätsel“ und „Rätsel
100+1“).
Für sein zweisprachiges, englisch-slowenisches Wendebuch Kako je Oskar postal
detektiv/How Oscar became a detective („Wie Oskar Detektiv wurde“) wurde Rozman Roza
2008 den Preis des slowenischen Schriftstellerverbandes für das beste Kinderbuch
ausgezeichnet. Warum? Weil Rozman Roza mit Oskar eine witzige und identifikatorische
Kinderfigur erfunden hat: Sein „Held“ ist ein kleiner Versager in der Schule und ähnlich wie
Andreas Steinhöfels Rico „tiefbegabt“; und genau wie Rico entwickelt Oskar auf unorthodoxe
57

Weise eine hervorragende Spürnase für „Kriminalfälle“. Humor- und phantasievoll schickt
Rozman Roza seinen Protagonisten auf die Suche nach dem „Stein der Weisen“, um endlich
mal in der Schule glänzen zu können, und lässt Oskar ungeklärte, mysteriöse Märchenfälle
(Rotkäppchen) lösen, aber auch reale Diebe in die Flucht schlagen.
In Auswahl:
Urška. Ill. Zvonko Čoh. Ljubljana: Mladinska knjiga 2010. (BB ab 12)
Uganke 100 + 1. Ill. Svjetlan Junaković (HR). Ljubljana: Mladinska knjiga 2008.
(KLyrik/BB ab 4)
Kako je Oskar postal detektiv (How Oscar became a detektive). Ill. Ana Košir. Ljubljana:
KUD Sodobnost International 2007. (KB ab 6)
Uganke. Ill. Zvonko Čoh. Ljubljana: Mladinska knjiga 2002. (KLyrik/BB ab 4)
4.4 ILLUSTRATOREN
Die slowenische Illustration zehrt zu einem guten Teil noch von ihren berühmten Illustratoren
Mitte des 20. Jahrhunderts (allen voran von den Stupicas oder auch Jelka Reichman). Trotz
der umfangreichen Bilderbuchproduktion und der prominenten Position des Genres in der
klassischen KJL-Gattungstrias, bleibt die Anzahl slowenischer Illustratoren auf einige wenige
beschränkt. Vertreter der mittleren bis älteren Generation wie Lila Prap, der Stupica-Schüler
Matjaž Schmidt (*1948) oder auch der Meister der Ästhetik des Hässlichen Zvonko Čoh
(*1956) zeichnen sich durch eine starke Präsenz im slowenischen Bilderbuchregal aus. Die
„jüngere“ Illustratorengeneration, die sich nicht wie in Polen oder Russland bereits aus den
1980er Jahrgängen speist, sondern noch den späten 1960ern/frühen 1970ern entstammt, folgt
im Grunde der malerischen Illustrationsstiltradition Sloweniens mit klaren Bildsujets, feinen
Figuren und Landschaftsbildern, die wenig graphische Elemente enthalten und wenig
abstrakte, postmoderne Malverfahren (wie Allusionen auf andere Bildmedien wie Werbung,
Film etc.) beherbergen. Abgesehen von den im Folgenden vorgestellten Illustratoreb sei noch
Polona Lovšin (*1973) erwähnt, die mittlerweilse in England lebt und dort viel veröffentlicht
hat, wie u.a. ihre Kašatka Katka („Kleines Monster Katka“), die an die typische morbide Tim
Burton-Figur erinnert. 56
4.4.1 Lila Prap (*1955)
Am weitesten über die Landesgrenzen Sloweniens hinaus bekannt, und hüben wie drüben
reich mit Preisen dekoriert ist sicher Lila Prap: Nicht nur in England, den USA, Frankreich,
Japan, Norwegen oder Australien, sondern auch im deutschsprachigen Raum werden ihre
tierischen Bilderbücher regelmäßig veröffentlicht. 2005 war sie mit ihrem Buch „Warum?“
(Zakaj?), in dem sie so elementaren Fragen nachgeht wie „Warum haben Zebras Streifen“,
„Warum weinen Krokodile“, „Warum haben die Elefanten einen Rüssel“ usw., für den
Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Prap bedient sich für ihre Illustrationen weniger
großer, „kindschenschema-konformer“ Bildelemente, die insbesondere kleine Kinder (ab 2/3)
gut ansprechen. Ohne ein Hintergrundgeschehen, großflächig und auf elementare
zeichnerische Grundfiguren beschränkt, illustriert Lila Prap ihre oft ohne einen
durchgehenden Handlungsplot auskommende, auf je eine Doppelseite beschränkte Episoden,
die zu 90% Tiere als Protagonisten zeigen, die aber häufig Stellvertreterfunktion für den
Menschen haben. Ihre Geschichten handeln von elementaren kindlichen Bedürfnissen und
Erlebnissen, wie bspw. das Verhältnis zum eigenen Papa (Moj očka/“Mein Papa und ich“);
oder sie gehen den berühmten Warum-Fragen, die Kinder gern stellen, Erwachsene aber zur
Weißglut bringen: Praps neuester Wurf ist ein lustiges, auf Quatsch angelegtes Frage-
Antwort-Buch über Hunde: Pasji zakaj/„Das Hunde-Warum?“).
56 Kašatka Katka. Text: Bina Štampe Žmavc. Radovljica: Didakta 2009. (BB ab 7)
58

Im Vergleich zu ihren Kollegen und Kolleginnen sowohl im schriftstellerischen als auch im
illustratorischen Bereich ist Lila Prap die eindeutig bekannteste und auch erfahrenste auf dem
internationalen Parkett. In Deutschland nahm sie im Jahr 2008 – als Slowenien Ehrengast war
– an der europäischen Kinderbuchmesse in Saarbrücken teil. Im deutschsprachigen Raum
wird sie von der Agentur Prahl vertreten.
In Auswahl:
Pasji zakaj. Ljubljana: Mladinska knjiga 2010. (BB ab 4)
> dt.: Das Hunde-Warum. Übers. Thomas Minssen/Ingrid Rösli. Zürich: Bajazzo Verlag
2011. (BB ab 4)
Dinozavri? Ljubljana: Mladinska knjiga 2009. (BB ab 4)
Moj očka. Ljubljana: Mladinska knjiga 2007. (BB ab 3)
> dt.: Mein Papa und ich! Dt. Text: Mathias Ospelt. Zürich: NordSüd-Verlag 2007. (BB ab
3)
Mednarodni živalski slovar. Ljubljana: Mladinska knjiga 2005. (BB ab 5)
> eng.: Animals' International Dictionary. Ljubljana: Mladinska knjiga 2004 (BB ab 5)
> dt. Das tierische Wörterbuch. Zürich: NordSüd-Verlag 2009. (BB ab 3)
Zakaj? Ljubljana: Mladinska knjiga 2002. (BB ab 4)
> dt.: Warum? Übers. Thomas Minssen. Zürich: Bajazzo Verlag 2004. (BB ab 4)
Živalska abeceda. Ljubljana: Mladinska knjiga 2000. (BB ab 3)
Male živale. Ljubljana: Mladinska knjiga 1999. (KLyrik)
Abb. zu Zakaj auf http://www.emka.si/zakaj/PR/32721,425
Abb. zu Moj očka auf http://www.emka.si/lila-prap-moj-ocka/PR/31635,422
4.4.2 Damijan Stepančič (*1969)
Der zur Zeit vielbeschäftigste Illustrator Sloweniens ist mit Sicherheit Damijan Stepančič.
Neben seinen Illustrationen zu den 2009 erschienen Lyrikanthologien der zwei bedeutendsten
slowenischen Kinderlyriker Tone Pavček und Saša Vegri und der intensiven Zusammenarbeit
mit Peter Svetina verfolgt Stepančič immer auch vollkommen eigene Projekte – wie 2010
„Die Geschichte vom Anker“ (Zgodba o sidru) und 2009 „Der Kritzelräuber“ (zweisprachig:
Počekani ropar/Scribble Robber). In beiden Büchern spielt er mit seinem ureigendstem
Metier: dem Zeichnen und dem Geschichtenerfinden. Im textlosen „Ankerbuch“ wie auch im
„Kritzelräuber“ durchbricht Stepančič dabei die Erzählebenen, intergriert eine Geschichte in
der Geschichte und springt mitsamt den Protagonisten zwischen ihnen hin und her.
59

Das Ankerbuch, voller maritimer Details und mit einem vergilbtem Grundton, der an alte
nautische Karten erinnert, erzählt die wunderbare Geschichte von einem Jungen, der in einem
Buch von der besonderen Reise eines fliegenden Schiffes liest, dessen Kapitän auf einmal in
des Jungens Zimmer erscheint. Zusammen mit dem Kapitän macht sich der Junge auf in die
Stadt, doch als die steinernen Drachen, die auf den Brückengeländern der Stadt schlafen,
durch das fliegende Schiff wachwerden, müssen Kapitän samt Kogge fliehen. Dabei reißt der
Anker ab. In der Schlusspointe des Buches erkennt der Junge (und auch der Leser) in jenem
zurückgelassenen Anker das alte Ankerdenkmal, das in der Stadt steht, wieder. Durch Zoom-
und Spiegeltechniken hat Stepančič mit dem Ankerbuch eine Geschichte ohne Worte
geschaffen, in der man immer neue Querverbindungen zwischen den Erzählebenen findet und
erkennt, wie sehr sich Seemannsgarn und fiktionale Realität durchdringen.
Ähnlich reizvoll, aber weniger an eine alte Sage oder ein historisches maritimes Sujet
erinnernd, sondern sehr modern erscheint gegenüber der „Geschichte vom Anker“ der
„Kritzelräuber“. Die Geschichte ist schnell erzählt, aber aufgrund ihrer bildlichen Erzählform
spannend: Ein kleiner Junge kritzelt, wo er geht und steht, und „verschönert“ auch das
Fahndungsfoto eines Räubers auf einer Litfasssäule. Durch das Bemalen erweckt der Junge
das Bild zum Leben, und der Räuber beginnt, den Jungen zu verfolgen und durch die Stadt zu
geistern. Als er endlich gefasst wird, stellt er sich als harmloses Muttersöhnchen heraus, und
der Junge kann wieder seinen Kritzeleien nachgehen. ...dabei vergisst er schnell, welche
„Gefahren“ dabei lauern und bekritzelt ein Zirkusplakat mit einem Löwen... Dass jener zum
Leben erweckte Löwe auch ein charmanter und überaus zuvorkommender Vertreter ist, wird
allerdings erst in einem anderen Bilderbuch, nämlich in „Antons Zirkus“ (Antonov cirkus)
klar.
Damijan Stepančičs liebt das Spiel mit den bildlichen Erzählebenen in seinen eigenen
Bilderbüchern, aber auch die von ihm illustrierten Kinderbücher anderer Autoren zeichnen
sich durch eine große Warmherzigkeit in der Figurenzeichnung aus, wie bei den beiden
Nilpferden Hubert und Marcel (Modrost nilskih konjev von Svetina), und durch griffige
Charakterisierung der jeweiligen Erzählsituation. Er ist damit einer der vielseitigsten
Illustratoren seines Landes und engagiert sich für die slowenische KJL, in dem er zahlreiche
Workshops für Kinder anbietet.
In Auswahl:
Zgodba o sidru. Ljubljana: Mladinska knjiga 2010. (BB ab 4)
Modrost nilskih konjev. Text: Peter Svetina. Ljubljana: DZS 2010. (KB ab 7)
Počekani ropar (Scribble Robber). (Zs. mit Lucija Stepančič) Text: Lucija Stepančič.
Ljubljana: Vodnikova založba 2009. (BB ab 5)
Naročje kamnčkov. Text: Saša Vegri. Ljubljana: Miš 2009. (KLyrik)
Antonov Cirkus (Anton’s Circus). Text.: Peter Svetina. Ljubljana: Vodnikova založba in
KUD Sodobnost International 2008. (BB ab 5)
Majhnice in majnice: pesmi mnogih let za mnoge bralce. Text: Tone Pavček. Dob pri
Domžalah: Miš 2009. (KLyrik)
Ana in Bučko: abecerimarija. Text: Tone Pavček. Dob pri Domžalah: Miš 2009. (KLyrik)
Pesmi iz pralnego stroja. Text: Peter Svetina. Ljubljana: Mladinska knjiga 2006. (KLyrik)
60

Abb. zu Zgodba o Sidru auf: http://www.emka.si/zgodba-o-sidru/PR/115056,425
4.4.3 Alenka Sottler (*1958)
Mit über zehn hochrangigen nationalen und internationalen Preisen, wie dem Goldenen Apfel
der Biennale in Bratislava 2007 (für „Aschenputtel“/ Pepelka), zählt Alenka Sottler zu den
wichtigsten und avanciertesten slowenischen Illustratoren. Ihre Arbeiten wurden in China,
Italien und der Schweiz veröffentlicht und zeichnen sich durch eine fast dreidimensionale
Bildtextur und fingierte Stofflichkeit aus. Sottler, die vor allem Märchen und Kinderlyrik
illustriert, arbeitet sehr aufwendig und akribisch: Über ihre Bilder scheint sich ein
grobkörniger Filter gelegt zu haben, oder sie erwecken den Eindruck, auf einer schweren
Texturleinwand entstanden zu sein und vermitteln darum eine außergewöhnliche Getragenheit
und Bildfülle. – Auf diese Weise verleiht Sottler den meist königlich-höfischen
Märchensujets eine satte Bedeutungsschwere (vgl. Pepelka und Svetove pravljice/ „Märchen
aus aller Welt“). Den eigentlichen Reiz in Sottlers Bildern machen die Brechungen und
Konterkarierungen aus, die jenen edlen Nimbus ad absurdum führen oder ihn in einem völlig
unvermuteten Sinnzusammenhang präsentieren. Dies geschieht zum einen, wenn Sottler
gerade einmal nicht ein entsprechend „hohes“ Sujet bebildert, sondern bspw. die
Geschwistergeschichte „Willi wünscht sich einen Bruder“, in der sich der kleine Willi daran
gewöhnen muss, dass er leider keinen großen Bruder, sondern eine kleine Schwester – Lisa –
bekommen hat. Die Story, wie sich die Geschwister aneinander annähern und feststellen, dass
Bruder resp. Schwester doch ganz in Ordnung sind, erhält mit Sottlers Bildern nicht nur eine
unglaubliche Ruhe, sondern erweckt aufgrund der satten Bilder den Eindruck eines großen
Gesellschaftsgemäldes.
Zum anderen, und hier ist das Buch des Jahres 2010 Cesar in roza („Der Kaiser und die
Rose“) als paradigmatisch anzusehen, spielt Sottler – wie auch die Autorin Bina Štampe
Žmavc (*1951) – mit dem eigenen „hohen Stil“ und fügt in ihre Illustrationen von Prinzen,
Königen, Schlössern, goldenen Kugeln etc. moderne Alltagsgegenstände wie eine
Spülmittelflasche ein. Damit folgt Sottler dem Narrativ des vielschichtigen Kinderbuches,
denn Bina Štampe Žmavc hat darin keine Märchen, sondern ironische Märchenadaptionen
versammelt und bricht mit den typischen Märchenhandlungen durch ähnlich moderne und
irritierende Einsprengsel wie Sottler in ihren Illustrationen. Für alle, die sich ein wenig in der
klassischen Märchenwelt auskennen, ist Cesar in roža bildlich wie textlich eine großartige
Lektüre...und Alenka Sottler eine wahre Entdeckung.
In Auswahl:
61

Cesar in roža. Text: Bina Štampe Žmavc. Dob pri Domžalah: Miš 2009. (KB ab 12)
It.: Echi d’Oceano. Text: Luigi Dal Cin. Modena: Franco Cosimo Panini 2009. (BB ab 6)
Tri pesnitve. Text: Andrej Brvar. Maribor: Litera 2007. (KLyrik)
Pepelka. Text: Jacob & Wilhelm Grimm. Übers. Polonca Kovač. Ljubljana: Mladinska knjiga
2006. (KB ab 6)
Svetove pravljice. Ljubljana: Nova revija 2006. (KB ab 7)
Dt.: Willi wünscht sich einen Bruder. Text: Bernhard Lins. Zürich: Bohem Press 2004. (BB
ab 4)
Zweisprachige Homepage: http://www.sottler.si/pages/slo/domov.php?lang=EN
Abb. zu Willi wünscht sich einen Bruder auf: ://www.sottler.si/pages/slo/ilustracije/barvne-ilustracije-zaotroke.php
Abb. zu Pepelka auf: http://www.emka.si/pepelka/PR/31036
4.4.4 Peter Škerl (*1973)
Im Doppelpack mit der Autorin Cvetka Sokolov (*1963) 57 gestaltete Peter Škerl zwischen
2004 und 2007 die vier charmanten Bilderbücher über den kleinen Miha, dessen Bruder Juha
und deren Eltern. Darin geht es um die Angst vor dem ersten Schultag (Šola ni zame!/
„Schule ist nichts für mich!“), um das Zelten im elterlichen Garten (Ponoči nikoli veš/
„Nachts weiß man nie so genau“), das Miha am Ende doch zu abenteuerlich wird, und um den
Besuch im Krankenhaus (Ah, ti zdravniki!/ „Oh, diese Ärzte!“). Ohne die pädagogische Keule
zu schwingen, sondern mit viel liebevollem Humor zeichnet Peter Škerl eine intakte, moderne
Familie, in der die kleinen und großen Sorgen der Kinder nicht nur ernst genommen, sondern
auch gemeinsam angepackt werden. Junge „Leser“ werden sich, ihren Alltag und
insbesondere die eigenen Ängste in den Illustrationen wiedererkennen. So wechselt Škerl gern
in die Froschperspektive, wenn es für die Kleinen brenzlich zu werden scheint. Auf diese
Weise wirken die grün maskierten Ärzte bedrohlicher, und auch die unheimlichen Geräusche,
die Miha nachts im Zelt heimsuchen, mutieren zu übergroßen „gruseligen“ Monstern, vor
denen nur Mama und Papa und das elterliche Ehebett schützen können.
Škerl wählt zeitgemäße Settings für seine Sujets wie eine moderne Stadtlandschaft oder das
Einfamilienhaus, das in dem ersten der vier Miha-Bücher im Zentrum steht (Rdeča hiša/ “Das
rote Haus“). Dabei vermeidet Škerl bzw. gelingt es ihm, trotz des harmonisch-unaufgeregten
57 Cvetka Sokolov hat einen geisteswissenschaftlichen Universitätsabschluss in Englisch und Deutsch und böte
sich als Gastautorin und/oder Begleitung von Peter Škerl bei Veranstaltungen in Deutschland sehr an.
62

Themas nicht in die kitschige Idylle abzudriften; vielmehr laden die kräftigen Farben und die
witzigen, storchenbeinigen Figuren zu einem mehrmaligen Lesen und Betrachten der
Geschichten ein.
In Auswahl:
Klobuk gospoda Konstantina. Text: Peter Svetina. Ljubljana: DZS 2007. (BB ab 3)
> dt.: Der Hut des Herrn Konstantin. Text: Peter Svetina. Übers. Fabjan Hafner.
Klagenfurt: Drava 2008. (BB ab 3)
Ah, ti zdravniki! Text: Cvetka Sokolov. Ljubljana: Mladinska knjiga 2007. (BB ab 4)
Ponoči nikoli ne veš. Text: Cvetka Sokolov. Ljubljana: Mladinska knjiga 2006. (BB ab 4)
Šola ni zame! Text: Cvetka Sokolov. Ljubljana: Mladinska knjiga 2005. (BB ab 4)
Rdeča hiša. Text: Cvetka Sokolov. Ljubljana: Mladinska knjiga 2004. (BB ab 4)
Pika v knjižnici. Text: Tilka Jamnik. Ljubljana: DZS 2004. (BB ab 4)
Abb. zu Ah, ti zdravniki!, Quelle © Peter Škerl.
Abb. zu Ponoči nikoli ne veš, Quelle © Peter Škerl.
4.4.5 Suzana Bricelj (*1971)
Suzi Briceljs Illustrationen sind sowohl für Bilder- als auch Kinderbücher gefragt und
erfassen über kleine, aber pointierte Figurenzeichnungen immer genau die Situation.
Insbesondere in Majda Korens (*1960) preisgekrönter 58 und melancholischer
Außenseitergeschichte „Eva und der Ziegenbock“ (Eva in kozel) transportieren Briceljs Bilder
sehr sensibel, welche Probleme auf ein Kind, das einsam ist, einprasseln. Das Buch erzählt
vor allem, welche Verdrängungs- und Bewältigungsstrategien die kleine Eva nutzt, um zu
kompensieren, das sie in der Schule nicht recht Anschluss findet und zuhause auch viel allein
ist: Sie erfindet den idealen Freund, einen Ziegenbock, der alle Spiele, Ideen und Narrheiten
des Mädchens mitmacht, der ihr zuhört, sie tröstet und aufbaut. Suzi Bricelj fängt diese
Freundschaft in großartigen Bildern ein und lässt den Ziegenbock auch für den Leser und
nicht nur für Eva sehr real und wirklich erscheinen. Dank Briceljs Bildern erkennt man die
immense Bedeutung des Tieres für das Kind. Man nimmt dem Buch das enge, vertraute
Verhältnis der beiden vollkommen ab und erkennt im gleichen Zug, wie traurig und bitter die
Welt für Eva ohne ihren Freund sein muss.
Lustiger und in den Illustrationen naturgemäß chaotischer geht es im Bilderbuch „Über den
König, der nicht aufräumen wollte“ (O kralju, ki ni maral pospravljati) zu. Genauso wie es
58 Das Buch erhielt 2006 die Večernica und damit den wichtigsten slowenischen Kinderbuchpreis.
63

Bricelj gelingt, in Eva in kozel oder auch in der slowenischen Ausgabe des niederländischen
Kinderbuches Mala nočna torta s plameni von Toon Tellegen leise Bildtöne anzuschlagen, so
kann sie in dem Königs-Bilderbuch mühelos in eine „laute“, lebhaftere Tonlage wechseln.
Der titelgebende König ist ein Kinderzimmerregent, der alles vorgesetzt bekommt und sich
darin gefällt, große Unordnung zu verbreiten. Dass dieses Chaos eine Einladung für
Illustratoren ist, beweisen auch Briceljs Bilder, die mit viel Lust angestrengte und
überforderte „Untertanen“ und einen im Chaos versinkenden, krakeelenden König einfangen.
Das macht Spaß!
In Auswahl:
O kralju, ki ni maral pospravljati. Text: Nina Mav Hrovat. Ljubljana: Mladinska knjiga
2008. (BB ab 4)
Eva in kozel. Text: Majda Koren. Ljubljana: Mladinska knjiga 2006. (KB ab 6)
Mala nočna torta s plameni. Text: Toon Tellegen. Ljubljana: Mladinska knjiga 2004. (KB
ab 7)
frz.: 10 histoires pour mes 10 ans. Paris: Fleurus 2004.
Cesarjeva nova oblačila. Text: H.C. Andersen. Ljubljana: Mladinska knjiga 2003. (BB ab 6)
Abb. zu Eva in kozel auf: http://www.mb.sik.si/priporocamo_opis.asp?lang=sl&str=51&id=29
4.5 ÜBERSETZER
4.5.1 Slowenisch > Deutsch
Andrea Greistorfer-Vrbinc: Janja Vidmar (Hermagoras-Mohorjeva)
Andrea Haberl-Zemljič: Janja Vidmar (Hermagoras-Mohorjeva)
Fabjan Hafner: Peter Svetina (Drava)
Tamara Kapus: Desa Muck (Hermagoras-Mohorjeva)
Marica Kulnik: Desa Muck (Hermagoras-Mohorjeva)
Thomas Minssen: Lila Prap (Bajazzo)
Astrid Philippsen: Desa Muck (ILBerlin)
Ingrid Rösli: Lila Prap (Bajazzo)
Irena Steiner: Desa Muck (Hermagoras-Mohorjeva)
Sebastian Walcher: Goran Vojnović (in Auszügen, online)
4.5.2 Deutsch > Slowenisch
64

