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Das Ende des 2. Weltkrieges in Schwäbisch Hall - Projekte Regional

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Kaufmännische Schule<br />

<strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong><br />

Lokalhistorischer Bauste<strong>in</strong><br />

für den<br />

Geschichtsunterricht<br />

Dr. Otto W<strong>in</strong>dmüller<br />

<strong>Das</strong> <strong>Ende</strong> <strong>des</strong> <strong>2.</strong> <strong>Weltkrieges</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong><br />

Inhalt<br />

Seite<br />

Vorbermerkungen, Literatur, Quellen 2<br />

Teil 1: Abhandlung über das <strong>Ende</strong>s <strong>des</strong> <strong>2.</strong> Weltkriegs<br />

<strong>in</strong> <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong><br />

Teil 2: Ausgewählte Materialien für den Schulunterricht<br />

Teil 3: Zeittafel 16<br />

Teil 4: Unterrichtsvorschlag für Mittel- bzw. Oberstufe<br />

3<br />

7<br />

17


Vorbemerkungen<br />

Wie <strong>in</strong> vielen Städten Deutschlands, gab es auch <strong>in</strong> <strong>Hall</strong> anlässlich der 50. Wiederkehr der<br />

deutschen Kapitulation e<strong>in</strong>e Fülle von Berichten von Zeitzeugen, Veröffentlichungen von Bild-<br />

und Quellendokumenten sowie von Leserbriefen <strong>in</strong> der regionalen Presse. <strong>Das</strong> Material ist<br />

<strong>in</strong>zwischen derart umfangreich, dass es für Kollegen, die sich <strong>in</strong> das Thema aus lokalge-<br />

schichtlicher Sicht e<strong>in</strong>arbeiten möchten, sehr mühsam ist, die Unterlagen aufzuarbeiten.<br />

2<br />

Me<strong>in</strong> Ziel ist es, den Kollegen e<strong>in</strong> Papier an die Hand zu geben, mit dem sie sich <strong>in</strong> kurzer Zeit<br />

e<strong>in</strong>en Überblick über die damaligen Geschehnisse <strong>in</strong> <strong>Hall</strong> verschaffen können.<br />

Es gliedert sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Textteil (Teil 1), e<strong>in</strong>en Materialteil (Teil 2), e<strong>in</strong>e Zeittafel (Teil 3) sowie<br />

e<strong>in</strong>en Unterrichtsvorschlag für höhere Klassen (Teil 4). Es wurde aber darauf geachtet, dass<br />

die Materialien <strong>in</strong> allen Schularten e<strong>in</strong>gesetzt werden können:<br />

In Grund- und Hauptschulen könnte e<strong>in</strong>e ganze Unterrichtse<strong>in</strong>heit entwickelt werden. Mit Hilfe<br />

der Zeittafel, e<strong>in</strong>igen Fotos und der Karte über das Vordr<strong>in</strong>gen der Amerikaner ist das Kriegs-<br />

ende <strong>in</strong> <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> aber auch <strong>in</strong> kurzer Zeit anschaulich abzuhandeln.<br />

Nach me<strong>in</strong>er Auffassung bietet sich e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung <strong>des</strong> Kriegsen<strong>des</strong> aus lokalgeschichtli-<br />

cher Sicht mit den erschreckenden Geschehnissen <strong>in</strong> Brettheim geradezu an. Mit der Karte<br />

über das Vordr<strong>in</strong>gen der Amerikaner im Raum Crailsheim und dem anschließenden schnellen<br />

Rückzug kann das Verhängnis der "Männer von Brettheim" verdeutlicht werden.<br />

Literatur zur Vertiefung:<br />

1) Michael Sylvester Koziol: Rüstung, Krieg und Sklaverei, Der Fliegerhorst <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong>-<br />

Hessental und das Konzentrationslager, Sigmar<strong>in</strong>gen 1986.<br />

2) ders.: Fliegerhorst, Geschichte <strong>des</strong> Militärflugplatzes <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> von 1934 bis 1987<br />

<strong>in</strong> Dokumenten und Bildern, Bad Wimpfen1986.<br />

3) Friedrich Blumenstock: Der E<strong>in</strong>marsch der Amerikaner und Franzosen im nördlichen Württemberg<br />

im April 1945, Stuttgart 1957.<br />

4) Schülerzeitung "Sputnik" 1/91.<br />

5) <strong>Hall</strong>er Tagblatt vom 17.04.1980.<br />

6) Sonderausgabe <strong>des</strong> <strong>Hall</strong>er Tagblatts vom 23.0<strong>2.</strong>1995 "<strong>Das</strong> Kriegsende <strong>in</strong> <strong>Hall</strong>" Zeitzeugen<br />

berichten.<br />

Quellen<br />

1) Stadtarchiv <strong>Hall</strong>, Bestand 21.<br />

2) Befragungen von Zeitzeugen (im Besitz <strong>des</strong> Autors).


Teil 1: <strong>Das</strong> <strong>Ende</strong> <strong>des</strong> <strong>2.</strong> Weltkriegs <strong>in</strong> <strong>Hall</strong><br />

3<br />

<strong>Hall</strong> mit se<strong>in</strong>em mittelalterlich geprägten Stadtbild war selbst im 20. Jahrhundert noch wenig<br />

<strong>in</strong>dustrialisiert. Es gab lediglich e<strong>in</strong>e größere Sp<strong>in</strong>nerei (Held & Teufel) und e<strong>in</strong>e Firma, die<br />

Elektrogeräte herstellte (Grossag). Sonst war nur Kle<strong>in</strong>gewerbe anzutreffen. Aus diesem<br />

Grunde war die Stadt im <strong>2.</strong> Weltkrieg aus militärischer Sicht weder für die deutsche Rüstungs<strong>in</strong>dustrie<br />

noch für die alliierten Verbände von strategischer Bedeutung.<br />

Lediglich der Fliegerhorst, der 1934/35 im Osten der Stadt, <strong>in</strong> Hessental, errichtet worden war,<br />

spielte e<strong>in</strong>e gewisse Rolle. Vor dem Krieg diente er <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie der Ausbildung der Piloten<br />

und der Wartung der Masch<strong>in</strong>en. Im Krieg wurden Masch<strong>in</strong>en wieder <strong>in</strong>standgesetzt und E<strong>in</strong>sätze<br />

<strong>in</strong> die Kampfgebiete geflogen. <strong>Ende</strong> <strong>des</strong> Krieges diente er zusätzlich der Endmontage<br />

<strong>des</strong> ersten Düsenjägers, der Me 262, die teilweise im Fliegerhorst selbst, größtenteils aber <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Waldgebiet zwischen Hessental und Sulzdorf erfolgte. Dort auf dem Hasenbühl waren<br />

die Fabrikationsanlagen als Fichtenschonungen getarnt.<br />

Die Amerikaner, die wussten, dass auf dem Fliegerhorst Testflüge durchgeführt wurden, bereiteten<br />

