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Dichte und Schrumpfung - Leibniz-Institut für ökologische ...

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Christiane Westphal<br />

<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />

Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />

schrumpfender Städte aus Sicht der<br />

stadttechnischen Infrastruktur<br />

IÖR Schriften | Band 49 · 2008


IÖR Schriften | Band 49 · 2008<br />

Christiane Westphal<br />

<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />

Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />

schrumpfender Städte aus Sicht der<br />

stadttechnischen Infrastruktur


Dissertation zur Promotion zum Dr.-Ing.<br />

an der Technischen Universität Dortm<strong>und</strong>, Fakultät Raumplanung<br />

Gutachter<br />

Prof. Dr. Sabine Baumgart<br />

Prof. Dr. Bernhard Müller<br />

Prüfer<br />

Prof. Dr. Hans-Peter Tietz<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber<br />

© 2008 <strong>Leibniz</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>ökologische</strong> Raumentwicklung e. V. (IÖR), Dresden<br />

Direktor Prof. Dr. Bernhard Müller<br />

Weberplatz 1<br />

01217 Dresden<br />

Tel.: (0351) 46790<br />

Fax: (0351) 4679212<br />

E-Mail: info@ioer.de<br />

Internet: http://www.ioer.de<br />

Druck<br />

Duplex Druck- & Werbeservice Dresden GmbH<br />

Bestellungen<br />

Sieglinde Sauer, Tel.: (0351) 4679205, E-Mail: S.Sauer@ioer.de<br />

Nachdruck <strong>und</strong> Vervielfältigung<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

Titelbild: Abriss von Wohnhäusern am Straßburger Platz in Dresden (Foto: IÖR)<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der<br />

Deutschen Nationalbibliographie<br />

http://dnb.ddb.de<br />

ISBN 978-3-933053-34-3


Vorwort<br />

In der städtebaulichen <strong>und</strong> stadtplanerischen Diskussion wird seit jeher die Frage nach der<br />

optimalen oder idealen <strong>Dichte</strong> städtischen Lebens diskutiert. Die Faszination dieser Diskussion<br />

liegt darin, dass mit der angestrebten <strong>Dichte</strong> stets auch eine Vorstellung darüber verb<strong>und</strong>en<br />

ist, in welcher Art von Umwelt <strong>und</strong> Gesellschaft wir leben möchten. Die vorliegende<br />

Dissertation setzt sich intensiv mit dieser Frage nach der angemessenen <strong>Dichte</strong> auseinander<br />

<strong>und</strong> stellt – jenseits der häufig höchst emotional geführten Debatte – die Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />

der Verdichtung <strong>und</strong> Auflockerung gegenüber.<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse, die sich derzeit in zahlreichen ostdeutschen Städten vollziehen <strong>und</strong><br />

künftig auch in den Westen Deutschlands ausdehnen werden, bringen eine neue Dimension<br />

in diese Diskussion. Wurden unter Wachstumsbedingungen vor allem die Grenzen der Verdichtung<br />

diskutiert, stellen sich nun Fragen nach den minimalen <strong>Dichte</strong>n städtischen Lebens.<br />

Von Relevanz ist die Frage nach der geeigneten <strong>Dichte</strong> schrumpfender Städte vor allem <strong>für</strong><br />

den Stadtumbau in ostdeutschen Städten, der derzeit im Rahmen des B<strong>und</strong>-Länder-<br />

Programms „Stadtumbau Ost“ betrieben wird. Hierbei sind die Grenzen der Tragfähigkeit des<br />

öffentlichen Personennahverkehrs <strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur, aber auch die Chancen<br />

<strong>und</strong> Risiken <strong>für</strong> ein verbessertes Wohnungs- <strong>und</strong> Freiraumangebot zu berücksichtigen.<br />

In besonderer Weise von Rückgängen der <strong>Dichte</strong>n städtischer Wohngebiete betroffen ist<br />

jedoch die stadttechnische Infrastruktur mit den Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> beschäftigt sich die hier vorliegende Dissertation mit der<br />

Frage nach derjenigen <strong>Dichte</strong>, die zu erhalten ist, um auch langfristig eine effiziente stadttechnische<br />

Daseinsvorsorge gewährleisten zu können. Damit betten sich die Ergebnisse der<br />

Arbeit in den Forschungsschwerpunkt „Ressourceneffizienz von Siedlungsstrukturen“ des<br />

<strong>Leibniz</strong>-<strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> <strong>ökologische</strong> Raumentwicklung in Dresden ein, in dessen Zusammenhang<br />

die Arbeit entstand.<br />

Danken möchte ich an dieser Stelle denjenigen, die mich bei der Erstellung dieser Dissertation<br />

in besonderer Weise unterstützt haben. Für zahlreiche konstruktive <strong>und</strong> motivierende<br />

Gespräche <strong>und</strong> eine kontinuierliche Unterstützung danke ich meiner Gutachterin Frau Prof’in<br />

Dr. Sabine Baumgart, meinem Gutachter Herrn Prof. Dr. Bernhard Müller sowie meinem Prüfer<br />

Herrn Prof. Dr. Hans-Peter Tietz.<br />

Dank gilt ebenso meinen Interviewpartnern Gunnar Braun, Ute Effnert, Jürgen Friese, Prof.<br />

Dr. Matthias Koziol, Lars Marschke, Kerstin Schneider, Günter Spielvogel, Frank Springer<br />

<strong>und</strong> Jörg Walther, sowie der Arbeitsgruppe Stadtumbau Ost der Landesgruppe Sachsen des<br />

Verbands kommunaler Unternehmen.<br />

Herrn Prof. Dr. Stefan Siedentop danke ich <strong>für</strong> seine konstruktive Begleitung des Vorhabens<br />

von der Themenfindung bis zur kritischen Durchsicht des Manuskripts. Dank <strong>für</strong> die Durchsicht<br />

der Manuskriptfassung gilt ebenso Kai Dahme, Stefanie Rößler <strong>und</strong> Georg Schiller. Für<br />

sprachliche Korrekturen danke ich Sylke Stutzriemer, Antje Knechtel, Birte Bolduan, Gisela<br />

Dahme <strong>und</strong> Eckhard Westphal. Eva Maria Tittel danke ich <strong>für</strong> die Hilfe bei der Erstellung von<br />

Grafiken.<br />

Danken möchte ich auch den Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen des IÖR <strong>für</strong> viele anregende Diskussionen<br />

<strong>und</strong> die angenehme Arbeitsatmosphäre. Nicht zuletzt gebührt meinen Eltern <strong>und</strong> meinen<br />

Fre<strong>und</strong>en Dank <strong>für</strong> ihre Unterstützung.<br />

Dresden, im Mai 2008 Christiane Westphal


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 5<br />

Inhalt<br />

Kurzfassung 9<br />

Executive Summary 21<br />

A. Einleitung 27<br />

1 Problemstellung <strong>und</strong> Methodik 27<br />

1.1 Problemstellung 27<br />

1.2 Forschungsfrage, Zielsetzung, Adressaten 28<br />

1.2.1 Forschungsfrage 28<br />

1.2.2 Zielsetzung <strong>und</strong> Adressaten 29<br />

1.3 Aufbau der Arbeit <strong>und</strong> Methodik 31<br />

1.3.1 Aufbau der Arbeit 31<br />

1.3.2 Methodisches Vorgehen 33<br />

B. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadtplanung 37<br />

2 Gr<strong>und</strong>lagen zur Ermittlung von Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n 37<br />

2.1 <strong>Dichte</strong>begriffe <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>maße 37<br />

2.1.1 Der <strong>Dichte</strong>begriff in der Stadtplanung 37<br />

2.1.2 Stadtplanerische <strong>Dichte</strong>maße 41<br />

2.2 Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in der Stadtplanung 48<br />

2.2.1 Kritik an der Nutzung quantifizierter Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte 49<br />

2.2.2 Renaissance der Nutzung quantifizierter Zielvorgaben 50<br />

2.2.3 Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die Entwicklung von Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong><br />

deren Anwendung 51<br />

2.3 Stadtstrukturtypen 53<br />

2.3.1 Definition <strong>und</strong> Verwendungsmöglichkeiten von Stadtstrukturtypen 53<br />

2.3.2 Entwicklung einer Stadtstrukturtypik 54<br />

2.3.3 <strong>Dichte</strong>werte von Stadtstrukturtypen 56<br />

3 Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele seit dem Zweiten Weltkrieg 59<br />

3.1 Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt (1940-1960) 61<br />

3.1.1 Das Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt 61<br />

3.1.2 Die BauNVO von 1962 – Begrenzung der Verdichtung 63<br />

3.2 Urbanität durch <strong>Dichte</strong> (1960-1975) 65<br />

3.2.1 Das Leitbild Urbanität durch <strong>Dichte</strong> 65<br />

3.2.2 Die BauNVO von 1968 – Anhebung der <strong>Dichte</strong>grenzen 68<br />

3.2.3 Kritik am Leitbild ‚Urbanität durch <strong>Dichte</strong>’ 69<br />

3.3 Behutsame Stadterneuerung, Innenentwicklung, <strong>ökologische</strong> Stadt (1975-1990) 70<br />

3.3.1 Behutsame Stadterneuerung <strong>und</strong> Abkehr von der Verdichtung 70<br />

3.3.2 Die Grenzen des Wachstums 71<br />

3.3.3 Erste Stagnationstendenzen der Siedlungsflächenentwicklung 72<br />

3.3.4 Die BauNVO von 1977 – Der Trend zur moderaten Verdichtung 73


6 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

3.4 <strong>Dichte</strong>vorstellungen der DDR 74<br />

3.4.1 Maße der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten in der DDR 75<br />

3.4.2 Die 16 Gr<strong>und</strong>sätze des Städtebaus <strong>und</strong> die Idee des sozialistischen<br />

Wohnkomplexes 76<br />

3.4.3 Industrialisierung <strong>und</strong> Verdichtung des Bauens (1950er <strong>und</strong> 1960er Jahre) 77<br />

3.4.4 Extensiver Großsiedlungsbau (1970-1989) 78<br />

3.5 Kompakte europäische Stadt versus disperse Zwischen-/Netzstadt – <strong>Dichte</strong>diskurs<br />

(ab 1990) 82<br />

3.5.1 Kompakte europäische Stadt der kurzen Wege 82<br />

3.5.2 Disperse Siedlungsmodelle: Zwischenstadt <strong>und</strong> Netzstadt 86<br />

3.5.3 Ausgleich zwischen Kompaktheit <strong>und</strong> Auflösung der Siedlungsstruktur? 88<br />

3.5.4 <strong>Dichte</strong>ziele der 1990er Jahre im Vergleich 88<br />

3.5.5 Die BauNVO von 1990 – Zwischen Verdichtung <strong>und</strong> Auflockerung 89<br />

3.6 Zwischenfazit: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht des Städtebaus 90<br />

4 <strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten 97<br />

4.1 Entdichtungsprozesse in schrumpfenden ostdeutschen Städten 97<br />

4.1.1 Definition des Begriffs <strong>Schrumpfung</strong> 97<br />

4.1.2 Tendenzen der Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland 98<br />

4.1.3 Tendenzen der Siedlungsflächenentwicklung in Ostdeutschland 102<br />

4.1.4 <strong>Dichte</strong>rückgänge in Ostdeutschland 103<br />

4.2 <strong>Dichte</strong>vorstellungen <strong>für</strong> schrumpfende Städte 106<br />

4.2.1 Kontraktion 108<br />

4.2.2 Fragmentierung 109<br />

4.2.3 Perforation 109<br />

4.2.4 Dispersion 111<br />

4.2.5 <strong>Dichte</strong>ziele der Leitbildansätze im Vergleich 111<br />

4.3 Das B<strong>und</strong>-Länder-Programm Stadtumbau Ost 114<br />

4.3.1 Förderung von Rückbau <strong>und</strong> Aufwertung 114<br />

4.3.2 Wettbewerb Stadtumbau Ost <strong>und</strong> integrierte Entwicklungskonzepte 115<br />

4.3.3 Ergebnisse aus der bisherigen Programmumsetzung 115<br />

5 Angemessene <strong>Dichte</strong>n aus Sicht stadtplanerischer Handlungsfelder 119<br />

5.1 Verkehr 120<br />

5.1.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Verkehrsaufwand 120<br />

5.1.2 Verkehr <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> 127<br />

5.1.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des<br />

Verkehrs 129<br />

5.2 Soziale Infrastruktur 132<br />

5.2.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> soziale Infrastruktur 133<br />

5.2.2 Soziale Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> 137<br />

5.2.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der<br />

sozialen Infrastruktur 141<br />

5.3 Freiraumversorgung 144<br />

5.3.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Freiraumversorgung 144<br />

5.3.2 Freiraumversorgung <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> 151<br />

5.3.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der<br />

Freiraumversorgung 153


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 7<br />

5.4 Wohnungsnachfrage 155<br />

5.4.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage 156<br />

5.4.2 Entwicklung der Wohnungsnachfrage in ostdeutschen Städten 162<br />

5.4.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der Wohnungsnachfrage<br />

165<br />

5.5 Zwischenfazit: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur,<br />

Freiraumversorgung <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage 167<br />

C. <strong>Dichte</strong>, <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik 171<br />

6 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> Stadtplanung 172<br />

6.1 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> stadttechnische Erschließung 172<br />

6.2 Merkmale der stadttechnischen Infrastruktur 173<br />

6.3 Stadttechnische Erschließung mit Trinkwasser, Abwasser, Fernwärme 174<br />

6.3.1 Trinkwasserversorgung 175<br />

6.3.2 Abwasserentsorgung 177<br />

6.3.3 Fernwärmeversorgung 179<br />

7 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong> 183<br />

7.1 Siedlungsdichte <strong>und</strong> Erschließungsaufwand 183<br />

7.1.1 Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Trinkwasserversorgung 183<br />

7.1.2 Fernwärmeversorgung 190<br />

7.2 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Kosten der stadttechnischen Infrastruktur 192<br />

7.2.1 Kostenverläufe von Infrastrukturen in Abhängigkeit von der <strong>Dichte</strong> 192<br />

7.2.2 Infrastrukturkosten der inneren Erschließung verschiedener Siedlungsformen 193<br />

7.2.3 Infrastrukturkosten verschiedener Medien 195<br />

8 Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Stadttechnik 201<br />

8.1 Unterauslastung durch Verbrauchs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge 201<br />

8.2 Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands bei <strong>Schrumpfung</strong> 203<br />

8.2.1 Bisherige Steigerungen des Erschließungsaufwands 204<br />

8.2.2 Modellrechungen zur zukünftigen Entwicklung des Erschließungsaufwands bei<br />

<strong>Schrumpfung</strong> 205<br />

8.3 Beeinträchtigung der technischen Funktionsfähigkeit 211<br />

8.4 Kostensteigerungen in Folge von <strong>Dichte</strong>rückgängen 214<br />

8.4.1 Kostenremanenzen 215<br />

8.4.2 Direkte Folgekosten des Stadtumbaus 217<br />

8.4.3 Gesamtfolgekosten von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen 220<br />

8.5 Einfluss von Stadtumbaustrategie <strong>und</strong> Stadtstrukturtyp auf die Kostenentwicklung 227<br />

9 Stadtumbauziele <strong>und</strong> Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der<br />

stadttechnischen Infrastruktur 231<br />

9.1 Stadtumbauziele aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur 231<br />

9.1.1 Berücksichtigung der Stadttechnik im Stadtumbau 232<br />

9.1.2 Rückbau von außen nach innen 233<br />

9.1.3 Dezentrale Versorgung als Alternative? 236


8 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

9.2 Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik 237<br />

9.2.1 Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellierung 238<br />

9.2.2 Schwellenkorridore aus Sicht des Infrastrukturaufwands 242<br />

9.2.3 Schwellenkorridore aus Sicht der technischen Funktionsfähigkeit 245<br />

9.2.4 Schwellenkorridore aus Sicht der Wirtschaftlichkeit 248<br />

9.2.5 Synopse der Schwellenkorridore 251<br />

9.3 Grenzen von Schwellenkorridoren 253<br />

D. Ergebnisse 257<br />

10 Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />

schrumpfender Städte 257<br />

10.1 Stadttechnische <strong>und</strong> stadtplanerische Kriterien im Vergleich 257<br />

10.1.1 Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung 257<br />

10.1.2 Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten 259<br />

10.2 Stadtstrukturtypenspezifische Kriterien 262<br />

11 Bedeutung von stadttechnischen <strong>Dichte</strong>zielen <strong>für</strong> die Steuerung des<br />

Stadtumbaus 269<br />

12 Ausblick: Praktische Anwendung, Handlungsempfehlungen <strong>und</strong><br />

Forschungsbedarf 273<br />

12.1 Anwendungsmöglichkeiten <strong>für</strong> Stadtplaner, Ver- <strong>und</strong> Entsorger <strong>und</strong> Wissenschaftler<br />

12.2 Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Zielgruppen Stadtplaner, Ver- <strong>und</strong> Entsorger <strong>und</strong><br />

273<br />

Wissenschaftler 274<br />

12.3 Erkenntnisgewinn <strong>für</strong> westdeutsche Städte 276<br />

12.4 Weiterer Forschungsbedarf 277<br />

Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis 281<br />

Abbildungsverzeichnis 305<br />

Tabellenverzeichnis 309<br />

Abkürzungsverzeichnis 313<br />

Anhang<br />

Anhang I Geführte Interviews 315<br />

Anhang II Interviewleitfäden 317<br />

Anhang III Entwicklung der Wohnflächeninanspruchnahme je Einwohner von<br />

1968 bis 2002 329<br />

Anhang IV Wohnflächeninanspruchnahme je Einwohner in verschiedenen<br />

Stadtstrukturtypen auf Basis von Daten des Mikrozensus 331<br />

Anhang V Wohnflächeninanspruchnahme je Einwohner in Abhängigkeit von der<br />

Geschossflächendichte 333


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 9<br />

Kurzfassung<br />

<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />

Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />

schrumpfender Städte aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

A. Einleitung: Problemstellung <strong>und</strong> Methodik<br />

<strong>Dichte</strong> ist eine bedeutende stadtplanerische Handlungsgröße, über deren optimale<br />

oder ideale Ausprägung seit jeher intensiv diskutiert wird. Ostdeutsche Städte sind<br />

seit 1989 von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffen, die zu Bevölkerungsverlusten <strong>und</strong><br />

einer starken Ausdünnung der Siedlungsstruktur führen. Besonders von <strong>Schrumpfung</strong>s-<br />

<strong>und</strong> Entdichtungsprozessen betroffen ist die Ver- <strong>und</strong> Entsorgung mit stadttechnischer<br />

Infrastruktur.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> besteht das Ziel dieser Arbeit darin, Kriterien zur Bestimmung<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht<br />

der stadttechnischen Infrastruktur zu ermitteln. Die Betrachtung wird, aufgr<strong>und</strong> der<br />

besonderen Betroffenheit von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen, dabei auf ostdeutsche<br />

Städte beschränkt.<br />

Die Forschungsfrage der Arbeit lautet:<br />

Welche Kriterien können in schrumpfenden Städten angewendet werden, um angemessene<br />

<strong>Dichte</strong>n von Wohnquartieren aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

zu bestimmen?<br />

Zur besseren Einordnung dieser Kriterien werden auch andere Handlungsfelder<br />

betrachtet. So erfolgt zunächst eine umfassende Analyse städtebaulicher <strong>Dichte</strong>ziele.<br />

Ebenso werden Kriterien aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur, Freiraumversorgung<br />

<strong>und</strong> Wohnungsnachfrage dargestellt, um die stadttechnischen Kriterien<br />

besser einschätzen zu können.<br />

Adressaten der Arbeit sind diejenigen Akteure, die sich mit Fragen der Stadttechnik<br />

im Zuge des Stadtumbaus beschäftigen wie Mitarbeiter <strong>und</strong> Verbandsvertreter der<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft, Stadtplaner <strong>und</strong> Wissenschaftler.<br />

Das methodische Vorgehen stützt sich auf die vier Bausteine:<br />

- Literaturauswertung,<br />

- Auswertung sek<strong>und</strong>ärstatistischer Daten,<br />

- leitfadengestützte Experteninterviews <strong>und</strong><br />

- Modellrechnungen.<br />

B. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadtplanung<br />

Gr<strong>und</strong>lagen zur Ermittlung von Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

Das Problem bei der Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n besteht darin, dass aus<br />

Sicht verschiedener stadtplanerischer Handlungsfelder unterschiedliche Ansprüche<br />

an den anzustrebenden Grad der Verdichtung resultieren. Während z. B. verkehrstechnische,<br />

soziale <strong>und</strong> stadttechnische Infrastrukturen hohe Mindestdichten innerhalb<br />

ihres Einzugs- <strong>und</strong> Versorgungsbereichs erfordern, werden aus Sicht der Freiraumversorgung<br />

<strong>und</strong> der Sicherung eines nachfragegerechten Wohnraums geringere<br />

<strong>Dichte</strong>n angestrebt.


10 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Als angemessen wird die <strong>Dichte</strong> dann angesehen, wenn zum einen eine ausreichende<br />

<strong>Dichte</strong> besteht, um die infrastrukturelle Versorgung zu tragbaren Kosten zu<br />

sichern <strong>und</strong> zum anderen die Präferenzen nach aufgelockerten Wohnformen sowie<br />

die kleinräumigen Grenzen der Verdichtung aus Sicht der Freiraumversorgung Berücksichtigung<br />

finden.<br />

Es ist nicht sinnvoll, <strong>für</strong> das gesamte Gebiet einer Stadt einen einheitlichen Verdichtungsgrad<br />

zu definieren. Vielmehr sollte die kleinräumige städtische Heterogenität<br />

berücksichtigt werden. Hierzu werden Stadtstrukturtypen verwendet. Diese unterscheiden<br />

Bebauungsstrukturen anhand typischer, nach Baualtersklassen abgegrenzter<br />

Bebauungstypen, die jeweils durch spezifische <strong>Dichte</strong>n gekennzeichnet<br />

sind. Verwendet werden die folgenden Stadtstrukturtypen:<br />

- Block (Altbau in traditioneller Blockstruktur),<br />

- Platte (Großwohnsiedlung in Plattenbauweise),<br />

- Zeile (Wohnbebauung in Zeilenform),<br />

- Geschosswohnungsbau nach 1990 <strong>und</strong><br />

- Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser.<br />

Entsprechend aktueller Diskussionen zum Umgang mit quantifizierten Zielvorgaben<br />

in der Planung wird davon ausgegangen, dass quantifizierte Ziele einen wichtigen<br />

Beitrag zur Realisierung einer nachhaltigen Stadtentwicklung leisten können, allerdings<br />

einer Anpassung im Zuge lokaler Entscheidungsprozesse sowie einer Ergänzung<br />

um qualitative Zielvorstellungen bedürfen.<br />

Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele seit dem Zweiten Weltkrieg<br />

Die Definition von Zielen der <strong>Dichte</strong>entwicklung hat eine lange Tradition im Städtebau.<br />

In Deutschland wechseln sich seit dem Zweiten Weltkrieg Zielvorstellungen der<br />

Verdichtung <strong>und</strong> Entdichtung kontinuierlich ab.<br />

- Das die Nachkriegszeit bestimmende Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten<br />

Stadt (1940-1960) zielte auf vergleichsweise geringe <strong>Dichte</strong>n mit Geschossflächenzahlen<br />

von 0,4-0,6, die ein Wohnen im Einfamilienhaus mit eigenem<br />

Garten ermöglichten, wenn auch in verdichteter Bauweise.<br />

- Im Gegensatz dazu strebte das Leitbild der Urbanität durch <strong>Dichte</strong> (1960-1975)<br />

an, durch bauliche <strong>und</strong> funktionale Verdichtung bei Geschossflächenzahlen von<br />

1,3-2,0 <strong>und</strong> Einwohnerdichten von 400-600 Einwohnern je ha Nettowohnbauland<br />

die Entstehung von Urbanität zu ermöglichen.<br />

- Darauf folgte eine Abkehr von der Verdichtung mit den Leitbildern der behutsamen<br />

Stadterneuerung, Innenentwicklung <strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>n Stadt (1975-<br />

1990). Geschossflächenzahlen von 0,7-0,8 wurden jetzt als Obergrenze der Verdichtung<br />

angesehen.<br />

- In den 1990er Jahren entwickelten sich parallel zwei Ansätze. Das Leitbild der<br />

kompakten europäischen Stadt ist auf die Realisierung verdichteter städtischer<br />

Strukturen gerichtet, um ressourceneffiziente, verkehrssparsame <strong>und</strong> urbane<br />

Strukturen zu ermöglichen, bei Geschossflächenzahlen von 0,7-4,0. Im Gegensatz<br />

dazu beschreiben die Zwischen- <strong>und</strong> die Netzstadt, als deskriptive Modelle,<br />

die Entstehung disperser Siedlungsstrukturen verringerter <strong>Dichte</strong>n. In der Diskussion<br />

um den Umgang mit der Zwischenstadt wird da<strong>für</strong> plädiert, die Tendenzen<br />

der permanenten Entdichtung anzuerkennen <strong>und</strong> sich um eine Nutzung de-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 11<br />

ren spezifischer Qualität zu bemühen. Mit Geschossflächenzahlen von 0,4-0,6 <strong>für</strong><br />

suburbane Wohnbebauung soll auch hier ein Mindestmaß an Verdichtung gewährleistet<br />

werden.<br />

- Im Gegensatz zu den Zielvorstellungen angemessener <strong>Dichte</strong>n in der BRD wurden<br />

in der DDR durchgehend hohe <strong>Dichte</strong>n angestrebt mit Geschossflächenzahlen<br />

von 1,0-1,7. Aufgr<strong>und</strong> der geringen individuellen Wohnflächeninanspruchnahme<br />

von 18 m² je Einwohner konnten dabei Einwohnerdichten zwischen 400<br />

<strong>und</strong> 600 Einwohnern je ha Nettowohnbauland erzielt werden.<br />

Die Auseinandersetzung mit den städtebaulichen Dichtzielen verdeutlicht zum einen,<br />

dass Ziele angemessener <strong>Dichte</strong>n stets wesentlich durch die vorherrschenden<br />

Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Zielvorstellungen bestimmt sind. Zum anderen werden<br />

die vielfältigen Vor- <strong>und</strong> Nachteile von Verdichtung bzw. Auflockerung aufgezeigt.<br />

Für Verdichtung sprechen insbesondere eine flächen- <strong>und</strong> ressourcensparende<br />

Siedlungsentwicklung sowie die Verwirklichung urbaner Lebensstile. Für Auflockerung<br />

spricht, dass die sozialen <strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>n Grenzen der Verdichtung gewahrt<br />

<strong>und</strong> zudem Präferenzen nach aufgelockerten Wohnformen erfüllt werden<br />

können.<br />

<strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten<br />

In zahlreichen ostdeutschen Städten vollzieht sich derzeit eine permanente Ausdünnung<br />

der Siedlungsstruktur.<br />

- Die Rückgänge der Einwohnerdichte liegen auf der Ebene der B<strong>und</strong>esländer <strong>und</strong><br />

Kreise bei bis zu 20 %, auf der städtischen Ebene bei bis zu 50 % <strong>und</strong> auf teilstädtischer<br />

Ebene bei bis zu 70 %. Ursächlich <strong>für</strong> diese <strong>Dichte</strong>rückgänge sind<br />

zwei parallele Prozesse: Erstens erleiden viele ostdeutsche Städte seit 1989 einen<br />

erheblichen Bevölkerungsverlust. Zweitens erfolgt trotz des Bevölkerungsverlusts<br />

eine weitere Ausdehnung der Siedlungsfläche. Wohnungsleerstände im<br />

Zuge des Bevölkerungsrückgangs führen zu einer Entkoppelung von Bebauungs-<br />

<strong>und</strong> Einwohnerdichten.<br />

- Entsprechend der Bevölkerungsprognosen <strong>für</strong> Ostdeutschland, die aufgr<strong>und</strong> des<br />

sich fortsetzenden demographischen Wandels von weiteren Bevölkerungsverlusten<br />

ausgehen, wird sich die Entdichtung der Siedlungsstruktur auch in die Zukunft<br />

fortsetzen.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Entdichtungsprozesse stellt sich die Frage nach der<br />

angemessenen <strong>Dichte</strong> in einem neuen Kontext. Daher werden derzeit Leitvorstellungen<br />

der Siedlungsentwicklung in schrumpfenden Städten diskutiert, die erste<br />

Ansätze zur Definition von <strong>Dichte</strong>zielen liefern:<br />

- Die ‚Kontraktion’ zielt dabei auf eine Sicherung der Verdichtung in einem kompakten<br />

Siedlungskern.<br />

- Die ‚Fragmentierung’ strebt eine polyzentrale Siedlungsstruktur bestehend aus<br />

mehreren verdichteten Kernen in einem entdichteten Landschaftsraum an.<br />

- Die ‚Perforation’ beschreibt die Entstehung disperser Siedlungsstrukturen mit<br />

einem kleinräumigen Nebeneinander von dichten <strong>und</strong> aufgelockerten Bereichen,<br />

allerdings ausgehend von einem geringen <strong>Dichte</strong>niveau.<br />

- Die ‚Dispersion’ steht <strong>für</strong> die Sicherung hoher Lebensqualität in Siedlungsstrukturen<br />

deutlich verringerter <strong>Dichte</strong>n.


12 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Trotz dieser Zielvorstellungen fehlt es bisher an f<strong>und</strong>ierten Zielsetzungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

<strong>für</strong> schrumpfende Städte, insbesondere im Hinblick auf quantifizierte<br />

Zielwerte.<br />

Zur Bewältigung von <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozessen steht das B<strong>und</strong>-<br />

Länder-Programm Stadtumbau Ost zur Verfügung. Dieses Programm fördert den<br />

Rückbau nicht mehr benötigter Wohnungen sowie die Aufwertung <strong>und</strong> Attraktivierung<br />

verbleibender Wohngebiete schrumpfender Städte <strong>und</strong> hat damit einen wohnungswirtschaftlichen<br />

Schwerpunkt. Die Zwischenevaluierung des Programms zeigt<br />

die Notwendigkeit eines integrierten Stadtumbaus, der neben der Wohnungswirtschaft<br />

eine Vielzahl weiterer Sektoren <strong>und</strong> Akteure einbezieht. Deutlich werden<br />

auch die Grenzen eines dispersen Rückbaus, der vor allem die Tragfähigkeit der<br />

stadttechnischen Infrastruktur gefährdet.<br />

Angemessene <strong>Dichte</strong>n aus Sicht stadtplanerischer Handlungsfelder<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Notwendigkeit eines integrierten Stadtumbaus werden<br />

qualitative <strong>und</strong> quantifizierte Ziele angemessener <strong>Dichte</strong>n aus der Perspektive verschiedener<br />

stadtplanerischer Handlungsfelder auf Basis einer umfangreichen Literaturauswertung<br />

zusammengestellt <strong>und</strong> diskutiert, bevor – als Fokus der Arbeit – eine<br />

Ableitung von Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik<br />

erfolgt. Betrachtet werden der Verkehr, die soziale Infrastruktur, die Freiraumversorgung<br />

sowie die Wohnungsnachfrage.<br />

Siedlungsstrukturen geringerer <strong>Dichte</strong> verursachen einen höheren Verkehrsaufwand,<br />

eine höhere Abhängigkeit vom MIV sowie einen höheren Bedarf an Verkehrserschließungsfläche.<br />

- Im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen geht die Nachfrage nach Verkehrsleistungen<br />

zurück. Besonders von den Nachfragerückgängen ist der ÖPNV betroffen,<br />

der <strong>für</strong> seine wirtschaftliche Tragfähigkeit Mindestdichten im Einzugsbereich der<br />

Haltestellen erfordert. In gering verdichteten ländlichen Räumen kann der ÖPNV<br />

bereits heute nur noch mit massiven öffentlichen Zuschüssen gewährleistet werden.<br />

- Um die Erreichbarkeit von Angeboten der Daseinsvorsorge zu ermöglichen, ist<br />

eine Sicherung ausreichender <strong>Dichte</strong>n entlang der Erschließungsachsen des<br />

ÖPNV erforderlich, z. B. durch Nachverdichtung bestehender Siedlungsbestände<br />

<strong>und</strong> einen konzentrierten Rückbau nicht mehr benötigter Wohnungen. Gerade<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen kommt einer integrierten Siedlungs-<br />

<strong>und</strong> Verkehrsentwicklung eine besondere Bedeutung zu.<br />

Einrichtungen der sozialen Infrastruktur werden in Abhängigkeit von der Mindestbetriebsgröße<br />

der Einrichtung, der zumutbaren Entfernung <strong>für</strong> die Nutzer <strong>und</strong> der<br />

<strong>Dichte</strong> im Einzugsbereich dimensioniert <strong>und</strong> verortet. Je höher die <strong>Dichte</strong> im Einzugsbereich,<br />

in desto geringerer Entfernung kann die Versorgung mit sozialer Infrastruktur<br />

sichergestellt werden.<br />

- Im Zuge des demographischen Wandels nehmen gerade <strong>für</strong> die Bereiche Kindergarten<br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schule die Zahlen der potenziellen Nutzer ab. Betrug z. B.<br />

Ende der 1970er Jahre der Anteil eines Kindergartenjahrgangs an der Gesamtbevölkerung<br />

in Westdeutschland noch 1,13 %, macht dieser aktuell in Sachsen<br />

lediglich 0,75 % der Gesamtbevölkerung aus. Damit steigt die Zahl der insgesamt<br />

erforderlichen Einwohner im Einzugsbereich eines Kindergartens. Gängige<br />

Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte sind deshalb anzupassen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 13<br />

- <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge führen zu abnehmenden Nutzerzahlen<br />

der sozialen Infrastruktur <strong>und</strong> steigenden Kosten <strong>für</strong> die Träger der Einrichtungen.<br />

Für Gr<strong>und</strong>schulen wird z. B. davon ausgegangen, dass bei einem<br />

Rückgang der Schülerzahlen um mehr als 40 bis 50 % ein überproportionaler<br />

Anstieg der spezifischen Gesamtkosten pro Schüler erfolgt.<br />

- Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sollten im Einzugsbereich von Einrichtungen der sozialen<br />

Infrastruktur ausreichende <strong>Dichte</strong>n gesichert werden, um eine langfristige Finanzierbarkeit<br />

des Zugangs aller Bevölkerungsgruppen zu Angeboten der sozialen<br />

Daseinsvorsorge sicherzustellen.<br />

Auch die Freiraumversorgung steht in enger Wechselwirkung mit der städtebaulichen<br />

<strong>Dichte</strong>. Das potenzielle Angebot an Freiräumen wird über die Bebauungsdichte<br />

bestimmt, während die Nachfrage nach Freiräumen aus der Einwohnerdichte<br />

resultiert.<br />

- Bisher werden in Bezug auf eine angemessene Freiraumversorgung vor allem<br />

Maximaldichten diskutiert. So kann eine private Freifläche von 15 m² je Einwohner<br />

bei viergeschossiger Bauweise noch bis zu einer Geschossflächenzahl von<br />

1,1 gewährleistet werden.<br />

- <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozesse bieten gerade in verdichteten Stadtstrukturen<br />

zunächst die Chance einer Verbesserung der Freiraumversorgung. Allerdings<br />

bestehen auch Grenzen der Entdichtung. Bei einem Übermaß an freien<br />

Flächen werden diese zunehmend als Leere <strong>und</strong> als Zeichen mangelnder Urbanität<br />

erlebt. Gerade bei Freiräumen spezifischer Funktionen wie z. B. Sportflächen<br />

kann es im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozessen zu Versorgungsdefiziten<br />

kommen, wenn keine ausreichenden Finanzmittel <strong>für</strong> deren<br />

Unterhaltung mehr zur Verfügung stehen.<br />

Wechselwirkungen bestehen auch zwischen städtebaulicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage.<br />

Verschiedene Wohnbauformen, die jeweils von unterschiedlichen<br />

Nachfragergruppen bevorzugt werden, unterscheiden sich in ihrer <strong>Dichte</strong>.<br />

- Gerade auf Nachfragermärkten, wie sie derzeit in zahlreichen ostdeutschen<br />

Städten bestehen, sind Wohnwünsche entscheidend da<strong>für</strong>, welche Wohnungsbestände<br />

dauerhaft nachgefragt werden <strong>und</strong> in welchen Wohnungsbeständen<br />

sich Leerstände konzentrieren (werden). Auch wenn Wohnwünsche nach aufgelockerten<br />

Wohnformen bisher dominieren, werden in jüngerer Zeit verstärkt<br />

Wohnwünsche nach dichten <strong>und</strong> nutzungsgemischten Quartieren konstatiert, die<br />

die Organisation des Alltags sowie die Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie erleichtern.<br />

Die Präferenz <strong>für</strong> höhere <strong>Dichte</strong>n zeigt sich jedoch nur bei wenigen Lebensstiltypen<br />

wie z. B. bei jüngeren Haushalten mit einer starken Karriere- <strong>und</strong><br />

Freizeitorientierung <strong>und</strong> bei älteren Haushalten.<br />

- So dominiert auf den Wohnungsmärkten ostdeutscher Städte aktuell die Nachfrage<br />

nach gering verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern. Besonders von<br />

Nachfragerückgängen <strong>und</strong> damit Leerständen betroffen sind die Bestände des<br />

gründerzeitlichen Altbaus (mit abnehmender Tendenz) <strong>und</strong> die Plattenbaubestände<br />

der DDR (mit zunehmender Tendenz). Für die künftige Entwicklung der<br />

Wohnungsnachfrage in ostdeutschen Städten wird von einer Fortsetzung dieses<br />

Trends ausgegangen. Um langfristig eine Gefährdung der Tragfähigkeit von sozialen,<br />

verkehrs- <strong>und</strong> stadttechnischen Infrastrukturen zu vermeiden, sollten die<br />

verdichteten Wohnungsbestände des ‚Blocks’ <strong>und</strong> der ‚Platte’ so aufgewertet<br />

werden, dass sie den Bedürfnissen der Nachfrager gerecht werden. Hierzu gehö-


14 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

ren z. B. die Aufwertung des Wohnumfelds oder die Schaffung preiswerten altengerechten<br />

Wohnraums.<br />

Tabelle I stellt die quantifizierten Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von<br />

Verkehr, sozialer Infrastruktur <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage zusammenfassend dar. Die<br />

Zielwerte aus Sicht des Verkehrs <strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur wurden dabei auf<br />

Basis differenzierter Annahmen der Ausstattungsstandards der Stadtstrukturtypen<br />

errechnet. Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Wohnungsnachfrage<br />

werden anhand der <strong>Dichte</strong>ziele städtebaulicher Leitbilder abgeleitet, die typischen<br />

Lebensstilen <strong>und</strong> Wohnpräferenzen entsprechen.<br />

Quantifizierte Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Freiraumversorgung<br />

lassen sich aufgr<strong>und</strong> des starken Bezugs zur subjektiven Wahrnehmung bisher<br />

nicht bestimmen. Allerdings ergeben sich qualitative Zielkriterien angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n. So sollten vor allem in den verdichteten Stadtstrukturtypen (gründerzeitliche<br />

Blockbebauung, Plattenbausiedlungen) Entdichtungsprozesse genutzt werden,<br />

um Freiraumversorgungsdefizite sowohl in Quantität als auch in Qualität auszugleichen.<br />

Die ungesteuerte Entstehung großflächiger Brachen infolge massiver Entdichtungsprozesse<br />

ist hingegen zu vermeiden.<br />

Tabelle I: Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur<br />

<strong>und</strong> Wohnungsnachfrage<br />

Stadtstrukturtypen<br />

(Abkürzung)<br />

Altbau in traditioneller<br />

Blockstruktur<br />

(Block)<br />

Großwohnsiedlung in<br />

Plattenbauweise<br />

(Platte)<br />

Wohnbebauung in<br />

Zeilenform (Zeile)<br />

Geschosswohnungsbau<br />

nach 1990<br />

Ein- <strong>und</strong><br />

Zweifamilienhäuser<br />

Bildbeispiel<br />

(Fotos: IÖR)<br />

GFZ<br />

Verkehr<br />

EW je<br />

ha netto<br />

C. <strong>Dichte</strong>, <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik<br />

Soziale<br />

Infrastruktur<br />

GFZ<br />

EW je<br />

ha netto<br />

Wohnungs-<br />

nachfrage<br />

GFZ<br />

EW je<br />

ha netto<br />

0,6-1,2 140-260 0,5-1,0 110-210 0,6-2,0 130-440<br />

0,5-1,2 140-330 0,4-0,8 100-210 0,7-1,2 190-330<br />

0,6-0,9 140-230 0,4-0,6 100-140 0,6-1,0 150-250<br />

0,3-0,9 60-190 0,5-0,7 110-140 0,6-1,0 130-210<br />

0,1-0,4 20-80 0,3-0,35 60-70 0,4-0,6 80-120<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Liniengeb<strong>und</strong>enheit <strong>und</strong> der hohen Fixkostenintensität sind die Medien<br />

der stadttechnischen Infrastruktur – <strong>und</strong> hier vor allem die Trinkwasserver- <strong>und</strong><br />

Abwasserentsorgung sowie die Fernwärmeversorgung – besonders von <strong>Schrumpfung</strong>s-<br />

<strong>und</strong> Entdichtungsprozessen betroffen. Während die Trinkwasserver- <strong>und</strong> die<br />

Abwasserentsorgung vor allem von einem Rückgang der Einwohnerdichte betroffen


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 15<br />

sind, ist <strong>für</strong> die Fernwärmeversorgung der Rückgang der angeschlossenen Wohnfläche<br />

<strong>und</strong> damit der Bebauungsdichte ausschlaggebend.<br />

Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong><br />

Zwischen der stadttechnischen Infrastruktur <strong>und</strong> der <strong>Dichte</strong> bestehen vielfältige<br />

Wechselwirkungen, die im Folgenden erläutert werden.<br />

Der spezifische Erschließungsaufwand pro Kopf sinkt bei zunehmender <strong>Dichte</strong><br />

<strong>und</strong> steigt bei abnehmender <strong>Dichte</strong>.<br />

- Regressionsanalytische Untersuchungen haben ergeben, dass der spezifische<br />

Erschließungsaufwand (als m Kanalisation je Einwohner) bei einem Anstieg der<br />

Einwohnerdichte um 1 % um bis zu 0,3-0,5 % abnehmen kann.<br />

- Während in verdichteten Stadtstrukturtypen (gründerzeitliche Blockbebauung,<br />

Plattenbausiedlungen) der Erschließungsaufwand bei etwa 1 m Kanalisation je<br />

Einwohner liegt, beträgt dieser Aufwand in gering verdichteten Einfamilienhaussiedlungen<br />

das Zwei- bis Siebenfache <strong>und</strong> in ländlichen dispersen Siedlungsstrukturen<br />

bis zum Zehnfachen.<br />

- Analog zum Erschließungsaufwand nimmt auch die Stoffintensität der Erschließung<br />

mit sinkenden <strong>Dichte</strong>n zu <strong>und</strong> steigt unterhalb einer Geschossflächendichte<br />

von 0,5 überproportional an.<br />

- Die Fernwärmeversorgung ist auf eine hohe <strong>Dichte</strong> des Abnahmeaufkommens<br />

(auch als Liniendichte bezeichnet) angewiesen, die mit Hilfe der Wärmebedarfsdichte<br />

ausgedrückt werden kann. Diese ist in verdichteten Stadtstrukturtypen<br />

deutlich höher als in gering verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten.<br />

Die spezifischen Pro-Kopf-Kosten <strong>für</strong> die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

sinken bei steigender <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> nehmen mit abnehmender <strong>Dichte</strong> zu.<br />

- In Gebieten disperser Siedlungsstruktur ist der hohe einwohnerspezifische Erschließungsaufwand<br />

(in m Leitungsnetz je Einwohner) ausschlaggebend <strong>für</strong> die<br />

hohen Kosten der infrastrukturellen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung, da das Leitungsnetz<br />

mit 65-80 % der ausschlaggebende Kostenfaktor ist. In Gebieten extremer Verdichtung<br />

steigen die spezifischen Kosten aufgr<strong>und</strong> des sehr hohen Verlegeaufwands<br />

entsprechend eines u-förmigen Kostenverlaufs wieder an, allerdings nicht<br />

so stark wie in Gebieten geringer <strong>Dichte</strong>n.<br />

- Die Wirtschaftlichkeit der Fernwärmeversorgung ermittelt sich anhand von Wirtschaftlichkeitsgrenzen,<br />

die als Wärmebedarfsdichte angegeben werden. Eine<br />

wirtschaftliche Fernwärmeversorgung ist demnach vor allem in den verdichteten<br />

Stadtstrukturtypen Block <strong>und</strong> Platte aber auch Zeile möglich.<br />

- Die nach der <strong>Dichte</strong> variierenden Kosten der infrastrukturellen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

spiegeln sich bisher jedoch nicht in den Tarifen wider, so dass Bewohner<br />

dichter <strong>und</strong> damit kostengünstig zu erschließender Gebiete die hohen Kosten in<br />

gering verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten mit tragen müssen.<br />

Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Stadttechnik<br />

Entsprechend der vielfältigen Wechselwirkungen zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> stadttechnischer<br />

Infrastruktur haben <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge vielfältige<br />

Auswirkungen auf den Aufwand, die technische Funktionsfähigkeit sowie die spezifischen<br />

Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung.


16 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

<strong>Dichte</strong>rückgänge führen zu Nachfragerückgängen bei den stadttechnischen Medien.<br />

Diese Nachfragerückgänge erfolgen in Kombination mit allgemeinen Verbrauchsrückgängen<br />

in Folge des technischen Fortschritts sowie eines kostenbewussten<br />

Verhaltens <strong>und</strong> führen insgesamt zu massiven Nachfragerückgängen bei<br />

den stadttechnischen Medien. So beträgt bereits heute die Auslastung der stadttechnischen<br />

Systeme nur noch 20-40 % des Bemessungswerts.<br />

<strong>Dichte</strong>rückgänge im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen führen zu einer Steigerung<br />

des spezifischen Erschließungsaufwands.<br />

- So hat der spezifische Erschließungsaufwand, gemessen als m Kanalisation je<br />

Einwohner, in den Neuen Ländern von 2001-2004 um 6,5 % (in Sachsen) bis<br />

9,1 % (in Sachsen-Anhalt) zugenommen.<br />

- Bei einer Fortsetzung disperser <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse ist von weiteren Aufwandssteigerungen<br />

auszugehen. Modellrechnungen haben ergeben, dass der<br />

spezifische Erschließungsaufwand (in m Kanallänge je Einwohner) bei extremen<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen – wie z. B. in Hoyerswerda – ohne einen Rückbau der<br />

Kanalnetze bis 2020 um bis zu 72 % ansteigen kann (ausgehend vom Basisjahr<br />

2001).<br />

- Ebenso haben Modellrechungen gezeigt, dass bei disperser <strong>Schrumpfung</strong> mit<br />

einem Bevölkerungsrückgang von 50 % auf der Quartiersebene ein um bis zu<br />

280 % höherer Erschließungsaufwand entstehen kann. Der spezifische Materialaufwand<br />

kann sich bei dispersen <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen mit Leerständen von<br />

50 % verdoppeln.<br />

Unterauslastungen der stadttechnischen Infrastruktur, wie sie in Folge des Zusammenwirkens<br />

von allgemeinen Verbrauchsrückgängen <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen entstehen,<br />

beeinträchtigen die technische Funktionsfähigkeit. Während es bei der<br />

Trinkwasser- <strong>und</strong> Fernwärmeversorgung möglich ist, die Funktionsfähigkeit durch<br />

betriebstechnische Maßnahmen aufrecht zu erhalten, kann es bei der Abwasserentsorgung<br />

zu einem vollständigen Funktionsverlust kommen, wenn die Netze nur noch<br />

zu etwa 30 % in Bezug zum Bemessungswert ausgelastet sind.<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sbedingte <strong>Dichte</strong>rückgänge führen weiterhin zu Kostensteigerungen<br />

der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung.<br />

- Den größten Anteil an diesen Kostensteigerungen haben dabei die Kostenremanenzen,<br />

d. h. die Steigerungen der einwohnerspezifischen Kosten, die dann entstehen,<br />

wenn in Folge von Nachfragerückgängen die verbleibenden Fixkosten<br />

auf immer weniger Nutzer verteilt werden. Aufgr<strong>und</strong> der Kostenremanenzen<br />

nehmen die einwohnerspezifischen Kostensteigerungen bei Bevölkerungsrückgängen<br />

von über 50 bis 60 % einen exponentiellen Verlauf an. Bei einem Bevölkerungsrückgang<br />

von 80 % steigen die einwohnerspezifischen Kosten der Stadttechnik<br />

zum Beispiel um 300 % an, wenn ein Fixkostenanteil von 70 % angenommen<br />

wird.<br />

- Direkte Folgekosten, die im Zuge von Stadtumbaumaßnahmen entstehen, sind<br />

Betriebskostensteigerungen durch Unterauslastung, die sich jedoch bisher im<br />

Umfang weniger Prozentpunkte bewegen. Weiterhin entstehen Kosten <strong>für</strong> Stilllegung,<br />

Rückbau <strong>und</strong> Netzanpassung. Eine mangelnde Berücksichtigung der<br />

Stadttechnik im Stadtumbau kann bei den Kosten <strong>für</strong> Rückbau <strong>und</strong> Netzanpassung<br />

zu 40-60 % höheren Kosten führen, wie das Beispiel des Gebiets Turower<br />

Straße in Cottbus verdeutlicht. Hinzu kommen Restbuchwertverluste von 8-20 €<br />

je m² Wohnfläche.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 17<br />

- Die Gesamtfolgekosten von dispersen <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen im Vergleich zu<br />

konzentrierten <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen sind, so die Ergebnisse ausgewerteter<br />

Modellrechnungen, um bis zu 15-20 % höher. Neben einer Sicherung ausreichender<br />

<strong>Dichte</strong>n können diese Folgekosten insbesondere auch durch eine Optimierung<br />

der Rückbaureihenfolge aus Sicht der Stadttechnik reduziert werden.<br />

Stadtumbauziele <strong>und</strong> Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der<br />

stadttechnischen Infrastruktur<br />

Wesentlicher Inhalt der Arbeit ist die Ermittlung von Stadtumbauzielen <strong>und</strong> Schwellenkorridoren<br />

minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der starken Betroffenheit der Stadttechnik von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen ergeben sich aus Sicht der Stadttechnik spezifische Stadtumbauziele.<br />

So ist aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur zunächst deren<br />

stärkere Berücksichtigung im Stadtumbau eine unabdingbare Voraussetzung. Anzustreben<br />

ist ein Rückbau von außen nach innen, der durch eine koordinierte Stadtumbau-<br />

<strong>und</strong> Infrastrukturplanung abgesichert ist. In ländlichen Gebieten sehr geringer<br />

<strong>Dichte</strong> kann eine Systemumstellung auf dezentrale Versorgung eine Alternative<br />

darstellen.<br />

Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik werden – auf<br />

Gr<strong>und</strong> des bisherigen Fehlens ausreichender Erfahrungswerte – auf Basis verschiedener<br />

Modellrechnungen bestimmt:<br />

1. Anhand der Schwelle der überproportionalen Steigerung des Infrastrukturaufwands,<br />

2. anhand der Schwelle eines vollständigen technischen Funktionsverlusts sowie<br />

3. anhand der Schwellen der ökonomischen Tragfähigkeit.<br />

Insgesamt zeigt sich, dass die Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit der stadttechnischen<br />

Infrastruktur bis zu Bevölkerungsrückgängen von 40-50 % in Bezug<br />

zum Bemessungswert aufrecht erhalten werden kann. Tragfähigkeitsschwellen können<br />

allerdings früher erreicht werden, wenn Netze <strong>und</strong> Anlagen bereits vor Beginn<br />

der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse nicht entsprechend ihrer Dimensionierung ausgelastet<br />

waren. Dies gilt ebenso <strong>für</strong> gering verdichtete Siedlungsstrukturen, in denen der<br />

Erschließungsaufwand bei Rückgängen der Einwohnerdichten schnell eine hohe<br />

absolute Steigerung erfährt. Auch werden bei der Fernwärmeversorgung Wirtschaftlichkeitsschwellen<br />

deutlich schneller erreicht.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> stadttechnischen Ausstattungsstandards<br />

der Stadtstrukturtypen sind Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n nach Stadtstrukturtypen<br />

zu differenzieren. Die folgende Tabelle II stellt die quantifizierten Kriterien<br />

zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

zusammenfassend dar.<br />

Allerdings bestehen auch Grenzen der Bestimmung <strong>und</strong> Anwendung dieser<br />

Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n wie zum Beispiel eine mangelnde Datenverfügbarkeit<br />

<strong>und</strong> Schwierigkeiten bei der Einschätzung des Gewichts weiterer Einflussfaktoren.


18 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Tabelle II: Quantifizierte Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />

Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht der Stadttechnik<br />

Stadtstrukturtypen<br />

(Abkürzung)<br />

Altbau in traditioneller<br />

Blockstruktur<br />

(Block)<br />

Großwohnsiedlung in<br />

Plattenbauweise<br />

(Platte)<br />

Wohnbebauung in<br />

Zeilenform (Zeile)<br />

Geschosswohnungsbau<br />

nach 1990<br />

Ein- <strong>und</strong><br />

Zweifamilienhäuser<br />

D. Ergebnisse<br />

Bildbeispiel<br />

(Fotos: IÖR)<br />

Infrastrukturaufwand<br />

GFZ<br />

EW je<br />

ha netto<br />

Funktionsfähigkeit<br />

GFZ<br />

EW je<br />

ha netto<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

GFZ<br />

EW je<br />

ha netto<br />

0,4-1,3 90-270 0,5-1,4 100-310 0,4-1,1 80-250<br />

0,4-0,8 100-200 0,5-0,8 110-230 0,4-1,0 90-270<br />

0,3-0,7 80-160 0,3-0,7 80-160 0,3-0,7 70-180<br />

0,3-0,6 60-130 - - 0,2-0,65 50-110<br />

>0,3 >60 0,2-0,4 30-80 0,1-0,3 30-70<br />

Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />

schrumpfender Städte<br />

Zentrales Ergebnis der Arbeit sind die qualitativen <strong>und</strong> quantifizierten Kriterien zur<br />

Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur,<br />

die erstmals differenziert <strong>für</strong> Stadtstrukturtypen entwickelt wurden. In Form von<br />

Steckbriefen werden diese Kriterien zusammenfassend dargestellt <strong>und</strong> weiteren<br />

Kriterien aus Sicht anderer stadtplanerischer Handlungsfelder gegenübergestellt.<br />

Ein Vergleich der <strong>Dichte</strong>ziele aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur mit denjenigen<br />

aus Sicht der anderen stadtplanerischen Handlungsfelder verdeutlicht, dass<br />

diese einander zum Teil widersprechen. Während die stadttechnische Infrastruktur<br />

(<strong>und</strong> auch der Verkehr) vor allem kompakte <strong>Schrumpfung</strong>sformen erfordern, können<br />

stärkere Ausdünnungen der Siedlungsstrukturen Vorteile im Hinblick auf die Freiraumversorgung<br />

oder die Bereitstellung eines nachfragegerechten Wohnungsangebots<br />

bieten.<br />

Ein Vergleich der quantifizierten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n (s. Tabellen I,<br />

II) zeigt, dass die Sicherung einer funktionsfähigen <strong>und</strong> ökonomisch tragfähigen<br />

Stadttechnik geringere <strong>Dichte</strong>n erfordert als die Sicherung eines angemessenen<br />

ÖPNV-Angebots. Tendenziell – jedoch nicht generell – benötigt die Stadttechnik<br />

höhere <strong>Dichte</strong>n als die soziale Infrastruktur. Insbesondere in Strukturtypen geringerer<br />

<strong>Dichte</strong> ist die Beibehaltung derzeitiger Versorgungsqualitäten der sozialen Infrastruktur<br />

jedoch auf ähnlich hohe oder sogar höhere <strong>Dichte</strong>n angewiesen als die Sicherung<br />

der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung.<br />

Insgesamt hat sich gezeigt, dass derzeitige Standards der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung bei<br />

ungesteuerter Entdichtung weder finanzierbar noch ökologisch tragfähig sind. Somit


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 19<br />

können die in dieser Arbeit ermittelten Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten einen wichtigen Beitrag zur Steuerung des<br />

Stadtumbaus leisten.<br />

Ausblick: Praktische Anwendung <strong>und</strong> Handlungsempfehlungen<br />

Die Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n sind nicht als normative Zielwerte zu verstehen,<br />

sondern als eine wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierte Planungsgr<strong>und</strong>lage, die im<br />

Rahmen lokaler Planungsprozesse einer Anpassung sowie einer Ergänzung um<br />

qualitative Kriterien bedürfen. Ihre Umsetzung können die <strong>Dichte</strong>ziele über die Erarbeitung<br />

lokaler <strong>Dichte</strong>modelle, über eine Integration in städtebauliche Entwicklungskonzepte<br />

nach § 171b BauGB sowie über einen Eingang in die Flächennutzungs<strong>und</strong><br />

Bebauungsplanung erhalten.<br />

Ebenso können die Kriterien einen Beitrag dazu leisten, die Belange der stadttechnischen<br />

Infrastruktur im Zuge einer koordinierten Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung<br />

in Stadtumbauprozesse einzubringen, da stadttechnische Dimensionierungsgrößen<br />

in stadtplanerisch relevante <strong>Dichte</strong>größen transformiert werden. Damit können<br />

die Ergebnisse der Arbeit sowohl von Stadtplanern als auch von Akteuren der<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft genutzt werden.<br />

Auch wenn die Ergebnisse der Arbeit vor dem Hintergr<strong>und</strong> derzeitiger <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />

in ostdeutschen Städten erarbeitet wurden, ergibt sich ebenso ein<br />

Erkenntnisgewinn <strong>für</strong> westdeutsche Städte, die in Zukunft verstärkt von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

betroffen sein werden: Um dauerhaft eine hohe <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

finanzierbare städtische Lebensqualität zu sichern, müssen hier<strong>für</strong> bereits heute die<br />

Weichen gestellt werden. Dies erfordert eine Siedlungsplanung, die eine ungesteuerte<br />

Entdichtung vermeidet <strong>und</strong> vor diesem Hintergr<strong>und</strong> weitestmöglich auf eine<br />

Ausweisung von Wohnbauland auf der Grünen Wiese verzichtet.<br />

Spezifische Handlungsempfehlungen der Arbeit richten sich an die Zielgruppen<br />

Stadtplaner, Ver- <strong>und</strong> Entsorger sowie Wissenschaftler. Diese beziehen sich auf die<br />

Entwicklung von an <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse angepassten Orientierungswerten <strong>und</strong><br />

Leitbildern, die Einbindung in gesamtgesellschaftliche Entscheidungsprozesse <strong>und</strong><br />

eine stärkere Datentransparenz.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 21<br />

Executive Summary<br />

Density and Shrinkage –<br />

Criteria for determining adequate densities for housing in shrinking cities<br />

from the perspective of public utilities<br />

A. Introduction: Problem and method<br />

The debate on optimal density has a long history in German urban planning. Since<br />

1989 Eastern German cities have been suffering from shrinking processes leading<br />

to a loss of population and a tremendous decline of urban densities, such as densities<br />

of population and buildings.<br />

Public utilities, particularly water supply, sewage disposal and district heating are<br />

extremely affected by this decline of densities. Therefore the target of this study is<br />

to elaborate criteria to determine adequate densities for housing in shrinking cities<br />

from the perspective of public utilities.<br />

The research question is:<br />

Which criteria can be used in shrinking cities to define adequate densities for housing<br />

from the point of view of public utilities?<br />

In order to assess these criteria related to public utilities, criteria from other fields of<br />

urban planning are also taken into account such as urban design, transport, social<br />

facilities, green space provision and housing demand.<br />

This study is of relevance to stakeholders concerned with public utility provision in<br />

the context of shrinkage and declining densities in Eastern Germany: public providers,<br />

urban planners and scientists.<br />

The methodology is backed by four modules:<br />

- literature review,<br />

- analyses of statistical data,<br />

- interviews with experts (based on interview schedule) and<br />

- model calculations.<br />

B. Density and urban planning<br />

Requirements regarding urban densities vary depending on the field of urban planning<br />

<strong>und</strong>er consideration. While public utilities, transport and social facilities depend<br />

on higher densities within their catchment area, green space provision as well as the<br />

fulfilment of housing preferences can profit from lower densities.<br />

Therefore density is defined as adequate, when it is high enough to secure infrastructural<br />

supply at bearable costs whilst at the same time providing the opportunity<br />

to fulfil housing preferences for low densities as well as to offer sufficient green and<br />

open space.<br />

An analysis of urban design models in Germany after the Second World War has<br />

shown that density targets have permanently shifted from low to high densities and<br />

back. At present the target of realising dense and compact urban structures coexists<br />

with continuous processes of declining densities especially in suburban areas.<br />

Many Eastern German cities currently experience a loss of population and consequently<br />

high vacancy rates of flats. Combined with a further expansion of urbanised<br />

areas this leads to a tremendous decline of urban densities. For instance population


22 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

densities in many Eastern German cities have decreased by up to 50 % on the<br />

neighbourhood level since 1989.<br />

To deal with these problems the programme “Urban Restructuring in Eastern Germany”<br />

has been set up by the German federal government and the federal states.<br />

This f<strong>und</strong>ing programme is directed towards the demolition of vacant flats to stabilise<br />

the housing market as well as towards improving living quality in urban areas<br />

affected by shrinkage.<br />

Due to current shrinking processes in Eastern Germany the question of adequate<br />

densities needs to be answered within a new context. Adequate densities cannot<br />

only be defined according to the requirements of public utilities but need to be discussed<br />

in an integrated manner. Therefore criteria to determine adequate densities<br />

for housing in shrinking cities have been summarised from various fields of urban<br />

planning, based on literature review. Criteria developed for growing cities have been<br />

adapted to the context of shrinking cities. As with growing cities, different fields of<br />

urban planning result in varying requirements regarding urban densities.<br />

- Transport: Declining densities due to urban shrinkage causes rising costs for the<br />

provision of public transport. Cost effective public transport requires minimum<br />

densities within catchment areas of its stops and therefore depends on integrated<br />

urban and transport planning.<br />

- Social facilities: In the context of shrinkage and demographic change the density<br />

of potential users of social facilities declines, especially for schools and preschools.<br />

Therefore social facilities as well depend on the preservation of sufficient<br />

densities within their catchment areas. If these densities cannot be<br />

achieved, then either accessibility of social facilities will decrease or costs for<br />

their provision will grow.<br />

- Green space provision: Declining densities offer the possibility to improve the<br />

quantity and quality of green space provision. However, also from the point of<br />

view of green space provision there are limits to the decline in densities. Decreasing<br />

building densities lead to derelict land that is not necessarily developed<br />

into usable green space. This is especially the case in shrinking cities where financial<br />

resources are scarce. When densities decline the continuous emergence<br />

of derelict space is more and more experienced as a loss of urbanity.<br />

- Housing demand: Due to current housing vacancies inhabitants in Eastern<br />

Germany have good opportunities to fulfil their housing preferences. Therefore<br />

housing preferences are essential for the further development of housing demand<br />

as well as housing vacancies. While preferences for low density housing<br />

predominate, lately preferences for higher densities, that enable urban lifestyles,<br />

have increasingly emerged.<br />

Quantitative target values of adequate densities are summarised in table I. To reflect<br />

the heterogeneity of urban structures density targets are differentiated according to<br />

types of housing and urban character. While population densities (number of inhabitants<br />

per net hectare [ha] of residential area) determine the utilisation of infrastructures,<br />

building densities (floor space ratio) are part of planning regulations.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 23<br />

Table I: Target values of adequate densities in shrinking cities from the point of view<br />

of transport, social facilities and housing demand<br />

Type of housing and<br />

urban character<br />

Turn of the twentieth<br />

century block<br />

High rise housing<br />

estate<br />

Mid rise housing estate<br />

(from the 1920/30ies<br />

and 1950/60ies)<br />

Modern apartment<br />

block (built after 1990)<br />

Detached family homes<br />

Picture<br />

(photos: IÖR) Floor<br />

space<br />

ratio<br />

Transport Social facilities Housing demand<br />

Inh. per<br />

net ha<br />

C. Density, shrinkage and public utilities<br />

Floor<br />

space<br />

ratio<br />

Inh. per<br />

net ha<br />

Floor<br />

space<br />

ratio<br />

Inh. per<br />

net ha<br />

0.6-1.2 140-260 0.5-1.0 110-210 0.6-2.0 130-440<br />

0.5-1.2 140-330 0.4-0.8 100-210 0.7-1.2 190-330<br />

0.6-0.9 140-230 0.4-0.6 100-140 0.6-1.0 150-250<br />

0.3-0.9 60-190 0.5-0.7 110-140 0.6-1.0 130-210<br />

0.1-0.4 20-80 0.3-0.35 60-70 0.4-0.6 80-120<br />

Public utilities such as water supply, sewage disposal and district heating are gridbo<strong>und</strong><br />

and are characterised by a high amount of fixed costs. Therefore they are<br />

especially affected by shrinkage and declining densities to which they cannot be<br />

adjusted flexibly:<br />

- The specific effort to provide public utilities is largely determined by the network<br />

length per capita. When population densities decline, this per-capita-effort of<br />

providing public utilities increases exponentially. The impact of shrinking<br />

processes on infrastructural efforts depends on the pattern of urban shrinkage.<br />

Compact shrinkage, resulting from a consequent demolition of vacant housing<br />

from the urban fringe towards its centre, allows limiting the increase of infrastructural<br />

efforts. Dispersed shrinkage appears when densities evenly decline in larger<br />

urban areas whilst at the same time the urbanised area expands. This pattern of<br />

shrinkage, as fo<strong>und</strong> out by the help of model calculations, may easily lead to a<br />

growth of per-capita-effort of water supply (in m length of water pipe per capita)<br />

by 180 %. Along with infrastructural efforts material consumption as well increases.<br />

- Declining densities alongside with general declines of consumption caused by<br />

technical progress, leads to a strong decrease in demands for water supply,<br />

sewage disposal and district heating. As a consequence, technical problems appear.<br />

For instance, due to sedimentation and corrosion of pipes, sewage disposal<br />

suffers from a total loss of operability when the utilisation of sewers declines<br />

below 30 %.