Ana Ambrož: Isabel Abedi (Kres)
Neža Božič: Andreas Steinhöfel (Mladinska Knjiga)
Miriam Drev: Joachim Friedrich (DZS)
Veronika Drolc: Isabel Abedi (Kres)
Janez Gradišnik: Michael Ende (Mladinska Knjiga)
Ana Grmek: Christine Nöstlinger (Družba Piano, Hermagoras-Mohorjeva)
Nina Intihar: Thomas Brezina (Salve)
Barbara Jarc: Thomas Brezina (Hermagoras-Mohorjeva)
Lučka Jenčič: Christine Nöstlinger (Hermagoras-Mohorjeva)
Polonca Kovač: Wolf Erlbruch, Rotraut Susanne Berner (Tangram, Mladinska
Knjiga)
Martin Kuch: Thomas Brezina (Hermagoras-Mohorjeva)
Amalija Maček Mergole: Kirsten Boie; Joachim Friedrich (DZS)
Tanja Mlaker: Cornelia Funke (Mladinska Knjiga)
Danica Š. Novosel: Christine Nöstlinger (Družba Piano)
Seta Oblak: Thomas Brezina (Hermagoras-Mohorjeva)
Andrej Hiti Ožinger: Joachim Friedrich (Mladinska Knjiga)
Jože Plešej: Thomas Brezina (Hermagoras-Mohorjeva)
Sanda Šukarov: Isabel Abedi; Joachim Friedrich; Cornelia Funke (Mladinska
Knjiga)
Alenka Veler: Rotraut Susanne Berner; Katja Gehrmann (Mladinska Knjiga)
Karmen Vidmar: Kai Meyer (Grlica)
Sara Marina Virk: Dagmar Geisler (Morfem)
Meta Žnidar: Isabel Abedi (Učila)
4.6 INSTITUTIONEN
4.6.1 Slowenische IBBY-Sektion/ Pionirska-Zentrum für KJL an der Stadtbibliothek
Ljubljana
Ebenso mit hervorragenden Kontakten in die Verlags-, Autoren- und Illustratorenszene sowie
dem inhaltlichen Know-How ist die slowenische IBBY-Sektion mit ihrer überaus engagierten
Präsidentin Tilka Jamnik sowie das am gleichen Ort ansässige Zentrum für Kinder- und
Jugendliteratur mit Darja Lavrenčič Vrabet als Ansprechpartnerin. Sowohl an die IBBY-
Sektion, das KJL-Zentrum als auch an die JAK kann man sich problemlos in Englisch
wenden und erhält nicht nur prompt, sondern auch hilfreich Auskunft.
Anschrift IBBY:
Slovenian Section of IBBY
Ljubljana Metropolitan Library
Kersnikova ulica 2
1000 Ljubljana
Slovenia
www.ibby.si
Email: Tilka Jamnik tilka.jamnik@lj.sik.si
Anschrift KJL-Zentrum:
Centre for Children’s and Youth Literature and Librarianship
at the Ljubljana Metropolitan Library
Kersnikova ulica 2
1000 Ljubljana
Slovenia
65

www.mklj.si
Email: Darja Lavrenčič Vrabec : pionirska@mklj.si
4.6.2 JAK – Javna agencja za knjigo/ Slowenische Buchagentur
Wie bereits Eingangs bemerkt, sorgt in jüngster Zeit die slowenische Buchagentur für
wichtige Impulse und Fördermöglichkeiten (Veröffentlichungen, Übersetzungen, Reise-
/Recherchestipendien) im slowenischen Buchmarkt. Die JAK mit ihren Mitarbeitern, u.a.
Katja Stergar, ist sehr hilfsbereit und gut vernetzt.
Anschrift:
Javna agencja za knjigo/ Slovenian Book Agency
Tržaška cesta 2
1000 Ljubljana
Slovenia
www.jakrs.si
Email: gp.jakrs@jakrs.si
Katja Stergar Katja.stergar@jarks.si
66

5. TSCHECHIEN
5.1 Buchmarkt – Allgemein
In Tschechien liegt der Anteil des Kinderbuches am Gesamtmarkt seit einigen Jahren bei ca.
7,5%; er weise aber nach einer Krise zu Beginn der 2000er Jahre erneut eine steigende
Tendenz auf. 59 Dieser Aufschwung könnte jedoch durch Überlegungen des tschechischen
Finanzministeriums, die Umsatzsteuer (VAT) für Bücher nach einer Erhöhung 2009 nun
nochmals zu steigern (auf 20%), zunichte gemacht werden. Die Sorge der Verleger und
Aktiven im KJL-Bereich ist in Tschechien ist groß: Die Buchproduktion einheimischer Titel
werde durch jene steuerlichen Auflagen überaus unattraktiv und lohne sich kaum mehr. Dies
gelte insbesondere für die teure Bilderbuchproduktion, ein Bereich, der in Tschechien als
besonders stark angesehen wird. Die solide Zahl an Kinderbuchverlagen oder solchen mit
ausgeprägtem Kinderbuchsegment drohe in sich zusammenzufallen.
Kleinere, aber innovative Verlage wie RAKETA/LABYRINT, BAOBAB, der beinah
synonym für kreative, überaus künstlerische und außergewöhnliche Bilder- und Kinderbücher
steht, oder BRIO, der insbesondere reich illustrierte Märchensammlungen und Themenbücher
(„Geschichten über das Meer“, „Geschichten aus China“, usw.) herausgibt, sehen sich
gezwungen, die Produktion möglichweise einzuschränken. Gleiches gilt für den kleinen, aber
feinen Verlag MEANDER, der sich auf aufwendige, künstlerische Lyrik- und Erzählbände
konzentriert, oder den wundedrbaren Verlag PASEKA, der pro Jahr nur ca. fünf
Kinderbuchtitel herausgibt, und den Verlag PRÁH mit seinen großformatigen Sachbüchern.
Alle wären in Zukunft auf wahre Bestseller angewiesen, um mit ihren Programmen bestehen
zu können. Die großen Verlage wie der ehemalige staatliche Kinderbuchverlag ALBATROS
sowie MLADÁ FRONTA oder auch KNIŽNÍ KLUB (Euromedia) können die Preissteigerung
aufgrund ihres breiten Angebots (neben originalsprachlichen Ausgaben auch Titel und
Erwachsenenliteratur) wahrscheinlich ein wenig besser abfangen. 60
Doch auch etablierte Institutionen wie IBBY Tschechien oder das Projekt Rosteme s knihou
(„Großwerden mit Büchern“), die sich um die KJL bemühen und die sich in der
Leseförderung engagieren, sehen ebenso wie die Kinderbuchmesse in Liberec Problemen bei
der Umsetzung ihrer Arbeit entgegen.
Wie in allen anderen MSOE-Kinderbuchmärkten, so ist auch in Tschechien der Anteil an
übersetzten Titeln an den jährlichen Neuerscheinungen hoch. 61 Am Gesamtmarkt dominieren
englischsprachige Bücher, gefolgt von deutschen und französischen Titeln. 62 Die meisten
aktuellen, auch in Deutschland als Kassenschlager geltenden Titel, wie z.B. Jeff Kinneys
„Gregs Tagebuch“-Reihe oder der allgegenwärtige Thomas Brezina, sind auf dem
tschechischen Markt vertreten, daneben haben aber auch tiefergehende Titel, wie die von
Markus Zusak, eine Chance auf dem Buchmarkt.
Neben den Übersetzungen sind originalsprachliche Kinderbücher aus der Zwischenkriegszeit
sowie aus den 1960er Jahren populär, ebenso wie Adaptionen tschechischer Zeichentrick- und
Kinderfilme oder Fernsehserien (bestes Beispiel ist Zdenek Milers Krtek/ “Der kleine
Maulwurf“). 63 Diese „kostensparenden“ Publikationen könnten in Zukunft neben der
59 Der Statistik von Czech Book World (Svět knihy) zufolge, der Zeitschrift der zentralen tschechischen
Buchmesse, war die Zahl der KJL-Publikationen 2008 mit 1385 Titeln (Gesamtmarkt: 18520) so hoch wie seit
1989 nicht mehr.
60 Weitere Verlage: B4U-PUBLISHING, XYZ, PORTÁL, ARGO.
61 „In 2009 publishers in the Czech Republic set a new record for the number of publications in translation. Their
share of the total volume of Czech book production was almost exactly a third (33 %; 5,777 titles)…The Czech
Republic remains among the countries which produce the highest proportion of translated works in the world.”
Czech Book World 2010/2011, S. 7.
62 Eine konkrete Einschätzung über die sprachliche Verteilung im KJL-Segment gibt es nicht.
63 Kommerziell und auch literarisch besonders erfolgreich war 2010 das Buch zum Kinderfilm Kuki se vrací
(„Kuki kommt zurück“, Prag: Mladá fronta 2010) des seit 20 Jahren erfolgreichsten tschechischen Regisseurs
67

Massenliteratur noch stärkeres Gewicht erhalten, sollte sich die Finanzpolitik bezogen auf den
Buchmarkt weiterhin restriktiv entwickeln.
5.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
Als traditionelle Charakteristika und grundlegende Genres des tschechischen
Kinderbuchmarktes gelten Volks- und Kunstmärchen, Legenden, Mythen in klassischen und
modernisierten Varianten sowie Kindergedichte (traditionelle Abzählreime, Lieder und
moderne Lyrik). Hinzu kommen die sogenannte historische Prosa, die zur Zeit im Aufwind ist
und historische Stoffe für Kinder aufbereitet, und Prosa mit Themen aus der Natur, dem
Bereich der Fantasy und Alltagsgeschichten, die allesamt kindliche Helden ins Zentrum
stellen. Vor allem in das Kinderbuch, das zusammen mit dem Bilderbuch die tschechische
KJL dominiert, dringen langsam auch gesellschaftskritischere Themen, wie z.B. das der
Migration, der Globalisierung 64 oder auch das über das Verhältnis der Mutter zu ihrer Familie
(s.u. Tři tatínci a maminka/„Drei Papas und eine Mama“ von Pavel Šrut). Eine
„atmosphärische“ Besonderheit der tschechischen KJL ergibt sich aus einem gern ins Surreale
reichenden und manchmal hintergründigen Humor, der die Lust am Nonsens deutlich werden
lässt.
Im Vergleich zu Kinder- und Bilderbuch ist das Jugendbuch, als schwächste Gattung
anzusehen – es gibt schlichtweg wenig Bücher für 14 bis 18jährige. Dabei spielen wohl
weniger inhaltliche Resentiments (vgl. Ukraine) eine Rolle, denn mit den Übersetzungen
kommt ein breit gefächertes Themenspektrum ins Land. Abgesehen von der auch in
Deutschland hoch geschätzten Iva Procházková, die sich mit gegenwärtigen Themen für
Jugendliche auseinandersetzt, ziehen sich die Tschechen im Jugendbuchbereich gern auf
bereits erwähnte historische Stoffe zurück und erzählen von den Thronquerelen im Prag
vergangener Zeiten (vgl. Renáta Štulcová, Alena Ježková). Daneben trifft man aber auch auf
eine ganze Riege, so genannter „Mädchenbücher“. Tonangebend und auch über jenes
Kaugummigenre hinaus eine der bekanntesten Jugendbuchautorinnen ihres Landes ist Ivona
Březinová (*1964) 65 .
Einerseits sehen Verleger und KJL-Forscher in der dünnen Ausprägung eines originär
tschechischen Jugendbuches einen Grund für den immensen Lizenzeinkauf aus dem Ausland,
andererseits mag gerade die Dominanz der Lizenzen, eine originalsprachliche Produktion
gerade verhindern. Eine Hochphase erleben in Tschechien Graphic Novels und Comics, sie
werden von Jugendlichen und jungen Erwachsenen angenommen und dies in noch stärkerem
Maße als in Deutschland, wo das in Tschechien bisher weniger präsente Manga-Genre noch
mehr Zulauf hat(te). Seit fünf Jahren besteht bspw. ein Comic-Festival (Komiksfest) und der
tschechische Kinderbuchmagnat Albatros hat soeben eine Anthologie über die letzte Dekade
des tschechischen Comics herausgegeben. 66 Obwohl letztlich der kommerzielle Erfolg vom
Abdruck in der Zeitung abhängt, gibt es eine kleine Szene, die auch mit eigenen Projekten
erfolgreich ist.
Dass die Illustration einen prominenten Platz in der tschechischen KJL einnimmt und über die
Landesgrenze hinaus bekannt ist, zeigt die Saarbrücker Kinderbuchmesse von 2009, bei der
Tschechien Ehrengast war. Während aus dem literarischen Bereich lediglich Ivan Binar
Jan Sveřak (*1965) über einen weggeworfenen Plüschbären, der sich durch alle Unwegbarkeiten zurück zu
seinem Besitzer kämpft.
64 Entsprechende Anklänge finden sich bei Marketa Pilatová (*1973), die 2010 einen hochgelobten
Erwachsenenroman auf Deutsch veröffentlichte („Wir müssen uns irgendwie ähnlich sein“, Residenz 2010) und
mit dem Kinderbuch über ein japanisches Mädchen in Tschechien das Globalisierungs- und zugleich das
Migrationsthema aufgreift: Kiko a tajemství papírového motýla (“Kiko und das Geheimnis des
Papierschmetterlings“. Prag: Meander 2010.)
65 Von ihren knapp 50 Titeln ist insbesondere Držkou na rohožce (Prag: Daranus 2010) hervorzuheben, das kein
verträumtes Mädchenbuch, sondern eine echte Adoleszenzgeschichte (die eines Jungen) für 15-18jährige ist.
66 Generace Nula. Český komiks 2000-2010. Prag: Albatros/Plus 2010.
68

(*1942), Radek Malý und Iva Procházková vertreten waren, so schlug die Illustratorenriege
mit ganzen sechzehn Künstlern zu Buche. 67 Entsprechend genießt das Bilderbuch einen sehr
guten, innovatorischen Ruf und entwickelt sich in Tschechien am schnellsten weiter.
5.3 AUTOREN
5.3.1 „ZUGPFERD“: Iva Procházková (*1953)
Seit fast drei Jahrzehnten gehört Iva Procházková sowohl in Tschechien als auch in
Deutschland und in der deutschsprachigen Schweiz, in der sie viele Jahre lebte, zu den
bekanntesten, beliebtesten und erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautorinnen. Während
der Schweizer Zeit hat sie zum Teil ausschließlich auf Deutsch veröffentlicht, seit ihrer
Rückkehr nach Tschechien erscheinen neue Titel von Procházková fast immer zeitgleich in
beiden Sprachen.
Im Grunde macht es wenig Sinn, auf alle Preise und Nominierungen für die sympathische
Tschechin eingehen zu wollen; ihr letztes Jugendbuch Nazi („Die Nackten“) kann beispielhaft
gelten: es war in Deutschland von Jugend- und Fachjury für den Deutschen Jugendliterarpreis
nominiert (Procházková gewann ihn 1989 mit „Die Zeit der geheimen Wünsche“) und bekam
in Tschechien die höchsten Literaturpreis, den staatlichen Magnesia-Litera-Preis.
Die Qualität von Procházkovás Büchern ist unbestritten; und ähnlich sieht es mit ihren
Lesungen aus: Nicht nur in Tschechien, sondern auch in Deutschland hat Procházková ihre
Leser bestens im Griff; wohl weniger aufgrund ihrer überaus guten Deutschkenntnisse,
sondern insbesondere aufgrund ihrer Empathie den jungen Lesern gegenüber, die sie durch
Fragen aus der gern eingenommenen Reserve lockt, oder durch spannende
Zusatzinformationen zu ihren Büchern und zur eigenen Biographie zu fesseln weiß. Auch
eine große Lesung mit 200 Schülern kann glatt über die Bühne gehen.
In kleiner Auswahl auf Deutsch:
Die Nackten. Mannheim: Sauerländer 2009. (JB ab 14)
Wir treffen uns, wenn alle weg sind. Ostfildern: Patmos 2007. (JB ab 14)
Elias und die Oma aus dem Ei. Ostfildern: Patmos / Mannheim: Sauerländer 2003, 2009.
(KB ab 8)
Vinzenz fährt nach Afrika. Hamburg: Ellermann 2000. (KB ab 8)
Fünf Minuten vor dem Abendessen. Stuttgart: Thienemann 1992. (KB ab 7)
Carolina. Ein knapper Lebenslauf. Mannheim: Sauerländer 1999, 2010. (JB ab 13)
Die Zeit der geheimen Wünsche. Weinheim: Beltz & Gelberg 1988. (JB ab 12)
5.3.2 Pavel Šrut (*1940)
Sicher, Pavel Šrut ist alt. Aber er ist verantwortlich für das witzigste, großartigste und auch
kommerziell sehr erfolgreiche tschechische Kinderbuch der letzten vier Jahre: Lichožrouti -
die „Sockenfresser“! Warum es dieses Buch noch nicht nach Deutschland geschafft hat, ist
kaum nachvollziehbar. Zusammen mit der phantastischen Illustratorin Galina Miklínová, die
nahezu alle Šrut-Bücher bebildert, hat Šrut die absurde, temporeiche Geschichte von einer
Clique wunderbar schräger Phantasiefiguren kreiert, die unter uns weilen und die immer
genau die Socke verspeisen, die uns nachher beim Anziehen fehlt. Die Sockenfresser sind
Individualisten von der Socke bis zur Sohle (Punks, Schnösel, etc.) und ziehen gern über
andere her, wie bspw. auf der Beerdigung einer vermeintlichen Mafiosisocke, bei der
heruntergekommenes, zwielichtiges Nylon auf hochwertiges Garn trifft. Šrut entwirft mit
grandiosem Sprachwitz ein Paralleluniversum zur menschlichen Welt und erzählt neben den
vielen wahnwitzigen Episoden in der Hauptsache eine Art Roadmovie, in dem die
67 Darunter die erfolgreichsten und interessantesten: Galina Miklínová, Michaela Kukovičová, Tereza Říčanová,
Alžběta Škálová, František Škala (*1956), Petr Nikl (*1960), Juraj Horvath (*1974), Renáta Fučiková. 67
69

Hauptsocke Hihlík sich auf die Suche nach seinen Erzeugern nach Afrika begibt. Unterwegs
muss er sich beweisen und sich bsp. gegen die Gang um die Rockersocke Kudla Dederon in
der Bar Kilimanscharo erwähren. Auch der zweite Band der „Sockenfresser“ setzt jene Story
fort, die es in Tschechien mittlerweile auch als Theaterstück und sogar als Puzzle gibt.
„Schuld“ an jenem Erfolg haben auch die Illustrationen zu den Strumpfkreaturen, die beinah
zum Markenzeichen ihrer Schöpferin Miklínová geworden sind (s.u.).
Hinter den wunderbaren Lichožrouti müssen sich Šruts Kindergedichte nicht verstecken.
Urkomisch, temporeich und thematisch einfallsreich gliedern sie sich in Šruts Oeuvre ein.
Und dass sich die Übersetzung von Lyrik, zumal Kinderlyrik, lohnt und funktioniert, zeigt die
dezidierte Reaktion auf das im vergangenen Jahr übertragene Gedicht „Bisamratte“ für den
ARCHE-Kinderkalender. Nicht nur die Die Zeit und RadioBremen hoben das Gedicht als
einen Favoriten unter den Texten hervor, 68 auch die Reaktionen der eigentlichen Zielgruppe –
der Kinder – sind überschwenglich.
In Tschechien ist Pavel Šrut vielfach und hoch mit Kinderbuchpreisen dekoriert – die
„Sockenfresser“ gewannen 2009 den nationalen tschechischen Buchpreis (Magnesia litera) in
der Kategorie Kinder- und Jugendbuch und das Goldene Band (Zlata stuha), den
Kinderbuchpreis der tschechischen IBBY-Sektion. 2010 war Šrut für die renommierte
internationale Hans Christian Andersen Medaille nominiert; er ist eine zentrale Figur im KJL-
Betrieb, wird aber auch als Übersetzer (aus dem Englischen) und als Autor für
Erwachsenenliteratur überaus geschätzt und ist bekannt geworden als Popmusiktexter in den
1960er Jahren – ein echter Beatnik.
Die Bisamratte
Sag, wer steht da auf der Matte?
Eine alte Bisamratte!
Bleckt die Zähne, seufzt sodann
Und beklagt sich: Mannomann!
Treppensteigen strengt doch an!
Meine Beine sind wie Watte!“
Wo das Bad ist, will sie wissen, grinst gerissen,
Wackelt leise mit dem Ohr
Und taucht ab in Abflussrohr. 69
In Auswahl:
Lichožrouti se vracejí. Ill. Galina Miklínová. Prag: Paseka 2010. (KB ab 8)
Tři tatínci a maminka. (Zs. mit Michal Viewegh und Martin Reiner). Ill. Galina Miklínová.
Prag: Brio 2010. (KB ab 8)
Pan Kdybych hledá kamaráda. Ill. Galina Miklínová. Prag: Paseka 2009. (KB ab 6)
Kočičí král. Ill. Markéta Prachatická. Prag: Knižní Klub 2009. (KB ab 7)
Lichožrouti. Ill. Galina Miklínová. Prag: Paseka 2008. (KB ab 8)
Šišatý švec a mýšut. Ill. Galina Miklínová. Prag: Paseka 2007. (KLyrik)
Pohádky Brásky Králíka. Ill. Jindra Čapek. Prag: Knižní Klub 2007. (KB ab 6)
Příšerky a příšeři. Ill. Galina Miklínová. Prag: Paseka 2005. (KLyrik)
Bob a Bobek na cestách. Ill. Vladimír Jiránek. Prag: Albatros 2005. (KB ab 7)
Verunka a kokosový dědek. Ill. Galina Miklínová. Prag: Brio 2004. (KB ab 8)
Veliký tůdle. Ill. Galina Miklínová. Prag: Paseka 2003. (KLyrik)
5.3.3 Radek Malý (*1977)
Abgesehen von seinem ersten eigenen Kinderbuch „František aus der Kastanie und Anežka
aus der Sonnenblume“ (František z kaštanu, Anežka ze slunečnic), das eine rührende
68 Vgl. im Hörbeispiel auf http://www.radiobremen.de/funkhauseuropa/serien/luchs/luchs312.html
69 Aus dem ARCHE Kinderkalender 2011. Übers. Andreas Tretner.
70