1944 die Bombardierung der Produktionsanlagen vor. Der erste Angriff, der am 25. April<br />

erfolgte, brachte wohl Zerstörungen, se<strong>in</strong>e Wirkung war aber ger<strong>in</strong>ger als die folgenden Angriffe:<br />

Am 13. September gegen Mittag vernichteten die Amerikaner 12 Flugzeuge und mehrere<br />

<strong>Hall</strong>en. E<strong>in</strong>ige Bomben verfehlten aber ihr Ziel und zogen den <strong>Hall</strong>er Vorort Hessental <strong>in</strong><br />

Mitleidenschaft. 2 Tote waren zu beklagen. Der nächste Angriff fand am 5. November statt<br />

und setzte neben e<strong>in</strong>igen Masch<strong>in</strong>en auf dem Fliegerhorst noch mehrere Gebäude <strong>in</strong> Altenhausen<br />

<strong>in</strong> Brand.<br />

Bei ihren Flügen über <strong>Hall</strong> und Umgebung entdeckte die fe<strong>in</strong>dliche Luftaufklärung, dass <strong>in</strong><br />

Hessental e<strong>in</strong> Konzentrationslager errichtet worden war. Se<strong>in</strong>e Entstehung steht <strong>in</strong> unmittelbarem<br />

Zusammenhang mit dem Angriff vom 13. September. Die Häftl<strong>in</strong>ge sollten die Landebahn<br />

wieder <strong>in</strong> Ordnung br<strong>in</strong>gen, Aufräumarbeiten durchführen und beim Flugzeugbau e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden. Dazu führte man die knapp 600 Häftl<strong>in</strong>ge, die <strong>in</strong> 4 größeren und 2 kle<strong>in</strong>eren Baracken<br />

nahe <strong>des</strong> Hessentaler Bahnhofs unter unmenschlichen Bed<strong>in</strong>gungen zusammengepfercht<br />

lebten, morgentlich durch den Ort an ihren "Arbeitsplatz". (M 6). Die hygienischen Verhältnisse,<br />

die ger<strong>in</strong>gen Essensrationen und die Drangsalierung durch ihre Aufseher führten bei<br />

gleichzeitig harter Arbeit zum Tod vieler Insassen.<br />

Die Bevölkerung sah das Leid dieser unglücklichen Menschen. Viele konnten und viele wollten<br />

nichts dagegen unternehmen. <strong>Das</strong> Terrorregime aus NSDAP-Funktionären, Gestapo und an-<br />

deren Gefolgsleuten funktionierte noch Anfang 1945. Dazu kam, dass die Menschen eigene<br />

Sorgen hatten: Wie geht es den Verwandten oder Bekannten an der Front? Wie kann ich<br />

mich, me<strong>in</strong>e Familie sowie me<strong>in</strong> Hab und Gut bei den Luftangriffen schützen?<br />

Von offizieller Seite aus machte man den Menschen Hoffnung. <strong>Das</strong> <strong>Hall</strong>er Tagblatt ist, wie<br />

andere Zeitungen auch, gespickt mit Propaganda- und Durchhalteparolen . Dort lesen wir von


neuen Waffensystemen wie der V 1 und der V 2, die London Angst und Schrecken versetzen<br />

würden, von neuen Seekriegswaffen und von Erfolgen an den Fronten. (M 1). Dem aufmerk-<br />

samen Leser - und die Leute wussten es auch - musste aber auffallen, dass die Alliierten im-<br />

mer näher an Deutschland heranrückten und der Krieg nicht mehr zu gew<strong>in</strong>nen war. Da half<br />

auch die Mobilisierung de Hitlerjugend und die Sammelaktionen, zu denen die Bevölkerung <strong>in</strong><br />

der Lokalpresse aufgerufen wurde, nichts mehr. (M 2).<br />

Bis auf die Angriffe auf den Fliegerhorst blieb das <strong>Hall</strong>er Gebiet bis zu Beg<strong>in</strong>n <strong>des</strong> Jahres<br />

1945 im Vergleich zu anderen Regionen von direkten Kriegse<strong>in</strong>wirkungen weitgehend ver-<br />

schont. Dies änderte sich am 25. Februar 1945. Der heranziehe Fliegerverband sollte ur-<br />

sprünglich den Crailsheimer Bahnhof bombardieren, entschloss sich dann aber für das Aus-<br />

weichsziel <strong>Hall</strong>. Dabei wurde das gesamte Bahnhofsgelände <strong>in</strong> Schutt und Asche gelegt. (M<br />

10). Auch andere Gebäude, wie z. B. e<strong>in</strong>ige Häuser <strong>in</strong> der Unterlimpurger Straße oder der<br />

4<br />

Pulverturm, fielen dem Angriff zum Opfer. (M 3). 48 Menschen, darunter 4 K<strong>in</strong>der, fanden den<br />

Tod. Vier Wochen später, am 2<strong>2.</strong> März, zerstörten fe<strong>in</strong>dliche Bomber die E<strong>in</strong>richtungen auf<br />

dem Fliegerhorst vollständig. Bei ihren Angriffen warfen die Besatzungen der Masch<strong>in</strong>en auch<br />

Flugblätter ab. Sie kamen der Wahrheit aber näher als das, was <strong>in</strong> der gleichgeschalteten<br />

deutschen Presse zu lesen war. Die Inhalte reichten von der militärischen Lage an den Fron-<br />

ten bis h<strong>in</strong> zu den Ergebnissen der Konferenz von Jalta, auf der die Alliierten die Besetzung<br />

Deutschlands endgültig geschlossen hatten. (M 4). Ziel dieser Aktion der psychologischen<br />

Kriegsführung war es natürlich, den Widerstandswillen der Deutschen zu brechen. Unter<strong>des</strong>-<br />

sen hatten auch amerikanische Panzerverbände den Rhe<strong>in</strong> überschritten und rückten auf<br />

Süddeutschland - ihre spätere Besatzungszone - vor. (M 4).<br />

In dieser Situation <strong>des</strong>ertierten nicht wenige deutsche Soldaten und entzogen sich den<br />

Kampfhandlungen. Anfang April 1945 machte man <strong>in</strong> <strong>Hall</strong> e<strong>in</strong>ige d<strong>in</strong>gfest und bildete Standge-<br />

richte, die ausnahmslos To<strong>des</strong>urteile aussprachen. Orte der H<strong>in</strong>richtungen s<strong>in</strong>d der Flieger-<br />

horst, Ste<strong>in</strong>bach und <strong>Hall</strong>.<br />

Zur gleichen Zeit waren Bestrebungen im Gang, das KZ Hessental zu evakuieren und die<br />