24 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

- Declining densities lead to an increase of per-capita-costs of water supply,<br />

sewage disposal and district heating. When population densities decline, fixed<br />

costs have to be shared by a smaller number of inhabitants so that per-capita<br />

costs rise. Again dispersed shrinkage may cause approximately 15 to 20 %<br />

higher costs for the provision of public utilities than compact shrinkage.<br />

Resulting from those strong impacts of urban shrinkage and declining densities on<br />

water supply, sewage disposal and district heating, operators of public utilities have<br />

stressed the need for compact shrinkage and therefore for consequently demolishing<br />

vacant flats from the urban fringe.<br />

Based on analyses of statistical data as well as on model calculations this study<br />

proposes corridors of minimum densities that are required for cost effective and operable<br />

public utilities.<br />

Minimum densities are calculated according to three different criteria:<br />

- the threshold value of disproportionately high per-capita-efforts (in m network<br />

length of water provision / sewage disposal per capita),<br />

- the threshold value of loss of technical operability and<br />

- the threshold value of cost effectiveness.<br />

Table II: Corridors of minimum densities for housing in shrinking cities from the point<br />

of view of public utilities<br />

Type of housing and<br />

urban character<br />

Turn of the twentieth<br />

century block<br />

High rise housing<br />

estate<br />

Mid rise housing estate<br />

(from the 1920/30ies<br />

and 1950/60ies)<br />

Modern apartment<br />

block (built after 1990)<br />

Detached family homes<br />

Picture<br />

(photos: IÖR) Floor<br />

space<br />

ratio<br />

Infrastructural<br />

effort<br />

Inh. per<br />

net ha<br />

Technical<br />

operability<br />

Floor<br />

space<br />

ratio<br />

Inh. per<br />

net ha<br />

Cost<br />

effectiveness<br />

Floor<br />

space<br />

ratio<br />

Inh. per<br />

net ha<br />

0.4-1.3 90-270 0.5-1.4 100-310 0.4-1.1 80-250<br />

0.4-0.8 100-200 0.5-0.8 110-230 0.4-1.0 90-270<br />

0.3-0.7 80-160 0.3-0.7 80-160 0.3-0.7 70-180<br />

0.3-0.6 60-130 - - 0.2-0.65 50-110<br />

>0.3 >60 0.2-0.4 30-80 0.1-0.3 30-70<br />

However, it has to be considered that – as shrinking processes are in their initial<br />

stage and experiences are still scarce – there were hurdles in developing these corridors<br />

such as lack of data availability. Also minimum densities are closely related to<br />

the question which standards shall be provided in shrinking cities. Therefore their<br />

development needs to be integrated into a broader public discussion.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 25<br />

D. Results<br />

The main results of this study are quantitative as well as qualitative criteria to determine<br />

minimum densities of housing from the point of view of public utilities. These<br />

are summarised in lists of criteria for five different types of housing and urban character<br />

and compared against those criteria deriving from other fields of urban planning:<br />

transport, social facilities, green space provision and housing demand.<br />

It can be concluded that current standards of water supply, sewage disposal and<br />

district heating can only be safeguarded when minimum densities as summarised in<br />

table II are maintained. Costs for the provision of these infrastructures will rise disproportionately<br />

when urbanised areas continue to suffer from an uncontrolled decline<br />

of densities.<br />

Comparing minimum densities from the point of view of public utilities with those<br />

deriving from other fields of urban planning (see table I, II) results in the following<br />

conclusions:<br />

- Public utilities tend to require higher densities than social facilities but lower densities<br />

than public transport.<br />

- Density targets derived from housing are even higher as they are strongly backed<br />

by density targets for growing cities and therefore need a further adjustment to<br />

the context of shrinking cities.<br />

Criteria to determine adequate densities for housing in Eastern German cities from<br />

the public utilities perspective can be used to support current processes of urban<br />

restructuring conducted within the programme “Urban restructuring in Eastern Germany”.<br />

Urban planners can apply the criteria to better qualify urban development plans<br />

that have to be developed according to the requirements of the f<strong>und</strong>ing programme<br />

“Urban Restructuring in Eastern Germany”<br />

Public utility operators can profit from the criteria to strengthen the significance of<br />

requirements of water supply, sewage disposal and district heating in processes of<br />

urban restructuring, especially as criteria for dimensioning public utilities are translated<br />

in to density values that can be used in urban planning.<br />

Scientists can use the revealed methods to further model the consequences of<br />

ongoing shrinkage on public utility provision as well as on other urban aspects.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 27<br />

A. Einleitung<br />

1 Problemstellung <strong>und</strong> Methodik<br />

1.1 Problemstellung<br />

Die Frage nach der ‚idealen’ oder ‚richtigen’ <strong>Dichte</strong> prägt seit jeher die stadtplanerische<br />

<strong>und</strong> städtebauliche Diskussion. Diese ist dabei nicht nur wissenschaftlich geprägt,<br />

sondern wird häufig auf einer emotionalen Ebene geführt (SIEVERTS 1997a,<br />

83), bestimmt die städtebauliche <strong>Dichte</strong> doch wesentlich die möglichen Wohnformen<br />

<strong>und</strong> berührt damit die gesellschaftlichen Zielvorstellungen des familiengerechten<br />

Wohnens im Grünen einerseits <strong>und</strong> des urbanen Wohnens mit einer hohen Intensität<br />

sozialer Kontakte andererseits. Zuletzt fanden diese gegensätzlichen Vorstellungen<br />

in der kompakten, europäischen Stadt einerseits <strong>und</strong> der dispersen Zwischenoder<br />

Netzstadt andererseits ihren Niederschlag (BECKER 1999, 459; JESSEN, 1999,<br />

497f.; KÜHN 1998, 506).<br />

Die aktuelle Siedlungsentwicklung ist durch einen erheblichen Rückgang der Einwohnerdichten<br />

gekennzeichnet. Im Osten Deutschlands wird dieser vor allem durch<br />

den Bevölkerungsrückgang im Zuge der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse nach der Wende<br />

hervorgerufen. So ging die Bevölkerung in Ostdeutschland seit Anfang der 1990er<br />

Jahre um etwa 1,2 Millionen <strong>und</strong> damit 8 % zurück. In einzelnen Städten beträgt der<br />

Bevölkerungsrückgang bis zu 35 % (BMVBW 2003, 12), in einzelnen städtischen<br />

Wohnquartieren sogar bis zu 70 % (ZEV 2006). Der damit verb<strong>und</strong>ene Rückgang<br />

der Einwohnerdichten wird noch verstärkt durch den parallelen Prozess einer weiteren<br />

flächenhaften Ausdehnung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen in Folge von<br />

Suburbanisierungsprozessen. Mit einem Eintreten der geburtenschwachen Jahrgänge<br />

der Nachwendezeit in die Elterngeneration ist, in Folge eines beschleunigten<br />

Geburtenrückgangs, in weiten Teilen Ostdeutschlands von einer weiteren Verschärfung<br />

des Bevölkerungsrückgangs auszugehen. So stehen die ostdeutschen Städte<br />

erst am Anfang tief greifender <strong>und</strong> langfristiger <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse, die in Zukunft<br />

auch weite Teile Westdeutschlands erfassen werden (BMVBS, BBR 2006, 83;<br />

BUCHER et al. 2006, 20f.).<br />

Bisher wurde, vor allem in den westdeutschen Agglomerationssräumen, zumeist<br />

eine Begrenzung der Verdichtung diskutiert. Dabei erfolgte zum einen eine Betonung<br />

der kleinräumigen stadt<strong>ökologische</strong>n sowie sozialen Grenzen der Verdichtung.<br />

Zum anderen kam zum Tragen, dass eine flächen- <strong>und</strong> ressourcenschonende Siedlungsweise,<br />

nicht zuletzt im Hinblick auf den Klimaschutz, ein Mindestmaß an Verdichtung<br />

erfordert (HAPPE et al. 1994, 15; HUTTER et al. 2004, 11).<br />

Unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen stellt sich jetzt vielmehr die Frage, welche <strong>Dichte</strong>n<br />

notwendigerweise erhalten werden müssen, um städtische Lebensweisen zu ermöglichen.<br />

Zielvorstellungen der räumlichen Entwicklung in schrumpfenden Städten<br />

reichen von einer Kontraktion auf einen kompakten <strong>und</strong> verdichteten städtischen<br />

Kern bis zur Entwicklung neuer räumlicher Strukturen mit deutlich reduzierten <strong>Dichte</strong>n<br />

(FUHRICH 2003; LÜTKE DALDRUP 2001; OSWALT et al. o. J.). Abgesehen von diesen<br />

sehr groben Entwicklungsideen besteht jedoch noch weitgehende Unklarheit<br />

darüber, welche <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten angemessen sind.<br />

Die Bewältigung von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen mit dem B<strong>und</strong>-Länder-Programm<br />

Stadtumbau Ost war zunächst auf die Unterstützung der Wohnungswirtschaft bei


28 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

der Bewältigung der Folgen des Wohnungsleerstands ausgerichtet, während die<br />

Folgen dieses Stadtumbaus <strong>für</strong> die unterirdische <strong>und</strong> damit unsichtbare stadttechnische<br />

Infrastruktur außer Acht gelassen wurden (BMVBS, BBR 2007, 61).<br />

In jüngster Zeit geraten die Probleme der stadttechnischen Infrastrukturen in Folge<br />

der erheblichen Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge jedoch zunehmend in das<br />

Blickfeld (BMVBS, BBR 2007, 61ff.; FREUDENBERG, KOZIOL 2003; KOZIOL, WALTHER<br />

2006; SIEDENTOP et al. 2006). Die stadttechnischen Infrastrukturen, <strong>und</strong> hier vor<br />

allem die Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme, sind aufgr<strong>und</strong> ihrer Leitungsgeb<strong>und</strong>enheit<br />

besonders von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen.<br />

Diese schlagen sich in Funktionsbeeinträchtigungen nieder, die zu erhöhten Betriebskosten<br />

<strong>und</strong> Anpassungsaufwänden führen. Die Tragfähigkeit stadttechnischer<br />

Infrastrukturen wird zunehmend gefährdet. Bei ungesteuerter Entdichtung ist mit<br />

hohen infrastrukturellen Folgekosten zu rechnen. Gleichzeitig sinken bei rückläufigen<br />

Bevölkerungszahlen die kommunalen Steuereinnahmen (BLÜMEL 2006, 208).<br />

Im Kontext der Debatte um die Zukunft der Daseinsvorsorge gehört die stadttechnische<br />

Infrastruktur jedoch zu den „must-to-haves“ (JAKUBOWSKI 2006, 237). Die langfristige<br />

Sicherung der Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Finanzierbarkeit dieser Infrastrukturen<br />

ist auf der städtischen Ebene von herausragender Bedeutung <strong>für</strong> die Lebensqualität<br />

der Bewohner <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Standortattraktivität im kommunalen Wettbewerb.<br />

Damit steht der Stadtumbau in ostdeutschen Städten vor der zentralen Herausforderung<br />

den Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgang so zu steuern, dass einerseits attraktive,<br />

den Wohnwünschen entsprechende, städtebauliche Strukturen geschaffen werden<br />

<strong>und</strong> andererseits die langfristige Finanzierbarkeit stadttechnischer Infrastrukturen<br />

gewährleistet wird (BMVBS, BBR 2007, 61ff.). Dies erfordert interdisziplinäre<br />

Strategien, die auf einer koordinierten Stadtentwicklungs-, Stadtumbau- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung<br />

beruhen (KOZIOL, WALTHER 2006, 259).<br />

1.2 Forschungsfrage, Zielsetzung, Adressaten<br />

1.2.1 Forschungsfrage<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse in ostdeutschen Städten führen zu einer zumeist ungesteuerten<br />

Ausdünnung der Siedlungsstruktur. Bisher fehlt es an geeigneten Zielvorstellungen,<br />

wie mit diesen Entdichtungsprozessen umzugehen ist <strong>und</strong> wie sich die <strong>Dichte</strong>n<br />

verschiedener Stadtstrukturen entwickeln sollten. Besonders von der Entdichtung<br />

ist die stadttechnische Infrastruktur betroffen, deren Tragfähigkeit gefährdet<br />

wird. Doch auch <strong>für</strong> andere stadtplanerische Handlungsfelder bleiben die <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />

nicht ohne Folgen. Entscheidend ist vor diesem Hintergr<strong>und</strong> die Entwicklung<br />

von Zielvorstellungen einer ‚angemessenen <strong>Dichte</strong>’ in schrumpfenden Städten,<br />

wobei sich aus Sicht der verschiedenen stadtplanerischen Handlungsfelder unterschiedliche<br />

Zielvorstellungen über die jeweils als angemessen angesehene <strong>Dichte</strong><br />

ergeben.<br />

Mit dem Begriff der angemessenen <strong>Dichte</strong> wird daher diejenige <strong>Dichte</strong> bezeichnet,<br />

die sich ortsspezifisch aufgr<strong>und</strong> der Abwägung der <strong>Dichte</strong>ziele verschiedener planerischer<br />

Handlungsfelder, d. h. unter Abwägung städtebaulicher, sozialer, ökonomischer<br />

<strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>r Anforderungen ergibt. Dabei handelt es sich nicht um die<br />

pauschale Angabe idealer oder optimaler <strong>Dichte</strong>n, sondern um Zielkorridore, die<br />

spezifisch <strong>für</strong> bestimmte Typen der Wohnbebauung ermittelt werden. Bei der Bestimmung<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n in wachsenden Räumen geht es, Bezug nehmend<br />

auf <strong>ökologische</strong> <strong>und</strong> soziale Grenzen der Verdichtung, vor allem um maximale Dich-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 29<br />

ten. Hingegen ermittelt sich die angemessene <strong>Dichte</strong> in schrumpfenden Städten<br />

anhand der minimalen <strong>Dichte</strong>n, die erforderlich sind, um die städtische Daseinsvorsorge<br />

zu sichern, insbesondere im Bereich der stadttechnischen Infrastruktur – jedoch<br />

unter Berücksichtigung der Ziele anderer stadtplanerischer Handlungsfelder.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> lautet die Forschungsfrage der Arbeit:<br />

Welche Kriterien können in schrumpfenden Städten angewendet werden, um<br />

angemessene <strong>Dichte</strong>n von Wohnquartieren aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur zu bestimmen?<br />

Zur Operationalisierung dieser Forschungsfrage ergeben sich folgende Teilfragen:<br />

- Welche Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n fanden bisher in der<br />

Stadtplanung Anwendung <strong>und</strong> welche Schlussfolgerungen lassen sich hieraus im<br />

Hinblick auf angemessene <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten ziehen?<br />

- Welche Ziele der <strong>Dichte</strong>entwicklung bestehen aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur <strong>und</strong> welche quantitativen <strong>und</strong> qualitativen Kriterien zur Bestimmung<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n können hieraus abgeleitet werden?<br />

- In welchem Verhältnis stehen <strong>Dichte</strong>ziele <strong>und</strong> -kriterien aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur zu den Zielen anderer stadtplanerischer Handlungsfelder?<br />

- Wie können Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />

schrumpfender Städte zur Steuerung des Stadtumbaus genutzt werden?<br />

Angesichts der massiven <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse, die sich in den vergangenen 17<br />

Jahren in Ostdeutschland ereignet haben, setzt die Arbeit einen Fokus auf ostdeutsche<br />

Städte. Ergebnisse der Arbeit können jedoch auch <strong>für</strong> westdeutsche Städte<br />

von Bedeutung sein, <strong>für</strong> die zumindest in Teilen in den folgenden Jahrzehnten ebenfalls<br />

starke <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse erwartet werden (BUCHER et al. 2006, 20ff.).<br />

Die Arbeit steht im Kontext der Debatte um den Stadtumbau in ostdeutschen Städten,<br />

der bisher einen Schwerpunkt auf die Stabilisierung des Wohnungsmarkts legte<br />

(BMVBS, BBR 2006, 80), <strong>und</strong> beschäftigt sich vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ausschließlich<br />

mit <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren.<br />

Die Arbeit setzt den Fokus auf die Betrachtung der stadttechnischen Infrastruktur<br />

<strong>und</strong> hier auf die Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme. Gerade diese Medien<br />

der stadttechnischen Infrastruktur sind aufgr<strong>und</strong> ihrer Leitungsgeb<strong>und</strong>enheit<br />

<strong>und</strong> damit der starren Verbindung zwischen Versorger <strong>und</strong> K<strong>und</strong>e sowie ihrer hohen<br />

Fixkostenanteile besonders von Rückgängen der <strong>Dichte</strong>n betroffen.<br />

Allerdings können Stadtumbauprozesse, aufgr<strong>und</strong> ihrer Wechselwirkungen mit vielfältigen<br />

stadtplanerischen Handlungsfeldern, nicht allein aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur betrieben werden. Daher erfolgt zur Einordnung der stadttechnischen<br />

Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n eine umfangreiche Betrachtung<br />

weiterer stadtplanerischen Handlungsfelder wie Verkehr, soziale Infrastruktur,<br />

Freiraumversorgung <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage.<br />

1.2.2 Zielsetzung <strong>und</strong> Adressaten<br />

Ziel der Arbeit ist es, Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />

schrumpfender Städte zu entwickeln. Dies erfolgt auf Basis einer Analyse<br />

der Kausalzusammenhänge zwischen städtebaulichen <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> stadtplaneri-


30 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

schen Handlungsfeldern. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt dabei auf der<br />

stadttechnischen Infrastruktur.<br />

Die entwickelten Kriterien sind sowohl quantitativer Natur, in dem sie Werte <strong>für</strong> Zielkorridore<br />

angemessener <strong>Dichte</strong> angeben. Aufgr<strong>und</strong> der sehr verschiedenen <strong>Dichte</strong>n<br />

in unterschiedlichen städtischen Gebieten erfolgt dabei eine Differenzierung nach<br />

Stadtstrukturtypen. Quantitative Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n sind allerdings<br />

nicht ausreichend, um auch eine hohe Qualität der städtischen Strukturen zu gewährleisten.<br />

Daher werden die quantitativen Zielkorridore um qualitative Zielrichtungen<br />

der <strong>Dichte</strong>entwicklung ergänzt.<br />

In der Arbeit geht es nicht um die Entwicklung von normativen Zielvorgaben <strong>für</strong><br />

<strong>Dichte</strong>werte, die in schrumpfenden Städten umzusetzen sind, sondern um die Bereitstellung<br />

von Kriterien, die den Akteuren des Stadtumbaus dazu dienen können,<br />

im Zuge ihrer Stadtumbauplanungen angemessene <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong> ihre Stadtumbaugebiete<br />

zu definieren.<br />

Adressaten der Arbeit sind dementsprechend diejenigen Akteure aus Stadttechnik<br />

<strong>und</strong> Stadtplanung, die mit Prozessen der <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> des Stadtumbaus beschäftigt<br />

sind wie vor allem Mitarbeiter <strong>und</strong> Verbandsvertreter der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft<br />

sowie Stadtplaner in Verwaltungen <strong>und</strong> Planungsbüros. Für diese<br />

Akteure sind die Ergebnisse der Arbeit in mehrfacher Weise nutzbar:<br />

- Erstens erleichtert die umfangreiche Darstellung der Kausalzusammenhänge<br />

zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> wesentlichen Handlungsfeldern der Infrastruktur- <strong>und</strong><br />

Stadtplanung die Nutzung von Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten als wesentliche<br />

Indikatoren der Flächennutzung in schrumpfenden Städten. Informationen zu<br />

diesen <strong>Dichte</strong>werten erlauben demnach Rückschlüsse auf die stadttechnischen<br />

<strong>und</strong> städtebaulichen Qualitäten eines Gebiets.<br />

- Zweitens können die dargestellten Gr<strong>und</strong>lagen zu Zielen der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

aus Sicht der Stadtplanung einerseits <strong>und</strong> aus Sicht der Stadttechnik andererseits<br />

dazu beitragen, dass sich das gegenseitige Verständnis zwischen Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorgern <strong>und</strong> Stadtplanern erhöht. Mit der Übersetzung stadttechnisch bedeutsamer<br />

Dimensionierungsgrößen in stadtplanerisch relevante <strong>Dichte</strong>größen können<br />

die Belange der Stadttechnik künftig besser im Stadtumbauprozess berücksichtigt<br />

werden. Gerade hierin wird ein wichtiger Beitrag der Arbeit gesehen, da<br />

bisherige Erfahrungen im Stadtumbauprozess gezeigt haben, dass die mangelnde<br />

Kooperation zwischen Stadtplanern <strong>und</strong> Ver- <strong>und</strong> Entsorgern zu gesamtgesellschaftlich<br />

ungünstigen Ergebnissen führen kann (BMVBS, BBR 2007, 61ff.;<br />

FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 10ff.; HERZ et al. 2002, 52ff.; 2005, 5; MARSCHKE et<br />

al. 2005, 37f.).<br />

- Drittens bilden die ermittelten quantitativen <strong>und</strong> qualitativen Kriterien zur Bestimmung<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht<br />

der stadttechnischen Infrastruktur sowie weiterer planerischer Handlungsfelder<br />

eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> kommunale <strong>Dichte</strong>planungen in schrumpfenden Städten, z. B.<br />

in Form von <strong>Dichte</strong>modellen, wie sie bereits von einigen westdeutschen Städten<br />

erstellt werden (WESTPHAL, HUTTER 2006, 79ff.).<br />

Der wissenschaftliche Beitrag der Arbeit liegt in einer tiefgreifenden Analyse der<br />

Zusammenhänge zwischen <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen, <strong>Dichte</strong>rückgängen <strong>und</strong> deren<br />

Auswirkungen in verschiedenen stadtplanerischen Handlungsfeldern. Dabei knüpft<br />

die Arbeit an eine langjährige städtebauliche <strong>und</strong> stadtplanerische Diskussion über<br />

Ziele der <strong>Dichte</strong>entwicklung unter Wachstumsbedingungen an <strong>und</strong> verdeutlicht, in-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 31<br />

wiefern die Ergebnisse dieser Diskussion auch unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />

Gültigkeit haben <strong>und</strong> welche neuen Anforderungen <strong>für</strong> die Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren schrumpfender Städte bestehen. Ein besonderer<br />

Beitrag der Arbeit liegt darin, dass Ziele der <strong>Dichte</strong>entwicklung aus Sicht einer funktionsfähigen<br />

<strong>und</strong> ökonomisch tragfähigen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung mit den Zielen verglichen<br />

werden, die sich aus den Anforderungen weiterer stadtplanerischer Handlungsfelder<br />

ergeben. Dabei werden auch langjährige in den Städtebaulehrbüchern<br />

enthaltene Orientierungswerte kritisch hinterfragt. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> richtet<br />

sich die Arbeit auch an Wissenschaftler, die sich mit Fragen der Stadtplanung <strong>und</strong><br />

des Städtebaus in schrumpfenden Städten beschäftigen.<br />

1.3 Aufbau der Arbeit <strong>und</strong> Methodik<br />

1.3.1 Aufbau der Arbeit<br />

Die Arbeit gliedert sich in vier Hauptteile. Der Teil A mit Kapitel 1 umfasst die Einleitung<br />

mit Problemstellung, Forschungsfrage, Zielen <strong>und</strong> Adressaten sowie Aufbau<br />

<strong>und</strong> Methodik der Arbeit.<br />

Teil B der Arbeit beschäftigt sich mit Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

aus Sicht der städtebaulichen Leitbildtheorie sowie wesentlicher stadtplanerischer<br />

Handlungsfelder:<br />

- In Kapitel 2 werden hierzu die methodischen Gr<strong>und</strong>lagen gelegt. Zunächst werden<br />

wesentliche <strong>Dichte</strong>begriffe <strong>und</strong> -maße definiert <strong>und</strong> abgegrenzt. Weiterhin<br />

erfolgt eine Einbettung in die planerische Diskussion zur Entwicklung <strong>und</strong> Nutzung<br />

quantitativer Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte. Um <strong>Dichte</strong>kriterien räumlich differenziert<br />

erarbeiten zu können, wird eine Stadtstrukturtypik entwickelt.<br />

- Die Frage nach angemessenen <strong>Dichte</strong>n hat eine lange Tradition im Städtebau.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> stellt Kapitel 3 die <strong>Dichte</strong>ziele städtebaulicher Leitbilder<br />

seit dem 2. Weltkrieg dar. Dabei werden die vielfältigen Vor- <strong>und</strong> Nachteile von<br />

Verdichtung <strong>und</strong> Auflockerung dargelegt.<br />

- Kapitel 4 beschäftigt sich mit der <strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten.<br />

Hierzu wird zunächst der aktuelle Prozess der Ausdünnung der Siedlungsstruktur<br />

in ostdeutschen Städten aufgezeigt. Anschließend werden städtebauliche Leitbilder<br />

<strong>und</strong> Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung diskutiert, die bisher <strong>für</strong> schrumpfende<br />

Städte entwickelt wurden. Abschließend wird das Programm Stadtumbau<br />

Ost erläutert.<br />

- Kapitel 5 setzt sich mit Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />

Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht wesentlicher planerischer<br />

Handlungsfelder wie Verkehr, soziale Infrastruktur, Freiraumversorgung <strong>und</strong><br />

Wohnungsnachfrage auseinander. Dabei wird anhand der aktuellen Fachdiskussion<br />

analysiert, welche Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong> diese Bereiche vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> von Wachstum entwickelt wurden <strong>und</strong> inwiefern diese Kriterien<br />

auch <strong>für</strong> schrumpfende Städte Anwendung finden können. Die Kriterien fungieren<br />

als Spiegel zur Einschätzung der Kriterien aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur.


32 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit (Eigene Darstellung)<br />

1. Problemstellung<br />

<strong>und</strong> Methodik<br />

2. Gr<strong>und</strong>lagen zur<br />

Ermittlung von<br />

<strong>Dichte</strong>kriterien<br />

3. <strong>Dichte</strong>ziele seit<br />

dem Zweiten<br />

Weltkrieg<br />

4. <strong>Dichte</strong> in<br />

schrumpfenden<br />

Städten<br />

5. <strong>Dichte</strong>n aus Sicht<br />

stadtplanerischer<br />

Handlungsfelder<br />

6. Stadttechnik <strong>und</strong><br />

Stadtplanung<br />

7. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong><br />

Stadttechnik<br />

8. <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />

<strong>und</strong> Stadttechnik<br />

9. Stadtumbauziele<br />

<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>kriterien<br />

10. Kriterien zur<br />

Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n<br />

11. Bedeutung <strong>für</strong> die<br />

Steuerung des<br />

Stadtumbaus<br />

12. Ausblick<br />

A. Einleitung<br />

Problemstellung<br />

Forschungsfrage, Ziele, Adressaten<br />

Aufbau <strong>und</strong> Methodik<br />

B. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadtplanung<br />

<strong>Dichte</strong>begriffe <strong>und</strong> -maße<br />

Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte<br />

Stadtstrukturtypen<br />

<strong>Dichte</strong>ziele städtebaulicher<br />

Leitbilder; Pro <strong>und</strong> Contra<br />

Verdichtung / Auflockerung<br />

Entdichtungsprozesse<br />

Städtebauliche Leitbilder<br />

Stadtumbau Ost<br />

<strong>Dichte</strong>kriterien Verkehr, soziale<br />

Infrastruktur, Freiraumversorgung,<br />

Wohnungsnachfrage<br />

C. Stadttechnik<br />

Stadttechnik <strong>und</strong> Stadtplanung<br />

Infrastruktur <strong>und</strong> Erschließung<br />

Zusammenhänge zwischen <strong>Dichte</strong><br />

<strong>und</strong> Stadttechnik<br />

Auswirkungen der <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />

auf Aufwand, Kosten <strong>und</strong><br />

Funktionsfähigkeit der Stadttechnik<br />

Qualitative <strong>und</strong> quantitative<br />

<strong>Dichte</strong>kriterien<br />

Grenzen der Bestimmung von<br />

<strong>Dichte</strong>kriterien<br />

D. Ergebnisse<br />

Einordnung stadttechnischer<br />

Kriterien; Steckbriefe der Kriterien<br />

<strong>für</strong> Stadtstrukturtypen<br />

Bedeutung stadttechnischer<br />

<strong>Dichte</strong>ziele als Beitrag zur<br />

Steuerung des Stadtumbaus<br />

Praktische Anwendung, Handlungsempfehlungen,<br />

Forschungsbedarf<br />

Welche Kriterien zur<br />

Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n fanden bisher in der<br />

Stadtplanung Anwendung <strong>und</strong><br />

welche Schlussfolgerungen<br />

lassen sich hieraus im Hinblick<br />

auf angemessene <strong>Dichte</strong>n in<br />

schrumpfenden Städten<br />

ziehen?<br />

Welche Ziele der<br />

<strong>Dichte</strong>entwicklung bestehen<br />

aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur <strong>und</strong> welche<br />

quantitativen <strong>und</strong> qualitativen<br />

Kriterien zur Bestimmung<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

können hieraus abgeleitet<br />

werden?<br />

In welchem Verhältnis stehen<br />

<strong>Dichte</strong>ziele <strong>und</strong> -kriterien aus<br />

Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur zu den Zielen<br />

anderer stadtplanerischer<br />

Handlungsfelder?<br />

Wie können die Kriterien zur<br />

Steuerung des Stadtumbaus<br />

genutzt werden?<br />

In Teil C der Arbeit werden Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />

schrumpfenden Städten aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur entwickelt:<br />

- In Kapitel 6 wird einleitend auf das Verhältnis zwischen stadttechnischer Infrastruktur<br />

<strong>und</strong> Stadtplanung, den Erschließungsbegriff <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>lagen der Dimensionierung<br />

der Trinkwasser- <strong>und</strong> Fernwärmeversorgung sowie der Abwasserentsorgung<br />

eingegangen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 33<br />

- In Kapitel 7 werden die wesentlichen Wechselwirkungen zwischen Bebauungs-<br />

<strong>und</strong> Einwohnerdichten <strong>und</strong> der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung dargestellt.<br />

- Kapitel 8 beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Ausdünnung der ostdeutschen<br />

Siedlungsstruktur auf die stadttechnische Infrastruktur. Diskutiert werden<br />

dabei vor allem Aufwands- <strong>und</strong> Kostensteigerungen sowie Funktionsbeeinträchtigungen.<br />

- Kapitel 9 beinhaltet das Kernergebnis der Arbeit: die qualitativen <strong>und</strong> quantitativen<br />

Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />

schrumpfender Städte aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur. Dabei werden<br />

gleichzeitig die Grenzen bei der Bestimmung solcher <strong>Dichte</strong>kriterien aufgezeigt.<br />

In Teil D werden die Ergebnisse der Arbeit zusammenfassend dargestellt.<br />

- Kapitel 10 enthält mit den Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus<br />

Sicht der stadttechnischen Infrastruktur die zentralen Ergebnisse der Arbeit.<br />

Hierzu werden die stadttechnischen Kriterien <strong>für</strong> eine bessere Einordnung zunächst<br />

zu den Kriterien aus Sicht anderer stadtplanerischer Handlungsfelder<br />

(Verkehr, soziale Infrastruktur, Freiraumversorgung, Wohnungsnachfrage) in Beziehung<br />

gesetzt. Widersprüchliche Zielsetzungen sowie mögliche Synergien<br />

werden aufgezeigt. ‚Steckbriefe’ fassen die stadttechnischen sowie die weiteren<br />

stadtplanerischen Kriterien <strong>für</strong> fünf in Ostdeutschland relevante Strukturtypen der<br />

Wohnbebauung zusammen.<br />

- In Kapitel 11 werden die Ergebnisse der Arbeit in einen breiteren Zusammenhang<br />

gestellt, indem diskutiert wird, welchen Beitrag die ermittelten stadttechnischen<br />

Kriterien zur Steuerung des Stadtumbaus leisten können.<br />

- Kapitel 12 liefert einen Ausblick <strong>und</strong> zeigt Möglichkeiten der praktischen Anwendung<br />

der ermittelten Kriterien, Handlungsempfehlungen <strong>und</strong> den weiteren Forschungsbedarf<br />

auf. Dabei wird auf die Zielgruppen der Arbeit (Stadtplaner, Ver<strong>und</strong><br />

Entsorger, Wissenschaftler) Bezug genommen.<br />

Damit richten sich die Teile der Arbeit jeweils auf die Beantwortung bestimmter zur<br />

Operationalisierung der Forschungsfrage entwickelter Teilfragen, wie Abbildung 1<br />

ebenfalls verdeutlicht.<br />

1.3.2 Methodisches Vorgehen<br />

Die Ergebnisse der Arbeit basieren auf vier methodischen Säulen (s. Abbildung 2).<br />

Die erste Säule stellt eine breite Literaturauswertung dar. Ansätze der städtebaulichen<br />

Leitbildtheorie, der Verkehrswissenschaften, der Infrastrukturplanung (soziale<br />

<strong>und</strong> technische), der Freiraumplanung, der Wohnungsnachfrageentwicklung, der<br />

Infrastrukturfolgekostentheorie sowie aktuelle Planungsdokumente im Kontext des<br />

Programms Stadtumbau Ost wurden im Hinblick auf die folgenden Fragen ausgewertet:<br />

- Welcher Zusammenhang besteht zwischen Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />

<strong>und</strong> dem jeweiligen Handlungsfeld?<br />

- Wie wirken sich <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozesse auf das jeweilige<br />

Handlungsfeld aus?<br />

- Welche Anhaltspunkte lassen sich daraus im Hinblick auf Kriterien zur Bestimmung<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren schrumpfender Städte gewinnen?


34 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Die zweite methodische Säule bilden Datenauswertungen. Um die Zusammenhänge<br />

zwischen <strong>Dichte</strong>werten <strong>und</strong> planerischen Handlungsfeldern nachzuweisen,<br />

erfolgte eine umfangreiche Auswertung sek<strong>und</strong>ärstatistischer Daten. Berücksichtigt<br />

wurden vor allem Daten zur Bevölkerungsentwicklung, Daten zu Siedlungs- <strong>und</strong><br />

Verkehrsflächen, des Mikrozensus zur Wohnsituation der Haushalte sowie der<br />

Wohnflächeninanspruchnahme, Daten aus kommunalstatistischen Erhebungen <strong>und</strong><br />

Daten der Umweltstatistik. Als Datengr<strong>und</strong>lage dienten neben diesen sek<strong>und</strong>ärstatistischen<br />

Daten auch solche Daten, die in anderen Studien erhoben wurden, z. B.<br />

zu <strong>Dichte</strong>werten sowie zum Infrastrukturaufwand verschiedener Siedlungsformen<br />

(BUCHERT et al. 2004; MENKHOFF et al. 1979; SIEDENTOP et al. 2006). Die Datenauswertung<br />

erfolgte ebenfalls anhand der bereits dargestellten Fragestellungen<br />

nach den Beziehungen zur <strong>Dichte</strong>, den Auswirkungen von Entdichtungsprozessen<br />

sowie der Entwicklung von Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n.<br />

Abbildung 2: Methodisches Vorgehen (Eigene Darstellung)<br />

Während die Ermittlung von stadtplanerischen <strong>Dichte</strong>kriterien auf die Literatur- <strong>und</strong><br />

Datenauswertung beschränkt ist, erfolgt im Bereich der Stadttechnik eine tiefergehende<br />

Untersuchung, die zwei zusätzliche methodische Bausteine enthält.<br />

Zunächst wurden leitfadengestützte Experteninterviews durchgeführt. Ziel war es<br />

hierbei, bisher nicht bekanntes Expertenwissen der <strong>für</strong> die Infrastrukturplanung relevanten<br />

Akteure zu gewinnen (vgl. GLÄSER, LAUDEL 2004, 38ff.; KROMREY 2002,<br />

378f.).<br />

Als wichtige Experten in diesem Bereich wurden Wissenschaftler, die sich mit Fragen<br />

der Stadttechnik in schrumpfenden Städten beschäftigen, Verbandsvertreter<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiter der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft sowie Stadtplaner mit einem<br />

starken Bezug zur Stadttechnik befragt. Ermittelt wurden zunächst wesentliche Repräsentanten<br />

der aktuellen Diskussion, die, entsprechend des Schneeballprinzips<br />

(BRYMAN 2004, 101, 334), nach weiteren Ansprechpartnern befragt wurden. Tabelle<br />

1 zeigt eine Zuordnung der Interviewpartner zu den Expertengruppen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 35<br />

Tabelle 1: Expertengruppen <strong>und</strong> Interviewpartner 1<br />

Wissenschaftler Verbandsvertreter Vertreter Unternehmen Stadtplaner<br />

Prof. Dr.-Ing. Matthias<br />

Koziol & Jörg Walter<br />

(Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadttechnik<br />

der BTU Cottbus)<br />

Lars Marschke<br />

(Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadtbauwesen,<br />

Fakultät Bauingenieurwesen,<br />

TU Dresden)<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Hans-Peter Tietz<br />

(Lehrstuhl Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorgungssysteme,<br />

Fakultät Raumplanung,<br />

Universität Dortm<strong>und</strong>)<br />

Jürgen Friese<br />

(Geschäftsführer der<br />

VKU-Landesgruppe<br />

Brandenburg)<br />

Gunnar Braun<br />

(Geschäftsführer der<br />

VKU-Landesgruppe Sachsen)<br />

Frank Springer<br />

(Stadtwerke Erfurt)<br />

Günter Spielvogel &<br />

Kerstin Schneider<br />

(Zwickauer Energie-<br />

Versorgung GmbH (ZEV))<br />

Ute Effnert<br />

(Stadtplanungsamt<br />

Cottbus)<br />

Die Interviewleitfäden wurden auf Basis des anhand der Literatur- <strong>und</strong> Datenauswertung<br />

gewonnenen Wissens zu den Zusammenhängen von <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik<br />

erarbeitet. Auf der Basis dieses Vorwissens wurde das Erkenntnisinteresse<br />

der Interviews in folgenden Fragenbereichen präzisiert (vgl. z. B. BRYMAN 2004,<br />

324ff.):<br />

- Kausalzusammenhänge zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik<br />

- Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Stadttechnik<br />

� Wirtschaftlichkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

� Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

� Umweltverträglichkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

- Ziele <strong>für</strong> den Stadtumbau aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

- Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n in Bezug auf<br />

� Wirtschaftlichkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

� Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

� Umweltverträglichkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

Die Interviewleitfäden wurden <strong>für</strong> die unterschiedlichen Expertengruppen (Wissenschaftler,<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorger, Planer) geringfügig modifiziert (GLÄSER, LAUDEL 2004,<br />

113). 2 Die Interviews wurden aufgenommen, deren wesentliche Ergebnisse schriftlich<br />

niedergelegt <strong>und</strong> im Hinblick auf die einzelnen Fragenbereiche ausgewertet.<br />

Zusätzlich wurden die Zwischenergebnisse der Arbeit während eines Treffens der<br />

Arbeitsgruppe Stadtumbau Ost der Landesgruppe Sachsen des Verbands kommunaler<br />

Unternehmen diskutiert. 3<br />

Die Ergebnisse der Interviews haben Eingang in Teil C der Arbeit gef<strong>und</strong>en. Aus<br />

Datenschutzgründen wurden die Interviews zur Anonymisierung größtenteils codiert.<br />

In Exkursen, in denen ein klarer Bezug zu Städten oder Unternehmen erkennbar ist,<br />

wurde auf die Anonymisierung verzichtet <strong>und</strong> <strong>für</strong> die zitierten Einzelbeispiele eine<br />

Veröffentlichungserlaubnis eingeholt.<br />

1 Siehe auch die Liste der geführten Interviews im Anhang I.<br />

2 Siehe auch die Interviewleitfäden in Anhang II.<br />

3 Das Treffen fand am 06.12.2006 in Dresden statt. An dem Treffen nahmen Vertreter von<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen aus Sachsen teil.


36 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Die negativen Folgewirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen auf die stadttechnische<br />

Infrastruktur sind ein vergleichsweise neues Problem. Daher bestehen bisher nur<br />

eingeschränkte Erfahrungswerte über deren mittel- <strong>und</strong> langfristige Auswirkungen<br />

(KOZIOL, WALTHER 2006, 262). Es handelt sich also um ein Problem, bei dem weder<br />

aktuelle noch vollständige Daten zur Verfügung stehen noch eine Vollerhebung der<br />

Daten möglich ist. In solchen Fällen hat sich der Einsatz von Modellrechnungen<br />

als sinnvoll erwiesen (SIEDENTOP et al. 2006, 41). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurden<br />

als vierter methodischer Baustein der Arbeit die Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

auf die stadttechnische Infrastruktur modelliert. Modellrechnungen wurden<br />

<strong>für</strong> Stadtstrukturtypen durchgeführt, die typische Bebauungsformen mit ihren<br />

<strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> Infrastrukturausstattungen abbilden. Anhand der in der Fachliteratur<br />

verfügbaren Daten zu <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> Infrastrukturausstattungen der verschiedenen<br />

Stadtstrukturtypen wurden modellhafte Berechnungen der Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

auf die stadttechnische Infrastruktur vorgenommen sowie Schwellenkorridore<br />

minimaler <strong>Dichte</strong>n errechnet.<br />

Die Ergebnisse der Arbeit – Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />

Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

inklusive der Hinweise zu deren Einbindung in den Stadtumbauprozess – basieren<br />

auf einer Synthese der Ergebnisse aller vier methodischen Bausteine.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 37<br />

B. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadtplanung<br />

Der erste Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung von Kriterien zur<br />

Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von Städtebau <strong>und</strong> wesentlichen<br />

stadtplanerischen Handlungsfeldern. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage können die in Teil C ermittelten<br />

Kriterien aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur in den abschließenden<br />

Schlussfolgerungen in Teil D besser eingeordnet werden.<br />

- Hierzu wird zunächst in Kapitel 2 die methodische Basis gelegt, um Kriterien zur<br />

Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n entwickeln zu können.<br />

- In Kapitel 3 wird anhand einer umfassenden Analyse der <strong>Dichte</strong>ziele städtebaulicher<br />

Leitbilder nach dem Zweiten Weltkrieg abgeleitet, welche Vorstellungen<br />

über angemessene <strong>Dichte</strong>n im Städtebau bereits formuliert wurden.<br />

- Kapitel 4 stellt die Frage nach der angemessenen <strong>Dichte</strong> in den Kontext der<br />

<strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten.<br />

- Kapitel 5 zeigt, inwiefern <strong>Dichte</strong> eine bestimmende Planungsgröße sowohl <strong>für</strong><br />

wachsende als auch <strong>für</strong> schrumpfende Städte ist <strong>und</strong> verdeutlicht dies am Beispiel<br />

der Handlungsfelder Verkehr, soziale Infrastruktur, Freiraumversorgung <strong>und</strong><br />

Wohnungsnachfrage.<br />

2 Gr<strong>und</strong>lagen zur Ermittlung von Kriterien angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n<br />

Die Ermittlung von Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />

schrumpfender Städte erfordert einige definitorische <strong>und</strong> methodische Gr<strong>und</strong>lagen,<br />

die in den folgenden Kapiteln dargelegt werden.<br />

- Zunächst erfolgt in Kapitel 2.1 eine Erläuterung <strong>und</strong> Abgrenzung der wesentlichen<br />

in dieser Arbeit verwendeten <strong>Dichte</strong>maße. Die Beziehungen zwischen Maßen<br />

der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten werden verdeutlicht <strong>und</strong> aktuelle<br />

Werte zu wesentlichen <strong>Dichte</strong>maßen <strong>und</strong> deren Bestimmungrößen aufgezeigt.<br />

- Kapitel 2.2 bettet die Frage nach angemessenen <strong>Dichte</strong>n in die Diskussion der<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Nutzbarkeit quantitativer Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte ein. Es<br />

werden Schlussfolgerungen gezogen, wie quantitative Kriterien zur Bestimmung<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n ermittelt werden können, <strong>und</strong> wie diese, auch im Verhältnis<br />

zu qualitativen <strong>Dichte</strong>zielen, in einen Prozess der Steuerung des Stadtumbaus<br />

in Ostdeutschland einfließen können.<br />

- Kapitel 2.3 erläutert die bei der Bestimmung von Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

verwendeten Stadtstrukturtypen, die eine Entwicklung räumlich differenzierter<br />

<strong>Dichte</strong>ziele ermöglichen.<br />

2.1 <strong>Dichte</strong>begriffe <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>maße<br />

2.1.1 Der <strong>Dichte</strong>begriff in der Stadtplanung<br />

Im Folgenden wird der Begriff der ‚<strong>Dichte</strong>’ diskutiert. Dabei wird zunächst auf seine<br />

Definition eingegangen, seine aktuelle Bedeutung in der stadtplanerischen Diskussion<br />

hervorgehoben sowie die besondere Bedeutung des Begriffs der ‚angemessenen<br />

<strong>Dichte</strong>’ erläutert.


38 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Definition des Begriffs „<strong>Dichte</strong>“ aus stadtplanerischer Sicht<br />

<strong>Dichte</strong> ist von hoher Bedeutung <strong>für</strong> Städtebau <strong>und</strong> Stadtplanung, als Planungs-,<br />

Vergleichs- <strong>und</strong> Kontrollwert (HOHENADL 1977, 2). <strong>Dichte</strong> ist eine entscheidende<br />

Größe zur Beschreibung von Städten <strong>und</strong> städtischen Systemen, da sie einerseits<br />

die Beziehung zwischen Fläche <strong>und</strong> Gesellschaft (Bevölkerungsdichte) <strong>und</strong> anderseits<br />

zur physischen Struktur (Bebauungsdichte) herstellt (LICHTENBERGER 1998,<br />

87). Bereits 1964 betonte Albers die zentrale Bedeutung der <strong>Dichte</strong> zur qualitativen<br />

Beurteilung von Planungsräumen, d. h. zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit, der<br />

Sanierungsbedürftigkeit sowie des städtischen Charakters (ALBERS 1964, 44).<br />

In der planerischen <strong>und</strong> städtebaulichen Diskussion drückt <strong>Dichte</strong> die Intensität der<br />

Flächennutzung aus. Dabei werden Mengen oder Nutzungsziffern (z. B. Einwohner,<br />

Wohneinheiten, umbaute Raumeinheiten) ins Verhältnis zu abgegrenzten Bezugsflächen<br />

(z. B. Siedlungsfläche in km², Baugebiet in ha, Gr<strong>und</strong>stück in m²) gesetzt<br />

(z. B. HEIDEMANN 1975, 37; HOHENADL 1977, 3f.; MÜLLER et al. 1979, 124).<br />

Dabei werden in der stadtplanerischen <strong>und</strong> städtebaulichen Literatur verschiedene<br />

Konzepte des <strong>Dichte</strong>begriffes diskutiert.<br />

- ALBERS (1964, 44) verwendet einen eindimensionalen <strong>und</strong> einwohnerbezogenen<br />

<strong>Dichte</strong>begriff, indem er <strong>Dichte</strong> als Einwohner je ha Nettowohnbauland definiert.<br />

Diese Größe stellt er allerdings in einen Zusammenhang zu anderen Größen wie<br />

z. B. zur Geschossflächenzahl.<br />

- GASSNER (1978, 93) stellt in seinem <strong>Dichte</strong>begriff einen engen Zusammenhang<br />

zwischen Bebauungs-, Einwohner- <strong>und</strong> Nutzungsdichten her <strong>und</strong> betont damit<br />

die Multidimensionalität von <strong>Dichte</strong>, allerdings zunächst in Form eines statischen<br />

<strong>Dichte</strong>begriffs. Städtebauliche <strong>Dichte</strong> ergibt sich <strong>für</strong> ihn aus einem Zusammenwirken<br />

von baulichen Anlagen, Personen <strong>und</strong> <strong>Institut</strong>ionen <strong>und</strong> deren Zuordnung<br />

zu einem bestimmten Areal.<br />

- HEIDEMANN (1975, 25ff.) geht über diesen statischen <strong>Dichte</strong>begriff hinaus <strong>und</strong><br />

betont die zeitliche Dimension der <strong>Dichte</strong>. Als Maß, das die <strong>Dichte</strong> von Sachen<br />

um eine zeitliche Komponente erweitert, nennt er z. B. die Versorgungsleistung<br />

in m³ pro St<strong>und</strong>e.<br />

Abbildung 3 illustriert auf dieser Gr<strong>und</strong>lage den in dieser Arbeit verwendeten <strong>Dichte</strong>begriff.<br />

Demnach definiert <strong>Dichte</strong> als stadtplanerische Größe ein Verhältnis von<br />

Sachen (vor allem Gebäuden) oder Personen zu einem Bezugsraum. Dieser Wert<br />

bezieht sich jeweils auf einen bestimmten Zeitpunkt wie z. B. einen Monat oder ein<br />

Jahr.<br />

Abbildung 3: Der <strong>Dichte</strong>begriff in der Stadtplanung (Eigene Darstellung)


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 39<br />

Beeinflusst wird die jeweilige <strong>Dichte</strong> von vielfältigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen,<br />

zu denen unter anderem ökonomische Gegebenheiten wie z. B. sektorale<br />

Differenzierung <strong>und</strong> Art der Produktion, soziale Gegebenheiten wie z. B. Haushalts-<br />

<strong>und</strong> Familienstrukturen, kulturelle Einflussfaktoren oder politische Systeme<br />

zählen (LICHTENBERGER 1998, 87).<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Verdichtung als interdisziplinäre Frage zu<br />

sehen, die neben technischen, gestalterischen <strong>und</strong> technisch-wirtschaftlichen, d. h.<br />

bauökonomischen <strong>und</strong> infrastrukturökonomischen Fragen auch Fragen der psychischen<br />

<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen Verfassung betreffen <strong>und</strong> damit neben Architektur,<br />

Städtebau, Bauingenieurs- <strong>und</strong> Vermessungswesen auch <strong>für</strong> die Sozialwissenschaften<br />

(insbesondere Psychologie <strong>und</strong> Soziologie) sowie die Medizin von Bedeutung<br />

sind (GASSNER 1978, 93).<br />

Der <strong>Dichte</strong>begriff in der aktuellen stadtplanerischen Diskussion<br />

In der aktuellen Literatur im Kontext nachhaltiger Stadtentwicklung wird der Begriff<br />

der ‚Städtebaulichen <strong>Dichte</strong>’ als vielfältiges Konstrukt angesehen, dass sich aus<br />

mehreren Bestandteilen wie der baulichen <strong>Dichte</strong>, der Einwohnerdichte, der Beschäftigtendichte,<br />

der Besucherdichte, der Nutzungsdichte <strong>und</strong> der sozialen <strong>Dichte</strong><br />

zusammensetzt (APEL et al. 2000, 57). Vielfach wird die Notwendigkeit betont den<br />

traditionellen primär quantitativen <strong>Dichte</strong>begriff um eine qualitative Perspektive zu<br />

erweitern. Zu nennen ist hier insbesondere die soziale <strong>Dichte</strong> oder auch die Ereignis-<br />

oder Erlebnisdichte, die den Zusammenhang zwischen baulicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong><br />

sozialer Interaktionsdichte in den Vordergr<strong>und</strong> rückt, <strong>und</strong> damit von besonderer Bedeutung<br />

<strong>für</strong> die Qualität einer Siedlung ist (APEL et al. 2000, 57; AURICH 1997, 64;<br />

HUTTER et al. 2004, 38). Wesentlich vor dem Hintergr<strong>und</strong> der kulturellen Dimension<br />

ist weiterhin die historische <strong>Dichte</strong> (AURICH 1997, 64; KELLNER 1997, 67).<br />

SIEVERTS (1997a, 83) unterscheidet drei verschiedene <strong>Dichte</strong>begriffe: die bauliche<br />

<strong>Dichte</strong> z. B. gemessen als Bruttogeschossfläche pro Flächeneinheit, die räumlichvisuelle<br />

<strong>Dichte</strong> als Grad der erlebbaren baulich-räumlichen Geschlossenheit sowie<br />

die Arbeitsplatz- <strong>und</strong> Wohndichte als Bestimmungsmaß <strong>für</strong> die Menge <strong>und</strong> Qualität<br />

der möglichen Sozialkontakte pro Siedlungseinheit. Dabei müssen diese verschiedenen<br />

Dimensionen der <strong>Dichte</strong> keinesfalls miteinander korrelieren. Gerade Bebauungs-<br />

<strong>und</strong> Einwohnerdichten stehen häufig nicht miteinander in Zusammenhang. So<br />

weisen z. B. gewerblich genutzte Stadtteile häufig eine hohe bauliche <strong>Dichte</strong> auf,<br />

werden jedoch nach Ende der Arbeitszeit kaum noch von Nutzern frequentiert. Auch<br />

entstehen in baulich verdichteten jedoch anonymen Großsiedlungen keinesfalls<br />

zwangsläufig hohe soziale <strong>Dichte</strong>n im Sinne einer hohen Kontakt- <strong>und</strong> Kommunikationsdichte<br />

(CORDING 2007, 42).<br />

Als wesentliche Dimensionen <strong>für</strong> ein <strong>Dichte</strong>leitbild zur Kapazitätsanpassung städtischer<br />

Strukturen unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen nennt REUTHER (2002, 17):<br />

„die bauliche <strong>Dichte</strong> im Sinne der Verteilung von Baumassen <strong>und</strong> verfügbaren<br />

Flächen, die Nutzungsdichte im Sinne einer Auslastung <strong>und</strong> Inanspruchnahme<br />

von Raum- <strong>und</strong> Flächenkapazitäten, die soziale <strong>Dichte</strong> im Sinne der Verteilung<br />

von Bewohnern, Nutzern <strong>und</strong> Nutzungen im Stadtraum <strong>und</strong> die symbolische<br />

<strong>Dichte</strong>, die vom Erleben wahrnehmbarer Gebäudehöhen <strong>und</strong> Identität stiftender<br />

Bauwerke, vorherrschenden Haustypen, Enge, Weite <strong>und</strong> Vielfalt von Eindrücken<br />

oder Einflüssen geprägt wird.“


40 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Zusammenfassend sind in der stadtplanerischen Diskussion derzeit folgende <strong>Dichte</strong>begriffe<br />

gebräuchlich:<br />

- Bauliche <strong>Dichte</strong><br />

- Einwohnerdichte / Wohndichte<br />

- Beschäftigtendichte / Arbeitsplatzdichte<br />

- Besucherdichte<br />

- Nutzungsdichte<br />

- Räumlich-visuelle <strong>Dichte</strong><br />

- Symbolische <strong>Dichte</strong><br />

- Ereignis- oder Erlebnisdichte<br />

- Soziale oder kommunikative <strong>Dichte</strong><br />

- <strong>Dichte</strong> der historischen Schichtungen<br />

Definition des Begriffs der „angemessenen <strong>Dichte</strong>“<br />

Städtebauliche <strong>Dichte</strong>n in ihrer Ausprägung als Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />

stehen in enger Wechselbeziehung zu vielfältigen stadtplanerischen Handlungsfeldern.<br />

Dabei resultieren aus den verschiedenen Handlungsfeldern widersprüchliche<br />

Anforderungen an die angestrebten <strong>Dichte</strong>ziele. Während höhere <strong>Dichte</strong>n einen<br />

verringerten Erschließungs- <strong>und</strong> Verkehrsaufwand mit sich bringen <strong>und</strong> eine effizientere<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung mit den Medien der stadttechnischen Infrastruktur<br />

ermöglichen, werden ebenso Grenzen der Verdichtung diskutiert vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

kleinräumiger <strong>ökologische</strong>r Erfordernisse sowie der sozialen Bedürfnisse<br />

(BFLR 1996, 19; FELDTKELLER 2001, 10, 62; HUTTER et al. 2004, 8).<br />

Fragen nach der idealen, optimalen oder richtigen <strong>Dichte</strong> lassen sich daher nicht<br />

pauschal beantworten (CORDING 2007, 43; KLOTZ, FREY 1997, 82; KÜHN 1998, 503;<br />

PAHL-WEBER et al. 2000, 16). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> bringt der hier gewählte Begriff<br />

der ‚angemessenen <strong>Dichte</strong>’ zum Ausdruck, dass <strong>Dichte</strong>ziele jeweils aus städtebaulicher,<br />

<strong>ökologische</strong>r, sozialer <strong>und</strong> ökonomischer Sicht zu definieren sind (HUTTER<br />

et al. 2004, 8; SIEVERTS 1997a, 86). Zu berücksichtigen sind dabei weiterhin die<br />

typischen Charakteristika des Ortes wie Lage, Stadttyp <strong>und</strong> Siedlungsform (KLOTZ,<br />

FREY 1997, 82; KÜHN 1998, 503), denn „jeder Ort hat seine eigene <strong>Dichte</strong>“, so die<br />

Studie „Neues Wohnen im Bestand“ <strong>für</strong> die Stadt Münster im Rahmen des Experimentellen<br />

Wohnungs- <strong>und</strong> Städtebaus (PAHL-WEBER et al. 2000, 16).<br />

Trotz der benannten Schwierigkeiten pauschale Aussagen zu ‚richtigen’ oder ‚idealen’<br />

<strong>Dichte</strong>n zu treffen, lassen sich, unter Abwägung der jeweiligen Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />

der Ver- oder Entdichtung, dennoch allgemeine Anhaltspunkte zur Bestimmung<br />

derjenigen <strong>Dichte</strong>n finden, die als angemessen <strong>für</strong> verschiedene Typen von Wohnstandorten<br />

gelten können (HUTTER et al. 2004, 11). Anstelle der Festsetzung eines<br />

pauschalen Zielwerts geht es hierbei allerdings vielmehr um die Festlegung geeigneter<br />

Zielkorridore sowie qualitativer Zielkriterien der <strong>Dichte</strong>entwicklung.<br />

Unter Wachstumsbedingungen bedeutet dies zu ermitteln, bis zu welchem Grad<br />

eine weitere Verdichtung des Siedlungsraums gegenüber einer weiteren Flächeninanspruchnahme<br />

im Außenbereich einerseits <strong>ökologische</strong> Vorteile erbringt <strong>und</strong> andererseits<br />

auch den sozialen Ansprüchen der Bewohner an ihr Wohnumfeld nicht entgehen<br />

steht (HAPPE et al. 1994, 15; HUTTER et al. 2004, 11). Hierzu kann auf langjährige<br />

Diskussionen in der stadtplanerischen <strong>und</strong> städtebaulichen Literatur zurück-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 41<br />

gegriffen werden (z. B. ALBERS 1964; BRAKEBUSCH 1969; CHURCHMAN 1999; DROß<br />

1996; FELDTKELLER 2001; GASSNER 1978; GÖDERITZ et al. 1957).<br />

Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten fehlen<br />

bisher weitestgehend. Doch gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

wird <strong>Dichte</strong> zu einer zentralen Planungskategorie (DOEHLER et al. 2002, 10). In<br />

den ostdeutschen Städten haben nach 1990 zwei parallele Prozesse zu einer massiven<br />

Reduzierung der Einwohnerdichten beigetragen. Zum einen erfolgte eine beschleunigte<br />

Zunahme der individuellen Wohnflächeninanspruchnahme <strong>und</strong> damit<br />

eine Ausdünnung der Zahl der Einwohner auf gleicher Fläche. Zum anderen haben<br />

Bevölkerungsverluste in einigen Gebieten ostdeutscher Städte zu massiven Wohnungsleerständen<br />

geführt <strong>und</strong> damit zu einem weiteren Absinken der Einwohnerdichten.<br />

Gerade in von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffenen Gebieten widersprechen<br />

Bebauungsstruktur, d. h. bauliche <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Nutzungsstruktur einander<br />

(DOEHLER et al. 2002, 3). Urbane Stadtstrukturen mit einem entsprechenden Angebot<br />

an Infrastrukturen können allerdings nur gewährleistet werden, wenn städtische<br />

Bebauungsdichten mit entsprechenden Einwohner- <strong>und</strong> Nutzungsdichten verb<strong>und</strong>en<br />

sind. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist die Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />

schrumpfenden Städten mit der Herausforderung verb<strong>und</strong>en, Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />

wieder in Einklang zu bringen. Es sind diejenigen Bebauungs- <strong>und</strong><br />

Einwohnerdichten zu bestimmen, die es ermöglichen sowohl eine hohe Wohn- <strong>und</strong><br />

Aufenthaltsqualität zu schaffen als auch eine effiziente Bereitstellung von Infrastrukturen<br />

zu gewährleisten.<br />

2.1.2 Stadtplanerische <strong>Dichte</strong>maße<br />

Die Auseinandersetzung mit dem <strong>Dichte</strong>begriff (s. Kapitel 2.1.1) verdeutlicht dessen<br />

Vielfältigkeit sowie die Notwendigkeit zur Berücksichtigung der qualitativen Dimensionen<br />

von <strong>Dichte</strong>. So lassen sich die räumlich-visuelle, die symbolische, die Ereignis-<br />

<strong>und</strong> Erlebnisdichte, die soziale <strong>und</strong> kommunikative <strong>Dichte</strong> sowie die <strong>Dichte</strong> historischer<br />

Schichtungen nur mit qualitativen Kriterien / Indikatoren beschreiben. Auch<br />

temporäre <strong>Dichte</strong>maße wie z. B. die Benutzer- <strong>und</strong> Besucherdichte lassen sich aufgr<strong>und</strong><br />

von Problemen der Bestimmung der Dauer <strong>und</strong> Frequenz des Aufenthalts nur<br />

schwer bestimmen (HOHENADL 1977, 7).<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> erfolgt in dieser Arbeit, bei der Bestimmung von quantifizierten<br />

<strong>Dichte</strong>zielen, eine Beschränkung auf Maße der baulichen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> der Einwohnerdichte.<br />

Mit der gleichzeitigen Betrachtung von Maßen der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />

können, im Vergleich zu einer alleinigen Betrachtung baulicher <strong>Dichte</strong>maße,<br />

zusätzliche Informationen gewonnen werden (vgl. z. B. DROß 1996, 2.7), vor allem<br />

in schrumpfenden Städten (DOEHLER et al. 2002, 10).<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Einschränkung auf die Betrachtung der <strong>Dichte</strong> in Wohngebieten wird<br />

in dieser Arbeit auf eine dezidierte Betrachtung der Beschäftigten- <strong>und</strong> Arbeitsplatzdichte<br />

verzichtet. Dennoch wird, vor allem bei den qualitativen Kriterien davon ausgegangen,<br />

dass eine Nutzungsmischung maßgeblich zu hohen Ereignis- <strong>und</strong> Erlebnisdichten<br />

beiträgt (FELDTKELLER 2001, 57ff.).<br />

<strong>Dichte</strong>maße der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />

Bei der Verwendung <strong>und</strong> Vergleichbarkeit von quantitativen <strong>Dichte</strong>maßen ist eine<br />

einheitliche <strong>und</strong> klar definierte Abgrenzung der verwendeten städtebaulichen Be-


42 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

zugsflächen von essentieller Bedeutung. Häufig wird die Vielfalt <strong>und</strong> Uneinheitlichkeit<br />

von <strong>Dichte</strong>maßen kritisiert (ATTESLANDER 1975, 37ff.; CHURCHMAN 1999, 390;<br />

HOHENADL 1977, 3f.).<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> zeigen Tabelle 2 <strong>und</strong> Tabelle 3 eine Systematisierung der<br />

in dieser Arbeit verwendeten <strong>Dichte</strong>maße.<br />

Maße der Bebauungsdichte, auch bezeichnet als bauliche <strong>Dichte</strong>, sind die am<br />

häufigsten gebrauchten <strong>Dichte</strong>kennziffern. Sie beschreiben die Summe der Nutzflächen<br />

in Relation zu einer Bezugsfläche. Maße der Bebauungsdichte sind vor allem<br />

auf der räumlichen Ebene des Wohngebiets, des Gr<strong>und</strong>stücks <strong>und</strong> der einzelnen<br />

Wohnung gebräuchlich.<br />

Bei der Wohnungsdichte (Wohneinheiten je ha) ist zu unterscheiden zwischen der<br />

Bruttowohnungsdichte <strong>und</strong> der Nettowohnungsdichte. Das Nettowohnbauland beinhaltet<br />

die Gr<strong>und</strong>stücksfläche mit der überbauten Gr<strong>und</strong>stücksfläche, gr<strong>und</strong>stückseigenen<br />

Hof- <strong>und</strong> Freiflächen sowie Zuwegen <strong>und</strong> Einstellplätzen. Darüber hinaus<br />

beinhaltet das Bruttowohnbauland – neben dem Nettowohnbauland – die überwiegend<br />

den Bedürfnissen des Bezugsgebiets dienenden Grünflächen, Spiel- <strong>und</strong><br />

Sportplätze, Läden, Versorgungseinrichtungen sowie kulturelle <strong>und</strong> soziale Anlagen.<br />

Ebenso sind die internen Verkehrsflächen, als die dem Bezugsgebiet dienenden<br />

Flächen <strong>für</strong> den fließenden <strong>und</strong> ruhenden Verkehr, Bestandteil des Bruttowohnbaulands<br />

(KORDA 2005, 112; MÜLLER et al. 1979, 127).<br />

Tabelle 2: Ausgewählte Maße der Bebauungsdichte nach räumlichen Ebenen<br />

(Eigene Darstellung nach KORDA 1999, 111f.)<br />

Räumliche Ebene <strong>Dichte</strong>maß Einheit Definition<br />

Wohngebiet Bruttowohnungsdichte WE/ha Wohnungen je ha Bruttowohnbauland<br />

Nettowohnungsdichte WE/ha Wohnungen je ha Nettowohnbauland<br />

Gr<strong>und</strong>flächenzahl (GRZ) m²/m²<br />

Verhältnis von überbauter Fläche zur<br />

Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />

Gr<strong>und</strong>stück<br />

Geschossflächenzahl (GFZ) m²/m²<br />

Verhältnis der Summe aller Geschossflächen<br />

zur Gr<strong>und</strong>stücksfläche (zulässig)<br />

Geschossflächendichte (GFD) m²/m²<br />

Verhältnis der Summe aller Geschossflächen<br />

zur Gr<strong>und</strong>stücksfläche (realisiert)<br />

Hervorzuheben ist jedoch, dass die Begriffe des Brutto- <strong>und</strong> Nettowohnbaulands<br />

nicht trennscharf verwendet werden. Flächenbilanzen unterscheiden sich zum Teil<br />

in ihren Zuordnungen. So besteht nach JANSSEN (2000, 122ff.) die Differenz aus<br />

Bruttowohnbauland <strong>und</strong> Nettowohnbauland aus Erschließungsfläche (Grünfläche<br />

plus öffentliche Verkehrs- <strong>und</strong> Versorgungsfläche) sowie öffentlicher Spielfläche. Sie<br />

geht von einem Anteil der Erschließungsfläche am Bruttowohnbauland von 30 %<br />

aus. GASSNER UND THÜNKER (1992, 14) bilanzieren die Flächen von Wohnbaugebieten<br />

nach Nettowohnbauland (54-72 %), Verkehrserschließungsflächen (11-17 %),<br />

Grünerschließungsflächen (3-10 %), Flächen <strong>für</strong> Gemeinbedarf (4-12 %), <strong>und</strong> Flächen<br />

<strong>für</strong> private Versorgung (2-6 %). Für Gebiete mit weitgehender Wohnnutzung<br />

wird im weiteren Verlauf der Arbeit von einem Anteil von 70 % Nettowohnbauland<br />

am Bruttowohnbauland ausgegangen (HOHENADL 1977, 9; SIEDENTOP et al. 2006,<br />

66). 4 Dabei wird davon ausgegangen, dass das Bruttowohnbauland zusätzlich zum<br />

4 Ein Anteil des Nettowohnbaulands am Bruttowohnbauland oder des Baulands an der<br />

Wohnbaulandfläche von unter 70 % ergibt sich bei GASSNER <strong>und</strong> THÜNKER 1992 sowie<br />

MENKHOFF et al. 1979 vor allem <strong>für</strong> Großsiedlungen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 43<br />

Nettowohnbauland im Wesentlichen die Erschließungsverkehrs- <strong>und</strong> Erschließungsgrünflächen<br />

sowie wohnungsnahe Spielflächen enthält <strong>und</strong> größere Flächen<br />

<strong>für</strong> Gemeinbedarf <strong>und</strong> private Versorgung den Flächen <strong>für</strong> Folgeeinrichtungen zuzuordnen<br />

sind.<br />

Mit den Maßen der Gr<strong>und</strong>flächenzahl (GRZ) <strong>und</strong> Geschossflächenzahl (GFZ) wird,<br />

entsprechend der Vorschriften der §§ 16 <strong>und</strong> 17 der Baunutzungsverordnung, in<br />

Flächennutzungsplänen <strong>und</strong> in Bebauungsplänen das zulässige Maß der baulichen<br />

Nutzung bezogen auf die Gr<strong>und</strong>stücksfläche bzw. das Nettowohnbauland festgesetzt.<br />

Analog zur Geschossflächenzahl als Maß der zulässigen Nutzung gibt die<br />

Geschossflächendichte das realisierte Maß der baulichen Nutzung als Summe der<br />

Geschossfläche in Relation zur Gr<strong>und</strong>stücksfläche an.<br />

Maße der Einwohnerdichte messen die Zahl der Einwohner pro abgegrenzte Flächeneinheit.<br />

Auf der regionalen Ebene <strong>und</strong> städtischen Ebene wird das Maß der<br />

Bevölkerungsdichte verwendet, das die Zahl der Einwohner je km² bezogen auf die<br />

Gesamtfläche einer administrativen Einheit angibt. Die Siedlungsdichte, d. h. die<br />

Zahl der Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche ist ein weiteres <strong>Dichte</strong>maß,<br />

das auf dieser räumlichen Ebene gebräuchlich ist. Dabei plädiert KORDA<br />

(1999, 110) da<strong>für</strong>, das Maß der Siedlungsdichte <strong>für</strong> <strong>Dichte</strong>vergleiche zu verwenden,<br />

da bei einem Bezug zum gesamten Gemeindegebiet große nicht baulich genutzte<br />

Gebietsteile, wie z. B. Landwirtschaftsflächen, mit berücksichtigt werden.<br />

Tabelle 3: Ausgewählte Maße der Einwohnerdichte nach räumlichen Ebenen<br />

(Eigene Darstellung nach KORDA 2005, 111f.)<br />

Räumliche Ebene <strong>Dichte</strong>maß Einheit Definition<br />

Region / Stadt<br />

Bevölkerungsdichte<br />

Siedlungsdichte<br />

EW/km²<br />

EW/km²<br />

Zahl der Einwohner je km² Gesamtfläche,<br />

meist auf administrative Einheiten bezogen<br />

Zahl der Einwohner je km² besiedelte Fläche<br />

als Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche1 Wohngebiet Bruttowohndichte EW/ha Einwohner bezogen auf das Bruttobaugebiet<br />

Gr<strong>und</strong>stück Nettowohndichte EW/ha Einwohner bezogen auf das Nettobaugebiet<br />

Wohneinheit Wohnungsbelegungsziffer EW je WE Personen je Wohneinheit<br />

1 Zur Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche zählen folgende Nutzungsarten: 52,5 % Gebäude- <strong>und</strong> Freifläche,<br />

1,7 % Betriebsfläche (ohne Abbauland), 38,2 % Verkehrsfläche, 6,9 % Erholungsfläche <strong>und</strong> 0,8 % Friedhof<br />

(Statistisches B<strong>und</strong>esamt 2004a).<br />

Abbildung 4 <strong>und</strong> Tabelle 4 zeigen eine vergleichende Darstellung der Bevölkerungs-<br />

<strong>und</strong> Siedlungsdichten nach B<strong>und</strong>esländern <strong>für</strong> das Jahr 2004. In Deutschland betrug<br />

im Jahr 2004 die durchschnittliche Bevölkerungsdichte 231 Einwohner je km²,<br />

die durchschnittliche Siedlungsdichte 1.808 Einwohner je km². Die Stadtstaaten<br />

weisen deutlich höhere Bevölkerungs- <strong>und</strong> Siedlungsdichten auf als die Flächenländer.<br />