Kennenlerngeschichte präsentiert, ist Radek Malý vor allem der Lyrik verpflichtet und dies
sowohl im Erwachsenen- als auch im Jugendbereich. Er gilt zu Recht als eines der größten
Lyrikertalente in Tschechien und als wichtige neue Stimme im Erwachsenen- und
Kinderliteraturbetrieb. Malýs wunderbare Kindergedichte schwanken zwischen einer
komischen Derbheit und stillen, lyrischen Tönen. Sie erzählen trotz ihrer Kürze von
ungewöhnlichen Episoden im Alltag von Tieren, Kindern und auch Gegenständen. Dabei
begibt sich Malý auch auf das für Kinderlyrik ungewöhnlichere Terrain des Urbanen (vgl.
Fahrscheinautomatengedicht) oder kreiert thematische Zyklen wie z.B. über das Schulleben.
Äußerst gelungen ist die Zusammenarbeit mit dem Illustrator Petr Šmalec (*1974) und
Markéta Šimková sowie dem Kinderbuchautor Jiří Dvořák (*1970), die zusammen ein ABC-
Gedichtbuch entwickelt haben. Die ABC-Gedichte scheinen es Radek Malý angetan zu
haben, denn auch in seiner eigenen, bisher wichtigsten und preisgekrönten Lyrikanthologie
Kam až smí smích („Wo gelacht werden darf“) nimmt ein neuerlicher Durchgang durch das
Alphabet großen Platz ein. Manchmal mit Wort- bzw. Buchstabenwitz, manchmal
alliterarisch und in keinster Weise oberlehrerhaft zeigt der Autor, was alles mit Sprache
möglich ist. Und seine Leser honorieren dies und haben Malýs Buch 2009 mit dem Leserpreis
ausgezeichnet, der von der in Tschechien wichtigen Kinderbuchabteilung der
Nationalbibliothek (SUK) ermittelt wird.
Radek Malý hat Germanistik studiert, hat eine deutsche Frau und spricht sehr gut Deutsch. Er
fungiert als Übersetzer für Erich Kästner ins Tschechische.
Bei uns im Fahrscheinautomaten
Wohnt die Katze von Beate.
Drückst Du zweimal nach Bernau
Sagt der Automat: „Miau“,
statt Dir Fahrscheine zu spucken.
Wer’s nicht weiß, der wird dumm gucken! 70
In Auswahl:
Listonoš vítr. Ill. Pavel Čech. Prag: Albatros 2011. (KLyrik)
Kam až smí smích. Ill. Anna Neborová. Prag: Meander 2009. (KLyrik) > im Archekalender
2012
Šmalcova ABECEDA. Zs. mit Jiří Dvořák, Markéta Šimková. Prag: Baobab 2005. (KLyrik)
František z kaštanu, Anežka ze slunečnic. Ill. Galina Miklínová. Prag: Meander 2006. (KB
ab 7)
Dreisprachige Website des Autors: http://radekmaly.flexum.cz/?de/
5.3.4 Olga Černá (*1962 oder *1964)
Olga Černá hat die Gabe, Poetisch-Phantastisches im Kinderalltag zu entdecken und daraus
Geschichten entstehen zu lassen. Für viele tschechische Verleger und Kinderbuchexperten
gehört Černás Erstling Kouzelná baterka („Die magische Taschenlampe“) von 2003 zu den
fünf wichtigsten Bilderbüchern der abgelaufenen Dekade: Der kleine Franta erhält eine
magische Taschenlampe, mit der alle möglichen Gegenstände zum Leben erweckt werden
können, sobald man diese anleuchtet. – Dass diese Geschichte nicht zum altbekannten
Märchenplot gerät, verdankt sich den witzigen Einfällen und „modernen“ Wendungen Černás
und der Illustratorin Michaela Kukovičová, die Franta weggeworfene Plastikflaschen, anderen
Müll oder Grippetabletten Leben einhauchen lassen. Die Plastikflasche wird zum
„hundischen“ Spielgefährten des Jungen und präsentiert sich in den Illustrationen als Flasche,
die aus einem Supermarktprospekt ausgeschnitten und geschickt in die Bildkollage eingefügt
70 Aus dem ARCHE Kinderkalender 2012. Übers. Andreas Tretner.
71

wurde. Jede der abgeschlossenen Einzelepisoden erzählt von einer neuen Anleuchtung eines
Gegenstandes und jedes Mal vergisst Franta, über die weiteren Konsequenzen nachzudenken:
Als Abfallprodukt verbreitet die neue „Hundeflasche“ zuhause Dreck und Chaos, allerdings
frisst sie auch gern den übrigen Müll und erhält damit Bleiberecht. Die Kollage als Form der
Illustration wird dabei zum idealen Mittler, in dem sie ganz praktisch vorführt, wie „Aus alt
mach neu“ bzw. „ Aus alt mach was anderes“ funktioniert, in dem Einzelteile neu
zusammengesetzt und neu belebt werden.
Auch das aktuelle, schmalbändige Jitka a kytka („Jitka und die Blume“) findet in der Welt des
Kinderzimmers einen faszinierenden zweiten „Lebensraum“, ist aber von der Grundstimmung
sehr viel poetischer als Kouzelná baterka und in stärkerem Maße von Michaela Kukovičovás
Bildern bestimmt (s.u.).
Olga Černá ist – wie auch Radek Malý – nicht die lauteste Stimme im tschechischen
Kinderliteraturbetrieb, aber eine tiefgehende und bedeutende, die es lohnt, gehört zu werden.
Jitka a kytka. Ill. Michaela Kukovičová. Praha: Baobab 2010. (BB ab 5)
Poklad starého brouka. Ill. Alžěta Škálová. Praha: Baobab 2007. (KB ab 6)
Kouzelná baterka. Ill. Michaela Kukovičová. Praha: Baobab 2003. (BB ab 3)
5.3.5 Miloš Kratochvíl (*1948)
Der ehemalige Sportredakteur und bekannte Drehbuchautor für das tschechische
(Kinder)Fernsehen Miloš Kratochvíl ist seit vielen Jahren im Bereich der KJL aktiv und zur
Zeit einer der beliebtesten und vielgefragtesten Kinderbuchautoren seines Landes. Zusammen
mit Pavel Šruts Lichožrouti rangieren Kratochvíls Pachatelé dobrých skutků 1: Puntíkáři
(„Die Täter der guten Taten I: Die Getupften“) beim größten tschechischen
Internetbuchhandel Kosmas seit Monaten auf Platz eins der meistverkauften und am besten
bewerteten Titel in der Kategorie Kinderbuch ab 8 Jahre. Und die Kinderbuchabteilung der
tschechischen Nationalbibliothek SUK hat unter Beteiligung ihres jungen Lesepublikums
Puntíkáři zum besten Buch 2009 gewählt. 71 Kratochvíl ist ein Fabulierkünstler und amüsiert
Kinder mit typischen Kinderbuchsujets um dreiste Lümmel, findige, neunmalkluge
Schlauberger oder vollkommene Dummköpfe, bei denen alles nur Erdenkliche schief oder aus
dem Ruder zu laufen droht. Vor allem Jungen haben ihre helle Freude an den meist auch
männlichen Protagonisten, die sich mit nervenden Mädels, sich selbständig machenden
Robotern oder seltsamen Erwachsenen herumschlagen müssen. Paradigmatisch hierfür stehen
die beiden dicksten Freunde Michal und Filda – die so genannten „Getupften“ (Puntíkáři). Sie
halten sich selbst für sehr umgänglich und versuchen, allen Leuten in ihrer Umgebung zu
helfen, wo es nur geht. Leider passieren ihnen dabei immer Missgeschicke oder die
Situationen gestalten sich gänzlich anders als von ihnen eingeschätzt, und so treiben sie alle
und insbesondere ihre Lehrer zur Weißglut. Quasi als Brandmarkung oder als schlechte Note
erhalten sie schwarze Tupfen.
Nach einem ähnlichen Muster und mit genauso viel derbem Humor, Sprachwitz und hohem
Erzähltempo verfährt Kratochvíl in den „Gespensterkumpeln“ (Strašibraši), wo zwei
Gespensterschüler aus der Zauberschule fliegen und nun ihr Geisterglück in einem
verlassenen Turm, in einem kleinen Städtchen suchen, ihnen aber aufgrund ihres
Zauberhalbwissens zunächst nichts gelingt: Die Bewohner der Stadt bekommen das auf
urkomische Art zu spüren, sei es, dass der Wachtmeister ins Abendkleid gezaubert wird oder
die Katze einer zickigen alten Dame ständig ihre Fellfarbe wechselt und in eine Identitätskrise
gerät.
Auch das neueste Buch Hloupežníci („Die Dummköpfe“), das dieses Mal durchaus ernstere
Töne anschlägt, aber von komischen Illustrationen von Lukáš Urbánek begleitet wird, hat
71 Und der Preisreigen setzt sich fort: Kratochvíls Modrý Poťouch („Der blaue Heimtück“) erhielt vor Kurzem
die Zlata stuha als bester Text für Leseanfänger 2010.
72

Chancen auf einen Publikumserfolg. Darin muss der kleine Matyáš sich vor handfesten
Lügnergnomen erwähren, die ihm einreden wollen, dass er ein genauso großer Windhund wie
sie ist...und das alles nur, weil Matyáš versehentlich einen Roboter von seinem Vater, der
Roboter aus Schrottwaren bastelt, kaputt gemacht hat und dies nicht sagen mag.
In Auswahl:
Hloupežníci. Ill. Lukáš Urbánek. Prag: Mladá Fronta 2011. (KB ab 6)
Kočkopes Kvido. Ill. Markéta Vydrová. Prag: Knižní Klub 2011. (KB ab 7)
Strašibraši aneb tajemství věže v Kamsehrabech. Ill. Markéta Vydrová. Prag: Mladá fronta
2010. (KB ab 6)
Modrý Poťouch. Ill. Markéta Vydrová. Prag: Triton 2010. (KB ab 6)
Pachatelé dobrých skutků 1: Puntíkáři. Ill.: Milan Starý. Prag: Mladá fronta 2009. (KB ab
8)
> drei weitere Titel folgen in der Reihe.
Františkova velká kniha pohádek. Ill. Lucie Dvořáková. Prag: Edice České televize 2007.
(KB ab 7)
Hodina smíchu. Ill. Gabriel Filcík. Prag: Alpress 2000. (KLyrik)
5.3.6 Jiří Holub (*1975)
Jiří Holub hat noch recht wenig publiziert, und seine literarische Zukunft ist noch nicht genau
abschätzbar. Zu konstatieren ist jedoch, dass er sich nach zwei Kinderbüchern nun auf das
Terrain der Erwachsenenliteratur bzw. der All-Age-Literatur wagt und das mit Erfolg. Sein
„Requiem für die Gräfin“ (Zádušní mše za hraběnku) ist die spannende Geschichte um ein
ehemals von Deutschen bewohntes Schloss in Tschechien, das von seinen Besitzern und
deren Personal nach dem Erlass der Beneš-Dekrete 1945 verlassen werden musste. In einer
Zeitreise wird an verschiedenen Stationen (1945, 1954, dem Herzstück 1970, 1982...1990) im
Leben der Protagonistin Johanna, die 1945 acht Jahre alt war und auf dem Schloss als Tochter
des Verwalters lebte, halt gemacht und Johannas Geschichte mit Studium, Verliebtsein und
Co. aufgerollt, die sich immer wieder mit dem Schloss und den Ereignissen am Ende des
zweiten Weltkrieges kreuzt. Die ehemalige Schlossherrin Gräfin Sofia, die mit ihrer Familie
nach Österreich geflohen ist, hat als letzten Wunsch, dass ihre Asche beim Schloss verstreut
werden soll. – Kein leichtes Unterfangen seit der sozialistischen Verstaatlichung des
bourgeoisen Anwesens. Die früheren Angestellten – u.a. Johannas Mutter – treffen aus
diesem Grund wieder aufeinander und entblättern dem Leser die sensible Geschichte
zwischen Tschechen und Deutschen am Ende des zweiten Weltkrieges. Trotz einer Vielzahl
an Figuren und Andeutungen auf die historische Gemengelage, die nicht ohne weiteres für
Jugendliche verständlich scheinen, so ist das „Requiem“ aufgrund der Kürze des Sujets, des
oftmals humorvollen Tons und dank der spannenden Story eine lohnende Lektüre für junge
Erwachsene.
Zádušní mše za hraběnku. Prag: Knižní Klub 2011. (JB/All Age ab 16)
Vzpoura strašidel. Ill. Luděk Bárta. Prag: XYZ 2010. (KB ab 10)
Koli váží Matylda. Prag: Knižní Klub 2009. (KB ab 10)
5.3.7 Alena Ježková (*1966)
Die Königin der Sagen und Legenden: Dass sich jene Genres in Tschechien einer so
unglaublichen Beliebtheit erfreuen, ist auch ein Verdienst von Alena Ježková, die die
tonangebende Chronistin tschechischer Geschichte und Märchen für Kinder und Jugendliche
ist. Nicht nur widmet sie sich in ihren Büchern verschiedenen historischen Persönlichkeiten
wie Karl IV. oder Jan Amos Komenský, vor allem schreibt sie die klassischen böhmischen,
mährischen, aber auch griechische und römische Sagen sowie Märchen neu und macht ihren
73

Zauber für heutige Lesegenerationen erfahrbar. In aufwendigen Neuausgaben, die in
Zusammenarbeit mit der für derartige Sujets führenden Illustratorin Renáta Fučiková
entstehen, hat Ježková auch die Legenden um die Hauptstadt Prag in eine zeitgenössische
Form gegossen ohne jedoch den für diese Gattung stimmigen getragenen Tonfall außer Acht
zu lassen. Dass die vielfach ausgezeichnete Autorin sich insbesondere mit Prag auskennt,
zeigt „Die Prager Löwenjagd“ (Prahou kráčí lev), eine Art Reiseführer für Kinder:
Zusammen mit einem kleinen Besucher der Stadt, dessen Plüschlöwe abhanden gekommen
ist, macht sich der Leser auf die Suche nach diesem Kuscheltier und wird dabei von einer
Prager Taube zu allen möglichen Löwen in der Stadt gelotst. Ježkovás Geschichte besteht
dabei nicht nur als eine Art Einführungsbuch in die Prager Stadt und Stadtgeschichte, sondern
eben einfach auch als nettes Sujet für ein Kinderbuch, das Michaela Kukovičová mit ihren
Bildern ins richtige Licht rückt.
Weit weg vom angestammten Themenraum der Legenden und Sagen weiß die Autorin auch
Erzählungen für Jugendliche zu schreiben, wie beim Projekt „Drei Mütter und ein Vater“ (Tři
maminky a tatínek), zu dem Ježková eine Annäherungsgeschichte zwischen entfremdeten
Vätern und Söhnen beigetragen hat. Gespannt sein darf man auf das aktuelle Buch Dračí
polévka („Drachensuppe“), das im Juni 2011 erschienen ist und mit Illustrationen des
momentanen Stars der umtriebigen tschechischen Comicszene Nikkarin ausgestattet ist. Darin
geht es um eine ganz aktuelle Thematik: Das Leben einer vietnamesischen Einwanderkindes
in Tschechien und wie es sich zuhause und in der Schule eigentlich in zwei völlig
unterschiedlichen Welten bewegt.
In Auswahl:
Dračí polévka. Ill. Nikkarin. Prag: Albatros 2011. (KB ab 9)
Tři maminky a tatínek. Ill. Jaromir 99. Prag: Brio 2010. (JB ab 12)
Prahou kráčí lev. Ill. Michaela Kukovičová. Prag: Práh 2008. (BB ab 6)
> eng.: The Prague Lion Hunt. Ill. Michaela Kukovičová. Prag: Práh 2008. (BB ab 6)
55 českých legend z hradů, zámků a měst. Ill. Zdenka Krejčová. Prag: Práh 2007. (KB ab
8)
> eng.: 22 Czech Legends. Ill. Zdenka Krejčová. Prag: Práh 2007. (KB ab 8)
Příběhy čéských knížat a králů. Ill. Renáta Fučiková. Prag: Albatros 2007 (KSB ab 8)
77 pražských legend. Ill. Renáta Fučiková. Prag: Práh 2006. (KB ab 10)
> dt.: 77 Prager Legenden. Ill. Renáta Fučiková. Übers. Markus Pape. Prag: Práh 2006. (KB
ab 10)
Staré pověsti české a moravské. Ill. Renáta Fučiková. Prag: Albatros 2005. (KB ab 10)
Zweisprachige Website: http://www.alenajezkova.cz/
5.3.8 Marka Míková (*1959)
In Tschechien ist Marka Míková nicht nur als Kinder- bzw. Jugendbuchautorin bekannt,
sondern auch als Gründungsmitglied der ersten Punk/NewWave-Gruppe Zuby Nehty, mit der
sie auch heute noch Musik macht. Für die Spielzeit 2011 hat sie für das deutschsprachige
Ottokar-Puppentheater, das mit tschechischen Puppenspielern zusammenarbeitet und sowohl
in Ravensburg (Deutschland) als auch in Prag agiert, Maurice Sendaks Bilderbuchklassiker
Wo die wilden Kerle wohnen als Puppenspiel adaptiert. Als Kinderbuchautorin ist sie bisher
mit drei Titeln in Erscheinung getreten, die einerseits aufgrund ihrer Ästhetik und andererseits
aufgrund ihrer Thematik auch von Jugendlichen angenommen werden. Sämtliche von
Míkovás Büchern sind in Tschechien mehrfach ausgezeichnet worden. 72
72 Knihafoss und ihr letzter Titel JO537 waren für den Magnesia-Litera-Preis nominiert (u.a. zusammen mit Iva
Procházkovás „Die Nackten“).
74

Míkovás Spezialität bei all ihren Titeln ist eine Art magischer Realismus, der unerklärliche
Elemente in die Alltagswelt einschleust oder jene Alltagswelt einfach so verfremdet, dass jene
den Eindruck einer phantastischen Welt vermittelt. – So in Knihafoss („Buchfoss“), in dem
die kleine Skaterin Hredka auf ihrem Board in ein wundersames Land fliegt und dort Leute,
Sitten, Leben kennenlernt. Erst am Ende des Buches stellt sich heraus, dass jenes Land gar
nicht so phantastisch ist, sondern dass es sich dabei um Island handelt. Aktueller in der
Thematik und mysteriöser in seinem Inhalt, so dass auch Jugendliche durchaus Interesse
daran haben können, ist JO537. Darin vermischen sich – ohne genaue Aufklärung – die
Lebenswelt des Jungen Josef und die eines Computerspiels. Der eher ängstliche Josef erkennt
diesen Zusammenhang und die unheimliche Dimension jener Verquickung erst nach und nach
und merkt: Unfälle und eigenartige Begegnungen der Wirklichkeit finden in der virtuellen
Welt ihre Wiederholung oder deuten umgekehrt die Ereignisse voraus. Die Geschichte gerät
mehr und mehr zu einer Detektivstory, in der sich Josef beweisen und über sich
hinauswachsen muss. Wenngleich man Míkovás Texten die kompositorische Anlage anmerkt,
so schafft sie es dennoch (oder gerade deswegen?) den Leser in die Geschichte zu ziehen.
JO537. Ill. Matrin Kubát. Prag: Baobab 2009. (KB/JB ab 10)
Knihafoss. Ill. Darja Čančíková. Prag: Baobab 2007. (KB ab 7)
Roches a Bžunda. Ill. Juraj Horváth. Prag: Baobab 2001. (All-age, KB/JB ab 8)
5.4 ILLUSTRATOREN
Die Illustration in Tschechien ist als stark einzuschätzen – und dies nicht allein im klassischen
Bilderbuchbereich, sondern auch auf der Sachbuchebene, wie die dreiteilige Sachbuchreihe
über Theater, Oper und Ballett des Verlages Práh mit ihren an Keith Haring erinnernden
Illustrationen eindrucksvoll zeigt. 73
Die große Bedeutung tschechischer Bildkunst, für die u.a. der in die USA emigrierte Peter
Sís (*1949) oder Adolf Born stehen, wurzelt tief in der tschechischen Tradition des Kinder-
und Trick- bzw. Animationsfilms (inkl. Avantgardisten wie Jan Švankmajer) und findet
aktuell ihren Ausdruck in der Beliebtheit des Comic-Genres. In jenem Bereich, der sich als
überaus durchlässig für die Graphic Novel erweist, sind folgende Titel besonders
erwähnenswert: Zum einen die mittlerweile als Kultnovel gefeierte Trilogie Alois Nebel
(Prag: Labyrint 2003-2005) des auch in Deutschland bekannten Jaroslav Rudiš (*1972) 74
zusammen mit Illustrator Jaromir 99 (*1963). Sie beginnt kurz nach dem zweiten Weltkrieg
im Sudetenland und erzählt vom tschechisch-deutschen Eisenbahner Nebel. Die Trilogie ist
auf Englisch erschienen, wurde 2010 verfilmt und im Internet mit einer eigenen,
viersprachigen Homepage vertreten. 75 Zum anderen hebt sich der junge Zeichner Nikkarin
(*1987) aus der Masse ab und dies nicht nur als neuer Illustrator des polnischen SciFi-
Klassikers Stanisław Lem, 76 sondern durch seine eigene Trilogie – das poetische 130 (Prag:
Labyrint 2009-2011). Sie hat ihn zum größten Talent in der derzeitigen tschechischen Comic-
/Graphic-Novel-Szene gemacht. 130 ist die – wie im Untertitel des ersten Teils angedeutet –
Odyssee des Weltenreisenden Bo in Form eines Bildtagebuchs. Darin bereist Bo scheinbar
ihm unbekannte Orte und Planeten, die sich aber bei genauerem Hinsehen als ein Panoptikum
kultureller und insbesondere popkultureller Subtexte erweisen: Saint-Exuperys Le Petit
Prince oder Stanley Kubricks „2001 Odyssee im Weltraum“ (der schwarze Monolith!) sind
73 Opera nás baví („Wir mögen die Oper“, Text: Jiřina Marková/Anna Novotná, Ill. Jiří Votruba. Prag: Práh
2005); Divadlo nás baví („Wir mögen Theater“, Text: Anna Novotná, Ill. Jiří Votruba. Prag: Práh 2008); Balet
nás baví („Wir mögen Ballett“, Text: Anna Novotná, Ill. Jiří Votruba. Prag: Práh 2010).
74 Vgl. seine Romane „Der Himmel unter Berlin“. Übers. Eva Profousová. Hamburg/Reinbek: Rowohlt 2004;
„Grandhotel“. Übers. Eva Profousová. München: Luchterhand 2008.
75 Auf Tschechisch, Englisch, Deutsch, Polnisch: http://www.aloisnebel.com/
76 Návrat z hvězd. Prag: Labyrint/Raketa 2011. (dt. „Rückkehr von den Sternen“).
75

nur zwei Beispiele für den Allusionsreichtum von Nikkarins 130. In Bilder transformiert
erscheinen derartige Intertextplaneten als fremde aber zugleich seltsam vertraute Orte, in
denen man sich wunderbar verlieren kann.
Als drittes sei auf Lucie Lomovás (*1964) „Roadstory“ Anna chce skočit („Anna will
fliegen“, Prag: Meander 2006/2007) 77 verwiesen: Diese Jugendnovel über getrennte
Zwillingsschwestern, die durch eine Verwechslung- und Verfolgungsgeschichte wieder
zueinander gebracht werden, besticht durch den geschickten Wechsel der Zeit- und
Erzählebenen, der in den Bildern durch den Wechsel des Zeichenstils gekennzeichnet wird.
Auch der Inhalt ist erfrischend zeitgemäß und direkt (Beziehungskrise, Schwulsein), und
ebenso der Blick zurück in die Vergangenheit ist spannend, denn es ist der Blick auf den
Prager Frühling 1968, also in die Zeit, in der sich die dramatische Familiengeschichte der
Zwillinge sich paradigmatisch entspinnt. Mit dem Thema der Emigration (USA) wird ein
weiterer interessanter Baustein in die Geschichte eingesetzt und schließlich weht sogar der
Hauch eines Hollywoodfilms, wenn die Mafia und sogar der tschechische Präsident Havel in
dem Buch ihre Auftritte haben.
Doch auch die „klassische“ Kinderbuchillustration ist in Tschechien auf dem Vormarsch.
Einen schnellen Überblick bietet http://www.ilustratori.net/, auf der sich die meisten der heute
wichtigsten Illustratoren präsentieren.
5.4.1 Galina Miklínová (*1970)
Wie viele der tschechischen Illustratoren ist Miklínová Absolventin der Prager
Kunstakademie und dies im Bereich für Film- und Fernsehgraphik. Sie zählt zu den
beschäftigsten und bekanntesten Kinderbuchillustratorinnen in Tschechien und ist u.a.
verantwortlich für die tschechische „Harry-Potter“-Ausgabe und für Kästners „Emil und die
Detektive“. Außerdem bildet sie mit Pavel Šrut das zur Zeit erfolgreichste und coolste
Illustratoren-Autoren-Gespann des Landes. Miklínová hat ein wahnsinniges Gespür für
Figurenzeichnung und Situationserfassung bzw. – komik, die sie ihrer Ausbildung im
filmischen Bereich verdankt. Kongenial sind ihre „Sockenfresser“ (Lichožrouti), gezeichnet
in Buntstiftschraffur, die in ihrer Agilität und Diversität einen nicht geringen Anteil am Drive
der Geschichte haben. Gleiches gilt für die Illustrationen zu den Gedichten von Šrut, bei
denen Milkínová sicher den Kern der Situation erfasst und bildlich umsetzt: Egal ob die
Bisamratte im Abflussrohr (s.o.) oder eine tanzende Kuhclique zu einem Gedicht, in dem es
um die große Freude der Kühe geht, sobald man ihrer Weide einen Besuch abstattet,
Miklínová zeichnet immer pointiert und auf den Punkt genau. Auch oder gerade darum
können ihre Illustrationen genauso in schwarz-weiß ihre volle Wirkung entfalten.
In Auswahl:
Harry Potter I – IV. Text: J.K. Rowling. Prag: Albatros 2000-2010.
Emil a detektivové. Text: Erich Kästner. Übers. Radek Malý. Prag: XYZ. 2010.
Lichožrouti se vracejí. Text: Pavel Šrut. Prag: Paseka 2010. (KB ab 8)
Tři tatínci a maminka. Text: Pavel Šrut, Michal Viewegh, Martin Reiner. Prag: Brio 2010.
(KB ab 8)
Pan Kdybych hledá kamaráda. Text: Pavel Šrut. Prag: Paseka 2009. (KB ab 6)
Lichožrouti. Text: Pavel Šrut. Prag: Paseka 2008. (KB ab 8)
Šišatý švec a mýšut. Text: Pavel Šrut. Prag: Paseka 2007. (KLyrik)
Příšerky a příšeři. Text: Pavel Šrut. Prag: Paseka 2005. (KLyrik)
František z kaštanu, Anežka ze slunečnic. Text: Radek Malý. Prag: Meander 2006. (KB ab
7)
Verunka a kokosový dědek. Text: Pavel Šrut. Prag: Brio 2004. (KB ab 8)
77 Veröffentlichung zunächst in Frankreich bei de l’An.
76