Häftl<strong>in</strong>ge nach Dachau und das Nebenlager Allach zu br<strong>in</strong>gen. Am 05.04. sollte der Bahn-<br />

transport vom Hessentaler Bahnhof aus erfolgen. Doch e<strong>in</strong> Fliegerangriff, bei dem 17 Perso-<br />

nen umkamen, zerstörte die Gleise. Die Häftl<strong>in</strong>ge mussten nun e<strong>in</strong>en mörderischen Fuß-<br />

marsch antreten, bei dem viele den Tod fanden. Während dies geschah, mobilisierte man <strong>in</strong><br />

<strong>Hall</strong> die letzten Kräfte und stellte e<strong>in</strong> Volkssturmbataillon mit 200 schlecht bewaffneten Mann<br />

auf, die die fe<strong>in</strong>dlichen Truppenverbände erwarteten. Der Vormarsch der Amerikaner verzö-<br />

gerte sich aber, da <strong>in</strong> Heilbronn erbitterter Widerstand geleistet wurde und es zu Straßen-<br />

kämpfen kam.<br />

Am 6. April stießen aber ca. 100 amerikanische Panzer von Mergentheim aus Richtung Crails-<br />

heim vor. In Brettheim, das am Rande dieser Vormarschl<strong>in</strong>ie liegt, glaubte man nun, der Krieg


Krieg sei überstanden und bereitete die Übergabe <strong>des</strong> Ortes an die fe<strong>in</strong>dlichen Truppen vor.<br />

Doch e<strong>in</strong>ige Hitlerjungen wollten das Dorf verteidigen. E<strong>in</strong> Landwirt und e<strong>in</strong> Amtsdiener ent-<br />

waffneten diese und warfen deren Panzerfäuste <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Teich. Doch die Amerikaner kamen<br />

5<br />

nicht und setzten ihren Vormarsch auf Crailsheim fort. Daraufh<strong>in</strong> bildete man unter Vorsitz der<br />

SS <strong>in</strong> Brettheim e<strong>in</strong> Standgericht. Dabei sollte wegen Wehrkraftzersetzung zwei To<strong>des</strong>urteile<br />

ausgesprochen werden. Doch der Bürgermeister und der Lehrer verweigerten die Unterschrift.<br />

Sie wurden ebenfalls vor e<strong>in</strong> Standgericht gestellt, das die To<strong>des</strong>urteile bestätigte und die bei-<br />

den ebenfalls zum Tode verurteilte. Man hängte sie am Abend <strong>des</strong> 10. April an e<strong>in</strong>er L<strong>in</strong>de<br />

nahe <strong>des</strong> Friedhofs <strong>in</strong> Brettheim (vgl. M 8) sowie den Bauste<strong>in</strong>: "Die Männer von Brettheim“.<br />

Am selben Tag tobten <strong>in</strong> Crailsheim heftige Straßenkämpfe zwischen Amerikanern und SS-<br />

E<strong>in</strong>heiten. Dabei war es den Verteidigern gelungen, den Nachschub der amerikanischen<br />

Truppen abzuschneiden. In dieser Lage entschlossen diese sich, aus der Umz<strong>in</strong>gelung aus-<br />

zubrechen und sich über Ilshofen zurückzuziehen. <strong>Das</strong> <strong>Hall</strong>er Volkssturmbataillon, das zur<br />

Abwehr der Panzer an die Bühler verlegt worden war, hatte ke<strong>in</strong>e Fe<strong>in</strong>dberührung. E<strong>in</strong>ige<br />

fe<strong>in</strong>dliche Panzer feuerten aber von Westernach aus auf <strong>Hall</strong>, ohne aber größeren Schaden<br />

anzurichten.<br />

Nachdem Heilbronn am 9. bzw. 10. April gefallen war, erwartete man den Großangriff von<br />

Nordwesten her und verlegte das Volkssturmbataillon nach Gottwollshausen. Bevor aber die<br />

Amerikaner über Ma<strong>in</strong>hardt und Öhr<strong>in</strong>gen weiter vorrückten starteten sie noch e<strong>in</strong>ige Luftan-<br />

griffe. Davon besonders stark betroffen war Waldenburg, das e<strong>in</strong> amerikanischer Verband am<br />

15. April nahezu vollständig zerstörte. Unter<strong>des</strong>sen war der <strong>Hall</strong>er Parteileitung der Boden zu<br />

heiß unter den Füßen geworden. Am 14. April machte sich der Kreisleiter der NSDAP zu-<br />

sammen mit e<strong>in</strong>igen Getreuen <strong>in</strong> Zivil Richtung Südosten "aus dem Staube" und entzogen<br />

sich der Verantwortung. An den beiden folgenden Tagen griffen fe<strong>in</strong>dliche Flugzeuge die Stadt<br />

an. Bei der zweiten Attacke erhielt das Hotel Lamm (heute Stadtbibliothek am Milchmarkt) so-<br />

wie das Rathaus e<strong>in</strong>en Volltreffer, das fast bis auf die Grundmauern niederbrannte. (M 11).<br />

In der Stadt spitzte sich die Lage nun zu und es g<strong>in</strong>g um die Frage, ob die e<strong>in</strong>e Verteidigung<br />

aufgebaut werden sollte oder nicht. Der neu ernannte Kampfkommandant wollte Widerstand bi<br />

s zum "letzten Atemzug" leisten. Leutnant Hüfner, der spätere Stadtrat, und se<strong>in</strong>e Untergebe-<br />

nen von der Versprengtensammelstelle <strong>Hall</strong> wollten der historischen Altstadt weitere Zerstö-<br />

rungen ersparen und plädierten für e<strong>in</strong>e kampflose Übergabe. Die Lage war überaus verwor-<br />

ren, denn die Kompetenzen zwischen dem Kampfkommandanten, Versprengtensammelstelle,<br />

dem Volkssturmbataillon und anderen Organisationen waren nicht e<strong>in</strong>deutig geregelt. Zum<br />

Glück für die Stadt setzte sich der Kampfkommandant mit se<strong>in</strong>er harten Haltung nicht durch,<br />

obwohl es vere<strong>in</strong>zelt zu Gefechten kam. Ob ihn se<strong>in</strong> dilettantisches Vorgehen gegen e<strong>in</strong>en<br />

Panzer, den er mit se<strong>in</strong>em Gewehr beschoss und der dann auf dem Teurershof zwei Scheu-<br />

nen zerstörte, zum E<strong>in</strong>lenken veranlasste, wissen wir nicht.