Die höchsten <strong>Dichte</strong>n wurden in Berlin erreicht, mit einer Bevölkerungsdichte<br />

von 3.799 Einwohnern je km² <strong>und</strong> einer Siedlungsdichte von 5.471 Einwohnern je<br />

km². Die geringsten <strong>Dichte</strong>n verzeichneten Brandenburg (Bevölkerungsdichte:<br />

87 EW/km²; Siedlungsdichte: 1.013 EW/km²) <strong>und</strong> Mecklenburg-Vorpommern (Bevölkerungsdichte:<br />

74 EW/km²; Siedlungsdichte: 1024 EW/km²). Unterschiede in den<br />

Relationen zwischen Bevölkerungsdichte <strong>und</strong> Siedlungsdichte ergeben sich aus den<br />

in den einzelnen B<strong>und</strong>esländern sehr unterschiedlichen Anteilen der Siedlungs- <strong>und</strong><br />

Verkehrsflächen. So weisen die Stadtstaaten Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächenanteile<br />

von über 50 % auf (Berlin: 69,4 %; Hamburg: 58,6 %; Bremen: 56,5 %). In Mecklenburg-Vorpommern<br />

hingegen beträgt der Anteil der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche


44 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

lediglich 7,2 %. Der Anteil der Siedlungsdichte an der Bevölkerungsdichte entspricht<br />

dem Anteil der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche an der Gesamtfläche.<br />

Abbildung 4: Bevölkerungs- <strong>und</strong> Siedlungsdichten nach B<strong>und</strong>esländern 2004<br />

(Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDESAMT 2004a, Bevölkerungsdaten aus<br />

STATISTISCHES BUNDESAMT 2006)<br />

Deutschland<br />

Baden-Württemberg<br />

Bayern<br />

Berlin<br />

Brandenburg<br />

Bremen<br />

Hamburg<br />

Hessen<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Niedersachsen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Saarland<br />

Sachsen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thüringen<br />

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000<br />

<strong>Dichte</strong> in Einwohner je km²<br />

Bevölkerungsdichte 2004<br />

Siedlungsdichte 2004<br />

Tabelle 4: Bevölkerungsdichten, Siedlungsdichten sowie Anteil der Siedlungs- <strong>und</strong><br />

Verkehrsflächen nach B<strong>und</strong>esländern (Eigene Berechnung nach STATISTISCHES BUN-<br />

DESAMT 2004a, Bevölkerungsdaten aus STATISTISCHES BUNDESAMT 2006)<br />

B<strong>und</strong>esland<br />

Bevölkerungsdichte<br />

in EW/km²<br />

Siedlungsdichte<br />

in EW/km²<br />

Anteil der Siedlungs-<br />

<strong>und</strong> Verkehrsfläche an<br />

der Bodenfläche in %<br />

Deutschland 231 1.808 12,8<br />

Baden-Württemberg 300 2.201 13,6<br />

Bayern 176 1.636 10,8<br />

Berlin 3.799 5.471 69,4<br />

Brandenburg 87 1.013 8,6<br />

Bremen 1.640 2.905 56,5<br />

Hamburg 2.297 3.923 58,6<br />

Hessen 289 1.908 15,1<br />

Mecklenburg-Vorpommern 74 1.024 7,2<br />

Niedersachsen 168 1.284 13,1<br />

Nordrhein-Westfalen 530 2.453 21,6<br />

Rheinland-Pfalz 205 1.482 13,8<br />

Saarland 411 2.044 20,1<br />

Sachsen 233 2.000 11,7<br />

Sachsen-Anhalt 122 1.187 10,3<br />

Schleswig-Holstein 179 1.502 11,9<br />

Thüringen 146 1.625 9,0<br />

Für das <strong>Dichte</strong>maß der Wohndichte ist erneut zu unterscheiden zwischen der Bruttowohndichte,<br />

die ein geeignetes Maß <strong>für</strong> die <strong>Dichte</strong> eines gesamten Wohngebietes


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 45<br />

darstellt, <strong>und</strong> der Nettowohndichte als geeignetes Maß <strong>für</strong> die Einwohnerdichte bezogen<br />

auf die Baugr<strong>und</strong>stücke.<br />

Auf der Ebene der einzelnen Wohneinheit gibt die Wohnungsbelegungsziffer gemessen<br />

in Personen je Wohneinheit die Einwohnerdichte an. Die Wohnungsbelegungsziffer<br />

unterscheidet sich nach Art des Wohngebäudes <strong>und</strong> nach der Eigentumsform.<br />

Sie ist in Eigentümerwohneinheiten durchgehend größer als in Mietwohneinheiten.<br />

Weiterhin weisen Einfamilienhäuser durch einen hohen Anteil an<br />

Haushalten mit Kindern die höchste Wohnungsbelegungsziffer von 2,7 auf. Am geringsten<br />

ist die Wohnungsbelegungsziffer mit 1,7 in Wohngebäuden mit über 13<br />

Wohneinheiten (s. Abbildung 5).<br />

Abbildung 5: Wohnungsbelegungsziffer nach Art des Wohngebäudes <strong>und</strong> Eigentumsform<br />

<strong>für</strong> Neue Länder <strong>und</strong> Berlin Ost (Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDES-<br />

AMT 2004b, 46)<br />

Personen je Wohneinheit<br />

3<br />

2,5<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

Insgesamt Eigentümerwohneinheiten Mietwohneinheiten<br />

1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE > 21 WE<br />

in Gebäuden mit ... Wohneinheiten<br />

Abbildung 6: Wohnfläche je Einwohner nach Art des Wohngebäudes <strong>und</strong> Eigentumsform<br />

<strong>für</strong> Neue Länder <strong>und</strong> Berlin Ost (Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDES-<br />

AMT 2004b, 46)<br />

Wohnfläche je Einwohner in m²<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Insgesamt Eigentümerwohneinheiten Mietwohneinheiten<br />

1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE > 21 WE<br />

in Gebäuden mit ... Wohneinheiten


46 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Trotz der in Einfamilienhäusern höheren Wohnungsbelegungsziffer ist die individuelle<br />

Wohnfläche je Person allerdings in diesem Gebäudetyp am größten mit durchschnittlich<br />

40,7 m² (s. Abbildung 6). Die höchste spezifische Wohnfläche pro Person<br />

weisen Einfamilienhäuser im Eigentum mit 41,2 m² auf, die niedrigste die Eigentümerwohneinheiten<br />

in Gebäuden mit mehr als 21 Wohnungen <strong>und</strong> zwar mit 30,2 m²<br />

pro Person. In allen anderen Gebäudetypen verfügen Bewohner von Eigentumswohnungen<br />

über eine größere individuelle Wohnfläche als Bewohner von Mietwohnungen.<br />

Rechnerische Beziehungen zwischen <strong>Dichte</strong>maßen<br />

Die in Tabelle 2 <strong>und</strong> Tabelle 3 dargestellten <strong>Dichte</strong>maße stehen in einem rechnerischen<br />

Zusammenhang. Hierzu sind einige Gr<strong>und</strong>annahmen zu treffen.<br />

Entscheidend <strong>für</strong> den Zusammenhang zwischen der Geschossflächenzahl als Maß<br />

der baulichen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> der Nettowohndichte als Maß der Einwohnerdichte ist die<br />

angenommene Bruttogeschossfläche je Einwohner. Nach KORDA (2005, 119) wird<br />

davon ausgegangen, dass sich die Bruttogeschossfläche pro Person aus der Wohnfläche<br />

pro Person multipliziert mit 1,25 ergibt. Für den Zusammenhang zwischen<br />

Bruttodichten <strong>und</strong> Nettodichten ist ausschlaggebend, welcher Anteil des Nettowohnbaulands<br />

am Bruttowohnbauland angenommen wird. Ausgehend von einem<br />

Anteil von 70 % des Nettowohnbaulands am Bruttowohnbauland liegen die Nettodichten<br />

um den Faktor 1,4 höher als die Bruttodichten (HOHENADL 1977, 9; SIEDEN-<br />

TOP et al. 2006, 66).<br />

Die folgende Abbildung stellt aufgr<strong>und</strong> dieser Annahmen die mathematischen Zusammenhänge<br />

zwischen den <strong>Dichte</strong>größen dar.<br />

Abbildung 7: Beziehungen zwischen <strong>Dichte</strong>größen (Eigene Darstellung auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

von BUCHERT et al. 2004, 100; HOHENADL 1977, 8; KORDA 2005, 111ff.)<br />

(Zur Erläuterung der <strong>Dichte</strong>maße s. Tabelle 2 <strong>und</strong> Tabelle 3)<br />

Bebauungsdichte<br />

Bruttowohnungsdichte<br />

(WE je hab)<br />

Nettowohnungsdichte<br />

(WE je han)<br />

Geschossflächenzahl (GFZ)<br />

WE je hab<br />

WE je hab =<br />

EW je WE<br />

EW je hab = WE je hab × EW je WE<br />

× 1,4<br />

÷1,25 × 0,7 ÷1,25 × 0,7<br />

WE je han x GF je WE<br />

GFZ =<br />

10.000<br />

GFZ x 10.000<br />

WE je han =<br />

GF je WE<br />

EW je han<br />

WE je han =<br />

EW je WE<br />

EW je han = WE je han × EW je WE<br />

EW je han x GF je EW<br />

GFZ =<br />

10.000<br />

GFZ x 10.000<br />

EW je han =<br />

GF je EW<br />

Einwohnerdichte<br />

Bruttowohndichte<br />

(EW je hab)<br />

× 1,4<br />

Nettowohndichte<br />

(EW je han)<br />

hab = Hektar Bruttowohnbauland; han = Hektar Nettowohnbauland; EW = Einwohner; WE = Wohneinheit;<br />

GF = Geschossfläche; EW je WE = Wohnungsbelegungsziffer (Einwohner je Wohneinheit);<br />

GF je EW / WE = Bruttogeschossfläche je Einwohner / Wohneinheit; diese ergibt sich als Wohnfläche * 1,25<br />

(KORDA 2005, 119)


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 47<br />

Zusammenhänge zwischen Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />

Bauliche <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Einwohnerdichte entwickeln sich keinesfalls immer in die gleiche<br />

Richtung. So kann z. B. auch bei einer Steigerung der baulichen <strong>Dichte</strong> durch<br />

Nachverdichtungsmaßnahmen die Einwohnerdichte stagnieren oder sogar sinken,<br />

da sich die durchschnittliche Haushaltsgröße <strong>und</strong> damit die Wohnungsbelegungsziffer<br />

seit Jahren rückläufig entwickelt (HUTTER et al. 2004, 38; PAHL-WEBER et al.<br />

2000, 3).<br />

Auf diesen Zusammenhang zwischen sinkenden Einwohnerdichten bei steigenden<br />

Bruttogeschossflächenanteilen je Einwohner verwies Albers bereits 1964 (ALBERS<br />

1964, 45). Auch GASSNER (1978, 99) stellte fest, dass nur unter Vorbehalt von der<br />

Baudichte auf die Einwohnerdichte geschlossen werden kann <strong>und</strong> dass dieses bei<br />

der Auslastung einwohnerbezogener Infrastrukturen beachtet werden sollte.<br />

Diese Zusammenhänge zwischen Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten werden in<br />

Abbildung 8 <strong>und</strong> Abbildung 9 genauer dargestellt.<br />

Abbildung 8: Zusammenhang zwischen Geschossflächendichte <strong>und</strong> Nettowohndichte<br />

in Abhängigkeit der Wohnfläche pro Person<br />

(Eigene Darstellung nach Daten des statistischen B<strong>und</strong>esamts) 5<br />

Geschossflächendichte (GFD)<br />

1968: 23,8 m² je EW 1993: 36,2 m² je EW 2002: 41,6 m² je EW<br />

3,0<br />

2,8<br />

2,6<br />

2,4<br />

2,2<br />

2,0<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1.000 1.100<br />

Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />

Abbildung 8 zeigt den Zusammenhang zwischen Geschossflächendichte <strong>und</strong> Nettowohndichte<br />

in Einwohner je ha Nettowohnbauland in Abhängigkeit der spezifischen<br />

Wohnfläche je Einwohner. Deutlich wird, dass bei konstanter Bebauungsdichte<br />

(hier: GFD) die erzielbare Nettowohndichte mit steigender individueller Wohnfläche<br />

abnimmt. Die Wohnfläche je Einwohner hat in den letzten Dekaden stetig zugenommen<br />

von 23,8 m² je Einwohner <strong>für</strong> das frühere B<strong>und</strong>esgebiet in 1968 auf<br />

41,6 m² je Einwohner im B<strong>und</strong>esdurchschnitt 2002. Betrug beispielsweise die<br />

durchschnittliche Nettowohndichte bei einer GFD von 0,8 im Jahr 1968 noch 269<br />

Einwohner je ha, so sind dies im Jahr 2002 lediglich noch 154 Einwohner je ha. 6 In<br />

2002 wäre eine GFD von 1,4 erforderlich gewesen, um eine Nettowohndichte von<br />

5 Zur Entwicklung der individuellen Wohnflächeninanspruchnahme s. Anhang III.<br />

6 Eine Geschossflächendichte von 0,8 entspricht sehr stark verdichteter Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbebauung<br />

z. B. als Atrium- oder Gartenhofhaus oder gering verdichteter Mehrfamilienhausbebauung<br />

(s. Tabelle 35).


48 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

268 Einwohnern je ha zu erreichen. Sollte es z. B. in Zukunft zu einem weiteren<br />

Anstieg der spezifischen Wohnfläche pro Kopf auf 50 m² kommen, wäre in etwa<br />

eine GFD von 1,7 erforderlich, um eine Nettowohndichte von 270 Einwohnern zu<br />

erhalten.<br />

Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Nettowohnungsdichte <strong>und</strong> Nettowohndichte<br />

in Abhängigkeit der Wohnungsbelegungsziffer<br />

(Eigene Darstellung nach Daten des statistischen B<strong>und</strong>esamts)<br />

Wohneinheiten je ha<br />

Nettowohnbauland<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

1965: 3 EW je WE 1993: 2,3 EW je WE 2002: 2,2 EW je WE<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500 600 700<br />

Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />

Abbildung 9 zeigt den Zusammenhang zwischen Nettowohnungsdichte in Wohneinheiten<br />

je ha Nettowohnbauland, Nettowohndichte in Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />

<strong>und</strong> Wohnungsbelegungsziffer in Einwohner je Wohneinheit. Die Wohnungsbelegungsziffer<br />

ist von 1965 bis 2002 stark gesunken von 3,0 auf 2,2 Personen je<br />

Wohneinheit. 7 Bei konstanter Anzahl der Wohneinheiten je ha Nettowohnbauland<br />

als Maß der Bebauungsdichte ist damit die Einwohnerdichte kontinuierlich gesunken.<br />

Während im Jahr 1965 in 80 Wohneinheiten noch durchschnittlich 240 Einwohner<br />

wohnten, sind dies heute noch 176.<br />

2.2 Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in der<br />

Stadtplanung<br />

Wesentliches Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung von quantifizierten Kriterien <strong>für</strong><br />

die Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten. Hierbei handelt<br />

es sich um Orientierungswerte. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird im Folgenden die Eignung<br />

quantifizierter Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte diskutiert (Kapitel 2.2.1). Auf<br />

Gr<strong>und</strong>lage des aktuellen Umgangs mit solchen quantifizierten Werten in der Planung<br />

(Kapitel 2.2.2) werden Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die Ermittlung quantifizierter<br />

<strong>Dichte</strong>kriterien sowie deren mögliche Einbindung in den Planungsprozess gezogen<br />

(Kapitel 2.2.3).<br />

7 Daten <strong>für</strong> 1965 <strong>für</strong> das frühere B<strong>und</strong>esgebiet, <strong>für</strong> 1993 <strong>und</strong> 2002 <strong>für</strong> Deutschland (Schriftliche<br />

Auskunft des statistischen B<strong>und</strong>esamts 2006: Werte von 1965 aus der 1 % Wohnungsstichprobe,<br />

von 1993 aus der 1 % Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungsstichprobe, von 2002<br />

Mikrozensus-Zusatzerhebung 2002).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 49<br />

Richtwerte sind verbindliche Zielwerte, die z. B. durch gesetzliche Verankerung einen<br />

normativen Charakter erhalten. Orientierungswerte hingegen sind Angaben<br />

politisch erwünschter Werte oder Erfahrungswerte wie z. B. Maximalwerte des Flächenbedarfs<br />

(BORCHARD 1969, 267; RITTER 1995, 318).<br />

2.2.1 Kritik an der Nutzung quantifizierter Richt- <strong>und</strong><br />

Orientierungswerte<br />

Im Rahmen der Kritik an linearer <strong>und</strong> rationaler Planung in den 1970er <strong>und</strong> 1980er<br />

Jahren (WIECHMANN, HUTTER 2008) wurde die Anwendbarkeit quantifizierter Zielvorgaben<br />

in der Planung hinterfragt. Dies gilt besonders <strong>für</strong> Zielwerte angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n. Kritisiert wird, dass gesetzlich vorgeschriebene Richtwerte, wie z. B. <strong>Dichte</strong>vorgaben<br />

in der Baunutzungsverordnung, das Selbstverständnis der Planer <strong>und</strong><br />

Architekten auf die technische Umsetzung dieser Richtwerte reduzieren <strong>und</strong> diese<br />

von ihrer eigenen Verantwortung entheben (BORCHARD 1969, 267). Als negativ hervorgehoben<br />

wird, vor allem im Rahmen der Kritik am Leitbild ‚Urbanität durch <strong>Dichte</strong>’<br />

(s. Kapitel 3.2), die Quasi-Objektivität von Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten. In<br />

Wirklichkeit spiegelten diese jedoch vor allem die Interessen ihrer Urheber wider<br />

<strong>und</strong> berücksichtigten die Profitinteressen der Bauwirtschaft stärker als die Bedürfnisse<br />

der Planungsbetroffenen (HÜBNER 1969, 270). Je nach ökonomischer, physischer<br />

oder gesellschaftlicher Sichtweise ergeben sich jedoch ganz unterschiedliche<br />

Beurteilungen der <strong>Dichte</strong>werte (ATTESLANDER 1975, 16f.).<br />

Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte beruhen jeweils auf einem Konsens über Wertvorstellungen<br />

zu einem bestimmten Zeitpunkt <strong>und</strong> berücksichtigen sich ändernde Lebensstile<br />

<strong>und</strong> gesellschaftliche Wertvorstellungen sowie veränderte Rahmenbedingungen<br />

nur unzureichend. Einem starken Wandel unterworfen ist dabei insbesondere<br />

die Wohnfläche je Einwohner (ATTESLANDER 1975, 18), deren ständiger Zuwachs zu<br />

reduzierten Einwohnerdichten führt. Um die Einwohnerdichten stabil zu halten werden<br />

immer höhere Bebauungsdichten erforderlich. Kritisiert wird auch die häufig<br />

stereotype Anwendung von Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten, die städtischer Variabilität<br />

<strong>und</strong> Heterogenität sowie der spezifischen lokalen Situation nur unzureichend<br />

Rechnung trägt (BORCHARD 1969, 268; GISEKE, RENKER 1998, 560f.). Ebenso berücksichtigen<br />

quantifizierte Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte Qualitätsmerkmale wie<br />

z. B. die Gestaltung von Freiräumen, die Form eines Siedlungsgebiets oder die<br />

Qualität des städtebaulichen Entwurfs nicht ausreichend (KRAU 1994, 221; STEIDLE-<br />

SCHWAHN, HOFFMANN 2005, 46f.). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde bei der Frage<br />

nach angemessenen oder optimalen <strong>Dichte</strong>n stets die Notwendigkeit zur Berücksichtigung<br />

städtebaulicher Qualitätskriterien betont (HOHENADL 1977, 3; KELLNER<br />

1997, 67; RAINER 1968, 17).<br />

So kann die Qualität der <strong>Dichte</strong> je nach benachbarter Fläche verschieden empf<strong>und</strong>en<br />

werden: die Wohnqualität eines Gebietes z. B. wird bei gleicher <strong>Dichte</strong> anders<br />

beurteilt, je nachdem ob Landschaft oder ein dicht bebautes Wohngebiet angrenzt.<br />

Weiterhin können die „<strong>Dichte</strong>erlebnisse“ in ein <strong>und</strong> demselben Gebiet tageszeitlich<br />

sehr stark schwanken, vor allem in Gebieten geringer Nutzungsmischung wie<br />

Schlafstädten oder Gebieten mit einem hohen Anteil an Büronutzungen (ATTESLAN-<br />

DER 1975, 37ff.).<br />

Neben aller Kritik haben Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte im Planungsprozess auch<br />

Vorteile. Gesetzlich vorgeschriebene Richtwerte können den Planer von der Aufgabe<br />

entbinden über eigene oder fremde Wertvorstellungen entscheiden zu müssen<br />

(BORCHARD 1969, 268). Entscheidungen über Wertmaßstäbe <strong>und</strong> Ziele bleiben so-


50 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

mit der gesellschaftlichen <strong>und</strong> politischen Auseinandersetzung überlassen. Weiterhin<br />

bieten Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte den Vorteil der Entlastung von Einzelfallentscheidungen,<br />

indem generelle Anhaltspunkte genutzt werden können, die sich<br />

aus nachprüfbaren Zusammenhängen <strong>und</strong> einem Konsens über Wertvorstellungen<br />

gewinnen lassen (BORCHARD 1969, 268). Auch können geforderte Qualitäten häufig<br />

nicht unabhängig von Mindestquantitäten gewährleistet werden, z. B. erfordern<br />

hochwertige Grün- <strong>und</strong> Freiräume eine Mindestgröße solcher Flächen (NOHL 1993,<br />

9). Orientierungswerte geben außerdem einen Anhaltspunkt <strong>für</strong> Über- <strong>und</strong> Unternutzungen,<br />

z. B. städtischer Infrastrukturen (NOHL, ZEKOM 1995, 29; STEIDLE-<br />

SCHWAHN, HOFFMANN 2005, 48). Nicht zuletzt können quantifizierte Zielvorstellungen,<br />

wenn sie richtig eingesetzt werden, die Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Transparenz<br />

stadtplanerischer Entscheidungsprozesse steigern (NOHL, ZEKOM 1995, 29).<br />

2.2.2 Renaissance der Nutzung quantifizierter Zielvorgaben<br />

Nach der Ablehnung in den 1980er Jahren wird derzeit eine Rückkehr zur integrierten<br />

Planung festgestellt, die sich allerdings im Hinblick auf Planungsziele, -inhalte, -<br />

verfahren <strong>und</strong> -akteure von der integrierten Entwicklungsplanung der 1970er Jahre<br />

unterscheidet <strong>und</strong> sich im Wesentlichen durch eine größere Offenheit kennzeichnet<br />

(BAUMGART 2006, 221; BAUMGART, LÜBKE 2006, 379). In diesem Kontext wird in der<br />

derzeitigen planerischen Diskussion um indikatorengestützte Erfolgskontrolle, Controlling<br />

<strong>und</strong> neue Steuerungsmodelle auch weitestgehend wieder von der Notwendigkeit<br />

quantifizierter Zielvorgaben im Sinne von Orientierungswerten in der Planung<br />

ausgegangen. Sowohl die Ermittlung als auch die Anwendung dieser Zielwerte unterscheidet<br />

sich allerdings deutlich vom rational-analytischen Vorgehen der integrierten<br />

Entwicklungsplanung der 1970er Jahre.<br />

So sieht z. B. das Forschungsfeld „Städte der Zukunft“ im Rahmen des Forschungsprogramms<br />

„Experimenteller Wohnungs- <strong>und</strong> Städtebau“ des B<strong>und</strong>esamts<br />

<strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung Qualitätsvereinbarungen mit verbindlichen Zielen<br />

<strong>und</strong> Orientierungswerten als wichtiges Instrument zur Erreichung einer nachhaltigen<br />

Stadtentwicklung an. Um Fortschritte im Hinblick auf eine nachhaltige Stadtentwicklung<br />

beurteilen zu können, seien jedoch nicht nur quantitative sondern auch qualitative<br />

Maßstäbe erforderlich (FUHRICH 2001, 1). Auch das Controlling 8 im Rahmen der<br />

kantonalen Richtplanung in der Schweiz sieht eine indikatorengestützte Zielerreichungsanalyse<br />

als wichtiges Element <strong>für</strong> die Umsetzung des Konzepts einer nachhaltigen<br />

Entwicklung an (SCHULTZ et al. 2002, 367ff.). Umweltqualitätsziele sollen zu<br />

sachlichen <strong>und</strong> zeitlichen Prioritätensetzungen beitragen sowie politische Entscheidungen<br />

transparenter machen (SRU 1998, 6). Im Rahmen der aktuellen Renaissance<br />

der Verwendung quantitativer Zielvorhaben werden operationalisierte<br />

Leistungs- <strong>und</strong> Wirkungsziele als Voraussetzung <strong>für</strong> Controlling angesehen (COOLS<br />

et al. 2002, 225). Neben quantifizierten Zielen wie z. B. Ober- <strong>und</strong> Untergrenzen der<br />

Flächeninanspruchnahme wird allerdings die Ergänzung durch qualitative Ziele gefordert,<br />

beispielsweise Prioritäten <strong>für</strong> die Lenkung der Flächeninanspruchnahme in<br />

bestimmte Bereiche wie Brachflächen (BIRKMANN 2003, 365; FUHRICH 2004, 10;<br />

8 „Controlling heißt, übertragen auf die Raumplanung, dass periodisch überprüft wird, ob<br />

die den planerischen Instrumente zu Gr<strong>und</strong>e liegenden strategischen Ziele der räumlichen<br />

Entwicklung erreicht <strong>und</strong> die operativen Maßnahmen umgesetzt werden bzw. zielführend<br />

sind. So kann ermittelt werden, ob sich ein neuer Handlungsbedarf ergibt <strong>und</strong> ob<br />

Maßnahmen zur Kurskorrektur einzuleiten sind.“ Dabei geht es hier ausschließlich um die<br />

Planinhalte (Ziele <strong>und</strong> Maßnahmen) <strong>und</strong> nicht um den Planungsprozess (SCHULTZ et al.<br />

2002, 367).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 51<br />

SCHULTZ et al. 2002, 368f.). Ziele sollten stets klar genug sein, um künftige Maßnahmen<br />

ableiten zu können, aber auch flexibel genug, um auf künftige Entwicklungen<br />

reagieren oder lokales Wissen <strong>und</strong> lokale Handlungsspielräume nutzen zu können<br />

(SRU 1998, 4). Deshalb sollten Zielfestlegungen nicht pauschal erfolgen, sondern<br />

lokale Besonderheiten berücksichtigen (FUHRICH 2001, 2).<br />

Die Art der Zieldefinition unterscheidet sich heute deutlich von der wissenschaftlichen<br />

<strong>und</strong> methodischen Ableitung der Ziele im Rahmen der integrierten Entwicklungsplanung<br />

der 1970er Jahre. Für die Zieldefinition kann die Wissenschaft über<br />

den Vorschlag von Methoden <strong>und</strong> Kriterien zwar die Gr<strong>und</strong>lagen liefern, die Wertmaßstäbe<br />

<strong>und</strong> konkreten Ziele sollten allerdings politisch bzw. gesellschaftlich gesetzt<br />

werden (FUHRICH 2001, 2; SRU 1998, 4ff.). Gr<strong>und</strong>lage der lokalen Planung<br />

„sind dabei politische Entscheidungen auf der Basis von Wertvorstellungen <strong>und</strong><br />

Leitbildern sowie Zielsetzungen in Bezug auf Sicherheit, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> angemessene<br />

Lebensbedingungen“ (BAUMGART 2006, 213).<br />

Während die strikte Zieldefinition im Rahmen der aktuellen Diskussion um Monitoring<br />

<strong>und</strong> Controlling als erforderlich angesehen wird, sollte – so die aktuelle Debatte<br />

um neue Steuerungsmodelle in der Planung (z. B. Zielvereinbarungen) – über die<br />

Art <strong>und</strong> Weise, wie diese Ziele erreicht werden, weitestgehend Freiheit bestehen.<br />

Neue Steuerungsmodelle wie zum Beispiel das Konzept der parametrischen Steuerung<br />

betonen hier einen größeren Spielraum <strong>für</strong> dezentrale Umsetzungsstellen, um<br />

angepasste <strong>und</strong> akzeptierte Lösungen zu ermöglichen. Zudem soll eine stärkere<br />

Mitwirkung der Adressaten <strong>und</strong> eine Mobilisierung von Selbsthilfepotenzialen erreicht<br />

werden (COOLS et al. 2002, 220). Es geht darum, Lernmöglichkeiten offen zu<br />

halten, wenn sich im Rahmen der Zielüberprüfung oder während der Implementationsphase<br />

neue Erkenntnisse <strong>und</strong> Entwicklungen ergeben (SRU 1998, 13).<br />

2.2.3 Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die Entwicklung von Kriterien<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> deren Anwendung<br />

Quantifizierte Zielvorgaben können einen wichtigen Beitrag leisten, um zur Umsetzung<br />

des Konzepts einer nachhaltigen Stadtentwicklung beizutragen. Dabei werden<br />

gerade Zielvorgaben zur Steuerung der Menge <strong>und</strong> Intensität der Flächeninanspruchnahme<br />

<strong>und</strong> damit auch quantitative Zielvorgaben angemessener <strong>Dichte</strong>n als<br />

sinnvoll hervorgehoben (COOLS et al. 2002, 228; FUHRICH et al. 2004, 14).<br />

Entgegen der Annahme der integrierten Entwicklungsplanung der 1970er Jahre,<br />

dass Richtwerte, Beurteilungsmaßstäbe <strong>und</strong> Planungsgrößen aufgr<strong>und</strong> exakter wissenschaftlicher<br />

Berechnungen <strong>und</strong> Simulationen zu ermitteln <strong>und</strong> mit Hilfe umfassender<br />

Steuerung umzusetzen seien, plädiert diese Arbeit <strong>für</strong> eine stärkerer Einbindung<br />

der Zielformulierung in gesellschaftliche Prozesse. Durch eine intensive wissenschaftliche<br />

Auseinandersetzung mit den Wechselbeziehungen zwischen<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen, <strong>Dichte</strong>rückgängen <strong>und</strong> deren Auswirkungen auf zentrale<br />

stadtplanerische Handlungsfelder, zielt die Arbeit darauf ab, Wirkungszusammenhänge<br />

darzustellen <strong>und</strong> eine f<strong>und</strong>ierte Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> eine politische <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />

Auseinandersetzung über minimale <strong>Dichte</strong>n zu liefern.<br />

Über eine genaue Analyse dieser Wirkungszusammenhänge wird ermittelt, welche<br />

Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n bestehen, wenn die vorhandenen<br />

städtischen Qualitäten auch in Zukunft erhalten bleiben sollen. Ebenso wird aufgezeigt,<br />

dass im Falle veränderter gesellschaftlicher Prioritäten auch Alternativen zu<br />

diesen Mindestdichten bestehen, wenn z. B. deutliche Kostensteigerungen zur Sicherung<br />

der Infrastrukturversorgung in Kauf genommen werden. Diese gesellschaft-


52 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

lichen <strong>und</strong> politischen Entscheidungen über normative Ziele angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

können in einer wissenschaftlichen Arbeit nicht vorweg genommen werden.<br />

Ziel dieser Arbeit ist es, auf der Gr<strong>und</strong>lage der Darstellung eindeutiger Wechselwirkungen<br />

zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> stadtplanerischen Handlungsfeldern, generelle Anhaltspunkte<br />

minimaler <strong>Dichte</strong>n zu definieren. Im Falle der Übertragung dieser Werte<br />

auf den lokalen Einzelfall sind jedoch stets die spezifischen Rahmenbedingungen<br />

vor Ort zu berücksichtigen <strong>und</strong> lokales Wissen einzubeziehen, um konkrete Projektziele<br />

in einem transparenten bürgerschaftlichen Dialog zu entwickeln <strong>und</strong> somit die<br />

Motivation der lokalen Akteure <strong>für</strong> eine Umsetzung der Ziele zu steigern.<br />

Sowohl in der ursprünglichen Kritik an der integrierten Entwicklungsplanung als<br />

auch in der aktuellen Debatte um quantifizierte Zielfestlegungen in der Raumplanung<br />

besteht ein breiter Konsens darüber, dass quantifizierte Zielaussagen allein<br />

keine qualitativ hochwertige Planung gewährleisten können. Daher werden die in<br />

dieser Arbeit dargelegten Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n stets um qualitative<br />

Zielkriterien ergänzt. Neben Mengenvorgaben minimaler <strong>Dichte</strong>n sind dies z. B. Prioritäten<br />

<strong>für</strong> bestimmte Formen des Stadtumbaus wie z. B. Rückbau von außen nach<br />

innen.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer effektiven Erfolgskontrolle gilt es Ziele möglichst konkret<br />

zu operationalisieren, um hieraus Maßnahmen ableiten <strong>und</strong> die Zielerreichung kontrollieren<br />

zu können. Andererseits sollten Ziele flexibel genug sein, um auf Änderungen<br />

gesellschaftlicher Rahmenbedingungen (z. B. Entwicklung der Wohnfläche pro<br />

Person) oder lokale Besonderheiten reagieren zu können. Diesen widersprüchlichen<br />

Anforderungen trägt die Arbeit dadurch Rechnung, dass Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n<br />

abgeleitet werden. Der Notwendigkeit der räumlichen Differenziertheit von <strong>Dichte</strong>zielen<br />

wird durch eine Unterscheidung der Ziele nach Stadtstrukturtypen, die typische<br />

Formen der Bebauung von Wohnquartieren operationaliseren, Rechnung getragen.<br />

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass trotz einer generellen<br />

Kritik an der Anwendbarkeit von Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten in aktuellen Städtebaulehrbüchern<br />

die ursprünglich in den 1970er Jahren formulierten Orientierungswerte<br />

z. B. zu Flächenbedarfen <strong>und</strong> Einzugsbereichen verschiedener Einrichtungen<br />

unverändert Anwendung finden (z. B. BORCHARD 1983, SCHÖNING, BORCHARD 1992,<br />

KORDA 2005). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> scheint es dringend erforderlich, diese nach<br />

wie vor verwendeten Orientierungswerte unter Berücksichtigung aktueller Rahmenbedingungen<br />

zu aktualisieren.<br />

<strong>Dichte</strong>werte <strong>und</strong> -ziele sind geeignet eine Steuerungsfunktion im gesamten Planungs-<br />

<strong>und</strong> Umsetzungsprozess zu übernehmen: In der Phase der Analyse <strong>und</strong><br />

Erarbeitung der Planungsgr<strong>und</strong>lagen lassen sich mit Hilfe von <strong>Dichte</strong>maßen Aussagen<br />

zur aktuellen Intensität der Flächennutzung treffen. In Kombination mit Informationen<br />

z. B. zu Infrastruktureinrichtungen lassen sich somit schnell Aussagen zu<br />

Über- oder Unternutzungen treffen. Auch im Rahmen planerischer Zielfestlegungen<br />

finden <strong>Dichte</strong>ziele Anwendung, bisher vor allem in den <strong>Dichte</strong>modellen westdeutscher<br />

Großstädte. Diese Zielfestlegungen erfolgen über eine Kombination qualitativer<br />

Zielrichtungen <strong>und</strong> quantifizierter Zielwerte (s. Tabelle 13). Letztendlich eignen<br />

sich <strong>Dichte</strong>werte auch <strong>für</strong> eine abschließende Erfolgskontrolle, ob <strong>Dichte</strong>zielwerte<br />

erreicht wurden. In der Bauleitplanung z. B. wird hier die Geschossflächendichte als<br />

tatsächlich in der Umsetzung realisierte Geschossflächenzahl verwendet, um den


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 53<br />

Unterschied zwischen Zielfestlegung per Geschossflächenzahl <strong>und</strong> der tatsächlich<br />

realisierten <strong>Dichte</strong> zu verdeutlichen.<br />

2.3 Stadtstrukturtypen<br />

Um städtische Qualitäten <strong>und</strong> Entwicklungen räumlich differenziert zu analysieren<br />

sowie räumlich differenzierte Zielsetzungen zu definieren, werden in Forschung <strong>und</strong><br />

Praxis seit Mitte der 1990er Jahre verstärkt Stadtstrukturtypen bzw. Siedlungsstrukturtypen<br />

verwendet. Die Begriffe Stadtstrukturtyp <strong>und</strong> Siedlungsstrukturtyp werden<br />

im Folgenden synonym verwendet, da sie in der Fachliteratur identisch definiert<br />

werden. 9 Nach einer einleitenden Begriffsdefinition <strong>und</strong> einer Erläuterung der Verwendungsmöglichkeiten<br />

von Stadtstrukturtypen wird die in dieser Arbeit verwendete<br />

Stadtstrukturtypik dargelegt.<br />

2.3.1 Definition <strong>und</strong> Verwendungsmöglichkeiten von<br />

Stadtstrukturtypen<br />

Stadtstrukturtypen werden definiert als Flächen oder Gebietsausschnitte mit weitgehend<br />

homogener Ausprägung hinsichtlich städtebaulicher Merkmale wie Größe,<br />

Form <strong>und</strong> Anordnung der Gebäude <strong>und</strong> einer charakteristischen Konfiguration von<br />

Bebauung <strong>und</strong> Freiflächen sowie der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Bebauung. Sie weisen eine homogene<br />

Ausprägung auf, im Hinblick auf die Freiflächenausprägung mit den Anteilen<br />

unversiegelter Flächen, sowie den Vegetations- <strong>und</strong> Gehölzanteilen (PAULEIT 1998,<br />

34; WICKOP et al. 1998, 28). Homogen sind sie weiterhin in den Erschließungsprinzipien<br />

technischer Infrastrukturen mit der Anordnung der Leitungstrassen <strong>für</strong> Wasser<br />

<strong>und</strong> Abwasser <strong>und</strong> der zentralen / dezentralen Ausrichtung der Wärmeversorgung<br />

(SIEDENTOP et al. 2006, 42ff.). Diese homogenen Struktureinheiten wie z. B.<br />

Blockbebauung, Zeilenbebauung oder Einzelhausgebiete unterscheiden sich in ihrer<br />

Physiognomie von den benachbarten Flächen (PAULEIT 1998, 34).<br />

Stadtstrukturtypen sind in erster Linie ein analytisches Hilfsmittel <strong>für</strong> eine räumlich<br />

differenzierte Analyse <strong>und</strong> Bewertung städtischer Flächennutzungs- <strong>und</strong> Standortmuster<br />

(PAULEIT 1998, 15; SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 5; 2007; WICKOP et al.<br />

1998, 27ff.). Auf Basis einer solchen räumlich differenzierten Analyse können durch<br />

die Nutzung von Stadtstrukturtypen auch räumlich differenzierte Zielvorgaben, z. B.<br />

Ziele einer nachhaltigen Stadtentwicklung oder Umweltziele, gesetzt werden (FLA-<br />

CKE 2003, 76; PAULEIT 1998, 3; PAULEIT, DUHME 1999, 44). Damit stellen Stadtstrukturtypen<br />

eine Schnittstelle zwischen Planung <strong>und</strong> Wissenschaft dar. Sie ermöglichen<br />

eine Generalisierung zwischen der gesamtstädtischen Betrachtungsebene <strong>und</strong><br />

der Ebene des Gebäudes / Strukturelements <strong>und</strong> erleichtern damit die räumliche<br />

Übertragbarkeit von Forschungsergebnissen (WICKOP et al. 1998, 28). Grenzen der<br />

Leistungsfähigkeit von Stadtstrukturtypen liegen in einem höheren Daten- <strong>und</strong> Erhebungsaufwand<br />

<strong>und</strong> den zum Teil sehr starken Schwankungsbreiten von Merkmalsausprägungen<br />

innerhalb eines Strukturtyps (FLACKE 2003, 76; PAULEIT, DUHME<br />

1999, 36).<br />

Stadtstrukturtypenansätze wurden bisher in der Forschung <strong>und</strong> Planungspraxis zu<br />

unterschiedlichen Zwecken <strong>und</strong> mit unterschiedlichen Zielsetzungen verwendet.<br />

Stadtstrukturtypen werden genutzt zur morphologischen Beschreibung städtischer<br />

9 Der Begriff Stadtstrukturtyp findet Verwendung bei (WICKOP et al. 1998), der Begriff Siedlungsstrukturtyp<br />

bei (SIEDENTOP et al. 2006). Weitere synonyme Begriffe sind Strukturtypen<br />

der Wohnbebauung (DEILMANN et al. 2001) oder Bebauungsstrukturtypen (IWANOW<br />

2003).


54 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Strukturen sowie vielschichtiger Bau- <strong>und</strong> Freiraumstrukturen (SENSTADT BERLIN<br />

2007, BRAUM et al. 2000, 19). Stadtstrukturtypen dienen zur differenzierten Charakterisierung<br />

der <strong>ökologische</strong>n Eigenschaften des Stadtgefüges sowie zur Bestimmung<br />

räumlich differenzierter Umweltqualitätsziele. Anhand von Bebauungsform<br />

<strong>und</strong> Erschließungsprinzipien werden Infrastrukturaufwand <strong>und</strong> -kosten beschrieben,<br />

es werden Auswirkungen des Stadtumbaus auf die stadttechnische Infrastruktur<br />

ermittelt oder Materialintensitäten <strong>und</strong> Infrastrukturfolgekosten verschiedener Pfade<br />

der Siedlungsentwicklung modelliert (BUCHERT et al. 2004, 23ff.; DEILMANN et al.<br />

2001, 174; FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 24; JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 41; SIE-<br />

DENTOP et al. 2006, 42ff.). Auf der Gr<strong>und</strong>lage differenzierter Stadtstrukturtypen werden<br />

Prognosen <strong>und</strong> Szenarien der künftigen Einwohnerverteilung sowie der künftigen<br />

Nachfrageentwicklung nach Wohnungen erstellt (BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE<br />

2004b, 57ff.; IWANOW, EICHHORN 2002a, 28f.; 2002b, 34f.). Auch in den aktuellen<br />

Planungen zum Stadtumbau in Ostdeutschland finden Stadtstrukturtypen ihre Anwendung<br />

(BMVBW, BBR 2003, 22ff., 31ff.)<br />

2.3.2 Entwicklung einer Stadtstrukturtypik<br />

Eine wesentliche Anforderung bei der Raumgliederung durch Stadtstrukturtypen ist,<br />

dass diese eine Abgrenzung von Raumeinheiten erlauben, die im Hinblick auf die<br />

Fragestellung homogene Merkmalsausprägungen aufweisen. Weiterhin sollte die<br />

Bildung von Stadtstrukturtypen die Verfügbarkeit von <strong>für</strong> die jeweilige Untersuchung<br />

verfügbaren Daten berücksichtigen. Die Raumgliederung sollte so detailliert wie<br />

möglich sein um Informationsverluste zu minimieren, andererseits jedoch einen vertretbaren<br />

Arbeitsaufwand <strong>und</strong> eine ausreichende Kommunizierbarkeit der Ergebnisse<br />

erlauben (FLACKE 2003, 104; PAULEIT 1998, 9).<br />

Entsprechend der Fragestellung dieser Arbeit sollen die Stadtstrukturtypen genutzt<br />

werden, um Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten <strong>für</strong> Wohnquartiere<br />

aus Sicht von Stadtplanung <strong>und</strong> Stadttechnik räumlich differenzieren zu<br />

können. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sich <strong>Dichte</strong>ziele nicht<br />

pauschal formulieren lassen, sondern einer räumlichen Differenzierung bedürfen.<br />

Wesentlich <strong>für</strong> die hier gebildeten Stadtstrukturtypen ist daher vor allem, dass sie<br />

sich eindeutig im Hinblick auf ihre <strong>Dichte</strong>n unterscheiden. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der<br />

Fokussierung auf den Themenbereich der stadttechnischen Infrastruktur sollten die<br />

Stadtstrukturtypen eine homogene Ausprägung der Erschließungsaufwendungen<br />

<strong>und</strong> Erschließungsprinzipien aufweisen. Zu diesem Zweck erfolgt eine Anlehnung<br />

an die Stadtstrukturtypiken von BUCHERT et al. (2004), FREUDENBERG, KOZIOL<br />

(2003), JENSSEN, KARAKOYUN (2005) sowie von SIEDENTOP et al. (2006). Für einen<br />

Abgleich der Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik mit Kriterien<br />

aus anderen Bereichen wie dem Verkehr, der sozialen Infrastruktur, der Freiraum-<br />

<strong>und</strong> der Wohnqualität sollten die gewählten Stadtstrukturtypen auch geeignet<br />

sein, wesentliche Merkmale dieser planerischen Handlungsfelder abzubilden (vor<br />

diesem Hintergr<strong>und</strong> werden berücksichtigt IWANOW, EICHHORN 2002a, 28f., 2002b,<br />

34f.).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 55<br />

Tabelle 5: Stadtstrukturtypik (Eigene Darstellung nach Braum et al. 2000, 19ff.;<br />

BUCHERT et al. 2004, 26f.; FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 32ff.; IWANOW, EICHHORN 2002a,<br />

28f.; JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 41; SIEDENTOP et al. 2006, 54)<br />

Stadtstrukturtypen<br />

(Abkürzung)<br />

Altbau in traditioneller<br />

Blockstruktur<br />

(Block)<br />

Großwohnsiedlung in<br />

Plattenbauweise<br />

(Platte)<br />

Wohnbebauung<br />

in Zeilenform<br />

(Zeile)<br />

Wohn- <strong>und</strong><br />

Werksiedlungsbau <br />

Plattenbauwohnsiedlung<br />

mit Zeilen<br />

Geschosswohnungsbau<br />

nach 1990<br />

(MFH 90+)<br />

Freistehende Ein- <strong>und</strong><br />

Zweifamilienhäuser<br />

(EFH locker)<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />

in verdichteter<br />

Bauweise (EFH dicht)<br />

Baualter<br />

bis 1918<br />

1969 -<br />

1990<br />

1919 -<br />

1948<br />

1949 -<br />

1968<br />

ab 1990<br />

Beschreibung Bildbeispiel (Fotos: IÖR) GFD<br />

Vor <strong>und</strong> gründerzeitliche mehrgeschossige<br />

Wohnhäuser in offenen<br />

oder geschlossenen Blockstrukturen<br />

Geschosswohnungsbau in offener<br />

Blockstruktur mit mehr als 2500<br />

Wohneinheiten, Gebäude mit Hofbildung<br />

oder als Mäander angeordnet<br />

Zeilenbebauung der 20er <strong>und</strong> 30er<br />

Jahre als Wohn- <strong>und</strong> Werkssiedlungen<br />

oder Gartenstädte mit Hausgartenanlagen<br />

in den Abstandsflächen<br />

zwischen den Gebäuden<br />

Mehrgeschossige Wohnhäuser mit<br />

Zeilenbebauung in industrieller<br />

Bauweise mit Gebäudetypen der<br />

Block-, Streifen- oder Großtafelbauweise;<br />

Trennung der Gebäude<br />

durch Abstandsgrün<br />

Mehrgeschossige Wohnhäuser die<br />

nach 1990 errichtet wurden, meist in<br />

Form offener Blockbebauung<br />

Freistehende Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />

in lockerer Bauweise<br />

Reihenhäuser, Doppel-, <strong>und</strong> Einzelhäuser<br />

in dichter Anordnung<br />

Die Stadtstrukturtypik wird in dieser Arbeit nicht wie oftmals verwendet, um die Bebauungsstruktur<br />

eines Fallstudiengebiets räumlich zu kategorisieren (PAULEIT 1998,<br />

3ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 42ff.; WICKOP et al. 1998, 30ff.), sondern um Sek<strong>und</strong>ärdaten<br />

sowie Ergebnisse vorliegender Forschungsarbeiten räumlich differenziert<br />

auszuwerten. Da in den einzelnen Arbeiten jeweils mit unterschiedlichen Strukturtypen<br />

gearbeitet wird, ist die Möglichkeit des Differenzierungsgrads der in dieser Arbeit<br />

verwendeten Stadtstrukturtypik begrenzt. Sie sollte einen Rahmen bieten, in<br />

den die unterschiedlichen Ergebnisse eingeordnet werden können. In dieser Arbeit<br />

0,8 -<br />

3,0<br />

0,6 -<br />

1,6<br />

0,6 -<br />

1,3<br />

0,6 -<br />

1,3<br />

0,5 -<br />

1,2<br />

0,15<br />

- 0,4<br />

0,4 -<br />

0,7


56 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

verwendete Stadtstrukturtypen sollten weiterhin jenen Typen entsprechen, die im<br />

Rahmen des ostdeutschen Stadtumbaus Anwendung finden <strong>und</strong> geeignet sind, solche<br />

städtischen Strukturen auszuweisen, die besonders von Bevölkerungsrückgängen<br />

<strong>und</strong> Leerständen betroffen sind, <strong>und</strong> in denen demzufolge mit Problemen der<br />

Funktions- <strong>und</strong> Tragfähigkeit von stadttechnischen Infrastrukturen zu rechnen ist.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> orientieren sich die in Tabelle 5 dargestellten Stadtstrukturtypen<br />

an den Bebauungsstrukturen, die in den neuen B<strong>und</strong>esländern vorzufinden<br />

sind.<br />

2.3.3 <strong>Dichte</strong>werte von Stadtstrukturtypen<br />

In Folge regionaler <strong>Dichte</strong>gefälle ergeben sich zum Teil erhebliche <strong>Dichte</strong>spannen<br />

<strong>für</strong> die einzelnen Stadtstrukturtypen. Neben der räumlichen Differenzierung der<br />

Stadtstrukturtypen ist ebenso das bauliche Verdichtungsgefälle zwischen Großstädten<br />

<strong>und</strong> ländlich peripheren Räumen zu berücksichtigen. Um dem regionalen <strong>Dichte</strong>gefälle<br />

ausreichend Rechnung zu tragen entwickelten BUCHERT et al. (2004, 27ff.)<br />

in Modifizierung der siedlungsstrukturellen Kreistypen der BBR eine neue Raumtypologie<br />

von Gemeindetypen, die ‚Kernstädte’, ‚suburbanen Raum’ <strong>und</strong> ‚ländlichen<br />

Raum’ unterscheidet. Anhand dieser Raumtypologie haben die Autoren differenzierte<br />

Werte der Geschossflächendichten <strong>für</strong> die einzelnen Stadtstrukturtypen geschätzt<br />

10 , die in Abbildung 10 anhand der in dieser Arbeit verwendeten Stadtstrukturtypen<br />

dargestellt werden.<br />

Abbildung 10: Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen nach Gemeindetypen<br />

(Eigene Darstellung auf Basis von BUCHERT et al. 2004, 31)<br />

Geschossflächendichte (GFD)<br />

3<br />

2,5<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

Kernstädte Suburbaner Raum Ländlicher Raum<br />

Block Platte Zeile MFH 90+ EFH dicht EFH locker<br />

Neben diesen <strong>Dichte</strong>gefällen zwischen Stadt <strong>und</strong> Umland sind zudem großräumige<br />

regionale <strong>Dichte</strong>gefälle in Deutschland zu berücksichtigen, die z. B. in Tabelle 4 am<br />

Beispiel der Gefälle der Bevölkerungs- <strong>und</strong> Siedlungsdichten nach B<strong>und</strong>esländern<br />

dargestellt wurden.<br />

Während die <strong>Dichte</strong>spannen der Strukturtypen nach BUCHERT et al. (2004) von<br />

Siedlungsstrukturen höherer <strong>Dichte</strong>n ausgehen, schätzen SIEDENTOP et al. (2006,<br />

10 Gr<strong>und</strong>lage dieser Schätzung sind Angaben aus der Literatur sowie eine Orientierung an<br />

der statistischen Hilfsgröße der Wohnungsdichte, die auf der Kreisebene aus der Wohnungs-<br />

<strong>und</strong> Flächenstatistik abgeleitet werden kann (BUCHERT et al. 2004, 27ff.).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 57<br />

54) <strong>für</strong> die brandenburgische Fallstudienregion Havelland-Fläming, die sich durch<br />

eine hohe Zahl ländlich geprägter Siedlungseinheiten sowie eine stark unterdurchschnittliche<br />

Siedlungsdichte auszeichnet, deutlich geringere <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong> die jeweiligen<br />

Stadtstrukturtypen. Anhand der Typen ‚verdichtete Gemeinden’ (über 2.000<br />

Einwohner je ha Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche), ‚moderat verdichtete Gemeinden’<br />

(1.000-2.000 Einwohner je ha Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche) <strong>und</strong> ‚gering verdichtete<br />

Gemeinden’ (weniger als 1.000 Einwohner je ha Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche)<br />

werden stadtstrukturtypenspezifische Geschossflächendichten angegeben, die in<br />

Abbildung 11 dargestellt werden (SIEDENTOP et al. 2006, 54).<br />

Abbildung 11: Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen nach Gemeindetypen<br />

(Eigene Darstellung auf Basis von SIEDENTOP et al. 2006, 54)<br />

Geschossflächendichte (GFD)<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

Verdichtet Moderat verdichtet Gering verdichtet<br />

Block Platte Zeile MFH 90+ EFH dicht EFH locker<br />

Je nach großräumiger <strong>und</strong> kleinräumiger Lage ergeben sich <strong>für</strong> die <strong>Dichte</strong>n der einzelnen<br />

Stadtstrukturtypen somit erheblichen Wertespannen, die bei der Ermittlung<br />

von Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n zu berücksichtigen sind.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 59<br />

3 Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele seit dem Zweiten Weltkrieg<br />

Die Diskussion um <strong>Dichte</strong> hat eine lange Tradition in Städtebau <strong>und</strong> Stadtplanung.<br />

Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong> schrumpfende Städte können daher nicht aufgr<strong>und</strong><br />

der alleinigen Betrachtung der aktuellen Diskussion definiert werden. Sie sollten<br />

vielmehr eingebettet in die langjährige stadtplanerische Diskussion gef<strong>und</strong>en<br />

werden, die, vor dem Hintergr<strong>und</strong> der jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen,<br />

ausführlich die Vor- <strong>und</strong> Nachteile von Verdichtung einerseits <strong>und</strong> Auflockerung<br />

oder Entdichtung andererseits diskutiert <strong>und</strong> ihren Niederschlag in städtebaulichen<br />

Leitbildern findet. Die vielfältigen Vor- <strong>und</strong> Nachteile von verdichteten <strong>und</strong> dispersen<br />

Siedlungsstrukturen haben nach wie vor ihre Gültigkeit, sind allerdings vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> der aktuellen <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse neu zu bewerten, um <strong>Dichte</strong>kriterien<br />

<strong>für</strong> schrumpfende Städte ableiten zu können.<br />

Die Abfolge von <strong>Dichte</strong>zielwerten der städtebaulichen Leitbilder verläuft polarisiert<br />

<strong>und</strong> in einer steten Schwankung zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Auflockerung, Verdichtung<br />

<strong>und</strong> Zersiedlung. Bei der Diskussion um <strong>Dichte</strong> geht es nicht allein um <strong>Dichte</strong>maße<br />

wie realisierte Geschossflächendichten oder Nettoeinwohnerdichten, es geht auch<br />

um die Bilder <strong>und</strong> Vorstellungen der idealen Lebensform des Menschen. Vorstellungen<br />

schwanken entsprechend der jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

zwischen Stadtfeindlichkeit <strong>und</strong> Stadteuphorie. Die Diskussion um <strong>Dichte</strong>vorstellungen<br />

ist stark ideologisch geprägt:<br />

„Offensichtlich will sich niemand in seiner jeweils ideologisch einseitigen <strong>und</strong><br />

damit bequemen Position zum Thema „<strong>Dichte</strong>“ mit rationalen Argumenten in<br />

Frage stellen lassen.“ (SIEVERTS 1997a, 83)<br />

Am deutlichsten wird dieser Konflikt in der Diskussion zwischen der absoluten Be<strong>für</strong>wortung<br />

oder Ablehnung der Wohnformen des Hochhauses einerseits <strong>und</strong> des<br />

(freistehenden) Einfamilienhauses andererseits (GASSNER 1978, 93).<br />

Abbildung 12: Kontrastierende Lebensvorstellungen: Freistehendes Einfamilienhaus<br />

<strong>und</strong> verdichteter Wohnungsbau (Fotos: IÖR)<br />

Im Folgenden werden, nach einer einleitenden Darlegung der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> baurechtlichen<br />

<strong>Dichte</strong>vorschriften des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts in Exkurs 1, die <strong>für</strong> den <strong>Dichte</strong>diskurs<br />

relevanten städtebaulichen Leitbilder in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg nachgezeichnet.<br />

Für die B<strong>und</strong>esrepublik werden folgende Leitbilder betrachtet:


60 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

- Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt (1940 bis 1960),<br />

- Urbanität durch <strong>Dichte</strong> (1960 bis 1975),<br />

- behutsame Stadterneuerung, Innenentwicklung, <strong>ökologische</strong> orientierte Stadt<br />

(Ende der 1970er <strong>und</strong> 1980er Jahre).<br />

Exkurs 1: <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> baurechtliche Vorschriften der Stadt des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

Mit der Industrialisierung <strong>und</strong> zunehmenden Überbauung des Stadtgebietes war es Ende<br />

des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts notwendig geworden, die Ausnutzbarkeit von privaten Gr<strong>und</strong>stücken<br />

zu regeln. Es entstanden deshalb Staffel- <strong>und</strong> Zonenbauordnungen als Bestandteil der Bauordnungen,<br />

nach denen Einwohnerdichten von bis zu 2.900 Einwohnern je ha Bruttobauland<br />

einschließlich Straßen erzielt werden konnten (GEBERDING-WIESE 1968, 37f.).<br />

Diese Staffel- <strong>und</strong> Zonenbauordnungen sowie die nachfolgenden Bauordnungen der großen<br />

Städte folgten dem Prinzip „je größer das Gr<strong>und</strong>stück, umso kleiner das Haus“, in dem sie in<br />

zentralen Lagen eine hohe Ausnutzung kleiner Gr<strong>und</strong>stücke <strong>und</strong> am Siedlungsrand eine<br />

geringe Ausnutzung auf großen Gr<strong>und</strong>stücken vorsahen (s. Abbildung 13) (GEBERDING-<br />

WIESE 1968, 37f.; SCHÖNING 1968, 17). So erlaubten z. B. die Bauordnungen der Städte<br />

Berlin (1925), Stuttgart (1934) <strong>und</strong> Köln (1941) bei eingeschossiger Bauweise die Bebauung<br />

von einem Zehntel der Gr<strong>und</strong>stücksfläche, entsprechend einer GFZ von 0,1. In den Kerngebieten<br />

der Innenstädte hingegen konnten bei sechsgeschossiger Bauweise sechs Zehntel<br />

des Gr<strong>und</strong>stücks bebaut werden, entsprechend einer GFZ von 3,6 (HOHENADL 1977, 32;<br />

SCHÖNING 1968, 17). Diese Regelung wurde aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit vielfach<br />

kritisiert (GEBERDING-WIESE 1968, 48). 11<br />

Abbildung 13: Die Berliner Bauordnung von 1925: „Je größer das Haus, desto kleiner<br />

das Gr<strong>und</strong>stück“ (Eigene Darstellung nach GÖDERITZ et al. 1957, 21)<br />

3/10<br />

3/10<br />

2/10<br />

6/10<br />

5/10<br />

5/10<br />

4/10<br />

4/10<br />

1/10<br />

Trotz dieser Kritik muss festgestellt werden, dass durch die Bauordnungen der 1920er <strong>und</strong><br />

1930er Jahre im Vergleich zu den vorherigen Bauordnungen bereits eine deutliche Reduzierung<br />

der <strong>Dichte</strong>n erreicht wurde, wie Tabelle 6 am Beispiel von Berlin verdeutlicht.<br />

Tabelle 6: Erzielbare Einwohnerdichten (netto) gemäß der Berliner Bauordnungen von<br />

1897 <strong>und</strong> 1925 (WASMUTH 1929 zitiert nach GEBERDING-WIESE 1968, 42)<br />

Geschosse Bauordnung von 1897 Bauordnung von 1925<br />

5 1.600 EW/ha 1.200 EW/ha<br />

4 1.000 EW/ha 800 EW/ha<br />

3 600 EW/ha 450 EW/ha<br />

2 300 EW/ha 150 EW/ha<br />

11 Zu einer genaueren Darlegung der Vorschriften sowie zu vorhergehenden Regelungen<br />

der Intensität der Flächennutzung siehe GEBERDING-WIESE 1968, 34ff. sowie HOHENADL<br />

1977, 29ff.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 61<br />

Danach wird auf die <strong>Dichte</strong>vorstellungen der DDR eingegangen, anhand der Phasen<br />

der unmittelbaren Nachkriegszeit mit den 16 Gr<strong>und</strong>sätzen des Städtebaus, der<br />

Industrialisierung <strong>und</strong> Verdichtung des Bauens in den 1950er <strong>und</strong> 1960er Jahren<br />

sowie des extensiven Großsiedlungsbaus in den 1970er <strong>und</strong> 1980er Jahren. Die<br />

gesamtdeutschen <strong>Dichte</strong>vorstellungen nach der Wiedervereinigung sind gekennzeichnet<br />

durch den Gegensatz der kompakten europäischen Stadt <strong>und</strong> der dispersen<br />

Zwischen- oder Netzstadt. Es wird dabei kein Anspruch auf eine vollständige<br />

Darstellung der Städtebaugeschichte erhoben, sondern es werden jeweils diejenigen<br />

Leitbilder <strong>und</strong> Entwicklungsphasen hervorgehoben, die <strong>für</strong> die <strong>Dichte</strong>ziele seit<br />

dem 2. Weltkrieg von besonderer Relevanz sind.<br />

Im Rahmen der Diskussion der jeweiligen <strong>Dichte</strong>ziele werden zum einen städtebauliche<br />

Leitbilder <strong>und</strong> Modelle behandelt, mit ihren stadtplanerisch dominanten <strong>Dichte</strong>vorstellungen<br />

<strong>und</strong> bevorzugten Formen der Wohnbebauung unterschiedlicher <strong>Dichte</strong>.<br />

Zum anderen werden die baurechtlichen Vorschriften der Baunutzungsverordnung<br />

in der jeweils gültigen Fassung erörtert, die den baurechtlichen Rahmen der<br />

planerischen Umsetzung von <strong>Dichte</strong>ziele bilden.<br />

Hervorzuheben ist allerdings, dass sich die jeweils realisierten <strong>Dichte</strong>n nicht allein<br />

aus dem Zusammenspiel der stadtplanerischen Leitbilder <strong>und</strong> baurechtlichen Vorschriften<br />

ergeben, sondern vielmehr auch die allgemeinen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

ausschlaggebend sind, wie z. B. die wirtschaftliche Entwicklung<br />

mit ihren Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt, die Finanz- <strong>und</strong> Steuerpolitik oder<br />

die Eigentumsstrukturen. So konstatiert z. B. Reinborn,<br />

„dass das Auf <strong>und</strong> Ab der Wirtschaftszyklen <strong>für</strong> die Stadtentwicklung <strong>und</strong> den<br />

Städtebau bestimmender ist als jedes Leitbild oder jede Ideologie“ (REINBORN<br />

1996, 305).<br />

3.1 Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt (1940-1960)<br />

3.1.1 Das Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt<br />

Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt war das städtebauliche Leitbild der 1940er<br />

<strong>und</strong> 1950er Jahre <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, das erst nachträglich, mit der<br />

Veröffentlichung „Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt“ 1957 von Göderitz, Rainer<br />

<strong>und</strong> Hoffmann (GÖDERITZ et al. 1957) seinen Namen erhielt (FÜRST et al. 1996,<br />

22).<br />

Das Leitbild fußt auf der Ablehnung der extrem verdichteten steinernen Stadt der<br />

Gründerjahre <strong>und</strong> weist in seinen Gr<strong>und</strong>zügen eine hohe Kontinuität von der Gartenstadtidee<br />

über das Kaiserreich, die Weimarer Republik, die Ära Blut <strong>und</strong> Boden<br />

der NS-Zeit bis hin zur gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt der westdeutschen<br />

Nachkriegsgeschichte auf (DURTH 1990, 14f.; HILLEBRECHT 1962, 44ff.) <strong>und</strong> zeichnet<br />

sich vor allem durch Großstadtfeindlichkeit aus. Kritisiert werden:<br />

„Ballung von Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten um einen hoch <strong>und</strong> dicht bebauten<br />

Stadtkern, Wohnen in vielgeschossigen Großhäusern, zeit- <strong>und</strong> kraftraubender<br />

täglicher Berufsverkehr in kostspieligen Verkehrsmitteln, riesiger Transportaufwand<br />

auch <strong>für</strong> die tägliche Ernährung <strong>und</strong> sonstige Versorgung, endlich <strong>für</strong> die<br />

nötige Erholung teure künstliche Grünflächen <strong>und</strong> lange Anfahrten, um die freie<br />

Landschaft zu erreichen (...).“ (GÖDERITZ et al. 1957, 9).