Veliký tůdle. Text: Pavel Šrut. Prag: Paseka 2003. (KLyrik)
Abb. zu Lichožrouti auf: http://www.cartonclan.cz/rapsheet/tag/galina_miklinova/89
5.4.2 Lukáš Urbánek (*1973)
Lukáš Urbánek arbeitet für das tschechische Fernsehen im Bereich Animation, ist aber auch
für drei der ungewöhnlichsten Bilderbücher, die in Tschechien in den vergangenen drei
Jahren erschienen sind, verantwortlich. Zusammen mit der Autorin Milada Rezková (*1979)
sind Doktor Racek jede na prázdniny („Doktor Racek fährt in den Urlaub“), der Nachfolger
Doktor Racek jede na horách („Doktor Racek fährt in die Berge“) und das 2010 erschienene
großformatige Babočky („Schmetterlinge“) entstanden, und die Bücher sind in erster Linie
eines: bunt. Bunt in den Farben, in den Figuren, in den Techniken: mal Bunt-, mal Filzstift,
mal Kreide, mal Druck... mal erzählende Comicsequenz, mal großflächige Zeichnung, mal
Fotomontage – Lukáš Urbáneks Bücher überraschen dank dieser Vielseitigkeit die kleinen,
aber auch die großen Leser auf jeder neuen Seite. Und sicher fühlen sich neben Kindern auch
Jugendliche und junge Erwachsene von ihnen angezogen: Die Racek-Bücher gleichen
Roadmovies und sind auch durch den Stilmix sowie die wilde Kompositorik deutlich
Ausdruck der Popkultur. Deutliche Hinweise auf ein über eine rein kindliche
Bilderbuchästhetik hinausreichendes Konzept gibt in den Racek-Büchern die Rocker- und
Motorradthematik sowie die mediale Verarbeitung als Kurzfilm bei YouTube. Und nicht
zuletzt die Veröffentlichung der Bücher im Verlag Labyrint/Raketa, der Vorreiter und „Kult“-
Verlag für tschechische Comics, Cartoons und Graphic Novels ist, verweist auf Urbáneks
breiten Adressatenkreis.
Babočky richtet sich deutlicher an Kinder und erzählt aber genauso episodenhaft wie Doktor
Racek eine vor Einfällen sprühende Geschichte über Schmetterlinge und wie diese – als
kleine Supermänner – allen die Ferien versüßen: Mal binden sie jeweils zwei Kirschen
zusammen, damit man sie sich besser über die Ohren hängen kann, oder sie lotsen die Mäuse
vom Eisstand im Schwimmbad weg, damit sich keiner von ihnen gestört fühlt. Urbáneks
Bücher sind aufgrund ihres Ideenreichtums und der höchst amüsanten Umsetzung ein Spaß
für Kinder aber auch für ein (junges) popkulturelles Erwachsenenpublikum.
In Auswahl:
Hloupežníci. Text: Miloš Kratochvíl. Prag: Mladá Fronta 2011. (KB ab 6)
Babočky. Text: Milada Rezková. Prag: Labyrint/Raketa 2010. (BB ab 4)
77

Doktor Racek jede na horách. Text: Milada Rezková. Prag: Labyrint/Raketa 2009. (BB/All-
Age ab 5)
Doktor Racek jede na prazdniny. Text: Milada Rezková. Prag: Labyrint/Raketa 2009.
(BB/All-Age ab 5)
Abb. zu Doktor Racek und Babočky auf: http://www.labyrint.net/labshop/?p=productsMore&iProduct=164
5.4.3 Michaela Kukovičová (*1968)
Zusammen mit Arbeiten von Petr Nikl (*1960) und Juraj Horváth (*1974) sind
Kukovičovás Kinderbuchillustrationen seit einigen Jahren im Rahmen der Ausstellung „Das
schönste tschechische Kinderbuch“ international auf Reisen. Der Titel der Ausstellung
bezieht sich auf den gleichnamigen tschechischen Kinderbuchpreis, den diese drei
Illustratoren in den vergangenen zehn Jahren am häufigsten unter sich ausgemacht haben.
Kukovičovás Feld ist dabei die Kollage. In diversen Arbeiten – unter anderem auch für
englisch- und deutschsprachige Lehrbücher für Tschechisch (Autorin: Lida Holá) sowie für
das Institut français in Prag – lotet sie die Möglichkeiten des Genres aus und hat dabei eigene
Besonderheiten entwickelt. Bereits in Olga Černás Kouzelná baterka (s.o.) mit der „belebten
Hundeplastikflasche“ nutzt Kukovičová ihre Papierschnipsel für das, was sie im
ursprünglichen Sinn auch waren: Plastikflaschen werden im Bild zu Plastikflaschen, Jacken
zu Jacken, Haut bleibt Haut. Aufgrund des grobrandigen, bewussten „Ausschnitts“ entsteht so
ein reizvoller neuer Eindruck. Die Illustratorin reichert ihre Bilder jedoch auch mit
Zeichnungen (u.a. Kreide, Wachsmaler) an, wie in dem Nonsensebilderbuch über die von
hoher Etikette geprägte Freundschaft zwischen einem Kamin und einem Wecker (Komínek a
budiček). Rein zeichnerisch ist die Illustratorin für das Kinderbuch über griechische Mythen
(Text: Alena Ježková) aktiv gewesen und hat auch hierfür einen Preis erhalten. In ihrer
neuesten Zusammenarbeit mit der Autorin Olga Černá Jitka a kytka (Jitka und die Blume)
kehrt Kukovičová wieder in den Bereich der Kollagetechnik zurück und schlägt einen
„lyrischen“ Bildton an: Die kranke Jitka liegt fiebrig (?) im Bett und beginnt – ähnlich wie in
Nabokovs Terra incognita –, auf der gemusterten Tapete Bewegungen wahrzunehmen. Die
anfängliche Blume, die sich aus der Wand schält, zieht das Mädchen in eine eigene Welt, die
nur dann und wann wieder auf die eigentliche Situation im Kinderzimmer zurückführt. Jitka
vertreibt sich die Langeweile und letztlich auch die Krankheit, was am Ende in der
mütterlichen Küche gefeiert wird. Kukovičová nutzt auch hier eine Mischung aus Kollage
und Zeichnung, die jedoch – anders als das bunte Schnipselgewirr in „Die magische
78

Taschenlampe“ – mit gedeckteren, matt-pastelligen Farben gestaltet ist und dem Betrachter
erst nach und nach Details freigeben.
Kukovičová ist an der tschechischen Kunstakademie tätig, hat international gearbeitet
(Filmarbeit in Los Angeles, USA) und veranstaltet Workshops für Kinder, die sich dank ihrer
Kollagetechnik überaus anbieten.
In Auswahl:
Jitka a kytka. Text: Olga Černá. Prag: Baobab 2010. (BB ab 5)
Mamo, tato, pojd’te si hrát na balón. Text: Pavel Hrnčíř. Prag: Práh 2010. (BB ab 6)
Prahou kráčí lev. Text: Alena Ježková. Prag: Práh 2008. (BB ab 6)
> eng.: The Prague Lion Hunt. Text: Alena Ježková. Prag: Práh 2008. (BB ab 6)
Komínek a budiček. Text: Pavel Hrnčíř. Prag: Raketa/Labyrint 2007. (BB ab 7)
Kouzelná baterka. Text: Olga Černá. Prag: Baobab 2003. (BB ab 4)
Abb. zu Jitka a kytka auf: http://eshop.inter-zone.cz/product/Jitka_a_kytka-Kids
5.4.4 Alžběta Škálová (*1982)
Die Gewinnerin des tschechischen Magnesia-litera-Preises 2011 hat ihr Talent wohl in die
Wiege gelegt bekommen, denn sie ist die Tochter des berühmten und wunderbaren
tschechischen Illustrators und Künstlers František Škala jr. (*1956). Doch auch unabhängig
vom Vater ist Alžbĕta Škálová eine anerkannte und aufstrebende Kinderbuchillustratorin.
Bereits 2005 machte sie mit ihrer organischen, kindlich-naiv anmutenden Formgebung und
den weichen Wasserfarbenbildern zu Jiří Dvořáks „Zurück nach Afrika“ (Zpátky do Afriky)
auf sich aufmerkam. Besonders hervorstechend sind jedoch ihre beiden eigenen Bilderbücher
Péťa medánek, das 2009 zum „schönsten Buch des Jahres“ gewählt wurde, sowie das 2011
mit dem höchsten staatlichen Buchpreis ausgezeichnete Pampe a Šinka („Pampe und Šinka“).
Dabei handelt es sich um ein 72 Seiten starkes Bilderbuch über die beiden niedlichen Wesen
Pampe und Šinka, die so aussehen, als hätten sich zwei Nasenbären Ganzkörperfellkostüme
übergezogen. Beide ziehen in eine Strumpfschublade ein und beginnen ein gemeinsames
Leben. Die warmherzige, anrührende Geschichte wird vor allem durch die niedlichen Figuren
und liebevoll gestalteten Szenerien transportiert. In kurzen Episoden zeigt Škálová in leichten
Bildern, was es heißt, Freunde zu haben, anderen Freude zu schenken, sich zu streiten und
wieder zu vertragen. – Viele Kinder werden sich in den Spielen und Ideen von Pampe und
79

Šinka wiedererkennen und mit Begeisterung die vielen kleinen Details der Illustrationen von
Škálová aufspüren... beim fünften, achten, zehnten Lesen des Buches.
Pampe a Šinka. Prag: Arbor Vitae 2010. (BB ab 4)
Péťa medánek. Prag: Kopr 2009. (BB ab 4)
Poklad starého brouka. Text: Olga Černá. Prag: Baobab 2007. (KB ab 6)
Zpátky do Afriky. Text: Jiří Dvořák. Prag: Baobab 2005. (BB ab 4)
Abb. zu Pampe a Šinka auf http://www.ilustratori.net/sites/default/files/imagecache/velke/ps.jpg
5.4.5 Tereza Říčanová (*1974)
Tereza Říčanová hat spätestens mit dem großformatigen Noemova Archa („Arche Noah“)
einen festen Platz im tschechischen Illustratorenbetrieb inne. Ihre bunten, dickflächlichen
Illustrationen beschreiben die Sujets in weichen, runden Bildsegmentierungen und mischen
Ornamentales mit (bild)erzählerischen Elementen. Auch der Text zu den Illustrationen ist
sanft in die Bilder eingelassen, so dass man den Eindruck eines organischen
Zusammenwirkens aller Elemente erhält. Grobrandig, archaisch und in kindlicher Manier
anmutend entwirft Tereza Říčanová eingängige und sofort zugängliche Bilder, die jedoch
aufgrund ihrer Fülle an figuralen wie ornamentalen Elementen und Koloration eine
tiefergehende Betrachtungen lohnen. Hinter der kindlichen Fassade evozieren die
Illustrationen nämlich häufig verstörende Gegeneindrücke, die darin manchmal den Bildern
des Berliner Illustrators ATAK ähneln. Neben dieser zweiten Ebene im Bild installiert
Říčanová in Noemova Archa auch eine erzählerische Metaebene, in dem sie gegen Ende der
biblischen Arche-Erzählung ein Bild mit Kindern zeigt, die die Geschichte mit Spielzeug
nachspielen, und so das katastrophische Geschehen domestizieren und kindgerecht machen.
Dass Tereza Říčanová sich gern derart philosophisch vielschichtig gibt, zeigt sie auch im
2005 erschienenen „Ziegenbuch“ (Kozí knížka), das sie als ihr wichtigstes Buch bezeichnet.
Darin sinniert sie bildlich darüber, wie es wäre, eine Ziege zu sein und wie die
Ziegengesellschaft organisiert ist. Wie sehr diese Gesellschaft der menschlichen ähnlich, aber
auch vollkommen unähnlich sein kann, illustriert Říčanová in ihrer typischen naivhintergründigen
Technik und ist damit eine der interessantesten tschechischen
Illustratorinnen.
In Auswahl:
80

Noemova Archa. Text: Bibel. Prag: Baobab 2011. (BB ab 5)
Mĕsíček svítí. Prag: Baobab 2008. (BB ab 5)
Vánoční knížka. Prag: Baobab 2006. (BB ab 5)
Kozí knížka. Prag: Baobab 2005. (BB ab 5)
Abb. zu Noemova Archa auf: http://www.ilustratori.net/sites/default/files/imagecache/velke/archa_noemova2.jpg
5.4.6 Renáta Fučiková (*1964)
Im Vergleich zu ihren zumeist jüngeren Illustratorenkollegen müsste man die überaus
sympathische Renáta Fučiková als Grande Dame der aktuellen tschechischen KJL
bezeichnen. Ihr Stil ist traditionell und historisierend, was auch daran liegen mag, dass
Fučiková vor allem Märchen, Sagen oder Legenden sowie historische Romane für
Jugendliche illustriert. Insbesondere die mystisch-dunkle Stimmung mittelalterlicher
Legenden und der böhmischen sowie mährischen Volksmärchen transportiert Fučiková über
dunkle Farbgebung und düstere, geharnischte Ritterfiguren oder getragene, ehrwürdige
Königsbilder. Ihr Bildersachbuch über das Leben des ersten tschechoslowakischen
Staatspräsidenten Tomáš Garrigue Masaryk erhielt 2007 die IBBY-Auszeichnung der Zlatastuha.
<
In Auswahl:
Mojmír. Cesta pravého krále. Text: Renáta Štulcová. Prag: Albatros 2010. (JB ab 12)
Keltské pohadky. Prag: Brio 2009. (KB ab 8)
> frz. Ausgabe vorhanden.
Jan Amos Komenský. Prag: Práh 2008. (BB ab 8)
> dt.: Jan Amos Komenský. Übers. Markus Pape. Prag: Práh 2008. (BB ab 8)
Čínské pohádky. Prag: Brio 2007. (KB ab 8)
> frz. Ausgabe vorhanden.
Příběhy čéských knížat a králů. Text: Alena Ježková. Prag: Albatros 2007 (SB ab 8)
Tomáš Garrigue Masaryk. Prag: Práh 2006. (BB ab 8)
77 pražských legend. Text: Alena Ježková. Prag: Práh 2006. (KB ab 10)
> dt.: 77 Prager Legenden. Text: Alena Ježková. Übers. Markus Pape. Prag: Práh 2006. (KB
ab 10)
Staré pověsti české a moravské. Text: Alena Ježková. Prag: Albatros 2005. (KB ab 10)
Andersens Märchen. Text: H.C. Anderen. Hanau: Dausien Werner 1999. (KB ab 8)
81

Grimms Märchen. Text: Jacob & Wilhelm Grimm. Hanau: Dausien Werner 1999. (KB ab 8)
Abb. zu Andersens Märchen auf: http://www.ilustratori.net/sites/default/files/imagecache/velke/rf_12.jpg
5.5 ÜBERSETZER
5.5.1 Tschechisch > Deutsch
Hana Hadas: Anna Vovsová (Heyne)
Markus Pape: Alena Ježková, Renáta Fučiková (Práh)
Anna Pokorna: Iva Procházková (ILBerlin)
Voijta Pokorny: Iva Procházková (ILBerlin)
Gabrielle Osenberg: Iva Procházková (ILBerlin)
Andreas Tretner: Radek Malý; Pavel Šrut (Arche)
Silke Voigt: Iva Procházková (ILBerlin)
5.5.2 Deutsch > Tschechisch
Radovan Charvát: Otfried Preußler; Kindersachbuch (Argo)
Vladana Hallová: Kai Meyer (Nava)
Emílie Harantová: Cornelia Funke (Knížni Klub)
Lenka Housková: Franziska Gehm (Albatros/CooBoo)
Gabriela Krejčí: Jutta Langreuter; Anne Suess (Knížni Klub)
Radek Malý: Erich Kästner; Einar Turkowski (Albatros,XYZ)
Milada Misárková: Michale Ende (Albatros)
Ondřej Müller: Michael Ende; Joachim Friedrich (Albatros/Plus, BB Art)
M. Mutinská: Dagmar Geisler (Thovt)
Lukáš Novotný: Isabel Abedi (Víkend)
Eva Pátková: Michael Ende; Kindersachbuch (Albatros, Argo)
Tereza Pecková: Trude Ausfelder (Albatros)
Alena Pokorná: Isabel Abedi, Thomas Brezina, Hortense Ullrich (Albatros, Mladá
fronta)
Jiří Pondělíček: Kai Meyer (Vašut)
Michaela Škultéry: Thomas Brezina; Cornelia Franz; Franziska Gehm (Argo, Fragment)
Dagmar Steidlová: Thomas Brezina (Fragment)
5.6 INSTITUTIONEN
82

5.6.1 Tschechische IBBY-Sektion
Die IBBY-Sektion unterhält in Tschechien die besten Kontakte zu Kinderbuchverlagen, zu
Kinderbuchautoren und –illustratoren. Die Vorsitzende der Sektion Jana Čeňková spricht sehr
gut Deutsch und freut sich über Anfragen zur tschechischen KJL.
Anschrift:
Česká sekce IBBY
PhDr. Jana Čeňková, Ph.D.
FSV UK
Smetanovo nabr. 6
110 00 Praha 1,
Czech Republic
www.ibby.cz
Email: ibby@seznam.cz
Jana Čeňková: j.cenkova@centrum.cz
5.6.2 Svět knihy (Welt des Buches)
Svět knihy ist das zentrale Organ für Buchmessen in Tschechien (allen voran die Prager
Buchmesse) und die Institution, die einen Überblick über die Entwicklungen des
tschechischen Buchmarktes bietet und selbigen auch hat. Überaus hilfsbereit ist die Direktorin
Dana Kalinová, die sich sehr für die Arbeit der Robert Bosch Stiftung im Bereich der
Kinderliteratur interessiert.
Anschrift:
Svět knihy, s.r.o.
Fügnerovo nám. 3
120 00 Praha 2
Czech Republic
Telefon: (+420)224 498 236
(+420)224 498 464
Fax: (+420)224 498 754
http://www.svetknihy.cz/en/menu/
Email: info@svetknihy.cz
PhDr. Dana Kalinová: kalinova@svetknihy.cz
(+420)224 498 234
83

6. UKRAINE
6.1 Buchmarkt - Allgemein
Der ukrainische Kinderbuchmarkt hat seit 2008 eher eine rückläufige Entwicklung zu
verzeichnen, betrachtet man den prozentualen Anteil der KJL-Produktion am
Gesamtbuchmarkt, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass z.B. Fantasy- und All-Age-
Titel, die von Jugendlichen konsumiert werden, möglicherweise nicht in dieser Statistik dem
KJL-Segment zugeschlagen wurden.
Der ukrainische Kinderbuchmarkt verfügt über einen ausgeprägtes Lehrbuchverlagswesen,
die über die Schulbücher hinaus auch einige belletristische KJL-Titel herausbringen. Über
einen belletristischen Schwerpunkt verfügen neben den großen Verlagshäusern mit
Kinderbuchsegment, wie MACHAON UKRAINA und RANOK, vier reine
Kinderbuchverlage, die sich in den letzten Jahren erst konstituiert haben und als Innovatoren
des Marktes gelten. Als wegbereitend für das Entstehen eines KJL-Verlagswesens in der
Ukraine (1990er) gilt der Kiever Verlag A-BA-BA-HA-LA-MA-HA, der heute wenige Titel
im Jahr veröffentlicht und auf aufwendig illustrierte Bücher setzt. Zusammen mit
VIDAVNICTVO STAROGO LEVA aus Lviv tun sich der junge Kiever Verlag GRANI-T
(2006) sowie die Verlage TEZA (zunächst ausschließlich mit Audiobüchern) und auch der
ehemalig reine Schulbuchverlag BOGDAN hervor. Vidavnictvo Starogo Leva gilt dabei als
der qualitativ stabilste, während Grani-T ein intensives Kinderbuchprogramm launcht und
überdurchschnittlich viele Bücher produziert, diese jedoch von unterschiedlicher Güte sind.
Jene Verlage dominieren das belletristische Marktgefüge und engagieren sich als KJL-
Vermittler durch Veranstaltungen und Einführungen von Kinderbuchpreisen. Neben jenen
Hauptakteuren, die die namhaften, angestammten ukrainischen Kinderbuchautoren und –
illustratoren unter sich aufteilen, entstehen kleine Verlage wie VESELKA und
GLOWBERRY-BOOKS, der von jungen Illustratoren gegründet wurde (s.u.).
Die Verlage bemühen sich um ein ukrainisches Originalprogramm, und nach Aussagen
einiger Autoren nähert sich der Marktanteil der einheimischen Titel angeblich den 50% an.
Die Übersetzungen stammen dabei vielfach aus den ehemaligen Sowjetrepubliken.
Abgesehen von den englischsprachigen Dauerbrennern von Meyer und Rowling, ist aus dem
so genannten Westen die deutschsprachige KJL en vogue. Zur Zeit erscheinen nicht nur viele
deutsche Bücher in der Ukraine (Funke, Boie, Nöstlinger), sondern insbesondere Klassiker
wie Ende oder Kästner werden überhaupt das erste Mal auf Ukrainisch publiziert.
6.2 Buchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
Die ukrainische KJL und der ukrainische Kinderbuchmarkt sind noch jung und in der
Findungsphase. Jahrzehntelang war das Ukrainische der russischen Sprachhegemonie der
Sowjetunion untergeordnet, ebenso wie die Themen der Kinderliteratur.
Die heutige ukrainische KJL zeichnet sich durch einen Hang zu nationalen, historischen
Stoffen sowie (ukrainischen) Märchen und Legenden aus. Ebenso wird bei den Illustratoren
von Kinderbüchern ein „nationales Kolorit“ sowohl von Verlegern als auch
Kinderbuchexperten hervorgehoben – ohne dass genau gesagt wird, worin dieses „nationale
Kolorit“ bestünde. In diesem Stimmungsbild der befragten Buchmarktpartizipanten 78
schwingt unbewusst und zum Teil bewusst die Sorge um den Status des Ukrainischen im
Vergleich zum Russischen mit. Für die KJL wird die nationale Identität zu einem besonderen
Bewertungspunkt: Über die KJL soll frühzeitig eine eigene, unabhängige Literatur vermittelt
werden und dies vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen kultur- und bildungspolitischen
Entwicklungen in der Ukraine, die eine neuerliche Russifizierung des Schul- und
Hochschulwesens forcieren. Auch darum werden ukrainische Kinderbuchklassiker (insb. der
78 Insgesamt nahmen 36 Personen an der Umfrage teil.
84