6<br />

Genaueres h<strong>in</strong>gegen wissen wir über den E<strong>in</strong>marsch der Amerikaner. Der damalige Vorsitzende<br />

<strong>des</strong> historischen Vere<strong>in</strong>s hielt die dramatischen Vorgänge schriftlich fest. (M 9). Danach<br />

bewegten sich die amerikanischen Infanteristen am 17. April überaus vorsichtig auf die Stadt<br />

zu, <strong>in</strong> der um 11.00 Uhr e<strong>in</strong> Sonderkommando der Wehrmacht den Roten Steg, die Rittersbrücke<br />

und die H<strong>in</strong>denburgbrücke (heute Friedensbrücke) sprengte. (M 12). Um 1<strong>2.</strong>30 Uhr<br />

löste sich das Volkssturmbataillon auf. Um 16.00 Uhr begab sich der Leiter der Versprengten-<br />

sammelstelle mit se<strong>in</strong>en Soldaten <strong>in</strong> Kriegsgefangenschaft. Zum Zeichen der Kapitulation<br />

brachten die E<strong>in</strong>wohner weiße Laken an ihren Fenstern an. (M 11).<br />

Gegen 18.00 Uhr hatten die Amerikaner die Stadt vollständig besetzt und Stadtpfleger Butz<br />

verhandelte mit dem Truppenbefehlshaber im Dreikönig, der folgende Forderungen stellte:<br />

1. Die Bunker müssen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er viertel Stunde verlassen se<strong>in</strong><br />

<strong>2.</strong> Weiße Flaggen müssen an allen Häusern heraushängen<br />

3. Waffen s<strong>in</strong>d bis zum nächsten Morgen 9.00 Uhr abzuliefern<br />

4. E<strong>in</strong>quartierungen <strong>in</strong> der Nacht müssten ermöglicht werden.<br />

Die Nacht verlief ruhig und E<strong>in</strong>quartierungen von Truppen erfolgten noch nicht. Am 18. April<br />

übernahm die amerikanische Militärregierung die Verwaltung der Stadt. Panzer und Infanterie<br />

zogen weiter Richtung Ste<strong>in</strong>bach und wollten Hessental mit dem Fliegerhorst besetzen. Als<br />

sie aber bemerkten, dass im E<strong>in</strong>kornwald e<strong>in</strong> Bataillon deutsche Infanterie und der Volkssturm<br />

Hessental lag, zogen sie sich wieder nach Ste<strong>in</strong>bach zurück. Der deutsche Bataillonskommandeur<br />

weigerte sich zunächst, die Ortschaft weiß beflaggen zu lassen. Erst nachdem er<br />

e<strong>in</strong>ige Soldaten verloren hatte und sich se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit <strong>in</strong> Auflösung befand, zog er sich mit se<strong>in</strong>en<br />

verbliebenen Truppen am Morgen <strong>des</strong> 19. April zurück. Damit war der Weg für die Besatzungstruppen<br />

frei. Diese verlangten, dass sämtliche Ortsstraßen b<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>er Stunde zu re<strong>in</strong>igen<br />

seien, Waffen, Munition und Fotoapparate an der Tankstelle Wieland abgegeben werden<br />

müssten sowie sich alle verbliebenen Soldaten zu melden hätten. Bei Zuwiderhandlung wurde<br />

mit der To<strong>des</strong>strafe gedroht. Um 11.30 Uhr zogen die Truppen <strong>in</strong> den Ort und den Fliegerhorst<br />

e<strong>in</strong>.<br />

Damit war auch der letzte <strong>Hall</strong>er Vorort von Amerikanern besetzt und der Krieg für <strong>Schwäbisch</strong><br />

<strong>Hall</strong> zu <strong>Ende</strong>. Für den e<strong>in</strong>en begann nun die Zeit der Unterdrückung, der andere fühlte<br />

sich befreit von dem NS-Terror. Mit dieser "Stunde Null" begann aber für alle e<strong>in</strong>e entbehrungsreiche<br />

und harte Zeit <strong>des</strong> Wiederaufbaus.


Teil 2 - Ausgewählte Materialien für den Schulunterricht<br />

M 1 Leitartikel <strong>des</strong> <strong>Hall</strong>er Tagblatts aus den Jahren 1944 und 1945<br />

M 2 Sammelaufrufe <strong>des</strong> <strong>Hall</strong>er Tagblatts aus den Jahren 1944 und 1945<br />

7


M 3 Zerstörtes Haus <strong>in</strong> der Unterlimpurg nach dem Luftangriff am 23.0<strong>2.</strong>1945<br />

M 4 Flugblatt der Alliierten, das sie über <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> abwarfen<br />

8<br />

Quelle: Koziol, Fliegerhorst S. 114 f.<br />

Quelle: Koziol, Fliegerhorst S. 118


M 5 E<strong>in</strong>marsch der Amerikaner und Franzosen <strong>in</strong> Nordwürttemberg im April 1945<br />

M 6 Berufsstruktur der Häftl<strong>in</strong>ge im KZ Hessental<br />

9<br />

Quelle: Blumenstock, Der E<strong>in</strong>marsch a.a.O.<br />

Quelle: Koziol, Fliegerhorst S. 140


M 7 Der E<strong>in</strong>marsch der Amerikaner <strong>in</strong> den Kreis <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> im April 1945<br />

Zusammengestellt aus den Beschreibungen bei Blumenstock und anderen Quellen<br />

10


Erläuterungen zu Folie M 7<br />

11<br />

Der E<strong>in</strong>marsch der Amerikaner im April 1945<br />

Im April 1945 erhielt die 7. amerikanische Armee den Auftrag, Nordwürttemberg zu besetzen.<br />

Dabei konnte sie <strong>in</strong> manchen Regionen unbehelligt e<strong>in</strong>marschieren, teilweise stieß sie aber<br />

auf erbitterten Widerstand. Zu den wohl heftigsten Kämpfen <strong>in</strong> Nordwürttemberg kam es <strong>in</strong><br />

Heilbronn. Als dort die Front am 05.04. festgefahren war, entschloss sich die amerikanische<br />

Armeeführung für e<strong>in</strong>en kühnen Plan. Die 10. Panzerdivision sollte über Mergentheim die heutige<br />

Grenze <strong>des</strong> Landkreises überschreiten, nach Crailsheim durchbrechen und mit e<strong>in</strong>em<br />

Vorstoß über <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> nach Heilbronn deutsche Truppen im Kreis <strong>Hall</strong> und <strong>in</strong> Hohenlohe<br />

umz<strong>in</strong>geln.<br />

1. Der Vorstoß auf Crailsheim (�����)<br />

Am 06.04. fielen ca. 100 amerikanische Panzer, für die deutsche Abwehr völligüberraschend,<br />

<strong>in</strong> Crailsheim e<strong>in</strong>. Sie kamen über die alte Kaiserstraße (heute B 290) über Blaufelden, Rot am<br />