62 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Die Lebensbedingungen der Großstadt werden als unnatürlich angesehen <strong>und</strong> Kritik<br />

entzündet sich vor allem am Wohnhochhaus (GÖDERITZ et al. 1957, 17).<br />

Dem wird mit der der gegliederten Stadt das Bild eines „ges<strong>und</strong>en“ Lebens in kleinen<br />

Städten mit einem unmittelbaren Bezug zu einem Nutzgarten entgegen gestellt<br />

(FÜRST et al. 1996, 22f.). Als eine den menschlichen Bedürfnissen am besten entsprechende<br />

Wohnform wird das verdichtete Einfamilienhaus mit einer Nettowohnfläche<br />

von 74 m² <strong>und</strong> einer Belegung von vier Personen angesehen. Um dennoch eine<br />

wirtschaftliche <strong>und</strong> flächensparende Bauweise zu ermöglichen, wird eine geschlossene<br />

Bauweise vorgesehen. Auflockerung bedeute demnach nicht eine flächenintensive<br />

offene Bauweise sondern die Schaffung eines Gegensatzes zu den stark<br />

verdichteten gründerzeitlichen Mietskasernen (RAINER 1968, 13).<br />

GÖDERITZ, RAINER <strong>und</strong> HOFFMANN (1957) setzen sich in „Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte<br />

Stadt“ intensiv mit den Zusammenhängen zwischen <strong>Dichte</strong>, Geschosshäufung<br />

<strong>und</strong> Flächenverbrauch auseinander.<br />

Abbildung 14: Erzielbare Flächengewinne durch Geschosshäufung<br />

(Eigene Darstellung nach GÖDERITZ et al. 1957, 43)<br />

Dabei weisen sie vor allem auf die stark sinkenden Ersparnisse bebauter Fläche<br />

durch Geschosshäufung bei steigenden Geschosszahlen hin. Die Flächenersparnis<br />

bzw. der Freiflächengewinn durch Geschosshäufung verliert praktisch oberhalb des<br />

vierten Geschosses seine Bedeutung. Während bei der Erhöhung von einem auf<br />

zwei Geschosse noch die Hälfte der Wohnfläche als Freifläche gewonnen wird, ist<br />

dies bei der Erhöhung von zwei auf drei Geschosse nur noch ein Drittel, bei der Erhöhung<br />

von drei auf vier Geschosse ein Viertel usw. (s. Abbildung 14) (RAINER<br />

1968, 16). Da mindestens ab dem fünften Geschoss Aufzüge nötig sind, die nicht<br />

nur Bau- <strong>und</strong> Betriebskosten, sondern auch Raumverluste verursachen, könne man<br />

den geringfügigen Gewinn an Freifläche offenbar nicht als Begründung <strong>für</strong> die Wahl<br />

des vielgeschossigen Hauses anführen (GÖDERITZ et al. 1957, 42).<br />

Ferner sind die Autoren der Ansicht, dass eine weitgehende Realisierung des Wohnens<br />

in verdichteten Einfamilienhäusern nicht zu einer größeren Ausdehnung des<br />

Stadtgebietes führe. Dies sei darin begründet, dass Flächen <strong>für</strong> Gemeinschaftsanlagen<br />

zu gleichen Anteilen je Wohnung unabhängig von der Wohnungsdichte be-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 63<br />

reitzustellen seien <strong>und</strong> sich damit der Effekt der Verringerung der Ausdehnung in<br />

Folge höherer Wohnungsdichten abschwäche. So würden sich die Ausdehnungen<br />

von „ges<strong>und</strong>en“, gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Städten mit 50.000 Einwohnern<br />

<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>n von 40 bis 60 Wohneinheiten je ha Nettowohnbaugebiet, bestehend<br />

zum größten Teil aus Einfamilienhäusern mit 100 bis 150 m² großen Hausgärten<br />

<strong>und</strong> mit umfangreicher Ausstattung mit Gemeinschaftsanlagen, nur wenig von der<br />

damaligen Ausdehnung von Städten unterscheiden (GÖDERITZ et al. 1957, 72).<br />

Mit Reihenhäusern in geschlossener Bauweise auf kleinen Gr<strong>und</strong>stücken oder Atriumhäusern<br />

können demnach <strong>Dichte</strong>n bis zu 60 Wohnungen je ha Nettobauland<br />

erreicht werden (RAINER 1968, 15). Eine <strong>Dichte</strong> von 60 Wohneinheiten je ha Nettobauland<br />

würde eine obere Grenze <strong>für</strong> den Einfamilienhausbau darstellen, vor allem<br />

wenn er als eingeschossiger Bau konzipiert sei (GÖDERITZ et al. 1957, 54f.). Entsprechend<br />

einer angenommenen Belegung mit vier Personen je Wohneinheit ergeben<br />

sich <strong>für</strong> diesen Bebauungstyp des zweigeschossigen angebauten Einfamilienhauses<br />

Einwohnerdichten von 240 Einwohnern je ha Nettowohnbauland bei einer<br />

GFZ von etwa 0,5. Geberding-Wiese benennt <strong>für</strong> Städte der Prägung „gegliederte<br />

<strong>und</strong> aufgelockerte Stadt“ einen Korridor der Nettowohndichten von 150 bis 250 Einwohnern<br />

je ha Nettowohnbauland (GEBERDING-WIESE 1968, 128).<br />

Auch wenn die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt mit ihrer Bevorzugung des Einfamilienhauses<br />

ein geringes Maß baulicher <strong>Dichte</strong> aufwies, konnten mit 160 bis 240<br />

Einwohnern je ha Nettowohnbauland aufgr<strong>und</strong> der hohen Belegungsziffer <strong>und</strong> der<br />

damit geringen Wohnflächeninanpruchnahme pro Person vergleichsweise hohe<br />

Einwohnerdichten erreicht werden. Solche <strong>Dichte</strong>werte werden bei heutigen individuellen<br />

Wohnflächenansprüchen erst ab einer Geschossflächendichte von 1,0 erzielt<br />

(vgl. auch Abbildung 8, S. 47).<br />

3.1.2 Die BauNVO von 1962 – Begrenzung der Verdichtung<br />

In der Baunutzungsverordnung (BauNVO) von 1962 wurden erstmalig <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

einheitliche Festsetzungen zu Art <strong>und</strong> Maß der baulichen Nutzung getroffen.<br />

In § 17 Abs. 1 der BauNVO werden <strong>für</strong> verschiedene Baugebietstypen die<br />

Gr<strong>und</strong>flächen-, Geschossflächen- <strong>und</strong> Baumassenzahl sowie die Zahl der Vollgeschosse<br />

in Form zulässiger Höchstmaße festgesetzt (s. Tabelle 7).<br />

Tabelle 7: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1<br />

BauNVO 1962<br />

Baugebietstyp<br />

reine Wohngebiete (WR),<br />

allgem. Wohngebiete (WA),<br />

Mischgebiete (MI)<br />

Kerngebiete (MK),<br />

Gewerbegebiete (GE)<br />

Zahl der<br />

Vollgeschosse (Z)<br />

Gr<strong>und</strong>flächenzahl<br />

(GRZ)<br />

Geschossflächenzahl<br />

(GFZ)<br />

1 0,4 0,4<br />

2 0,4 0,7<br />

3 0,3 0,9<br />

4 <strong>und</strong> mehr 0,3 1,0<br />

1 0,8 0,8<br />

2 0,8 1,2<br />

3 0,6 1,6<br />

4 <strong>und</strong> mehr 0,6 2,0<br />

Mit ihren klar definierten Obergrenzen baulicher Nutzung durch die maximalen Geschossflächenzahlen<br />

von 1,0 in Wohngebieten <strong>und</strong> 2,0 in Kerngebieten, steht die<br />

BauNVO 1962 in der Tradition der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt. So hat


64 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

auch GÖDERITZ maßgeblich an der Entstehung der BauNVO mitgewirkt. 12 In dieser<br />

kommt deutlich die Kritik an den bisherigen Bauordnungen mit der Staffelung von<br />

Bauklassen zum Ausdruck, die auf kleinen Gr<strong>und</strong>stücken Mietshäuser <strong>und</strong> auf großen<br />

Gr<strong>und</strong>stücken Flachbebauung vorsah <strong>und</strong> damit als sozial ungerecht galt (siehe<br />

auch Exkurs 1) (GEBERDING-WIESE 1968, 48). Damit lassen sich die rigiden Nutzungsobergrenzen<br />

der BauNVO von 1962 vor allem vor dem Hintergr<strong>und</strong> des Anspruchs<br />

an soziale Gerechtigkeit sowie der allgemeinen Stadtfeindlichkeit erklären,<br />

die im Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt ihren Niederschlag gef<strong>und</strong>en<br />

hatten.<br />

GEBERDING-WIESE (1968, 50ff.) führte einen Vergleich der maximal erzielbaren Einwohnerdichten<br />

je ha Nettowohnbauland gemäß der Bauordnung <strong>für</strong> Berlin 1925 <strong>und</strong><br />

der BauNVO 1962 durch, der in Abbildung 15 illustriert wird.<br />

Abbildung 15: Erzielbare Einwohnerdichten entsprechend der Berliner Bauordnung<br />

1925 sowie der BauNVO 1962 (Eigene Darstellung nach GEBERDING-WIESE 1968, 50ff.)<br />

Einwohner je ha netto<br />

1.300<br />

1.200<br />

1.100<br />

1.000<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

Bauordnung Berlin 1925 BauNVO 1962<br />

2 3 4 5 6<br />

Zahl der Geschosse<br />

Hierbei wird deutlich, dass mit der BauNVO 1962 eine deutliche Reduzierung der<br />

<strong>Dichte</strong>n erreicht wurde. Während nach der Bauordnung <strong>für</strong> Berlin 1925 bei sechsgeschossiger<br />

Bebauung <strong>Dichte</strong>n von bis zu 1.225 Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />

erreicht werden konnten, beträgt die maximale nach der BauNVO von 1962 in<br />

Wohngebieten erzielbare Einwohnerdichte 415 Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />

(jeweils ausgehend von 24 m² Bruttogeschossfläche je Einwohner) (GEBERDING-<br />

WIESE 1968, 50f.).<br />

In der Folgezeit erfolgt eine breite Auseinandersetzung damit, ob die Obergrenze<br />

einer GFZ von 1,0 <strong>für</strong> Wohngebiete gerechtfertigt sei. Als problematisch wird die<br />

Obergrenze vor allem <strong>für</strong> innerstädtische Sanierungsgebiete angesehen (GEBER-<br />

DING-WIESE 1968, 95). Hierzu ist allerdings anzumerken, dass die BauNVO von<br />

1962 <strong>für</strong> innerstädtische Sanierungsgebiete eine Überschreitung der in § 17 Abs. 1<br />

12 Johannes Göderitz war Leiter des Arbeitsausschusses der Landesgruppe Niedersachsen<br />

der Akademie <strong>für</strong> Städtebau <strong>und</strong> Landesplanung, die 1951 den Entwurf einer Baunutzungsordnung<br />

herausbrachte, die dem Sachverständigenausschuss der Hauptkommission<br />

<strong>für</strong> die Baugesetzgebung <strong>und</strong> der Musterbauordnungs-Kommission der Länder als<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Erarbeitung einer Rechtsverordnung zum B<strong>und</strong>esbaugesetz, der späteren<br />

Baunutzungsverordnung diente (SCHÖNING 1968, 18ff.).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 65<br />

angegeben Höchstmaße der baulichen Nutzung zuließ. So war es <strong>für</strong> überwiegend<br />

bebaute Gebiete, also vor allem <strong>für</strong> innerstädtische Sanierungsgebiete, möglich, im<br />

Bebauungsplan von den Höchstmaßen baulicher Nutzung abzuweichen, „wenn<br />

städtebauliche Gründe dies rechtfertigen <strong>und</strong> sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen“<br />

(§ 17 Abs. 8 BauNVO 1962) (siehe hierzu auch die Ausführungen zur<br />

BauNVO von 1968 in Kapitel 3.2.2).<br />

3.2 Urbanität durch <strong>Dichte</strong> (1960-1975)<br />

3.2.1 Das Leitbild Urbanität durch <strong>Dichte</strong><br />

Die <strong>Dichte</strong>diskussion der 1960er <strong>und</strong> frühen 1970er Jahre wurde bestimmt durch<br />

das städtebauliche Leitbild „Urbanität durch <strong>Dichte</strong>“. Mit seiner Rede vor dem Deutschen<br />

Städtetag 1960 über Urbanität hatte EDGAR SALIN unbeabsichtigt die Diskussionen<br />

in Richtung dieses die Stadtplanung der 1960er Jahre bestimmenden Leitbildes<br />

angestoßen sowie den Namen des Leitbilds motiviert. In dieser Rede setzt SA-<br />

LIN (1960, 325) sich mit Urbanität auseinander <strong>und</strong> betont vor allem die Notwendigkeit<br />

zur aktiven Mitwirkung der Stadtbürgerschaft an der Regierung <strong>und</strong> Gestaltung<br />

der Stadt.<br />

Er beobachtet eine Aushöhlung der Stadt im alten Sinn <strong>und</strong> richtet sich vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> gegen eine ‚Entballung’ der Städte <strong>und</strong> betont dabei die Bedeutung der<br />

Kernstadt:<br />

„Entgegen dem heute so beliebten Schlagwort, dass eine Entballung der Städte<br />

notwendig ist, scheint mir ihre vordringliche Aufgabe darin zu bestehen, ihre<br />

Aushöhlung zu verhindern. Nicht die Auflösung der Stadt schafft eine neue<br />

Form, sondern nur die Stärkung des Kerns vermag bis in die äußersten Bezirke<br />

ein neues Leben auszustrahlen. Erst danach wird eine sinnvolle Entballung überhaupt<br />

möglich, <strong>und</strong> erst danach kann ernstlich eine Gründung von Trabantenstädten<br />

erwogen werden, die mehr als bloßes Häuserkonglomerat sind.“<br />

(SALIN 1960, 329).<br />

In der Folge dieser Rede fanden in den Jahren 1963 <strong>und</strong> 1964 in Gelsenkirchen<br />

zwei Tagungen des B<strong>und</strong>es Deutscher Architekten statt mit den Titeln „Gesellschaft<br />

durch <strong>Dichte</strong>“ <strong>und</strong> „Großstadt, in der wir leben möchten“, die eine Kritik am damals<br />

gängigen Leitbild der Entballung <strong>und</strong> Auflockerung ausdrückten. Die Vorstellung<br />

eines „ges<strong>und</strong>en“ Lebens mit Licht, Luft <strong>und</strong> Sonne im Einfamilienhaus forderte Architekten<br />

<strong>und</strong> Stadtplaner zur Gegenwehr heraus. Wissenschaftlichen Rückhalt zog<br />

diese Position aus der zunehmenden Kritik am Nachkriegsstädtebau, formuliert von<br />

Journalisten, Soziologen <strong>und</strong> Psychologen wie EDGAR SALIN, JANE JACOBS oder<br />

HANS PAUL BAHRDT. Gesucht wurde nach Alternativen zur Auflösung der Großstadt,<br />

nach Wegen, Großstädte <strong>und</strong> Urbanität mit all ihren Negativerscheinungen zu akzeptieren<br />

(BOEDDINGHAUS 1995, 9).<br />

„Nicht allein mit Licht, Luft <strong>und</strong> Sonne, nicht mit aufgelockerten <strong>und</strong> durchgrünten<br />

Städten könne den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprochen werden. Nur<br />

in dicht gebauten Städten würden die Menschen die vielfältigen Kontakte finden,<br />

die sie suchten. Unter Verdichtung wurde allerdings nicht nur eine Erhöhung<br />

der Geschossflächenzahlen verstanden. Auch die unterschiedlichen Nutzungen,<br />

die im Nachkriegsstädtebau gemäß einem allzu einfältigen Verständnis<br />

der Charta von Athen weiträumig voneinander getrennt worden waren, sollten<br />

nun in Abkehr von den Gr<strong>und</strong>sätzen der Charta in ein dichtes Gefüge gebracht


66 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

werden. Nur wenn die Städte wieder in diesem Sinne verdichtet würden, könne<br />

sich Urbanität entfalten.“ (BOEDDINGHAUS 1995, 10)<br />

Getragen von dem Wunsch nach metropolen Lebensstilen, dem Glauben an technischen<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlichen Fortschritt, große Wachstumserwartungen <strong>und</strong> die Allzuständigkeit<br />

der Planung wird nach dichten <strong>und</strong> kompakten Stadtbauformen gesucht.<br />

Das Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt wurde <strong>für</strong> die Verkehrszunahme<br />

<strong>und</strong> die Zersiedelung der Landschaft verantwortlich gemacht <strong>und</strong> mit<br />

seiner geringen <strong>Dichte</strong> als antiurban verworfen. Durch verdichtete Bauformen sollte<br />

eine neue Urbanität geschaffen werden, die bewusst einen Kontrast zur umgebenden<br />

Landschaft setzt. Ziele sind Flächen sparen <strong>und</strong> die verbesserte Erreichbarkeit<br />

der Gemeinschaftseinrichtungen durch kurze Wege (DURTH 1990, 27ff.; FÜRST et al.<br />

1996, 46ff.; REINBORN 1996, 240).<br />

In den verschiedenen zum Ende der 1960er <strong>und</strong> Anfang der 1970er entstandenen<br />

wissenschaftlichen Studien werden verschiedene Zielwerte <strong>für</strong> die <strong>Dichte</strong> benannt:<br />

GRUEN setzt 200 bis 300 Einwohner je ha Bruttowohnbauland (entsprechend einer<br />

Nettowohndichte von 280 bis 420 Einwohner) als untere Grenze an, um die Charakteristika<br />

von Urbanität zu erhalten (GRUEN 1973, 329, 349). Als Ergebnis umfangreicher<br />

Analysen plädiert BRAKEBUSCH (1969, 125f.) <strong>für</strong> Nettowohndichten von 400 bis<br />

640 Einwohnern je ha ausgehend von einem Bruttogeschossflächenanteil von 35 m²<br />

pro Kopf. Eine besonders hohe Wohnqualität könne bei diesen <strong>Dichte</strong>n in Hochhäusern<br />

von 16 bis 20 Geschossen bei der Scheibe <strong>und</strong> elf Geschossen bei Punkthochhäusern<br />

erreicht werden. Dieser Bebauung in Form von Hochhäusern böte<br />

vielfältige Vorteile, wie einen großen Anteil optimal besonnter Wohnungen, großflächige<br />

<strong>und</strong> damit vielfältig nutzbare Freiräume, eine durch Ebenentrennung von<br />

Fahrzeugverkehr <strong>und</strong> Erschließungsanlagen freie Fußgängerebene, eine schnelle<br />

<strong>und</strong> sichere Erreichbarkeit von Folgeeinrichtungen wie Läden, Gaststätten, Freizeithäusern,<br />

Schulen, Kindergärten <strong>und</strong> Sportanlagen im Einzugsbereich von 250 bis<br />

400 m.<br />

Abbildung 16: Urbanität durch <strong>Dichte</strong> am Beispiel des Märkischen Viertels in Berlin<br />

(Foto: Dahme)<br />

Neben dieser bedingungslosen Be<strong>für</strong>wortung des Hochhauses gibt es allerdings<br />

auch andere Stimmen, die vor allem auf die begrenzten Zugewinne an <strong>Dichte</strong> bzw.<br />

Flächen bei weiterer Erhöhung der Geschosszahlen hinweisen, der oberhalb von 12<br />

Geschossen gleich Null werde (PFEIL 1972, 340f.). Sie plädiert da<strong>für</strong> das Thema<br />

<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Auflockerung bei jedem städtebaulichen Entwurf zu behandeln <strong>und</strong> dabei<br />

weder in Verdichtungspanik zu verfallen, noch die notwendige Konzentration<br />

außer Acht zu lassen. Im Ergebnis der <strong>Dichte</strong>werte kommt sie allerdings zu ähnli-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 67<br />

chen Werten wie BRAKEBUSCH als Be<strong>für</strong>worter des Hochhauses, nämlich auf eine<br />

maximale <strong>Dichte</strong> von 500 Einwohnern je ha netto, allerdings nur bei guten architektonischen<br />

Lösungen. Für Wohnbebauung seien 1,0 <strong>und</strong> in Ausnahmefällen auch 1,5<br />

geeignete Geschossflächenzahlen, <strong>für</strong> Geschäftsbebauung sei eine Erhöhung der<br />

Geschossflächenzahlen auf 2,0 angemessen (PFEIL 1972, 341). Auch KRÜGER,<br />

RATHMANN <strong>und</strong> UTECH nennen im <strong>Dichte</strong>modell Hamburg eine maximale GFZ von<br />

1,5 <strong>für</strong> Wohnbebauung. Diese erfordere bereits eine besondere städtebauliche <strong>und</strong><br />

verkehrliche Lagegunst wie z. B. die Nachbarschaft einer Schnellbahnhaltestelle<br />

(KRÜGER et al. 1972, 294) (<strong>für</strong> eine genauere Betrachtung des Hamburger <strong>Dichte</strong>modells<br />

siehe Exkurs 10).<br />

SCHMIDT-RELENBERG (1968, 220ff.) schlägt eine Differenzierung verschiedener<br />

Wohngebietstypen vor, um verschiedenen Wohnbedürfnissen gerecht werden zu<br />

können. Städtisch-lebendige Wohngebiete in zentraler Lage seien geeignet, Bedürfnisse<br />

nach Urbanität zu erfüllen. Sie sollten eine hohe <strong>Dichte</strong> von mindestens 500<br />

Einwohnern je ha in Großhäusern <strong>und</strong> geschlossener Blockbebauung aufweisen<br />

ebenso wie einen hohen Grad an Nutzungsmischung. In städtisch-ruhigen Wohngebieten<br />

könnten ebenfalls <strong>Dichte</strong>n von bis zu 500 Einwohnern je ha erreicht werden,<br />

allerdings durch eine Kombination mittelhoher Geschossbebauung in Kombination<br />

mit verdichteten Reihenhäusern. Quasi-ländliche randstädtische Wohngebiete sollten<br />

vorwiegend aus Einfamilienhäuser bestehen, wenn auch in verdichteter Bauweise,<br />

gemischt mit anderen modernen Bauformen außer dem Hochhaus. Die <strong>Dichte</strong><br />

sollte nicht unter 150 Einwohner je ha sinken.<br />

Bei einem Vergleich der hier aufgelisteten <strong>Dichte</strong>ziele zeigt sich, dass zwar, im Gegensatz<br />

zu BRAKEBUSCH, nicht alle das gemeinhin mit Urbanität durch <strong>Dichte</strong> assoziierte<br />

Wohnhochhaus be<strong>für</strong>worten, jedoch alle zu dieser Zeit formulierten <strong>Dichte</strong>zielwerte<br />

deutlich über denen der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt liegen, abgesehen<br />

von SCHMIDT-RELENBERGS Zielwert <strong>für</strong> Wohngebiete am Stadtrand.<br />

Abbildung 17 zeigt eine zusammenfassende Darstellung der im Kontext der Urbanität<br />

durch <strong>Dichte</strong> <strong>für</strong> großstädtische Siedlungstypen formulierten <strong>Dichte</strong>ziele.<br />

Abbildung 17: <strong>Dichte</strong>ziele Urbanität durch <strong>Dichte</strong> (Eigene Darstellung)<br />

Einwohner je ha netto<br />

650<br />

600<br />

550<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

BauNVO<br />

1968<br />

Schmidt-<br />

Relenberg<br />

1968<br />

Brakebusch<br />

1969<br />

Pfeil 1972 Krüger et al.<br />

1972<br />

Gruen 1973


68 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

3.2.2 Die BauNVO von 1968 – Anhebung der <strong>Dichte</strong>grenzen<br />

Entsprechend dem vorherrschenden städtebaulichen Leitbild lässt die BauNVO<br />

1968 höhere <strong>Dichte</strong>n zu, als die vorhergehende Fassung von 1962, die vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> des Leitbilds der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt entstanden war<br />

(FÜRST et al. 1996, 48).<br />

Dementsprechend sind die Obergrenzen der GFZ <strong>für</strong> Wohngebiete auf 1,2 (im Vergleich<br />

zu 1,0) <strong>und</strong> <strong>für</strong> Kerngebiete auf 2,4 (im Vergleich zu 2,0) angehoben worden<br />

(siehe auch Tabelle 8 im Vergleich zu Tabelle 7 auf Seite 63). Begründet wird die<br />

leichte Anhebung mit einer Anpassung an gestiegene Wohnstandards <strong>und</strong> neuzeitliche<br />

städtebauliche Anforderungen. Während bei Erarbeitung der BauNVO von 1962<br />

noch eine durchschnittliche Bruttogeschossfläche von 20 bis 25 m² je Einwohner<br />

angenommen wurde, sind dies bei der BauNVO 1968 bereits 28 bis 34 m² (FICKERT,<br />

FIESELER 1969, Tz 182). Weiterhin sind die Werte der Geschossflächenzahlen jetzt<br />

bis zu sechs Vollgeschossen differenziert angegeben, um neuzeitliche Bauformen<br />

wie z. B. Terrassen- oder Hügelhäuser zu ermöglichen ebenso wie eine höhere<br />

Wirtschaftlichkeit bei höhergeschossigen Gebäuden (FICKERT, FIESELER 1969, Tz<br />

183).<br />

Tabelle 8: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1<br />

BauNVO 1968<br />

Baugebietstyp<br />

reine Wohngebiete (WR),<br />

allgem. Wohngebiete (WA),<br />

Mischgebiete (MI)<br />

Kerngebiete (MK),<br />

Gewerbegebiete (GE)<br />

Zahl der<br />

Vollgeschosse (Z)<br />

Gr<strong>und</strong>flächenzahl<br />

(GRZ)<br />

Geschossflächenzahl<br />

(GFZ)<br />

1 0,4 0,5<br />

2 0,4 0,8<br />

3 0,4 1,0<br />

4 <strong>und</strong> 5 0,4 1,1<br />

6 <strong>und</strong> mehr 0,4 1,2<br />

1 1,0 1,0<br />

2 1,0 1,6<br />

3 1,0 2,0<br />

4 <strong>und</strong> 5 1,0 2,2<br />

6 <strong>und</strong> mehr 1,0 2,4<br />

GASSNER (1978, 100) hebt außerdem hervor, dass diese Bauordnung ermögliche,<br />

bei Komplexbebauungen die <strong>für</strong> Kerngebiete geltenden Obergrenzen des Maßes<br />

baulicher Nutzung in Anspruch zu nehmen. Zudem bietet die BauNVO von 1968<br />

zusätzliche Möglichkeiten, von den in § 17 Abs. 1 BauNVO genannten Höchstmaßen<br />

baulicher Nutzung abzuweichen. Während bereits die BauNVO von 1962 nach<br />

§ 17 Abs. 8 zuließ, in Gebieten, die 1962 bereits überwiegend bebaut waren, von<br />

den Höchstwerten baulicher Nutzung abzuweichen (§ 17 Abs. 8 BauNVO 1962),<br />

eröffnet die BauNVO von 1968 diese Möglichkeit auch <strong>für</strong> Neubaugebiete<br />

(§ 17 Abs. 9 BauNVO 1968) (siehe z. B. FICKERT, FIESELER 1969, Tz 232-249).<br />

Ziel war es, dem Planer die planungsrechtlichen Möglichkeiten <strong>für</strong> die Realisierung<br />

moderner städtebaulicher Vorschriften zur Verfügung zu stellen, die Überschreitung<br />

des Höchtsmaßes baulicher Nutzung dabei allerdings an besondere qualitative Voraussetzung<br />

zu knüpfen (FICKERT, FIESELER 1969, Tz 232), die über diejenigen der<br />

BauNVO von 1962 hinausgehen. Zum einen muss eine Überschreitung in Neubaugebieten<br />

durch ‚besondere’ städtebauliche Gründe gerechtfertigt werden, im Vergleich<br />

zu ‚städtebaulichen Gründen’ bei den bereits überwiegend bebauten Gebie-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 69<br />

ten. 13 Die BauNVO 1968 nennt gegenüber der Überschreitung der <strong>Dichte</strong>höchstwerte<br />

in bereits bebauten Gebieten <strong>für</strong> Neubaugebiete die weitere zusätzliche Anforderung,<br />

dass „die Überschreitungen durch Umstände ausgeglichen sind oder durch<br />

Maßnahmen ausgeglichen werden, durch die sichergestellt ist, dass die allgemeinen<br />

Anforderungen an ges<strong>und</strong>e Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt <strong>und</strong><br />

die Bedürfnisse des Verkehrs befriedigt werden.“ (§ 17 Abs. 9 BauNVO 1968). 14<br />

Zusammenfassend schlussfolgert GASSNER (1978, 100), dass die BauNVO von<br />

1968 (<strong>und</strong> in der Folge auch von 1977, siehe hierzu auch 3.3.4) im Hinblick auf<br />

<strong>Dichte</strong>begrenzungen mit den formulierten Ausnahmeregelungen einen erheblichen<br />

Planungsspielraum ermöglichte <strong>und</strong> tendenziell eine Konzentration begünstigte, die<br />

in der Praxis zu Geschossflächenzahlen bis 2,0 im Hochhaus geführt haben. Ebenso<br />

war der verdichtete Flachbau begünstigt mit Geschossflächenzahlen zwischen<br />

0,5 <strong>und</strong> 0,8.<br />

3.2.3 Kritik am Leitbild ‚Urbanität durch <strong>Dichte</strong>’<br />

In seiner Umsetzung führte das Leitbild der „Urbanität durch <strong>Dichte</strong>“ allerdings zu<br />

unerwünschten Fehlentwicklungen, die in der Folgezeit zu einer erneuten extremen<br />

Ablehnung höherer <strong>Dichte</strong>n führten. Im Zuge einer massiven Bautätigkeit entstanden<br />

Wohnsiedlungen <strong>für</strong> bis zum Teil 50.000 Menschen, die in Folge des hohen<br />

Kapitalaufwands nur durch Bauträger realisierbar waren. Diese Wohngebiete zeichneten<br />

sich häufig aus durch „Rationalisierung, Normierung, Präfabrikation, Monotonie<br />

<strong>und</strong> Tristesse“ (FÜRST et al. 1996, 46ff.). Neben diesen gestalterischen Defiziten<br />

wurden vor allem eine Unvereinbarkeit von Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsnutzungen, erhöhte<br />

Verkehrs- <strong>und</strong> Lärmbelastungen <strong>und</strong> die durch Hochhäuser angetriebene Bodenspekulation<br />

kritisiert. Auch wenn mangelnde empirische Erkenntnisse eingestanden<br />

werden, wird von negativen Auswirkungen der Hochhausbebauung auf die körperliche<br />

<strong>und</strong> seelische Ges<strong>und</strong>heit der Bewohner ausgegangen (GASSNER 1978, 97f.).<br />

Ganz im Gegensatz zu den Inhalten von Salins Rede hatten viele Planer <strong>und</strong> Architekten<br />

das Stichwort der Urbanität aufgegriffen, um Spekulationsinteressen zu kaschieren.<br />

So kritisiert DURTH (1990, 28f.) die Umsetzung des Leitbilds in folgender<br />

Weise:<br />

13 Zu den allgemeinen städtebaulichen Gründen zählen dabei bereits solche, die ein allgemeines<br />

städtebauliches Interesse an einer höheren <strong>Dichte</strong> erkennen lassen, wie das<br />

Wohnbedürfnis, die wirtschaftliche Ausnutzung vorhandener Erschließung, die Anpassung<br />

an die historische Entwicklung, die Vermeidung eines zu starken <strong>Dichte</strong>gefälles in<br />

städtischen Bereichen oder auch die Erzielung von Urbanität als besonderer städtischer<br />

Eigenart (FICKERT, FIESELER 1969, Tz 229). Der Wunsch nach einer höheren Wirtschaftlichkeit<br />

der baulichen Nutzung stellt allerdings noch keinen ‚besonderen’ städtebaulichen<br />

Gr<strong>und</strong> dar. „Es werden sich im Regelfall mehrere städtebauliche Gründe zu besonderen<br />

Gründen verdichten müssen, das heißt es muss ein solches Maß an öffentlichem Interesse<br />

an der Verwirklichung einer bestimmten städtebaulichen Vorstellung bestehen,<br />

dass hier<strong>für</strong> sogar die Außerkraftsetzung der Norm des § 17 Abs. 1 in Kauf genommen<br />

wird“ (FICKERT, FIESELER 1969, Tz 237). Als Beispiel nennen FICKERT <strong>und</strong> FIESELER die<br />

durch Landesentwicklungsprogramme vorgesehene Verdichtung an Knotenpunkten des<br />

ÖPNV oder auch die Entwicklung von Musterstadtteilen.<br />

14 Zu den Umständen zählen z. B. die besonders günstige Lage in der Nähe von Erholungsgebieten,<br />

zu den ausgleichenden Maßnahmen z. B. die Festsetzung von Grünflächen,<br />

Parkanlagen, Sport-, Spiel- <strong>und</strong> Badeplätzen (FICKERT, FIESELER 1969, Tz 242f.).<br />

Ausgleichende Umstände zur Befriedung der Bedürfnisse des Verkehrs sind z. B. die Lage<br />

des Baugebiets an einem leistungsfähigen Verkehrsknotenpunkt, eine ausgleichende<br />

Maßnahme kann die Anordnung eines solchen Haltepunkts im Baugebiet sein (FICKERT,<br />

FIESELER 1969, Tz 248).


70 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

„Als urban gilt nun allzu oft schon die maximal ertragreiche Stapelung verwertbarer<br />

Geschossflächen auf Gr<strong>und</strong>stücken in zentraler Lage. In Kontrast zur<br />

Weiträumigkeit <strong>und</strong> Höhenbegrenzung vieler Wiederaufbaupläne der fünfziger<br />

Jahre wird die Steigerung der Bebauungsdichte als Ausweis modernen Städtebaus<br />

schlechthin angeführt. Dabei fehlt es nicht an pseudowissenschaftlicher<br />

Legitimation. Von durchsichtigen Interessen geleitet werden soziologische Studien<br />

so interpretiert, als könne allein aus der Verdichtung von Bauten, Funktionen<br />

<strong>und</strong> Menschen auf engstem Raum jener Anspruch an Gesellschaftlichkeit<br />

städtischen Lebens <strong>und</strong> lebendiger Öffentlichkeit eingelöst werden, der in vielen<br />

Menschen nach den vergangenen Jahrzehnten zum brennenden Bedürfnis<br />

wird.“<br />

Bekannte Beispiele in dieser Zeit realisierter Wohnbauvorhaben, die später einer<br />

heftigen Kritik unterliegen <strong>und</strong> in denen später soziale Probleme kumulierten, sind<br />

z. B. Heidelberg-Emmertsgr<strong>und</strong> mit einer mittleren Geschossflächendichte von 1,35<br />

<strong>und</strong> einer mittleren Nettowohndichte von 424 Einwohnern je ha, Hamburg-<br />

Steilshoop mit einer mittleren Geschossflächendichte von 1,12 <strong>und</strong> einer mittleren<br />

Nettowohndichte von 404 Einwohnern je ha oder Darmstadt-Kranichstadt mit einer<br />

Geschossflächendichte von 1,5 <strong>und</strong> fünfzehngeschossiger Bauweise, genannt auch<br />

„Eiger Nordwand“ (GASSNER 1978, 103; REINBORN 1996, 240).<br />

3.3 Behutsame Stadterneuerung, Innenentwicklung, <strong>ökologische</strong> Stadt<br />

(1975-1990)<br />

Entscheidend <strong>für</strong> den <strong>Dichte</strong>diskurs der späten 1970er <strong>und</strong> der 1980er Jahre sind<br />

verschiedene Entwicklungsbedingungen:<br />

- Die Ablehnung der im Rahmen der Urbanität durch <strong>Dichte</strong> entstandenen Großsiedlungen<br />

mit der Folge einer Besinnung auf die Erhaltung der „alten Stadt“ im<br />

Rahmen der behutsamen Stadterneuerung (FÜRST et al. 1996, 59),<br />

- die Erkenntnis der <strong>ökologische</strong>n „Grenzen des Wachstums“ im Zuge der gleichnamigen<br />

Studie des Club-of-Rome (MEADOWS 1972) <strong>und</strong><br />

- der Eintritt in eine stagnative Entwicklungsphase mit abflachendem Siedlungsflächenwachstum.<br />

3.3.1 Behutsame Stadterneuerung <strong>und</strong> Abkehr von der Verdichtung<br />

Als Reaktion auf die Erfahrungen mit großmaßstäblichen Siedlungserweiterungen<br />

der 1960er Jahre entwickelt sich das Leitbild der behutsamen Stadterneuerung<br />

(FÜRST et al. 1996, 59). Dieses ist geprägt durch eine stärkere Fokussierung auf<br />

den Bestand, z. B. über die Benennung der Innenentwicklung als wesentliches<br />

Handlungsfeld. Innenentwicklung beinhaltet einerseits Stadterneuerung <strong>und</strong> Wohnungsmodernisierung<br />

<strong>und</strong> andererseits die Schließung von Baulücken sowie die<br />

Aktivierung vorhandenen Baulandpotenzials im inneren Bereich der Gemeinden.<br />

Innenentwicklung <strong>und</strong> bestandsorientierte Siedlungsentwicklung zielen nicht nur auf<br />

eine Verdichtung im Innenbereich, sondern ebenso auf die Berücksichtigung der<br />

<strong>ökologische</strong>n Grenzen der Verdichtung (BMBAU1983, 18f.; BMBAU 1986, 3).<br />

Bedingt durch zunehmende Einsicht in die Fehler bei der Umsetzung des Leitbilds<br />

der „Urbanität durch <strong>Dichte</strong>“, die vor allem von wirtschaftlichen Interessen getragen<br />

wurde, werden gegen Ende der 1970er Jahre vor allem die Grenzen der Verdichtung<br />

hervorgehoben, verdeutlicht z. B. durch den Titel „Die Grenzen der Verdichtung<br />

von Wohnbaugebieten“ (GASSNER 1978). Be<strong>für</strong>wortet werden Bebauungsformen


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 71<br />

<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>werte, wie sie bereits im Konzept der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten<br />

Stadt favorisiert wurden, allerdings in Form einer Kombination aus verdichtetem<br />

Flachbau <strong>und</strong> einem Geschosswohnungsbau mittlerer Höhe (GASSNER 1978, 94ff.).<br />

GASSNER (1978, 100) benennt planerische Obergrenzen einer GFZ von 0,5 <strong>für</strong> ein-<br />

bis zweigeschossige Einfamilienhäuser, einer GFZ von 0,6 bis 0,7 <strong>für</strong> gemischte<br />

Bebauung aus Flachbau <strong>und</strong> drei- bis fünfgeschossigem Geschosswohnungsbau,<br />

<strong>und</strong> einer GFZ von 0,8 bis 0,9 <strong>für</strong> die Hochhausbebauung. Oberhalb einer Geschossflächenzahl<br />

von 0,6-0,8 komme es zu Problemen bei der ebenerdigen Unterbringung<br />

des ruhenden Verkehrs <strong>und</strong> der Wohnwert würde erheblich sinken (GASS-<br />

NER 1978, 100; MÜLLER-IBOLD 1978, 133).<br />

MÜLLER-IBOLD (1978, 133) nennt eine GFZ von 0,7 bis 0,8, die in einem Wohnquartier<br />

nur in Ausnahmefällen überschritten werden sollte, z. B. bei besonderer Zentralität<br />

an einem Schnellbahnhaltepunkt oder durch einen Ausgleich in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft. In verschiedenen Studien wird dargestellt, dass bei geringer <strong>Dichte</strong><br />

eine Erhöhung der GFZ enorme Flächeneinsparungen zur Folge hätte, dass oberhalb<br />

einer GFZ von 0,6 (HECKING et al. 1980, 382), 0,7 (MENKHOFF et al. 1979, 12)<br />

bzw. 0,8 (GASSNER 1978, 105) jedoch bei einer weiteren Erhöhung der <strong>Dichte</strong> kaum<br />

noch weiteres Wohnbauland eingespart werden kann. Auch der einwohnerspezifische<br />

Flächenbedarf <strong>für</strong> die städtebauliche Infrastruktur <strong>und</strong> der von der Gemeinde<br />

zu tragende Kostenaufwand <strong>für</strong> die Erschließung nähmen oberhalb einer GFZ von<br />

etwa 0,6 bis 0,7 nicht mehr nennenswert ab (GASSNER 1978, 105f.). Dieser Wert<br />

einer kaum noch erzielbaren Flächenersparnis oberhalb von 0,7 erhält Eingang in<br />

die politische Diskussion, so z. B. in den Baulandbericht 1986 (BMBAU 1986, 113).<br />

Gerade in Oberzentren der Regionen mit großen Verdichtungsräumen mit Freiflächendefiziten<br />

sollte auf die marginalen Flächenersparnisse einer GFZ oberhalb von<br />

0,7 verzichtet werden (BMBAU 1986, 113).<br />

3.3.2 Die Grenzen des Wachstums<br />

Flankiert von der Erkenntnis der Grenzen des Wachstums sowie von Bemühungen<br />

um eine <strong>ökologische</strong> Stadtentwicklung ist die <strong>Dichte</strong>diskussion der 1980er Jahre<br />

durch den Zielkonflikt zwischen der Knappheit des <strong>für</strong> den Wohnungsbau zur Verfügung<br />

stehenden Baulands, die eine Wohnraumversorgung weiter Schichten der<br />

Bevölkerung erschwert, <strong>und</strong> der notwendigen Siedlungsflächenbeschränkung aus<br />

<strong>ökologische</strong>n Gründen bestimmt. Dieser Zielkonflikt konzentriert sich in den Verdichtungsgebieten<br />

(BMBAU 1983, 15; HECKING et al. 1980, 379).<br />

Zu Beginn der 1980er Jahre wird <strong>für</strong> die Zukunft von einem ungebrochenen Fortbestand<br />

der Nachfrage nach Bauland ausgegangen. Zwar nehme die Wohnbevölkerung<br />

ab, aber durch eine Zunahme der Haushalte, der Wohnfläche pro Person sowie<br />

der Eigentumsquote werde weiterhin Bauland nachgefragt verb<strong>und</strong>en mit einer<br />

Verringerung der Einwohnerdichten (BMBAU 1983, 23; HECKING et al. 1980, 382).<br />

Die Frage der optimalen oder angemessenen <strong>Dichte</strong> wird vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

als ein unlösbares Problem gesehen:<br />

„An dieser Stelle setzt zwischen dem strukturellen <strong>und</strong> funktionalen Ziel hoher<br />

<strong>Dichte</strong>, dem gestalterischen Ziel niedriger Bauhöhen bei hohen <strong>Dichte</strong>n, dem<br />

Umweltziel geringster Störungen des Bürgers <strong>und</strong> dem Faktor Kosten ein schier<br />

endlos laufendes Karussell ein.“ (MÜLLER-IBOLD 1978, 132)<br />

Angesichts des fortschreitenden Landschaftsverbrauchs soll in Zukunft bei der Baulandausweisung<br />

der Umweltverträglichkeit großes Gewicht beigemessen werden


72 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

(BMBAU 1983, 18). Der sparsame <strong>und</strong> schonende Umgang mit Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden<br />

wird als wichtiges städtebauliches Ziel angesehen (BMBAU 1986, 62). Als wesentliche<br />

Handlungsfelder zur Lösung des benannten Konfliktes zwischen Wohnraumversorgung<br />

<strong>und</strong> Flächenersparnis werde eine flächensparende Bauweise <strong>und</strong> Erschließung<br />

angesehen (BMBAU 1983, 18f.). Eine zu hohe Verdichtung sollte allerdings<br />

vermieden werden, um die weitere Abwanderung ins Umland zu vermeiden (BMBAU<br />

1983, 18f.).<br />

Eine Möglichkeit den Flächenverbrauch zu reduzieren wird vor allem in einer Erhöhung<br />

der <strong>Dichte</strong> im Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbau gesehen (BMBAU 1983, 23). Zumal<br />

Vergleiche zwischen dem tatsächlichen <strong>und</strong> dem zulässigen Maß der baulichen<br />

Nutzung bei dieser Wohnform ergeben haben, dass hier das Maß baulicher Nutzung<br />

häufig nicht ausgeschöpft wird (BMBAU 1986, 111). Durch eine Ausnutzung der zulässigen<br />

Nutzungsmaße im verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbau ließen sich<br />

zwischen 25 <strong>und</strong> 79 % der Gr<strong>und</strong>stücksfläche <strong>und</strong> bis zu 50 % des Wohnbaulands<br />

einsparen (BMBAU 1983, 18f., 65ff.; 1986, 111).<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurden Konzepte <strong>für</strong> den verdichteten Flachbau z. B. in<br />

Form von Atriumhäusern oder Maisonettwohnungen entwickelt, um den als legitim<br />

angesehenen permanent ansteigenden Wohnflächenkonsum pro Kopf auf möglichst<br />

knappen Siedlungsflächen zu realisieren (HECKING et al. 1980, 382f.; HÖFLER et al.<br />

1983, 185ff.). Um auch außerhalb von Hochpreisregionen flächensparende Bauweisen<br />

zu ermöglichen wird darauf gesetzt, die Akzeptanz verdichteter Wohnformen<br />

durch eine gute Gestaltung zu erhöhen (BMBAU 1986, 113; HÖFLER et al. 1983, 185;<br />

SPENGELIN 1983, 160ff.). Die <strong>Dichte</strong>werte dieser vorgeschlagenen Formen verdichteter<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbebauungen liegen bei Geschossflächenzahlen zwischen<br />

0,63 <strong>und</strong> 1,39 (BMBAU 1983, 18f., 65ff.; 1986, 113; HÖFLER et al. 1983,<br />

204ff.) <strong>und</strong> damit zum Teil oberhalb der in der BauNVO 1977 festgesetzten Höchstmaße<br />

einer maximalen GFZ von 1,0 bei dreigeschossiger Bebauung in Wohngebieten<br />

(s. Tabelle 8).<br />

3.3.3 Erste Stagnationstendenzen der Siedlungsflächenentwicklung<br />

In Folge des in den 1980er Jahren - nach der starken Siedlungsflächenexpansion<br />

der 1960er <strong>und</strong> 1970er Jahre - deutlichen Abflachens der Siedlungsflächeninanspruchnahme<br />

(REINBORN 1996, 305) erfolgen erste Auseinandersetzungen mit einer<br />

Entwicklung unter Stagnationsbedingungen. Der Baulandbericht von 1986 wird bereits<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer rezessiven Wirtschaftsentwicklung formuliert: der<br />

Baulandmarkt habe sich beruhigt, es wird nicht damit gerechnet, dass sich der anhaltende<br />

Trend des Landschaftsverbrauchs (von 80 ha täglich zum Anfang der 80er<br />

Jahre) auch in Zukunft fortsetzen wird. Gerechnet wird mit einer starken regionalen<br />

Polarisierung der Baulandnachfrage, mit einem Rückgang der Haushaltszahlen in<br />

einigen Regionen <strong>und</strong> einer Zunahme der Baulandnachfrage in den stark belasteten<br />

Verdichtungsräumen. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des mittelfristig zu erwartenden deutlichen<br />

Rückgangs der Baulandnachfrage sei Bauland im Außenbereich allerdings nur<br />

sehr vorsichtig auszuweisen (BMBAU 1986, 33, 50, 68).<br />

Erstmals werden Fragen der künftigen Tragfähigkeit von Infrastruktureinrichtungen<br />

bei rückläufigen Bevölkerungszahlen <strong>und</strong> zurückgehenden Belegungsdichten gestellt:<br />

„Die allenthalben zu beobachtende rückläufige Bevölkerungsentwicklung stellt<br />

in verschärfter Form die Frage nach den Möglichkeiten des Rückzugs städte-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 73<br />

baulicher Entwicklungen aus der Fläche. Die stark zurückgehende Belegungsdichte<br />

der Wohnungen stellt uns darüber hinaus vor die Frage, ob <strong>und</strong> wie wir<br />

durch Verdichtung die schon vorhandenen Infrastruktureinrichtungen voll ausschöpfen<br />

können.“ (MÜLLER-IBOLD 1978, 131).<br />

Diese Probleme der Tragfähigkeit von Infrastrukturen werden vor allem <strong>für</strong> ländliche<br />

Räume diskutiert (BURBERG, WIENEKE 1989; WINKEL 1989, 329ff.), zum Teil jedoch<br />

auch <strong>für</strong> wachstumsstarke Verdichtungsregionen (WINKEL 1989, 270ff.).<br />

In Abbildung 18 werden die <strong>Dichte</strong>ziele der späten 1970er <strong>und</strong> der 1980er Jahre<br />

zusammenfassend dargestellt, umgerechnet auf Einwohner je ha Nettowohnbauland.<br />

Deutlich wird die Einheitlichkeit der <strong>Dichte</strong>ziele von ca. 200 Einwohnern je ha<br />

Nettowohnbauland. Dieses Ziel liegt unterhalb der zulässigen Höchstgrenze des<br />

Maßes baulicher Nutzung <strong>für</strong> Wohngebiete entsprechend der BauNVO von 1977 mit<br />

300 Einwohnern je ha Nettowohnbauland.<br />

Abbildung 18: <strong>Dichte</strong>ziele im Rahmen der behutsamen Stadterneuerung<br />

<strong>und</strong> der <strong>ökologische</strong>n Stadt (Eigene Darstellung)<br />

Einwohner je ha netto<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

Gassner 1978 Müller-Ibold<br />

1978<br />

BauNVO 1977 Hecking et al.<br />

1980<br />

BMBau 1986<br />

3.3.4 Die BauNVO von 1977 – Der Trend zur moderaten Verdichtung<br />

Die BauNVO von 1977 steht bezüglich der Höchstmaße der baulichen Nutzung von<br />

Wohngebieten in weitgehender Kontinuität mit der vorherigen Fassung von 1968 (zu<br />

den Höchstmaßen baulicher Nutzung siehe daher Tabelle 8 zur BauNVO von 1968).<br />

Es erfolgt keine weitere Anhebung der zulässigen Höchstmaße baulicher Nutzung,<br />

auch wenn sich eine deutliche Zunahme der individuellen Wohnflächeninanspruchnahme<br />

vollzogen hat, von 23,8 m² (entspricht 29,8 m² Bruttogeschossfläche) in<br />

1968 auf 31,1 m² (entspricht 38,9 m² Bruttogeschossfläche) im Jahr 1978 (s. Anhang<br />

III). Demnach ist in diesem Zeitraum bei gleichbleibender Bebauungsdichte<br />

von einem Rückgang der Wohndichten auszugehen (FICKERT, FIESELER 1969, § 17<br />

Tz 1).<br />

Die Kommentierung der BauNVO von 1977 verdeutlicht, analog zur damaligen Bevorzugung<br />

moderater <strong>Dichte</strong>n, eine Abkehr von der 1968 vorherrschenden Tendenz<br />

der Verdichtung. FICKERT UND FIESELER (1969, § 17 Tz. 1) verweisen darauf, dass<br />

vereinzelt auch eine Rückkehr zu den Höchstmaßen baulicher Nutzung von 1962


74 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

vorgeschlagen worden war. Insbesondere in Bezug auf die GFZ von 1,2 hätte sich<br />

jedoch gezeigt, dass diese bei den als zu verdichtet kritisierten Neubaugebieten<br />

kaum erreicht worden waren (z. B. Hamburg Steilshoop 1,1, Berlin Märkisches Viertel<br />

0,93). Es zeigt sich deutlich das Credo einer moderaten Verdichtung. So heißt es<br />

im Kommentar der BauNVO 1977:<br />

„Es sollten daher nicht – häufig gedankenlos – die jeweiligen Höchstwerte der<br />

Tabelle festgesetzt werden. Insbesondere ist es zur Erzielung einer ‚angemessenen’<br />

<strong>Dichte</strong> nicht erforderlich, Wohnhochhäuser über 8 Vollgeschosse vorzusehen.<br />

Die Ausnutzung der Gr<strong>und</strong>stücke durch hohe Gebäude ist i.a. nicht oder<br />

nicht nennenswert günstiger als bei drei- oder viergeschossiger Bauweise; sie<br />

weist demgegenüber jedoch einige Nachteile auf. Werden die Grenzwerte ausgenutzt,<br />

sinkt der Wohnwert meistens rapide.“ (FICKERT, FIESELER 1969, § 17<br />

Tz 1)<br />

Die Regeln <strong>für</strong> die Überschreitung von <strong>Dichte</strong>höchstmaßen werden unverändert<br />

übernommen. 15 Die Kommentierung der BauNVO von 1977 nennt <strong>für</strong> den Wohnungsbau<br />

einen Wert einer maximalen GFZ von 1,5, oberhalb dessen angenommen<br />

werden kann, dass der eine oder andere Belang nicht mehr ausreichend berücksichtigt<br />

werden kann (FICKERT, FIESELER 1969, § 17 Tz 49).<br />

Zur besseren Berücksichtigung innerstädtischer Altbaugebiete ist in der BauNVO<br />

von 1977 erstmals das besondere Wohngebiet (WB) eingeführt worden. WB-<br />

Gebiete sind innerstädtische, bereits wesentlich bebaute Gebiete, die eine nach<br />

früherem Landesrecht zulässige geschlossene Blockrandbebauung aufweisen <strong>und</strong><br />

die mit ihren Bebauungsdichten z. T. erheblich über den zulässigen Höchstmaßen<br />

<strong>für</strong> Wohngebiete liegen. § 17 Abs. 7 BauNVO 1977 schreibt <strong>für</strong> diese Gebiete<br />

Höchstwerte einer maximalen GRZ von 0,6 <strong>und</strong> einer GFZ von 1,6 fest. Diese Werte<br />

dürfen allerdings nur ausgeschöpft werden, wenn sie der besonderen Eigenart <strong>und</strong><br />

Zweckbestimmung der Gebiete entsprechen (FICKERT, FIESELER 1969, § 17 Tz 34).<br />

Eine Überschreitung dieser Werte ist analog der Vorschriften <strong>für</strong> bereits vor 1962<br />

bebaute Gebiete zulässig, d. h. wenn städtebauliche Gründe dies rechtfertigen <strong>und</strong><br />

sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen (FICKERT, FIESELER 1969, § 17<br />

Tz 36). Diese Regelung trägt den verstärkten Bemühungen um eine behutsame<br />

Stadterneuerung Rechnung.<br />

3.4 <strong>Dichte</strong>vorstellungen der DDR<br />

Ebenso wie <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland können auch <strong>für</strong> die DDR städtebauliche<br />

Phasen mit ihren jeweiligen <strong>Dichte</strong>zielen unterschieden werden. Zunächst<br />

wurden in der unmittelbaren Nachkriegszeit in den 16 Gr<strong>und</strong>sätzen des Städtebaus<br />

die zentralen Ziele des sozialistischen Wohnens benannt. In den 1950er <strong>und</strong> 1960er<br />

Jahren wurden diese Ziele <strong>für</strong> die Errichtung des sozialistischen Wohnkomplexes<br />

weiter präzisiert, mit der Tendenz der stärkeren Industrialisierung <strong>und</strong> Verdichtung<br />

des Bauens. Eine weitere Steigerung der Flächenproduktivität wurde in der Phase<br />

des extensiven Großsiedlungsbaus in den 1970er <strong>und</strong> 1980er Jahren angestrebt.<br />

Da sich die in der DDR verwendeten <strong>Dichte</strong>maße von denen der BRD unterscheiden,<br />

werden diese einleitend erläutert.<br />

15 Für vor 1962 überwiegend bebaute Gebiete in § 17 Abs. 9 <strong>und</strong> <strong>für</strong> Neubaugebiete in § 17<br />

Abs. 10.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 75<br />

3.4.1 Maße der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten in der DDR<br />

Die in der DDR verwendeten Maße der Einwohnerdichte unterscheiden sich von<br />

den in 2.1.2 erläuterten Maßen der Brutto- <strong>und</strong> Nettowohndichten. Als Bezugsbasis<br />

<strong>für</strong> die Effektivität der Flächennutzung wird hier in erster Linie die Gesamtfläche<br />

eines Wohngebiets gewählt. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist die Einwohnerdichte, die<br />

sich als Quotient der geplanten Einwohnerzahl <strong>und</strong> der Gesamtfläche eines Wohngebiets<br />

ergibt, das zentrale <strong>Dichte</strong>maß (BAUAKADEMIE DER DDR 1982, 14f.).<br />

Aufgr<strong>und</strong> der <strong>für</strong> die sozialistischen Wohnkomplexe vorgesehenen umfangreichen<br />

Ausstattung mit gesellschaftlichen Einrichtungen umfasst die Gesamtfläche des<br />

Wohngebiets mehr als das westdeutsche Bruttowohnbauland. Hinzu kommen vor<br />

allem die bebauten <strong>und</strong> unbebauten Flächen <strong>für</strong> die gesellschaftlichen Einrichtungen<br />

des Wohngebiets wie Schulen, Vorschuleinrichtungen oder <strong>für</strong> umfangreichere<br />

Sportplatzanlagen (BAUAKADEMIE DER DDR 1982, 14). 16<br />

Ein in der DDR gebräuchliches <strong>Dichte</strong>maß war die Wohndichte, als Verhältnis der<br />

Einwohnerzahl eines Wohngebiets <strong>und</strong> der Fläche des Wohnbaulands. Dabei umfasst<br />

das Wohnbauland die bebauten Flächen der Wohngebäude sowie die in unmittelbarer<br />

Umgebung der Wohnung befindlichen zugehörigen Flächen <strong>und</strong> Anlagen<br />

<strong>für</strong> die Erholung, das Spielen der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen, <strong>für</strong> hauswirtschaftliche<br />

Zwecke <strong>und</strong> die Wege <strong>und</strong> Bereiche der Fußgänger (BAUAKADEMIE DER DDR 1982,<br />

16). Diese Definition entspricht weitestgehend der Definition des Nettowohnbaulands,<br />

das allerdings darüber hinaus die auf den privaten Gr<strong>und</strong>stücken befindlichen<br />

Flächen <strong>für</strong> den ruhenden Verkehr beinhaltet.<br />

Die Flächenkategorie des Wohnbereichs erweitert das Wohnbauland um die wohnungsnahen<br />

Erschließungsflächen <strong>für</strong> den fließenden <strong>und</strong> ruhenden Verkehr (befahrbare<br />

Gehwege, Mischverkehrsflächen, Anliegerstraßen, Radbahnen, Parkstreifen<br />

<strong>und</strong> Parkplätze sowie gegebenenfalls bebaute Flächen von Anlagen des ruhenden<br />

Verkehrs). In Bezug auf den Wohnbereich wird das <strong>Dichte</strong>maß des Bebauungsverhältnisses<br />

verwendet, das den Quotienten aus der Summe der bebauten<br />

Fläche zur Bezugsfläche des Wohnbereichs bezeichnet, <strong>und</strong> Aufschluss über den<br />

Freiflächenanteil gibt (MINISTERRAT DER DDR 1986, 10f.).<br />

Abbildung 19 <strong>und</strong> Tabelle 9 illustrieren den Vergleich der in der BRD gebräuchlichen<br />

<strong>und</strong> <strong>für</strong> Gesamtdeutschland übernommenen <strong>Dichte</strong>maße mit den <strong>Dichte</strong>maßen der<br />

DDR. Deutlich wird der stärkere Bezug der <strong>Dichte</strong>maße der DDR auf das Gesamtgebiet,<br />

das auch umfangreiche Bauflächen <strong>für</strong> gesellschaftliche Einrichtungen vorsah,<br />

während diese in den west-/gesamtdeutschen <strong>Dichte</strong>maßen nur zu geringeren<br />

Teilen Berücksichtigung finden <strong>und</strong> als Flächen <strong>für</strong> Folgereinrichtungen nicht Bestandteil<br />

des Bruttowohnbaulands sind.<br />

16 Bestandteil des Bruttowohnbaulands sind neben dem Nettowohnbauland <strong>und</strong> den gebietsinternen<br />

Erschließungsflächen auch die überwiegend dem Bezugsgebiet dienenden<br />

Grünflächen sowie Spiel- <strong>und</strong> Sportplätze. Entsprechend den Ausführungen in 2.1.2 wird<br />

<strong>für</strong> überwiegende Wohngebiete von einem Anteil des Nettowohnbaulands am Bruttowohnbauland<br />

von 70 % ausgegangen.


76 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 19: Flächenkategorien <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>maße der BRD <strong>und</strong> der DDR im Vergleich<br />

(Eigene Darstellung)<br />

Bruttowohnbauland:<br />

Bruttowohndichte<br />

Nettowohnbauland:<br />

Nettowohndichte<br />

<strong>Dichte</strong>maße BRD <strong>Dichte</strong>maße DDR<br />

Flächen <strong>für</strong><br />

Folgeeinrichtungen<br />

Fließender Verkehr<br />

Gemeinsame<br />

Zubehörflächen<br />

Ruhender Verkehr<br />

Bebaute<br />

Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />

Unbebaute<br />

Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />

Gesamtfläche des<br />

Wohngebiets:<br />

Einwohnerdichte<br />

Wohnbereich:<br />

Bebauungsverhältnis<br />

Wohnbauland:<br />

Wohndichte<br />

Flächen <strong>für</strong><br />

gesellschaftliche<br />

Einrichtungen<br />

Sportplatzanlagen<br />

Vegetationsflächen<br />

Fließender Verkehr<br />

Ruhender Verkehr<br />

Bebaute<br />

Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />

Unbebaute<br />

Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />

Tabelle 9: Flächenbilanzen des Wohngebiets der BRD <strong>und</strong> der DDR im Vergleich<br />

(Eigene Berechnung nach BAUAKADEMIE DER DDR 1976, 29) 17<br />

Flächenbilanz BRD Flächenbilanz DDR<br />

Flächen <strong>für</strong> Folgeeinrichtungen 25 %<br />

Fließender Verkehr <strong>und</strong><br />

Gemeinsame Zubehörflächen<br />

25 %<br />

Nettowohnbauland 50 %<br />

Flächen <strong>für</strong> gesellschaftliche<br />

Einrichtungen<br />

20 %<br />

Sportplatzanlagen 12,5 %<br />

Vegetationsfläche 7,5 %<br />

Verkehrsfläche 25 %<br />

Wohnbauland 35 %<br />

3.4.2 Die 16 Gr<strong>und</strong>sätze des Städtebaus <strong>und</strong> die Idee des sozialistischen<br />

Wohnkomplexes<br />

Nach Kriegsende fand im Osten Deutschlands ein offener Diskurs über Architektur<br />

<strong>und</strong> Städtebau statt, mit einer Vielfalt verschiedener Planungsvorstellungen. Darunter<br />

waren auch solche Vorstellungen, die dem <strong>für</strong> die BRD übernommenen Konzept<br />

der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt entsprachen, dessen Gr<strong>und</strong>züge bereits<br />

vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelt worden waren (FÜRST et al. 1996, 82; KADATZ<br />

1997, 35ff.). Mit der Gründung der DDR im Jahr 1949 allerdings endete diese Vielfalt<br />

unterschiedlicher Architekturauffassungen (KADATZ 1997, 38).<br />

In den 1950 durch einen Ministerratsbeschluss verabschiedeten „16 Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

des Städtebaus“ wurden eindeutige Ziele <strong>für</strong> die Gestaltung der sozialistischen<br />

Stadtzentren im Gegenpol zur kapitalistischen Stadt festgesetzt (KADATZ 1997, 41).<br />

In Bezug auf das Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt wurde in den 16<br />

17 Gr<strong>und</strong>lage dieser Flächenbilanz ist die in Tabelle 11 aufgezeigte Flächenbilanz. Entsprechend<br />

der in 2.1.2 angegebenen Definition werden dem Nettowohnbauland zugeordnet<br />

das Wohnbauland <strong>und</strong> die Flächen <strong>für</strong> den ruhenden Verkehr. Dem Bruttowohnbauland<br />

werden ergänzend zugeordnet die Flächen <strong>für</strong> den fließenden Verkehr, <strong>für</strong> den Fußgängerbereich,<br />

<strong>für</strong> die Vegetationsflächen an Verkehrsanlagen sowie <strong>für</strong> Tummelplätze. Alle<br />

weiteren Flächen werden anhand der Definitionen <strong>und</strong> vorliegenden Flächenbilanzen<br />

nicht als dem Bruttowohnbauland zugehörig interpretiert.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 77<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen des Städtebaus dem Modell der Gliederung gefolgt. So heißt es im<br />

Gr<strong>und</strong>satz 5:<br />

„Der Stadtplanung zugr<strong>und</strong>e gelegt werden müssen das Prinzip des Organischen<br />

<strong>und</strong> die Berücksichtigung der historisch entstandenen Struktur der Stadt<br />

bei Beseitigung ihrer Mängel.“ (16 Gr<strong>und</strong>sätze des Städtebaus zitiert nach HE-<br />

WITT et al. 1993, 440 <strong>und</strong> REINBORN 1996, 218).<br />

Eine deutliche Abkehr erfolgt allerdings von der Idee der Auflockerung (JONAS 2006,<br />

169). Propagiert wird ein klares Bekenntnis zu städtischen Strukturen. So heißt es in<br />

Gr<strong>und</strong>satz 12:<br />

„Die Stadt in einen Garten zu verwandeln ist unmöglich. Selbstverständlich<br />

muss <strong>für</strong> eine ausreichende Begrünung gesorgt werden. Aber der Gr<strong>und</strong>satz ist<br />

nicht umzustoßen: in der Stadt lebt man städtischer; am Stadtrand oder außerhalb<br />

der Stadt lebt man ländlicher.“ (16 Gr<strong>und</strong>sätze des Städtebaus zitiert nach<br />

REINBORN 1996, 218f.).<br />

In Gr<strong>und</strong>satz 13 wird die vielgeschossige Bauweise gegenüber der ein- <strong>und</strong> zweigeschossigen<br />

Bauweise als wirtschaftlicher <strong>und</strong> städtischer hervorgehoben (REINBORN<br />

1996, 219).<br />

Die Möglichkeiten zur uneingeschränkten Verwirklichung des sozialistischen Wohnkomplexes<br />

wurden 1950 mit dem Aufbaugesetz geschaffen, das mit dem sozialistischen<br />

Bodenrecht einen Städtebau vom Reißbrett ermöglichte, nahezu unabhängig<br />

von der Berücksichtigung jeglicher Eigentumsverhältnisse (FÜRST et al. 1996, 83;<br />

HEWITT et al. 1993, 442).<br />

3.4.3 Industrialisierung <strong>und</strong> Verdichtung des Bauens<br />

(1950er <strong>und</strong> 1960er Jahre)<br />

In den 1950er <strong>und</strong> 1960er Jahren wurde die Idee des sozialistischen Wohnkomplexes<br />

als Planungseinheit eines Wohngebiets mit einer festgelegten Ausstattung mit<br />

Schule, Kindergarten <strong>und</strong> Versorgungseinrichtungen des täglichen Bedarfs präzisiert<br />

(FÜRST et al. 1996, 93). Ab Mitte der 1950er Jahre wurde in Folge zunehmender<br />

ökonomischer Zwänge <strong>und</strong> der anhaltenden Wohnungsnot ein Schwerpunkt auf<br />

die Industrialisierung des Bauens gelegt. Die Struktur der Wohngebiete wurde zunehmend<br />

durch die „Kranideologie“ bestimmt, mit einer linearen Struktur, die die<br />

rationellste Auslastung der Baukräne ermöglichte (KADATZ 1997, 49ff.). Dabei wurde<br />

auf zentraler Ebene eine Typenprojektierung vorgenommen. Entsprechend der sozialistischen<br />

Idee sollte über einheitliche Wohnungsgr<strong>und</strong>risse mit normierten Wohnungsgrößen<br />

eine Gleichheit der Wohnbedingungen hervorgehoben <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

die Möglichkeit der Kosteneinsparung im Wohnungsbau genutzt werden (HUNGER<br />

1994, 596).<br />

Im Verlaufe der Zeit konnte dabei eine Zunahme der Größendimensionierung des<br />

sozialistischen Wohnkomplexes festgestellt werden. Galt noch in der Mitte der<br />

1950er Jahre ein Quartier von 4.000 bis 5.000 Einwohnern als Einzugsbereich einer<br />

Gr<strong>und</strong>schule, wurden hier<strong>für</strong> bereits Anfang der 1960er Jahre 20.000 Einwohner<br />

angenommen.<br />

Ab Mitte der 1960er Jahre wurden Versuche unternommen, der von der Fachöffentlichkeit<br />

kritisierten Monotonie der sozialistischen Wohnformen durch eine größere<br />

Vielfalt städtebaulicher Formen entgegenzutreten <strong>und</strong> durch dichtere Bebauung


78 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

mehr Urbanität zu erreichen (HUNGER 1994, 601). <strong>Dichte</strong>werte dieser Phase der<br />

zunehmenden Industrialisierung des Bauens streuen in den 1950er Jahren zwischen<br />

200 <strong>und</strong> 400 Einwohnern je ha (KADATZ 1997, 51). Tabelle 10 zeigt <strong>Dichte</strong>kennziffern<br />

von Wohngebieten der 1960er Jahre. Zu berücksichtigen ist, dass sich<br />

die Einwohnerdichten auf die Gesamtfläche des Wohngebiets beziehen <strong>und</strong> nicht<br />

auf die Größe des Netto- oder Bruttowohnbaulands. Geht man entsprechend der<br />

Werte in Tabelle 9 von einem Anteil des Nettowohnbaulands von 50 % an der Gesamtfläche<br />

des Wohngebiets aus, ergeben sich Werte der doppelten Einwohnerdichten<br />

von 540 bis 730 Einwohnern je ha Nettowohnbauland.<br />

Tabelle 10: <strong>Dichte</strong>kennziffern von Wohngebieten der 1960er Jahre<br />

(BAUAKADEMIE DER DDR 1975, 40f.)<br />

Baugebiet<br />

Halle-Neustadt<br />

(Wohnkomplex 2)<br />

Erfurt Johannesplatz<br />

Jena Lobeda-West<br />

Bauzeit 1965-1968 1965-1972 1966-1975<br />

Anzahl der Wohnungen 6.735 3.000 5.654<br />

Anzahl der Einwohner 20.000 8.100 21.732<br />

Gesamtfläche des Gebiets in ha 73,85 22,0 80<br />

Einwohnerdichte 271 365 270<br />

Entsprechende Ziele formuliert auch GABER (1965, 12) in seiner Dissertation „Die<br />

Wechselwirkungen zwischen Einwohnerdichte <strong>und</strong> Wohndichte“ mit dem Ziel einer<br />

Einwohnerdichte von 300 Einwohnern je ha Gesamtfläche des Wohngebiets, entsprechend<br />

einer Nettowohndichte von 600 Einwohnern je ha Nettowohnbauland.<br />

3.4.4 Extensiver Großsiedlungsbau (1970-1989)<br />

Mit Beginn der Ära Honecker wurde 1971 die Phase des extensiven Großsiedlungsbaus<br />

eingeläutet. So sieht der Beschluss des 8. Parteitags der SED von 1971 vor,<br />

die Wohnungsfrage als soziales Problem bis 1990 zu lösen. Darin wurde von 1971<br />

bis 1975 ein Neubau von 500.000 Wohneinheiten <strong>und</strong> von 1976 bis 1990 von<br />

3.000.000 Wohneinheiten angestrebt, die in Form von extensiven Großsiedlungen<br />

<strong>für</strong> 60.000 bis 100.000 Menschen errichtet werden sollten (KADATZ 1997, 63).<br />

Es entstand der Zwang zu einer immer rationelleren Bereitstellung von Wohnungen,<br />

ausgedrückt durch immer schärfer bemessene Richtwerte. Die in mäander- <strong>und</strong><br />

kurvenförmigen Bebauungen errichteten randstädtischen Wohnbaugebiete wurden<br />

zunehmend größer <strong>und</strong> immer dichter bebaut (HALLER 2002, 34; HUNGER 1994,<br />

606; KADATZ 1997, 63). Ziel war eine möglichst geringe Flächeninanspruchnahme<br />

<strong>für</strong> den Wohnungsbau (HUNGER 1994, 606f.; KADATZ 1997, 65).<br />

Folgerichtig wird eine hohe <strong>Dichte</strong> in den offiziellen Planungsdokumenten des Wohnungsbaus<br />

als wesentliche Voraussetzung zur Erreichung einer rationellen Flächennutzung<br />

benannt. In den ‚Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>und</strong> Kennziffern <strong>für</strong> Wohngebiete von<br />

1972’ wird der Wert einer Einwohnerdichte von 321 Einwohnern je ha Gesamtfläche<br />

des Wohngebiets als maximal erzielbarer <strong>Dichte</strong>wert bei einer fünfgeschossigen<br />

Bebauung angegeben (BAUAKADEMIE DER DDR 1972, 63). Da diese <strong>Dichte</strong>werte nur<br />

unter optimalen Voraussetzungen erreicht werden könnten, sei in der Praxis daher<br />

ein Abschlag von der maximal erzielbaren Einwohnerdichte von 10 bis 15 % möglich.<br />