„moderne Klassiker“ Vsevolod Nestajko, *1930) und Volksmärchen viel und gern von den
Verlagen aufgelegt. Durch sie und durch die patriotische Bearbeitung ukrainischer Themen
(Mythen, historische Persönlichkeiten, etc.) versucht die KJL eine nationale Identität zu
stabilisieren, wenn nicht gar zu stiften.
Dabei kristallisiert sich nach Aussagen von Verlegern, Autoren, Illustratoren und
Wissenschaftlern das Kinderbuch (bis ca. 12 Jahre) als das stärkste Genre heraus. Hier
schlägt sich auch das Phänomen, Kinderbücher in thematischen Serien unterzubringen, am
stärksten nieder. Einige Titel müssen daher als Auftragsarbeiten gelten. Anhand von Serien
wie „Ukrainische Stärke“ (Ukraïns’ka syla, Verlag Starogo Leva) 79 oder auch Žyttja
vidatnych detej („Das Leben berühmter Kinder“, Verlag Grani-T) zeigen sich zwei
grundlegende Tendenzen der derzeitigen KJL: zum einen eben der Hang zu ukrainischen
Stoffen und zum anderen ein didaktischer Anspruch. – Kinder sollen mit dem Heimatland und
dessen (glorreicher) Vergangenheit vertraut gemacht werden und sich – wie in der
biographischen Reihe über berühmte Kindheiten (Einstein, Shakespeare, etc.) – spielerisch
Wissen aneignen.
Der Begriff Bilderbuch wird vielfach mit dem neuerdings auch überaus populären Comic-
Genre assoziiert, das in der Ukraine abermals historische und klassische literarische Stoffe in
Comic-Form aufbereitet (eigene Reihe im Verlag Grani-T). Als vergleichsweise schwach
wird der Jugendbuchbereich eingeschätzt. Mehr noch als auf dem polnischen, tschechischen
und ähnlich dem ungarischen Markt fehlt eine sich dezidiert an Jugendliche richtende
Literatur im Alter zwischen 14 und 18. Das Fantasy-Genre bietet sich hier als „Lückenfüller“
an und fördert eine große Produktion an Titeln zutage, die zum einen nicht immer auf hohem
literarischen Niveau sind, zum anderen sich gleichsam an ein erwachsenes Publikum richten.
Dass es jedoch auch hier hochwertige Autoren gibt, dafür stehen Marina und Sergej
Djačenki (*1968 und *1945) ein, die sich in der weltweiten Fantasy-Szene einen wirklichen
Namen gemacht haben. 80 Nichtphantastische ukrainische Jugendliteratur verortet sich im
Grunde im Bereich der Abenteuer- und Kriminalgeschichten; letztere werden vor allem von
Andrej Kokotjucha (*1970) bespielt (in der Kinderkrimiserie Dyvnyj detektiv/ “Kuriose
Krimis“, Verlag Grani-T). Realistische Roman- und Novellenstoffe (auf ukrainisch
„psychologische Prosa“), die jugendliche Interessens- und Problemgebiete tangieren, fehlen
hingegen. 81
Sowohl für den Kinder- als auch den Jugendbuchbereich gilt in der Ukraine immer das
Postulat der Angemessenheit und der didaktischen Wertigkeit. Themen wie Sterben/Tod, aber
auch die Auseinandersetzung mit der eigenen jüngeren Vergangenheit und ihrer
kindgerechten Aufbereitung sind tabuisiert: Sowohl der atomare Unfall von Tschernobyl von
1986 als auch das Thema der ukrainischen Unabhängigkeit von der Sowjetunion oder der
ersten Jahre in der Eigenständigkeit werden als überaus problematisch für junges
Lesepublikum angesehen. Als einziger Titel nähert sich „Die Übeltäter aus der Parallelwelt“
(Zločynci z paralel’nogo svitu) von Halyna Malyk ein wenig dem Thema an, denn es spielt
zum Teil im Tschernobyler Gebiet (s.u.).
Für den ukrainischen Kinderbuchmarkt wird weiterhin bemängelt, dass junge Autoren und
Illustratoren selten die Chance erhalten, ihre Arbeiten zu veröffentlichen. Neben einer Reihe
79 „Die ukrainische Stärke“ ist eine Reihe, in der im wahrsten Sinne „starke“ Persönlichkeiten der Ukraine im
Fokus stehen: Gewichtheber, Ausnahmeathleten usw.
80 Auf Deutsch ist bei Piper erschienen „Das Jahrhundert der Hexen“ (2008, unter dem Namen Marina und
Sergej Dyachenko). Für den russischen Fantasy-Autorstar Sergej Lukianenko haben sie u.a. Drehbücher zu
dessen Romanen geschrieben. Im Jugendbuchbereich gilt insbesondere das Buch „Lana. Wilde Energie“ (Lana,
dikaja energija. Verlag: Teza) als bedeutend, das von der ukrainischen Rocksängerin und Eurovision-Song-
Contest-Gewinnerin Ruslana inspiriert wurde.
81 Als Ausnahme mag sich das jüngst erschienene Jugendbuch Na meži možlyvogo („An der Grenze des
Möglichen“) erweisen, das aus der Sicht eines Vierzehnjährigen den Afghanistankrieg thematisiert (Autor:
Oleksa Bilobrov; Verlag Grani-T).
85

von Schriftstellern der 1930er/1940er Jahrgänge, die als Väter und Mütter der ukrainischen
KJL angesehen werden (vor allem Nestajko, der noch immer an die Stelle der KJL-Autoren
gesetzt wird) 82 , gelten mit einigen Ausnahmen vor allem Künstler der 1950er und maximal
1960er Generation als Repräsentanten der aktuellen ukrainischen KJL. Aufgewachsen unter
der sowjetischen Kulturhegemonie, fördert diese Dominanz an Autoren eine KJL, die in ihrer
Zusammensetzung und ihren Themen ein wenig arriviert wirkt und den Kontakt zur neuen,
postsowjetischen Lesergeneration (Kinder wie Jugendliche) zu verlieren droht. Für den
Bereich des Kinderbuches mag der thematische Bogen aus Märchen und unterhaltsamen
Tierepisoden sowie Verserzählungen unter strikter Ausklammerung von Tabuthemen noch
funktionieren. Für den Bereich des Jugendbuches aber hat dies bereits die angedeutete
inhaltliche Lücke zur Folge, die vermutlich erst durch Schreiber einer jüngeren Generation
geschlossen werden kann.
6.3 AUTOREN
Bei den ukrainischen Autoren fällt es schwer, ein ganzes Oeuvre zu empfehlen, vielmehr sind
einzelne Titel beachtenswert. Handwerklich befinden sich die Autoren auf einem ordentlichen
Niveau, es entstehen jedoch kaum wirklich herausragende Bücher. Aufgrund der
Auftragsarbeiten bewegen sich einige Autoren in bestimmten thematischen Kreisen, wie
Oles’ Il’čenko (*1958), der als echter Vielschreiber für die bereits erwähnten Serien
(Kinderkrimi, Kinderbiographien) agiert, darüber hinaus aber wenig eigene Stoffe entwickelt.
Ein weiteres „Problem“ ist für die Auswertung der ukrainischen KJL die Verfügbarkeit der
Titel gewesen. Es sind leider einige der von ukrainischer Seiten empfohlenen Kinderbücher
gar nicht oder spät einsehbar gewesen, und so kann bspw. nur auf die Jugendbuchtrilogie
Džuri („Waffenträger“, Verlag A-ba-ba-ha-la-ma-ha) von Volodimir Rutkivs’kij (*1959)
verwiesen werden. Sie hat in der für diese Studie entworfenen Umfrage die meisten Stimmen
für das wichtigste Jugendbuch der vergangenen Dekade erhalten.
6.3.1 Oleksandr „Saško“ Dermanskyj (*1976)
Der überaus sympathische Saško Dermanskyj gehört zur jüngeren Autorengeneration in der
Ukraine und ist dabei dennoch traditioneller Kindergeschichtenerzähler. Sein Erstlingswerk
ist gleich zu einem wahren „Longseller“ auf dem ukrainischen Kinderbuchmarkt geworden
(eine Seltenheit!): Dermanskijs Geschichten über die Schlange Onys’ko, die 2004 zum ersten
Mal die Kinderzimmer bevölkerte, wurden 2007, 2009 und aktuell (2011) immer wieder neu
aufgelegt und hat sogar eine Fortsetzung. 2003, 2004 sowie im Jahre 2008 und 2009 gehörte
Dermanskyj zu den Gewinnern der wichtigsten ukrainischen Kinderbuchpreise Zolotij leleka
und Koronacija slova.
Neben Čudovoe Čudovys’ko („Wundersames Monster“) über die wundersame Freundschaft
und Schicksalgemeinschaft eines kleinen Monsters und einem Mädchen, ist das bereits
erwähnte Volodar Makucy, abo Prygody vuža Onys’ka (Herr Makuc oder Die Abenteuer der
Schlange Onys’ko) Dermans’kyjs wichtigstes Kinderbuch. Mit der Träumerschlange Onys’ko
hat sich der Autor in ukrainische Kinderherzen geschrieben: Er nimmt seine Leser mit in eine
tierische Stadt, in der Onys’ko in Nachbarschaft mit romantischen Wurmhausfrauen und
hochnäsigen JetSet-Kröten lebt. Die wonnige Kreuch- und Fleuchgemeinschaft erlebt in 14
Kapiteln Abenteuer und muss sich mit findige Ideen den Weg durch den Alltag oder auch
durch außergewöhnliche Begebenheiten bahnen: eine Sonne, die auf das Hausdach zu stürzen
droht, Meteoritenregen oder Kühe, die vor dem Zoo bewahrt werden müssen. Dermans’kyj
durchsetzt jene Szenerien mit vielen Dialogen, die den ohnehin schon hüpfenden, tänzelnden
82 Nestajkos Jugendbuch Toreadori z Vasjukivky („Die Torreros aus Vasjukivky“,1963-1970) und das
Kinderbuch Prigody v lysovij školy („Neue Abenteuer in der Waldschule“, um 1981) rangieren noch immer weit
oben in den ukrainischen Beliebtheitslisten der ukrainischen KJL. Das Jugendbuch setzt sich aus drei Teilen
zusammen, die in Einzelausgaben auf Deutsch (DDR-Ausgaben) erschienen sind.
86

Schreibgestus (viele Ausrufungszeichen!) weiter auflockern und beschleunigen. Sprachwitz
und Ideenreichtum tun das übrige für einen kindlichen Lesespaß.
In Auswahl:
Čudovoe čudovys’ko v krajini žachovis’k. Kiev: Ababahalamaha 2010.
Carstvo Jablukarstvo. Vinnycja: Teza 2009.
Tanok Čugajstra. Vinnycja: Teza 2008.
Z serii ‚Žyttja vydatnych ditej’. Kiev: Grani-T 2007.
Čudovoe Čudovys’ko. Kiev: Ababahalamaha 2006. (KB ab 8)
Babusja ogološje vijnu. Vinnycja: Teza 2006.
Volodar Makucy, abo Prygody vuža Onys’ka. Vinnycja: Teza 2004. (KB ab 8)
6.3.2 Oleksandr Havroš (*1971)
Oleksandr Havroš ist nicht nur Vater eines pubertierenden Sohnes, sondern auch Schriftsteller
und Journalist aus der Westukraine. Neben Theaterstücken und erotischen Gedichten für ein
erwachsenes Publikum hat er drei Kinderbücher geschrieben, von denen gleich das erste den
Titel „Buch des Jahres 2008“ (Knyžka roku 2008) eingeheimst hat. Wenngleich auch Havroš
Themen bedient, die das ukrainische nationbuilding vorantreiben, so hat dies dennoch einen
gewissen Charme. Havroš sucht sich historische Persönlichkeiten und erzählt deren
Geschichte; dabei handelt es sich jedoch nicht um Feldherren oder Schriftsteller aus dem
ukranischen Who-is-Who, sondern um vermeintlich unbekannte Größen, hinter denen aber
spannende Geschichten für Kinder stecken. Neben der preisgekrönten Story über den
stärksten Mann der Welt Ivan Sila (Nejmovirni prigody Ivana Sili, najdužčoï ljudyny svitu),
die auf der wahren Geschichte des Gewichthebers und Schaukämpfers Ivan „Kroton“ Firtsak,
der Anfang des 20. Jahrhunderts lebte, basiert, sind die „Abenteuer des dreifach berühmten
Räubers Pyntja“ (Prigody tryči slavnogo rozbijnyka Pynti) eine packende Lektüre. Wie schon
Ivan Sila so wird auch der ukrainische Robin Hood Pyntja besonders auch Jungen ansprechen.
Die kurzen Episoden, die jeweils mit „Wie Pyntja dieses und jenes machte“ überschrieben
sind, entführen in ein wildes Räuber- und Bandenleben im Karpatenland, das auch aufgrund
der historischen Erzählbasis durchaus einen Lesensog ausübt. ...und dies nicht zuletzt durch
Havrošs mal witzigen, mal spannenden Erzählstil.
Im Jahr 2010 war Havroš – allerdings als Erwachsenenautor – zusammen mit anderen
ukrainischen Autoren Gast an der Wiener Universität zum literarischen Festakt für den
ukrainischen Nationaldichter Taras Ševčenko. Er ist ein ruhiger, scharfsinniger
Kinderbuchautor und engagiert sich sehr für die ukrainische KJL, über die er zur Zeit in
einem umfassenden Überblicksaufsatz arbeitet.
Galuna-Laluna abo Ivan Sila na ostrovi Ščastja. Lviv: Vydavnyctvo Starogo Leva 2010.
(KB ab 12) (Fortsetzung des Erfolgsbandes über den stärksten Mann der Welt)
Prigody tryči slavnogo rozbijnyka Pynti. Lviv: Vydavnyctvo Starogo Leva 2008. (KB ab
12)
Nejmovirni prigody Ivana Sili, najdužčoï ljudyny svitu. Lviv: Vydavynctvo Starogo Leva
2007. (KB ab 12)
6.3.3 Halyna Malyk (*1951)
Die Verlags- und Kinderzeitschriftsredakteurin Halyna Malyk ist eine feste Größe im KJL-
Betrieb der Ukraine. Bereits zu Zeiten der Sowjetunion veröffentlichte sie Kinderbücher (ab
1984), die gern einen realistischen Ausgangspunkt haben, dann aber ins Surreale abdriften
und eine zweite phantastische Erzählebene eröffnen. Eine erfolgreiche und darum
mittlerweile mehrteilige Reihe handelt von den Abenteuern der kleinen Alja. Beliebt ist
ebenso Vuiko Youi i Lyshynya („Viuko Youi und Lyshyna“ - Eigennamen) – kleine Episoden
87

über einen kauzigen Kerl, der in einer alten Hütte in den Karpaten lebt. Zweifelsohne ist aber
„Die Übeltäter aus der Parallelwelt“ (Zločynci z paralel’nogo svitu) Halyna Malyks
wichtigstes Buch. In der Ukraine erhielt das aus zwei Teilen bestehende Kinder-/Jugendbuch
Auszeichnungen, Nominierungen und wurde auf der Kiever Buchmesse 2004 mit einem
Spezialpreis bedacht. Malyk selbst bekam 2003 den bedeutendsten ukrainischen
Kinderbuchpreis Lesja Ukraïnki. In den Übeltätern geht es um den obdachlosen Jungen
Chronja, der zusammen mit herumstromernden, ausgesetzten, entflohenen Tieren –
insbesondere dem Hund Reks – sich zusammen durchs Leben schlägt. Die Streuner hausen in
einem gemeinsamen Verschlag und nach und nach erfährt der Leser ihre Geschichten und
erlebt mit, wie sie Essen klauen gehen oder sich vor der Polizei flüchten. Im zweiten Teil
begibt sich der Leser zusammen mit Chronja und Reks in „die Zone“, die sich durch
Andeutungen als das radioaktiv verstrahltes Gebiet um Tschernobyl herauskristallisiert.
Chronja ist auf der Suche nach seiner eigenen Vergangenheit, die im „verlassenen Ort“
innerhalb der Zone zu liegen scheint. Halyna Malyk entwirft jene Zone als unheimlichen
Platz, an dem seltsame, gnomhafte Phantasiefiguren ihr Dasein fristen, aber auch Menschen,
die in verlassenen und verrammelten Hütten leben und von Kinderschieberbanden und
korrupten Polizisten bedroht werden. Die Zone wird zu einem gefährlichen „Spielplatz“, auf
dem sich Chronja und Reks bewähren müssen. Und es gehört zu den Stärken des Buches, dass
es einerseits einen spannenden Plot (Quest) entwickelt, unterschwellig aber auch
beängstigende, melancholische Töne darin untergebracht sind.
In Auswahl:
Abra & Kadabra. Ill. Hanna Ponomarenko. Užgorod: Poligrafcentr Lira 2011. (JB ab 12)
Zločynci z paralel’nogo svitu I & II. L’viv: Svit 2001, 2003/ Vinnycja: Teza 2007, 2008.
(KB/JB ab 11)
Vuiko Youi i Lyshynya. Kiev: Grani-T 2007. (KB ab 8)
Podorož Ali do kraïni sjak-takiv. 1997/ Vinnycja: Teza 2007, 2011. (KB ab 8)
Prigody Ali v kraïni Nedoladii. 1990/ Vinnycja: Teza 2006, 2011. (KB ab 8)
6.3.4 Natalka Snjadanko (*1973)
Die 38-jährige studierte Ukrainistin, Slavistin und Romanistin (u.a. in Freiburg) hat nicht nur
einen sehr erfolgreichen Kinderbucherstling Kraina polamanich igrašok ta inši podoroži
(„Das Land des kaputten Spielzeugs und andere Reisen“) und die Schriftstellerei für
Erwachsene im Gepäck, sie hat vor allem als Übersetzerin aus dem Deutschen einen Namen
(Kafka, Grass, Zweig, Dürrenmatt, Maron, Zaimoglu). Ihr Roman Sammlung der
Leidenschaften (im Original: Kolekcija prystrastej) erschien 2007 sogar in Deutschland; mit
ihm war Sniadanko zu Gast war auf dem Berliner Literaturfestival. 83
Ihr Kinderbuch dreht sich um den sechsjährigen Matvijko, der in seinem Wohnblock mit
sämtlichen Nachbarn vertraut ist, und zum Geburtstag ein Stofftierschwein bekommt. Mit ihm
begibt sich der Junge auf (Traum)reisen, u.a. zu Zeichentrickhelden, aber auch in das Land
des kaputten Spielzeugs. Dort wird es repariert und zu Weihnachten Kindern, die ohne
Spielzeug aufwachsen, geschenkt. Matvijko wird daraufhin selbst aktiv und beginnt, sein
Spielzeug nicht nur mit anderen Kindern zu teilen, sondern organisiert gar einen Kinderclub
und wohnt der „Konferenz der Stofftiere“ bei, auf der sein Schweinchen mit anderen Tieren
den richtigen Umgang mit Kindern bespricht (witzig!). Das bekannte märchenhafte Muster
des „Gutes tun“ wird von Snjadanko in einem humorigen Ton erzählt und ist trotz des ein
wenig erzieherischen Duktus, der aber beinah überall in den ukrainischen KJL zu finden ist,
83 (Unter dem Namen Natalka Sniadenko) Sammlung der Leidenschaften. Übers. Anja Lutter. München: dtv
2007. Der Roman verbindet ukrainische und deutsche Lebenswirklichkeit in einem satirischen Sujet. In der
Ukraine hatte der Roman eine junge begeisterte Leserschaft. Vgl.
http://www.literaturfestival.com/teilnehmer/autoren/2008/natalka-sniadanko.
88

eine liebenswerte Lektüre, die indirekt Fragen über die moderne Wegwerf- und
Konsumgesellschaft stellt.
Krajina polamanych igrašok ta inši podoroži. Ill. von Lavrin Šumin. Kiev: Grani-T 2008.
(KB ab 5)
6.3.5 Ivan Andrusjak (*1968)
Publizistik, Übersetzung, Lyrik und Kinderliteratur – Ivan Andrusjak ist vielbeschäftigt;
bisher insbesondere als Übersetzer aus dem Russischen und Englischen sowie als
(Erwachsenen-)Lyriker. 84 Seit 2005 schreibt der Westukrainer ebenso für Kinder und hat im
Ranking der ukrainischen Kinderbuchautoren beachtlich viele Stimmen erhalten. Andrusjaks
erste beiden Kinderbücher sind Erzählungen für die jüngsten Leser, allen voran das populäre
„Häschenbüchlein“ (Zajčykovi knyžyčka) mit kurzen Epsioden aus einem Hasenleben.
Darüber hinaus hat auch er für die Kinderbuchserie „Das Leben berühmter Kinder“
geschrieben. Aber Andrusjak bleibt auch in der KJL dem lyrischen Genre treu: Bei „Weich
und flauschig“ (M’jake ta puchnaste) handelt es sich um einen Band mit Kindergedichten,
von denen Andrusjak einige zuvor in Kinderzeitschriften veröffentlicht hat. Nach dem Motto
„Sagt der Hund zum Hund: ‚Nun Hund, alles gesund?’“ begegnen einem unzählige
Anekdoten – überwiegend mit tierischen Protagonisten und immer komisch im Ton.
Katzengespräche, Elefantengedanken oder auch Mäusedispute über das Großwerden, weiches
Fell, „Haushalts“-Probleme...Andrusjak reimt sich einfallsreich und metaphorisch durch die
Welt. Er gilt als ausgezeichneter Vorleser bzw. Vorträger und liest gern bei Festivals und in
Schulen.
In Auswahl:
M’jake ta puchnaste. Kiev: Grani-T 2010. (KL ab 4)
Zajčykovi knyžyčka. Kiev: Grani-T 2008. (KB ab 5)
Ivan Andrusjak pro Dmytra Tuptala, Grygorija Kvitku-Osnov’janenka, Tarasa
Ševčenka, Nila Chasevyča, Oleksu Dovbuša. Kiev: Grani-T 2008. (KB ab 11)
Stefa i ïï Čakalka. Divčača povistyna. Kiev: Grani-T 2007. (KB ab 6)
6.3.6 Ljubomyr „Ljubko“ Dereš (*1984)
Ljubko Dereš ist eine der interessantesten Erscheinungen der jungen ukrainischen
Literaturszene; er schreibt für Erwachsene und auch für Kinder. Erstaunlicherweise gilt seiner
erster Roman Kul’t (2001) als Lektüre für Erwachsene, wenngleich der Autor selbst zum
Zeitpunkt der Veröffentlichung erst 16 Jahre alt war. Auch dank des popkulturellen Inhalts
finden sowohl ältere Jugendliche als auch junge Erwachsene in „Kult“ Anknüpfungspunkte:
Popmusik, Drogenrausch und -abgrund, die Suche nach Sich, nach der eigenen Verortung in
der Welt. Mit 10000 Exemplaren war der Roman in der Ukraine ein riesiger
Verkaufsschlager. 85 Kult sowie zwei weitere von Derešs Romanen sind seit 2005 im
Suhrkamp-Verlag erschienen. 86
In den Bereich des Kinderbuches wagt sich Dereš 2007 und ist - wie auch Saško Dermanskij
und Ivan Andrusjak – für die sehr beliebte Kindheitsbiographien-Serie aktiv gewesen (u.a.
über das Leben von Nikolaj Gogol, Albert Einstein, Mark Twain, Steven King). Dereš hat
84
Auf der Homepage von Andrusjak sind einige seiner Gedichte sogar in Deutsch verfügbar (übersetzt von Alex
Schmidt): http://dyskurs.narod.ru/transnim.htm
85
Vgl. die Rezension zur deutschen Ausgabe in der Zeit: http://www.zeit.de/2005/46/L-Deresch-TAB.
86
Unter dem Namen Ljubko Deresch: "Kult". Übers. Juri Durkot, Sabine Stöhr. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2005;
"Die Anbetung der Eidechse oder wie man Engel vernichtet". Übers. Maria Weissenböck. Frankfurt a.M.:
Suhrkamp 2006; "Intent! Oder die Spiegel des Todes". Übers. Maria Weissenböck. Frankfurt a.M.: Suhrkamp
2008.
89

aber mit „Die wundersamen Tage von Hana Krähe“ (Divni dni Gani Grak) auch ein
belletristisches Kinderbuch geschrieben. Es entspricht nicht so sehr der gängigen, an
klassischen Kindererzählungen orientierten Prosa in der ukrainischen KJL und hat
Diskussionen über die Angemessenheit hervorgerufen. Wenngleich das Buch nicht ganz an
die Qualiät der Erwachsenentitel heranreicht, so kommt es bei Kindern der sechsten Klasse
gut an: Die Protagonistin ist die Viert- bzw. Fünftklässlerin Hana, die sich – ähnlich einer
Alice im Wunderland – als Grenzgängerin zwischen den Welten des Hier und des
phantastischen Dort erweist. 87 Über die bekannten Spiegel oder den Blick in gleißendes Licht
gelangt sie in sechs verschiedenen Geschichten von ihrem Alltag in andere Sphären und Orte
(wie z.B. an den Nordpol). Jene „Trips“ mögen zum Teil wie eine halluzinöse
Bewusstseinserweiterung anmuten, können aber auch einfach als überaus phantastische
Erzählungen aufgefasst werden (vgl. Episode „Der Geist in der Turnhalle“).
Ljubko Dereš spricht sehr gut Englisch und hat bereits viele Erfahrungen mit Lesungen und
Auftritten im Ausland gesammelt. Bei Lesungen zu seinem Kinderbuch schafft er es – so die
Meinung seiner Leser – sein Publikum in lauthalses Lachen ausbrechen zu lassen dank der
Fähigkeit, unterschiedliche Rollen stimmlich ausfüllen zu können.
Ljubko Dereš pro Mykolu Gogolja, Marka Tvena, Nikolu Teslu, Al’berta Ejnštejna,
Stivena Kinga. Kiev: Grani-T 2007. (KB ab 11)
Divni dni Gani Grak. Ill. Al’ona Kotova. Kiev: Grani-T 2006. (KB ab 10)
6.3.7 Lesja Voronina (*1955) und Zirka Menzatjuk (*1954)
Beide Autorinnen stehen an der Spitze der ukrainischen Kinderliteratur und haben in der
Umfrage zu den bedeutendsten Kinderbüchern der vergangenen 10 Jahre die meisten
Stimmen erhalten (Voronina vor Menzatjuk). Beide verstehen sich auf die Anlage klassischtraditioneller
Kinderbuchsujets und sind schlichtweg gute Erzählerinnen, deren Stil und
Themen jedoch ein wenig arriviert wirken.
Menzatjuk, die überaus warmherzig und angenehm ist, muss als die große
Märchenverfasserin ihres Landes gelten. Vor allem ihre „Kiever Märchen“ (Kyïvs’ki kazki),
die ihre Ausgang in der ukrainischen Kapitale nehmen und diese zu einem Schauplatz
wundersamer Geschichten stilisiert wird, sind aus der ukrainischen Kinderliteratur nicht
wegzudenken und erschienen auch in einer englischen Ausgabe. Dezidiert ukrainisch, aber
rasanter ist auch das Kinderbuch Taemnycja kozac’koï šabli („Das Geheimnis des
Kosakensäbels“), in dem das alte Auto Maška zu neuen Ehren kommt und eine Familie auf
eine Verfolgungs- und Glückritterreise durch die Ukraine und deren mythischer
Vergangenheit begleitet, auf der Suche nach dem Kosakensäbel. Diese wilde Tour ist durch
die auktoriale Erzählhaltung, die sich gern ein wenig lustig macht, eine vergnügliche Lektüre
– allerdings inklusive Nationalkolorit 88 .
Universellere Themen trifft man in Menzatjuks Bilderbuch Kazočky-kucochvostyky
(„Märchen mit kurzem Schwänzchen“), die für die jüngsten Leser in kurzen Texten erzählen,
wie ein Vater seine sieben Kinder nach den Wochentagen nennt, woher die Farben des
Regenbogens oder die Monatsnamen eines Jahres kommen. Jene auf eine Doppelseite
untergebrachten „kurzschwänzigen“ Märchen sind von Svitlana Chmil’ (*1970) liebevoll
und für ukrainische Verhältnisse angenehm dezent illustriert. Der Titel wurde 2006 als „Buch
des Jahres“ ausgezeichnet.
Im Vergleich zu den zarten, poetischen Märchsujets von Menzatjuk, schreibt Lesja Voronina
offensiver und will witzig berichten. In ihrer vierfach preisgekrönten Märchenadaption von
87 Und ähnlich wie in Alice so erscheinen aus dem Nichts fremdartige, spleenige Figuren. Die Carrollsche
Grinsekatze feiert bei Hana als „außerirdisches Katzenwesen“ eine Art Wiederbelebung.
88 Auch dieses Buch stammt aus der Reihe „Ukrainische Stärke“ des Staryj Lev-Verlages (vgl. Oleksandr
Havroš).
90