See und Satteldorf. Dieser Blitzangriff stieß auf wenig Gegenwehr, weil ke<strong>in</strong>e Verteidigungsstellungen<br />

mehr aufgebaut werden konnten. Nach der militärischen Besetzung Crailsheims<br />

stieß e<strong>in</strong> Teil der Panzer entlang der heutigen B 14 auf Ilshofen vor, wo sie ebenfalls auf e<strong>in</strong>en<br />

schwachen Gegner trafen und e<strong>in</strong>e Stellung errichteten. Am 08.04. zogen e<strong>in</strong>ige Tanks über<br />

Wolpertshausen weiter nach Geisl<strong>in</strong>gen. In der Zwischenzeit hatte sich die deutsche Abwehr<br />

auf die Lage e<strong>in</strong>gestellt und formiert. Am 10.04. schlossen ca. 600 SS-Pioniere und Gebirgsjäger<br />

die amerikanischen Stellungen <strong>in</strong> Crailsheim e<strong>in</strong>, drangen anschließend <strong>in</strong> die Stadt e<strong>in</strong><br />

und lieferten sich dem Fe<strong>in</strong>d Straßenkämpfe. Mittlerweile war auch der amerikanische Nachschub<br />

auf der Kaiserstraße wegen den deutschen Störmanövern zusammengebrochen, dass<br />

die Truppen aus der Luft versorgt werden mussten. Um nicht von der deutschen Armee umz<strong>in</strong>gelt<br />

zu werden, trat die 10. Panzerdivision <strong>in</strong> der Nacht vom 10.04. auf den 11.04. den<br />

Rückzug h<strong>in</strong>ter die Frontl<strong>in</strong>ie bei Langenburg an. <strong>Das</strong> Scheitern dieses Vorstoßes führte dazu,<br />

dass sich die militärische Besetzung <strong>des</strong> Kreisgebietes bis 2<strong>2.</strong>04. h<strong>in</strong>zog, weitere Menschenleben<br />

kostete und Zerstörungen brachte.<br />

<strong>2.</strong> Die Frontl<strong>in</strong>ien<br />

a) Die Front am 11.04. (����������)<br />

Nachdem am 07.04. Mergentheim gefallen war, rückte die 63. Infantriedivision nach und<br />

drang bis zum 11.04. <strong>in</strong> den Norden <strong>des</strong> Kreisgebietes e<strong>in</strong>. Langenburg und Gerabronn<br />

wurden fast ohne Gegenwehr besetzt. Im dem wenige Kilometer entfernten Jagsttal kam<br />

es aber zu Kampfhandlungen.<br />

b) Die Front am 13.04. (�-�-�-�-�-�-�)<br />

Da sich die Amerikaner am 11.04. aus Crailsheim zurückgezogen hatten, rückten deutsche<br />

Truppen entlang der Kaiserstraße wieder nach. Am 1<strong>2.</strong>04 versuchten sie Blaufelden, das<br />

seit 06.04. <strong>in</strong> Fe<strong>in</strong><strong>des</strong>hand war, zurückzuerobern, was aber wegen der Materialüberlegenheit<br />

<strong>des</strong> Fe<strong>in</strong><strong>des</strong> nicht gelang. Der gut ausgerüstete Gegner konnte se<strong>in</strong> Terra<strong>in</strong> weiter<br />

ausdehnen. Im Osten besetzte er Schrozberg und im Westen ließ der deutsche Kommandant<br />

von Künzelsau, nachdem die Stadt von Tieffliegern beschossen worden war, die weißen<br />

Fahnen aufziehen.


c) Die Front am 15.04. (----------)<br />

12<br />

Als Heilbronn am 1<strong>2.</strong>04. kapitulierte, bedrohten die <strong>in</strong> breiter Front vorrückenden amerikanischen<br />

Truppen den Altkreis <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong>. E<strong>in</strong> Teil der Infanteristen kam über Löwenste<strong>in</strong>,<br />

der andere über Öhr<strong>in</strong>gen. Die Verteidiger wollten mit 150 Mann von Waldenburg<br />

aus, das strategisch günstig liegt, die Hohenloher Ebene kontrollieren. Um den deutschen<br />

Widerstand zu brechen, legten die Amerikaner das Städtchen mit schwerem Artilleriefeuer<br />

und Phosphorgranaten <strong>in</strong> Schutt und Asche. Weniger Schaden brachten die Besetzung<br />

von Westernach und Orlach sowie <strong>des</strong> östlichen Kreisgebietes zwischen Schrozberg und<br />

Rothenburg. Dagegen konnte die Stellung bei Blaufelden immer noch gehalten werden.<br />

d) Die Front am 17.04. (++++++)<br />

Am 16. und 17.04. mussten sich die deutschen Truppen, die bei Blaufeld lagen, über Brettheim<br />

h<strong>in</strong>aus zurückziehen. Im Westen besetzten die aus Löwenste<strong>in</strong> kommenden<br />

amerikanischen Truppen entlang der B 14 Ma<strong>in</strong>hardt, Bubenorbis und Michelfeld. Die von<br />

Hohenlohe aus heranrückenden fe<strong>in</strong>dlichen Truppen nahmen ohne nennenswerte Gegenwehr<br />

Braunsbach und Untermünkheim e<strong>in</strong>, ehe sie über Gailenkirchen und Gottwollshausen<br />

am 17.04 <strong>Hall</strong> vorstießen. Dort lag nur schlecht bewaffneter Volkssturm. Umsichtige<br />

Männer verh<strong>in</strong>derten nach den Brückensprengungen e<strong>in</strong>e Verteidigung der Stadt, die ohne<br />

Kampfhandlungen übergeben wurde.<br />

e) Die Front am 20.04. (oooooooo)<br />

In den Orten südlich von <strong>Hall</strong> (Westheim , Rieden, Michelbach) konnte der Gegner weitgehend<br />

unbehelligt e<strong>in</strong>marschieren. Dagegen wurde Gaildorf von ca. 60 Mann verteidigt.<br />

Deshalb eröffneten die Gegner Artilleriefeuer, das Teile der Innenstadt zerstörte. Im Osten<br />

<strong>des</strong> Kreises drangen die Amerikaner <strong>in</strong> das Gebiet e<strong>in</strong>, das sie vor knapp e<strong>in</strong>er Woche lassen<br />

hatten. Diesmal war der Widerstand <strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>eren Orten ger<strong>in</strong>ger und es gab auch<br />

ke<strong>in</strong>e Nachschubprobleme. Lediglich der Crailsheimer Kampfkommandant traf Maßnahmen<br />

zur Verteidigung der Stadt, was amerikanische Luftaufklärer entdeckten. Daraufh<strong>in</strong><br />

wurde Crailsheim weitgehend zerstört. Die Phosphorgranaten der Artillerierten taten ihr übriges.<br />

f) Die Front am 2<strong>2.</strong>04. (o+o+o+o+)<br />

Bis 20.04. hatten die Amerikaner das nördliche Kreisl<strong>in</strong>ie Gaildorf, <strong>Hall</strong> (Hessental), Crailsheim<br />

unter Kontrolle. Nun konnten sie daran gehen, den südlichen Teil <strong>in</strong> ihre Hand zu<br />

br<strong>in</strong>gen, ohne auf nennenswerte Gegenwehr zu stoßen. Am 2<strong>2.</strong>04. waren die Orte Sulzbach,<br />