Diese reduzierte <strong>Dichte</strong> von 270 Einwohnern je ha Wohngebiet dürfe allerdings<br />

bei mehrgeschossiger Bebauung (fünf bis sechs Geschosse) nicht unterschritten<br />

werden, eine <strong>Dichte</strong> von 320 Einwohnern je ha sollte angestrebt werden (BAUAKA-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 79<br />

DEMIE DER DDR 1972, 65f.). Bezogen auf das westdeutsche <strong>Dichte</strong>maß der Einwohner<br />

je ha Nettowohnbauland entspricht dies <strong>Dichte</strong>werten von 540 bis 640 Einwohnern.<br />

Ab 1976 enthalten die Komplexrichtlinien <strong>für</strong> Wohngebiete die offiziellen Ziele <strong>für</strong> die<br />

Gestaltung der Wohngebiete. Tabelle 11 zeigt die 1976 definierten Richtwerte <strong>für</strong><br />

die einwohnerspezifischen Flächenanteile gesellschaftlicher Einrichtungen sowie<br />

Richtwerte der Einwohner- <strong>und</strong> Wohnflächendichte. Richtwerte des Flächenbedarfs<br />

sollten im Sinne einer rationellen Flächennutzung nicht überschritten, Richtwerte der<br />

<strong>Dichte</strong> nicht unterschritten werden (BAUAKADEMIE DER DDR 1976, 28). Die <strong>Dichte</strong>ziele<br />

schwankten je nach gewählter Bebauungsform zwischen 215 <strong>und</strong> 350 Einwohnern<br />

je ha des Wohngebiets, entsprechend 430 bis 700 Einwohnern je ha Nettowohnbauland.<br />

Tabelle 11: Richtwerte <strong>für</strong> Flächenbedarf <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>n (BAUAKADEMIE DER DDR 1976, 29)<br />

Kennziffer Einheit<br />

Anteil WE in vielgeschossigen<br />

Gebäuden <strong>und</strong> Wohnhochhäusern 1<br />

< 25% > 25%<br />

Wohnbauland m²/EW 13,0...17,5 9,0...13,5<br />

Flächen <strong>für</strong> gesellschaftliche Einrichtungen<br />

m²/EW 7,5…9,5 7,0…9,0<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Vorschuleinrichtungen<br />

Schulen<br />

<strong>für</strong> das gesellschaftliche Zentrum, den<br />

Fußgängerbereich <strong>und</strong> <strong>für</strong> Freizeitspiele<br />

m²/EW<br />

m²/EW<br />

m²/EW<br />

2,3…3,3<br />

2,4….2,9<br />

2,8….3,3<br />

2,3…3,3<br />

2,4…2,9<br />

2,3…2,8<br />

Flächen <strong>für</strong> Sportplatzanlagen <strong>und</strong> Tummelplätze m²/EW<br />

5,0<br />

5,0<br />

�<br />

�<br />

Sportplatzanlagen<br />

Tummelplätze<br />

m²/EW<br />

m²/EW<br />

4,0<br />

1,0<br />

4,0<br />

1,0<br />

Verkehrsflächen<br />

m²/EW 9,5...11,0 5,5...9,5<br />

�<br />

�<br />

ruhender Verkehr<br />

fließender Verkehr<br />

m²/EW<br />

m²/EW<br />

6,5...7,5<br />

3,0...3,5<br />

3,5...6,5<br />

2,0...3,0<br />

Vegetationsflächen am Wohngebietsrand vorwiegend<br />

an Verkehrsanlagen<br />

m²/EW 2,0...3,5 2,0...3,0<br />

Gesamtfläche<br />

m²/EW 37,0...46,5 28,5…40,0<br />

Einwohnerdichte<br />

Wohnflächendichte<br />

EW./ha<br />

m²WFl./ha<br />

270...215<br />

5.400...3.800<br />

350…250<br />

7.000…4.500<br />

1 Als vielgeschossige Gebäude gelten Gebäude mit mehr als sechs Geschossen.<br />

Die ‚Komplexrichtlinie <strong>für</strong> die städtebauliche Planung <strong>und</strong> Gestaltung von Neubauwohngebieten<br />

im Fünfjahrplanzeitraum 1981-1985’ hebt wie auch ihre Vorgänger<br />

erneut die Notwendigkeit eines rationellen Umgangs mit Bauland hervor:<br />

„Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden sind nicht vermehrbar. Die städtebauliche Planung der<br />

Wohngebiete hat deshalb gr<strong>und</strong>sätzlich so zu erfolgen, dass sehr rationell mit<br />

dem Bauland umgegangen wird <strong>und</strong> von Anfang an alle Möglichkeiten <strong>für</strong> eine<br />

effektive Flächennutzung <strong>und</strong> damit <strong>für</strong> einen minimalen Aufwand <strong>für</strong> die stadttechnische<br />

<strong>und</strong> verkehrstechnische Erschließung in den Wohngebieten ausgeschöpft<br />

wird.“ (BAUAKADEMIE DER DDR 1982, 14).<br />

An den 1976 angestrebten <strong>Dichte</strong>werten wird in der Komplexrichtlinie von 1981 bis<br />

1985 weitgehend festgehalten. Je nach Anteil der Wohneinheiten in vielgeschossigen<br />

Gebäuden werden Mindesteinwohnerdichten von 250 bis 300 Einwohnern je ha<br />

(500-600 Einwohner je ha Nettowohnbauland) <strong>und</strong> Mindestwohnflächendichten von


80 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

4.700 bis 5.700 m² Wohnfläche je ha angestrebt. Dabei wird, ebenso wie bisher,<br />

eine spezifische Wohnfläche von 19 m² je Einwohner zugr<strong>und</strong>e gelegt (BAUAKADE-<br />

MIE DER DDR 1982, 15ff.). Angestrebt wird, aus Gründen einer möglichst wirtschaftlichen<br />

Bereitstellung von Wohnungen, die Wohngebiete überwiegend in fünf- <strong>und</strong><br />

teilweise sechsgeschossiger Bauweise zu planen, mit Ausnahme der Errichtung von<br />

Wohnhochhäusern in der Hauptstadt <strong>und</strong> in ausgewählten Bezirksstädten (BAUAKA-<br />

DEMIE DER DDR 1982, 19).<br />

Tabelle 12: Orientierungswerte zur rationellen Nutzung des Baulands<br />

(Eigene Darstellung nach MINISTERRAT DER DDR 1986, 13, 86)<br />

Planungsfall<br />

Bebauungsverhältnis<br />

in % 1<br />

Bruttogeschossflächendichte<br />

in m² je ha<br />

Einwohner<br />

je ha<br />

Wohn-<br />

bereich 2<br />

Einwohner je<br />

ha Nettowohnbauland<br />

3<br />

1870 Ein- bis zweigeschossig 35-50 5.000-8.000 205-328 246-393<br />

Zwei- bis fünfgeschossig 30-45 7.000 -14.000 287- 574 344-689<br />

1870 -<br />

1918<br />

Drei bis fünfgeschossig,<br />

geschlossene Bebauung<br />

30-40 12.000-17.000 492-697 590- 836<br />

Vorwiegend fünf Geschosse,<br />

geschlossene Bebauung<br />

30-40 15.000-20.000 615-820 738-984<br />

Zwei- bis fünfgeschossig,<br />

offene Bebauung<br />

20-35 8.000-12.000 328-492 393-590<br />

1919 - Drei- bis fünfgeschossig mit<br />

1945 Sektionshäusern, innerstädtisch<br />

Ein- bis zweigeschossig,<br />

20-30 8.000-12.000 328-492 393-590<br />

Einfamilienhäuser am Stadtrand<br />

10-20 1.000 -4.000 41-164 49-197<br />

1946 -<br />

1955<br />

Drei- bis fünfgeschossig,<br />

geschlossene Quartiersform<br />

20-30 8.000-12.000 328-492 393- 590<br />

Vielgeschossige Bebauung 10-20 10.000-15.000 410-615 492-738<br />

1956 - Drei- bis fünfgeschossig,<br />

1965 Sektionshäuser in offener<br />

Bebauung<br />

15-20 6.000-10.000 246-410 295-492<br />

Ab Mehrgeschossige Bebau-<br />

1966 ung, Sektionshäuser in<br />

Neubauwohngebieten<br />

Vielgeschossige Bebauung,<br />

20-25 9.000-13.000 369-533 443-639<br />

Sektionshäuser in Neubauwohngebieten<br />

10-15 10.000-15.000 410-615 492-738<br />

1986 - Mehrgeschossige Bebauung Min. 20 Min. 9.000 369 443<br />

1990 Ein- bis zweigeschossig,<br />

Einfamilienhäuser<br />

Min. 20 Min. 2.000 82 98<br />

1 Das Bebauungsverhältnis bezeichnet den Quotienten aus der Summe der bebauten Flächen <strong>und</strong> der Bezugsfläche<br />

des Wohngebiets (MINISTERRAT DER DDR et al. 1986, 10).<br />

2 Eigene Berechnung bei der Annahme eines Verhältnisses von Wohnfläche zu Bruttogeschossfläche von<br />

1:1,3 <strong>und</strong> einer Wohnfläche von 18,8 m² je Einwohner (BAUAKADEMIE DER DDR 1979, 297).<br />

3 Entsprechend Tabelle 9 <strong>und</strong> Abbildung 19 macht der Wohnbereich 60 % des gesamten Wohngebiets <strong>und</strong><br />

das Nettowohnbauland 50 % des gesamten Wohngebiets aus. Die Nettowohndichte ergibt sich demnach als<br />

Einwohner je ha Wohnbereich multipliziert mit 6/5.<br />

In der Komplexrichtlinie <strong>für</strong> die städtebauliche Planung <strong>und</strong> Gestaltung von Wohngebieten<br />

im Zeitraum 1986 bis 1990 wird an dem Ziel einer Einwohnerdichte von<br />

250 bis 300 Einwohnern je ha Gesamtfläche des Wohngebiets (500-600 Einwohner<br />

je ha Nettowohnbauland) <strong>für</strong> den Neubau festgehalten. Bei einer Mindestwohnflächendichte<br />

von 4.700 m² je ha ergibt sich bei der Mindesteinwohnerdichte von 250<br />

Einwohnern je ha eine durchschnittliche Wohnfläche von 18,8 m² je Einwohner (MI-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 81<br />

NISTERRAT DER DDR 1986, 12). Neben diesen generellen Zielen <strong>für</strong> Neubauwohngebiete<br />

enthält die Komplexrichtlinie 1986 bis 1990 differenzierte <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong><br />

verschiedene Planungsfälle des Altbaus sowie <strong>für</strong> Planungsfälle der Erhaltung <strong>und</strong><br />

Ergänzung des Neubaus. <strong>Dichte</strong>ziele werden dabei jeweils bezogen auf den Wohnbereich,<br />

d. h. das Wohnbauland zuzüglich der Flächen <strong>für</strong> den ruhenden <strong>und</strong> fließenden<br />

Verkehr, genannt.<br />

Tabelle 12 zeigt eine breite Streuung der <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> verschiedene Baugebietstypen.<br />

Am geringsten (im Vergleich zu den westdeutschen Zielwerten dennoch<br />

hoch) sind mit bis zu 197 Einwohnern je ha Nettowohnbauland die <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong><br />

Einfamilienhäuser. Die höchsten <strong>Dichte</strong>ziele werden <strong>für</strong> die Nutzung des gründerzeitlichen<br />

Altbaus definiert, mit bis zu 984 Einwohnern je ha Nettowohnbauland. Die<br />

<strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> die mehrgeschossige Bebauung im Wohnungsneubau liegen zwischen<br />

443 <strong>und</strong> 639 Einwohner je ha Nettowohnbauland <strong>und</strong> liegen damit geringfügig<br />

über dem bisherigen Wert von bis zu 540. Auch die Zielwerte <strong>für</strong> den vielgeschossigen<br />

Wohnungsbau liegen mit 738 Einwohnern je ha Nettowohnbauland<br />

leicht über dem bisherigen Ziel von maximal 700.<br />

Eine immer weitere Erhöhung der Wohndichten im Neubau wurde in den 1980er<br />

Jahren vor dem Hintergr<strong>und</strong> zunehmender ökonomischer Zwänge vor allem durch<br />

eine weitere Rationalisierung der Wohnungsgr<strong>und</strong>risse erreicht. So wurde auf der<br />

<strong>für</strong> eine Dreizimmerwohnung mit 57 m² vorgesehenen Gr<strong>und</strong>fläche die ‚Ratio-4-<br />

Raum-Wohnung’ realisiert, auf der Gr<strong>und</strong>fläche einer bisherigen Zweizimmerwohnung<br />

wurde in den 1980er Jahren die ‚Ratio-3-Raum-Wohnung’ verwirklicht (HALLER<br />

2002, 30f.).<br />

Abbildung 20 zeigt einen zusammenfassenden Überblick der dargestellten <strong>Dichte</strong>ziele<br />

der DDR. Deutlich wird die weitgehende Konstanz der <strong>für</strong> den Neubau von<br />

Großsiedlungen in Plattenbauweise formulierten <strong>Dichte</strong>ziele um einen Wert von 600<br />

Einwohnern je ha Nettowohnbauland. Die starke Streuung der <strong>Dichte</strong>ziele des Ministerrats<br />

der DDR von 1986 resultiert aus der erstmaligen Formulierung von <strong>Dichte</strong>zielen<br />

<strong>für</strong> verschiedenste Baugebietstypen (s. Tabelle 12). <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> den<br />

Neubau streuen in den späten 1980er Jahren wie bereits erwähnt zwischen 443 <strong>und</strong><br />

738 Einwohnern je ha Nettowohnbauland <strong>und</strong> weisen somit gegenüber den bisherigen<br />

Zielen einen leichten Anstieg auf.<br />

Abbildung 20: <strong>Dichte</strong>ziele in der DDR (Eigene Darstellung)<br />

Einwohner je ha netto<br />

1.000<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

Gaber 1965 Bauakademie<br />

der DDR 1972<br />

Bauakademie<br />

der DDR 1976<br />

Bauakademie<br />

der DDR 1982<br />

Ministerrat der<br />

DDR et al.<br />

1986


82 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Die konstant hohen <strong>Dichte</strong>ziele konnten nur auf der Gr<strong>und</strong>lage realisiert werden,<br />

dass durchgängig ein geringer individueller Wohnflächenkonsum von 18-19 m² angenommen<br />

wurde, während dieser Wert in der B<strong>und</strong>esrepublik von 23,8 m² je Einwohner<br />

im Jahr 1968 auf 35,5 m² im Jahr 1987 angestiegen war (s. Anhang III).<br />

3.5 Kompakte europäische Stadt versus disperse Zwischen-/Netzstadt<br />

– <strong>Dichte</strong>diskurs (ab 1990)<br />

Seit den 1990er Jahren tritt in Deutschland eine zunehmende Polarisierung der<br />

Raumentwicklung auf. Während gegen Ende der 1990er Jahre in den Agglomerationen<br />

der Wachstums- <strong>und</strong> Verdichtungsräume der Mangel an Wohnungen <strong>und</strong> Bauland<br />

fortbesteht (MICHAEL 1994, 4), zeichnet sich in Folge der rückläufigen Bevölkerungsentwicklung<br />

vor allem an peripheren Standorten Ostdeutschlands, aber zunehmend<br />

auch Westdeutschlands, ein Überangebot an Bauland <strong>und</strong> Wohnungen ab<br />

(FUHRICH 2004, 83ff.).<br />

Entsprechend der zunehmenden räumlichen Polarisierung wächst auch die Breite<br />

der im <strong>Dichte</strong>diskurs vertretenen Positionen. Es lassen sich keine allgemeingültigen<br />

handlungsleitenden Zielvorstellungen mehr feststellen. Zumeist vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

der Bemühungen um eine nachhaltige Stadtentwicklung werden Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />

der Verdichtung diskutiert, allerdings zunächst noch weitgehend vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

einer Wachstumsperspektive. Die Positionen pro <strong>und</strong> contra Verdichtung<br />

schlagen sich in den Diskussionen um die kompakte europäische Stadt der kurzen<br />

Wege einerseits <strong>und</strong> die disperse Zwischen- oder Netzstadt anderseits nieder (JES-<br />

SEN 1999, 497f.; KÜHN 1998, 506).<br />

„Die Kontroverse über die Leitbildpotenz des traditionellen europäischen Stadtmodells<br />

gegenüber dem der modernen Netz-Stadt durchzieht sämtliche Diskussionen<br />

über Städtebau <strong>und</strong> Stadtentwicklung <strong>und</strong> führt – je nach Position – zu<br />

unterschiedlichen städtebaulichen Gr<strong>und</strong>haltungen.“ (BECKER 1999, 459)<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> betrachtet der folgende Abschnitt zunächst die <strong>Dichte</strong>vorstellungen<br />

des Leitbilds der ‚kompakten europäischen Stadt’ (3.5.1). Danach werden<br />

die in der Diskussion um die ‚Zwischen- oder Netzstadt’ dargelegten Entdichtungsprozesse<br />

aufgezeigt <strong>und</strong> Ziele zum Umgang mit der dispersen Zwischenstadt genannt<br />

(3.5.2). Es wird auf Positionen eingegangen, die <strong>für</strong> einen Ausgleich dieser<br />

zunächst unvereinbar erscheinenden Zielvorstellungen <strong>und</strong> Entwicklungen plädieren<br />

(3.5.3). Abschließend werden die Dichtziele der 1990er Jahre zusammenfassend<br />

dargestellt (3.5.4) <strong>und</strong> die Regelungen der BauNVO von 1990 beschrieben (3.5.5).<br />

3.5.1 Kompakte europäische Stadt der kurzen Wege<br />

Im Rahmen der Diskussion um eine nachhaltige Stadtentwicklung hat das Leitbild<br />

der dichten <strong>und</strong> kompakten Stadt eine Renaissance erfahren. 18 Das Leitbild zielt auf<br />

eine Stadt der kurzen Wege mit minimalem Verkehr. Die kompakte Stadt wird als<br />

<strong>ökologische</strong> Alternative gegenüber einer weiteren Zersiedelung angesehen, ihr wird<br />

eine sozialintegrative Kraft zugeschrieben <strong>und</strong> der kommunalen Selbstbestimmung<br />

sowie der lokalen Öffentlichkeit wird eine hohe Bedeutung beigemessen (BOSE<br />

1997, 36f.; JESSEN 1999, 498; LOSKE 1996, 100).<br />

18 In seinem regionalen Pendant, der dezentralen Konzentration erhielt das Leitbild der<br />

kompakten europäischen Stadt Eingang in den Raumordnungspolitischen Orientierungsrahmen<br />

(siehe hierzu BMBau 1993, 115ff.; Bose 1997, 34f.).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 83<br />

Angestrebt wird die Begrenzung des Außenwachstums der Städte durch eine Innenentwicklung<br />

in Form einer qualifizierten Verdichtung (KÜHN 1998, 495). Eine<br />

hohe bauliche <strong>Dichte</strong> wird als wesentliches Merkmal des Leitbilds der kompakten<br />

Stadt angesehen, nicht zuletzt als Voraussetzung <strong>für</strong> Funktionsmischung <strong>und</strong> kurze<br />

Wege (BFLR 1996, 19f.; APEL et al. 2000, 57; LOSKE 1996, 100). Eine optimale<br />

Ausnutzung bereits besiedelter Flächen soll erreicht werden, indem bestehende<br />

<strong>Dichte</strong>vorgaben besser genutzt bzw. höhere <strong>Dichte</strong>werte zugelassen werden (FLA-<br />

CKE 2003, 97). Angestrebt wird nicht eine gleichmäßige Verdichtung <strong>und</strong> Funktionsmischung<br />

über das ganze Stadtgebiet, sondern eine differenzierte <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong><br />

Mischung, bei Erhalt <strong>und</strong> Stärkung der Zentren <strong>und</strong> der polyzentralen Strukturen der<br />

Subzentren (SANDER 1999, 477).<br />

Die Argumentation <strong>für</strong> eine Verdichtung beginnt zumeist bei der Kritik an den durch<br />

Suburbanisierungsprozesse zunehmend aufgelockerten Siedlungsstrukturen. Kritisiert<br />

wird vor allem der hohe Flächenverbrauch gering verdichteter Siedlungsformen.<br />

So stellt zum Beispiel die Studie ,Zukunftsfähiges Deutschland’ fest, dass in<br />

Siedlungen freistehender Einfamilienhäuser ca. 200 m² Nettowohnbauland je Einwohner<br />

beansprucht werden, was etwa dem dreifachen dessen entspricht, was bei<br />

flächensparenden verdichteten Einfamilienhäusern in Anspruch genommen wird<br />

(BUND, MISEREOR 1996, 112). Kritisiert wird die mit der gering verdichteten Siedlungsweise<br />

einhergehende Zerstörung der Freiflächen im Außenbereich, die als<br />

Ausgleichsflächen <strong>für</strong> ein ges<strong>und</strong>es Stadtklima benötigt werden (KRAU 1994, 217).<br />

Durch mit der Entdichtung <strong>und</strong> Entmischung einhergehende immer größere Entfernung<br />

zu Versorgungseinrichtungen <strong>und</strong> Arbeitsplätzen steigt die Abhängigkeit vom<br />

Pkw, da in dünner besiedelten Regionen keine Erschließung über den öffentlichen<br />

Personennahverkehr (ÖPNV) möglich ist (KRAU 1994, 216f.). Der Autoverkehr sei<br />

nicht nur Ursache, sondern auch Folge der aufgeblähten Siedlungsräume (MÖNNIN-<br />

GER 1994, 164).<br />

Dementsprechend werden die Vorteile der Verdichtung betont: Verdichtung ermögliche<br />

die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme im Außenbereich durch kompaktere<br />

Bebauung <strong>und</strong> damit die Erhaltung wichtiger Freiraumfunktionen (BFLR<br />

1996, 19; FLACKE 2003, 98; MICHAEL 1994, 6f.). Ebenso böten verdichtete Siedlungsformen<br />

die Chance der sparsamen Nutzung von Ressourcen durch effizientere<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung <strong>und</strong> eine bessere Erschließbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

(APEL et al. 2000, 62; BFLR 1996, 19; CHURCHMAN 1999, 398f.; FLACKE<br />

2003, 98; LOSKE 1996, 101)<br />

Auch wenn <strong>Dichte</strong> allein nicht automatisch zu Urbanität führe (KELLNER 1997, 67),<br />

so sei sie doch eine der zentralen Voraussetzungen urbaner Lebensweisen, in dem<br />

sie eine Vielfalt von Möglichkeiten, Angeboten <strong>und</strong> Gelegenheiten im Quartier schaffe.<br />

FELDTKELLER (2001, 34ff.) betont, dass durchaus eine unbefriedigte Nachfrage<br />

nach solchen urbanen Quartieren bestehe, da diese eine einfache Befriedigung der<br />

Alltagsbedürfnisse ermöglichten durch kurze Wege, Vielfalt des Austauschs <strong>und</strong><br />

Anregungen. Neben den vielfältigen Angeboten in fußläufiger Erreichbarkeit erlaubten<br />

dichtere Strukturen auch einen attraktiven ÖPNV, der wiederum die Möglichkeiten<br />

des Zugangs zu Angeboten verbessere (CHURCHMAN 1999, 400). Somit schlussfolgert<br />

MÖNNINGER:<br />

„<strong>Dichte</strong> ist nicht alles, aber ohne <strong>Dichte</strong> ist alles nichts.“ (MÖNNINGER 1994, 165)<br />

Demnach sei unstrittig, dass <strong>Dichte</strong>werte unter einer GFZ von 0,6 die Ausnahme<br />

bleiben sollten (AURICH 1997, 66). Die Maximaldichten <strong>und</strong> -größen <strong>für</strong> Neubauten


84 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

mit maximalen Geschossflächenzahlen <strong>für</strong> Wohngebiete von 1,2-1,6 bezeichnet<br />

MÖNNINGER (1994, 165) als „lächerlich“. Allerdings würden diese in den neuen geplanten<br />

Wohnquartieren der neunziger Jahre mit Werten von 0,4 bis 0,8 oder maximal<br />

1,2 häufig noch unterschritten. Damit ließen sich keinesfalls Stadtqualitäten von<br />

Gründerzeitvierteln oder Kernbereichen realisieren, die Geschossflächendichten von<br />

3,0 bis 4,0 erforderten (MÖNNIGER 1994, 165). In der Debatte um eine nachhaltige<br />

Stadtentwicklung werden allerdings auch geringere <strong>Dichte</strong>ziele genannt: Um eine<br />

flächenverschwenderische Bauweise vor allem beim Eigenheimbau in offener Bauweise<br />

zur vermeiden, würde eine Geschossflächenzahl von 0,7 ausreichen. Langfristig<br />

sei allerdings eine Ausschöpfung der in der BauNVO angegebenen Obergrenzen<br />

baulicher Nutzung anzustreben (FUHRICH 2004, 84). BOTT, VON HAAS<br />

(1996, 44f.) heben hervor, dass bezogen auf das Nettowohnbauland mindestens<br />

eine Geschossflächenzahl von 0,8 erforderlich ist, um eine ausreichende Versorgung<br />

mit sozialer Infrastruktur sowie eine Anordnung von ÖPNV-Haltepunkten in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit zu gewährleisten.<br />

Aktuelle Vorhaben kompakter europäischer <strong>und</strong> nachhaltiger Städte weisen unterschiedliche<br />

<strong>Dichte</strong>werte auf. Prominentes Beispiel ist das dichte <strong>und</strong> nutzungsgemischte<br />

Französische Viertel in Tübingen mit einer Geschossflächenzahl zwischen<br />

2,4 <strong>und</strong> 3,5 sowie einer <strong>Dichte</strong> von 140 Einwohnern plus Arbeitsplätzen bezogen auf<br />

1 ha Bruttobauland. Weitere Beispiele sind das Projekt Viktoria-Quartier in Berlin-<br />

Kreuzberg mit einer GFZ von ca. 3,0 <strong>und</strong> 285 Einwohnern plus Arbeitsplätzen, Zürich<br />

West mit einer GFZ zwischen 2,0 <strong>und</strong> 3,5 <strong>und</strong> 220 Einwohnern plus Arbeitsplätzen<br />

sowie die Essener Weststadt mit einer GFZ zwischen 3,0 <strong>und</strong> 5,0 <strong>und</strong> 160 Einwohnern<br />

plus Arbeitsplätzen je ha Bruttobauland (FELDTKELLER 2001, 20).<br />

Abbildung 21: Kompakte europäische Stadt am Beispiel von Freiburg Vauban<br />

(Fotos: Rößler)<br />

Zielbestimmend wurde das Leitbild der kompakten Stadt auch <strong>für</strong> zahlreiche Stadtentwicklungskonzepte<br />

westdeutscher Großstädte (SANDER 1999, 477). Zu nennen<br />

sind in diesem Zusammenhang auch die <strong>Dichte</strong>modelle westdeutscher Großstädte<br />

(HUTTER et al. 2004, 36ff.; WESTPHAL, HUTTER 2006, 77ff.) oder kommunale <strong>Dichte</strong>konzepte,<br />

deren Notwendigkeit <strong>für</strong> die Festsetzung ‚standortoptimaler Bauweisen’<br />

FUHRICH (2004, 84) betont. Der folgende Exkurs 2 illustriert die wesentlichen Dich-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 85<br />

teziele von <strong>Dichte</strong>modellen westdeutscher Großstädte am Beispiel von München,<br />

Heidelberg <strong>und</strong> Karlsruhe.<br />

Exkurs 2: <strong>Dichte</strong>modelle westdeutscher Großstädte<br />

Nach dem ersten <strong>Dichte</strong>modell in Hamburg von 1969 (siehe auch Exkurs 10), das vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> des Ziels einer integrierten Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsentwicklung erstellt wurde,<br />

haben einige westdeutsche Großstädte im Rahmen ihrer Leitbilddiskussionen kontinuierlich<br />

weitere <strong>Dichte</strong>konzepte erarbeitet. Diese Konzepte finden insbesondere Eingang in die<br />

Überarbeitung <strong>und</strong> Neuaufstellung von Flächennutzungsplänen, vor allem <strong>für</strong> die Bedarfsermittlung<br />

zusätzlicher Siedlungsflächen (APEL et al. 2000, 58). <strong>Dichte</strong>modelle als gesamtstädtische<br />

Pläne beinhalten räumlich differenzierte <strong>und</strong> quantifizierte <strong>Dichte</strong>zielwerte, zumeist<br />

angegeben als Zielwerte der Bebauungsdichte. Tabelle 13 gibt einen Überblick über<br />

die wesentlichen Inhalte der <strong>Dichte</strong>modelle der Städte Heidelberg, Karlsruhe <strong>und</strong> München.<br />

Während die Stadt Heidelberg <strong>Dichte</strong>ziele vorrangig aus der Sicht städtebaulicher Kriterien<br />

entwickelt, setzt Karlsruhe einen Fokus auf die Verdichtung der Siedlungsentwicklung entlang<br />

der Haltepunkte des ÖPNV. München berücksichtigt die ÖPNV-Erschließung, Nutzungsmischung<br />

<strong>und</strong> die Erfordernisse des Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutzes als maßgebliche<br />

Einflussfaktoren bei der Entwicklung von <strong>Dichte</strong>modellen (WESTPHAL, HUTTER 2006, 79ff.).<br />

Tabelle 13: <strong>Dichte</strong>ziele in <strong>Dichte</strong>modellen westdeutscher Großstädte<br />

(WESTPHAL, HUTTER 2006, 80)<br />

Faktoren / Ziele Heidelberg Karlsruhe München<br />

Berücksichtige<br />

Einflussfaktoren<br />

Bestimmung der<br />

Verdichtungseignung<br />

<strong>Dichte</strong>ziele<br />

� Funktionale Gliederung<br />

� Stadtstruktur/Stadtbild<br />

� Lagefaktoren<br />

� Stadt- <strong>und</strong> Siedlungsstrukturen<br />

� Bauweise: überwiegend<br />

geschlossen,<br />

überwiegend offen,<br />

überwiegend<br />

abweichend<br />

� 7 Klassen GRZ zwischen<br />

0,1 <strong>und</strong> 1,0<br />

� Maximale Traufhöhe in<br />

10 Klassen (6 m bis<br />

21 m)<br />

Grenzen kompakter europäischer Städte<br />

� Entfernung von einer<br />

ÖPNV-Haltestelle<br />

� Fahrtdauer in die<br />

Innenstadt<br />

� Anbindung an den ÖPNV<br />

� Nutzungsstruktur<br />

� Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutz<br />

� ÖPNV-Erschließung � ÖPNV-Erschließung<br />

� Stadt- <strong>und</strong> Siedlungsstruktur<br />

� Siedlungstyp A: 80<br />

Wohnungen je ha Bruttobauland,<br />

GFZ 1,2<br />

� Siedlungstyp B: 65<br />

Wohnungen je ha Bruttobauland,<br />

GFZ 1,0<br />

� Siedlungstyp C: 45<br />

Wohnungen je ha Bruttobauland,<br />

GFZ 0,6<br />

� Siedlungstyp D: 30<br />

Wohnungen je ha Bruttobauland,<br />

GFZ 0,6<br />

� <strong>Dichte</strong>klassen: GFZ 0,9-<br />

1,2; 1,2-1,6;1,6-2,4 im<br />

Einzugsbereich<br />

150- 600 m um U-/S-<br />

Bahnhaltestellen<br />

� Im Einzugsbereich von<br />

600 m um ÖPNV-<br />

Haltestellen 4 Gebietstypen<br />

besonderer Verdichtungseignung<br />

� Nutzungsmischung:<br />

Jeweils mindestens<br />

Anteil von 30% Wohnen<br />

bzw. gewerblicher<br />

Nutzung<br />

Neben den im Leitbild der kompakten europäischen Stadt hervorgehobenen Vorteilen<br />

der Verdichtung, werden auch deren Grenzen diskutiert. Als Nachteile höherer<br />

<strong>Dichte</strong> werden vor allem die <strong>ökologische</strong>n <strong>und</strong> sozialen Grenzen der Verdichtung<br />

von Stadtstrukturen angeführt. Begründet wird diese Kritik häufig mit den schlechten<br />

Erfahrungen der verdichteten Großsiedlungen der 1970er Jahre (BOSE 1997, 40).<br />

Grenzen einer weiteren Verdichtung würden durch die Erfordernisse des kleinräumigen<br />

Natur-, Umwelt- <strong>und</strong> Freiraumschutzes gesetzt (APEL et al. 2000, 62; HUTTER<br />

et al. 2004, 38ff.). Dies sind z. B. das Erfordernis einer Boden schonenden Sied-


86 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

lungsweise <strong>und</strong> damit eine Begrenzung der Versiegelung (LOSCH 1992, 95f.), die<br />

Erhaltung <strong>und</strong> Vernetzung klimawirksamer Freiflächen (FUHRICH 2004, 84) <strong>und</strong> ein<br />

<strong>ökologische</strong>r Ausgleich auf dem Baugr<strong>und</strong>stück selbst, unter anderen zur Sicherung<br />

stadtklimatisch wichtiger Kaltluftströme (SIEVERTS 1997a, 84).<br />

Ebenso könne die Wohnzufriedenheit durch übermäßige Verdichtung beeinträchtigt<br />

werden, aufgr<strong>und</strong> sozialer Grenzen zu hoher Bevölkerungsdichten (BFLR 1996, 19;<br />

APEL et al. 2000, 62; HUTTER et al. 2004, 10f.). Soziale Konsequenzen einer maximierten<br />

baulichen Verdichtung seien weiterhin eine mögliche Verteuerung von Baulandpreisen<br />

<strong>und</strong> Wohnungsmieten mit der Gefahr einer Verschärfung der sozialen<br />

Ungleichheit der Wohnungsversorgung (KÜHN 1998, 501). Städtische Problemgebiete,<br />

z. B. des Programms „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf – die<br />

soziale Stadt“, seien häufig Gebiete mit hoher baulicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> ungenügender<br />

Versorgung mit Grün- <strong>und</strong> Freiflächen (APEL et al. 2000, 68).<br />

Das Leitbild der kompakten <strong>und</strong> verdichteten Stadt wird vor allem aufgr<strong>und</strong> seiner<br />

mangelnden Umsetzbarkeit kritisiert, was sich insbesondere in den fortlaufenden<br />

Dispersionsprozessen an der städtischen Peripherie zeige (BECKER et al. 1999, 14;<br />

FÜRST et al. 1999, 77). Die Umsetzungsfähigkeit des Leitbilds hänge nicht allein von<br />

der räumlichen Planung ab, sondern von einem Zusammenwirken mit anderen Strategien,<br />

vor allem der Steuer-, Verkehrs-, Umwelt-, Rechts- <strong>und</strong> Wohnungspolitik<br />

(JESSEN 1999, 498).<br />

Daher komme die weitere Verfolgung dieses Leitbilds einer bloßen Beruhigung des<br />

Planergewissens gleich. Stattdessen gelte es vielmehr, die Realität der Auflösung<br />

der Städte <strong>und</strong> die Entwicklung von ‚Zwischenstädten’ anzuerkennen, <strong>und</strong> sich <strong>für</strong><br />

diese Räume, die durch eine wechselseitige Durchdringung von Siedlung <strong>und</strong> Freiraum,<br />

Stadt <strong>und</strong> Landschaft gekennzeichnet sind, neue Wahrnehmungsformen <strong>und</strong><br />

Handlungsspielräume zu erschließen (BECKER 1999, 459; KISTELLA 2000, 69; KÜHN<br />

1998, 495; SIEVERTS 1999, 35). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> entwickelte sich eine Diskussion<br />

um die Entstehung disperser <strong>und</strong> fragmentierter Stadtstrukturen, die mit der<br />

Zwischenstadt <strong>und</strong> der Netzstadt beschrieben werden.<br />

3.5.2 Disperse Siedlungsmodelle: Zwischenstadt <strong>und</strong> Netzstadt<br />

In Reaktion auf die oben genannte Kritik am Leitbild der kompakten europäischen<br />

Stadt entwickelten einige Autoren den Ansatz der „Zwischenstadt“ oder der „Netzstadt“,<br />

nicht als Leitbild oder Zieldefinition, sondern vielmehr als beschreibendes<br />

Modell <strong>und</strong> Analyserahmen fragmentierter <strong>und</strong> disperser Siedlungsstrukturen (STEIN<br />

2006, 70ff.). Sie nehmen aktuelle Tendenzen einer fortschreitenden Entdichtung<br />

<strong>und</strong> Suburbanisierung von Siedlungsstrukturen als Ausgangspunkt ihrer Überlegungen<br />

<strong>und</strong> erkennen damit die Grenzen der Verdichtung an (JESSEN 1999, 499ff.).<br />

Sieverts versteht die Zwischenstadt als „verstädterte Landschaft“ <strong>und</strong> „verlandschaftete<br />

Stadt“:<br />

„Es ist die Stadt zwischen den alten historischen Stadtkernen <strong>und</strong> der offenen<br />

Landschaft, zwischen dem Ort als Lebensraum <strong>und</strong> den Nicht-Orten der Raumüberwindung,<br />

zwischen den kleinen örtlichen Wirtschaftskreisläufen <strong>und</strong> der<br />

Abhängigkeit vom Weltmarkt.“ (SIEVERTS 1997b, 7).<br />

Zwischenstädte sind heterogene Landschaften mit sowohl städtischen als auch<br />

ländlichen Eigenschaften, bestehend aus einem Nebeneinander mehr oder weniger<br />

dichter Nutzungen <strong>und</strong> Bebauungsformen: Einfamilienhausgebieten, Gewerbegebie-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 87<br />

ten unterschiedlicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Mischung, aufgegebenen Nutzungen <strong>und</strong> verwilderten<br />

Brachen, Resten von Landwirtschaft <strong>und</strong> Natur, aber auch Diskotheken <strong>und</strong><br />

Billigmärkten (SIEVERTS 1997b, 15, 106).<br />

Die von Venturi verwendete Metapher der Netz-Stadt beschreibt die Herausbildung<br />

neuer netzförmiger <strong>und</strong> linearer Siedlungsstrukturen in Folge der Auflösung der auf<br />

ein Zentrum konzentrierten Siedlungsstrukturen in einer regionalen Stadtlandschaft.<br />

„An die Stelle der dualen Stadt – kompakt in der Mitte, ausgefranst an den<br />

Rändern – tritt eine neue, weniger kompakte Konfiguration mit entsprechend<br />

niedrigeren <strong>Dichte</strong>n. Vielleicht sollte man nicht mehr von De-Urbanisierung <strong>und</strong><br />

von neuen Vororten, sondern von der Suburbanisierung der alten Stadtkerne<br />

als Nebenerscheinung zur Bildung neuer netzförmiger, linearer Städte ausgehen.“<br />

(VENTURI 1999, 56).<br />

Als Ursache der Entstehung dieser dispersen <strong>und</strong> zunehmend peripheren Siedlungsformen<br />

werden vielfältige rationale Standortentscheidungen von Handel, Forschungseinrichtungen,<br />

Kultur- <strong>und</strong> Freizeiteinrichtungen aber auch öffentlichen<br />

Verwaltungen gesehen, die häufig nicht mehr mit der zentralörtlichen Gliederung<br />

übereinstimmen (ARING 2004, 114; SIEVERTS 1997b, 16). Ausschlaggebend seien<br />

interkommunales Konkurrenzdenken, ein Mangel an regionaler Kooperation <strong>und</strong><br />

kommunale Finanzknappheit (SIEVERTS 1997b, 19f.).<br />

Beschrieben wird ein kontinuierlicher Prozess der Entdichtung, in dessen Zug die<br />

verdichteten Städte Einwohner vor allem in Gebiete mit mittlerer bis geringer <strong>Dichte</strong><br />

verlieren (VENTURI 1999, 61). Die Folge sind Siedlungsstrukturen, die eine Wirtschaftlichkeit<br />

der Gr<strong>und</strong>versorgung gefährden, zumal aus Wirtschaftlichkeitserwägungen<br />

gestiegene Mindestgrößen von Einrichtungen einer abnehmenden Bevölkerungsdichte<br />

gegenüber stehen (SIEVERTS 1997b, 21ff., 86ff.).<br />

Sieverts geht, anders als die Verfechter der kompakten Stadt, davon aus, dass sich<br />

die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen <strong>und</strong> politischen Voraussetzungen<br />

gewandelt haben, <strong>und</strong> deshalb eine Neuerrichtung der kompakten Stadt nicht möglich<br />

sei (SIEVERTS 1997b, 29f.).<br />

Dennoch werden Ziele zum Umgang mit der Zwischenstadt entwickelt. In diesem<br />

Zusammenhang plädiert Sieverts <strong>für</strong> eine „moderate Verdichtung, wie sie sich etwa<br />

in der <strong>Dichte</strong> des eng gepackten Flachbaus, der Reihenhäuser mit kleinen Gr<strong>und</strong>stücken<br />

<strong>und</strong> des drei- bis viergeschossigen Wohnungsbaus darstellt. Eine maßvolle<br />

Verdichtung der Bebauung gerade in der Zwischenstadt etwa von einer Ausnutzungsziffer<br />

(Bruttogeschossfläche zu Gr<strong>und</strong>stück) von derzeit 0,2 bis 0,3 bei den<br />

üblichen freistehenden Einfamilienhäusern auf 0,4 bis 0,6 <strong>für</strong> Reihen- <strong>und</strong> Doppelhäuser<br />

würde – in Anbetracht der großen in Anspruch genommenen Bauflächen –<br />

zu einer sehr wirkungsvollen Halbierung des Baulandbedarfs führen, ohne die typischen<br />

besonders nachgefragten Wohnqualitäten zu schmälern.“ (SIEVERTS 1997b,<br />

41f.).<br />

Eine Geschossflächenzahl von 0,8 wird als Obergrenze <strong>für</strong> einen <strong>ökologische</strong>n<br />

Ausgleich auf dem Baugr<strong>und</strong>stück sowie <strong>für</strong> eine ausreichende Ausstattung mit sozialer<br />

Infrastruktur <strong>und</strong> Verkehrsanlagen angesehen (SIEVERTS 1997a, 83, 1997b,<br />

42).<br />

Kritisiert werden die Zwischen- <strong>und</strong> die Netzstadt als eine ungerechtfertigte Legitimation<br />

eines weiteren Flächenverbrauchs (KÜHN 2000, 21). Anstelle einer Hinnahme<br />

der siedlungsstrukturellen Tendenzen wird da<strong>für</strong> plädiert, die andauernde Sub-


88 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

urbanisierung <strong>und</strong> Neubauorientierung, durch eine Änderung der sie verursachenden<br />

Rahmenbedingungen in Wohnungs-, Steuer- <strong>und</strong> Verkehrspolitik einzudämmen<br />

(DROß 1996, 2.17; KURTH 2000, 108).<br />

3.5.3 Ausgleich zwischen Kompaktheit <strong>und</strong> Auflösung der Siedlungsstruktur?<br />

Entgegen diesen häufig unversöhnlich nebeneinander stehenden Positionen argumentieren<br />

einige Autoren <strong>für</strong> einen Ausgleich zwischen Kompaktheit <strong>und</strong> Auflösung,<br />

Verdichtung <strong>und</strong> Entdichtung (KÜHN 2000, 24). Angesichts derzeitig gegenläufiger<br />

Entwicklungstrends der Sub- <strong>und</strong> Desurbanisierung einerseits <strong>und</strong> der Reurbanisierung<br />

<strong>und</strong> Revitalisierung andererseits erscheine es nicht sinnvoll „die alte Debatte<br />

um die ‚dichte, steinerne Stadt’ versus ‚aufgelockerte, grüne Stadt’ in modernisierter<br />

Version – ‚kompakte, flächensparende Stadt’ versus ‚Zwischenstadt’ oder ‚Netz-<br />

Stadt’ – wiederzubeleben“ (KÜHN 1998, 506).<br />

Die Modelle sollten entsprechend ihrer Eignung gleichzeitig in unterschiedlichen<br />

Gebieten der Stadt genutzt werden, z. B. die kompakte Stadt bei der Wiedernutzung<br />

von Brachflächen (JESSEN 1999, 504). Es sollte ein Patchwork aus städtischen <strong>und</strong><br />

suburbanen Teilen gestaltet werden (FELDTKELLER 2001, 37ff.).<br />

Erforderlich ist hier<strong>für</strong> die Ermittlung eines aus sozialer <strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>r Sicht richtigen<br />

Maßes der Verdichtung (KÜHN 1998, 503). Die Aussagen hierzu sind jedoch<br />

widersprüchlich: HAPPE et al. (1994, 17) nennen als stadt<strong>ökologische</strong> Orientierungswerte,<br />

die sowohl <strong>ökologische</strong> Grenzen der Verdichtung als auch die Notwendigkeit<br />

einer flächen- <strong>und</strong> ressourcensparenden Siedlungsentwicklung berücksichtigen,<br />

Geschossflächenzahlen von 0,6 bis 1,0 <strong>für</strong> aufgelockerte Wohngebiete am<br />

Stadtrand <strong>und</strong> von 1,2 bis 2,4 <strong>für</strong> verdichtete, innenstadtnahe Wohn- <strong>und</strong> Mischgebiete.<br />

Unter Abwägung der Vor- <strong>und</strong> Nachteile der Verdichtung verweist KÜHN<br />

(1998, 502) darauf, dass durch den zusätzlichen Flächenverbrauch <strong>für</strong> Abstands-,<br />

Erschließungs- <strong>und</strong> Ausgleichsflächen bei sehr dichter Bebauung ab einer GFZ von<br />

1,0 die mögliche Flächenersparnis kompensiert werde. Vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass<br />

weder hochverdichtete innerstädtische Gebiete noch flächenaufwendige Einfamilienhausbebauungen<br />

dazu geeignet seien, die Ziele des Flächensparens <strong>und</strong> Bodenschonens<br />

zu realisieren, plädiert Losch <strong>für</strong> mittlere <strong>Dichte</strong>n einer GFZ von 0,7 <strong>und</strong><br />

<strong>für</strong> eine Steigerung der Flächeneffizienz des Einfamilienhausbaus. Weiterhin schlägt<br />

er eine Reduzierung des individuellen Wohnflächenkonsums auf 30 m² pro Person<br />

anstelle von 36 bis 40 m² vor (LOSCH 1992, 101). Aurich benennt einen Korridor<br />

einer GFZ von 0,7 bis 1,2 (AURICH 1997, 65).<br />

3.5.4 <strong>Dichte</strong>ziele der 1990er Jahre im Vergleich<br />

Die folgende Abbildung 22 stellt die <strong>Dichte</strong>ziele der 1990er Jahre vergleichend dar.<br />

Dabei wird deutlich, dass in den 1990er Jahren eine sehr breite Spanne formulierter<br />

<strong>Dichte</strong>ziele besteht, mit tendenziell sehr hohen <strong>Dichte</strong>zielwerten der kompakten<br />

europäischen Stadt <strong>und</strong> niedrigen Zielwerten, die <strong>für</strong> den Umgang mit der Zwischenstadt<br />

genannt werden. Allerdings streuen die <strong>Dichte</strong>ziele auch innerhalb der<br />

verschiedenen Ansätze zum Teil deutlich. Zielwerte von 200 Einwohnern je ha lassen<br />

sich sowohl dem Leitbild der kompakten europäischen Stadt als der Zielstellung<br />

des Ausgleichs von Kompaktheit <strong>und</strong> Auflösung zuordnen. Darin wird deutlich, dass<br />

Zielrichtung <strong>und</strong> deren Operationalisierung in einem quantifizierten Wert zum Teil<br />

auseinander fallen. Im Zuge der zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung sind<br />

auch Ziele der siedlungsstrukturellen Entwicklung immer weniger eindeutig.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 89<br />

Abbildung 22: <strong>Dichte</strong>ziele ab 1990 (Eigene Darstellung) 19<br />

3.5.5 Die BauNVO von 1990 – Zwischen Verdichtung <strong>und</strong> Auflockerung<br />

Die in § 17 Abs. 1 angegebenen Obergrenzen des Maßes baulicher Nutzung sind<br />

mit der BauNVO 1990 weitgehend aus der BauNVO 1977 übernommen worden.<br />

Eine Anhebung ergab sich bei Mischgebieten <strong>für</strong> die GRZ von 0,4 auf 0,6 <strong>und</strong> bei<br />

Kerngebieten wurde die GFZ von 2,4 auf 3,0 erhöht (KNAUP 1997, § 17 Tz 21). Die<br />

bisher in § 17, Abs. 7 BauNVO genannten Höchstmaße der baulichen Nutzung <strong>für</strong><br />

besondere Wohngebiete wurden in Tabellenwerte des § 17 Abs. 1 integriert.<br />

Tabelle 14: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach<br />

§ 17 Abs. 1 BauNVO 1990<br />

Baugebietstyp<br />

Reine Wohngebiete (WR),<br />

Allgem. Wohngebiete (WA)<br />

Gr<strong>und</strong>flächenzahl<br />

(GRZ)<br />

Geschossflächenzahl<br />

(GFZ)<br />

0,4 1,2<br />

Besondere Wohngebiete (WB) 0,6 1,6<br />

Kerngebiete (MK) 1,0 3,0<br />

Mit der BauNVO von 1990 erhält der Plangeber erstmals die Möglichkeit neben den<br />

in § 17 Abs. 1 angegebenen Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung<br />

auch ein Mindestmaß festzusetzen. Die Festsetzung eines Mindestmaßes allein ist<br />

allerdings nicht ausreichend, sondern kann nur in Kombination mit der Festsetzung<br />

eines Höchstmaßes erfolgen. Damit stellt die gleichzeitige Festsetzung von Höchst-<br />

<strong>und</strong> Mindestmaßen einen stärkeren Eingriff in die Eigentumsrechte des Planungsbetroffenen<br />

dar, der einer in der Begründung des Bebauungsplans darzulegenden<br />

besonderen städtebaulichen Rechtfertigung bedarf (KNAUP 1997, § 16 Tz 68).<br />

19 Da es sich bei der Zwischenstadt nicht um ein Leitbild sondern um eine Zustandsbeschreibung<br />

handelt, werden hier diejenigen Ziele genannt, die zum Umgang mit der Zwischenstadt<br />

entwickelt wurden.


90 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Mit der BauNVO 1990 wurden die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Überschreitung der<br />

Höchstgrenzen des § 17 Abs. 1 sowohl <strong>für</strong> bereits überwiegend bebaute Gebiete als<br />

auch <strong>für</strong> Neubaugebiete verschärft. Mussten in der bisherigen Fassung der BauN-<br />

VO Überschreitungen durch besondere städtebauliche Gründe gerechtfertigt sein,<br />

müssen diese jetzt eine solche Überschreitung erfordern.<br />

„Erfordern in dem hier maßgeblichen Sinne liegt nicht schon dann vor, wenn die<br />

konkret beabsichtigte Überschreitung nach der örtlichen Situation (jedenfalls)<br />

städtebaulich vertretbar ist (…). Vielmehr ist die Feststellung notwendig, dann<br />

aber auch ausreichend, dass die mit Rücksicht auf die besonderen städtebaulichen<br />

Gründe geplante Maßnahme sonst, d.h. ohne vorgesehene Überschreitung,<br />

nicht verwirklicht werden kann.“ (KNAUP 1997, § 17 Tz 31)<br />

Eine weitere Änderung der BauNVO 1990 betrifft die Pflicht zum Ausgleich der<br />

Überschreitung der Höchstmaße baulicher Nutzung. Während sich diese Ausgleichspflicht<br />

vor 1990 auf die Sicherstellung der allgemeinen Anforderungen an<br />

ges<strong>und</strong>e Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsverhältnisse <strong>und</strong> die Befriedigung der Bedürfnisse des<br />

Verkehrs bezog, wurde die Ausgleichspflicht nach 1990 um den Ausgleich der nachteiligen<br />

Auswirkungen auf die Umwelt erweitert. Damit wird eine aus <strong>ökologische</strong>n<br />

Gründen restriktive Handhabung der Regelung angemahnt (KNAUP 1997, § 17 Tz<br />

24, 31).<br />

Auch <strong>für</strong> Gebiete, die bereits vor 1962 überwiegend bebaut waren, gilt nach der<br />

BauNVO 1990 die Pflicht zum Ausgleich der Überschreitungen durch Umstände <strong>und</strong><br />

Maßnahmen, die bisher nur <strong>für</strong> Neubaugebiete erforderlich waren. KNAUP (1997, §<br />

17 Tz 46) schlussfolgert aus dieser Regelung, das die Überschreitung der Obergrenzen<br />

des Maßes baulicher Nutzung in bereits bebauten Gebieten damit erschwert<br />

wird, da es zumeist nicht möglich sein wird, der Ausgleichspflicht in überwiegend<br />

bebauten Gebieten zu genügen.<br />

Somit spiegelt die BauNVO von 1990 den Konflikt zwischen Verdichtung <strong>und</strong> Auflockerung<br />

wider: Zum einen werden Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung<br />

zum Teil angehoben <strong>und</strong> Möglichkeiten zur Festsetzung von Mindestmaßen<br />

baulicher Nutzung geschaffen, zum anderen werden Möglichkeiten zur Überschreitung<br />

der Höchstmaße baulicher Nutzung eingeschränkt.<br />

3.6 Zwischenfazit: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht des<br />

Städtebaus<br />

Die Ausführungen zu den wesentlichen städtebaulichen Leitbildern <strong>und</strong> Modellen<br />

der Nachkriegszeit in West- <strong>und</strong> Ostdeutschland haben gezeigt, dass die Vorstellungen<br />

über angemessene <strong>Dichte</strong> zwischen den einzelnen Phasen stark variieren.<br />

Tabelle 15 <strong>und</strong> Abbildung 23 geben einen zusammenfassenden Überblick über die<br />

nach Ansätzen sortierten <strong>Dichte</strong>ziele.<br />

Die <strong>Dichte</strong>zielwerte sind sowohl als Geschossflächenzahlen als auch als Nettowohndichten<br />

in Einwohner je ha angegeben. Das Verhältnis zwischen den Geschossflächenzahlen<br />

<strong>und</strong> den Nettowohndichten ergibt sich über den Wert der je<br />

Einwohner in Anspruch genommenen Geschossfläche <strong>und</strong> damit über die individuelle<br />

Wohnflächeninanspruchnahme. 20<br />

20 Wohnfläche je Einwohner = Geschossfläche je Einwohner * 1,25 (KORDA 2005, 119).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 91<br />

Tabelle 15: Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele 1<br />

Leitbild Autor<br />

GFZ EW je ha netto<br />

Min. Max.<br />

m² WF<br />

je EW 2<br />

m² GF<br />

je EW Min. Max.<br />

Gegliedert <strong>und</strong> Göderitz et al. 1957 0,45 15 18,8 240<br />

aufgelockert Geberding-Wiese 1968<br />

Schmidt-Relenberg<br />

0,36 0,6 19,2 24,0 150 250<br />

1968 1,5 23,8 29,8 500<br />

Urbanität durch<br />

<strong>Dichte</strong><br />

Behutsam /<br />

ökologisch<br />

DDR 4<br />

Kompakt<br />

Ausgleich<br />

kompakt versus<br />

dispers<br />

Brakebusch 1969 1,3 2,0 25,3 31,6 400 640<br />

Pfeil 1972 1,7 26,7 33,4 500<br />

Krüger et al. 1972 1,5 26,7 33,4 449<br />

Gruen 19733 1,0 1,4 27,5 34,4 280 420<br />

Gassner 1978 0,5 0,8 31,1 38,9 129 206<br />

Müller-Ibold 1978 0,7 0,8 31,1 38,9 180 206<br />

Hecking et al. 1980 0,7 32,1 40,1 174<br />

BMBau 1986 0,7 35 43,8 160<br />

Gaber 1965 1,4 19 23,75 600<br />

Bauakademie 1972 1,3 1,5 19 23,75 540 640<br />

Bauakademie 1976 1,0 1,7 19 23,75 430 700<br />

Bauakademie 1982 1,2 1,4 19 23,75 500 600<br />

Ministerrat et al. 1986 0,6 2,3 18,8 23,5 250 984<br />

Mönninger 1994 3,0 4,0 36,8 46,0 652 870<br />

Stadt München 1995 0,9 1,6 32 40,0 225 400<br />

Bott, v. Haas 1996 0,8 38,1 47,6 168<br />

NVK 1999 0,6 1,2 39,9 49,9 120 241<br />

Feldtkeller 20013 1,0 2,0 41 51,3 196 399<br />

Fuhrich 2004 0,7 1,2 41,6 52,0 135 231<br />

Aurich 1997 0,7 1,2 38,7 48,4 145 248<br />

Bose 1997 0,8 1 38,7 48,4 165 207<br />

Happe 1994 0,6 2,4 36,8 46,0 130 522<br />

Kühn 1998 1,0 39,3 49,1 204<br />

Losch 1992 0,7 39,9 49,9 187<br />

Zwischenstadt Sieverts 1997b 0,4 0,6 38,7 48,4 83 124<br />

1 Fett markierte Werte verweisen auf die in den Quellen angegebenen Werte, sonstige Werte<br />

ergeben sich aus Umrechnungen.<br />

2 Interpolation nach Werten des statistischen B<strong>und</strong>esamts (s. Anhang III)<br />

3 Die Originalwerte sind angegeben als Einwohner je ha Bruttowohnbauland <strong>und</strong> umgerechnet<br />

mit dem Faktor *1,4<br />

4 Es erfolgte eine Umrechnung der Zielwerte der Einwohnerdichte der DDR auf die Nettowohndichte<br />

der BRD.<br />

Dabei lässt Abbildung 23 erkennen, dass, aufgr<strong>und</strong> der geringeren individuellen<br />

Wohnflächeninanspruchnahme von den 1950er Jahren bis zur Mitte der 1970er Jahre<br />

sowie durchgängig <strong>für</strong> die DDR, die Einwohnerdichten im Verhältnis zu den Geschossflächenzahlen<br />

vergleichsweise hoch sind. Mit der zunehmenden Wohnflächeninanspruchnahme<br />

können bei gleichbleibenden Geschossflächenzahlen immer<br />

geringere Einwohnerdichten erzielt werden. Dies zeigt sich besonders bei den <strong>Dichte</strong>zielen<br />

ab den 1990er Jahren.<br />

Insgesamt wird deutlich, dass die städtebaulichen <strong>Dichte</strong>ziele stark schwanken: Von<br />

den geringen <strong>Dichte</strong>n der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt über die hohen<br />

angestrebten <strong>Dichte</strong>n der Urbanität durch <strong>Dichte</strong> zu den moderaten <strong>Dichte</strong>zielen der<br />

behutsamen Stadterneuerung <strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>n Stadt der 1980er Jahre. Dabei


92 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

scheint die Verfolgung extremer Verdichtung bzw. extremer Auflockerung jeweils<br />

eine Umkehr zum anderen Extrem hervorzurufen.<br />

Abbildung 23: Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele Überblick (Eigene Darstellung)<br />

Göderitz et al. 1957<br />

Schmidt-Relenberg 1968<br />

Brakebusch 1969<br />

Pfeil 1972<br />

Krüger et al. 1972<br />

Gruen 1973<br />

Gassner 1978<br />

Müller-Ibold 1978<br />

Hecking et al. 1980<br />

BMBau 1986<br />

Gaber 1965<br />

Bauakademie der DDR 1972<br />

Bauakademie der DDR 1976<br />

Bauakademie der DDR 1982<br />

Ministerrat der DDR et al. 1986<br />

Mönninger 1994<br />

Stadt München 1995<br />

NVK 1999<br />

Sander 1999<br />

Feldtkeller 2001<br />

Fuhrich 2004<br />

Aurich 1997<br />

Happe 1994<br />

Kühn 1998<br />

Losch 1992<br />

Sieverts 1997b<br />

0<br />

0<br />

0,5<br />

Gegliedert <strong>und</strong><br />

aufgelockert<br />

DDR<br />

Kompakte Stadt<br />

Zwischenstadt<br />

100<br />

200<br />

1<br />

Geschossflächenzahl<br />

Behutsam /<br />

Ökologisch<br />

300<br />

1,5<br />

400<br />

2<br />

Ausgleich<br />

kompakt v.<br />

dispers<br />

500<br />

2,5<br />

600<br />

Urbanität durch<br />

<strong>Dichte</strong><br />

700<br />

Einwohner je ha netto<br />

3<br />

800<br />

3,5<br />

900<br />

4<br />

1.000<br />

Geschossflächenzahl Einwohner je ha


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 93<br />

Nach diesen sich wechselseitig ablösenden Phasen angestrebter niedriger <strong>und</strong> hoher<br />

<strong>Dichte</strong>n existieren ab den 1990er Jahren Ziele der Verdichtung der kompakten<br />

Stadt parallel zu den mit der Zwischenstadt beschriebenen Tendenzen der Auflösung<br />

<strong>und</strong> Auflockerung.<br />

Ein Vergleich der <strong>Dichte</strong>ziele der BRD <strong>und</strong> der DDR zeigt, dass in den 1960er <strong>und</strong><br />

frühen 1970er Jahren in den beiden deutschen Staaten ähnliche <strong>Dichte</strong>ziele existierten.<br />

Während im Westen allerdings ab Mitte der 1970er Jahre eine deutliche Abkehr<br />

von den Zielen der Verdichtung erfolgte, wurden <strong>für</strong> die DDR Ziele einer weiteren<br />

Verdichtung formuliert. Aufgr<strong>und</strong> der durchgängig geringen individuellen Wohnflächeninanspruchnahme<br />

von 18 bis 19 m² je Einwohner zeigen sich <strong>für</strong> die DDR<br />

konstant hohe <strong>Dichte</strong>ziele.<br />

Dieser Vergleich der <strong>Dichte</strong>ziele der beiden deutschen Staaten verdeutlicht deren<br />

Abhängigkeit von den jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Zielsetzungen.<br />

Während in Westdeutschland der zunehmende gesellschaftliche Wohlstand<br />

eine Abkehr von Verdichtungszielen ermöglichte, zwang die andauernde Ressourcenknappheit<br />

in der DDR zu einer hohen Wirtschaftlichkeit der Bautätigkeit <strong>und</strong><br />

Erschließung <strong>und</strong> damit zu höheren <strong>Dichte</strong>n.<br />

Im Vergleich zu den stark schwankenden <strong>Dichte</strong>zielen des Städtebaus zeigen die in<br />

der Baunutzungsverordnung festgesetzten Obergrenzen des zulässigen Maßes<br />

baulicher Nutzung <strong>für</strong> Wohngebiete eine weitgehende Konstanz, wie Abbildung 24<br />

verdeutlicht.<br />

Abbildung 24: Obergrenzen des Maßes baulicher Nutzung <strong>und</strong> Nettowohndichten entsprechend<br />

der Baunutzungsverordnungen (Eigene Darstellung) 21<br />

Geschossflächenzahl<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

1962 1968 1977 1990<br />

Wohngebiete GFZ Besondere Wohngebiete GFZ<br />

Wohngebiete EW je ha netto Besondere Wohngebiete EW je ha netto<br />

Allerdings konnten, aufgr<strong>und</strong> der zunehmenden individuellen Wohnflächeninanspruchnahme,<br />

in den Wohngebietstypen immer geringere Einwohnerdichten erzielt<br />

werden. So sank die in allgemeinen <strong>und</strong> reinen Wohngebieten erzielbare Netto-<br />

21 Die Einwohnerdichten ergeben sich anhand einer Umrechnung mit der zur jeweiligen Zeit<br />

gültigen individuellen Wohnflächeninanspruchnahme (zu Werten der Wohnflächeninanspruchnahme<br />

s. Anhang III; zu Umrechnungsformeln Abbildung 7).<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Einwohner je ha netto


94 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

wohndichte trotz der Anhebung des maximal zulässigen Nutzungsmaßes der GFZ<br />

von 1,0 auf 1,2 von 440 Einwohnern in 1962 auf 270 Einwohner in 1990 um 40 %.<br />

Selbst in den ab 1977 als neuen Baugebietstyp aufgenommenen besonderen<br />

Wohngebieten mit einer GFZ bis 1,6 konnte 1990 eine geringere Einwohnerdichte<br />

erzielt werden als 1962 in den allgemeinen <strong>und</strong> reinen Wohngebieten mit einer maximalen<br />

Geschossflächenzahl von 1,0. 22<br />

Die umfassende Darstellung der städtebaulichen <strong>Dichte</strong>ziele zeigt nicht nur die Variationsbreite<br />

der jeweiligen quantitativen Zielvorstellungen der <strong>Dichte</strong>, sondern<br />

ebenso die Vielfalt der Argumente <strong>für</strong> <strong>und</strong> wider Verdichtung bzw. Auflockerung. Die<br />

Diskussion verdeutlicht, dass diese Frage von vielfältigen Zielkonflikten begleitet<br />

wird. Jede Entwicklungsphase stellt dabei eine spezifische Siedlungsform in den<br />

Vordergr<strong>und</strong>, von der angenommen wird, dass sie den Zielkonflikt erfolgreich bewältigt.<br />

So setzt z. B. die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt auf das verdichtete Einfamilienhaus<br />

in geschlossener Bauweise <strong>und</strong> das Leitbild Urbanität durch <strong>Dichte</strong> auf<br />

einen verdichteten Geschosswohnungsbau. Je nach städtebaulichem Leitbild <strong>und</strong><br />

gesellschaftlicher Zielstellung werden die Argumente pro <strong>und</strong> contra Verdichtung<br />

früherer Phasen wieder aufgegriffen. So wird z. B. die bereits von GÖDERITZ et al.<br />

(1957) hervorgehobene reduzierte Flächenersparnis bei steigenden Geschosszahlen<br />

von GASSNER (1978) in ähnlicher Weise neu dargestellt. Daraus zeigt sich, dass<br />

auch bei der Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren schrumpfender<br />

Städte auf den historischen Diskurs zurückgegriffen werden sollte.<br />

Für alle Handlungsfelder gilt, dass sowohl Argumente <strong>für</strong> Verdichtung (<strong>und</strong> damit<br />

gegen Auflockerung) sowie gegen Verdichtung (<strong>und</strong> damit <strong>für</strong> Auflockerung) angeführt<br />

werden können. Erneut wird deutlich, dass die Frage nach angemessenen<br />

<strong>Dichte</strong>n keinesfalls einfach zu beantworten ist <strong>und</strong> bisher auch noch keine allgemeingültige<br />

Antwort erfahren hat. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> setzt sich Kapitel 5 intensiv<br />

mit Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in wesentlichen stadtplanerischen Handlungsfeldern<br />

auseinander.<br />

Tabelle 16 fasst die in den Diskussionen benannten Argumente pro Verdichtung /<br />

contra Auflockerung <strong>und</strong> umgekehrt zusammen.<br />

22 Der Baugebietstyp des besonderen Wohngebiets bietet ab 1977 die Möglichkeit zur Erhaltung<br />

höher <strong>Dichte</strong>n bei der Überplanung solcher Gebiete, die schon bis 1962 überwiegend<br />

bebaut waren.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 95<br />

Tabelle 16: Argumente Pro <strong>und</strong> Contra Verdichtung/Auflockerung<br />

Handlungsfeld<br />

Wohnen<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

Ökologie<br />

Verkehr<br />

Soziales<br />

Versorgung /<br />

Infrastruktur<br />

Qualitäten des<br />

Umfelds<br />

Pro Verdichtung/<br />

Contra Auflockerung<br />

� Hochhäuser mit besserer<br />

Besonnung <strong>und</strong> vielfältigen<br />

Freiräumen<br />

Contra Verdichtung/<br />

Pro Auflockerung<br />

� Einfamilienhaus als geeignete Wohnform<br />

� Negative Auswirkungen des Hochhauses<br />

auf die Ges<strong>und</strong>heit<br />

� Beeinträchtigung der Wohnzufriedenheit<br />

durch Verdichtung<br />

� Flächensparen � Sinkende Flächenersparnis bei steigender<br />

Geschossigkeit <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong><br />

� Vermeidung fortschreitenden<br />

Landschaftsverbrauchs / fortschreitender<br />

Zerstörung von Freiflächen<br />

im Außenbereich<br />

� Ressourceneffiziente<br />

Siedlungsstrukturen<br />

� Ermöglichung kurzer Wege <strong>und</strong><br />

guter Erreichbarkeit des ÖPNV<br />

� Kritik an Zersiedelung, Verkehrszunahme<br />

<strong>und</strong> zunehmender<br />

Pkw-Abhängigkeit der aufgelockerten<br />

Stadt<br />

� Vielfalt sozialer Kontakte<br />

� Lebendige Quartiere mit<br />

sozialem Zusammenhalt der<br />

Nachbarschaft<br />

� Ausreichende Basis <strong>für</strong><br />

Versorgungseinrichtungen<br />

� Effiziente Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

� <strong>Dichte</strong>, Nutzungsmischung,<br />

Urbanität<br />

� Metropole Lebensstile<br />

� Boden schonen <strong>und</strong> vermeiden<br />

übermäßiger Versiegelung<br />

� Kleinräumiger Natur-, Umwelt- <strong>und</strong><br />

Freiraumschutz<br />

� Erhaltung <strong>und</strong> Vernetzung klimawirksamer<br />

Freiflächen<br />

� Ökologischer Ausgleich auf dem<br />

Baugr<strong>und</strong>stück selbst<br />

� Probleme der (ebenerdigen) Unterbringung<br />

des ruhenden Verkehrs<br />

� Zunehmende Verkehrs(lärm)belastung<br />

� Sicherung der Privatsphäre<br />

� Kritik an der Verschärfung der sozialen<br />

Ungleichheit der Wohnungsversorgung<br />

durch Verdichtung<br />

� Kumulation sozialer Probleme in<br />

verdichteten Gebieten<br />

� Möglichkeiten <strong>für</strong> alternative<br />

Versorgungskonzepte<br />

� Gestalterische Defizite<br />

� Unvereinbarkeit von Wohn- <strong>und</strong><br />

Arbeitsnutzungen


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 97<br />

4 <strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten<br />

Das folgende Kapitel befasst sich mit dem Prozess der <strong>Schrumpfung</strong> in ostdeutschen<br />

Städten sowie mit dem bisherigen planerischen Umgang damit. Viele ostdeutsche<br />

Städte sind derzeit von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffen, die zu einer<br />

Entdichtung ihrer Siedlungsstrukturen führen, ein Prozess der in Kapitel 4.1 näher<br />

erläutert wird. Als Reaktion auf diese Entwicklung enthalten aktuelle städtebauliche<br />

Leitbilder <strong>Dichte</strong>vorstellungen, die in Kapitel 4.2 diskutiert werden. Abschließend<br />

wird in Kapitel 4.3 das B<strong>und</strong>-Länder-Programm Stadtumbau Ost erläutert, welches<br />

unter anderem als Reaktion auf Entdichtungsprozesse den Rückbau <strong>und</strong> die Aufwertung<br />

von Wohngebieten in schrumpfenden Städten umfasst.<br />

4.1 Entdichtungsprozesse in schrumpfenden ostdeutschen Städten<br />

Seit 1990 haben sich in ostdeutschen Städten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse vollzogen,<br />

die zu einer Ausdünnung der Siedlungsstruktur geführt haben. Diese Entdichtungsprozesse<br />

haben im Wesentlichen zwei Ursachen: den anhaltenden Bevölkerungsrückgang<br />

einerseits <strong>und</strong> die gleichzeitige weitere Ausdehnung der Siedlungs- <strong>und</strong><br />

Verkehrsfläche andererseits (SIEDENTOP et al. 2003, 156). Somit erfolgt eine intraregionale<br />

Bevölkerungsumverteilung durch Suburbanisierungsprozesse bei insgesamt<br />

rückläufiger Bevölkerung (MÜLLER 2003, 30). Die Intensität <strong>und</strong> Ausprägung<br />

der ostdeutschen <strong>Schrumpfung</strong> ist stärker als diejenige, die sich in den letzten Jahrzehnten<br />

in altindustriellen oder peripheren Regionen der alten B<strong>und</strong>esländer (Ruhrgebiet,<br />

Saarland, Niedersachsen) vollzogen hat <strong>und</strong> die im Wesentlichen eine Folge<br />

intraregionaler Wanderungen war (BAUMANN et al. 2003, 6f.; KEIM 2001, 10).<br />

Nach einer einleitenden Bestimmung des Begriffs <strong>Schrumpfung</strong> (Kapitel 4.1.1) werden<br />

im Folgenden sowohl die Tendenzen der ostdeutschen Bevölkerungsentwicklung<br />

(Kapitel 4.1.2) als auch der Siedlungsflächenentwicklung (Kapitel 4.1.3) dargestellt.<br />

Abschließend werden daraufhin zusammenfassend die <strong>Dichte</strong>rückgänge in<br />

ostdeutschen Städten erläutert (Kapitel 4.1.4).<br />

4.1.1 Definition des Begriffs <strong>Schrumpfung</strong><br />

Der Bericht der Expertenkommission ‚Wohnungswirtschaftlicher Strukturwandel in<br />

den neuen B<strong>und</strong>esländern’ (ein Dokument in dem erstmals auf den <strong>Schrumpfung</strong>sprozess<br />

in Ostdeutschland hingewiesen wurde) versteht <strong>Schrumpfung</strong> als einen<br />

multidimensionalen Prozess der Auflösung bzw. des Verfalls städtischer Strukturen:<br />

„Ungelenkte Vorgänge der <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> des Verfalls zerstören das notwendige<br />

Gleichgewicht zwischen Bevölkerung, Wohnbauten <strong>und</strong> Verkehrssystemen<br />

sowie sämtlichen Elementen der privaten <strong>und</strong> öffentlichen Infrastruktur<br />

(Dienstleistungen, Handel, Ges<strong>und</strong>heit, Schulen, Kultur). Viele Städte drohen<br />

dadurch auseinander zu brechen. Sie zerfallen in Fragmente aus leeren Altbaugebieten,<br />

konsolidierten, in neuer Pracht wieder erstandenen Kernbereichen,<br />

halbleeren durch Abriss schrumpfende Plattenbausiedlungen (...)“ (PFEIF-<br />

FER et al. 2000, 3).<br />

Ursachen der <strong>Schrumpfung</strong> ostdeutscher Städte sind laut HANNEMANN (2000, 100)<br />

die Deindustrialisierungsprozesse im Zuge des ökonomischen Strukturbruchs nach<br />

der Wende, der demographisch bedingte, d. h. der durch den Geburtenrückgang<br />

verursachte Bevölkerungsrückgang <strong>und</strong> Prozesse der Suburbanisierung.