Andersen-Märchen (Sny Hansa Chrystyjana) herrscht ein launiger Ton vor. Als beliebteste
Buchreihe kristallisiert sich jedoch die slapstickhafte und bauernschlaue
Kinderkrimigeschichte um Superagent 000 89 heraus sowie die Geschichte um den kleinen,
haferbreisüchtigen Zaubergnom Njamlik, der zum Freund und Helfer eines kleinen Mädchens
wird (Pribulec z kraïny Njamlykiv; Njamlik i Balakuča Kvitočka). Voronina will Kinder mit
ihren Geschichten unterhalten und zum Schmunzeln bringen – in der Ukraine gelingt ihr dies
seit vielen Jahren und hat sie zu einer zentralen Figur der dortigen KJL gemacht.
Zirka Menzatjuk in Auswahl:
Kyïvs’ki kazki. Ill. Tet’jan Semenova. Lviv: Vydavnyctvo Starogo Leva 2006. (KB ab 7)
Taemnycja kozac’koï šabli. Lviv: Vydavnyctvo Starogo Leva 2006. (KB ab 8)
Kazočky-kucochvostyky. Ill. Svitlana Chmil’. Lviv: Vydavnyctvo Starogo Leva 2006. (BB
ab 4)
Lesja Voronina in Auswahl:
Reihe: Superagent 000. 1996-2004. (KB ab 10)
> Superagent 000. Taemnycja zolotogo kenguru. Vinnycja: Teza 2004.
Sny Hansa Chrystyjana. Ill. Katerina Štanko. Kiev: Grani-T 2009. (KB ab 8)
Pribulec z kraïny Njamlykiv. Kiev: Grani-T 2010. (KB ab 7)
6.4 ILLUSTRATOREN
Im Bereich der Illustration wird es wirklich schwierig Empfehlungen abzugeben, denn trotz
handwerklich guter Arbeit, wirken viele Kinderbücher von den Bildern überfrachtet, die nach
westlichem Verständnis zu grell, zu massig oder zu lieblich erscheinen. Auch die
Figurenzeichnungen sind gewöhnungsbedürftig: Riesenhafte Brillen, überdimensionierte
Augen, weich gezeichnete Gesichter und schräge, comichafte Körperhaltungen befremden
zumeist. Als zwei der bedeutendsten und auch beliebtesten Illustratoren sind dennoch Kost’
Lavro (*1961) und Vladislav Erko (*1962) zu nennen, die beide vornehmlich für den Verlag
Ababahalamaha arbeiten. Insbesondere Erko malt sehr aufwendig und benötigt für die
Bebilderung eines Buches manchmal mehr als ein Jahr. Eine seiner wichtigsten Arbeiten sind
die Illustrationen zu Andersens „Schneekönigin“ (Snigova koroleva, A-ba-ba-ha-la-ma-ha
2000), für die Erko Preise im In- und Ausland erhielt.
89 Reihe war zum Zeitpunkt der Studie nicht verfügbar, so dass sich hier auf die Meinung der ukrainischen
Kinderbuchexperten, Verleger und der Rezensionen verlassen werden muss.
91

Abb. zur „Schneekönigin“ von Erko auf: http://ababahalamaha.com.ua/uk/Снігова_Королева
6.4.1 Romana Romanyšyn & Andrij Lesiv (*1984)
Das Studio „Agrafka“ ist eine wahre Entdeckung und sollte unbedingt gefördert werden.
Aufgebaut wurde Agrafka von den beiden Illustratoren Romana Romanyšyn und Andrij
Lesiv, die bereits unzählige Ausstellungen hatten und im intellektuellen Lira-Verlag
hauptverantwortlich für Buchdesign (Cover, Layout) sind. Ganz aktuell (2011) hat ihr
Kinderbuchprojekt Rukavička. Ukraïnska narodna kazka („Der Handschuh. Ein ukrainisches
Volksmärchen“) auf dem Kinderliteraturfestival der ukrainischen Verlegervereinigung den
Grand Prix für das beste Kinderbuch erhalten. Zurecht!!! An diesem Buch hat man wirklich
Freude! Das Märchen von einem verlorenen Handschuh, in den nach und nach verschiedene
Tiere einziehen, ist von der Geschichte her traditionell und schlicht. Die Illustrationen liefern
das zeitgenössische Gegenbild dazu: Die Mischung aus Fotocollage und Zeichnung fügt dem
Sujet witzige Wendungen hinzu, wenn bspw. jeder bereits im Handschuh Wohnende durch
ein eigenes Ikon im Text immer wieder auftaucht. Am Ende schneiden Romanyšyn und Lesiv
den Handschuh grafisch auf und gewähren einen wunderbar gezeichneten Blick in dessen
Inneres: Der Frosch im Daumen, wo sich das Bad befindet; der Hase mit Möhre im
Zeigefinger...und am Ende der dicke Bär als Auspolsterer und Bewohner des
Handflächenwohnzimmers.
Rukavička. Ukraïnska narodna kazka. Ternopil’: Navčal’na knyha Bogdan 2011. (BB ab
3)
Zweisprachige Homepage: http://agrafkastudio.com/eng/page1260802772/
Abb. auf: http://sphotos.ak.fbcdn.net/hphotos-aksnc4/hs779.snc4/65944_437818671425_238196716425_5687764_5931690_n.jpg
6.4.2 Jevhenija Hapčynska/ Evgenija Gapčinska (*1974)
Nach dem Kunststudium in Lviv und auch an der Nürnberger Akademie der bildenden Künste
arbeitet Evgenija Gapchinska als eine der führenden ukrainischen Kinderbuchillustratorinnen
mittlerweile meist selbständig und widmet sich auch außerliterarischen Designfragen. 2005
erhielt sie zusammen mit dem Autor und Verlager Ivan Malkovyč (*1961) für Liza ta її sny
(„Lisa und ihre Träume“) den Preis als Buch des Jahres. Der traumwandlerische Gang der
kleinen Lisa durch die Kunstgeschichte wird von Gapchinska mit zarten, gefälligen
92

Illustrationen begleitet, die geschickte Reminiszenzen berühmter Kunstgemälde sind.
Gapchinskas Figuren haben als pauswangige Wonneproppen einen großen
Wiedererkennungswert (vgl. die Buchcover zu Roald Dahls „Charlie und die
Schokoladenfabrik“ sowie „Mathilda“). – Und dies unabhängig vom Sujet, denn auch in den
Illustrationen zu Olena Komovas wunderbaren „Piratengeschichten“ (Pirats’ki istoriï) kommt
Gapchinskas „Niedlichkeit“ der Zeichnung heraus und lässt die Seeräubergeschichten sehr
kindlich wirken. Die Verspieltheit zeigt sich nicht zuletzt in den Vignetten, die typisch für
Gapchinska sind, aber auch deutlich machen, dass sich die Illustratorin gern am Rande zum
Kitsch bewegt.
In Auswahl:
Pirats’ki istoriï. Text: Olena Komova. Kiev: Rozumna dytyna 2008. (BB ab 5)
Liza ta її sny. Text: Ivan Malkovyč. Kiev: A-ba-ba-ha-la-ma-ha 2005.
Zweisprachige Homepage: http://www.gapart.com/
Abb. auf: http://ababahalamaha.com.ua/uk/Ліза_та_її_сни
6.4.3 Glowberrybooks
Der Kiever Verlag Glowberrybooks ist aus der Vereinigung junger, alternativer Illustratoren
hervorgegangen und hat bisher fünf Bücher produziert. Die Anzahl der heute unter dem
Verlag firmierenden Illustratoren beläuft sich auf achtzehn, die zumeist einen „westlicheren“
Illustrationsstil verfolgen im Vergleich zum schweren, überbordenden und überbunten Stil,
der in der Ukraine vorherrscht. Anna Rusakovas und Olga Degtiariovas graphische Art des
Zeichnens wartet ebenso wie der weichgepinselte malerische Ansatz von Tatyana Goryshina
vielfach noch auf eine Veröffentlichung.
93

Abb. von Anna Rusakova auf: http://www.glowberrybooks.com/illustrators/anna-rusakova/
Abb. von Olga Degtiariova auf: http://www.glowberrybooks.com/illustrators/olga-degtiariova/
Abb. von Tatyana Goryushina auf: http://www.glowberrybooks.com/illustrators/tatiana-goryushina/
94

6.5 ÜBERSETZER
6.5.1 Ukrainisch > Deutsch
Juri Durkot: Ljubko Dereš (Suhrkamp)
Anja Lutter: Natalka Snjadanko (DTV)
Sabine Stöhr: Ljubko Dereš (Suhrkamp)
Andreas Tretner: Vasyl’ Holoborod’ko (Arche)
Maria Weissenböck: Ljubko Dereš (Suhrkamp)
6.5.2 Deutsch > Ukrainisch
Evhenija Horeva: Michael Ende, James Krüss, Paul Maar, Erich Kästner (Teza,
Junivers)
Oleksa Lohvinenko: Cornelia Funke (Teza)
Oleksandr Mokrovol’skij: Kirsten Boie, Christine Nöstlinger (Teza, Veselka)
E. Popovič: Christine Nöstlinger (Teza)
Volodimir Romanec’: Paul Maar (Teza)
Ol’ga Sidor: Erich Kästner (Kalvarija)
Andrij Sodomor: Heinrich Hoffmann (Grani-T)
Tet’jana Straševs’ka: Kirsten Boie (Teza)
6.6 INSTITUTIONEN
6.6.1 Centr Doslidžennja literatury dlja ditej ta junactva (CDLDJu) - Ukrainian
Research Centre for Children’s and Youth Literature (URCCYL)
Das Zentrum für Kinderliteraturforschung mit Sitz in Lviv ist noch sehr jung, hat aber bereits
eine große, fünftägige Konferenz auf die Beine gestellt und verfügt über weitreichende
Kontakte sowohl in denwissenschaftlichen Bereich als auch zu Kinderbuchautoren und
Verlegern. Die junge Präsidentin Ulyana Hnidets ist sehr umtriebig, überaus engagiert und
sehr hilfsbereit. Als Germanistin mit Spezialisierung in deutscher Kinderliteratur spricht sie
hervorragend Deutsch.
Anschrift:
Укаїна
м. Львів - 79011
Стрийська вул. 26/6
Гнідець Уляна
Ukraïna
Lviv-79011
Stryjska vul. 26/6
Dr. Ulyana Hnidets
(Präsidentin des UFZKJL - URCCYL )
www.urccyl.com.ua
6.6.2 Forum vydavciv - Ukrainisches Verlegerforum
Genauso engagiert wie das URCCYL mit marktorientierterer Ausrichtung agiert das
Verlegerforum unter dem Vorsitz von Oleksandra Koval’. Sie hat zusammen mit dem
URCCYL als hervorragender Multiplikator für die Umfrage zu ukrainischen KJL fungiert und
eröffnet Kontakte zu Verlegern, Autoren und Bibliotheken.
Anschrift:
95

Укаїна
м. Львів - 79005
а/с 6644
Громадська організація "Форум видавців"
Ukraïna
Lviv – 79005
a/c 6644
Gromads’ka organizacija „Forum vydavciv“
Telefon: (032) 276-41-52
FAX:276-46-94
www.bookforum.com.ua
Email: bookforum@bookforum.com.ua
96

7. UNGARN
7.1 Buchmarkt – Allgemein
Nach einer Krise zu Beginn der 2000er Jahre wächst der ungarische Buchmarkt wieder, hatte
2008 mit 15255 veröffentlichten Titeln ein Allzeithoch und hat sich 2010 auf gut 12997 Titel
eingependelt, davon waren 2008 10872 Novitäten, 2010 waren es 9610. 90
In diesem Gefüge stellt sich der Kinderbuchmarkt wie folgt dar: Auch hier ist 2008 ein
Höhepunkt mit insgesamt 1407 erschienenen Titeln, 2010 sind es 1229 Neuerscheinungen aus
dem Bereich der kinderliterarischen Belletristik (Schulbuchmarkt ausgenommen). Damit hat
der Kinderbuchmarkt einen Anteil von 9,2% (2008) und 9,4% (2010) am Gesamtmarkt.
Die Zahlen wandeln sich rapide, wenn man weitere Modifizierungen vornimmt. So liegt der
Anteil der von ungarischen, lebenden Kinderbuchautoren 2008 bei 369 Titeln, 2010 bei 435. 91
Damit stammt 2008 nur gut ein Viertel der KJL aus ungarischer Feder (26%), 2010 ist der
Anteil deutlich gewachsen und liegt bei 35%.
Die ansteigende Tendenz ungarischer KJL-Veröffentlichungen mag auch eine Ursache in der
sich wandelnden Verlagslandschaft Ungarns – bezogen auf den Bereich des Kinder- und
Jugendbuches – haben. Galt bisher der ehemals staatliche und größte reine Kinderbuchverlag
MÓRA als Platzhirsch, der die Regale in den Buchläden füllt und früher wie kein anderes
Haus mit der KJL assoziiert wurde, so ist Móras Verlagspolitik mit Wiederauflagen von
Klassikern (Eva Janiszkovsky), Märchenveröffentlichungen sowie „Mädchenbüchern“
zunehmend unter die Ägide des Traditionalistisch-Konservativen geraten, und erst seit ca.
einem Jahr gibt es Anzeichen für leichte Veränderungen. Das mag auch daran liegen, dass in
den letzten Jahren neue Kinderbuchverlage entstanden sind, die sich scheinbar langsam vom
angestaubten didaktischen Image lösen, das in Ungarn bzgl. der Kinderliteratur vorherrscht.
Junge Verlage, die sich mit frischeren Programmen präsentieren, wie CSIMOTA, PAGONY,
SCOLAR, VIVANDRA, NAPHEGY, HOLNAP, CERKABELLA, CERUZA, MAGVETÕ
oder auch GENERAL PRESS haben sich erst vor drei Jahren zu einem Verband zusammen
geschlossen (Association of Hungarian Children’s Books Publishers) – ein Vorgang, der von
der Professionalisierung des Marktes zeugt. Dennoch befindet sich der ungarische Kinder-
und Jugendbuchmarkt sowohl inhaltlich als auch strukturell in einer Umbruchphase.
Dass sich der Markt auf der Suche nach neuen Linien und Perspektiven zu sein scheint, lässt
sich auch daran ablesen, welche Titel aus dem Ausland überhaupt übersetzt werden, um
entweder Lücken im einheimischen Markt zu füllen oder um dessen Schwerpunkte weiter zu
stärken. Neben deutschen (modernen) Klassikern wie (Ende, Maar, Preußler, Nöstlinger oder
Kästner) trifft man zunächst auf den tschechischen „Maulwurf“ von Zdenek Miler oder den
englischen Bär Paddington (Michael Bond) oder Eric Carles „Raupe Nimmersatt“. Aus dem
anglophonen Raum findet man ansonsten natürlich „Harry Potter“, massenkompatible
Mädchenbücher und Vampirliteratur (Darren Shan), aber auch auf einen John Green. Aktuell
werden aus dem Deutschen besonders Cornelia Funke, Janosch, Thomas Brezina, Kai Meyer,
aber auch Mirjam Pressler, Isabel Abedi, Rotraut Susanne Berner und Beate Teresa Hanika
übersetzt, und man kann erkennen, dass neben den noch dominanten spielerischen
Kinderbuchstoffen, auch gesellschaftskritischere Autoren (Pressler, Hanika) mittlerweile eine
Chance erhalten. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann auch die einheimische ungarische KJL
in diesem Bereich endgültig Fuß fasst.
Wagt man noch den umgekehrten Blick aus Ungarn nach Deutschland, so fällt auf, dass trotz
des seit Jahren bestehenden Trends, ungarische Erwachsenenliteratur in Deutschland zu
veröffentlichen, kaum ungarische Kinderbücher übersetzt werden. Der Passauer Schenk-
Verlag zeigt sich bisher am engagiersteten, und aus Ungarn selbst kommen viele
90 Ungarisches Amt für Statistik: http://statinfo.ksh.hu/Statinfo/haViewer.jsp
91 Ungarisches Amt für Statistik: http://statinfo.ksh.hu/Statinfo/haViewer.jsp
97

Bemühungen, die einheimische KJL mithilfe von übersetzten Textauszügen und ausführlichen
Übersichtsatalogen zu präsentieren. 92
7.2 Kinderbuchmarkt – Ausrichtung, Schwerpunkte, Genres
Wie in fast allen MSOE-Kinderliteraturen so dominieren auch in Ungarn das Bilder- und
Kinderbuch für das Lesealter bis 12 Jahre. Das Jugendbuch verzeichnet nur wenige
originalsprachliche Veröffentlichungen, wie bspw. am Überblickskatalog der ungarischen
Verlegerassoziation von 2010 und 2011 deutlich wird. 93
Von Seiten der Verlage und angeblich auch der überwiegenden Käufer von Kinder- und
Jugendliteratur – den Eltern – sei eine realistische Prosa kaum gewünscht. Entsprechend der
althergebrachten Auffassung von KJL bewegt sich auch der Themenradius im Bereich des
Bilder- und Kinderbuches: Märchen und Märchenhaftes, Abenteuer- und Zaubergeschichten
sowie humorige, manchmal irrwitzige Erzählungen der kindlichen Alltagswelt oder solche
über tierische Helden dominieren. Dass sich hier jedoch mittlerweile andere Töne
einschleichen zeigt bspw. Tibor Zaláns Kinderbuch über ein Heimkind, das sich vor dem
Mobbing der anderen nur durch die Flucht in eine Märchenwelt (die jedoch extrem hart ist
und dem Kind alles abverlangt) retten kann. Doch natürlich geht die Geschichte gut aus und
die reale Kinderheimwelt bleibt Rahmenhandlung und Katalysator für die
Märchengeschichte. 94 Aber auch im Bilderbuchbereich gibt es mittlerweile vereinzelt Titel,
die sich mit kindlichen Befindlichkeiten wie der Angst oder der Verzweiflung trotz eines
schützenden Familiengefüges befassen. 95
Neben der Märchendomäne nimmt die Kinderlyrik traditionell eine besonders starke Position
ein, und so ist es nicht verwunderlich, dass 2011 auf der Europäischen Kinderbuchmesse in
Saarbrücken neben der ungarischen Kinderbuchautorin Judit Berg natürlich ein Kinderlyriker
– Ottó Kiss – eingeladen war. Ebensowenig verwundert es, dass aufgrund der Vielzahl an
Bilderbüchern, die in Ungarn erscheinen, auf der Saarbrücker Messe vier ungarische
Kinderbuchillustratoren ausgestellt wurden (Boglárka Paulovkin, Krisztina Rényi, Kinga
Rofusz, Katalin Szegedi).
Den beiden stärksten Bereichen der ungarischen KJL – Bilderbuch und Märchen – hat der
Verlag Csimota 2006 zu einer überaus interessanten Heirat verholfen: Mehrere der derzeitig
bekanntesten ungarischen Illustratoren haben Rotkäppchen sowie Die drei kleinen
Schweinchen und Schneewittchen in kleinformatigen Bilderbüchlein (Pixibuch-Größe) neu
illustriert. Dabei wurde weitestgehend auf textliche Inhalte verzichtet, so dass die bekannte
Geschichte allein durch die Bildzeichen erfasst werden muss. Eine Ausstellung der
Illustrationen, die vollkommen andere Wege für die Herangehensweise und die
außergewöhnliche Umsetzung des Märchenstoffes für sich jeweils entdeckt haben, lohnt sich.
Und dass auch im Märchenbereich noch immer Unbekanntes schlummert, zeigen die in
Ungarn populären Erzählungen dort lebender Minderheiten wie den Sinti und Roma; allein in
den letzten vier Jahren erschienen zwei unterschiedliche Märchensammlungen dieser Art. 96
7.3 AUTOREN
92
Zu empfehlen ist auch die viersprachige (Ungarisch, Englisch, Französisch, Deutsch), wenngleich ein wenig
veraltete Homepage www.pimmedia.hu, einem Projekt, das ungarische Autoren inkl. übersetzter Auszüge aus
ihrem Oeuvre vorstellt. Besonders erfreulich: Es gibt eine eigene Sparte für Kinderliteratur.
93
Für Jugendliche sind lediglich vier, nach Ansicht der Herausgeber empfehlenswerte Bücher angegeben, die
zwischen 2008 und 2010 entstanden sind.
94
Zalán Tibor (*1954): Dani a nagy családerdöben (Dani im großen Familienwald). Ill. Keszeg Ágnes.
Budapest: Cerkabella 2009.
95
Sárkány a lépcsöházban (Der Drache im Treppenhaus). Text: Nádori Lidia. Ill. Kun Fruzsina. Budapest:
Naphegy 2008.
96
Csangó mesék. Hrsg. von Ádám Valérián. Budapest: Móra 2010; Cigány mesék. Hrsg. von Bársony János.
Budapest: Móra 2007.
98