Laufen, Bühlerzell, Stimpfach und Fichtenau besetzt und standen unter Militärverwaltung<br />

der Siegermacht.<br />

Quelle: W<strong>in</strong>dmüller, Vorabdruck zu „Erläuterungen zum<br />

Foliensatz“ über den Landkreis <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong>


M 8 „Die Männer von Brettheim“<br />

13<br />

In Brettheim s<strong>in</strong>d am 10. April 4 Männer zum Tod verurteilt und 3 erhängt worden, e<strong>in</strong>er war noch vor der<br />

Vollstreckung <strong>des</strong> Urteils geflohen und zu den Amerikanern entkommen. Den Anlaß gab folgender Vorfall:<br />

Am 7. April kamen von Rothenburg her 4 Hitlerjungen mit Panzerfäusten nach Brettheim, die als "Panzerknacker"<br />

amerikanische Panzer bekämpfen sollten. Darüber waren die E<strong>in</strong>wohner von Brettheim sehr erregt,<br />

es gab e<strong>in</strong>en Auflauf und heftigen Streit mit den Hitlerjungen. Der Bauer Hanselmann ließ sich zu Tätlichkeiten<br />

gegen sie h<strong>in</strong>reißen, er und der Amtsdiener Uhl nahmen ihnen die Panzerfäuste weg und warfen<br />

sie <strong>in</strong> den Dorfteich. E<strong>in</strong> Unteroffizier meldete den Vorfall dem Kreisleiter von Rothenburg, der die Meldung<br />

an die Waffen-SS weitergab. Darauf wurde der SS-Obersturmbannführer Gottschalk von se<strong>in</strong>em Vorgesetzten,<br />

dem SS-General Simon, dem Führer <strong>des</strong> XIII. SS-Korps, mit der Untersuchung <strong>des</strong> Vorfalls betraut.<br />

Gottschalk bildete aus eigenem Entschluss e<strong>in</strong> Standgericht <strong>in</strong> Brettheim und zog als Beisitzer den Bürgermeister<br />

Gackstatter und den Ortsgruppenleiter, Lehrer Wolfmeyer, h<strong>in</strong>zu. <strong>Das</strong> Standgericht verurteilte Hanselmann<br />

zum Tode; Uhl, der rechtzeitig hatte fliehen können, wurde ebenfalls <strong>in</strong> Abwesenheit zum Tod verurteilt.<br />

Am Schluss der Verhandlung verweigerten die beiden Beisitzer ihre Unterschrift unter die<br />

To<strong>des</strong>urteile. Daraufh<strong>in</strong> befahl General Simon e<strong>in</strong> neues Standgerichtsverfahren gegen Hanselmann, das<br />

am 9. April <strong>in</strong> der Kreisleitung <strong>in</strong> Rothenburg stattfand und <strong>in</strong> dem unter dem Vorsitz von Gottschalk erneut<br />

das To<strong>des</strong>urteil ausgesprochen wurde. Gegen die bei den Beisitzer <strong>des</strong> ersten Standgerichts, Gackstatter<br />

und Wolfmeyer, ließ General Simon <strong>in</strong> Schill<strong>in</strong>gsfürst, se<strong>in</strong>em Standquartier, e<strong>in</strong> Verfahren durchführen, <strong>in</strong><br />

dem sie wegen ihrer Weigerung, das To<strong>des</strong>urteil gegen Hanselmann zu unterschreiben, ebenfalls zum Tod<br />

verurteilt wurden. Den Vorsitz bei diesem Standgericht hatte der Major <strong>des</strong> Heeres Ernst Otto, Gottschalk<br />

war Zeuge und e<strong>in</strong>er der Beisitzer war der SS-Hauptsturmführer Ernst Smolka.<br />

Am 10. April fuhr um 6 Uhr abends e<strong>in</strong> Lastauto mit SS und Hitlerjungen <strong>in</strong>s Dorf und bald verbreitete sich<br />

unter den entsetzten E<strong>in</strong>wohnern das Gerücht, dass die 3 Männer aufgehängt werden sollten. Es war nur<br />

die grausige Wahrheit, denn um 8.30 Uhr abends wurde das Urteil vollstreckt und die Unglücklichen an der<br />

L<strong>in</strong>de vor dem E<strong>in</strong>gang zum Friedhof aufgehängt. Den Gehängten wurden Papptäfelchen auf die Brust geheftet:<br />

Ich b<strong>in</strong> der Verräter Hanselmann, ich habe die Hitlerjungen geschlagen und entwaffnet." "Ich b<strong>in</strong> der<br />

Ortsgruppenleiter von Brettheim, ich habe mich schützend vor den Verräter gestellt." "Ich b<strong>in</strong> der Bürgermeister<br />

von Brettheim ich habe mich schützend vor den Verrätergestellt." Vier volle Tage und Nächte mussten<br />

die Leichen hängen bleiben, erst <strong>in</strong> der Nacht zum 15. April durften die Toten abgenommen werden und<br />

um 6 Uhr morgens wurden sie beerdigt. Die drei Männer waren Familienväter von 4, 3, K<strong>in</strong>dern gewesen.<br />

Im Oktober 1955 kam es zu e<strong>in</strong>em Prozess vor dem Schwurgericht <strong>in</strong> Ansbach, aber alle drei Angeklagten<br />

wurden freigesprochen. In der Urteilsbegründung hieß es, dass man dem General Simon glauben müsse,<br />

dass er wirklich überzeugt war, im April 1945 noch weiter kämpfen zu müssen, weil es für die Waffenstillstandsverhandlungen<br />

besser gewesen wäre, hätte man noch deutsches Gebiet <strong>in</strong> der Hand gehabt. Die<br />

Entwaffnung der Hitlerjungen durch Hanselmann erfüllte nach Ansicht <strong>des</strong> Gerichts den Tatbestand der<br />

Wehrkraftzersetzung. Bei den beiden andern verurteilten und h<strong>in</strong>gerichteten Männern, Gackstatter und<br />

Wolfmeyer, sei objektiv der Tatbestand der Wehrkraftzersetzung nicht vorgelegen, doch könne man den<br />

Angeklagten nicht widerlegen, dass sie irrtümlich den Tatbestand der Wehrkraftzersetzung als gegeben<br />

angesehen hätten. Zum Schluss erklärte das Schwurgericht, dass das Verfahren weder die Unschuld der<br />

Angeklagten ergeben noch bewiesen habe, dass gegen sie e<strong>in</strong> begründeter Verdacht vorliege. Der Staatsanwalt,<br />

der mehrere Jahre Zuchthaus beantragt hatte, erklärte, dass er gegen das Urteil Revision e<strong>in</strong>legen<br />

werde. Der bayrische M<strong>in</strong>isterpräsident sprach von e<strong>in</strong>em "unglaublichen Urteil."<br />

Mögliche Fragen:<br />

Quelle: Blumenstock, Der E<strong>in</strong>marsch a.a.O., S. 32 f.<br />

Gruppe 1 Welche Motive können Bauer Hanselmann veranlasst haben, den Hitlerjungen<br />

die Panzerfäuste abzunehmen?<br />

Gruppe 2 Wie beurteilen Sie das Verhalten der SS <strong>in</strong> jenen Tagen?<br />

Gruppe 3 Wie beurteilen Sie die Haltung der bun<strong>des</strong>deutschen Justiz zu dem Vorfall?