98 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

BÜRKNER (2001, 54) hebt die mulitkausale Verursachung hervor, indem er <strong>Schrumpfung</strong><br />

als einen zirkulär-kumulativen Prozess beschreibt, in dessen Verlauf sich Bevölkerungsverluste<br />

<strong>und</strong> ökonomische Krise gegenseitig verstärken:<br />

„Arbeitsplatzverluste <strong>und</strong> die Abwanderung von Fachkräften ziehen die Ausdünnung<br />

regionaler Qualifikationsbasen nach sich; durch Abwanderung <strong>und</strong><br />

Suburbanisierung anwachsende Wohnungsleerstände haben zunehmend<br />

räumlich-soziale Segregationen zur Folge; der Ab- <strong>und</strong> Rückbau sozialer <strong>und</strong><br />

technischer Infrastruktur geht häufig mit zusätzlichen regionalen Arbeitsplatzverlusten<br />

einher; wachsender Image- <strong>und</strong> Attraktivitätsverlust der Stadt sorgen<br />

<strong>für</strong> ausbleibende Investitionen <strong>und</strong> fortgesetzten ökonomischen Niedergang.“<br />

(BÜRKNER 2001, 54)<br />

Das BBR definiert <strong>Schrumpfung</strong> als einen multidimensionalen, systemischen Prozess,<br />

gekennzeichnet durch Arbeitsplatzrückgang, Bevölkerungsabnahme, Wanderungsverluste,<br />

hohe Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> geringe Wirtschafts- <strong>und</strong> Kaufkraft (GATZ-<br />

WEILER et al. 2006, 5). Als ausschlaggebend <strong>für</strong> die künftige Entwicklungsrichtung<br />

von <strong>Schrumpfung</strong> einerseits <strong>und</strong> Wachstum andererseits werden der wirtschaftliche<br />

Wandel <strong>und</strong> die Arbeitsplatzdynamik angesehen (GATZWEILER et al. 2006, 7).<br />

Diesen multidimensionalen Definitionen des <strong>Schrumpfung</strong>sbegriffs ist gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

zuzustimmen, allerdings ist <strong>für</strong> die Beschäftigung mit der <strong>Dichte</strong>entwicklung in<br />

schrumpfenden Städten vor allem der andauernde Bevölkerungsrückgang von Interesse,<br />

als Folge der demographischen Entwicklung mit einem Sterbefallüberschuss<br />

einerseits sowie der ökonomisch motivierten Binnenwanderung andererseits.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird <strong>Schrumpfung</strong> als ein Prozess verstanden, der – verursacht<br />

durch einen Rückgang von Bevölkerung – zu einer reduzierten <strong>Dichte</strong> gesellschaftlicher<br />

Aktivitäten führt <strong>und</strong> damit die Funktionsfähigkeit von Stadtstrukturen<br />

gefährdet (REUTHER 2002, 13). Häufig ist dieser Prozess verb<strong>und</strong>en mit einer weiteren<br />

flächenhaften Ausdehnung von Städten <strong>und</strong> einem deutlichen Überangebot an<br />

Flächen <strong>und</strong> Räumen in den Zentren der Städte (vgl. HANNEMANN 2000, 101ff.;<br />

REUTHER 2002, 14).<br />

Mit diesem, vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Analyse der <strong>Dichte</strong>entwicklung gesetzten Fokus<br />

auf den Bevölkerungsrückgang, d. h. die demographische <strong>Schrumpfung</strong> (MÜL-<br />

LER 2004, 5ff.), besteht ein starker Bezug zu Teilaspekten des demographischen<br />

Wandels. Im Kontext des demographischen Wandels werden darüber hinaus die<br />

Alterung der Bevölkerung <strong>und</strong> die Pluralisierung der Lebensstile behandelt (BER-<br />

TELSMANN STIFTUNG 2006, 8f.).<br />

4.1.2 Tendenzen der Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland<br />

Seit den 1990er Jahren vollzieht sich in Ostdeutschland <strong>und</strong> damit auch in den ostdeutschen<br />

Städten ein Bevölkerungsverlust, <strong>für</strong> den eine weitere Fortsetzung in die<br />

Zukunft prognostiziert wird. Im Folgenden werden sowohl Tendenzen der bisherigen<br />

als auch der künftigen Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland <strong>und</strong> in ostdeutschen<br />

Städten betrachtet.<br />

Bisherige Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland<br />

Seit 1990 ist der Anteil der Bevölkerung in den Neuen B<strong>und</strong>esländern an der deutschen<br />

Bevölkerung kontinuierlich rückläufig. Bedingt wird diese rückläufige Entwicklung<br />

einerseits durch natürliche Bevölkerungsverluste (hohe Sterbefallüberschüsse


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 99<br />

gegenüber der Zahl der Geburten) <strong>und</strong> andererseits durch Wanderungsverluste im<br />

Rahmen der Binnenwanderung.<br />

Abbildung 25 stellt die Bevölkerungsentwicklung in den Neuen B<strong>und</strong>esländern ohne<br />

Berlin von 1992 bis 2005 auf Landesebene dar. Aufgr<strong>und</strong> der Geburtenrückgänge<br />

nach der Wende ergab sich zu Beginn der 1990er Jahre ein deutlicher Sterbefallüberschuss,<br />

der wesentlich <strong>für</strong> den Bevölkerungsrückgang war. Neben diesem natürlichen<br />

Bevölkerungsverlust verloren die Neuen Länder Bevölkerung durch Binnenwanderung,<br />

die jedoch in den Jahren 1993 bis 1997 durch Außenwanderungsgewinne<br />

überkompensiert wurden. Damit ergab sich <strong>für</strong> diese Zeitspanne in der<br />

Gesamtbilanz der Wanderungen ein Wanderungsgewinn. Zunehmende Binnenwanderungsverluste<br />

<strong>und</strong> abnehmende Außenwanderungsgewinne führten ab 1998 wieder<br />

zu einer negativen Wanderungsbilanz, die seitdem einen zunehmenden Anteil<br />

an den Bevölkerungsrückgängen hat (vgl. auch GRÜNHEID 2006, 9f.). Dabei liegt die<br />

Problematik der Binnenwanderungsverluste mehr in ihrer Selektivität als in ihrer<br />

Größenordnung. So gehen den Neuen Ländern in hohem Umfang potenzielle Mütter<br />

<strong>und</strong> Väter verloren, so dass sich die negative Bevölkerungsentwicklung auch in die<br />

Zukunft fortschreiben wird (GRÜNHEID 2006, 66). Ab 2003 überwiegen die negativen<br />

Salden der natürlichen Bevölkerungsbilanz erneut, wenn auch nur leicht, die Wanderungsverluste.<br />

Insgesamt haben die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,<br />

Sachsen-Anhalt <strong>und</strong> Thüringen seit 1991 1,16 Mio. Einwohner verloren, entsprechend<br />

etwa 8 % ihrer Bevölkerung.<br />

Abbildung 25: Bevölkerungsentwicklung in den Neuen B<strong>und</strong>esländern (ohne Berlin)<br />

(Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDESAMT 2007, Zugriff am 31.01.07)<br />

60.000<br />

40.000<br />

20.000<br />

0<br />

-20.000<br />

-40.000<br />

-60.000<br />

-80.000<br />

-100.000<br />

-120.000<br />

-140.000<br />

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />

Natürliche Bevölkerungsbilanz Wanderungsbilanz Bevölkerungsbilanz gesamt<br />

Der in Abbildung 25 dargestellte Bevölkerungsverlust variiert in den einzelnen B<strong>und</strong>esländern,<br />

wie Abbildung 26 verdeutlicht, die die indexierte Bevölkerungsentwicklung<br />

nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug auf das Basisjahr 1996 aufzeigt. Mit Ausnahme<br />

von Brandenburg, das bis zum Jahr 2000 zunächst von Wanderungsgewinnen profitieren<br />

konnte, verzeichnen alle ostdeutschen Länder einen deutlichen Bevölkerungsverlust.<br />

Im Gegensatz dazu erreichen die westdeutschen B<strong>und</strong>esländer, mit


100 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Ausnahme der altindustrialisierten Länder Bremen <strong>und</strong> Saarland sowie dem ebenfalls<br />

von Wanderungsverlusten betroffenen Berlin, einen Zuwachs ihrer Einwohner.<br />

Abbildung 26: Bevölkerungsentwicklung nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug auf das Basisjahr<br />

1996 mit Index = 100 (Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDESAMT 2007,<br />

Zugriff am 10.02.07)<br />

Index Bevölkerungsentwicklung<br />

105<br />

100<br />

95<br />

90<br />

Baden-Württemberg<br />

Bayern<br />

Berlin<br />

Brandenburg<br />

Bremen<br />

Hamburg<br />

Hessen<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Niedersachsen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

2000 2004<br />

Auch auf der regionalen Ebene verlaufen differenzierte Prozesse des Bevölkerungsrückgangs.<br />

Während bis zur Mitte der 1990er Jahre eine dynamische Stadt-<br />

Umland-Wanderung dazu führte, dass der Bevölkerungsverlust der Kernstädte stärker<br />

ausfiel als derjenige in ländlich peripheren Räumen (SIEDENTOP et al. 2003,<br />

159), geht seit 1997 der Bevölkerungsverlust in den Kernstädten zurück, während<br />

zunehmend ländliche Räume sowie suburbane Kommunen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

erfasst werden (MÜLLER, SIEDENTOP 2004, 21). Ab 2000 gibt es im Osten<br />

nur noch wenige Wachstumsinseln wie Berlin, Dresden, Leipzig <strong>und</strong> die Thüringer<br />

Städtereihe. Zunehmend stimmt die in den 1990er Jahren vorzufindende Polarität<br />

<strong>Schrumpfung</strong> im Osten <strong>und</strong> Wachstum im Westen nicht mehr:<br />

„Wachstum <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> rücken räumlich immer enger zusammen, zwischen<br />

Regionen, innerhalb von Regionen <strong>und</strong> auch innerhalb der Städte.“<br />

(MÜLLER, SIEDENTOP 2004, 18)<br />

Im Zuge der zunehmenden Polarisierung der Raumentwicklung prägen sich die Bevölkerungsverluste<br />

auf städtischer <strong>und</strong> teilstädtischer Ebene zum Teil sehr viel<br />

stärker aus als auf der Landesebene, wie Exkurs 3 am Beispiel der Bevölkerungsentwicklung<br />

in Zwickau zeigt.<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Saarland<br />

Sachsen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thüringen


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 101<br />

Exkurs 3: Bevölkerungsentwicklung in Zwickau<br />

Die Stadt Zwickau hat im Zeitraum von 1989 bis 2002 ca. 15 % ihrer Einwohner verloren, die<br />

Zahl reduzierte sich von knapp 119.000 in 1989 auf knapp 101.000 im Jahr 2002. Für die<br />

Zukunft wird mit einer weiteren Fortsetzung des Bevölkerungsverlusts gerechnet. Anhand<br />

der 3. Regionalisierten Bevölkerungsprognose bis 2020 des Landes Sachsen <strong>für</strong> die Landkreise<br />

<strong>und</strong> kreisfreien Städte sowie anhand kommunaler Daten hat die Stadtverwaltung Zwickau<br />

eine Bevölkerungsprognose bis 2020 veröffentlicht. Demnach wird der Bevölkerungsverlust<br />

<strong>für</strong> den Zeitraum von 1989 bis 2020 insgesamt knapp 30 % betragen.<br />

Abbildung 27: Bevölkerungsentwicklung in Zwickau<br />

(Eigene Darstellung nach OBERBÜRGERMEISTERAMT DER STADT ZWICKAU 2007)<br />

Einwohner<br />

140.000<br />

120.000<br />

100.000<br />

80.000<br />

60.000<br />

40.000<br />

20.000<br />

0<br />

1989<br />

1991<br />

1993<br />

1995<br />

1997<br />

1999<br />

2001<br />

2003<br />

2005<br />

2007<br />

2009<br />

2011<br />

2013<br />

2015<br />

Einwohner Kumulierter Bevölkerungsverlust<br />

Noch stärker sind die Bevölkerungsverluste auf der teilstädtischen Ebene. So ist die Einwohnerzahl<br />

im vom Rückbau betroffenen Stadtteil Neuplanitz von 1993 bis 2005 um etwa<br />

45 % zurückgegangen. In den Plattenbausiedlungen Eckersbach E5I <strong>und</strong> E5II wurde durch<br />

gezielten Leerzug <strong>und</strong> Rückbau die Einwohnerzahl sogar um knapp 70 % reduziert (eigene<br />

Berechnung nach Angaben von ZEV 2006).<br />

Annahmen zur zukünftigen Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland<br />

Zwar wird davon ausgegangen, dass sich die <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse im Osten<br />

Deutschlands verlangsamen, jedoch wird es hier weiterhin zu hohen Bevölkerungsverlusten<br />

kommen. Die 10. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen<br />

B<strong>und</strong>esamts geht <strong>für</strong> den Zeitraum zwischen 2001 <strong>und</strong> 2020 davon aus,<br />

dass den ostdeutschen Ländern (ohne Berlin) weitere 1,5 bis 2,0 Mio. Einwohner<br />

verloren gehen, dies entspricht einem anteiligen Rückgang von 11 % bis 14 %. Für<br />

die Zeitspanne von 2001 bis 2050 wird je nach Wanderungsannahmen von einem<br />

anteiligen Bevölkerungsverlust zwischen 35,3 % <strong>und</strong> 23,2 % ausgegangen (BANSE,<br />

EFFENBERGER 2006, 18). Das BBR geht in seiner Raumordnungsprognose <strong>für</strong> die<br />

Neuen Länder (inkl. Berlin) <strong>für</strong> den Zeitraum von 2003 bis zum Jahr 2020 von einem<br />

weiteren Bevölkerungsverlust von 1,3 Mio. Menschen aus (BUCHER et al. 2006, 21).<br />

Wesentliche Ursache dieses weiteren Bevölkerungsverlusts wird die geringe Zahl<br />

der Geburten sein. Der Geburtenrückgang wird sich nach 2020 noch beschleunigen,<br />

wenn die Generation der potenziellen Eltern durch die geburtenschwachen Jahrgänge<br />

der Nachwendezeit gestellt wird (BUCHER et al. 2006, 21).<br />

2017<br />

2019<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Kumulierter Bevölkerungsverlust in %


102 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Während somit <strong>für</strong> die Neuen Länder insgesamt der <strong>Schrumpfung</strong>sprozess bestimmend<br />

bleibt, kann in den suburbanen Räumen größerer Städte wie Berlin, Leipzig,<br />

Dresden, Halle <strong>und</strong> Rostock mit einem Bevölkerungswachstum gerechnet werden.<br />

In den alten Ländern wird bis 2020 noch von Bevölkerungsgewinnen von ca. 0,9<br />

Mio. Einwohnern ausgegangen, allerdings bei einer sich weiter fortsetzenden Spaltung<br />

in wachsende <strong>und</strong> schrumpfende Regionen (BUCHER et al. 2006, 20ff.).<br />

4.1.3 Tendenzen der Siedlungsflächenentwicklung in Ostdeutschland<br />

Gerade die Neuen Länder sind in jüngerer Zeit durch einen erheblichen Zuwachs<br />

der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen gekennzeichnet (DOSCH, BECKMANN 2003, 86).<br />

Abbildung 28 zeigt die Entwicklung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche nach B<strong>und</strong>esländern<br />

in Bezug auf das Basisjahr 1996, das mit 100 indexiert wurde. Mit Ausnahme<br />

von Thüringen liegt der Flächenzuwachs in den Neuen Ländern mit Werten<br />

zwischen 10 <strong>und</strong> 18 % weitestgehend über dem in den Alten Ländern.<br />

Abbildung 28: Entwicklung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche nach B<strong>und</strong>esländern in<br />

Bezug auf das Basisjahr 1996 mit Index = 100 (Eigene Darstellung nach Statistisches<br />

B<strong>und</strong>esamt 2007, Zugriff am 10.02.07)<br />

Index Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche__<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

100<br />

Baden-Württemberg<br />

Bayern<br />

Berlin<br />

Brandenburg<br />

Bremen<br />

Hamburg<br />

Hessen<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Niedersachsen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

2000 2004<br />

Die regional stärkere Differenzierung des Flächenzuwachses wird in Abbildung 29<br />

deutlich. So streut der prozentuale Flächenzuwachs zwischen 1996 <strong>und</strong> 2000 in den<br />

sächsischen Kreisstädten zwischen 7 % in Plauen <strong>und</strong> 17 % in Görlitz.<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Saarland<br />

Sachsen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thüringen


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 103<br />

Abbildung 29: Prozentuale Veränderung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche von 1996<br />

bis 2000 in den kreisfreien Städten Sachsens (Gebietsstand 2000, eigene Darstellung<br />

nach Daten des statistischen Landesamts Sachsen)<br />

Veränderung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche in %_<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Chemnitz Dresden Görlitz Hoyerswerda Leipzig Plauen Zwickau<br />

4.1.4 <strong>Dichte</strong>rückgänge in Ostdeutschland<br />

Entsprechend den bisherigen Darstellungen zu den Rückgängen der Bevölkerung<br />

sowie zur Ausweitung der Siedlungsfläche vollzieht sich in Ostdeutschland seit 1989<br />

ein Rückgang der Siedlungsdichten. Im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen entkoppeln<br />

sich die Einwohner- von den Bebauungsdichten.<br />

Rückgang der Siedlungsdichten<br />

Die dargestellte Parallelität von Bevölkerungsrückgängen einerseits <strong>und</strong> fortlaufender<br />

Ausweitung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche andererseits führt zu einer massiven<br />

Entdichtung der ostdeutschen Siedlungsstrukturen. Abbildung 30 illustriert die<br />

Rückgänge der Siedlungsdichte in Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche<br />

von 1996 (Index = 100) bis 2004. Die <strong>Dichte</strong> hat sich in allen B<strong>und</strong>esländern verringert,<br />

in den Neuen jedoch stärker als in den Alten B<strong>und</strong>esländern. Spitzenreiter der<br />

Entdichtung ist Sachsen-Anhalt mit einem Rückgang der Siedlungsdichte von über<br />

20 %. Doch auch in Brandenburg, dem Land mit dem geringsten Rückgang der<br />

Siedlungsdichten in den Neuen B<strong>und</strong>esländern, verringert diese sich um knapp<br />

10 % im Zeitraum von 1996 bis 2004.<br />

Ebenso wie die Bevölkerungsrückgänge <strong>und</strong> die Zuwächse der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen<br />

zeigt auch die Entwicklung der Siedlungsdichten eine starke räumliche<br />

Streuung. Abbildung 31 <strong>und</strong> Tabelle 17 stellen die prozentuale Veränderung der<br />

Siedlungsdichten von 1996 bis 2000 am Beispiel der sächsischen kreisfreien Städte<br />

dar. Besonders stark sind die <strong>Dichte</strong>rückgänge dort, wo überdurchschnittliche Bevölkerungsrückgänge<br />

mit einer überdurchschnittlichen Ausweitung der Siedlungs-<br />

<strong>und</strong> Verkehrsflächen zusammentreffen. So hat sich in Görlitz die Siedlungsdichte<br />

um etwa 21 % verringert, in Folge einer Ausweitung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen<br />

um 17 % <strong>und</strong> eines Bevölkerungsrückgangs um 7 %. In Hoyerswerda ergibt<br />

sich der Rückgang der Siedlungsdichte um 22 % aus einem Bevölkerungsrückgang<br />

um 14 % <strong>und</strong> einer Zunahme der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche um 11 % (siehe<br />

auch Tabelle 17).


104 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 30: Entwicklung der Siedlungsdichte nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug auf das<br />

Basisjahr 1996 mit Index = 100 (Eigene Darstellung nach Daten von Statistisches<br />

B<strong>und</strong>esamt 2007, Zugriff am 06.02.07)<br />

Index Siedlungsdichte<br />

105<br />

100<br />

95<br />

90<br />

85<br />

80<br />

75<br />

Baden-Württemberg<br />

Bayern<br />

Berlin<br />

Brandenburg<br />

Bremen<br />

Hamburg<br />

Hessen<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Niedersachsen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

2000 2004<br />

Abbildung 31: Prozentuale Veränderung der Siedlungsdichte von 1996 bis 2000 in den<br />

kreisfreien Städten Sachsens (Gebietsstand 2000; Eigene Darstellung nach Daten des<br />

statistischen Landesamts Sachsen)<br />

Veränderung der Siedlungsdichte in %<br />

0<br />

-5<br />

-10<br />

-15<br />

-20<br />

-25<br />

Chemnitz Dresden Görlitz Hoyerswerda Leipzig Plauen Zwickau<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Saarland<br />

Sachsen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thüringen


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 105<br />

Tabelle 17: Veränderungen von Einwohnerzahlen, Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen<br />

sowie Siedlungsdichten von 1996 bis 2000 in den kreisfreien Städten Sachsens<br />

(Gebietsstand 2000; Eigene Berechnungen nach Daten des statistischen Landesamts<br />

Sachsen)<br />

Stadt<br />

Veränderung der<br />

Einwohnerzahl in %<br />

Veränderung der Siedlungs-<br />

<strong>und</strong> Verkehrsfläche in %<br />

Veränderung der<br />

Siedlungsdichte in %<br />

Chemnitz -8,0 8,4 -15,1<br />

Dresden -2,4 7,5 -9,2<br />

Görlitz -7,3 16,8 -20,7<br />

Hoyerswerda -13,7 10,8 -22,2<br />

Leipzig -3,3 9,6 -11,7<br />

Plauen -1,7 7,3 -8,4<br />

Zwickau -5,6 11,5 -15,3<br />

Auch auf kommunaler Ebene sind Bevölkerungsrückgänge einerseits <strong>und</strong> eine<br />

Ausweitung der Siedlungsfläche andererseits Gründe <strong>für</strong> den Rückgang der Siedlungsdichte.<br />

Während sich die Einwohnerzahl in der Stadt Leipzig von 1985 bis<br />

2001 um 21 % verringerte, nahm die Wohndichte (in Einwohner je ha Bruttowohnbauland)<br />

im gleichen Zeitraum wesentlich stärker ab <strong>und</strong> zwar um 50 % (s.<br />

Abbildung 32) (BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE 2004a, 86). Im Zeitraum von 1996 bis<br />

2000 erhöhte sich die Siedlungsflächeninanspruchnahme von 229 m² auf 259 m² je<br />

Einwohner <strong>und</strong> damit um 13 %. 23<br />

Abbildung 32: Entwicklung von Einwohnerzahl <strong>und</strong> Einwohnerdichte in Leipzig<br />

(eigene Darstellung nach BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE 2004a, 86)<br />

Einwohner<br />

600.000<br />

500.000<br />

400.000<br />

300.000<br />

200.000<br />

100.000<br />

0<br />

148<br />

Einwohner Einwohner je ha<br />

553.660<br />

438.000<br />

76<br />

1985 2001<br />

Entkoppelung von Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />

Im Zuge der Parallelität von Bevölkerungsrückgängen <strong>und</strong> Ausweitungen der Siedlungsflächen<br />

entkoppeln sich die Einwohnerdichten zunehmend von den Bebauungsdichten.<br />

In ostdeutschen Städten führen die Bevölkerungsrückgänge zu Leer-<br />

23 Dieser Wert wurde berechnet aufgr<strong>und</strong> von Daten des Statistischen Landesamts Sachsen<br />

nach dem Gebietsstand von 2000. Über vorangegangene Entwicklungen kann auf<br />

dieser Gr<strong>und</strong>lage keine Aussage getroffen werden, da die erste gesamtdeutsche Flächenerhebung<br />

nach Art der tatsächlichen Nutzung erst 1996 erfolgte.<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Einwohner je ha


106 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

ständen, die einen Rückgang der Einwohnerdichten bei zunächst (solange kein Abriss<br />

erfolgt) gleichbleibenden Bebauungsdichten verursachen. SCHILLER, SIEDENTOP<br />

(2005, 87) haben anhand eigener Berechnungen auf Basis empirischer Erhebungen<br />

in der Region Havelland-Fläming eine Entkoppelung von Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />

in Folge von Wohnungsleerständen nachgewiesen. So werden bei<br />

Leerständen von 50 %, die bereits in einigen Quartieren schrumpfender Städten<br />

vorgef<strong>und</strong>en werden, im Geschosswohnungsbau solche Einwohnerdichten erreicht,<br />

die sonst nur im Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbau vorliegen.<br />

Abbildung 33: Zusammenhang zwischen baulicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Einwohnerdichte bei<br />

verschiedenen Leerstandsszenarien (SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 87)<br />

Einwohnerdichte<br />

360<br />

320<br />

280<br />

240<br />

200<br />

160<br />

120<br />

80<br />

40<br />

0<br />

Ein-Zweifamilienhausbebauung (EFH) Mehrfamilienhausbebauung (MFH)<br />

0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2<br />

Geschossflächendichte<br />

Einwohnerdichte bei Vollbelegung<br />

Einwohnerdichte bei Leerstand der neuen B<strong>und</strong>esländer, 2000 (MFH ca. 12-25%, EFH 7-15%)<br />

Einwohnerdichte bei Extrem-Leerstandszenario (MFH 50%; EFH 20%)<br />

Erst durch einen – oftmals zeitlich verzögerten – Rückbau können Einwohner- <strong>und</strong><br />

Bebauungsdichten wieder in Einklang gebracht werden, allerdings auf einem insgesamt<br />

deutlich geringeren <strong>Dichte</strong>niveau. Damit ist die Kennziffer der Einwohnerdichte<br />

gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen bedeutsam. Sie erlaubt<br />

es, Aussagen zur Auslastung von Beständen <strong>und</strong> Quartieren zu treffen. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> ist zu prüfen, inwiefern die Einwohnerdichte als planerischer Maßstab<br />

<strong>und</strong> Zielgröße eingesetzt werden kann, wenn die bauliche <strong>Dichte</strong> aufgr<strong>und</strong> des<br />

Leerstands an Aussagekraft verliert (BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE 2004b, 61, 72).<br />

4.2 <strong>Dichte</strong>vorstellungen <strong>für</strong> schrumpfende Städte<br />

Die in Kapitel 3 ausführlich diskutierten städtebaulichen Leitbilder <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>ziele<br />

haben gemeinsam, dass sie sich auf Stadtentwicklung vorrangig unter Wachstumsbedingungen<br />

beziehen. Auch wenn bereits in den 1980er Jahren in Westdeutschland<br />

Zeichen einer stagnierenden Bevölkerungsentwicklung erkannt wurden (WIN-<br />

KEL 1989, 329ff.), ging man doch weitestgehend von einem weiteren Nutzungs- <strong>und</strong><br />

damit auch Flächenzuwachs aus, den es in geeigneter <strong>Dichte</strong> raumverträglich zu<br />

verorten galt. Gegenwärtig stehen Städte, vor allem in Ostdeutschland, allerdings<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen gegenüber. Zahlreiche ostdeutsche Städte sind derzeit<br />

gekennzeichnet durch die physische Reduktion von Bausubstanz „ohne Aussicht<br />

auf eine erneute bauliche Inanspruchnahme der betroffenen Flächen in vergleichbarer<br />

<strong>Dichte</strong>“ (REUTHER 2003, 575).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 107<br />

Angesichts der Unsicherheit über die künftige Entwicklung von Siedlungsstrukturen<br />

unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen fehlen bisher klare räumliche Leitbilder sowie<br />

Zielvorstellungen angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten (REUTHER<br />

2002, 12ff.). Die unter Wachstumsbedingungen formulierten <strong>Dichte</strong>vorstellungen<br />

<strong>und</strong> räumlichen Leitbilder mit ihrer Fokussierung auf die Verteilung weiterer Nutzungsansprüche<br />

im Raum eignen sich hierzu nur begrenzt. Zentrale Aufgabe von<br />

räumlichen Leitbildern <strong>für</strong> schrumpfende Städte ist es hingegen, Potenziale von<br />

rückläufigen Bevölkerungen <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen hervorzuheben sowie<br />

<strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> noch vorhandenes Wachstum gleichermaßen raumverträglich zu<br />

verteilen (FUHRICH 2003, 592, 2004, 90; OSWALT et al. o.J., 9).<br />

Die Bewältigung dieses Paradigmenwechsels von der wachsenden Stadt zur Stadt<br />

dauerhaft abnehmender <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Nutzungsintensität betrifft alle Bereiche der<br />

Stadtplanung. Er beginnt bei der Suche nach einer geeigneten Kommunikation des<br />

Problems z. B. mit Begriffen wie „Weniger ist mehr“, „Stadtlandschaft“ oder „Slim<br />

City“. Weiterhin sind bestehende Routinen des Denkens <strong>und</strong> Handels, baurechtliche<br />

Rahmenbedingungen, Instrumente <strong>und</strong> Methoden der Planung <strong>und</strong> nicht zuletzt das<br />

Selbstverständnis <strong>und</strong> die Rolle der Planenden zu hinterfragen. Neben diesen planerischen<br />

Aspekten sind weitere Rahmenbedingungen zu berücksichtigen wie die<br />

gesellschaftliche, politische <strong>und</strong> individuelle Akzeptanz der Probleme (FUHRICH<br />

2003, 598f.; OSWALT et al. o.J., 17; REUTHER 2003, 575).<br />

Dabei ist vor allem die Frage nach tragfähigen <strong>und</strong> angemessenen <strong>Dichte</strong>n von herausragender<br />

Bedeutung:<br />

„Schrumpfende Städte, eine kleiner werdende gesellschaftliche Verteilmasse im<br />

Raum, erfordert vor allem neue Interpretationen <strong>und</strong> Auseinandersetzungen mit<br />

dem Thema ‚Städtebauliche <strong>Dichte</strong>‘. Welche <strong>Dichte</strong> ist aus der Perspektive des<br />

kleinteiligen städtebaulichen Zusammenhangs notwendig/verträglich? Mehr Lebensqualität<br />

durch weniger <strong>Dichte</strong>?“ (GATZWEILER et al. 2003, 569f.)<br />

Es besteht die Aufgabe vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer immer kleinen werdenden Nachfrage<br />

nach Flächen Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen, indem die „zukünftige<br />

Rolle der verschiedenen Stadtlagen, Bereiche, Quartiere oder Wohnkomplexe“ definiert<br />

wird. „Dabei geht es um die Beobachtung, Einschätzung <strong>und</strong> räumliche Lenkung<br />

der städtebaulichen Entwicklung verschiedener Bestände <strong>und</strong> Nachfragen“,<br />

d. h. vor allem der „Wohnfunktion im Zusammenhang mit einem wirtschaftlich tragfähigen<br />

Betrieb der technischen <strong>und</strong> sozialen Infrastruktur“ (REUTHER 2002, 14).<br />

Bestandteil dieser Entwicklung wird ein Rückzug aus der Fläche <strong>und</strong> eine Rückwidmung<br />

nicht mehr benötigter Siedlungsflächen sein müssen (FUHRICH 2004, 90).<br />

In den bisher formulierten räumlichen Leitvorstellungen <strong>für</strong> schrumpfende Städte<br />

setzt sich die Polarität der Debatte der 1990er Jahre zwischen der Präferenz kompakter<br />

europäischer Städte versus disperser Siedlungsformen fort. In der Diskussion<br />

befinden sich verschiedene Leitbildansätze zur räumlichen Organisation der<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse:<br />

- Die Kontraktion auf einen verdichteten Kern (Kapitel 4.2.1),<br />

- die polyzentrale Konzentration der Fragmentierung (Kapitel 4.2.2),<br />

- die Perforation mit der Parallelität einer Aushöhlung der Stadtstruktur <strong>und</strong> einer<br />

Bewahrung verdichteter Kerne (Kapitel 4.2.3) sowie


108 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

- die Dispersion mit einer weitgehenden Ausdünnung der Siedlungsstrukturen<br />

(Kapitel 4.2.4).<br />

Diese Optionen der Entwicklung der <strong>Dichte</strong> in schrumpfenden Städten werden im<br />

Folgenden diskutiert, anhand von Exkursen beispielhaft illustriert <strong>und</strong> in Kapitel<br />

4.2.5 abschließend verglichen. Quantitative Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />

schrumpfenden Städten fehlen in diesen Leitbildansätzen bisher weitgehend. Mit<br />

der Erarbeitung solcher Zielwerte beschäftigen sich die Kapitel 5 bis 9.<br />

4.2.1 Kontraktion<br />

Entsprechend dem Leitbild der kompakten Stadt streben Zielvorstellungen der Kontraktion<br />

nach der Erhaltung eines tragfähigen städtischen Kerns, nach einem konsequenten<br />

Rückbau von außen nach innen <strong>und</strong> der Erhaltung hoher <strong>Dichte</strong> in einem<br />

innerstädtischen Zentrum <strong>und</strong> Versorgungsschwerpunkt. Darüber hinaus wird auf<br />

die Schaffung einer klaren Grenze zur Landschaft, nachhaltige Stadtstrukturen <strong>und</strong><br />

eine hohe Lebensqualität abgezielt. Beispiele <strong>für</strong> solche kontraktiven Zielvorstellungen<br />

sind das von FUHRICH (2003, 602f.) entworfene Szenario ‚Bad Schlankstadt’ (s.<br />

Exkurs 4) <strong>und</strong> das von LANG <strong>und</strong> TENZ (2003, 135) entworfene Konzept der ‚Lean<br />

City’ (s. Exkurs 5).<br />

Exkurs 4: Szenario Bad Schlankstadt<br />

In seinem Szenario von der Stadtverschlankung aus dem hässlichen Schrumpfhausen zum<br />

schönen Bad Schlankstadt zeigt FUHRICH (2003, 603) wie sich eine von Verfalls- <strong>und</strong><br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffene Stadt durch einen konsequenten Prozess der Stadtverschlankung<br />

zu einer kompakten Stadt mit hoher Lebensqualität entwickeln kann. Wesentliche<br />

Elemente dieses Prozesses sind der komplette Abriss einer von Bauschäden betroffenen<br />

Großwohnsiedlung, finanziert durch ein B<strong>und</strong>-Länderprogramm, sowie die Renaturierung<br />

der dadurch entstandenen Brachflächen. Durch ein Modellprojekt <strong>für</strong> differenzierte Recyclingverfahren<br />

erfährt das Bauhauptgewerbe einen Entwicklungsschub. Eine innerstädtische<br />

Brachfläche wird <strong>für</strong> die Anlage eines großen Sees genutzt, mit positiven Effekten <strong>für</strong><br />

das Stadtklima. Im weiteren Verlaufe wird das Urstromtal zurückgewonnen <strong>und</strong> die Stadtkante<br />

wieder zu einem klaren Übergang in die Landschaft ausgebildet. Die Stadt tritt der<br />

europäischen Bewegung zur „Slow City“ bei <strong>und</strong> Langsamkeit wird als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> nachhaltige<br />

Stadtentwicklung betont mit positiven Imageeffekten. Die Stadt übernimmt eine Vorreiterrolle<br />

im Aufgabenfeld der Stadtverschlankung, das von der Städtebauförderung anerkannt<br />

wird. Die Stadt entwickelt sich zu einer Ges<strong>und</strong>heitsstadt mit einem Schwerpunkt der<br />

gerontologischen Forschung <strong>und</strong> einer privaten Fachhochschule <strong>für</strong> Heilberufe. Weiterhin<br />

übernimmt sie Funktionen als Feriendomizil <strong>und</strong> Alterswohnsitz (FUHRICH 2003, 602).<br />

Exkurs 5: Lean City<br />

Die Lean City steht <strong>für</strong> eine Planungsphilosophie, die auf eine konsequente Nutzung der<br />

besonderen Entwicklungspotenziale unter Transformations- <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />

ausgerichtet ist. Wesentliche Voraussetzung ist die Erkenntnis, dass <strong>Schrumpfung</strong> kein vorübergehender,<br />

sondern ein dauerhafter Prozess ist, jedoch trotz aller mit ihm verb<strong>und</strong>enen<br />

Probleme vielfältige Möglichkeiten <strong>für</strong> eine qualitative, bestandsorientierte Stadtentwicklung<br />

bietet. Bei der Lean City handelt es sich nicht um ein klares räumliches Leitbild oder einen<br />

Maßnahmenkatalog, sondern vielmehr um eine gr<strong>und</strong>sätzliche Philosophie <strong>für</strong> die Planung<br />

unter <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Transformationsbedingungen. Wesentliche Bestandteile dieser<br />

Philosophie sind die Offenheit gegenüber <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen <strong>und</strong> ein aus deren Potenzialen<br />

resultierender positiver Zukunftsentwurf, integrative anstelle sektoraler Sichtweisen<br />

sowie eine kooperative Stadtentwicklung (LANG, TENZ 2003, 190).<br />

Dennoch beinhaltet die Idee der Lean City auch einige gr<strong>und</strong>sätzliche Aussagen zur Stadtstruktur,<br />

die im Wesentlichen mit den Leitideen der kompakten Stadt übereinstimmen, wenn<br />

auch einige Aussagen auf polyzentrale <strong>und</strong> damit fragmentierte Siedlungsstrukturen hinweisen,<br />

die im folgenden Kapitel 4.2.2 näher erläutert werden:


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 109<br />

Durch eine konsequente Innen- vor Außenentwicklung soll die Auflösung historisch gewachsener<br />

Stadtstrukturen vermieden werden. Angestrebt wird eine qualitative <strong>und</strong> nachfragegerechte<br />

Entwicklung des Bestands zur Ermöglichung alternativer Lebens-, Arbeits- <strong>und</strong> Bildungsmöglichkeiten.<br />

Dies beinhaltet auch die Verwirklichung freiraumbezogener, eigentumsfähiger<br />

Wohnformen innerhalb der Stadt. Nachfrageorientierter Neubau soll nur dann erfolgen,<br />

wenn keine Befriedigung der Nutzungsansprüche im Bestand möglich ist (LANG, TENZ<br />

2003, 142).<br />

Die Innenstadt soll das Zentrum der Stadt darstellen <strong>und</strong> gegenüber Zentren auf der grünen<br />

Wiese gestärkt werden. Abgestimmte Zentrenkonzepte dienen zur Sicherung von Versorgungsstandards<br />

sowie zur Erhaltung <strong>und</strong> Weiterentwicklung des Bestands. Für die Versorgung<br />

außerhalb der Innenstadt bestehen die Möglichkeiten der Herausbildung attraktiver<br />

Stadtteilzentren einerseits oder der Suche nach alternativen Versorgungsstrategien andererseits<br />

(LANG, TENZ 2003, 143).<br />

Wesentliches Merkmal der Lean City ist die Bestrebung zur Konzentration von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

<strong>und</strong> damit auch von Abrissmaßnahmen, da die negativen <strong>Schrumpfung</strong>sfolgen<br />

bei einer konzentrierten anstelle einer dispersen <strong>Schrumpfung</strong> als geringer angesehen<br />

werden (LANG, TENZ 2003, 164). Eine besondere Bedeutung erhält diese Konzentration der<br />

<strong>Schrumpfung</strong> bei der Minimierung der Aufwendungen <strong>für</strong> die Anpassung der technischen<br />

<strong>und</strong> sozialen Infrastruktur (LANG, TENZ 2003, 144).<br />

4.2.2 Fragmentierung<br />

Während die Zielvorstellung der Kontraktion das konsequente Reduzieren des<br />

Stadtkörpers auf einen tragfähigen Kern anstrebt, richtet sich die Fragmentierung<br />

zwar einerseits auf die Stärkung des innerstädtischen Zentrums, andererseits sind<br />

auch die teilstädtischen Subzentren in ihrer Funktionsfähigkeit zu erhalten. Daraus<br />

ergibt sich ein Stadtkörper bestehend aus tragfähigen Siedlungskernen, die –<br />

gleichsam Inseln oder Schollen – in einem durchgrünten Stadtgefüge liegen (FUH-<br />

RICH 2003, 601). Ein Beispiel einer solchen Zielvorstellung bietet das Schollenmodell<br />

Dessau, das in Exkurs 6 genauer beschrieben wird.<br />

Exkurs 6: Schollenmodell Dessau<br />

Das Schollenmodell Dessau zielt darauf ab, sowohl die Innenstadt als auch die teilstädtischen<br />

Subzentren in Funktion, Struktur <strong>und</strong> Gestalt zu stärken <strong>und</strong> aufzuwerten. Diese kompakten<br />

Strukturen sind in einer aufgelockerten Stadtlandschaft angesiedelt, in der das Gartenreich<br />

stärker in die Stadt eindringt. Wesentliche städtebauliche Prinzipien sind dabei Innen-<br />

vor Außenentwicklung <strong>und</strong> eine Stadtgliederung in Schollen. Die <strong>Schrumpfung</strong> der<br />

Wohnbereiche sollte von außen nach innen vollzogen werden. Verdichtete Bebauung ist<br />

allerdings einer Auflockerung zu unterziehen. Weiterhin wird eine starke Orientierung an der<br />

Landschaft angestrebt, durch Schaffung von Grünvernetzungen werden nicht mehr <strong>für</strong> Siedlungszwecke<br />

benötigte Flächen an die Landschaft zurückgegeben (STADT DESSAU et al.<br />

2003).<br />

4.2.3 Perforation<br />

Ähnlich der Zwischenstadt (SIEVERTS 1997b; siehe auch Kapitel 3.5.2) handelt es<br />

sich bei der perforierten Stadt zunächst um eine Zustandsbeschreibung. Im Rahmen<br />

der Diskussion der perforierten Stadt wurden jedoch auch einige Zielvorstellungen<br />

zum Umgang mit der schrumpfenden Stadt entwickelt.<br />

Als Zustandsbeschreibung steht die Perforation <strong>für</strong> einen Prozess der ungesteuerten<br />

<strong>und</strong> ungleichmäßigen Entdichtung von Stadtstrukturen bei Bevölkerungs- <strong>und</strong><br />

Nachfragerückgängen. Im Fortgang einer nicht mehr steuerbaren städtebaulichen<br />

Sukzession (REUTHER 2003, 581) entstehen Städte, deren ursprünglicher baulichräumlicher<br />

Nutzungszusammenhang ‚durchlöchert’ wird (DOEHLER 2003a, 6). Eine<br />

immer dünner werdende Nutzungsdecke steht einer immer größer werdenden bauli-


110 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

chen Hülle oder Fläche gegenüber, insbesondere wenn an den Stadträndern weiter<br />

neue Baugebiete entstehen (DOEHLER 2003b, 310). Die perforierte Stadt ist dadurch<br />

gekennzeichnet, dass Wachstum <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> häufig kleinteilig nebeneinander<br />

erfolgen. Es entsteht eine unmittelbare Nähe von robusten <strong>und</strong> subsistenten Kernen<br />

<strong>und</strong> stagnierenden, brachfallenden Gebieten mit schlechten Entwicklungsaussichten<br />

(LÜTKE DALDRUP 2003, 2).<br />

Exkurs 7: Handlungsoptionen <strong>für</strong> die perforierte Stadt am Beispiel von Leipzig<br />

Das Planungskonzept der „Perforierten Stadt“ hat seinen wesentlichen Ursprung in den Planungen<br />

der Stadt Leipzig, deren Vertreter gewissermaßen eine Vorreiterrolle in der frühzeitigen<br />

Auseinandersetzung mit <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen eingenommen haben (VOGLER 2003,<br />

96). Am Beispiel von Leipzig beschreibt LÜTKE DALDRUP (2001, 42) die Auflösung städtischer<br />

Blockstrukturen in ein „Stadtbild der hohlen Zähne“, die Entstehung eines durch Verdünnung<br />

der Nutzungen lockeren Stadtgewebes sowie das Einsickern patchworkartiger Peripheriestrukturen<br />

in die innere Stadt. Vor allem an den stadtbildprägenden Magistralen, die besonders<br />

durch Verkehrslärm belastet sind, entstehen Risse zwischen den konsolidierten Stadtschollen<br />

(LÜTKE DALDRUP 2001, 44).<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich wird auch in der perforierten Stadt Leipzig am Konzept einer nachhaltigen,<br />

kompakten, europäischen <strong>und</strong> sozial gemischten Stadt festgehalten. Ziel ist die Verbesserung<br />

der Konkurrenzfähigkeit innerstädtischer Quartiere durch eine Anreicherung ehemals<br />

dichter Quartiere mit ökologisch <strong>und</strong> sozial nutzbarem Freiraum. Allerdings gibt es innerhalb<br />

der Stadt Gebiete, die in ihrer gegenwärtigen baulichen Struktur nicht mehr zukunftsfähig<br />

sind <strong>und</strong> von der Stadt Leipzig als Umstrukturierungsgebiete bezeichnet werden. Für diese<br />

Bereiche gilt, dass eine Loslösung von herkömmlichen Leitbildvorstellungen erforderlich ist.<br />

„Die seit drei Jahrzehnten gepflegte städtebauliche Syntax von Baublock <strong>und</strong> behutsamer<br />

Ergänzung der tradierten Strukturen“ trägt in diesen städtischen Gebieten nicht mehr (LÜTKE<br />

DALDRUP 2001, 45).<br />

Während <strong>für</strong> Erhaltungsgebiete in Leipzig die Zielrichtung besteht, Blockstrukturen aktiv zu<br />

stützen <strong>und</strong> deren Innenbereiche zur Steigerung der Wohnqualität weitgehend zu begrünen,<br />

sollen in den Umstrukturierungsgebieten Strategien <strong>für</strong> einen differenzierten Einsatz von<br />

Umnutzung <strong>und</strong> Abriss entwickelt werden. Hier wird angestrebt erhaltbare Kerne zu stabilisieren,<br />

die von einem flexiblen <strong>und</strong> veränderbaren Stadtplasma umgeben sind. Leerstand<br />

<strong>und</strong> Rückzug sollen als Potenzial <strong>für</strong> neue kreative Nischen, Nutzungen <strong>und</strong> Freiräume aktiviert<br />

werden (LÜTKE DALDRUP 2001, 44).<br />

Für die Großsiedlungen gilt die Leitidee „Mehr Qualität durch weniger Häuser“, also eines<br />

Umbaus zu grünen Wohnsiedlungen am Stadtrand mit verringerter <strong>Dichte</strong> (LÜTKE DALDRUP<br />

2001, 44). Der Umbau der Platte wird aus zwei Komponenten bestehen der punktuellen<br />

Intervention in einzelnen Gebäuden <strong>und</strong> einer konzentrierten Umstrukturierung in den besonders<br />

hoch verdichteten Wohnkomplexen. Die Zielrichtung des Umbaus ist dabei von<br />

„außen nach innen“, um die „kompakte Stadt mit klaren Grenzen zur Landschaft zu festigen“<br />

(Lütke Daldrup 2001, 45).<br />

Mit diesen Ansätzen soll eine ungesteuerte Abwärtsspirale vermieden <strong>und</strong> zu einer hohen<br />

Lebensqualität in den verschiedenen Quartieren der schrumpfenden Stadt beigetragen werden<br />

(LÜTKE DALDRUP 2001, 45).<br />

Über eine Zustandsbeschreibung hinaus liefert der Begriff der perforierten Stadt<br />

auch einen „Ausblick“ (DOEHLER 2003a, 6): Als Entwicklungsimpuls sollte anerkannt<br />

werden, dass sich ein Großteil der in unseren Städten entstandenen Lücken nicht<br />

wieder füllen wird <strong>und</strong> es zu einer weiteren Auflösung des städtebaulichen <strong>und</strong> architektonischen<br />

Zusammenhangs kommen wird (DOEHLER 2003a, 6). In diesem<br />

Zusammenhang stellt LÜTKE DALDRUP (2001, 43) fest, dass angesichts der derzeitigen<br />

Rahmenbedingungen in ostdeutschen Städten „ein Loslösen von alten städtebaulichen<br />

Wachstums- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>vorstellungen unumgänglich ist.“ Die durch Abriss<br />

<strong>und</strong> Verfall entstehenden Brachen stellen nicht nur einen Missstand, sondern gleichermaßen<br />

eine Chance <strong>für</strong> die Steigerung der Lebensqualität in innerstädtische


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 111<br />

Strukturen dar, durch die Schaffung von Grün- <strong>und</strong> Freiräumen <strong>und</strong> die Integration<br />

neuer Wohn- <strong>und</strong> Eigentumsformen (LÜTKE DALDRUP 2001, 43ff.).<br />

4.2.4 Dispersion<br />

Als Zustandsbeschreibung stellt die Dispersion der Siedlungsentwicklung unter<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen eine Auflockerung <strong>und</strong> Ausweitung der Siedlungsstrukturen<br />

in doppelter Hinsicht dar:<br />

- erstens nehmen die Nutzungsintensitäten <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>n im Bebauungsbestand der<br />

Städte ab <strong>und</strong><br />

- zweitens dehnen sich die Städte durch die Neuansiedlung von Nutzungen geringer<br />

<strong>Dichte</strong> an den Siedlungsrändern gleichzeitig weiter flächenhaft aus.<br />

Leitvorstellungen einer dispersen Siedlungsentwicklung unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />

plädieren da<strong>für</strong>, anstelle einer planerischen Steuerung in Richtung einer<br />

Stabilisierung von Kernen höherer <strong>Dichte</strong> die Nutzungs- <strong>und</strong> Gestaltungspotenziale<br />

verringerter <strong>Dichte</strong>n auszuloten sowie auf deren aktive Inanspruchnahme hinzuwirken.<br />

Ein Beispiel eines solchen Leitbildansatzes bietet die Präriestadt von OSWALT<br />

et al. (o.J.), die im folgenden Exkurs 8 beschrieben wird.<br />

Exkurs 8: Präriestadt als Idee einer dispersen Siedlungsentwicklung in schrumpfenden<br />

Städten<br />

Ausgehend von der Entstehung einer neuen inneren Peripherie beschreiben Oswalt, Overmeyer<br />

<strong>und</strong> Schmidt die Präriestadt, als einen „Hybrid von extensivem Landschaftsraum (Prärie)<br />

<strong>und</strong> Stadt als kompakte Siedlungsform“ (OSWALT et al. o.J., 50). Diese Präriestadt ist<br />

gekennzeichnet durch eine kleinräumige Durchdringung verschiedener Bebauungs- <strong>und</strong><br />

Freiraumtypen, durch ein enges Nebeneinander von mehrgeschossigen Mietwohnhäusern,<br />

neuartigen Eigenheimen <strong>und</strong> agrarisch geprägten Freiräumen (OSWALT et al. o.J., 50). Durch<br />

diesen Kontrast zwischen intensiv <strong>und</strong> extensiv genutzten – oder auch dichten <strong>und</strong> entdichteten<br />

Siedlungsräumen – sollen spannungsreiche Räume entstehen, die mit ihrer Offenheit<br />

neue Nutzungen initiieren (OSWALT et al. o.J., 55).<br />

Die Gestaltungsphilosophie dieser Präriestadt ist das „Weniger ist mehr“ als Aufruf zu einer<br />

Reduktion auf das Wesentliche (OSWALT et al. o.J., 4). Ein Werkzeug des Stadtumbaus entsprechend<br />

der Präriestadt ist die „Extensivierung“, d. h. die Neubesetzung ehemals verdichteter<br />

innerstädtischer Räume mit Nutzungen geringer <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Intensität, z. B. durch agrarisch<br />

geprägte Freiräume, den Ersatz permanenter durch mobile <strong>und</strong> temporäre Infrastrukturen<br />

oder auch internetbasierte Dienste, temporäre Events sowie die flexible Vergabe leerstehenden<br />

Wohnraums an potenzielle Aneigner (OSWALT et al. o.J., 31f.). „Abreißen“ als<br />

Werkzeug soll <strong>für</strong> die Schaffung neuer Stadtstrukturen <strong>und</strong> neuer Wohntypen genutzt werden.<br />

„Umschichten“ zielt auf eine deutliche Verringerung der Nutzungsdichte z. B. durch<br />

Bauformen, die einen Hybrid zwischen Land- <strong>und</strong> Stadtleben darstellen (z. B. Hybride aus<br />

Einfamilienhaus <strong>und</strong> Scheune, oder Kleinsthäuser mit großer Gr<strong>und</strong>stücksfläche) (OSWALT<br />

et al. o.J., 41). Das „Einfrieren“ vorläufig nicht mehr benötigter Bausubstanz durch bautechnische<br />

Sicherung soll bei Objekten mit langfristigem Potenzial <strong>und</strong> hohem kulturellen Wert<br />

eine spätere Wiedernutzung ermöglichen. Werkzeuge wie „Binden“, das Mieter mit eigentumsähnlichen<br />

Rechten ausstattet oder „Stimulieren“, das eine Schaffung von Nischen <strong>für</strong><br />

spezifische Lebensstile initiieren soll, zielen darauf ab, neue Nutzungen, wenn auch deutlich<br />

geringerer <strong>Dichte</strong>, <strong>für</strong> schrumpfende Stadträume zu generieren (Oswalt et al. o.J., 44ff.).<br />

4.2.5 <strong>Dichte</strong>ziele der Leitbildansätze im Vergleich<br />

Die aufgezeigten Beispiele der in Diskussion befindlichen Leitbildansätze verdeutlichen,<br />

dass es bisher an konsistenten <strong>und</strong> ausgereiften städtebaulichen Leitbildern<br />

<strong>für</strong> schrumpfende Städte im Sinne der vor einem Wachstumshintergr<strong>und</strong> entwickelten<br />

städtebaulichen Leitbilder fehlt (s. Kapitel 3). Vielmehr handelt es sich bisher um<br />

theoretische Modelle, Planungsphilosophien oder kommunale Einzelbeispiele. Loka-


112 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

le, im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost entwickelte Leitbilder tragen zum<br />

Teil eher den Charakter von Wachstums- <strong>und</strong> Wettbewerbsstrategien (BMVBW<br />

2003, 22) als den eines eigentlich erforderlichen gesamtstädtischen Leitbilds zur<br />

Qualifizierung von Stadtstrukturen (BMVBS, BBR 2006, 68). Die Mehrzahl der am<br />

Stadtumbau Ost beteiligten Kommunen verfolgt Leitbilder der Kontraktion mit dem<br />

Ziel der Stärkung der Innenstädte. Allerdings bleibt bisher fraglich, ob dieses Ziel<br />

erfolgreich umgesetzt werden kann (BMVBS, BBR 2006, 43). So führt bisher auch<br />

die Mehrzahl der Kommunen eher einen dispersen oder punktuellen Rückbau durch<br />

(BMVBS, BBR 2006, 72).<br />

Die dargestellten Leitbildansätze zeigen eine große Bandbreite möglicher Entwicklungspfade<br />

der Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>verteilungen innerhalb schrumpfender<br />

Städte auf. Abbildung 34 stellt diese Vorstellungen zusammenfassend dar. <strong>Dichte</strong><br />

wird hier als Synthese einer hohen Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichte verstanden.<br />

- Die Kontraktion sieht ein steiles Abfallen der <strong>Dichte</strong> vom Zentrum zur Peripherie<br />

der Stadt vor, durch einen konsequenten Rückbau von außen nach innen <strong>und</strong><br />

damit die <strong>Schrumpfung</strong> auf einen tragfähigen Kern.<br />

- Die Fragmentierung sieht eine differenziertere <strong>Dichte</strong>entwicklung vor, entsprechend<br />

einer polyzentralen Siedlungsstruktur. Das Zentrum bleibt weiterhin Ort<br />

höchster <strong>Dichte</strong>, gefolgt von polyzentralen Subzentren mit ebenfalls höheren<br />

<strong>Dichte</strong>n. Die Bereiche zwischen diesen Subzentren sind durch weitaus geringere<br />

<strong>Dichte</strong>n gekennzeichnet.<br />

- Eine weitere Differenzierung erfahren die <strong>Dichte</strong>werte in der perforierten Stadt.<br />

Zwar wird weiterhin eine hohe <strong>Dichte</strong> des Zentrums angestrebt, ausgedünnte Bereiche<br />

rücken allerdings immer näher an das Zentrum heran. Aufgr<strong>und</strong> der Parallelität<br />

von wachsenden <strong>und</strong> schrumpfenden Stadtbereichen wechseln sich verdichtete<br />

<strong>und</strong> entdichtete Stadtbereiche in immer rascherer Folge ab.<br />

- Das Modell der Dispersion zeigt eine flächendeckende Verringerung der <strong>Dichte</strong>,<br />

mit geringen Schwankungen zwischen Bereichen geringer <strong>und</strong> sehr geringer<br />

<strong>Dichte</strong>.<br />

Ein Vergleich der verschiedenen Zielstellungen zeigt, dass keiner der Ansätze komplett<br />

vom Ziel der Bewahrung kompakter Strukturen abweicht. Selbst bei der Präriestadt<br />

handelt es sich um einen Hybrid aus „extensivem Landschaftsraum“ <strong>und</strong><br />

„Stadt als kompakter Siedlungsform“ (OSWALT et al. o. J., 50). Somit unterscheiden<br />

sich die Leitbildansätze vor allem im Hinblick auf ihre Körnigkeit, mit einem großräumigen<br />

kompakten verdichteten Kern <strong>und</strong> einer nach außen ausdünnenden Siedlungsstruktur<br />

bei der Kontraktion <strong>und</strong> einer kleinteiligen Durchdringung von Räumen<br />

unterschiedlicher Nutzungsintensität <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong> bei der Dispersion. Sowohl <strong>für</strong> die<br />

jeweiligen Qualitäten der Stadträume als auch <strong>für</strong> den erforderlichen Aufwand der<br />

Daseinsvorsorge ist jedoch gerade diese unterschiedliche Körnigkeit der Siedlungsstrukturen<br />

von Bedeutung.<br />

Die Auseinandersetzung mit städtebaulichen <strong>Dichte</strong>zielen <strong>für</strong> wachsende Städte hat<br />

gezeigt, dass die Verfolgung extremer Verdichtung einerseits <strong>und</strong> extremer Auflockerung<br />

andererseits stets zu einer Umkehr in eine entgegengesetzte Richtung geführt<br />

hat. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> scheinen die Leitbilder der Kontraktion <strong>und</strong> der<br />

Dispersion weniger geeignet, um <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse planerisch zu steuern.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 113<br />

Abbildung 34: Siedlungsstruktur <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>gradienten städtebaulicher Leitideen <strong>für</strong><br />

schrumpfende Städte (Eigene Darstellung)<br />

Ausgangslage<br />

Kontraktion<br />

Fragmentierung<br />

Perforation<br />

Dispersion<br />

<strong>Dichte</strong><br />

<strong>Dichte</strong><br />

<strong>Dichte</strong><br />

<strong>Dichte</strong><br />

<strong>Dichte</strong><br />

Entfernung vom Zentrum<br />

Entfernung vom Zentrum<br />

Entfernung vom Zentrum<br />

Entfernung vom Zentrum<br />

Entfernung vom Zentrum<br />

Neben der bisherigen Unentschiedenheit über geeignete qualitative Zielrichtungen<br />

der siedlungsstrukturellen Entwicklung in schrumpfenden Städten fehlen quantitative<br />

Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong> bisher nahezu gänzlich. Als einen möglichen Zielwert<br />

<strong>für</strong> gründerzeitliche Wohngebiete benannte das BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE<br />

(2004b, 63) je nach Baustruktur Zielwerte der Einwohnerdichte zwischen 140 <strong>und</strong><br />

270 Einwohner je ha Bruttowohnbauland, entsprechend 200 bis 380 Einwohnern je<br />

ha Nettowohnbauland. Dies entspricht den <strong>Dichte</strong>zielen der kompakten europäischen<br />

Stadt (s. Kapitel 3.5.1).<br />

Die Anforderungen an angemessene <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten variieren<br />

dabei stark, je nachdem welches städtebauliche Handlungsfeld betrachtet wird. Ge-


114 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

rade vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird die Notwendigkeit einer integrierten Betrachtungsweise<br />

bei Durchführung von Maßnahmen im Rahmen des Programms Stadtumbau<br />

Ost deutlich, das im Folgenden kurz erläutert wird.<br />

4.3 Das B<strong>und</strong>-Länder-Programm Stadtumbau Ost<br />

Das Programm Stadtumbau Ost ist Bestandteil der Städtebauförderung des B<strong>und</strong>es<br />

<strong>und</strong> der Länder. Das im August 2001 aufgestellte Programm zielt auf die Stärkung<br />

der Innenstädte, die Reduzierung des Angebotsüberhangs an Wohnraum <strong>und</strong> die<br />

Aufwertung vom Rückbau betroffener Städte (BMVBW 2002a, 1). Im Zeitraum von<br />

2002 bis 2009 werden im Rahmen des Programms durch B<strong>und</strong>, Länder <strong>und</strong> Gemeinden<br />

2,5 Mrd. € <strong>für</strong> Rückbau, Aufwertung, den Wettbewerb Stadtumbau Ost <strong>und</strong><br />

die Förderung der Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren zur<br />

Verfügung gestellt (BMVBS, BBR 2006, 12).<br />

4.3.1 Förderung von Rückbau <strong>und</strong> Aufwertung<br />

Wesentliche Säulen des Programms sind der Rückbau dauerhaft leerstehender<br />

Wohnungen zur Stabilisierung des Wohnungsmarkts sowie die Steigerung der Lebensqualität<br />

in von <strong>Schrumpfung</strong> betroffenen Städten durch Maßnahmen zur Aufwertung<br />

von Stadtquartieren (BMVBS, BBR 2006, 11). Die Mittel des Programms<br />

Stadtumbau Ost stehen je zur Hälfte <strong>für</strong> Rückbau <strong>und</strong> Aufwertung zur Verfügung<br />

(BMVBW 2002a, 2).<br />

Rückbau<br />

Die Rückbauförderung zielt auf eine Stabilisierung des Wohnungsmarkts. 24 Bestandteile<br />

der Rückbauförderung sind (VV-STÄDTEBAUFÖRDERUNG 2007, Artikel 6):<br />

- Aufwendungen <strong>für</strong> die Freimachung von Wohnungen,<br />

- die unmittelbaren Rückbaukosten (Abrisskosten), <strong>und</strong><br />

- Aufwendungen <strong>für</strong> die einfache Herrichtung des Gr<strong>und</strong>stücks zur Wiedernutzung<br />

<strong>und</strong> dazu insbesondere die Begrünung.<br />

In der Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung 2006 (VV-STÄDTEBAUFÖRDE-<br />

RUNG 2006, Artikel 6) wurde erstmals die stadtumbaubedingte Rückführung der<br />

städtischen Infrastruktur im Fördergebiet zu einem Fördertatbestand der Städtebauförderung.<br />

Förderfähig sind demnach Maßnahmen zur Rückführung sowohl der sozialen<br />

als auch der technischen Infrastruktur (s. Exkurs 22 in Kapitel 8.4.3).<br />

Aufwertung<br />

Die Aufwertungsförderung zielt auf eine Attraktivierung der ostdeutschen von<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffenen Städte. Die Verringerung der Wohnungsdichte<br />

soll <strong>für</strong> eine Verbesserung der Lebensqualität genutzt werden (PREIBISCH 2002, 17).<br />

Aufwertungsmaßnahmen werden analog zur Städtebauförderung mit je einem Drittel<br />

Förderquote von B<strong>und</strong>, Ländern <strong>und</strong> Kommunen gefördert (BMVBW 2002a, 2).<br />

24 An der Förderung des Rückbaus beteiligt sich der B<strong>und</strong> mit 30 € je m² rückgebauter<br />

Wohnfläche, mit einem variablen Länderanteil. Die maximale Förderquote des B<strong>und</strong>es<br />

beträgt 50 % (BMVBW 2002a, 2). Mit der Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung<br />

2007 erfolgt eine Differenzierung der Rückbauförderung von Wohnungen: Wohnungen<br />

mit weniger als sieben Geschossen werden künftig mit bis zu maximal 50 € je m² gefördert,<br />

Gebäude mit sieben <strong>und</strong> mehr Geschossen mit bis zu maximal 60 € je m² (BMVBS,<br />