Wie bereits angedeutet, ist das ungarische Jugendbuch das Sorgenkind unter den drei basalen
Gattungen. Dennoch sei auf das 2002 erschienene Gergõ és az álomfogók („Gergõ und die
Traumfänger“) 97 von Gyula Böszörményi (*1961) verwiesen, das sich an Leser ab dem 13.
Lebensjahr richtet und das im Bereich der Fantasy zu verorten ist. Darin wird der 15-jährige
Gergõ zum Weltretter, der dabei seine eigenen Ängste besiegt und seine phantastischen
Erlebnisse auf der Weltesche später im realen Leben für sich zu nutzen weiß. Das Besondere
des Buches besteht in den geschickten Wechseln von realer und phantastischer Welt, die der
Geschichte den berühmten thrill verleihen.
Die im Folgenden präsentierten Autoren sind hingegen alle Kinderbuch- bzw.
Bilderbuchautoren, deren Publikum zwischen 3 und 11 Jahren alt ist, sowie Kinderlyriker.
Die Informationen zu den Inhalten der vorgestellten Bücher stammen von ungarischen
Kinderbuchexperten, Verlegern sowie insbesondere von der Lektorin für das Ungarische an
der Internationalen Jugendbibliothek Dorothea Amberg.
7.3.1 Berg Judit 98 (*1974)
Die vierfache Mutter Judit Berg ist die zur Zeit erfolgreichste ungarische Kinderbuchautorin,
dies vor allem dank ihrer Rumini-Geschichten, die mittlerweile und wohl auch aufgrund des
immensen Erfolges bei Publikum (Verkaufszahlen) als auch Kritik (IBBY Buch des Jahres
2007) in Serie gegangen sind. In den Kinderbüchern geht es um die Schifffsjungenmaus
Rumini, die auf der „Königin der Winde“ angeheuert hat und die Seglerabenteuer in bester
Piratenmanier und auch in der Manier der Stevensonschen Schatzinsel – allerdings für jüngere
Leser – erlebt: Gefahr auf der Blätterinsel, Piratenrattenangriffe, Bewährungsprobe in der
Rauhreifkolonie (Rumini Zúzmaragyarmaton/ „Rumini und die Rauhreifkolonie“) etc. Mit
viel Sinn für Humor und der nötigen Erzählspannung schafft es Berg, ihre kleinen Leser zu
fesseln. Dass sich allerdings jede noch so erfolgreiche Reihe ein wenig abnutzt, zeigt der als
letztes erschienene Roman über Rumini und seine Gefährten (Galléros Fecó naplója/ „Die
geheimen Tagebücher von Frankie Collar“), der nicht an seine drei Vorgänger heranreicht. 99
Die Autorin, in Deutschland von der Literaturagentur druckfertig vertreten, ist neben den
Rumini-Geschichten auch Verfasserin vieler anderer Serien für jüngste Leser oder Kinder im
Vorschulalter. Eine der erfolgreichsten Serie ist die um die Feen „Poldine und Fidibus“, die
bereits zum Teil ins Deutsche übertragen wurde. Die beiden Feen gehen in phantasievoller
Weise verschiedenen Natur- und Alltagsphänomenen nach, wie bspw. der Frage nach
bestimmten Wettererscheinungen und finden interessante und witzige Erklärungen (Miscoda
idö!/ „Was für ein Wetter!“).
Dass Judit Berg amüsant und schmunzerlisch schreiben kann, zeigt auch das frühe,
nichtserielle Kinderbuch „Wutmärchen“ (Hisztimesék). In kurzen Episoden geht es um eine
Reihe bockiger und aufmüpfiger Kinder, die ihren Willen und ihren Dickkopf durchsetzen
oder es zumindest versuchen: – So das Kind, das nicht in den Kindergarten will und solange
auf „Kontra“ schaltet, bis die Mutter einen findigen Einfall hat; oder auch das Kind, das sich
nicht anziehen will und das Kind, das von einem Hysteriekobold zu Schabernack getrieben
wird. Ohne dabei erzieherisch sein zu wollen, gibt die vielfach ausgezeichnete Judit Berg
Eltern wie Kindern charmante Geschichten an die Hand.
In Auswahl:
Rumini-sorozat (Rumini-Reihe):
> Galléros Fecó naplója. Ill. Kálmán Anna. Budapest: Pagony 2010. (KB ab 8)
97 Gergõ és az álomfogók. Budapest: Magyar Könyvklub 2002. (JB ab 13)
98 Im Ungarischen werden üblicherweise die Nachnamen vor dem Vornamen genannt. Dies soll hier wenigstens
in den Überschriften und Literaturangaben beibehalten werden.
99 Eine Leseprobe zu Rumini auf Deutsch ist verfügbar bei unter:
http://www.druckfertig.eu/neu/useruploads/rumini_berg.pdf
99

Rumini és a négy jogar. Ill. Kálmán Anna. Budapest: Pagony 2009. (KB ab 8)
> Rumini Zúzmaragyarmaton. Ill. Kálmán Anna. Budapest: Pagony 2007. (KB ab 8)
> Rumini. Ill. Kálmán Anna. Budapest: Pagony 2006. (KB ab 8)
Panka és Csiribí-sorozat (“Poldine und Fidibus”-Reihe):
> Tündérváros. Ill. Pásztohy Panká. Budapest: Pagony 2007. (KB ab 4)
> Tündér biciklin. Ill. Pásztohy Panká. Budapest: Pagony 2006. (KB ab 4)
> Miscoda idö! Ill. Pásztohy Panká. Budapest: Pagony 2006. (KB ab 4)
>> dt.: Was für ein Wetter! Ill. Pásztohy Panká. Übers. P. Dietlinde Draskóczy. Passau:
Schenk-Verlag 2006. (KB ab 4)
Hisztimesék. Ill. Gévai Csilla. Budapest: Tudex 2005. (KB ab 4)
7.3.2 Finy Petra (*1978)
Petra Finy weiß, auf welche „literarischen Knöpfe“ man drücken muss, um tolle
Kinderbücher zu schreiben. Ähnlich wie Judit Berg ist auch Petra Finy Vielschreiberin und
„Serientäterin“. Auch ihre Bücher richten sich häufig an kleine Kinder im Kindergarten- und
Vorschulalter und sind damit reich an Bildern und als Vorlesetexte gedacht. Sie orientieren
sich am Alltag der Kinder und geben Antworten auf Fragen, die die Kinder zwischen drei und
sieben umtreiben. Finys „Sachen-Reihe“ widmet sich in kleinformatigen Bilderbüchern
Themen wie dem Arztbesuch, der Geburt eines Geschwisterchens oder auch mit dem Gang in
den Kindergarten (A doki-ügy/ “Die Sache mit dem Arzt“; A tesó-ügy/ „Die Sache mit dem
Baby“; Az ovi-ügy/ „Die Sache mit dem Kindergarten“). Finy erklärt die Welt dabei in
kindlich-naiver Perspektive, die Erwachsene und Kinder gleichermaßen belustigt und die ein
Grund für den Erfolg der Bücher sind: Im Aufklärungsbuch „Die Sache mit dem Baby“
beschreibt sie für das Geschwisterkind, das einen Bruder resp. Schwester bekommen wird:
„Deine agile und bewegliche Mama wird zu einem lahmen Wal; aber das hat Vorteile, denn
Du kannst die Spielsachen ruhig im ganzen Haus verteilen, ohne dass sie sie gleich wieder
einsammelt und Ordnung schafft.“ Dieses Buch macht Riesenspaß!
Ein wenig ruhiger, aber ebenso erfinderisch geht es in ihrem Vorlese-/Gute-Nacht-
Geschichtenbuch Lámpalány meséi. Történetek rossz alvókról („Erzählungen des
Lampenmädchens – Geschichten für Schlechtschläfer“) zu. Es gehört in die Reihe um den
kleinen Rafael Rufusz, der in diesem Band nicht einschlafen kann – weil seine Schwester
weint, weil unheimliche Schatten durchs Zimmer tanzen oder weil er nicht weiß, was seine
Eltern gerade machen. In diese Rahmenhandlung bettet Finy geschickt eine Gute-Nacht-
Geschichte, die von der Nachttischlampe im Kinderzimmer erzählt wird und die Rafael
beruhigt und schließlich einschlummern lässt.
Mit diesen kindgerechten, aber durchaus modern angelegten Geschichten ist Petra Finy eine
der lustigsten Stimmen der ungarischen KJL für die Kleinsten.
In Auswahl:
Azurro. Ill. Dömsödi Zsolt. Budapest: General Press 2010. (KB ab 8)
Gréta garbója. Versek óvodásokról. Ill. Holló Anna. Budapest: Naphegy 2009. (KLyrik)
Rufusz Rafael-sorozat (Rufus-Raphael-Reihe):
> Bögreúr meséi. Ill. Gyöngyösi Adrienn. Budapest: Pagony 2010. (BB ab 4)
> Lámpalány meséi. Történetek rossz alvókról. Ill. Gyöngyösi Adrienn. Budapest: Pagony
2008. (KB ab 4)
A fehér hercegnö és az aranysárkany. Ill. Takács Mari. Budapest: Csimota 2009. (KB ab 7)
Ügy-sorozat (Sachen-Reihe):
> A doki-ügy. Ill. Levente Tani. Budapest: Pagony 2009. (BB ab 3)
> A tesó-ügy. Ill. Levente Tani. Budapest: Pagony 2007. (BB ab 3)
> Az ovi-ügy. Ill. Levente Tani. Budapest: Pagony 2007. (BB ab 3)
100

7.3.3 Lackfí János (*1971)
Der Kinderlyriker János Lackfi gilt als ein Hoffnungsträger der ungarischen KJL und wird
sowohl von jungen Verlegern als auch von langjährigen Experten der ungarischen
Kinderbuchszene empfohlen. Die 2005 erschienene „Tassenfamilie“ (Bögre család) und der
Nachfolger „Die neuen Abenteuer der Tassenfamilie“ (Bögre család újabb kalandjai) von
2007 bilden die Basis von Lackfís lyrischem Schaffen, das allerdings noch viele weitere
Anthologien abdeckt. Der Autor nimmt sich in langen, vielstrophigen Gedichten sehr
unterschiedlichen, für Kinderlyrik zum Teil ungewöhnlichen Themen an; über Frankreich und
Amerika lässt er sich genauso aus wie über „Die schreckliche Sportstunde“ oder philosophiert
in angenehmen Ton über „Wind im Zimmer“ und „Im Kreis herum“. Lackfí legt zu diesen
Oberthemen Gedichtzyklen an, in denen er unterschiedliche Perspektiven einnimmt, wie in
der „Sportstunde“ die des popmusik-affinen Teenagers Margit oder die von Simon, dem
Informatik-Freak. In A buta felnıtt (“Dämliche Erwachsene”) leistet Lackfí lyrische
Lebenshilfestellung für Kinder und erklärt ihnen die Welt und auch, dass diese im Grunde
unerklärbar ist. Lackfi schreibt dabei auf Augenhöhe mit seinen Lesern und somit spielen
Erwachsene keine Rolle in „Dämliche Erwachsene“, vielmehr werden belebte Gegenstände
und personifizierte Gefühle wichtig.
Auch als Geschichtenerzähler hat sich Lackfi bereits einen Namen gemacht. In Kövér lajos
színre lép („Auftritt für den dicken Lajos“) geht es dem Fettwanst Lajos verbal an den
Kragen: Lajos ist zu faul und zu dick, um aufzustehen oder spazieren zu gehen. Als der dünne
Laci ihm dabei hilft, in die Gänge zu kommen, wird Laci selbst immer stärker, so dass
irgendwann sogar Gewichtheber mit dem dicken Lajos anfangen, zu trainieren. Dank des
ungewöhnlichen „Trainingsgeräts“ kann ein ganzer Sportverein entstehen und Lajos kann
viele Freundschaften schließen. Sehr humorvoll und gern überzeichnet (wie auch die
‚ungelenken’ Illustrationen von Jacqueline Molnár) lässt sich die Geschichte wunderbar lesen
und einen innerlich auflachen. 2008 folgte gar eine Fortsetzung und der fette Lajos hatte einen
neuerlichen Auftritt.
In Lackfis „Märchen aus dem Hügelbezirk“ (Domboninenni mesék) geht es in einem
„ruhigeren“ Stil um das Entstehen einer neuen Siedlung in der Stadt und wie sich alle –
Bewohner/Familien, Tiere und Haustiere, Autos und Co. – nach und nach dort einfinden und
kennenlernen. Auch diese Geschichten entwickeln einen angenehm dahinplätschernden
Lesefluss und zeugen von Lackfis Beobachtungsqualitäten für einfache, kindgerechte, aber
niemals langweilige Sujets.
János Lackfi spricht vier Sprachen, ist ein hervorragender Moderator und hat Spaß am
Umgang mit Kindern (jungen Lesern).
In Auswahl:
Domboninneni mesék. Ill. Molnár Jacqueline. Budapest: Móra 2010. (KB ab 5)
A részeg elefánt. Ill. Molnár Jacqueline. Budapest: Móra 2009. (KLyrik)
Apám kakasa. (Zs. mit Vörös István). Ill. Molnár Jacqueline. Budapest: Noran 2009.
(KLyrik)
Kövér Lajos aranykeze. Ill. Molnár Jacqueline. Budapest: Noran 2008. (KB ab 8)
Kövér lajos színre lép. Ill. Molnár Jacqueline. Budapest: General Press 2007. (KB ab 8)
Törpe és óriás között. Ill. Kalmár István. Budapest: Móra 2007 (KLyrik)
Bögre család - újabb kalandok. Ill. Pap Kata. Budapest: Noran 2007. (KLyrik)
Bögre család. Ill. Pap Kata. Budapest: Csimota 2005 (KLyrik)
A buta felnıtt. Ill. Kalmár István. Budapest: Móra 2004. (KLyrik)
Ungarische Homepage, jedoch sehr illustrativ: http://www.lackfi-janos.hu/
7.3.4 Kiss Ottó (*1963)
101

Bemerkenswert an den Kinderbüchern von Ottó Kiss ist, dass sie sowohl lustig-laute, aber
auch zarte, leiste Töne anschlagen können. Seit vielen Jahren gehört er damit zu den
wichtigsten ungarischen Lyrikern – sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Sein auch ins
Deutsche übersetztes „Mario, der Sternensammler“ (Csillagszedı Márió) wurde 2003 in
Ungarn zum Buch des Jahres gewählt und erzählt in gereimter Form von den leisen,
umherschweifenden Gedanken eines kleinen Mädchens. Die kindlich-assoziative Sicht auf die
Welt gibt nach und nach den Blick auf die Familie und das Leben der Kleinen frei, und es
zeigt sich, wie anders und phantasievoll die Wahrnehmung eines Kindes ist. Ottó Kiss ist
jedoch genauso für seine pointierten Kindergedichte bekannt, die natürlich um die kindliche
Erlebniswelt kreisen, dort jedoch Außergewöhnliches wahrnehmen. So bspw. das
Briefmarkengedicht, in dem ein Vater seine Sammlung wiederfindet und diese nun durch die
Lupe betrachtet… das Kind, aus dessen Perspektive erzählt wird, erklärt sich die ganze Sache
wie folgt: Der Vater ist im Vergleich zu dem Tag, an dem er die Briefmarken das letzte Mal
gesehen hat, gewachsen und muss sich darum nun mit der Lupe behelfen, um die nun kleinen
Fetzen betrachten zu können. Oder ein Junge lacht sich über die Eltern kaputt, die immer
heimlich zum Küssen in ein Extrazimmer gehen, aber als er selbst von einem Mädchen
geküsst wird, findet er Gefallen daran, denn es kribbelt wie Brause im Bauch… die lustigen
Illustrationen von András Baranyai verleihen den ohnehin schon guten Texten noch mehr
Pfeffer und Würze (Gedichte aus Emese almája/ „Emeses Äpfel“ und A nagypapa távcsöve/
„Großvaters Fernglas“).
In Zusammenarbeit mit Ungarns Illustrator Nummer eins entstand auch das komische „Wenn
Du mich fragst, sollten alle am Sonntag Nachmittag zuhause bleiben“ (Szerintem mindenki
maradjon otthon vasárnap délután), in dem ein ausflügelnder Vater endlich einmal zur Räson
gebracht wird und sonntags bei seiner Familie bleibt. Die Geschichte voll von absurdem
Nonsens zieht ihre Reize aus der Situationskomik in den einzelnen Familien- und
Ausflugsszenen des Vaters und ist eine spaßige Lektüre.
Ottó Kiss war 2011 Gast auf der Europäischen Kinderbuchmesse und bewegt sich seit Jahren
auf dem internationalen Literaturparkett.
In Auswahl:
A Nagypapa távcsöve. Ill. Paulovkin Boglárka. Budapest: Móra 2009. (KLyrik)
Szerintem mindenki maradjon otthon vasárnap délután. Ill. Baranyai András. Budapest:
Csodaceruza 2006. (BB ab 5)
Emese almája. Ill. Baranyai András. Budapest: Pagony 2006. (KLyrik)
Csillagszedı Márió. Ill. Paulovkin Boglárka. Budapest: Móra 2002. (KLyrik/KB ab 5)
> dt.: Mario, der Sternensammler. Tagebuch für meine Eltern. Ill. Paulovkin Boglárka.
Übers. Clemens Prinz. Passau: Schenk 2006. (KLyrik/KB ab 5)
7.3.5 Varró Dániel (*1977) und Tóth Krisztina (*1967)
Zusammen mit Anna T. Szabó haben zwei der wichtigsten Lyriker und Kinderlyriker Ungarns
Dániel Varró und Krisztina Tóth 2007 das lyrische ABC-Buch Kerge-ABC („Närrisches
ABC“) verfasst, das in Ungarn sowohl für die Gedichte als auch für die Bebilderung durch
sechs der führenden ungarischen Kinderbuchillustatoren hochgelobt wurde. Diese
Kompilation ist eine der außergewöhnlichsten Zusammenarbeiten der vergangenen Jahre in
Ungarn!
Seinen großen Durchbruch erlebte der „Rhythmusvirtuose“ Dániel Varró 2003 mit dem
ambitionierten Projekt einer Kindererzählung in antiken Versmaßen (Dante-Strophe,
Hexameter) Túl a Maszat hegyen („Jenseits des Schmuddelberges“). Die Erzählung schlug
hohe Verbreitungswellen, denn der Komponist Gábor Presser machte aus ihr eine Art
Kindermusical sowie ein Hörbuch. Im „Schmuddelberg“ geht es um Janka, mit der der Leser
in verschiedene Abenteuer einsteigt, in denen aber immer ein mannigfaltige Intertexte zu
102

klassischen Abenteuerhelden (zum Herr der Ringe in positiver, zu Harry Potter in negativer
Ausprägung) aufgerufen werden. Varró verquickt diese „Vorgeschichte“ geschickt mit der um
die kleine Janka, die es mit Putzteufeln, Fusseltanten etc. zu tun bekommt. Reizvoll sind dabei
vor allem die vielen Erzählebenen, die nicht nur in Form von Traumsequenzen, sondern zum
Teil auch als Email in das Poem eingeflochten werden. Weniger komplex und damit perfekt
für das Adressatenalter ausgerichtet sind Varrós „Füße in Größe 6. Moderne Kinderlieder für
die Kleinsten“ (Akinek a lába hatos. Korszerő mondókák kisbabáknak), in denen der Leser die
ersten Lebensmonate eines Babys aus der Sicht des jungen Vaters miterlebt: Windelwechsel,
Füttern, Wiegenlied… alles wandelt Varró in enthusiastische Baby-Hymnen um und gibt
darüber hinaus genaue Anweisungen, wie diese gelesen oder gesungen werden sollen. Auf
diese Weise erhöht er den Lesereiz für Eltern und den „Zuhörreiz“ der Kinder. Dániel Varró
wurde vielfach für seine Arbeiten ausgezeichnet, u.a. mit dem bedeutenden József-Attila-
Preis (2005), und spricht sehr gut Englisch.
Wenn es um ungarische Romanprosa, Lyrik und auch Kinderlyrik geht, kommt man an
Krisztina Tóth kaum vorbei. Trotz diverser Übersetzungen ihrer „Erwachsenengedichte“, der
Publizistik und einiger Romane ins Deutsche 100 , Englische und Französische haben es Tóths
Kindergedichte bisher leider nicht ins Ausland geschafft. Neben dem bereits erwähnten Kerge
ABC, das das Alphabet lyrisch zu unterschiedlichen Themen (J wie Jaguar) durchforstet, und
den Gedichten über die „Londoner Bären“ (Londoni mackók), ist „Tierisches“ (Állatságok)
eine der wichtigsten Veröffentlichungen von Krisztina Tóth. In den mit bemerkenswerten
Wendungen versehenen kurzen Texten präsentiert Tóth vor allem exotische Tiere, die allein
schon aufgrund ihres Namens ein Gedicht wert sind: Mit Pitbull, Okapi, Gürteltier und Co.
entwirft Tóth entweder lautmalerisch, alliterarisch und metaphorisch kleine
Gedankenspielchen, die sich mit Herkunft oder dem Verhalten der Tiere befassen, immer aber
eine gehörige Portion Irrsinn in sich bergen. Auch deutsche Kinderohren sollten diese Ideen
zu hören bekommen.
Daniel Varró in Auswahl:
Akinek a lába hatos. Korszerő mondókák kisbabáknak. Ill. Maros Krisztina. Budapest:
Manó 2010. (KLyrik)
Kerge ABC. (Zs. mit Tóth Krisztina /Szabó Anna T.). Ill. Takács Mari, Paulovkin Boglárka,
Kárpati Tibor, Nagy Diána, Gyöngyösi Adrienn, Szolniki Beatrix, Budapest: Csimota 2007.
(KLyrik)
Túl a Maszat hegyen. Ill. Varró Zsuzsa. Budapest: Magvetõ 2003. (KLyrik/ KB ab 7)
> dt. in Auszügen: Jenseits des Schmuddelberges. Übers. Éva Zádor. Auf:
http://www.pim.hu/object.afa61c37-ad97-40de-9aa0-dcb05f2ba29e.ivy
Krisztina Tóth in Auswahl:
Állatságok. Text: Krisztina Tóth. Budapest: Magvetõ 2007. (KLyrik)
Kerge ABC. (Zs. mit Varró Daniel /Szabó Anna T.). Ill. Takács Mari, Paulovkin Boglárka,
Kárpati Tibor, Diána Nagy, Gyöngyösi Adrienn, Szolniki Beatrix, Budapest: Csimota 2007.
(KLyrik)
Londoni mackók. Budapest: Csimota 2003. (KLyrik)
7.3.6 Boldiszár Ildikó (*1963)
Ildikó Boldiszár ist im traditionellen ungarischen Genre des Märchens zuhause und hat mit
der traurigen Hexe Amália eine Figur geschaffen, die in Ungarn weithin bekannt ist und nicht
nur mehrere Kunstmärchen von Boldiszár bevölkert, sondern es auch auf die Bühne in ein
Kindertheaterstück geschafft hat. Wenngleich das erste der beiden Amália-Bücher bereits
100 Im August 2011 erscheint Tóths „Strichcode: Fünfzehn erzählte Begebenheiten“ auf Deutsch im Berlin
Verlag (Übers. Ernö Zeltner).
103