M 9 Bericht von Dr. Kost über die Besetzung <strong>Hall</strong>s am 17.4.1945<br />

Es war e<strong>in</strong> strahlend schöner Frühl<strong>in</strong>gstag. Von<br />

Gailenkirchen und Untermünkheim rückte das<br />

Geschütz- und MG-Feuer immer näher und Jabos<br />

überflogen schießend am laufenden Band die<br />

Stadt und die Umgebung.<br />

Der Lärm ihrer Motoren beim Niedertauchen <strong>in</strong><br />

den Talkessel war ohrenbetäubend, ihre Schussfolgen<br />

sah man <strong>in</strong> Reihen e<strong>in</strong>schlagen <strong>in</strong> den<br />

Häusern jenseits der Crailsheimer Straße. In das<br />

Geratter der Bordwaffen tönten die Geschützabschüsse<br />

von der Hochfläche über <strong>Hall</strong>, schwere<br />

Detonationen von den Brückensprengungen aus<br />

dem Tal und gewaltige Erschütterungen vom<br />

Hessentaler Flugplatz her, wo schon tags zuvor<br />

die Sprengungen durch eigene Truppen erfolgt<br />

waren.<br />

Teile <strong>des</strong> Bodenpersonals vom Fliegerhorst wurden<br />

<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en MG Gruppen zu Verteidigung von<br />

<strong>Hall</strong> e<strong>in</strong>gesetzt, deren Erklärung zur offenen Stadt<br />

Bürgermeister Pr<strong>in</strong>z<strong>in</strong>g zu erwirken sich vergebens<br />

bemüht hatte. Auf dem Friedensberg war<br />

e<strong>in</strong>e solche MG Gruppe der Flieger im nördlichen<br />

Teil <strong>des</strong> Friedensbergwäldchens.<br />

Es war e<strong>in</strong> erregen<strong>des</strong> Gefühl für mich, als ich<br />

nun tatsächlich auf den Feldern zwischen Gottwollshausen<br />

und dem Rand <strong>des</strong> Kochertales klei-<br />

M 10 Der Luftangriff auf den <strong>Hall</strong>er Bahnhof am 23.0<strong>2.</strong>1945<br />

14<br />

ne dunkle Punkte sich rasch bewegen, dann stehen<br />

bleiben und wieder weiterrollen sah: Panzer!<br />

E<strong>in</strong>er nahm die Richtung gegen den Teurershof<br />

zu, von wo der Lärm <strong>des</strong> Infanteriefeuers kam.<br />

Dort leisteten die letzten Reste <strong>des</strong> <strong>Hall</strong>er und<br />

Gmünder Volkssturms noch erbitterten Widerstand.<br />

Bald konnte ich auch die ersten fe<strong>in</strong>dlichen Infanteristen<br />

sehen; ganz nahe an der Gottwollshäuser<br />

Steige trat e<strong>in</strong>e Gestalt aus dm Fichtenwäldchen<br />

heraus, dann e<strong>in</strong>e zweite und e<strong>in</strong>e dritte zögernd,<br />

beobachten und wieder verschw<strong>in</strong>dend: die amerikanische<br />

Vorhut.<br />

Es dauerte über e<strong>in</strong>e Viertelstunde, bis sie es<br />

wagten, die Steige h<strong>in</strong>abzugehen. In e<strong>in</strong>er aufgelösten<br />

Reihe, Mann h<strong>in</strong>ter Mann, das Gewehr<br />

schussbereit <strong>in</strong> der Hand, <strong>in</strong> weiten Abständen<br />

zogen sie vorsichtig, immer verhaltend, weiter.<br />

Nun verschwanden die ersten auf halber Höhe<br />

der Steige an der Eisenbahnüberführung und<br />

nach e<strong>in</strong>iger Zeit kamen die ersten diesseits <strong>des</strong><br />

Durchganges heraus und schritten vorsichtig,<br />

immer wieder anhaltend und Deckung nehmend,<br />

zur Stadt h<strong>in</strong>unter...Es war etwa 1 Uhr nachmittags..<br />

Quelle: Stadtarchiv <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong><br />

Quelle: Koziol, Fliegerhorst S. 110


M 10 <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> am Tag <strong>des</strong> E<strong>in</strong>marschs der Amerikaner (17.04.1945) – Hotel<br />

Lamm und Rathaus zerstört; überall weiße Fahnen<br />

15<br />

Quelle: Stadtarchiv <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong><br />

M 10 Jeep mit Amerikanern auf der H<strong>in</strong>denburgbrücke (heute: Friedensbrücke)<br />

Quelle: Koziol, Fliegerhorst S. 159


Teil 3: Zeittafel<br />

1944:<br />

25.04.<br />

13.09.<br />

Herbst<br />

1945:<br />

23.0<strong>2.</strong><br />

2<strong>2.</strong>03.<br />

31.03.<br />

01.04.<br />

0<strong>2.</strong>04.<br />

04.04.<br />

05.04.<br />

06.04.<br />

09.04.<br />

Amerikanischer Luftangriff auf den<br />

Fliegerhort, auf dem das erste Düsenflugzeug,<br />

die Me 262, gebaut wurde,<br />

br<strong>in</strong>gt ger<strong>in</strong>ge Schäden.<br />

Weiterer Luftangriff – schwere Schäden;<br />

Dorf Hessental wird getroffen – 2 Tote.<br />

Konzentrationslager Hessental errichte:<br />

Bis zu 700 Häftl<strong>in</strong>ge, die überwiegend<br />

im Fliegerhorst Hessental Arbeiten<br />

übernehmen mussten.<br />

Luftangriff auf den <strong>Hall</strong>er Bahnhof, den<br />

L<strong>in</strong>dach und Unterlimpurg – 48 Tote,<br />

darunter 4 K<strong>in</strong>der<br />

81 US-Kampfflugzeuge bombardieren<br />

den Fliegerhorst – Landebahn und<br />

Unterkünfte völlig zerstört.<br />

Personenzug vor Hessental beschossen<br />

– 23 Tote.<br />

Volkssturmbataillon <strong>Hall</strong> aufgestellt:<br />

250 Mann zwischen 16 und 60 Jahre<br />

alt.<br />

Fahnenflüchtiger wird von SS im L<strong>in</strong>dach<br />

erhängt.<br />

Auflösung <strong>des</strong> KZ <strong>in</strong> Hessental – Häftl<strong>in</strong>ge<br />