BBR 2007, 12).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 115<br />

Zu den Aufwertungsmaßnahmen gehören (VV-STÄDTEBAUFÖRDERUNG 2007, Artikel<br />

6):<br />

- Die Erarbeitung (<strong>und</strong> Fortschreibung) von städtebaulichen Entwicklungskonzepten,<br />

- die Anpassung der städtischen Infrastruktur,<br />

- die Wieder- <strong>und</strong> Zwischennutzung der freigelegten Flächen,<br />

- die Verbesserung des Wohnumfelds,<br />

- die Aufwertung des vorhandenen Gebäudebestands sowie<br />

- sonstige <strong>für</strong> den Stadtumbau erforderliche Bau- <strong>und</strong> Ordnungsmaßnahmen.<br />

4.3.2 Wettbewerb Stadtumbau Ost <strong>und</strong> integrierte Entwicklungskonzepte<br />

Ziel des Wettbewerbs Stadtumbau Ost war die beschleunigte Erstellung von integrierten<br />

Stadtentwicklungskonzepten als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Förderung von Stadtumbaumaßnahmen<br />

(BMVBW 2002b, 2). Die Erstellung eines solchen integrierten Entwicklungskonzepts<br />

war Voraussetzung <strong>für</strong> die Vergabe der Fördermittel (BMVBW<br />

2002b, 2). Dadurch sollte gewährleistet werden, dass der Rückbau in einer stadtverträglichen<br />

Weise erfolgt (PREIBISCH 2002, 17).<br />

Seit der Novellierung des BauGB im Sommer 2004 können Kommunen auf der Basis<br />

eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts das Stadtumbaugebiet durch Beschluss<br />

festlegen (nach § 171b BauGB). Diese Festlegung von Stadtumbaugebieten<br />

<strong>und</strong> damit auch die Erstellung eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts ist seitdem<br />

die Voraussetzung zur Erlangung von Fördermitteln im Programm Stadtumbau<br />

Ost (BMVBS, BBR 2006, 16).<br />

Geforderte Inhalte der städtebaulichen Entwicklungskonzepte sind Leitvorstellungen<br />

<strong>für</strong> die Entwicklung der Gesamtstadt sowie ihrer Teilräume. Dies soll auf Basis von<br />

Prognosen zur Einwohner-, Wirtschafts- <strong>und</strong> Arbeitsmarktentwicklung sowie einer<br />

differenzierten Darstellung der aktuellen <strong>und</strong> künftigen Wohnungsmarktentwicklung<br />

erfolgen. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage sind Ziele <strong>für</strong> die gesamtstädtische Entwicklung sowie<br />

Schwerpunktbereiche des Stadtumbaus festzulegen (BMVBS, BBR 2006, 16).<br />

Einen Überblick über die geforderte inhaltliche Breite eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts<br />

gibt die „Arbeitshilfe zur Erstellung <strong>und</strong> Fortschreibung Städtebaulicher<br />

Entwicklungskonzepte des Landes Sachsen“ (SMI SACHSEN 2005, 4), die<br />

Fachkonzepte zu den Themen Städtebau <strong>und</strong> Denkmalpflege; Wohnen; Wirtschaft;<br />

Arbeitsmarkt, Handel <strong>und</strong> Tourismus; Verkehr <strong>und</strong> technische Infrastruktur; Umwelt;<br />

Kultur <strong>und</strong> Sport; Bildung <strong>und</strong> Erziehung; Soziales sowie Finanzen fordert.<br />

4.3.3 Ergebnisse aus der bisherigen Programmumsetzung<br />

Die B<strong>und</strong>estransferstelle Stadtumbau Ost hat 2006 einen Ersten Statusbericht zu<br />

Stand <strong>und</strong> Perspektiven der Programmumsetzung vorgelegt (BMVBS, BBR 2006),<br />

der im Folgenden herangezogen wird, um <strong>für</strong> diese Arbeit relevante Erkenntnisse<br />

aus der bisherigen Programmumsetzung darzulegen.<br />

Gesamtstädtische <strong>und</strong> integrierte Entwicklungskonzepte eingebettet in eine<br />

umfassende Stadtentwicklungspolitik<br />

Zentraler Anspruch des Programms Stadtumbau Ost ist die integrierte Bewältigung<br />

von Folgen des Bevölkerungsrückgangs in ostdeutschen Städten. Wesentliche


116 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Gr<strong>und</strong>lage zur Erreichung dieses Ziels ist ein gesamtstädtisches Leitbild der künftigen<br />

Stadtentwicklung (BMVBS, BBR 2006, 68).<br />

Dies erfordert eine Fortschreibung der städtebaulichen Entwicklungskonzepte. Wesentliche<br />

Anforderungen an eine solche Fortschreibung sind „Langfristigkeit der<br />

Prognosen sowie Realitätssinn <strong>und</strong> Ehrlichkeit im Hinblick auf die Zukunftsperspektive<br />

von Stadtquartieren, Instrumentenvielfalt <strong>und</strong> klare Prioritätensetzungen“<br />

(BMVBS, BBR 2006, 80).<br />

Insbesondere zeigte sich die Notwendigkeit zur Einbeziehung weiterer Sektoren <strong>und</strong><br />

damit auch der diese Sektoren vertretenden Akteure:<br />

„Die Erarbeitung der Stadtentwicklungskonzepte 2001/2002 in einem gemeinsamen<br />

Abstimmungsprozess mit den Wohnungsgesellschaften bzw. -genossenschaften<br />

war ein großer Fortschritt hinsichtlich der Integration wohnungswirtschaftlicher<br />

<strong>und</strong> städtebaulicher Interessenlagen in einem gemeinsamen<br />

Konzept. Der Stadtumbau ist jedoch darüber hinaus als gesamtstädtische<br />

stadtentwicklungspolitische Aufgabe zu verstehen, die deutlich über die Möglichkeiten<br />

des Programms Stadtumbau Ost hinaus reicht. Deshalb sollten in die<br />

Entwicklungskonzepte der Städte noch stärker sozioökonomische, soziale, bildungsbezogene,<br />

kulturelle oder <strong>ökologische</strong> Strategien der Regenerierung integriert<br />

werden <strong>und</strong> weitere Akteure aus dem ökonomischen <strong>und</strong> privaten Sektor<br />

an der Erarbeitung der Konzepte beteiligt werden.“ (BMVBS, BBR 2006, 80)<br />

Um zu einer integrierten Bewältigung von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen zu gelangen, ist<br />

darüber hinaus eine Verknüpfung mit Förderstrategien anderer Fachressorts wie<br />

z. B. Wirtschaft, Soziales, Bildung <strong>und</strong> Kultur erforderlich (BMVBS, BBR 2006, 82).<br />

Kombination von Rückbau <strong>und</strong> Aufwertung<br />

Der Schwerpunkt in der Umsetzung des Programms Stadtumbau Ost lag bisher, vor<br />

allem in den Ländern Sachsen <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt, auf dem Rückbau (BMVBS,<br />

BBR 2006, 69). Allein durch Rückbau können jedoch keine attraktiven <strong>und</strong> langfristig<br />

zukunftsfähigen Stadtquartiere gesichert werden.<br />

„Nur wenn der Rückbau in ein gesamtstädtisches Leitbild der Qualifizierung von<br />

Stadtstrukturen eingebettet wird, können daraus auch <strong>für</strong> die Bewohnerschaft in<br />

den Städten nachvollziehbare <strong>und</strong> positive Perspektiven erwachsen. Deutlicher<br />

formuliert: von neu entstehenden Grün- oder Brachflächen am Stadtrand gehen<br />

keine wirklichen Entwicklungsimpulse <strong>für</strong> die Stadtentwicklung aus. Diese müssen<br />

vielmehr durch Aufwertungsmaßnahmen in den zukunftsfähigen Stadtteilen<br />

geschaffen werden. Wenn der Stadtumbau vorrangig als Stadtrückbau verstanden<br />

wird, wird dies der Gr<strong>und</strong>intention des Programms nicht gerecht.“ (BMVBS,<br />

BBR 2006, 69)<br />

Zur Kombination von Rückbau <strong>und</strong> Aufwertung zählt auch die Entwicklung von Konzepten<br />

<strong>für</strong> die Nachnutzung frei werdender Flächen. Gerade in verdichteten innerstädtischen<br />

Gebieten ergibt sich dabei die Möglichkeit zur Schaffung neuer, bisher<br />

nicht möglicher Freiräume. Dies erfordert allerdings kreative Ansätze extensiver<br />

Nutzungsformen dieser Flächen ebenso wie Konzepte <strong>für</strong> die Finanzierung ihrer<br />

Unterhaltung (BMVBS, BBR 2006, 73).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 117<br />

Grenzen der Strategie des dispersen Rückbaus<br />

In vielen Kommunen wurde bisher der Ansatz eines dispersen Rückbaus oder Teilrückbaus<br />

einzelner Gebäude innerhalb bestehender Siedlungen verfolgt. Diese<br />

Strategie stößt allerdings an ihre Grenzen (BMVBS, BBR 2006, 72):<br />

- Durch diese fortgesetzte Ausdünnung der Siedlungsstruktur wird die Sicherung<br />

der Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Finanzierbarkeit der sozialen <strong>und</strong> stadttechnischen Infrastruktur<br />

zunehmend zu einem Problem.<br />

- Ebenso führt die kontinuierliche Auflockerung der Siedlungsstruktur zu einem<br />

Verlust des städtebaulichen Zusammenhangs, Auflockerung wird vermehrt als<br />

Durchlöcherung wahrgenommen.<br />

- Aus Sicht der Wohnungsunternehmen ist es erforderlich, zur Reduzierung der<br />

Leerstandskosten ein effektives Leerstandsmanagement zu betreiben <strong>und</strong> deshalb<br />

Leerstände zu konzentrieren.<br />

Schwerpunktgebiete: Plattenbaugebiete <strong>und</strong> innerstädtischer Altbau<br />

Bisher wurden vorrangig die in der DDR-Zeit errichteten Plattenbaugebiete als<br />

Schwerpunktgebiete des Programms Stadtumbau Ost festgelegt. Problemschwerpunkte<br />

zeigen sich allerdings auch in den innerstädtischen Altbaugebieten, so dass<br />

sich die weitere Umsetzung des Programms auch auf die zu erhaltenden Wohnbereiche<br />

in den Innenstädten konzentrieren soll. Gerade in innerstädtischen Altbaugebieten<br />

können Aufwertungsmaßnahmen dazu beitragen, zielgruppenspezifische<br />

Angebote <strong>für</strong> sich immer weiter ausdifferenzierende Nachfragergruppen auf dem<br />

Wohnungsmarkt bereitzustellen (BMVBS, BBR 2006, 69f.).<br />

Sicherung der langfristigen Tragfähigkeit von Stadtumbaumaßnahmen<br />

Wenn im Zuge von Stadtumbaumaßnahmen die Zukunftsfähigkeit der Bestände<br />

nicht realistisch eingeschätzt wird, kommt es zu Fehlinvestitionen, z. B. wenn Aufwertungsmaßnahmen<br />

in Beständen erfolgen, die kurze Zeit später wieder abgerissen<br />

werden. Stadtumbau darf vor diesem Hintergr<strong>und</strong> nicht nur aktuelle Wohnpräferenzen<br />

berücksichtigen, sondern muss künftige Veränderungen der Bevölkerungsstrukturen<br />

<strong>und</strong> deren Präferenzen mit in Betracht ziehen. Insbesondere in Plattenbaugebieten<br />

stehen Aufwertungsmaßnahmen unter dem Vorbehalt ihrer langfristigen<br />

Tragfähigkeit (BMVBS, BBR 2006, 74).<br />

Lösung von Zielkonflikten in einem kooperativen Prozess <strong>und</strong> Einbindung der<br />

Vertreter der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft<br />

Im Stadtumbauprozess tritt eine Vielzahl von Konflikten zwischen den beteiligten<br />

Akteuren auf. Es zeigt sich die Notwendigkeit „diese Zielkonflikte wahrzunehmen<br />

<strong>und</strong> in einem kooperativen Verfahren <strong>für</strong> die beteiligten Akteure zumutbare <strong>und</strong> an<br />

gemeinsamen strategischen, gesamtstädtischen Zielen ausgerichtete Lösungen zu<br />

entwickeln“ (BMVBS, BBR 2006, 75). Während es bisher erfolgreich gelungen ist,<br />

die institutionellen Wohnungsanbieter aktiv am Stadtumbauprozess zu beteiligen,<br />

fehlt es bisher an einer erfolgreichen Einbeziehung der Akteure aus dem Bereich<br />

der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft (BMVBS, BBR 2006, 76ff.).<br />

Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die weitere Arbeit<br />

Auch wenn die Rückführung der stadttechnischen Infrastruktur inzwischen ein Fördertatbestand<br />

der Städtebauförderung ist, besteht aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur nach wie vor die Notwendigkeit einer besseren Berücksichtigung im<br />

Stadtumbauprozess. Dies bezieht sich insbesondere auf das Erfordernis eines


118 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

kompakten anstelle eines dispersen Rückbaus sowie einer realistischen Einschätzung<br />

der langfristig tragfähigen Bestände. Jedoch kann der Stadtumbau nicht allein<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Sicherung tragfähiger <strong>und</strong> finanzierbarer Stadttechnik betrieben<br />

werden. Vielmehr ist eine integrierte gesamtstädtische Planung erforderlich,<br />

die vor allem auch Aspekte der Versorgung mit verkehrlicher <strong>und</strong> sozialer Infrastruktur,<br />

die Freiraumversorgung sowie die Nachfragegerechtigkeit des Wohnungsbestands<br />

berücksichtigt. Darüber hinaus wird deutlich, dass der Stadtumbau nicht nur<br />

auf die Plattenbaugebiete der DDR beschränkt werden kann, sondern ebenso andere<br />

städtische Gebiete mit einbeziehen sollte, wie insbesondere die Gebiete der<br />

gründerzeitlichen Blockbebauung.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 119<br />

5 Angemessene <strong>Dichte</strong>n aus Sicht stadtplanerischer<br />

Handlungsfelder<br />

<strong>Dichte</strong>werte (Bebauungsdichten <strong>und</strong> Einwohnerdichten) weisen Wechselwirkungen<br />

mit vielfältigen Handlungsfeldern der Stadtplanung auf wie Stadtgestaltung, Architektur,<br />

Umweltpsychologie, Verkehr, Wirtschaft, Ökologie, Soziologie <strong>und</strong> Anthropologie<br />

(CHURCHMAN 1999, 389). <strong>Dichte</strong> wird daher auch als interdisziplinäre Größe<br />

bezeichnet.<br />

Städtische <strong>Dichte</strong>n hängen zusammen mit Haus- <strong>und</strong> Siedlungstypen, der Sozialstruktur,<br />

Baukosten <strong>und</strong> Bodenwerten, dem Flächenverbrauch einer Siedlung, den<br />

stadt<strong>ökologische</strong>n Qualitäten sowie auch der Ressourcenintensität von Siedlungsstrukturen<br />

(CHURCHMAN 1999; GASSNER 1978, 1992; HAPPE et al. 1994, HOHENADL<br />

1977). Diese Aspekte wirken zwar in Stadtumbaustrategien hinein, werden jedoch<br />

nicht weiter betrachtet.<br />

Zwar bilden die Wechselwirkungen zwischen <strong>Dichte</strong>rückgängen <strong>und</strong> der stadttechnischen<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung den Schwerpunkt der Arbeit, doch können <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />

nicht allein aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur gesteuert<br />

werden, sondern erfordern eine integrierte Betrachtungsweise. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

wird ermittelt, wie sich die Kriterien aus Sicht der Stadttechnik zu Kriterien aus<br />

Sicht anderer stadtplanerischer Handlungsfelder verhalten, ob sie mit diesen Zielen<br />

übereinstimmen oder konkurrieren.<br />

Betrachtet werden dabei stadtplanerische Handlungsfelder, die im Stadtumbau Ost<br />

von besonderer Bedeutung sind <strong>und</strong> einen engen Bezug zu Fragen der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

aufweisen wie Verkehr, soziale Infrastruktur, Freiraumversorgung <strong>und</strong><br />

Wohnungsnachfrage. Tabelle 18 stellt die wesentlichen dichteabhängigen Faktoren<br />

dieser Handlungsfelder zusammenfassend dar.<br />

Tabelle 18: Handlungsfelder des Stadtumbaus <strong>und</strong> dichteabhängige Faktoren<br />

Handlungsfelder des Stadtumbaus <strong>Dichte</strong>abhängige Faktoren<br />

Verkehr (Kapitel 5.1)<br />

Soziale Infrastruktur (Kapitel 5.2)<br />

Freiraumversorgung (Kapitel 5.3)<br />

Wohnungsnachfrage (Kapitel 5.4)<br />

� Verkehrsaufwand <strong>und</strong> Autoabhängigkeit von Siedlungsstrukturen<br />

� Wirtschaftliche Tragfähigkeit <strong>und</strong> Qualität des ÖPNV<br />

� Bedarf an Verkehrserschließungsfläche<br />

� Tragfähigkeit <strong>und</strong> Dimensionierung in Abhängigkeit von der<br />

<strong>Dichte</strong> der Nachfrager<br />

� Erreichbarkeit von Angeboten <strong>und</strong> Einrichtungen<br />

� Freiraumversorgungsgrad<br />

� Erreichbarkeit von Freiräumen<br />

� Qualität der Freiraumgestaltung<br />

� Wohnform / Gebäudetyp<br />

� Wohnwünsche<br />

� Wohnungsnachfrage<br />

Im Gegensatz zur stadttechnischen Infrastruktur bestehen <strong>für</strong> diese Handlungsfelder<br />

Vorstellungen angemessener <strong>Dichte</strong>n unter Wachstumsbedingungen. Die in der<br />

Fachliteratur genannten <strong>Dichte</strong>zielwerte werden zusammengetragen, diskutiert <strong>und</strong><br />

anhand von Berechnungen <strong>und</strong> Annahmen in Bezug auf <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />

beispielhaft modifiziert. Betrachtet werden dabei, entsprechend der Zielsetzung der


120 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Arbeit, allein die Zusammenhänge zwischen den physischen <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> dem jeweiligen<br />

Handlungsfeld, weitere relevante Rahmenbedingungen wie zum Beispiel<br />

institutionelle Faktoren werden nicht berücksichtigt. Aufgr<strong>und</strong> des vielfältigen bereits<br />

vorhandenen Materials werden in diesem Bereich keine eigenen Erhebungen<br />

durchgeführt.<br />

Die Texte sind dabei einheitlich strukturiert. Als erstes werden die Zusammenhänge<br />

zwischen dem jeweiligen Handlungsfeld <strong>und</strong> den Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />

dargestellt, vor dem Hintergr<strong>und</strong> der üblichen – meist auf Wachstum orientierten<br />

– Sichtweise. In einem zweiten Teil werden die Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

auf das Handlungsfeld unter besonderer Berücksichtigung der verringerten<br />

Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten dargestellt. Abschließend werden – soweit<br />

dies anhand des aktuellen Forschungsstands möglich ist – qualitative <strong>und</strong> quantifizierte<br />

Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht des jeweiligen<br />

Handlungsfelds zusammengeführt. Dabei erfolgt eine Differenzierung anhand der<br />

<strong>für</strong> ostdeutsche Städte relevanten Stadtstrukturtypen.<br />

5.1 Verkehr<br />

Im Folgenden werden allgemein die Zusammenhänge zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Verkehrsaufwand<br />

dargestellt, um anschließend die Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong> in<br />

Ostdeutschland auf den Verkehr zu erläutern. Abschließend werden Kriterien zur<br />

Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des Verkehrs<br />

entwickelt, vor allem im Hinblick auf die Sicherung von Erreichbarkeiten <strong>und</strong><br />

von Mindeststandards <strong>für</strong> den ÖPNV.<br />

5.1.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Verkehrsaufwand<br />

Veränderungen der <strong>Dichte</strong> beeinflussen den Verkehrsaufwand. Im Folgenden wird<br />

der Kreislauf beschrieben, wie Ausweitung <strong>und</strong> Entdichtung der Siedlungsstruktur<br />

zu einem steigenden Verkehrsaufwand führen <strong>und</strong> umgekehrt. Anschließend wird<br />

die Bedeutung der baulichen <strong>Dichte</strong> <strong>für</strong> die Wirtschaftlichkeit des ÖPNV sowie <strong>für</strong><br />

den Bedarf an Erschließungsflächen erläutert.<br />

Kreislauf aus Entdichtung <strong>und</strong> Verkehrsaufwand<br />

Im Zuge der Ausweitung der Siedlungsflächen <strong>und</strong> damit der Entdichtung von Siedlungsstrukturen<br />

wird von einem sich selbst verstärkenden Kreislauf zwischen Verkehrswachstum<br />

infolge der Ausdehnung einerseits <strong>und</strong> gleichzeitiger Entdichtung<br />

der Siedlungsstruktur andererseits ausgegangen (s. Abbildung 35):<br />

- Der zunehmende private Autobesitz beeinflusst die Standortwahl von Haushalten<br />

<strong>und</strong> führt zu einer Ansiedlung von Wohnungen an geringer verdichten Standorten<br />

im Umland.<br />

- Daraus resultiert eine Ausweitung der Siedlungsflächen verb<strong>und</strong>en mit einer Entdichtung<br />

<strong>und</strong> funktionellen Entflechtung der Siedlungsstrukturen.<br />

- Dies wiederum führt zu einem höheren Verkehrsaufwand: zur Zunahme der Wegelängen,<br />

zu schlechteren Voraussetzungen Wege mit dem Umweltverb<strong>und</strong> 25 zu-<br />

25 Unter der Bezeichnung ‚Umweltverb<strong>und</strong>’ werden Fußgänger- <strong>und</strong> Radverkehr sowie der<br />

öffentliche Personennahverkehr zusammengefasst. Ziel des Umweltverb<strong>und</strong>s ist eine Integration<br />

dieser Verkehrsarten mit dem Ziel eine umweltfre<strong>und</strong>liche Alternative zum MIV<br />

herzustellen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 121<br />

rückzulegen <strong>und</strong> damit zu einer weiter steigenden Abhängigkeit vom Motorisierten<br />

Individualverkehr (MIV).<br />

- Ein vom Auto dominiertes Verkehrssystem fördert wiederum die Entwicklung Flächen<br />

verbrauchender <strong>und</strong> entmischter Siedlungsstrukturen, die zu einer weiteren<br />

Zunahme des Verkehrsaufwands führen (BUND, MISEREOR 1996, 75; DROß<br />

1997, 2.3; HOLZ-RAU 2001, 265).<br />

Abbildung 35: Kreislauf aus Entdichtung <strong>und</strong> Verkehrsaufwand (Eigene Darstellung)<br />

Steigerung des<br />

Verkehrsaufwands: Zunehmende<br />

Wegelängen, verringerte Nutzung<br />

des Umweltverb<strong>und</strong>s, steigende<br />

Abhängigkeit vom MIV<br />

Zunahme des individuellen Pkw-<br />

Besitzes, des Erschließungsaufwands<br />

<strong>und</strong> der Belastung<br />

durch den MIV<br />

Veränderung der Standortwahl zu<br />

Standorten niedrigerer <strong>Dichte</strong>n,<br />

Ausdehnung der Siedlungsfläche,<br />

Entdichtung, Auflösung zentraler<br />

Standorte<br />

KELLNER (1997, 68) geht davon aus, dass sich dieses Paradigma der funktionellen<br />

Entmischung <strong>und</strong> baulichen Entdichtung solange fortsetzt, wie sich die individuellen<br />

Kosten der Mobilität nicht gravierend ändern.<br />

<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit des ÖPNV<br />

Derzeit wird der Zusammenhang zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> der Erschließung durch öffentliche<br />

Verkehrsmittel intensiv diskutiert, vor allem im Zusammenhang mit der Debatte<br />

um eine kompakte Stadt der kurzen Wege (zu diesem Leitbild siehe auch Kapitel<br />

3.5). Je nach Art des öffentlichen Verkehrsmittels, dessen Kapazität <strong>und</strong> Frequenz,<br />

sind <strong>für</strong> die wirtschaftliche Bedienung bestimmte Wohndichten im Fußgängereinzugsbereich<br />

der Haltestellen erforderlich. Daher ergibt sich die Forderung<br />

nach einer Verdichtung der Siedlungsstruktur an den Hauptlinien <strong>und</strong> Knotenpunkten<br />

des öffentlichen Nahverkehrs (AHRENS, HEINEMANN 2002, 65; APEL et al. 2000,<br />

58ff., 66; HOHENADL 1977, 163; HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 346). Als Vorteile zunehmender<br />

<strong>Dichte</strong>n im Hinblick auf eine umweltverträgliche Abwicklung des Verkehrs<br />

werden eine Verkürzung der zurückgelegten Wegelängen, eine Steigerung<br />

der Nutzung des ÖPNV sowie eine sinkende Abhängigkeit vom MIV angenommen.<br />

Diese sinkenden Verkehrsleistungen <strong>und</strong> -aufwendungen in Städten <strong>und</strong> Quartieren<br />

höherer <strong>Dichte</strong>n konnten, so SIEDENTOP et al. (2005, 35ff.) vielerorts nachgewiesen<br />

werden (s. z. B. APEL 1998, MARTI <strong>und</strong> HENZ 2001).<br />

Der Gedanke einer kompakten Stadt der kurzen Wege mit einer guten Erschließung<br />

durch den ÖPNV hat sowohl Eingang in die Entwicklung planerischer Leitbilder gef<strong>und</strong>en,<br />

wie das Modell der gerichteten <strong>Dichte</strong> von DROß <strong>und</strong> MICHAEL belegt (s.<br />

Exkurs 9), als auch in die Planungspraxis, mit dem wohl bekanntesten ÖPNVbasierten<br />

<strong>Dichte</strong>konzept, dem Hamburger <strong>Dichte</strong>modell (s. Exkurs 10).


122 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Exkurs 9: Das Modell der gerichteten <strong>Dichte</strong><br />

Das Konzept der gerichteten <strong>Dichte</strong>, das am Beispiel der Region München entwickelt wurde,<br />

zielt auf eine Verdichtung von verschiedenen Funktionen in Richtung zentraler Standorte wie<br />

Zentren <strong>und</strong> Schnellbahnhaltestellen, um so eine optimale Zuordnung von Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten<br />

zu Versorgungsfunktionen <strong>und</strong> dem öffentlichen Verkehr sowie zu Erholungsflächen<br />

zu ermöglichen. „Das Modell gerichteter <strong>Dichte</strong> spricht einige der wesentlichen Merkmale<br />

von Urbanität an: Die Mehrfachnutzung von Flächen <strong>und</strong> Gebäuden (z. B. Straßenraum<br />

als Spiel- <strong>und</strong> Verkehrsfläche), kleinteilige Nutzungsmischung, hohe Nutzungsdichte<br />

<strong>und</strong> hohe Erlebnisdichte“ (DROß 1996, 2.1). Ziel des Modells ist es „neue urbane Räume zu<br />

schaffen, den Flächenverbrauch <strong>und</strong> die Zersiedlung einzudämmen, die durch den Verkehr<br />

erzeugten Emissionen zu verringern <strong>und</strong> den vermeintlichen <strong>und</strong> tatsächlichen Zwang zur<br />

Nutzung des privaten Pkws zu mindern“ (DROß 1996, 2.17). Im Vergleich zu einer ungebremsten<br />

Suburbanisierung weist das Modell gerichteter <strong>Dichte</strong> folgende Merkmale auf<br />

(DROß 1996, 2.4):<br />

� einen geringeren Verkehrsflächenverbrauch,<br />

� eine Orientierung der Wohnstandortwahl an der Qualität der Anbindung mit dem schienengeb<strong>und</strong>en<br />

öffentlichen Verkehr (SÖV),<br />

� eine Stärkung zentraler Standorte durch die Ansiedlung von Einzelhandel <strong>und</strong> anderen<br />

Einrichtungen an den SÖV-Knotenpunkten <strong>und</strong><br />

� eine höhere bauliche <strong>Dichte</strong>, die eine fußläufige Erreichbarkeit möglichst vieler Funktionen<br />

sichert.<br />

Anstelle einer monozentrischen Stadtstruktur mit einem Stadtzentrum werden mehrere<br />

Stadtzentren vorgesehen, um Verkehrsüberlastungen <strong>und</strong> starke Bodenpreisgefälle zu vermeiden<br />

(DROß 1996, 2.11). Besondere Vorteile dieses Modells gerichteter <strong>Dichte</strong> resultieren<br />

aus der Kombination höherer <strong>Dichte</strong>n mit einer horizontalen <strong>und</strong> vertikalen Nutzungsmischung,<br />

da somit Verkehr eingespart, gleichmäßiger verteilt <strong>und</strong> letztendlich auch Fläche<br />

eingespart werde (DROß 1996, 2.9).<br />

DROß (1996, 2.9) definiert <strong>für</strong> die Umsetzung des Modells der gerichteten <strong>Dichte</strong> auf Quartiersebene<br />

Mindestdichten der GFZ von 1,2 bis 1,5, um die Erschließung durch den Umweltverb<strong>und</strong><br />

zu ermöglichen. Dabei sollte die <strong>Dichte</strong> je nach Art der SÖV-Erschließung variieren<br />

<strong>und</strong> zu den Haltestellen hin wachsen, so dass <strong>für</strong> möglichst viele Nutzer kurze Wege zu den<br />

Haltestellen ermöglicht werden. 26 Für die Knotenpunkte der Stadtteilebene werden Geschossflächenzahlen<br />

von 2,0 bis 2,5 angestrebt <strong>und</strong> <strong>für</strong> gesamtstädtische, regionale oder<br />

überregionale Knotenpunkte Geschossflächenzahlen von über 2,5. Analog zum Hamburger<br />

<strong>Dichte</strong>modell von 1969 wird eine untere Grenze von 150 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland<br />

<strong>für</strong> die Tragfähigkeit der S-Bahn-Erschließung genannt.<br />

MICHAEL (1994, 31) operiert <strong>für</strong> das Modell gerichteter <strong>Dichte</strong> mit weitaus geringeren <strong>Dichte</strong>werten<br />

einer GFZ von 1,2 <strong>für</strong> Zone 1 (bis 300 m), von 0,8 <strong>für</strong> Zone 2 (300-600 m) <strong>und</strong> von<br />

0,4 <strong>für</strong> Zone 3 (600-1000 m). Für eine unterirdische Schnellbahn nimmt er eine GFZ von 1,4<br />

<strong>für</strong> Zone 1, von 1,0 <strong>für</strong> Zone 2 <strong>und</strong> von 0,5 <strong>für</strong> Zone 3 an.<br />

Die Umsetzbarkeit des Modells der gerichteten <strong>Dichte</strong> wird jedoch unter ceteris-paribus Bedingungen<br />

kritisch eingeschätzt. Laut DROß (1996, 2.14) ist das Modell nur anwendbar,<br />

wenn die Kosten des MIV sowie des Gütertransports per Lkw durch eine Internalisierung der<br />

Kosten drastisch steigen würden.<br />

26 Als fußläufige Erreichbarkeit wird dabei ein Radius von 300 m um die Haltestelle definiert,<br />

so dass sich zuzüglich eines Umwegefaktors von 1,25 eine maximale Fußwegeentfernung<br />

von 375 m ergibt (DROß 1996, 2.5).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 123<br />

Exkurs 10: Das Hamburger <strong>Dichte</strong>modell<br />

Zur Stärkung des im Entwicklungsmodell <strong>für</strong> Hamburg <strong>und</strong> das Umland von 1969 dargestellten<br />

Achsenkonzepts, das eine Konzentration der Siedlungsentwicklung entlang in das Umland<br />

reichender Entwicklungsachsen vorsah, wurde im Jahr 1969 <strong>für</strong> Hamburg ein <strong>Dichte</strong>modell<br />

entwickelt. Im Sinne einer integrierten Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsplanung liefert dieses<br />

<strong>Dichte</strong>modell einen Orientierungsrahmen <strong>für</strong> die im Einzugsbereich von Schnellbahnhaltestellen<br />

des radial auf die Hamburger City ausgerichteten S-Bahnnetzes anzustrebende bauliche<br />

<strong>Dichte</strong> (FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1980). Das Modell sieht eine konzentrische<br />

Verdichtung der Wohnbebauung um die Haltestellen von leistungsfähigen Schnellbahnlinien<br />

mit nach außen stufenweise fallenden Bebauungsdichten vor. Damit wird eine schnelle Erreichbarkeit<br />

der Haltestellen durch die Fahrgäste, eine schnelle Erreichbarkeit eines vielfältigen<br />

großstädtischen Angebots sowie die Gewährleistung verkehrswirtschaftlicher Erfordernisse<br />

eines hohen Fahrgastaufkommens angestrebt. An den Schnellbahnhaltestellen sollen<br />

dichte Wohngebiete hoher Lebensqualität entstehen (KRÜGER et al. 1972, 293).<br />

Als Obergrenze einer wohnbaulichen Nutzung wird eine GFZ von 1,5 angenommen. Diese<br />

bereits über die generellen Höchstwerte der BauNVO 1968 mit einer GFZ von 1,2 hinausgehende<br />

<strong>Dichte</strong> erfordere allerdings eine besondere städtebauliche <strong>und</strong> verkehrliche Lagegunst,<br />

sei nur im Einzelfall sinnvoll <strong>und</strong> nur bei einer Stapelung verschiedener Nutzungen<br />

möglich (KRÜGER et al. 1972, 294). Für das <strong>Dichte</strong>modell wird im Bereich der städtischen<br />

Achsen eine maximale Fußwegeentfernung von 600 m (entsprechend 8,5 min Fußweg), <strong>für</strong><br />

regionale Achsen von 700 m (entsprechend 10 min Fußweg) angenommen.<br />

Tabelle 19: Hamburger <strong>Dichte</strong>modell – Bereich städtischer Achsen<br />

(KRÜGER et al. 1972, 293)<br />

Zone<br />

Luftlinienentfernung<br />

zur Schnellbahnhaltestelle<br />

Fläche<br />

Obergrenzen<br />

der GFZ <strong>für</strong><br />

Wohngebiete<br />

mittlere GFZ<br />

maximal<br />

erreichbare<br />

Einwohnerzahl<br />

Kernzone bis 300 m 28 ha 1,5 1,3 3.500<br />

Mittelzone > 300-< 600 m 85 ha 1,2 0,9 14.500<br />

Randzone > 600 m variabel – ca. 0,3-0,6 variabel<br />

Im Jahr 1980 wurde das <strong>Dichte</strong>modell fortgeschrieben. Zwar wird weiter an dem Konzept der<br />

Verdichtung an den Haltestellen der Schnellbahn festgehalten, doch werden hierbei, analog<br />

zur vorherrschenden stadtplanerischen Diskussion in den 1980er Jahren (s. Kapitel 3.3),<br />

ausdrücklich die Grenzen der Verdichtung betont, die auch <strong>für</strong> diese Bereiche zu berücksichtigen<br />

seien: erhaltenswerte Siedlungs- <strong>und</strong> Sozialstrukturen, Belange des Umweltschutzes,<br />

die Bedeutung von Freiflächen <strong>für</strong> die Stadtqualität <strong>und</strong> die Wünsche der Wohnbevölkerung<br />

nach verschiedenen Wohnformen. Ferner seien nicht nur Wohnnutzungen innerhalb der<br />

Einzugsbereiche der Schnellbahnhaltestellen (600 m-Radius) zu verdichten, sondern es<br />

seien auch <strong>Dichte</strong>vorgaben <strong>für</strong> andere Nutzungen erforderlich. Somit werden <strong>für</strong> das Hamburger<br />

<strong>Dichte</strong>modell von 1980 differenziertere Ziele gesetzt, unterschieden nach den Baugebietstypen<br />

der BauNVO <strong>und</strong> nach <strong>Dichte</strong>typen niedriger, mittlerer <strong>und</strong> hoher <strong>Dichte</strong>n (s.<br />

Tabelle 20).<br />

Tabelle 20: <strong>Dichte</strong>ziele des Hamburger <strong>Dichte</strong>modells von 1980<br />

(FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1980)<br />

Art der baulichen<br />

Nutzung<br />

<strong>Dichte</strong>typ 1:<br />

‚hohe <strong>Dichte</strong>’<br />

(innere Stadt)<br />

Maß der baulichen Nutzung (GFZ)<br />

<strong>Dichte</strong>typ 2:<br />

‚mittlere <strong>Dichte</strong>’<br />

(äußere Stadt)<br />

<strong>Dichte</strong>typ 3:<br />

‚niedrige <strong>Dichte</strong>’<br />

(äußere Stadt)<br />

Wohngebiete: allgemeine (WA),<br />

reine (WR), besondere (WB)<br />

1,0-1,2 0,7-0,9 0,4-0,6<br />

Mischgebiete (MI) 1,0-1,2 0,7-0,9 0,4-0,6<br />

Kerngebiete (MK) 1,5-2,4 1,0-1,5 0,6-0,8<br />

Gewerbegebiete (GE) 0,8-2,4 0,6-2,0 0,6-1,5


124 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Auch in der aktuellen Planungspraxis werden ÖPNV-basierte <strong>Dichte</strong>modelle entwickelt.<br />

So differenziert der Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbands Karlsruhe<br />

(NVK) in seinem Zielkonzept „ÖPNV <strong>und</strong> Siedlungsentwicklung“ die Bauflächen<br />

entsprechend ihrer Erreichbarkeit durch den ÖPNV <strong>und</strong> weist ihnen daraufhin<br />

Mindestdichten zu, die zwischen Geschossflächenzahlen von 0,4 <strong>und</strong> 1,1 liegen.<br />

Wohngebiete innerhalb eines Einzugsbereichs von 300 m Luftlinie um eine Stadtbahnhaltestelle<br />

sollten demnach mindestens eine GFZ von 1,0 <strong>und</strong> eine Wohnungsdichte<br />

von 65 Wohnungen je ha Bruttobauland aufweisen (NVK 1999, 117f.;<br />

HUTTER et al. 2004, 43). Das <strong>Dichte</strong>modell der Stadt München unterscheidet <strong>für</strong> den<br />

Einzugsbereich 150/600 m um U-/S-Bahnhaltestellen je nach Lage <strong>und</strong> Qualität der<br />

Gebiete drei <strong>Dichte</strong>klassen anhand der GFZ <strong>und</strong> zwar von 0,9 bis 1,2, von 1,2 bis<br />

1,6 <strong>und</strong> von 1,6 bis 2,4 (STADT MÜNCHEN 1995, 50; HUTTER et al. 2004, 45).<br />

In der Diskussion um tragfähige, kompakte <strong>und</strong> nachhaltige Städte werden auch<br />

kritische Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong> eine fußläufige Erreichbarkeit sowie<br />

<strong>für</strong> einen wirtschaftlichen, energieeffizienten <strong>und</strong> attraktiven öffentlichen Verkehr<br />

genannt: Unter einer <strong>Dichte</strong> von 100 Einwohnern je ha Bruttobauland sei eine wirtschaftliche<br />

Erschließung mit schienengeb<strong>und</strong>enen Massenverkehrsmitteln nur unter<br />

der Nutzung von Zubringerbussen möglich (BREITLING 1974, 66). APEL (1998, 67)<br />

nennt eine minimale <strong>Dichte</strong> von 20 bis 30 Wohnungen je ha Bruttobauland als Untergrenze<br />

<strong>für</strong> die Gewährleistung eines attraktiven <strong>und</strong> effizienten ÖPNV-Angebots.<br />

Nach MARTI, HENZ (2001, 8) gelten Geschossflächenzahlen von 0,3 bis 0,5 als kritischer<br />

Schwellenwert minimaler <strong>Dichte</strong> <strong>für</strong> einen wirtschaftlichen ÖPNV. Für den –<br />

nicht nur auf den ÖPNV bezogenen – gesamten Verkehrsaufwand setzen SIEDEN-<br />

TOP et al. (2006, 217) als Untergrenze eine <strong>Dichte</strong> von 20 Wohneinheiten je ha Bruttowohnbauland<br />

an, bei deren Unterschreitung der spezifische Verkehrsaufwand <strong>und</strong><br />

damit auch der Verkehrsenergieverbrauch stark ansteigt.<br />

BREITLING (1974, 56ff.) definiert als Erreichbarkeitsziel <strong>für</strong> Straßenbahn- sowie Bushaltestellen<br />

500 bis 800 m. Im Einzugsbereich einer Bushaltestelle sind bis zu 2.000<br />

Einwohner erforderlich, im Einzugsbereich einer Straßenbahnhaltestelle 5.000-<br />

7.000 Einwohner. Daraus ergeben sich, bei Annahme einer radialen Siedlungsstruktur,<br />

Einwohnerdichten von 15-40 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland <strong>für</strong> eine<br />

Bushaltestelle (entsprechend 20-60 Einwohnern je ha netto), <strong>und</strong> 39-139 Einwohnern<br />

je ha brutto <strong>für</strong> eine Straßenbahnhaltestelle (entsprechend 60-190 Einwohnern<br />

je ha netto). 27<br />

Die Möglichkeiten durch höhere <strong>Dichte</strong>n eine Minimierung des Verkehrsaufwands<br />

zu erzielen, werden allerdings auch bezweifelt. Es wird hervorgehoben, dass ÖPNVbasierte<br />

<strong>Dichte</strong>konzepte an der zunehmenden Dezentralisierung von Siedlungsstrukturen<br />

– verursacht unter anderem durch die Präferenzen der Bevölkerung zugunsten<br />

gering verdichteter Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> zur Nutzung des MIV – scheitern<br />

(HOHENADL 1977, 66, SIEDENTOP et al. 2005, 41f.). Neben der <strong>Dichte</strong> sind wei-<br />

27 Die erforderliche Bruttowohndichte (EW/ha brutto) im Einzugsbereich einer Bushaltestelle<br />

lässt sich bei Annahme einer radialen Siedlungsstruktur aus den Angaben zur maximalen<br />

Entfernung <strong>und</strong> zur erforderlichen Mantelbevölkerung im Einzugsbereich errechnen. Wird<br />

von einer radialen Siedlungsstruktur ausgegangen, ergibt sich der Radius (r) bei Annahme<br />

eines Umwegefaktors von 25 % als maximale Wegeentfernung ÷ 1,25. Zur Errechnung<br />

der erforderlichen Bruttowohndichte kann dann die folgende Formel verwendet<br />

werden:<br />

10.000<br />

EW/ha brutto = Mantelbevölkerung × r²π


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 125<br />

tere Einflussfaktoren auf den Verkehrsaufwand zu berücksichtigen wie die Größe<br />

eines Zentrums 28 oder sozio-ökonomische Einflussfaktoren des Mobilitätsverhaltens<br />

(z. B. Einkommen, Bildungsniveau) (HOLZ-RAU 2001, 268; SIEDENTOP et al. 2005,<br />

39). Auch können sich hohe <strong>Dichte</strong>n negativ auf die Verkehrsintensität eines Gebiets<br />

auswirken, z. B. durch eine Steigerung des Freizeitverkehrs (MARTI, HENZ<br />

2001, 8; SIEDENTOP et al. 2005, 40) oder durch Belastungsspitzen mit Verkehrsbehinderungen<br />

<strong>und</strong> längerem Zeitaufwand im Berufsverkehr (HEIDEMANN 1975; SIE-<br />

DENTOP et al. 2005, 42).<br />

Nutzungsgemischte <strong>und</strong> dichte Siedlungsstrukturen stellen damit zwar eine notwendige<br />

Bedingung <strong>für</strong> verkehrssparsames Handeln dar, allerdings werden – vor allem<br />

aufgr<strong>und</strong> weiter sinkender Raumwiderstände – diese Verkehrssparpotenziale dichter<br />

<strong>und</strong> nutzungsgemischter Siedlungsstrukturen immer weniger genutzt (HOLZ-RAU<br />

2001, 268). Gerade vor diesem Hintergr<strong>und</strong> können fiskalische Instrumente (z. B.<br />

Erhöhung der Mineralölsteuer) zu schnelleren Lösungen führen (SIEDENTOP et al.<br />

2005, 41).<br />

Bedarf an Verkehrserschließungsfläche<br />

Mit steigenden <strong>Dichte</strong>n verringert sich ebenfalls der spezifische Bedarf an Verkehrserschließungsflächen.<br />

Zwar ist der Anteil der Verkehrserschließungsfläche in<br />

gering verdichteten Gebieten niedriger, da sich in Baugebieten mit einem geringeren<br />

Maß baulicher Nutzung bessere Möglichkeiten <strong>für</strong> eine sparsame Verkehrserschließung<br />

bieten, allerdings nimmt der spezifische Verkehrserschließungsaufwand je<br />

Wohnung bzw. je Einwohner mit steigender <strong>Dichte</strong> ab (BUCHERT et al. 2004, 22;<br />

MENKHOFF et al. 1979, 63; MÜLLER et al. 1979, 142). Diesen Zusammenhang illustriert<br />

Tabelle 21.<br />

Tabelle 21: Flächenbedarf <strong>für</strong> den fließenden Verkehr in Wohngebieten in<br />

Abhängigkeit der Wohndichte (KORDA 2005, 121)<br />

Nettowohndichte<br />

EW/ha<br />

50<br />

100<br />

150-200<br />

300-350<br />

400<br />

GFZ<br />

0,2<br />

0,2-0,4<br />

0,3-0,8<br />

0,7-1,0<br />

1,0<br />

Flächenbedarf <strong>für</strong> fließenden internen Verkehr<br />

in % des Nettowohnbaulandes<br />

12<br />

13<br />

14<br />

15<br />

16<br />

in m²/ha in m²/EW<br />

1.072<br />

1.154<br />

1.228<br />

1.226-1.305<br />

1.380<br />

24,0<br />

13,0<br />

9,3-5,6<br />

4,8-4,3<br />

4,0<br />

Dieser sinkende spezifische Verkehrserschließungsaufwand bei steigender baulicher<br />

<strong>Dichte</strong> konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden (BUCHERT et al.<br />

2004, 22; MENKHOFF et al. 1979, 63ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 109). Abbildung 36<br />

veranschaulicht den typischen exponentiellen Zusammenhang zwischen Erschließungsaufwand<br />

<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong> am Beispiel des Verkehrserschließungsaufwands in m² je<br />

m² Geschossfläche. Ein überproportionaler Anstieg des Verkehrserschließungsflächenbedarfs<br />

wird daraufhin <strong>für</strong> eine Geschossflächendichte unterhalb von 0,4 konstatiert<br />

(BUCHERT et al. 2004, 22ff.).<br />

28 Laut MARTI, HENZ (2001, 8) sei die verkehrssparsamste Größe eines Zentrums 100.000<br />

bis 500.000 Einwohner in einem polyzentralen Siedlungsraum.


126 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 36: Spezifischer Verkehrserschließungsaufwand in<br />

m² je m² Geschossfläche in Abhängigkeit von der Geschossflächendichte<br />

(BUCHERT et al. 2004, 24 nach MENKHOFF et al. 1979, 67)<br />

m² je m² Geschossfläche<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4<br />

Geschossflächendichte<br />

Anhand einer schematischen Darstellung eines Wohngebiets von 1 ha weist SPEN-<br />

GELIN stark differierende Verkehrsflächenbedarfe von Siedlungsformen verschiedener<br />

<strong>Dichte</strong>n nach. So variiert die <strong>für</strong> die Erschließung einer Wohneinheit von 140 m²<br />

Bruttogeschossfläche erforderliche Verkehrsfläche zwischen 105 m² (entspricht<br />

12,6 %) <strong>für</strong> das freistehende Einfamilienhaus mit einer GFZ von 0,2 <strong>und</strong> 10 m² (entspricht<br />

6 %) <strong>für</strong> einen viergeschossigen Zweispänner mit einer GFZ von 0,96<br />

(SPENGELIN 1983, 170f.).<br />

Zu berücksichtigen ist ebenso der mit zunehmender <strong>Dichte</strong> steigende Bedarf an<br />

Flächen <strong>für</strong> den ruhenden Verkehr. Im Zuge der wachsender Schwierigkeiten der<br />

ebenerdigen Parkierung der privaten Pkw (wie bereits in Kapitel 3.3 als Grenze der<br />

Verdichtung genannt) wächst der Bedarf an technischen Lösungen wie automatischen<br />

Parkierungsanlagen (KRAU 1994, 220).<br />

MENKHOFF et al. (1979, 57) heben die Bedeutung von Alternativen zu ebenerdiger<br />

Stellplatzanordnung bei steigenden Maßen baulicher <strong>Dichte</strong> hervor. So hat die Untersuchung<br />

von 21 Demonstrativvorhaben ergeben, dass die GFZ bei ebenerdiger<br />

Stellplatzanordnung mit 0,45 etwa nur halb so hoch liegt wie bei gemischter, mehrgeschossiger<br />

Bebauung mit unterirdischer Unterbringung der Stellplätze <strong>und</strong> einer<br />

GFZ von 0,88-1,07. Je nach Wohnform kann die GFZ durch Unterbringung der<br />

Stellplätze in Tiefgaragen anstelle der ebenerdigen Unterbringung um 5 bis 22 %<br />

erhöht werden (MENKHOFF et al. 1979, 59). Laut BRAKEBUSCH (1969, 58ff.) ist eine<br />

ebenerdige Unterbringung von Stellplätzen zu Lasten der Freifläche oberhalb einer<br />

<strong>Dichte</strong> von 300 Einwohnern je ha, bei der bereits ein Drittel der Freifläche <strong>für</strong> Stellplätze<br />

beansprucht wird, nicht mehr möglich. SPENGELIN (1983, 170) führt aus, dass<br />

höhere <strong>Dichte</strong>n, die eine GFZ von 0,7 übersteigen, nur dann realisiert werden können,<br />

wenn die Unterbringung der Kraftfahrzeuge durch bautechnische Maßnahmen<br />

mit erheblichen Kosten unterstützt wird (SPENGELIN 1983, 170).<br />

APEL et al. (2000, 64f.) stellen fest, dass selbst bei Geschossflächenzahlen von 2,0<br />

noch qualitativ hochwertige Wohnverhältnisse mit einem wohnungsbezogenen Freiraum<br />

von 15 m² pro Person <strong>und</strong> 8 m² nachbarschaftsbezogenen Freiraum gewähr-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 127<br />

leistet werden, wenn der Pkw-Bestand 200 Pkw pro 1.000 EW nicht übersteigt. 29<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> betont MICHAEL (1994, 7), dass <strong>Dichte</strong>begrenzungen vielmehr<br />

<strong>für</strong> den Pkw-Bestand oder die Straßenverkehrsbelastungen gesetzt werden<br />

müssen.<br />

5.1.2 Verkehr <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse bleiben nicht ohne Auswirkungen auf den Verkehr. Der mit<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen verb<strong>und</strong>ene Bevölkerungsrückgang kann zu verringerter<br />

Nachfrage nach Verkehrsleistungen führen. Auch wenn <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />

eine Chance zur Reduzierung der Verkehrsbelastung durch den MIV bieten, so stellen<br />

Prozesse der Ausdünnung der Siedlungsstruktur vor allem <strong>für</strong> den ÖPNV eine<br />

Herausforderung dar.<br />

Rückgang der Nachfrage nach Verkehrsleistungen<br />

Aktuelle <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse in Ostdeutschland haben einen Einfluss auf die<br />

Nachfrage nach Verkehrsleistungen (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 342). Neben einem<br />

reinen Rückgang der Bevölkerung hat auch die Veränderung der Altersstruktur<br />

der Bevölkerung im Zuge des demographischen Wandels einen entscheidenden<br />

Einfluss auf den Verkehrsaufwand (WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW<br />

2004, 17). Im Zuge des demographischen Wandels ist, trotz einer steigenden spezifischen<br />

Mobilität <strong>und</strong> einer steigenden Verkehrsbeteiligung aller Altersklassen, künftig<br />

mit einer Abnahme des Personenverkehrsaufkommens <strong>und</strong> der Personenverkehrsleistungen<br />

zu rechnen. Verursacht wird diese Verringerung der Nachfrage zum<br />

einen durch eine Abnahme der Gesamtbevölkerung <strong>und</strong> zum anderen durch eine<br />

geringere Besetzung der mobileren Altersklassen, vor allem der Schüler <strong>und</strong> Berufstätigen<br />

(TOPP 2006, 87).<br />

Während <strong>für</strong> den MIV noch von einem weiteren Zuwachs ausgegangen wird, z. B.<br />

von einer Steigerung des Aufwands <strong>für</strong> Kfz-Fahrten um 5-10 % bis 2015 (AHRENS,<br />

HEINEMANN 2002, 63), wird <strong>für</strong> den ÖPNV ab 2003 mit einem permanenten Rückgang<br />

des Verkehrsaufkommens (d. h. der Anzahl der Fahrgäste) gerechnet, bis dieses<br />

im Jahr 2050 nur noch in etwa 20-25 % des Ausgangsniveaus beträgt (SOMMER<br />

2005, 9f.).<br />

In Folge der Abnahme der Bevölkerungs- <strong>und</strong> Nachfragerzahl <strong>und</strong> der räumlichen<br />

Entdichtung nehmen, vor allem im ÖPNV, die spezifischen Kosten <strong>und</strong> Belastungen<br />

pro Nutzer durch Verkehrsinfrastrukturen <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Erbringung von Verkehrsleistungen<br />

zu. Aufgr<strong>und</strong> von bestehenden Fixkosten können Leistungen nicht stufenlos<br />

angepasst werden, es kommt zu Kostenremanenzen (s. auch Kapitel 8.4.1).<br />

Gleichzeitig nimmt die Tragebevölkerung dieser zunehmenden Finanzierungslasten<br />

ab, so dass die Kosten pro Einwohner überproportional ansteigen. Mit der Verringerung<br />

<strong>und</strong> Alterung der Bevölkerung gehen Verluste <strong>für</strong> die öffentlichen Haushalte<br />

einher, so dass die öffentliche Finanzierung der Verkehrsinfrastrukturen zunehmend<br />

erschwert wird (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 341). So wird z. B. <strong>für</strong> das Land Sachsen<br />

vom 2002 bis 2020 allein aufgr<strong>und</strong> der Bevölkerungsentwicklung mit einem<br />

Rückgang des realen Steueraufkommens um r<strong>und</strong> ein Viertel gerechnet (BLÜMEL<br />

2006, 208). Hinzu kommen europarechtliche Einschnitte in die Finanzierung <strong>und</strong> ein<br />

Rückzug des Staates aus der Daseinsvorsorge (TOPP 2006, 87).<br />

29 In Berlin als deutscher Stadt mit dem geringsten Motorisierungsgrad betrug dieser 2005<br />

361 Pkw je 1.000 Einwohner (AMT FÜR STATISTIK BERLIN-BRANDENBURG 2007a, b).


128 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Somit stellt schon allein der finanzielle Bedarf zur Erhaltung der Verkehrsinfrastrukturen<br />

die Städte <strong>und</strong> Gemeinden vor enorme Herausforderungen der Rationalisierung<br />

<strong>und</strong> Effizienzsteigerung (AHRENS, HEINEMANN 2002, 63). Ein weiterer Kostenanstieg<br />

ergibt sich dann, wenn durch Siedlungsdispersion vorhandene Verkehrsinfrastrukturen<br />

<strong>und</strong> -leistungen ausgeweitet werden müssen (WISSENSCHAFTLICHER<br />

BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 15).<br />

Entdichtung als Chance zur Reduzierung der Belastung durch den MIV?<br />

In Kernstädten bieten Bevölkerungsrückgänge Chancen zur Verbesserung der<br />

Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität in stark verkehrsbelasteten Räumen (HOLZ-RAU, SCHEI-<br />

NER 2004, 345). Im Hinblick auf den MIV können Bevölkerungsrückgänge zu einem<br />

Abbau von Spitzenlasten <strong>und</strong> zu einem Teilrückbau von Straßenanlagen führen<br />

sowie eine bessere Organisation des ruhenden Verkehrs ermöglichen. Durch die<br />

leistungsgerechte Bündelung des Kfz-Verkehrs auf ein Minimalnetz können die Voraussetzungen<br />

<strong>für</strong> ruhiges Wohnen in der Stadt verbessert werden, vor allem wenn<br />

sie mit Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds auf dem Nebennetz einhergehen<br />

(AHRENS, HEINEMANN 2002, 64; WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM<br />

BMVBW 2004, 12).<br />

Allerdings können <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozesse auch aus Sicht des<br />

individuellen Autoverkehrs zu Nachteilen führen. So können die längeren Wege in<br />

der ausgedünnten <strong>und</strong> perforierten Stadt dazu führen, dass die durch den Bevölkerungsrückgang<br />

hervorgerufene Entlastung durch den Autoverkehr zum Teil wieder<br />

aufgefüllt wird (TOPP 2006, 90). Zwar sinkt bei geringen Einwohnerdichten der absolute<br />

Unterhaltungsaufwand <strong>für</strong> die Straßenverkehrsinfrastruktur, jedoch steigt der<br />

spezifische Aufwand pro Person (WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004,<br />

12).<br />

Entdichtung <strong>und</strong> demographischer Wandel als Herausforderung <strong>für</strong> den ÖPNV<br />

Wie bereits dargestellt wurde, ist von dem erwarteten Rückgang der Verkehrsnachfrage<br />

vor allem der ÖPNV betroffen. Zwar kann die Abnahme der Gesamtnachfrage<br />

im ÖPNV sowie die räumliche <strong>und</strong> zeitliche Flexibilisierung der Arbeitswelt den Abbau<br />

von gerade im Berufsverkehr auftretenden Spitzenlasten ermöglichen (TOPP<br />

2006, 87, WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 12f.), andererseits kann<br />

es sogar schon in den Kernstädten zu einer Unterauslastung des ÖPNV-Angebots<br />

kommen (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 345).<br />

Neben der Veränderung der Bevölkerungszahl erschweren dabei auch allgemeine<br />

gesellschaftliche Trends die Gewährleistung eines tragfähigen ÖPNV-Angebots:<br />

Suburbanisierungsprozesse führen zu entdichteten <strong>und</strong> entmischten Siedlungsstrukturen,<br />

die die Leistungsfähigkeit von Angeboten des ÖPNV einschränken (WISSEN-<br />

SCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 5ff.). Daneben erschwert eine zunehmende<br />

zeitliche Flexibilisierung der Verkehrsbeziehungen (z. B. durch veränderte<br />

Arbeitszeitmodelle) die Kalkulierbarkeit von Verkehrsbeziehungen (TOPP 2006, 87).<br />

Solche zunehmend tangentialen <strong>und</strong> räumlich flexibilisierten Verkehrsbeziehungen<br />

lassen sich nur noch schwer durch konventionelle Formen des ÖPNV wie S-Bahn,<br />

U-Bahn, Regionalbahn oder Regio-Stadtbahn bewältigen (WISSENSCHAFTLICHER<br />

BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 10).<br />

Die Zunahme der Motorisierung bei Frauen <strong>und</strong> Rentnern, die Zunahme der Kleinhaushalte<br />

sowie der Haushalte mit peripheren Wohnstandorten lassen eine Zunah-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 129<br />

me des MIV <strong>und</strong> eine Abnahme der Nachfrage nach Leistungen des ÖPNV erwarten<br />

(WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 11).<br />

Mit dem Rückgang der Zahl der Erwerbspersonen nimmt der Berufsverkehr ab, der<br />

heute trotz der Problematik von Spitzenlasten eine wesentliche tragende Säule des<br />

ÖPNV darstellt (TOPP 2006, 87). Die Verringerung der Fahrzeugauslastung mindert<br />

die Kostendeckung <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit, insbesondere des hochleistungsfähigen<br />

schienengeb<strong>und</strong>enen ÖPNV. Vor allem in peripheren <strong>und</strong> altindustrialisierten Räumen<br />

mit Entleerungstendenzen sowie Rückbauquartieren der Großwohnsiedlungen<br />

<strong>und</strong> Gründerzeitquartieren kann ein Rückbau der Verkehrsinfrastruktur bzw. eine<br />

Anpassung der Betriebsformen erforderlich werden, um Betriebs-, Unterhaltungs-<br />

<strong>und</strong> Erhaltungskosten zu reduzieren. Dies betrifft vor allem Großgefäße des ÖPNV<br />

(S-Bahn, Regionalbahn, Stadt-/Straßenbahn, Standardlinienbusse). Bei dem Erfordernis<br />

von Ersatzinvestitionen ist daher die Umstellung der Straßenbahn- <strong>und</strong><br />

Stadtbahnnetze auf Bus- <strong>und</strong> Stadtbussysteme zu prüfen (WISSENSCHAFTLICHER<br />

BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 15). Bindungsfristen von Fördermitteln erschweren eine<br />

solche Systemanpassung allerdings dort, wo Straßenbahnsysteme nach der Wende<br />

mit hohem Aufwand modernisiert <strong>und</strong> ausgebaut wurden (BLÜMEL 2006, 205).<br />

In ländlich peripheren Räumen bedeutet der mittel- <strong>und</strong> langfristige Rückgang der<br />

Schülerzahlen reale Einnahmeverluste <strong>und</strong> damit eine erhebliche Zunahme der<br />

spezifischen Kosten je Fahrgast, so dass es zu Einschränkungen der Angebotsqualität<br />

oder des gesamten Angebots kommt. Aufgr<strong>und</strong> der Ausdünnung der Kindergärten<br />

<strong>und</strong> Schulen ist mit einer Verlängerung der Ausbildungswege zu rechnen (HOLZ-<br />

RAU, SCHEINER 2004, 343f.).<br />

Bei einer Verschlechterung des Angebots, z. B. durch verlängerte Taktzeiten <strong>und</strong><br />

eingestellte Linienäste, besteht die Gefahr einer weiteren Verkehrsverlagerung zugunsten<br />

des MIV. Entdichtungsprozesse in peripheren Räumen können eine sich<br />

selbst verstärkende Wirkung entfalten, wenn in Folge des Nachfragerückgangs Mobilitätsangebote<br />

nach Art, Qualität oder Quantität eingeschränkt werden <strong>und</strong> somit<br />

die Attraktivität des Standortes weiter sinkt (TOPP 2006, 90; WISSENSCHAFTLICHER<br />

BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 2).<br />

Lösungen können hier wahrscheinlich nur durch alternative Bedienformen wie z. B.<br />

Bürgerbusse gef<strong>und</strong>en werden (AHRENS, HEINEMANN 2002, 65; WISSENSCHAFTLI-<br />

CHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 15f.). Um einen weiteren Umstieg der verbleibenden<br />

K<strong>und</strong>en auf den MIV zu vermeiden, sollte allerdings die Qualität des ÖPNV-<br />

Angebots soweit wie möglich gehalten werden (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 346).<br />

In ländlichen Räumen sehr geringer Bevölkerungsdichte (wie z. B. Nord-<br />

Brandenburg mit 20 EW/km²) sind jedoch bereits heute selbst flexible Angebote des<br />

ÖPNV wie Rufbus <strong>und</strong> Anruf-Sammeltaxi nicht mehr ohne massive öffentliche Zuschüsse<br />

realisierbar (TOPP 2006, 87). Für ges<strong>und</strong>heitlich eingeschränkte bzw. nicht<br />

über einen Pkw verfügende Menschen wird, in Folge von nicht vermeidbaren Einschränkungen<br />

im ÖPNV-Angebot, die Erreichbarkeit wichtiger Ziele wie Einzelhandel,<br />

medizinische Versorgung <strong>und</strong> Dienstleistungen zum Problem (HOLZ-RAU,<br />

SCHEINER 2004, 344).<br />

5.1.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus<br />

Sicht des Verkehrs<br />

Dargestellt werden zum einen qualitative Zielrichtungen der Verkehrsentwicklung<br />

<strong>und</strong> zum anderen quantifizierte Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden


130 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Städten aus Sicht des Verkehrs. Da vor allem der ÖPNV von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

betroffen ist, werden die Kriterien in erster Linie vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Sicherung<br />

von Mindeststandards der ÖPNV-Versorgung abgeleitet.<br />

Zielrichtung der Verkehrsentwicklung in schrumpfenden Städten – qualitative<br />

Kriterien<br />

Die dargestellten Auswirkungen von Bevölkerungsrückgängen <strong>und</strong> demographischem<br />

Wandel verdeutlichen, dass bei fortlaufender Entdichtung von Siedlungsstrukturen<br />

die Sicherung eines tragfähigen Mindestangebots im ÖPNV immer weniger<br />

gewährleistet werden kann. Gerade in schrumpfenden Städten mit exponentiell<br />

ansteigendem Verkehrsaufwand im ÖPNV ist damit vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Daseinsvorsorge<br />

die Erhaltung von Mindestdichten erforderlich, um einen wirtschaftlich<br />

tragfähigen ÖPNV zu sichern <strong>und</strong> damit die Zugangsmöglichkeiten aller Bevölkerungsgruppen<br />

zu Einrichtungen der Daseinsvorsorge zu gewährleisten. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> ist unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen vor allem eine Koordinierung der<br />

Siedlungs- <strong>und</strong> Standortentwicklung mit der Verkehrsinfrastruktur- <strong>und</strong> -angebotsplanung<br />

erforderlich, die eine Mindestdichte von Siedlungsstrukturen fördert (WIS-<br />

SENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 16). In Gebieten sehr geringer <strong>Dichte</strong>n<br />

hingegen sollte die Erreichbarkeit über alternative Bedienformen des ÖPNV gesichert<br />

werden (AHRENS, HEINEMANN 2002, 65).<br />

Zum siedlungsstrukturellen Ziel der Konzentration der Bebauung entlang der Achsen<br />

des leistungsfähigen schienengeb<strong>und</strong>enen ÖPNV <strong>und</strong> zur Schaffung kompakter<br />

durchmischter Strukturen besteht gerade in schrumpfenden Räumen „keine Alternative“,<br />

auch wenn diese Strategie in der Vergangenheit in ihrer Umsetzung nur eingeschränkt<br />

erfolgreich war (AHRENS, HEINEMANN 2002, 65).<br />

Innenentwicklung, z. B. durch kleinräumige Ergänzungen im Siedlungsbestand zur<br />

Vermeidung einer Abwanderung in die Peripherie, kann zu einer Stabilisierung der<br />

Nachfrage des ÖPNV beitragen (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 346) <strong>und</strong> somit helfen,<br />

Investitions- <strong>und</strong> Betriebskosten im ÖPNV zu reduzieren. Zudem trägt mit Nutzungsmischung<br />

verb<strong>und</strong>ene Innenentwicklung dazu bei, dass mehr Ziele zu Fuß<br />

<strong>und</strong> mit dem Fahrrad erreicht werden können. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> nutzungsgemischte Quartiere<br />

erweisen sich als robust <strong>und</strong> krisenfest, sind weniger autoabhängig <strong>und</strong> ermöglichen<br />

Erreichbarkeit auch bei sinkendem Einkommen <strong>und</strong> steigenden Mobilitätskosten<br />

(TOPP 2006, 90f.).<br />

Bei Rückbau sollte sich der verbleibende Siedlungsbestand auf ÖPNV-Haltepunkte<br />

konzentrieren (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 346). Entdichtung durch Rückbau von<br />

Wohneinheiten sollte vor allem dort erfolgen, wo die ÖPNV-Erschließung ungünstig<br />

ist <strong>und</strong>/oder wo die Wohnqualität durch die Lärmbelastungen an Hauptverkehrsstraßen<br />

beeinträchtigt ist. Allerdings fallen Lärmbelastung durch Haupterschließungsstraßen<br />

<strong>und</strong> gute Erschließung durch einen leistungsfähigen ÖPNV häufig zusammen,<br />

so dass Lärmgutachten helfen sollten, verschiedene Rückbauvarianten zu<br />

bewerten (AHRENS, HEINEMANN 2002, 65).<br />

Auch wenn der Rückbau von Netzen zunächst Kosten verursacht, können über die<br />

mittelfristige Reduzierung des Ersatz- <strong>und</strong> Erhaltungsbedarf langfristig Kostenvorteile<br />

erzielt werden:<br />

„Kompakte <strong>und</strong> gemischte Strukturen sowie eine Abstimmung der Siedlungsentwicklung<br />

auf bestehende Verkehrsnetze weisen langfristige Kostenvorteile


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 131<br />

auf, die bei abnehmender <strong>und</strong> alternder Bevölkerung noch stärker ins Gewicht<br />

fallen werden“ (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 347).<br />

Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des<br />

Verkehrs<br />

Tabelle 22 stellt nach Stadtstrukturtypen differenzierte <strong>und</strong> quantifzierte Kriterien<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des Verkehrs dar. Dabei<br />

wird Bezug genommen auf die wesentlichen Ziele einer Sicherung von Mindestdichten<br />

zur Gewährleistung eines tragfähigen <strong>und</strong> attraktiven ÖPNV-Angebots sowie<br />

zur Minimierung des Gesamtverkehrsaufwands.<br />

Die abgeleiteten Kriterien wurden <strong>für</strong> städtische Räume ermittelt <strong>und</strong> gehen davon<br />

aus, dass ein tragfähiges <strong>und</strong> attraktives ÖPNV-Angebot ein wesentlicher Bestandteil<br />

städtischer Qualität ist, den es zu sichern gilt. Natürlich sind, bei entsprechenden<br />

gesamtgesellschaftlichen Entscheidungen <strong>für</strong> eine deutliche Herabsenkung derzeitiger<br />

Standards oder <strong>für</strong> drastische Kostensteigerungen auch alternative Konzepte<br />

bei deutlich geringeren <strong>Dichte</strong>n denkbar. Gerade <strong>für</strong> ländliche Räume sind anstelle<br />

einer Sicherung der hier angegebenen Mindestdichten vielmehr Konzepte alternativer<br />

Versorgungsstrukturen zu diskutieren.<br />

Entsprechend der unterschiedlichen Ausgangsdichten <strong>und</strong> spezifischen Qualitäten<br />

der Stadtstrukturtypen werden <strong>für</strong> das ÖPNV-Angebot unterschiedliche Versorgungsstandards<br />

angenommen, die zu erhalten sind <strong>und</strong> die zu den jeweiligen Mindestdichten<br />

führen. Während z. B. <strong>für</strong> innerstädtische gründerzeitliche Blockbebauung<br />

sowie <strong>für</strong> dichte Großwohnsiedlungen in Plattenbauweise eine schienengeb<strong>und</strong>ene<br />

Erschließung erhalten werden sollte, ist <strong>für</strong> gering verdichtete Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebiete<br />

lediglich eine Erschließung durch den Busverkehr vorgesehen,<br />

die weitaus geringere <strong>Dichte</strong>n erfordert. Letztendlich ergeben sich <strong>für</strong> die verschiedenen<br />

Stadtstrukturtypen unterschiedliche Korridore angemessener <strong>Dichte</strong>n zur<br />

Sicherung eines tragfähigen ÖPNV, so sind <strong>für</strong> Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebiete<br />

Geschossflächenzahlen zwischen 0,1 <strong>und</strong> 0,4 vorzusehen (entspricht 20 bis 80<br />

Einwohner je ha Nettowohnbauland) <strong>und</strong> <strong>für</strong> die innerstädtische gründerzeitliche<br />

Blockbebauung Geschossflächenzahlen von 0,9 bis 1,2 (entsprechend 200 bis 260<br />

Einwohner je ha Nettowohnbauland).<br />

Da die <strong>Dichte</strong>angaben, auf die hier zurückgegriffen wird, vorrangig auf Studien beruhen,<br />

die vor dem Hintergr<strong>und</strong> von Wachstum erarbeitet wurden, erfolgt eine Anpassung<br />

an schrumpfende Städte. So werden bei Ableitung der <strong>Dichte</strong>ziele aus den<br />

zitierten <strong>Dichte</strong>modellen westdeutscher Großstädte die Klassen der höchsten <strong>Dichte</strong>werte,<br />

die vor einem kernstädtischen Hintergr<strong>und</strong> gesetzt wurden, ausgeblendet<br />

<strong>und</strong> vor allem <strong>Dichte</strong>zielwerte <strong>für</strong> Wohnbebauung mittlerer oder geringer <strong>Dichte</strong>n<br />

herangezogen.<br />

Zu berücksichtigen ist, dass diese <strong>Dichte</strong>n schwerlich allein durch siedlungsstrukturelle<br />

Maßnahmen gesichert werden können. Vielmehr scheint eine Ergänzung durch<br />

fiskalische Maßnahmen sinnvoll (SIEDENTOP et al. 2005, 41). Ebenso sollten verkehrsplanerische<br />

Handlungsansätze wie z. B. Telematik oder Förderung von Car-<br />

Sharing genutzt werden, um noch kurzfristig auftretende Nachfragespitzen abzufedern<br />

<strong>und</strong> eine weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bei abnehmender Bevölkerung<br />

zu vermeiden (AHRENS, HEINEMANN 2002, 66; HOLZ-RAU, SCHEINER 2004,<br />

347).