1991 erschien, so muss es neben der poetischen, natur-philosophischen, manchmal gar
kitschig wirkenden Geschichte vor allem aufgrund der für Ungarn außergewöhnlichen
Illustrationen von János Szalma (*19##) und aufgrund der speziellen Typographie
hervorgehoben werden. Hexe Amália ist ein Naturkind, das im Grasbett schläft und vom
Regen, vom Mond oder von der Liebe träumt. Amália ist dabei einsam, entwirft in ihren
Träumen vielleicht gerade darum vor Zuneigung und Milde trotzende, zugleich aber auch
melancholische Naturmärchenwelten. Das Magische der Natur und die Spiegelung in Amálias
Träumen gibt die Typographie des Buches z.T. in Spiegelschrift oder auch in konkreter
Poesie wieder, gestützt von den archaisch-organischen, expressiven Bildern János Szalmas.
Auch in den Boszorkányos mesék („Hexenmärchen“) begegnet man der Wald- und Naturhexe
Amália wieder, die noch immer traurig-melancholisch, noch immer wunderschön ist und die
die Sprache der Pflanzen, Tiere und Naturerscheinungen kennt bzw. zu deuten weiß. In dieser
Wirklichkeit herrschen Freundschaft, Hilfsbereitschaft und harmonisches (kosmisches?)
Miteinander. Durch den melancholischen Grundton kann der Leser jedoch erahnen, dass es
sich eben um eine Märchenwelt handelt, die nicht existiert und schmerzlich vermisst wird.
In Királylány születik („Eine Prinzessin ist geboren“) geht es auch märchenhaft, aber um
einiges heiterer zu. Das Bilderbuch ist eine Art Ratgeber und Mutmacher und beginnt mit
dem Axiom, dass zu Beginn eines jeden Lebens alle Wege und Möglichkeiten offenstehen –
jeder wird quasi als Prinzessin oder Prinz geboren (den Prinzen widmet sich Boliszár in
Királyfi születik/ „Ein Prinz ist geboren“). Im Prinzessinnenbuch geht es um das
Mädchenleben mit recht konservativem Ideal – Lieblichkeit und Schönheit – und darum, wie
es mithilfe von Feen, guten Geistern, Sonne und Mond zu einem echten Prinzessinnenleben
wird.
Als Forscherin und Literaturwissenschaftlerin nähert sich Boldiszár der KJL auch noch aus
einem anderen Blickwinkel und hat zusammen mit Medizinern eine „Märchentherapie“ für
traumatisierte Kinder entwickelt.
In Auswahl:
Királyfi születik. Ill. Szegedi Katalin. Budapest: Naphegy 2011. (BB ab 4)
Királylány születik. Ill. Szegedi Katalin. Budapest: Naphegy 2009. (BB ab 4)
> frz. Ausgabe vorhanden.
Boszorkányos mesék. Ill. Szegedi Katalin. Budapest : Móra 2006. (KB ab 5)
Amália Álma. Mesék a világ legszomorúbb boszorkányáról. Ill. Szalma János. Budapest:
Lánchíd 1991. (KB ab 7)
> dt. in Auszügen: Amalias Träume. Das Märchen von der traurigsten Hexe der Welt.
Übers. Éva Zádor. Auf: www.pimmedia.hu
7.4 ILLUSTRATOREN
Mit der Popularität von Bilder- und Kinderbuch haben Kinderbuchillustratoren in Ungarn zur
Zeit gute Karten. Im Vergleich zum literarischen Bereich gibt es mehr jüngere und innovative
Köpfe. In Deutschland konnte Boglárka Paulovkin (*1973) bereits auf sich aufmerksam
machen: einerseits war sie 2011 zu Gast auf der Europäischen Kinderbuchmesse in
Saarbrücken, andererseits hat sie im Passauer Schenk Verlag zwei Titel veröffentlicht. 101
Zu den jüngeren Talenten sind definitiv auch Tibor Kárpáti (*1978) und Gabriella Makhult
(*1981) zu zählen. Kárpáti erinnert mit seinen Bildern an früheste Computerspielpixeleien
(Atari, PacMan) und seine knubbelnasigen Gnome ähneln den Figurenzeichnungen des ”Kult-
Polen” Bohdan Butenko. Kárpáti steht für eine frische und sehr internationale Illustration, die
bereits der berühmte ”New Yorker” für sich in Anspruch genommen hat. 102 Im
101 Paulovkin hat „Mario, der Sternsammler“ von Ottó Kiss illustriert (Passau: Schenk 2006) und ihr eigenes
Bilderbuch „Wie der Marienkäfer seine Punkte wiederbekam“ publiziert. (Passau: Schenk 2006).
102 Vgl. englischsprachige Homepage: http://www.tiborkarpati.com/
104

Kinderbuchbereich ist Kárpáti noch nicht besonders lang aktiv; man sollte ihn ”im Auge
behalten”. Gabriella Makhult arbeitet gern mit Buntstift oder Kreide und hat für den Csimota-
Verlag eine französischsprachige Ausgabe von ”Schneewittchen” (Blanche Neige) illustriert
sowie ein japanisches Kamishibai (s.u. bei Mari Takács) entwickelt. 103 Auch sie könnte in den
kommenden Jahren zu einer wichtigen Illustratorin werden.
7.4.1 Baranyai András (*1974)
Als Gast des Literaturfestivals in Berlin hat András Baranyai 2010 bereits mit seinen
graphischen Illustrationen für Aufsehen gesorgt. Seine Illustrationen erinnern auf der einen
Seite an Computerdesign und PopArt und weisen zugleich Reminiszenzen an die klassische
Moderne auf (Anfang 20. Jahrhundert/1920er Jahre). Baranyai versteht es, die Klaviatur der
popkulturellen Zeichen zu bespielen und schafft Bilder mit HipHoppern, Sportfirmenlogos
und macht Anleihen beim klassischen Cartoon und bei dessen filmischer Dynamik. Die
Geschichten, die der Illustrator in seinen Bildern erzählt, fokussieren auf Witzigkeit durch
Übertreibung (im Strich, in der Figurenzeichnung) sowie durch einen kurzen, aber
schmissigen Kommentar. Bestes Beispiel ist das lustigste Papaapa, ein Bilderbuch über
verschiedene Väter-Typen, das allein aus griffigen Überschriften – der Überforderte, der
Aufräumer, der Profi – und pointierten Illustrationen seine Komik bezieht. Auch die
preisgekrönte Serie über zwei Pferde (Csoda und Kósza) besticht durch einen verrücktirrwitzigen
Ton, der sich sowohl in Baranyais Bildern niederschlägt als auch hervorragend
aus dem Text von Zoltán Czigány (1965-2011) zu hören ist. Ein dummer Gaul und ein
schlauer Hengst – Unannehmlichkeiten, Fettnäpfchen, brenzlige Situationen und vor allem
irrwitzige Dialoge und Szenen sind garantiert!
In Vaker (kaum übersetzbar: so etwas wie „Humbug“) arbeitet Baranyai an der bildlichen
Umsetzung von Slang-Ausdrücken, Umgangssprache und geflügelten Worten. Baranyai
deutet in computerspiel- oder ikonartigen Figuren und Szenerien unterschiedlichste Phrasen
und Begrifflichkeiten aus: der „Hohlkopf“ wird zum aufgeklappten, leeren Schädel eines
aufgestylten, muskelbepackten Typen und „Ich explodier gleich“ versinnbildlicht sich in einer
menschlichen Bombe mit durchdrehenden Uhr- und Druckanzeigern. 104 Doch Vaker enthält
noch eine weitere Bildebene: Abgesehen von Baranyais Verbildlichungen der
umgangssprachlichen Idiome gibt es jeweils auch eine Abbildung, die die Phrase in
Zeichensprache erklärt. Auf diese Weise wird Vaker zu einer außergewöhnlichen und höchst
unterhaltsamen Auseinandersetzung mit unterschiedlichen „Sprachen“. – Und András
Baranyai zeigt, dass er die seine – die Bildsprache – meisterlich beherrscht.
In Auswahl:
Csoda és Kósza körül a Föld. Text: Czigány Zoltán. Budapest: Pagony 2009. (KB ab 6).
Papaapa. Budapest: Csimota 2008. (BB ab 3)
Vaker. Ill. (Zs. mit Vincze Tamás). Budapest: Csimota 2007. (BB ab 9)
Állatságok. Text: Tóth Krisztina. Budapest: Magvetõ 2007. (KLyrik)
Rotkäppchen. Text: Jakob & Wilhelm Grimm. Budapest: Csimota 2006. (BB ab 3)
Szerintem mindenki maradjon otthon vasárnap délután. Text: Kiss Ottó. Budapest:
Csodaceruza 2006. (KB ab 5)
Csoda és Kósza. Text: Czigány Zoltán. Budapest: Pagony 2006. (KB ab 6)
Englischsprachige Homepage: http://www.andrasbaranyai.com/
103 Vgl. http://makhultgabi.blogspot.com/
104 Einige der witzigsten Beispiele sind leider nicht ohne weiteres ins Deutsche übertragbar, so dass hier nur die
naheliegenden Beispiele angeführt sind.
105

Abb. zu Papaapa auf: http://www.andrasbaranyai.com/#812417/CHILDREN-BOOKS
7.4.2 Takács Mari (*1971)
Diverse ”Schönste Bücher des Jahres” und andere Buchpreise kann Mari Takács auf ihrem
Konto verbuchen. Ein Grund für ihren Erfolg mag darin begründet sein, dass sie zehn Jahre
als Art Director im Verlagswesen tätig war und weiß, auf was es bei Bilderbüchern ankommt.
Sicherlich sind aber Takács stilistische Variabilität und ihr Ideenreichtum die gewichtigeren
Erklärungen für die Beliebtheit der Illustratorin, die Kinderlyrik, Kinder- und Bilderbuch
ebenso souverän bebildert wie Sachbücher (vgl. Die Kinderenzyklopädie Navigátor). Als
eines von Takács bisher wichtigsten Projekten gilt die Illustration zur hochgelobten und
mehrfach ausgezeichneten Lyrikanthologie Friss Tinta! (”Frische Tinte!”). Obwohl bei Friss
Tinta!” als auch im ”Wunderbaum” (A csodafa) zeigt Takács ihre gefällige, kindliche Seite
mit niedlichen, großköpfigen, fast immer runden, puttenhaften Tier- und Menschengestalten.
Im ”Närrischen ABC” (Kerge ABC) findet sich diese Art der Illustration in einem
rosafarbenen Hasenportrait wieder (für den Buchstaben NY), aber ebenso eine vollkommen
abstrahierende, graphische Art zu illustrieren: Vom Zebu (für den Buchstaben Z) sind in
Takács Version nur noch die dickrandigen, schematisierten Umrisse vorhanden, die jedoch
dadurch eindringlich und leicht erfassbar sind. Besonders anschaulich wird jene ikonische Art
der Illustration in ”Rotkäppchen” (Piroska és a farkas). Rotkäppchen wird auf zwei einander
überlappende rote Kreise beschränkt, die die rote Kappe repräsentieren. Der Wolf ist nur noch
eine geometrisierte Zahnreihe, die der Kreisfigur gegenübergestellt wird. Das textlose Buch
schafft es durch die geschickte Zeichenzuweisung für die Protagonisten und ausgefeilte
Positionierung jener Zeichen im Raum, die Geschichte wiederzugeben.
Einen am Comic orientierten Illustrationsstil zeigt Takács bei dem Kamishibai-Projekt zu den
”Bremer Stadtmusikanten” (A Brémai muzsisok), das auch in Frankreich erschien. Im
japanischen Kamishibai werden in einer Art Schaukastenbühne nach und nach Bilder einer
Geschichte gezeigt, während ein Erzähler die Handlung mündlich wiedergibt. Im Falle der
”Bremer Stadtmusikanten” stammt der adaptierte Text von János Lackfi, das zentrale visuelle
Erzählmoment liefert Mari Takács, die Esel, Hund, Katze, Hahn wunderbar dickgerandet zu
poppigen Akteuren macht. Sie verzichtet auf Bilddetails und Details in der Figurengestaltung
und lässt damit einerseits Platz für den Geschichtenerzähler und berücksichtigt andererseits,
dass es sich um ”aufgeführte” Bilder handelt, die erstens wechseln und darum einprägsam
sein müssen und die zweitens weithin für das Publikum erkennbar sein sollten. Im Kamishibai
lassen sich Illustration und Publikum ”live” zusammenzubringen; es ist damit überaus
106

geeignet für Literaturfestivals und Lesungen für Jüngste…und die Takács Stadtmusikanten
böten sich sehr für eine entsprechende Aufführung an.
In Auswahl:
Csiri-biri torna-tár. Hrsg. Orszáczky Ildikó. Budapest: Csimota 2010. (KLyrik)
Gyerekszem. Text: Ivády Gábor/ Ivády Zsombor, Budapest: Scolar 2010. (BB ab 3)
Navigátor. Text: Lovász Andrea. Budapest: Cerkabella 2010. (SB ab 6)
A Brémai muzsikusok. Adap. Lackfi János. Budapest: Csimota 2008. (Kamishibai ab 5)
> frz.: Les musiciens de Brême. Adap. Florence Jenner-Metz. Strasburg: Callicéphale 2009.
(Kamishibai ab 5)
A fehér hercegnö és az aranysárkany. Text: Finy Petra. Budapest: Csimota 2009. (KB ab 7)
A sötétben látó tündér. Text: Bagossy László, Budapest: Pagony 2009. (KB ab 6)
Meseország lakói. Text: Tótfalusi István, Budapest: General Press 2008.
A csodafa (Der Wunderbaum), Text: Marianne Poncelet/ Orbán György. Budapest: Csimota
2007. (KB ab 5)
Kerge ABC. (Zs. mit Paulovkin Boglárka, Kárpati Tibor, Diána Nagy, Gyöngyösi Adrienn,
Szolniki Beatrix.) Text: Varró Dániel/ Tóth Krisztina /Szabó Anna T.. Budapest: Csimota
2007. (KL ab 3)
Piroska és a farkas. Budapest: Csimota 2006. (BB ab 3)
Friss tinta. Text: div. Budapest: Csimota 2005. (KLyrik)
Zweisprachige Homepage www.mariland.hu
Abb. zu The boasting hunter auf:http://www.mariland.hu/2d_eng.htm
Abb. zu A Brémai muzsiksok auf: http://konyvhetszeged.sk-szeged.hu/wpcontent/uploads/2011/05/a_bremai_muzsikusok.jpg
7.4.3 Molnár Jacqueline (*1973)
Mit Jacquline Molnár erlebt die Frottage-Technik in Ungarn eine große Renaissance! Das so
genannte Durchreiben und Durchdrucken von verschiedenartigen Strukturen (Holz, Stein,
Teppich etc.) auf Papier nutzt Molnár in großartiger Manier für ihre Bilder. Die
unterschiedlichen Strukturabdrucke kollagiert die Illustratorin zu ausdrucksstarken Bildern,
die meist János Lackfis Kindergedichte und Geschichten begleiten, wie bspw. die
überzogenen Geschichten um den fetten Lajos (Kövér Lajos színre lép/ „Auftritt für den
dicken Lajos“). Molnár setzt dabei auf ungelenke, aperspektivische Bildanordnungen, die auf
diese Weise die literarischen Überzeichnungen überaus passend widergeben. In
”Rotkäppchen” kontrastiert sie das Rotkäppchen und den Wolf auf großartige Art, wenn sie
ein kleines rothaariges Mädchen einem riesigen grauen Tier mit aufgerissenem Maul
107

gegenüberstellt, in das Rotkäppchen sich ohne weiteres hineinstellen könnte. Dass die
Szenerie dabei nicht unheimlich oder bedrohlich wirkt, dafür sorgen die kleinen, viel zu eng
stehenden, dümmlich schielenden Augen des Wolfes, die abweisende, arrogante Haltung des
Rotkäppchen-Zwerges und ornamentale Elemente wie Schmetterlinge, die dem Wolf um das
Maul schwirren, oder wie Blumen, die ihm flowerpowermäßig von Rotkäppchen
entgegengestreckt werden. Darüber hinaus sorgt auch die Bildsegmentierung, die aus den
verschiedenartigen Struktur- und Farbabdrucken entsteht, für eine Entspannung der Szene; sie
macht das Buch auch insgesamt zu einer warmen und sogar lustigen Lektüre.
Jacqueline Molnár ist sehr erfolgreich mit ihren Arbeiten, hat mehrfach international
ausgestellt, Preise gewonnen und konnte bereits mehrere Bücher für spanische Verlage
illustrieren.
In Auswahl:
Aranysityak, friss gyerekversek, antológia. Hrsg. Lackfi János. Budapest: Csodaceruza
2010. (KLyrik)
A részeg elefánt. Text: Lackfi János. Budapest: Móra 2009.
Apám Kakasa. Text: Lackfi János/ Vörös István. Budapest: Noran 2009. (KLyrik)
Piroska és a farkas. Text: Jacob & Wilhelm Grimm. Budapest: Pagony 2008. (KB ab 5)
Kövér Lajos aranykeze. Text: Lackfi János. Budapest: Noran 2008. (KB ab 8)
Kövér Lajos színre lép. Text: Lackfi János. Budapest: General Press 2007. (KB ab 8)
Esp.: Perdiu Jove. Text: Joan Margarit. Barcelona: Editorial Cruïlla 2006.
Esp.: Borítók. Barcelona: Círculo de Lectores 2006.
Esp.: Mots Amagats. Text: Jordi Esteban. Barcelona: Edicions de la Magrana 2000.
Esp.: Contes increíbles. Text: Joana Raspall. Barcelona: Edicions de la Galera 1999.
Esp.: La roda del vent. Text: Nélida Piñon. Barcelona: Editorial Cruïlla 1999.
Abb. zu Piroska és a farkas auf http://www.gyie.hu/?p=330
7.4.4 Szegedi Katalin (*1963)
In Ungarn zählt Katalin Szegedi zu den bekanntesten Illustratorinnen, arbeitet z.T.
international (u.a. USA, Schweden, Frankreich, Südkorea) und wurde 2000, 2002, 2004 und
2006 mit dem Preis für das „Schönste Buch des Jahres“ ausgezeichnet. Szegedi ist im
Unterschied zu den graphischen Illustrationen eines András Baranyai oder der infantilen
Bildgestaltung einer Jacqueline Molnár eine „klassische“ Illustratorin, die ausgefeilte Sujets
zu den jeweiligen Texten entwirft und malt, jedoch einzelne Ausflüge in die Kollagetechnik
108

unternimmt (Királylány születik/ „Eine Prinzessin ist geboren“). Szegedis Bilder sind in
einem romantisierenden Stil mit gedeckten Farben gestaltet, der überaus gut zu den
Geschichten der Märchenbuchkönigin Ungarns Ildikó Boldiszár passt, ebenso wie auch zu
Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“ (Alice Csodaországban), den Märchen der Grimm-
Brüder oder zu Aleksej Tolstojs Kunstmärchenklassiker um die Pinocchio-Figur Buratino –
alles preisgekrönt von Szegedi illustriert.
2010 erschien ihr „eigenes“ Bilderbuch Lenka („Lenka“ Eigenname), das durch die
wunderbar leuchtende rote Haarfarbe der Protagonistin wirkt, und weil sich jenes Rot als
„roter Faden“ bildlich durch die Geschichte zieht. Lenka ist ein Außenseitermädchen, das den
ganzen Tag für sich ist, zeichnet und erst als es auf die Straße geht und anderen begegnet,
bemerkt sie, wie abseits sie von Allem steht. Über ihre Bilder, die Lenka nun auf Asphalt und
Hauswand zeichnet, erlangt sie die Anerkennung der anderen und vor allem deren
Freundschaft. Szegedi gibt das Szenario mit Federzeichnungen (Konturierungen) und
wenigen Farben wieder (beige, sandfarben), gegen die sich das Rot der Protagonistin
besonders abhebt und damit die Sonderstellung der kleinen Lenka verdeutlicht. Szegedis
Figurencharakteristik und Bildaufteilung treffen dabei genau die Schüchternheit und
Unsicherheit der Protagonistin, vermögen aber auch den Wandel und die Öffnung Lenkas
gegenüber anderen einzufangen.
In Auswahl:
Királyfi születik. Text: Ildikó Boldiszár. Budapest: Naphegy 2011. (BB ab 4)
Lenka. Budapest: Csimota 2010. (BB ab 4)
> pl.: Lenka. Warschau: Namas 2010. (BB ab 4)
A Mindentvarró Tő. Text: G. Szász Ilona. Budapest: General Press 2010. (BB ab 4)
Királylány születik. Text: Ildikó Boldiszár. Budapest: Naphegy 2009. (BB ab 4)
Dt.: Trag es zur Königin. Text: Josephine Nobisso/ Eduard von Habsburg-Lothringen.
Wien: Catholic Media 2009. (BB ab 6)
Alice Csodaországban. Text: Lewis Carroll. Budapest: General Press 2007. (KB ab 8)
Boszorkányos mesék. Text: Ildikó Boldiszár. Budapest : Móra 2006. (KB ab 5)
Dt.: Die verzauberte Prinzessin. Text: Ludwig Bechstein. Passau: Schenk 2006. (KB ab 6)
Aranyjulcsocska, avagy Burattino kalandjai. Text: Aleksej Tolstoj. Budapest: General
Press 2004. (BB ab 6)
Dt.: Der Traumzirkus. Leipzig: Leiv Verlag 2002. (BB ab 5)
Abb. zu Tornasor auf http://szegedikatalin.blogspot.com/
Abb. zu Lenka auf http://szegedikatalin.blogspot.com/
109

7.5 ÜBERSETZER
7.5.1 Ungarisch > Deutsch
Doris Amberg
György Buda: Lackfi János (www.lackfi-janos.hu)
P. Dietlinde Draskóczy: Berg Judit (Schenk)
Clemens Prinz: Kiss Ottó (Schenk, Europäische Kinderbuchmesse, ILBerlin)
Éva Zádor: Boldizsár Ildikó; Zalán Tibor; Lackfi János; Tóth Krisztina;
Varró Dániel (www.pimmedia.hu)
Ernö Zeltner: Tóth Krisztina (Berlinverlag)
7.5.2 Deutsch > Ungarisch
Bosnyák Viktória: Otfried Preußler (Könyvmolyképzı)
Bucsi Gabriella: Joachim Friedrich (Napsugár és Holdsugár)
Dóka Péter: Mirjam Pressler (Móra)
Dornbach Mária: Janosch (Móra)
F. Kárpát Kinga: Kai Meyer, Joachim Masannek (Cicero, fabula Studio)
Györi Hanna: Beate Teresa Hanika (Móra)
(Kalász Márton): Michael Ende (Móra)
Kincses Edit: Cornelia Funke Cicéro)
Nemes László: Cornelia Funke (Cicéro)
Nemeskürty Harriet: Christine Nöstlinger, Kirsten Boie (Animus)
Rigó Béla: Paul Maar (Könyvmolyképzı)
Sütö Gyöngyi: Thomas Brezina, Hortense Ullrich (Deák & Társa)
Szigethy Katalin: Rotraut Susanne Berner (Naphegy)
Szlukovényj Beáta: Christine Nöstlinger (Animus)
Tandori Dezsı: Michael Ende; Cornelia Funke (Cicéro, Könyvmolyképzı)
Tapodi Rika: Michael Ende (Móra)
Tátrai Zsuzsa: Isabel Abedi (Pongrác)
Tóth Eszter/ Török Sandor:Erich Kästner (Móra)
Zsidányi Lilla: Thomas Brezina (Egmont)
Zubovics Katalin: Markus Pfister (Pongrác)
7.6 INSTITUTIONEN
7.6.1 Association of Hungarian Children’s Book Publishers
In der seit knapp drei Jahren bestehenden Verlegervereinigung sind die meisten der
ungarischen Kinderbuchverlage (mit der großen Ausnahme von Móra) versammelt, die
natürlicherweise über ideale Kontakte zu Illustratoren, Autoren und Übersetzern verfügen.
Die Verleger sind sehr offen und helfen abseits von eigenen Verlagsinteressen weiter. Die
Präsidentin Yvette Nánási ist das beste Beispiel; sie ist erste Ansprechpartnerin.
Anschrift:
1138 Budapest
Viza utca 9-11
Ungarn
Tel.: +36 30 2827060
www.mgyke.hu
Email: Yvette Nánási mgyke@mgyke.hu sowie nanasi.yvette@mgyke.hu
110

7.6.2 Hungarian Book Foundation
Die ungarische Buchstiftung verfügt nicht so sehr für direkte Kontakte zu Autoren oder
Illustratoren, ist aber dennoch wichtiger Kontaktvermittler zu Verlagen, Übersetzern und
anderen Institutionen. Auch besteht von Seiten der Stiftung großes Interesse an der
Verbreitung ungarischer (Kinder)Literatur, und die deutschsprechende Vorsitzende Dóra
Karolyi bietet vielseitig Unterstützung an.
Anschrift:
Hermina út 57
1146 Budapest
Ungarn
Tel: +36/(0)1/384 56 76
Fax: +36/(0)1/384 56 76
www.hungarianbookfoundation.hu
Email: Dóra Karolyi dora.karolyi@t-online.hu
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8. APPENDIX
Questionnaire about Hungarian Children’s and Juvenile Literature for the
Central and Eastern European Research Project by the Robert Bosch
Stiftung 2010/2011
1. Which are the 5 Hungarian picture books of this decade (from 2000 on) one must have read
and why?
2. Which are the 5 Hungarian children’s books of this decade (from 2000 on) one must have
read and why?
3. Which are the 5 Hungarian juvenile books of this decade (from 2000 on) one must have
read and why?
4. How would you classify the main genres of children’s literature (picture book, children’s
books, juvenile books) in Hungary? Is there a genre that dominates the others? Which genre
would be the best and strongest? Which genre is weak?
5. Which are the 5 Hungarian authors for children’s and juvenile books would you
recommend and why?
6. Which are the 5 Hungarian illustrators for children’s and juvenile books would you
recommend and why?
7. Which are the 5 Hungarian authors for children’s and juvenile books that could be
interesting for the German book market and why?
8. Which are the 5 Hungarian illustrators for children’s and juvenile books that could be
interesting for the German book market and why?
9. Which literary tendencies have been the most prominent in the Hungarian children’s and
juvenile book market within the last 5 years?
10. In your opinion, is there a distinctive characteristic, which makes Hungarian children’s
and juvenile literature different from foreign children’s literature?
11. Which awards seem to be most important in the field of Hungarian children’s and youth
literature?
12. Which Hungarian Children’s Book Publishing Houses you would support and why?
13. What kind of chances and what kind of dangers is facing the Hungarian children’s book
market?
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