mussten den „To<strong>des</strong>marsch nach<br />

Allach“ antreten. Viele kamen dabei<br />

ums Leben.<br />

Beg<strong>in</strong>n heftiger Kämpfe <strong>in</strong> Heilbronn.<br />

<strong>Hall</strong>er Volkssturmbataillon wird <strong>in</strong> Richtung<br />

der vorrückenden US-Truppen an<br />

der Bühler bei Cröffelbach stationiert.<br />

US-Bodentruppen (100 Panzer) rücken<br />

von Mergentheim aus auf Crailsheim<br />

vor.<br />

Nach heftigen Straßenkämpfen besetzen<br />

US-Truppen die Innenstadt von<br />

Heilbronn.<br />

Der Weg nach <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong> war<br />

nun frei.<br />

Im Westen von <strong>Hall</strong> (Gottwollshäuser<br />

Steige) werden nun Panzersperren<br />

errichtet.<br />

16<br />

10.04.<br />

13.04.<br />

14.04.<br />

15.04.<br />

16.04.<br />

17.04.<br />

18.04.<br />

19.04.<br />

2<strong>2.</strong>04.<br />

30.04.<br />

08.05.<br />

13.05.<br />

Männer von Brettheim erhängt.<br />

Schwere Kämpfe <strong>in</strong> Crailsheim.<br />

Verlegung <strong>des</strong> <strong>Hall</strong>er Volkssturmbataillons<br />

von der Bühler auf den Teurershof.<br />

Der Kreisleiter der NSDAP und andere<br />

hohe Funktionäre verlassen <strong>Schwäbisch</strong><br />

<strong>Hall</strong> <strong>in</strong> Richtung Südosten.<br />

Luftangriff auf den Fliegerhorst Hessental.<br />

Die Bomben verfehlen ihr Ziel und treffen<br />

die Stadt.<br />

Waldenburg wird durch Brand- und<br />

Sprengbomben <strong>in</strong> Schutt und Asche<br />

gelegt.<br />

Bombardierung <strong>Hall</strong>s mit Brandbomben.<br />

Rathaus und Gasthaus Lamm völlig<br />

ausgebrannt.<br />

Sprengungen auf dem Hessentaler<br />

Fliegerhorst und teilweiser Rückzug.<br />

10-12 Uhr: <strong>Hall</strong>er Brücken von Sonderkommando<br />

der Wehrmacht gesprengt.<br />

1<strong>2.</strong>30 Uhr: Führer <strong>des</strong> Volkssturmbataillons<br />

gibt den Befehl zur Auflösung.<br />

Erste Spähtrupps der US-Armee s<strong>in</strong>d<br />

zu sehen.<br />

16.00 Uhr: US-Panzer ziehen <strong>in</strong> die<br />

Stadt e<strong>in</strong>.<br />

18.00 Uhr: Übergabe der Stadt –<br />

� E<strong>in</strong>quartierungen<br />

� Weiße Flaggen<br />

� Gewehre s<strong>in</strong>d abzuliefern<br />

Kommandant von Hessental will das<br />

Dorf verteidigen.<br />

Militärregierung <strong>in</strong> <strong>Schwäbisch</strong> <strong>Hall</strong>.<br />

Nach dem Beschuss durch Panzer<br />

ziehen sich deutsche Truppen aus<br />

Hessental zurück.<br />

Besetzung <strong>des</strong> Ortes und <strong>des</strong> Fliegerhorsts.<br />

Crailsheim fällt <strong>in</strong> amerikanische Hand.<br />

Hitler nimmt sich das Leben<br />

Kapitulation der Wehrmacht<br />

Neuer Geme<strong>in</strong>derat <strong>Hall</strong>


Teil 4 - Unterrichtsvorschlag (für Mittel- und Oberstufe)<br />

1) E<strong>in</strong>stieg<br />

Hierzu bieten sich M 3, M 11 oder M 12 an.<br />

17<br />

Zu sämtlichen Materialien könnte die Frage gestellt werden, aus welcher Zeit diese Bilder<br />

stammen könnten.<br />

Schüleräußerungen – Zielangabe<br />

� <strong>Das</strong> <strong>Ende</strong> <strong>des</strong> <strong>2.</strong> Weltkriegs<br />

2) <strong>Hall</strong> am <strong>Ende</strong> <strong>des</strong> <strong>2.</strong> Weltkriegs<br />

Schüler erhalten die Zeittafel (Teil 3) und sollen mit ihrer Hilfe die Besonderheiten bis März<br />

1945 erkennen.<br />

Dabei werden sie mit Gewissheit folgende Bereiche ansprechen:<br />

� Fliegerhorst<br />

� KZ Hessental<br />

� Luftangriffe<br />

Der Lehrer erklärt die offenen Fragen mit Hilfe von Folien (evtl. M 6, M 10).<br />

3) Propaganda und Durchhalteparolen<br />

Lehrer legt Folie M 1 und M 2 auf.<br />

Frage: „Was ist bemerkenswert <strong>in</strong> Anbetracht der bevorstehnden Niederlage?“<br />

Schüleräußerungen (z.B. Durchhalteparolen, Optimismus)<br />

- Unterrichtsgespräch<br />

4) Näherrücken der Front<br />

Lehrer legt Folie über den Frontverlauf M 5 und M 7 auf. Er erklärt mit Hilfe der Karten den<br />

Vorstoß amerikanischer Truppen auf Crailsheim und geht auf die Vorkommnisse <strong>in</strong> Brettheim<br />

e<strong>in</strong>.<br />

Evtl. Gruppenarbeit mit M 8 und anschließender Diskussion über<br />

� Probleme <strong>des</strong> Widerstand<br />

� Rolle der Justiz nach dem <strong>2.</strong> Weltkrieg<br />

5) Besetzung <strong>des</strong> Kreisgebiets<br />

Lehrer erklärt mit Hilfe der Zeitttafel und der Karte M 7 wie es zur vollständigen Besetzung<br />

kam.<br />

Abschließend: Bild M 11 bzw. M 12 (H<strong>in</strong>weis: weiße Fahnen und niemand auf der Straße<br />

zu sehen)<br />

Zum Abschluss: Diskussion: z.B. über das Verhalten der Bevölkerung, der NS-Führer,<br />

das Vorgehen der Besatzungsmacht.

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