132 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Tabelle 22: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des<br />

Verkehrs differenziert nach Stadtstrukturtypen<br />

Stadtstrukturtyp Qualitative <strong>Dichte</strong>kriterien EW je ha<br />

brutto<br />

Block<br />

(36,6 m² Wohnfläche<br />

je Einwohner) 1<br />

Platte<br />

(29,4 m² Wohnfläche<br />

je Einwohner)<br />

Zeile<br />

(32 m² Wohnfläche je<br />

Einwohner)<br />

Geschosswohnungsbau<br />

nach 1990<br />

(37,9 m² Wohnfläche<br />

je Einwohner)<br />

Ein- /Zweifamilienhäuser<br />

(40 m² Wohnfläche<br />

je Einwohner)<br />

Sicherung eines guten<br />

ÖPNV-Angebots in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

Quantitative <strong>Dichte</strong>kriterien 2<br />

EW je ha<br />

netto<br />

GFZ<br />

Quelle<br />

140-180 200-260 0,9-1,2 Synopse<br />

<strong>Dichte</strong>modelle 3<br />

(U-Bahn, Straßenbahn, Bus) Min. 100 140 0,6 BREITLING 1974<br />

In Großstädten<br />

S-Bahn-Anschluss Min. 150 210 1,0 DROß 1996<br />

Sicherung eines guten<br />

ÖPNV-Angebots in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

180-230 250-330 0,9-1,2 Synopse<br />

<strong>Dichte</strong>modelle<br />

Min. 100 140 0,5 BREITLING 1974<br />

In Großstädten<br />

S-Bahn-Anschluss Min. 150 210 0,8 DROß 1996<br />

Sicherung eines guten<br />

ÖPNV-Angebots in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

Sicherung eines guten<br />

ÖPNV-Angebots in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

120-160 180-230 0,7-0,9 Synopse<br />

<strong>Dichte</strong>modelle<br />

Min. 100 140 0,6 BREITLING 1974<br />

110-130 150-190 0,7-0,9 Synopse<br />

<strong>Dichte</strong>modelle<br />

Min. 100 140 0,7 BREITLING 1974<br />

40-70 60-110 0,3-0,5<br />

Minimierung des Verkehrserschließungsaufwands<br />

60 80<br />

min.<br />

0,4<br />

Anschluss an den<br />

Busverkehr 15-60 20-80 0,1-0,4<br />

Minimierung des Verkehrserschließungsaufwands<br />

46 65 0,3<br />

60 80 0,4<br />

MARTI, HENZ<br />

2001<br />

BUCHERT et al.<br />

2004<br />

Eig. Berechnungen<br />

nach<br />

BREITLING 1974<br />

SIEDENTOP et<br />

al. 2006<br />

BUCHERT et al.<br />

2004<br />

1 Zur individuellen Wohnflächeninanspruchnahme in verschiedenen Stadtstrukturtypen s. Anhang IV<br />

2 Auf die angegebene Quelle zurückgehende <strong>Dichte</strong>werte sind jeweils fett hervorgehoben, die anderen Werte<br />

wurden errechnet.<br />

3 Da es sich hier um <strong>Dichte</strong>zielkorridore <strong>für</strong> schrumpfende Städte handelt, werden die in den <strong>Dichte</strong>modellen<br />

vor einem kernstädtischen Hintergr<strong>und</strong> gesetzten höchsten <strong>Dichte</strong>klassen hier nicht berücksichtig. Verwendet<br />

werden die <strong>Dichte</strong>klassen <strong>für</strong> Wohngebiete von, je nach Stadtstrukturtyp, hoher bis niedriger <strong>Dichte</strong>.<br />

5.2 Soziale Infrastruktur<br />

Die Einwohnerdichte im Einzugsbereich von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur<br />

ist eine wichtige Größe <strong>für</strong> die Tragfähigkeit dieser Einrichtungen. Sinkende Einwohnerdichten<br />

in schrumpfenden Städten haben demzufolge Auswirkungen auf die<br />

Versorgung mit sozialer Infrastruktur. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> stellt der folgende Teil<br />

zunächst die allgemeinen Zusammenhänge zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Versorgung mit<br />

sozialer Infrastruktur dar, um anschließend die Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

auf diese Infrastrukturen aufzuzeigen. Abschließend werden Kriterien


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 133<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der sozialen Infrastruktur<br />

abgeleitet.<br />

5.2.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> soziale Infrastruktur<br />

Der wirtschaftliche Betrieb sozialer Einrichtungen erfordert eine bestimmte Nutzerzahl<br />

in ihrem Einzugsbereich. Daher bestehen enge Beziehungen zwischen der<br />

Einwohnerdichte in einem Gebiet <strong>und</strong> der Entfernung zur nächsten Einrichtung.<br />

Nach einer kurzen Begriffsdefinition werden diese Zusammenhänge im Folgenden<br />

anhand einiger ausgewählter Einrichtungen der sozialen Infrastruktur exemplarisch<br />

dargestellt. Dabei werden solche Einrichtungen der sozialen Infrastruktur betrachtet,<br />

die im Zuge des demographischen Wandels besonders von Rückgängen der Nutzerzahlen<br />

betroffen sind wie Schulen <strong>und</strong> Kindergärten.<br />

Definition des Begriffs der sozialen Infrastruktur<br />

Soziale Infrastruktur <strong>und</strong> Gemeinbedarf werden hier synonym verwendet. Dabei<br />

umfasst die soziale Infrastruktur ein weites Spektrum an Einrichtungen <strong>und</strong> Anlagen,<br />

mit denen die Kommunen die öffentliche Daseinsvorsorge <strong>für</strong> ihre Bürger gewährleisten<br />

wie Einrichtungen des Bildungswesens, des Ges<strong>und</strong>heitswesens sowie Sozialeinrichtungen,<br />

Kultureinrichtungen, Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung<br />

<strong>und</strong> Sicherheit sowie Erholungs-, Sport- <strong>und</strong> Freizeiteinrichtungen. Zur sozialen Infrastruktur<br />

können auch solche Einrichtungen zählen, die der Allgemeinheit gegen<br />

Gebühr zur Verfügung stehen oder ihrem Eigentümer einen wirtschaftlichen Nutzen<br />

erbringen, sofern an ihnen ein öffentliches Interesse besteht (SCHÖNING, BORCHARD<br />

1992, 44; ZAPF 2005, 1025).<br />

<strong>Dichte</strong> als Einflussgröße <strong>für</strong> die Dimensionierung <strong>und</strong> Erreichbarkeit sozialer<br />

Infrastruktur<br />

Herausragendes Merkmal <strong>für</strong> die Dimensionierung sowie Bestimmung der Standorte<br />

der sozialen Infrastruktureinrichtungen ist die Einwohnerzahl (ZAPF 2005, 1029) <strong>und</strong><br />

bei altersspezifischen Einrichtungen die Altersstruktur der Bevölkerung (SIEDENTOP<br />

et al. 2006, 69). Bei diesen alterspezifischen Angeboten erfolgt die Dimensionierung<br />

der Einrichtungen anhand von angenommenen Versorgungs-/Nutzungsquoten der<br />

entsprechenden Altersjahrgänge. Tabelle 23 zeigt am Beispiel des Kindergartens<br />

wesentliche Größen <strong>für</strong> die Dimensionierung einer Einrichtung der sozialen Infrastruktur.<br />

Tabelle 23: Größen <strong>für</strong> die Dimensionierung von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur:<br />

Beispiel Kindergarten (KOCH 2005, 201, 205; KORDA 2005, 122; SCHÖNING, BOR-<br />

CHARD 1992, 48; SCHRAMM et al. 1981, 61)<br />

Kriterium Wert<br />

Nutzer Kinder im Alter von 3 bis 6,5 Jahren<br />

Nutzerpotenzial<br />

70-90 % der Kinder bei einem Bevölkerungsanteil von 0,6 bis<br />

0,7 % je Altersjahrgang<br />

Mindesteinzugsbereich 2.000-3.000 Einwohner<br />

Betriebsgröße 15-25 Kinder pro Gruppe bei einer Gruppe je Altersjahrgang<br />

Erreichbarkeit 300 bis maximal 600 m<br />

Die Tragfähigkeit der Einrichtungen der sozialen Infrastruktur ergibt sich aus deren<br />

Dimensionierung <strong>und</strong> Verortung im Wechselspiel mit der aus betriebsorganisatorischer<br />

Sicht günstigen Einrichtungsgröße <strong>und</strong> der daraus resultierenden Mindest-


134 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

einwohnerzahl im Einzugsbereich, den aus Nutzersicht zumutbaren Entfernungen<br />

<strong>und</strong> der zielgruppenspezifischen Bevölkerungsdichte im Einzugsbereich der Einrichtungen<br />

(SCHRAMM et al. 1981, 50ff.). Hohe Einwohnerdichten ermöglichen, dass <strong>für</strong><br />

die Tragfähigkeit sozialer Infrastrukturen erforderliche Mindesteinwohnerzahlen innerhalb<br />

geringerer Entfernungen erzielt werden. Geringe Einwohnerdichten hingegen<br />

führen dazu, dass die Beibehaltung von günstigen Einrichtungsgrößen <strong>und</strong> daraus<br />

resultierenden Mindesteinwohnerzahlen weitere Entfernungen zur nächsten<br />

Einrichtung verursachen (BREITLING 1974, 66).<br />

Abbildung 37: Beziehungen zwischen Einwohnerdichten, Entfernung vom Zentrum<br />

<strong>und</strong> Einwohnerzahl (Eigene Darstellung in Anlehnung an BREITLING 1974, 65) 30<br />

Einwohner je ha<br />

1000<br />

100<br />

78<br />

100<br />

200<br />

300<br />

500<br />

10000<br />

1000<br />

2000<br />

30000<br />

3000<br />

50000<br />

5000<br />

100000<br />

10<br />

100 350<br />

Entfernung in m<br />

600 1000<br />

Gr<strong>und</strong>schule<br />

600 m<br />

10.000 Einwohner<br />

100 EW / ha<br />

Kindergarten<br />

350 m<br />

3.000 Einwohner<br />

78 EW / ha<br />

Abbildung 37 illustriert den Zusammenhang zwischen Einwohnerdichte, Entfernung<br />

vom Zentrum <strong>und</strong> erzielbarer Einwohnerzahl anhand eines Nomogramms. Bei der<br />

vereinfachenden Annahme einer radialen Siedlungsstruktur ergibt sich aufgr<strong>und</strong> des<br />

quadratischen Verhältnisses aus Radius <strong>und</strong> Flächeninhalt bei sinkenden Einwohnerdichten<br />

eine deutliche Steigerung der Entfernungen zu den Einrichtungen. Wird<br />

z. B. angestrebt, einen Kindergarten in einem Radius von 350 m um einen Wohnort<br />

31 bereitzustellen, <strong>und</strong> ist hierzu eine Mantelbevölkerung von 3.000 Einwohnern<br />

erforderlich, so ergibt sich eine Mindesteinwohnerdichte innerhalb des Radius von<br />

78 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland, <strong>und</strong> damit von etwa 110 Einwohnern je ha<br />

Nettowohnbauland 32 . Eine Gr<strong>und</strong>schule im Umkreis von 600 m (<strong>und</strong> damit in einer<br />

30 10.000<br />

EW/ha brutto = Mantelbevölkerung ×<br />

r²π<br />

31 Dies beträgt bei einem bei einem Umwegefaktor von 25 % einer Entfernung von 440 m.<br />

32 Innerhalb eines Radius von 350 m befinden sich nicht nur reine Wohnbaugr<strong>und</strong>stücke,


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 135<br />

maximalen Wegeentfernung von 750 m) erfordert, bei einer Mantelbevölkerung von<br />

10.000 Einwohnern, eine <strong>Dichte</strong> von 100 Einwohnern je ha Brutto- <strong>und</strong> damit 140<br />

Einwohnern je ha Nettowohnbauland.<br />

Exkurs 11: Modellrechnung zu Einwohnerdichten, Wegeentfernungen <strong>und</strong> Betriebsgrößen<br />

am Beispiel von Kindergärten<br />

Anhand aktueller Bevölkerungszahlen <strong>für</strong> das Land Sachsen im Jahr 2004 sowie der bereits<br />

zitierten Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte zur Dimensionierung von Kindergärten erfolgt eine<br />

Modellierung der Zusammenhänge zwischen Einwohnerdichten, erforderlichen Betriebsgrößen<br />

<strong>und</strong> der Wegeentfernung zwischen Wohnort <strong>und</strong> Einrichtung. Dabei wird eine radiale<br />

Siedlungsstruktur angenommen. In den Modellrechnungen in Tabelle 24 bis Tabelle 26 werden<br />

jeweils zwei der drei Größen entsprechend der Orientierungswerte konstant gehalten <strong>und</strong><br />

die resultierende dritte Größe errechnet.<br />

Geht man von den definierten Normen einer maximalen Wegeentfernung von 500 m sowie<br />

einer Gruppengröße von 25 Kindern je Altersjahrgang aus, ergeben sich je nach Nutzungsquote<br />

im Altersjahrgang erforderliche Einwohnerdichten im Einzugsbereich des Kindergartens<br />

von 76 bis 102 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland (entsprechend 106-142 Einwohner je ha<br />

Nettowohnbauland). Geht man hingegen von einer derzeit <strong>für</strong> Einfamilienhausgebiete typischen<br />

Einwohnerdichte von 28 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland (40 Einwohnern je ha<br />

Nettowohnbauland) aus, ergibt sich bei einer Beibehaltung der Gruppengröße von 25 Kindern<br />

eine Wegeentfernung von 2.500 bis 3.000 m. Bei einer Einwohnerdichte von 28 Einwohnern<br />

je ha Bruttowohnbauland <strong>und</strong> einer definierten maximalen Entfernung von 500 m wäre eine<br />

drastische Reduzierung der Gruppengröße auf 7-9 Kinder erforderlich.<br />

Tabelle 24: Erforderliche Bruttoeinwohnerdichten <strong>für</strong> die Versorgung mit Kindergartenplätzen bei maximaler<br />

Wegeentfernung von 500 m <strong>und</strong> Gruppengröße von 25 Kindern je Altersjahrgang (Eigene Berechnung)<br />

Altersjahrgang <br />

Absolut<br />

1<br />

% Gesamtbevölkerung<br />

Nutzungs-<br />

quote im<br />

Altersjahrgang 2<br />

Gruppen-<br />

größe 3<br />

Bevölkerung<br />

im Einzugs-<br />

bereich 5<br />

Max.<br />

Entfernung<br />

in m 4<br />

Radius<br />

in m 6<br />

Einwohner<br />

je ha<br />

brutto 7<br />

3-4 31.754 0,74 0,66 25 5.118 500 400 102<br />

4-5 32.667 0,76 0,86 25 3.824 500 400 76<br />

5-6 30.775 0,72 0,91 25 3.815 500 400 76<br />

Tabelle 25: Wegeentfernung zum Kindergarten bei Einwohnerdichte von 28 EW/ha(brutto) <strong>und</strong> Gruppengröße<br />

von 25 Kindern je Altersjahrgang (Eigene Berechnung)<br />

Alters-<br />

jahr-<br />

gang<br />

Absolut<br />

% Gesamtbevölkerung<br />

Nutzungs-<br />

quote im<br />

Altersjahrgang<br />

Gruppen-<br />

größe<br />

Bevölkerung<br />

im Einzugs-<br />

bereich<br />

Einwohner<br />

je ha<br />

brutto<br />

Radius<br />

in m<br />

Max.<br />

Entfernung<br />

in m<br />

3-4 31.754 0,74 0,66 25 5.118 28 2.396 2.995<br />

4-5 32.667 0,76 0,86 25 3.824 28 2.071 2.589<br />

5-6 30.775 0,72 0,91 25 3.815 28 2.069 2.586<br />

Tabelle 26: Gruppengröße je Altersjahrgang von Kindergartengruppen bei Einwohnerdichte von 28<br />

EW/ha(brutto) <strong>und</strong> maximaler Wegeentfernung von 500 m (Eigene Berechnung)<br />

Alters-<br />

jahr-<br />

gang<br />

Absolut<br />

% Gesamtbevölkerung<br />

Nutzungs-<br />

quote im<br />

Altersjahrgang<br />

Einwohner<br />

je ha<br />

brutto<br />

Radius<br />

in m<br />

Maximale<br />

Entfernung<br />

in m<br />

Bevölkerung<br />

im Einzugsbereich<br />

Gruppen-<br />

größe<br />

3-4 31.754 0,74 0,66 28 400 500 1.407 7<br />

4-5 32.667 0,76 0,86 28 400 500 1.407 9<br />

5-6 30.775 0,72 0,91 28 400 500 1.407 9<br />

1 Werte <strong>für</strong> das Land Sachsen im Jahr 2004 nach STATISTISCHES LANDESAMT SACHSEN (2005, 37ff.)<br />

2 Durchschnittswerte <strong>für</strong> Kinder vor ihrer Einschulung <strong>für</strong> die Jahre 1984 bis 2003 nach HABICH, NOLL 2006, 475<br />

3 Richtwert nach KORDA, 2005, 122<br />

4 Bevölkerung im Einzugsbereich = 100 * (Gruppengröße ÷ % der Gesamtbevölkerung * Nutzungsquote)<br />

5 Richtwert nach SCHÖNING, BORCHARD, 1992, 48<br />

6 Wird von einer radialen Siedlungsstruktur ausgegangen, ergibt sich der Radius bei Annahme eines Umwegefaktors von 25 % als maximale<br />

Wegeentfernung ÷ 1,25.<br />

7 EW/ha brutto = Mantelbevölkerung × (10.000 ÷ r²π)<br />

die Bestandteil das Nettowohnbaulands sind, sondern auch gemeinsame Zubehörflächen<br />

weshalb es sich um das Bruttowohnbauland handelt (zur Definition von Netto- <strong>und</strong> Bruttowohnbauland<br />

siehe Kapitel 2.1.2).


136 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Das Zusammenspiel zwischen Einwohnerdichte, Wegeentfernung <strong>und</strong> tragfähiger<br />

Betriebsgröße zeigt sich ebenso anhand der vereinfachten Modellrechnung in<br />

Exkurs 11 am Beispiel der Versorgung mit Kindergartenplätzen.<br />

Für die erforderlichen Einwohnerzahlen im Einzugsbereich von sozialen Infrastrukturen<br />

sowie maximale Entfernungen im Hinblick auf deren Erreichbarkeit wurden in<br />

den 1970er Jahren vielfältige Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte aufgelistet. Richtwerte<br />

entstammten Ländergesetzen, Rechtsverordnungen <strong>und</strong> kommunalen Satzungen.<br />

Orientierungswerte wurden von Fachverbänden erarbeitet (REINHARDT, TRUDEL<br />

1979, 37ff.; ZAPF 2005, 1029).<br />

Tabelle 27 zeigt <strong>für</strong> ausgewählte Gemeinbedarfseinrichtungen die erforderlichen<br />

Einwohnerdichten im Einzugsbereich von Einrichtungen, die sich ergeben, wenn die<br />

Einhaltung bestehender in der Fachliteratur angegebener Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte<br />

<strong>für</strong> die Mindesteinwohnerzahl im Einzugsbereich sowie <strong>für</strong> maximale Entfernungen<br />

angestrebt wird. Die angegebenen Werte werden dabei übernommen, es<br />

erfolgt zunächst keine Anpassung an aktuelle gesellschaftliche Gegebenheiten.<br />

Tabelle 27: Einzugsbereiche, maximale Entfernungen <strong>und</strong> erforderliche Einwohnerdichten<br />

ausgewählter Gemeinbedarfseinrichtungen (BORCHARD 1983, 183ff.; KORDA<br />

2005, 119ff.; REINHARDT, TRUDEL 1979, 37ff.; SCHÖNING, BORCHARD 1992, 44ff.)<br />

Einrichtung Einzugsbereich Entfernung in m Radius in m1 Einwohnerdichte in<br />

EW je ha (brutto) 2<br />

Kindergarten<br />

2.000-3.000 300-600 240-480 27-165<br />

< 2.000 (einzügig) unter 700 560 20<br />

Gr<strong>und</strong>schule<br />

4.000-7.000 (zweizügig)<br />

7.000-10.000 (vierzügig)<br />

40 -71<br />

71-102<br />

9.500 (zweizügig) 700-1.300 560-1.040 27-96<br />

Hauptschule 20.000 (vierzügig) max. 2.000<br />

59-203<br />

Realschule<br />

20.000-30.000 1.000-1.300 800-1.040 59-149<br />

Gymnasium<br />

20.000-40.000 1.000-1.300 800-1.040 59-199<br />

1 Bei Annahme eines Umwegefaktors von 25 % (DROß 1996, 2.5)<br />

2 EW/ha brutto = Mantelbevölkerung × (10.000 ÷ r²π)<br />

Tabelle 27 verdeutlicht, dass <strong>für</strong> eine Versorgung mit sozialer Infrastruktur entsprechend<br />

der in der Fachliteratur angegebenen Richtwerte zum Teil so hohe Einwohnerdichten<br />

erforderlich sind, wie sie nicht mehr in allen Siedlungsformen, vor allem<br />

nicht in gering verdichteten Einfamilienhausgebieten, gewährleistet werden können<br />

(zu typischen <strong>Dichte</strong>n verschiedener Wohnformen siehe auch Tabelle 35, S. 156).<br />

Die den Berechnungen zu Gr<strong>und</strong>e liegenden Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte werden<br />

heute weiterhin in Städtebaulehrbüchern angegeben (siehe z. B. KORDA 2005,<br />

119ff.; SCHÖNING, BORCHARD 1992, 44ff.), allerdings vor allem auch aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />

ausgebliebenen Anpassung an derzeitige soziale Verhältnisse <strong>und</strong> Lebensstile heftig<br />

kritisiert. Beanstandet werden unter anderem eine mangelnde Berücksichtigung<br />

der vielfältigen Einflussgrößen <strong>für</strong> den Bedarf bzw. das sozial wünschbare Angebot,<br />

eine mangelnde regionale <strong>und</strong> lokale Passfähigkeit sowie eine mangelnde Berücksichtigung<br />

von Qualitätsmerkmalen bei Nutzung rein quantitativer Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte<br />

(ZAPF 2005, 1029).<br />

So ist z. B. bei den angegebenen Werten der Mantelbevölkerung <strong>für</strong> Kindergärten<br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen zu berücksichtigen, dass hier von deutlich höheren Anteilen der


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 137<br />

jeweiligen Kinderjahrgänge an der Gesamtbevölkerung ausgegangen wird. So nehmen<br />

REINHARDT, TRUDEL (1979, 43) auf der Gr<strong>und</strong>lage der damaligen Verhältnisse<br />

in Baden-Württemberg an, dass der prozentuale Anteil eines Geburtsjahrgangs an<br />

der Bevölkerung 1,13 % beträgt. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage definieren sie Orientierungswerte<br />

einer <strong>Dichte</strong> von 120 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland <strong>für</strong> die Sicherstellung<br />

der fußläufigen Erreichbarkeit (350 m) des Kindergartens bei einer angenommen<br />

erforderlichen Mantelbevölkerung von 3.000 Einwohnern. In Sachsen werden<br />

<strong>für</strong> die derzeitigen Jahrgänge im Kindergartenalter allerdings nur noch Anteile von<br />

ca. 0,75 % der Gesamtbevölkerung erreicht (Eigene Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage<br />

von Daten des STATISTISCHEN LANDESAMTS SACHSEN 2005, 37f.). Geht man wie<br />

REINHARDT <strong>und</strong> TRUDEL von einem Versorgungsgrad von 0,75 eines Jahrgangs sowie<br />

von einer Gruppengröße von 25 Kindern je Jahrgang aus, ergibt sich bei der<br />

aktuell deutlich geringeren Kinderdichte eine erforderliche Mantelbevölkerung von<br />

4.400 Einwohnern, während auch bei aktuellen Orientierungswerten noch von einer<br />

Mantelbevölkerung von 2.000-3.000 Einwohnern ausgegangen wird (KORDA 2005,<br />

122). Bei Beibehaltung des Ziels einer fußläufigen Erreichbarkeit in maximal 350 m<br />

Entfernung ist dementsprechend eine höhere Einwohnerdichte von 180 Einwohnern<br />

je ha Bruttowohnbauland erforderlich. Ebenso würde sich der von REINHARDT, TRU-<br />

DEL (1979, 44) formulierte Zielwert einer Einwohnerdichte von 100 Einwohnern je ha<br />

Bruttowohnbauland zur Gewährleistung der fußläufigen Erreichbarkeit (max. 700 m)<br />

einer vierzügigen Gr<strong>und</strong>schule mit einer Klassenstärke von 26 Schülern auf eine<br />

erforderliche Einwohnerdichte von 180 Einwohnern je ha erhöhen.<br />

Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die in Tabelle 27 aufgelisteten Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte<br />

derzeit bereits nicht eingehalten werden können, vor allem im gering<br />

besiedelten ländlichen Raum. So ermittelten SIEDENTOP et al. (2006, 82) anhand<br />

einer Modellrechnung <strong>für</strong> die Region Havelland-Fläming folgende status-quo-<br />

Verteilung der aktuellen Entfernungen zwischen Wohnung <strong>und</strong> Einrichtung (dargestellt<br />

am Beispiel Gr<strong>und</strong>schule).<br />

Tabelle 28: Ermittelte Entfernung zwischen Wohnung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schule in<br />

der Region Havelland-Fläming unter status-quo Bedingungen 2003<br />

(Modifizierte Darstellung nach SIEDENTOP et al. 2006, 82)<br />

Wohnort der Nachfrager Für 50% … Für 75%... Für 95%...<br />

(Gemeindetyp) … der Nachfrager ist die nächste Gr<strong>und</strong>schule nicht weiter entfernt als<br />

Gering verdichtet 2,5 km 4,4 km 7,3 km<br />

Moderat verdichtet 1,1 km 1,8 km 3,7 km<br />

Verdichtet 0,7 km 1,2 km 2,1 km<br />

Der vielfach genannte Orientierungswert einer maximalen Entfernung von 700 m bis<br />

zur nächsten Gr<strong>und</strong>schule (KORDA 2005, 123; REINHARDT, TRUDEL 1979, 44) kann<br />

demzufolge lediglich <strong>für</strong> 50 % der Nachfrager in den verdichteten Gemeinden der<br />

Region erreicht werden.<br />

5.2.2 Soziale Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />

Sowohl Bevölkerungsrückgänge als auch der demographische Wandel haben Auswirkungen<br />

auf die Tragfähigkeit von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur. Im Folgenden<br />

werden die generellen Auswirkungen dieser Prozesse beschrieben, der<br />

Anstieg der Pro-Kopf-Kosten bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n dargestellt sowie Tragfähigkeitsschwellen<br />

von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur diskutiert.


138 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> demographischem Wandel auf die soziale<br />

Infrastruktur<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Tragfähigkeit von<br />

Einrichtungen der sozialen Infrastruktur. Bei abnehmenden Bevölkerungszahlen <strong>und</strong><br />

Einwohnerdichten ist eine wachsende Diskrepanz der Versorgung unvermeidbar<br />

(SCHÖNING, BORCHARD 1992, 44; GUTSCHE 2006, 271). Anhaltende Bedarfsrückgänge<br />

führen zu steigenden Kosten <strong>für</strong> die Träger der Einrichtungen, zur Notwendigkeit<br />

der Schließung von Einrichtungsstandorten, der Ausdünnung des Versorgungsnetzes<br />

<strong>und</strong> damit zu einer verschlechterten Erreichbarkeit <strong>für</strong> die Nutzer. Damit<br />

verb<strong>und</strong>en kann ein Abwärtstrend der betroffenen Stadtteile durch einen Verlust<br />

von Standortattraktivität <strong>und</strong> gesellschaftlicher Stigmatisierung verb<strong>und</strong>en sein. In<br />

Folge von Bedarfsrückgängen ist es fraglich, ob auch in Zukunft flächenhafte Verteilmuster<br />

der Angebote mit Wohngebietsbezug aufrecht erhalten werden können<br />

(KOCH 2005, 200ff.; KOZIOL et al. 2005, 5). GUTSCHE (2006, 273) verweist auf die<br />

erhebliche Relevanz der Frage nach der zumutbaren Entfernung zu Infrastruktureinrichtungen,<br />

die vor allem bei der Schließung von Einrichtungen im suburbanen <strong>und</strong><br />

ländlichen Raum an Bedeutung gewinnt.<br />

Auf die soziale Infrastruktur wirkt sich weniger der Bevölkerungsrückgang an sich<br />

als vielmehr die veränderte Altersstruktur der Bevölkerung im Zuge des demographischen<br />

Wandels aus. So konnten SIEDENTOP et al. (2006, XIII) nachweisen, dass<br />

sich auch bei Betrachtung verschiedener Szenarien <strong>für</strong> die Region Havelland-<br />

Fläming die Gesamtkosten der untersuchten Infrastrukturbereiche (Schule, Kindertagesstätten,<br />

Pflege <strong>und</strong> Sport) bis 2020 kaum verändern werden. Allerdings komme<br />

es zu einer Verschiebung zwischen den Infrastrukturbereichen mit einem deutlichen<br />

Zuwachs im Pflegebereich von über 50 % <strong>und</strong> rückläufigen Gesamtkosten <strong>für</strong><br />

den Infrastrukturbereich Schule um etwa 15 % (SIEDENTOP et al. 2006, 183).<br />

Parallel zu den quantitativen Bedarfsrückgängen in Folge von Bevölkerungsrückgängen<br />

erfolgen auch qualitative Bedarfsänderungen. So steigen die Anforderungen<br />

an soziale Infrastrukturen in den Bereichen öffentliche Kinderbetreuung, Integration<br />

von Kindern aus Migrantenfamilien sowie bedarfsgerechte Versorgung der alternden<br />

Bevölkerung. Neue Aufgaben der Versorgung mit sozialer Infrastruktur entstehen<br />

auch dann, wenn im Zuge eines durch Überalterung der Gesellschaft hervorgerufenen<br />

Fachkräftemangels zunehmend Lösungen <strong>für</strong> die Vereinbarkeit von Kinderbetreuung<br />

<strong>und</strong> Erwerbstätigkeit gef<strong>und</strong>en werden müssen (BAUMGART 2006, 215).<br />

Diese Qualitätsanforderungen stellen die (vor allem öffentlichen) Träger sozialer<br />

Infrastrukturen vor besondere Herausforderungen (KOCH 2005, 200f.; ZAPF 2005,<br />

1030).<br />

Anstieg der Pro-Kopf-Kosten bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n<br />

Siedlungsstrukturen geringer <strong>Dichte</strong> verursachen zum Teil deutlich höhere spezifische<br />

Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung sozialer Infrastrukturen als verdichtete Siedlungen.<br />

In schrumpfenden Gebieten sind die spezifischen Kosten pro Kopf höher als in<br />

stabilen oder gar wachsenden Räumen. Besonders hoch sind die spezifischen Pro-<br />

Kopf-Kosten in gering verdichteten <strong>Schrumpfung</strong>sgebieten (SIEDENTOP et al. 2006,<br />

191). Diese hohen spezifischen Kosten erklären sich durch einen überdurchschnittlichen<br />

Anteil schlecht ausgelasteter Einrichtungen sowie einen hohen Anteil kleiner,<br />

weniger kosteneffizienter Einrichtungen (GUTSCHE 2006, 274).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 139<br />

Exkurs 12: Entwicklung der Kosten der sozialen Infrastruktur in der Region Havelland-<br />

Fläming (Trendszenario)<br />

Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Siedlungsentwicklung <strong>und</strong> Infrastrukturfolgekosten –<br />

Bilanzierung <strong>und</strong> Strategieentwicklung“ des BBR modellierten SIEDENTOP et al. (2006) am<br />

Beispiel der Planungsregion Havelland-Fläming unter anderem die Entwicklung der einwohnerspezifischen<br />

Kosten zur Bereitstellung der sozialen Infrastruktur. Bei der Region Havelland-Fläming<br />

handelt es sich um eine gering verdichtete Region mit einer polarisierten Entwicklung<br />

zwischen Bevölkerungsgewinnen in stärker verdichteten Gemeinden im Berliner<br />

Umland <strong>und</strong> Bevölkerungsverlusten in kleinen <strong>und</strong> ländlich geprägten Gemeinden (SIEDEN-<br />

TOP et al. 2006, XI). Dabei werden neun Gemeindetypen vergleichend betrachtet: die Gemeindetypen<br />

verdichtet, moderat verdichtet <strong>und</strong> gering verdichtet jeweils in den Ausprägungen<br />

schrumpfend, stabil <strong>und</strong> wachsend.<br />

Tabelle 29 verdeutlicht, anhand der Annahmen des Trendszenarios, dass zwischen der<br />

Entwicklung der Infrastrukturkosten z. T. deutliche Unterschiede zwischen den Gemeindetypen<br />

bestehen. Während in wachsenden Gemeinden mit städtischer Siedlungsstruktur die<br />

Kosten jeweils unterdurchschnittlich im Hinblick auf den regionalen Durchschnitt sind, überschreiten<br />

die Kosten in schrumpfenden Gemeinden mit lockerer Siedlungsstruktur den regionalen<br />

Durchschnitt. Entsprechend der unterschiedlichen siedlungsstrukturellen Abhängigkeit<br />

der verschiedenen Infrastrukturbereiche variiert die Größe der Spanne zwischen minimalen<br />

<strong>und</strong> maximalen Kosten erheblich. Eine hohe Reagibilität ergibt sich z. B. <strong>für</strong> den Infrastrukturbereich<br />

Sport <strong>und</strong> eine kaum spürbare Reagibilität, d. h. eine hohe Anpassungsfähigkeit<br />

<strong>für</strong> den Bereich Kindertagesstätten (SIEDENTOP et al. 2006, 202). Neben diesen unterschiedlichen<br />

Kostenreagibilitäten der Infrastrukturen sind auch regionale Entwicklungsbedingungen<br />

der Nachfrage nach den Infrastrukturbereichen ausschlaggebend <strong>für</strong> die spezifischen<br />

Kosten. So können die geringen regionalen Kostendifferenzen im Bereich Pflege vor<br />

allem durch die starken zu erwartenden Nachfragezunahmen zwischen 2002 <strong>und</strong> 2020 erklärt<br />

werden, die dazu führen, dass alle Pflegeeinrichtungen im unkritischen Auslastungsbereich<br />

arbeiten. Sportplätze hingegen waren bereits zu Beginn des Betrachtungszeitraums<br />

unterausgelastet, so dass sich gerade in gering verdichteten Räumen zusätzliche Nachfragerückgänge<br />

in extremen Kostensteigerungen niederschlagen, wenn ein erreichbares Angebot<br />

gesichert werden soll (GUTSCHE 2006, 279).<br />

Tabelle 29: Spannweite der Entwicklung der spezifischen Kosten <strong>für</strong> die Versorgung<br />

der Bevölkerung aus unterschiedlichen Gemeindetypen in der Region Havelland-<br />

Fläming mit sozialer Infrastruktur bei trendgemäßer Siedlungs- <strong>und</strong> Bevölkerungsentwicklung<br />

2020 (GUTSCHE 2006, 275)<br />

Spezifische Kosten pro Nachfrager (Trend 2020) 1<br />

...in schrumpfenden Gemeinden<br />

mit lockerer Siedlungsstruktur<br />

...in wachsenden Gemeinden mit<br />

städtischer Siedlungsstruktur<br />

Gr<strong>und</strong>schulen 124 % 90 %<br />

Schulen der Sek<strong>und</strong>arstufe I 125 % 84 %<br />

Kindertagesstätten 103 % 99 %<br />

Sportplätze 166 % 55 %<br />

Sporthallen 127 % 80 %<br />

Hallenbäder 109 % 88 %<br />

Vollstationäre Dauerpflege 102 % 99 %<br />

1) Spezifische Kosten von 100 % entsprechen dem regionalen Durchschnitt in 2020<br />

Die Abhängigkeit der Kosten von siedlungs- <strong>und</strong> bevölkerungsstrukturellen Entwicklungen<br />

ergibt sich aus den Eigenschaften der jeweiligen Infrastrukturen wie z. B.<br />

dem Verhältnis von Personalkosten zu Gebäudekosten, dem Anteil der Fixkosten<br />

oder den Mindestgrößen von Einrichtungen. Ein Kostenanstieg ist vor allem bei Infrastrukturen<br />

mit hoher Kostenremanenz (z. B. durch einen hohen Fixkostenanteil),<br />

mit kleinen Einzugsbereichen sowie mit einer hohen Mindestgröße im Verhältnis zur<br />

Anzahl der Nachfrager im Betrachtungsraum zu beobachten (SIEDENTOP et al. 2006,


140 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

202; GUTSCHE 2006, 276f.). Je nach den spezifischen Eigenschaften ergibt sich <strong>für</strong><br />

jeden Infrastrukturtyp ein unterschiedlicher Schwellenwert, ab dem aufgr<strong>und</strong> von<br />

Unterauslastung der Einrichtungen die spezifischen Kosten je Nachfrager steil ansteigen.<br />

Als anpassungsfähig im Hinblick auf siedlungs- <strong>und</strong> bevölkerungsstrukturelle<br />

Veränderungen erweist sich der Bereich Kindertagesstätten, als besonders wenig<br />

flexibel, aufgr<strong>und</strong> von hohen Mindestgrößen der Bereich Sportanlagen. Ein mittlere<br />

Anpassungsfähigkeit weisen die Infrastrukturbereiche Schule <strong>und</strong> Pflege auf (SIE-<br />

DENTOP et al. 2006, 202).<br />

Neben der Siedlungsstruktur bestimmen die Nachfrageentwicklung sowie die bisherige<br />

Auslastung (Angebotsüberhänge bzw. -defizite) die Kostenentwicklung sozialer<br />

Infrastrukturen. Ein starker Kostenanstieg zeigt sich besonders in Fällen stark zurückgehender<br />

Nachfrage sowie eines Angebotsüberhangs vor Beginn der Betrachtungsperiode<br />

(SIEDENTOP et al. 2006, 199).<br />

Tragfähigkeitsschwellen der sozialen Infrastruktur<br />

Soziale Infrastrukturen zeichnen sich, aufgr<strong>und</strong> einer hohen Flexibilität in der Leistungsbereitstellung,<br />

zunächst durch eine bessere Anpassfähigkeit bei Bevölkerungsrückgängen<br />

aus. Im Gegensatz zur leitungsgeb<strong>und</strong>enen technischen Infrastruktur<br />

besteht keine physische Verbindung zwischen Wohnstandorten <strong>und</strong> Nutzern, <strong>und</strong><br />

Nachfrager können auch bei der Schließung von Einrichtungen noch so lange versorgt<br />

werden, wie Einrichtungen in vertretbarer Entfernung erreichbar sind. Vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> besserer Anpassungs- <strong>und</strong> Substitutionsmöglichkeiten werden bei Einrichtungen<br />

sozialer Infrastrukturen, im Zuge sozialpolitischer Verteilungskämpfe,<br />

allerdings auch häufiger Schließungsdebatten geführt (GUTSCHE 2006, 271f.).<br />

Die Kosten sozialer Infrastrukturen werden vor allem durch die Personalkosten bestimmt,<br />

die im Falle von <strong>Schrumpfung</strong> durch Personalabbau flexibler reduziert werden<br />

können als die in den Netzen <strong>und</strong> Anlagen der technischen Infrastrukturen enthaltenen<br />

Fixkosten (GUTSCHE 2006, 271f.). Daher lassen sich die spezifischen Kosten<br />

pro Nutzer bei Bevölkerungsrückgängen zunächst bis zu einer Schwelle weitgehend<br />

konstant halten. Innerhalb dieser Spanne können Bedarfsrückgänge ggf. noch<br />

dazu beitragen, dass die spezifischen Interessen der Nachfrager eine bessere Berücksichtigung<br />

finden (KOCH 2005, 200f.).<br />

KOZIOL et al. (2005, 4f.) gehen davon aus, dass aufgr<strong>und</strong> der hohen Flexibilität der<br />

sozialen Infrastruktur die Anpassung an sinkende Auslastungszahlen keinen flächenhaften<br />

Rückbau der Wohngebäude auf der Quartiersebene erfordere. Aufgr<strong>und</strong><br />

häufig stadtweiter oder auch stadtregionaler Einzugsbereiche würden sich z. B. sinkende<br />

Schülerzahlen nicht auf der Quartiersebene niederschlagen. Einrichtungen<br />

der sozialen Infrastruktur könnten durch Verkleinerung oder Schließung einzelner<br />

Einrichtungen flexibel an disperse städtische <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse angepasst<br />

werden.<br />

RINGEL, WEIDNER (2006, 20-52) modellieren die Auswirkungen verschiedener<br />

<strong>Schrumpfung</strong>svarianten in den Baustrukturtypen „Gründerzeit“, „Großwohnsiedlung“,<br />

„Wohnsiedlung 50-/60er Jahre“ <strong>und</strong> „Einfamilienhausgebiet“ <strong>und</strong> kommen zu<br />

dem Ergebnis, dass die sozialen Infrastrukturen (Schule u. Kindertagesstätte) in den<br />

meisten Fällen problemlos an die veränderten Entwicklung angepasst werden können.<br />

Probleme der Unterauslastung, die eine Schließung von Einrichtungen erfordern,<br />

ergeben sich demnach lediglich bei ungesteuerter <strong>Schrumpfung</strong> („Liegenlassen“)<br />

in gründerzeitlichen Strukturen, in Wohnsiedlungen der 1950er <strong>und</strong> 1960er<br />

Jahre sowie in Einfamilienhausgebieten. Für den Strukturtyp „Großwohnsiedlung“


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 141<br />

wird davon ausgegangen, dass, aufgr<strong>und</strong> eines Zuzugs sozial schwacher Familien,<br />

die Auslastung der Schulen <strong>und</strong> Kindertagesstätten stabil bei 55 % gehalten werden<br />

kann (RINGEL, WEIDNER 2006, 33).<br />

Für Havelland-Fläming konnte z. B. <strong>für</strong> Gr<strong>und</strong>schulen nachgewiesen werden, dass<br />

erst ab einer Auslastung von etwa 50 % die spezifischen Gesamtkosten pro Schüler<br />

deutlich ansteigen (GUTSCHE 2006, 272). Aus der Analyse von städtischen Einzelbeispielen<br />

folgern KOZIOL et al. (2005, 4f.), dass zumindest bis zu einem Rückgang<br />

der Schülerzahlen um etwa 40 % eine Anpassung der Pro-Kopf-Kosten möglich sei.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der landesgesetzlichen Vorgaben der Zweizügigkeit von Schulen könnten<br />

Unterauslastungen, die zu Schulschließungen führen, schon früher erreicht werden,<br />

z. B. im untersuchten Fallbeispiel Schwerin bereits bei einem Rückgang der Schülerzahlen<br />

um 32 %. Als Tragfähigkeitsschwelle von Kinderbetreuungseinrichtung<br />

wird eine Abnahme der Kinder im Alter von 0-10 Jahren um 60 % genannt, bis zu<br />

der die Stabilisierung der Pro-Kopf-Kosten bei Anpassungsstrategien gewährleistet<br />

werden könne (bei Beibehaltung der Norm von mindestens 2 Betreuungspersonen).<br />

In drei von fünf untersuchten Städten seien die Kinderzahlen im betrachteten Zeitraum<br />

bereits um 50 % zurückgegangen, so dass bei einem weiteren Rückgang der<br />

Kinderzahlen kritische Auslastungswerte bei einer Vielzahl von Einrichtungen erreicht<br />

würden.<br />

Um optimale Betriebsgrößen <strong>und</strong> ausreichende Auslastungen von Einrichtungen der<br />

sozialen Infrastruktur wie z. B. Schulen zu ermöglichen sowie zusätzlichen Aufwand<br />

<strong>für</strong> den Besuch dieser Einrichtungen zu vermeiden nennen HEZEL et al. (1983, 168)<br />

eine Geschossflächenzahl von 0,3 als untere Grenze der baulichen Verdichtung.<br />

5.2.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus<br />

Sicht der sozialen Infrastruktur<br />

Basierend auf der dargestellten Analyse werden als zusammenfassende Ergebnisse<br />

sowohl qualitative Ziele der Versorgung mit sozialer Infrastruktur in schrumpfenden<br />

Städten als auch nach Stadtstrukturtypen differenzierte quantifizierte Zielkorridore<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n aufgezeigt.<br />

Ziele der Versorgung mit sozialer Infrastruktur in schrumpfenden Städten –<br />

qualitative Kriterien<br />

Oberstes Ziel der Versorgung mit sozialer Infrastruktur ist, im Zuge der Daseinsvorsorge,<br />

die flächendeckende Gewährleistung eines Zugangs zu Einrichtungen der<br />

sozialen Infrastruktur. Gerade in Bereichen der Infrastrukturversorgung, in denen es<br />

aufgr<strong>und</strong> des demographischen Wandels zu einer Ausdünnung der Nutzerzahlen<br />

kommt, kann es im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen zu Kostensteigerungen,<br />

Schließung von Einrichtungen <strong>und</strong> damit einer erschwerten Erreichbarkeit durch die<br />

Nutzer kommen. BAUMGART (2006, 222) schlägt Prüfverfahren der Sozialverträglichkeit<br />

vor, um die Daseinsvorsorge auch bei <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Stadtumbauprozessen<br />

zu sichern.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind gerade in Stadtstrukturen, in denen ein städtisches<br />

Versorgungsangebot mit entsprechenden Erreichbarkeiten gesichert werden soll,<br />

ungesteuerte <strong>und</strong> disperse <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse zu vermeiden. Dies gilt vor allem<br />

<strong>für</strong> gründerzeitliche Gebiete, Zeilenbausiedlungen <strong>und</strong> städtische Einfamilienhausgebiete.


142 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

In gering verdichteten ländlichen Gebieten sollte allerdings nach alternativen Wegen<br />

der angemessenen Versorgung mit sozialer Infrastruktur gesucht werden. Bereits<br />

heute können in ländlichen Gebieten die in Form von Orientierungswerten festgelegten<br />

Entfernungsnormen nur <strong>für</strong> einen sehr kleinen Anteil der Nutzer gewährleitestet<br />

werden (SIEDENTOP et al. 2006, 82; vgl. Tabelle 28). Wie in Exkurs 11 gezeigt, können<br />

bei Kindergärten (<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen) die Standards der erforderlichen Mindestbetriebsgrößen<br />

reformiert oder auch weitere Entfernungen zur nächsten Einrichtung<br />

akzeptiert werden, allerdings mit den entsprechenden Konsequenzen der Kostensteigerungen.<br />

Diskutiert werden in diesem Zusammenhang Möglichkeiten zur Flexibilisierung von<br />

Angeboten z. B. durch ambulante Dienste von Sozialstationen. Durch diese mobilen<br />

Angebote kann zwar keine dauerhafte Präsenz vor Ort erreicht werden, jedoch eine<br />

Minimalversorgung sichergestellt werden. Das Internet bietet zusätzliche Möglichkeiten<br />

zur Abwicklung von Dienstleistungen der Verwaltung, die keine persönliche<br />

Ansprache erfordern wie z. B. Informationsdienste (ZAPF 2005, 1030). Zwischenlösungen<br />

<strong>und</strong> organisatorische Anpassungen wie z. B. Nutzungsüberlagerungen können<br />

die Möglichkeit bieten, auch bei Rückbau die Versorgungsqualität in einem höheren<br />

Maße zu gewährleisten <strong>und</strong> ggf. veränderten Nachfragestrukturen zu entsprechen<br />

(KOCH 2005, 208).<br />

Trotz dieser Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Angebote der sozialen Infrastrukturen,<br />

scheint es letztendlich zielführend, zur Sicherung einer Mindestausstattung<br />

des städtischen Raums die Einhaltung von Mindestdichten anzustreben, die im Folgenden<br />

benannt werden.<br />

Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der sozialen<br />

Infrastruktur<br />

Trotz der generellen Kritik an Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten <strong>für</strong> die Dimensionierung<br />

von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur wird betont, dass solche Werte<br />

auch gerade im Rahmen des Rückbaus von Bedeutung sind (ZAPF 2005, 1030),<br />

z. B. als sozial- sowie finanzpolitische Entfernungsnormen (GUTSCHE 2006, 273).<br />

Angesichts der dargelegten Zusammenhänge zwischen Entfernung, Mindesteinwohnerzahl<br />

<strong>für</strong> die Tragfähigkeit von Einrichtungen <strong>und</strong> Einwohnerdichte könnte<br />

auch, zumindest <strong>für</strong> städtische Gebiete, die Verständigung auf Mindestdichten eine<br />

Alternative darstellen, um die Finanzierbarkeit sozialer Infrastrukturen zu sichern.<br />

Je nach Stadtstrukturtyp mit seiner typischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> einem üblichen Ausstattungsstandard<br />

sind hierbei zunächst Ziele festzulegen, welche Ausstattungsstandards<br />

auch unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen zu erhalten sind. Diese Standards<br />

beinhalten das jeweilige Einrichtungsangebot, das in einem Strukturtyp erwartet<br />

wird, ebenso wie eine maximale Entfernung bis zur nächsten Einrichtung eines bestimmten<br />

Typs. Dabei wird gr<strong>und</strong>sätzlich von den Angebotsqualitäten städtischer<br />

Strukturen bei weitgehender Beibehaltung derzeitiger Versorgungsstrukturen ausgegangen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 143<br />

Tabelle 30: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der<br />

sozialen Infrastruktur differenziert nach Stadtstrukturtypen (Eigene Darstellung)<br />

Stadtstrukturtyp Ausstattung<br />

Block<br />

(36,6 m² Wohnfläche<br />

je Einwohner) 1<br />

Platte<br />

(29,4 m² Wohnfläche<br />

je Einwohner)<br />

Zeile<br />

(32 m² Wohnflache<br />

je Einwohner)<br />

Geschosswohnungsbau<br />

nach 1990<br />

(37,9 m² Wohnfläche<br />

je Einwohner)<br />

Ein- /<br />

Zweifamilienhäuser<br />

(40 m² Wohnfläche<br />

je Einwohner)<br />

Kindergarten in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

Gr<strong>und</strong>schule in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

(zweizügig)<br />

Entfernung<br />

2<br />

Quantitative <strong>Dichte</strong>kriterien<br />

EW je<br />

ha<br />

brutto 3<br />

EW je ha<br />

netto<br />

GFZ<br />

Quelle<br />

350 m 150 210 1,0 Eigene<br />

Berechnung 4<br />

700 m 80-100 110-140 0,5-0,6 Eigene<br />

Berechnung 5<br />

350 m 150 210 0,8 Eigene<br />

Berechnung4 Kindergarten in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

500 m 70 100 0,4 Eigene<br />

Gr<strong>und</strong>schule in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

(zweizügig)<br />

Kindergarten in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

Gr<strong>und</strong>schule in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

(zweizügig)<br />

Kindergarten in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

Gr<strong>und</strong>schule in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

(zweizügig)<br />

Vermeidung der<br />

Entstehung sozialer<br />

Kosten <strong>für</strong> den<br />

Gemeinbedarf<br />

Kindergarten in<br />

fußläufiger Erreichbarkeit<br />

Berechnung 4<br />

700 m 80-100 110-140 0,4-0,5 Eigene<br />

Berechnung 5<br />

500 m 70 100 0,4 Eigene<br />

Berechnung 4<br />

700 m 80-100 110-140 0,5-0,6 Eigene<br />

Berechnung 5<br />

500 m 70 100 0,5 Eigene<br />

Berechnung 4<br />

700 m 80-100 110-140 0,5-0,7 Eigene<br />

Berechnung 5<br />

- 40 60 0,3<br />

HEZEL et al.<br />

1983<br />

600 m 50 70 0,35 Eigene<br />

Berechnung 4<br />

1 Zur individuellen Wohnflächeninanspruchnahme in verschiedenen Stadtstrukturtypen s. Anhang IV<br />

2 Bei Annahme einer radialen Siedlungsstruktur sowie eines Umwegefaktors von 25 % ergibt sich der Radius <strong>für</strong><br />

die Berechnung der Einwohnerdichte als r = maximale Wegeentfernung ÷ 1,25<br />

3 EW/ha brutto = Mantelbevölkerung x (10.000 ÷ r² π)<br />

4 Ausgehend von einer Besetzung eines Kindergartenjahrgangs mit 0,75 % der Gesamtbevölkerung, einem<br />

Versorgungsgrad von 90 % <strong>und</strong> einer Gruppengröße von 25 Kindern.<br />

5 Ausgehend von einer Besetzung von 0,55 % bis 0,7 % des Altersjahrgangs, die der derzeitigen Besetzung in<br />

Sachsen entspricht (STATISTISCHES LANDESAMT SACHSEN 2005, 37f.), einem Versorgungsgrad von 0,95 je<br />

Gr<strong>und</strong>schuljahrgang (REINHARDT, TRUDEL 1979, 43f.) sowie einer Klassenstärke von 25 Kindern (KORDA 2005,<br />

123).<br />

Tabelle 30 zeigt einen solchen nach Stadtstrukturtypen differenzierten Ausstattungskatalog<br />

anhand der Beispiele Kindergärten <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen, die in Folge


144 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

des demographischen Wandels besonders von einem Rückgang der Nachfrager<br />

betroffen sind. Während z. B. in einem gründerzeitlichen Quartier die fußläufige Erreichbarkeit<br />

des nächsten Kindergartens innerhalb eines Umkreises von 350 m erwartet<br />

wird, kann diese Entfernung in einer Zeilenbausiedlung auch 500 m <strong>und</strong> in<br />

einem Einfamilienhausgebiet 700 m betragen. Auch wird in geringer verdichteten<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten nicht unbedingt von der fußläufigen Erreichbarkeit<br />

einer Gr<strong>und</strong>schule <strong>für</strong> alle Schüler ausgegangen. Geht man vereinfachend von<br />

einer radialen Siedlungsstruktur aus, lassen sich anhand der Mindestausstattung mit<br />

Einrichtungen, deren minimaler Betriebsgrößen sowie der maximalen Entfernungen<br />

die erforderlichen Einwohnerdichten <strong>und</strong> letztlich auch die daraus resultierenden<br />

Bebauungsdichten bei derzeitigen Wohnflächenansprüchen errechnen.<br />

Die angegebenen <strong>Dichte</strong>zielwerte verdeutlichen, dass die Einhaltung der angenommenen<br />

Ausstattungsstandards die Sicherung vergleichsweise hoher <strong>Dichte</strong>n<br />

auch unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen erfordern würde. Hervorzuheben ist allerdings<br />

auch, dass gerade bei der Versorgung mit sozialer Infrastruktur vielfältige Alternativen<br />

zur Sicherung dieser Mindestdichten bestehen.<br />

5.3 Freiraumversorgung<br />

Die Zusammenhänge zwischen Freiraumversorgung <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong> werden bisher vor<br />

allem vor dem Hintergr<strong>und</strong> von Wachstum <strong>und</strong> Obergrenzen der Verdichtung zur<br />

Gewährleistung einer ausreichenden Freiraumversorgung diskutiert. Daher ist anzunehmen,<br />

dass Entdichtungsprozesse zu einer Verbesserung der Freiraumversorgung<br />

beitragen. Werden die Folgen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen auf die Freiraumversorgung<br />

genauer betrachtet, ergeben sich Hinweise da<strong>für</strong>, dass ebenso Grenzen<br />

minimaler <strong>Dichte</strong> aus Sicht der Freiraumversorgung existieren, auch wenn sich diese<br />

bisher aufgr<strong>und</strong> mangelnder empirischer Erfahrungen nicht quantifizieren lassen.<br />

Die folgende Analyse ermöglicht die Ableitung von qualitativen Kriterien zur Verbesserung<br />

der Freiraumversorgung im Rahmen von Entdichtungsprozessen.<br />

5.3.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Freiraumversorgung<br />

Nach einer einleitenden Definition des Begriffs der Freiraumversorgung wird die<br />

Bedeutung der <strong>Dichte</strong> als Einflussfaktor der Freiraumversorgung diskutiert. Dabei<br />

werden private <strong>und</strong> halböffentliche Freiräume einerseits <strong>und</strong> öffentliche Freiräume<br />

andererseits behandelt. Sowohl der quantitative Freiraumversorgungsgrad als auch<br />

die Freiraumqualität werden differenziert nach Stadtstrukturtypen erläutert.<br />

Definition Freiraumversorgung<br />

Freiraumversorgung wird im Rahmen dieser Arbeit definiert als Versorgung der Bewohner<br />

mit zugänglichen, wohnungsnah erreichbaren <strong>und</strong> zur Erholung geeigneten<br />

Grün- <strong>und</strong> Freiflächen. Diese liegen im Siedlungsbereich, sind in der Regel durch<br />

Vegetation bestimmt <strong>und</strong> können <strong>für</strong> Freizeit, Erholung <strong>und</strong> Naturerleben genutzt<br />

werden (KLAFFKE 1995, 443). Zu den Grün- <strong>und</strong> Freiflächen zählen Gärten, Parks,<br />

Spielflächen, Kleingärten, Sportflächen sowie landschaftliche Erholungsflächen. Im<br />

Rahmen der Freiraumversorgung sind die besonderen Freiraumbedürfnisse verschiedener<br />

Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen, ebenso ein differenziertes<br />

System der Versorgung auf Nachbarschafts-, Wohngebiets-, Stadtteil-, Stadt- <strong>und</strong><br />

Stadtregionsebene. Freiräume übernehmen vielfältige Funktionen: stadt<strong>ökologische</strong><br />

Funktionen, stadtgliedernde Funktionen, Erholungsfunktionen, kulturelle <strong>und</strong> soziale<br />

Funktionen, ästhetische Funktionen <strong>und</strong> wirtschaftliche Funktionen. Daher sind sie


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 145<br />

nach einhelliger Meinung ein zentraler Faktor der Wohnqualität (GÄLZER 2001, 23ff.;<br />

NOHL 1993, 3ff.; NOHL, ZEKOM 1995, 9ff.; RITTER 1995, 317; SENSTADT BERLIN<br />

1996a, 06.03, 1).<br />

<strong>Dichte</strong> als Einflussfaktor der Freiraumversorgung<br />

Die Freiraumversorgung ist sowohl abhängig vom quantitativen Angebot an erholungsgeeigneten<br />

Freiräumen in fußläufiger Entfernung als auch von qualitativen<br />

Merkmalen wie deren Größe, Zugänglichkeit, Vielfältigkeit der Ausstattung <strong>und</strong> Gestaltung<br />

<strong>und</strong> deren Belastung durch Immissionen (HUTTER et al. 2004, 98).<br />

Die <strong>Dichte</strong> hat einen wesentlichen Einfluss auf die Freiraumversorgung. Dabei hängt<br />

die Freiraumversorgung in zweierlei Weise von der <strong>Dichte</strong> ab: Während die Bebauungsdichte<br />

wesentlich <strong>für</strong> das potenzielle Angebot an Grün- <strong>und</strong> Freiflächen ist, bestimmt<br />

die Einwohnerdichte die Nachfrage nach diesen Flächen.<br />

Daher kommt es gerade in verdichteten Wohngebieten zu einem Mangel an Freiflächen,<br />

da hier ein durch hohe Bebauungsdichten verursachter Freiflächenmangel mit<br />

einer hohen Nachfrage nach Freiräumen zusammen trifft (NOHL 1993, 7ff.; NOHL,<br />

ZEKOM 1995, 47).<br />

Private <strong>und</strong> halböffentliche Freiräume<br />

Private <strong>und</strong> halböffentliche Freiräume werden hier nicht eigentumsrechtlich, sondern<br />

im Hinblick auf ihre Nutzbarkeit definiert (RÖßLER 2003, 34). Demnach zählen zum<br />

privaten Freiraum die privaten Gärten der Einfamilienhaus- <strong>und</strong> Reihenhausbebauung<br />

sowie Dachgärten, Terrassen <strong>und</strong> Balkone (RICHTER 1981, 16). Halböffentliche<br />

oder auch gemeinschaftlich nutzbaren Freiräumen sind nur einem eingeschränkten<br />

Nutzerkreis zugänglich <strong>und</strong> gegenüber dem öffentlichen Raum klar abgegrenzt, wie<br />

z. B. Mietergärten <strong>und</strong> Höfe oder auch Freiräume, die sozialen Einrichtungen zugeordnet<br />

sind (RÖßLER 2003, 34; SELLE, SUTTER-SCHURR 1993, 35f.). Diese Freiräume<br />

sind Bestandteile der Gr<strong>und</strong>stücke des Wohnungsbaus <strong>und</strong> der sozialen Einrichtungen<br />

<strong>und</strong> damit Bestandteil des Nettowohnbaulands.<br />

Auf der Ebene des Nettowohnbaulands bestimmt die Gr<strong>und</strong>flächenzahl (GRZ) das<br />

Verhältnis zwischen überbauter <strong>und</strong> nicht überbauter Gr<strong>und</strong>stücksfläche. Die nicht<br />

bebaute Gr<strong>und</strong>stücksfläche steht – abzüglich der gr<strong>und</strong>stückseigenen Zuwege <strong>und</strong><br />

Einstellplätze – <strong>für</strong> private oder im Mietwohnungsbau auch <strong>für</strong> halböffentliche Freiräume<br />

zur Verfügung.<br />

Die Nachfrage nach diesen privaten oder halböffentlichen Freiräumen in unmittelbarer<br />

Wohnungsnähe wird bestimmt durch die Nettowohndichte. Bei gleichbleibender<br />

Bebauungsdichte <strong>und</strong> Geschosshöhe nimmt dabei die verfügbare Freifläche je Einwohner<br />

zu, wenn die Anteile der Wohnfläche <strong>und</strong> damit der Bruttogeschossfläche je<br />

Einwohner ebenfalls zunehmen. So stellte ALBERS bereits 1964 eine Diskrepanz in<br />

der Erfüllung der Bedürfnisse fest:<br />

„(...) wer in seiner Wohnung großzügige räumliche Verhältnisse besitzt, verfügt<br />

zugleich über einen entsprechend höheren Freiflächenanteil als der beengter<br />

Wohnende, obwohl dieser gerade wegen seines knappen Wohnflächenanteils<br />

der Freifläche um das Gebäude dringender bedarf.“ (ALBERS 1964, 46)<br />

Für die erforderlichen Mindestmaße privater Freifläche je Einwohner existieren verschiedene<br />

Orientierungswerte. ALBERS (1964, 48) sieht eine Freifläche von 10 bis<br />

12 m 2 als angemessen an, um ges<strong>und</strong>e Wohnverhältnisse zu ermöglichen. WEHR-


146 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

HEIT (2002, 93) nennt einen Zielwert von 11 bis 15 m² privatem Erholungsbereich je<br />

Einwohner. Der Leipziger Flächennutzungsplan von 1994 strebt eine Versorgung<br />

mit 11 m² privater Grünfläche je Einwohner an (WICKOP et al. 1998, 96).<br />

Abbildung 38 zeigt, welche Geschossflächenzahlen sich in Abhängigkeit von der<br />

Zahl der Vollgeschosse bei verschiedenen Zielwerten <strong>für</strong> die Freifläche je Einwohner<br />

erzielen lassen (bezogen auf das Nettowohnbauland). 33 Deutlich wird hier die<br />

Tendenz eines vermehrten Freiflächengewinns bei steigender Geschosszahl. Aufgr<strong>und</strong><br />

des bei gleicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> gleichem Motorisierungsgrad konstanten Verkehrsflächenanteils<br />

kommt der Flächengewinn durch Erhöhung der Stockwerkszahl<br />

mit steigender Geschosszahl vermehrt dem Freiflächengewinn zugute, so dass der<br />

Freiflächenanteil mit steigender Geschosszahl relativ stärker steigt (ALBERS 1964,<br />

44).<br />

Abbildung 38: Orientierungswerte <strong>für</strong> private Freiflächen, Zahl der Vollgeschosse <strong>und</strong><br />

erzielbare Geschossflächenzahlen (Eigene Darstellung in Anlehnung an ALBERS 1964,<br />

48)<br />

Zahl der Vollgeschosse____<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0 0.5 1 1.5 2<br />

GFZ<br />

10 m² FF + 20 m² SP je<br />

EW<br />

15 m² FF + 20 m² SP je<br />

EW<br />

Geht man von einer Freifläche von 15 m² je Einwohner <strong>und</strong> zusätzlich einem Flächenbedarf<br />

<strong>für</strong> Stellplätze von 20 m² je Einwohner aus 34 , zeigt sich, dass bei einer<br />

viergeschossigen Bebauung maximal eine GFZ von 1,1 erzielt werden kann. Würde<br />

bei einer viergeschossigen Bebauung eine höhere GFZ realisiert, könnte, aufgr<strong>und</strong><br />

des Anstiegs der Bruttogeschossflächen <strong>und</strong> damit eines Anstiegs der Einwohner,<br />

nicht mehr <strong>für</strong> jeden dieser Einwohner eine Freifläche von 15 m² <strong>und</strong> eine Stellplatzfläche<br />

von 20 m² je Einwohner gewährleistet werden. Selbst bei 10 Vollgeschossen<br />

könnte bei Einhaltung dieser Zielwerte eine GFZ von max. 1,3 erreicht werden. Zu<br />

berücksichtigen ist allerdings, dass mit zunehmender <strong>Dichte</strong>, z. B. ab einer GFZ von<br />

0,8, Stellplätze häufig nicht mehr ebenerdig untergebracht werden, so dass mit steigender<br />

<strong>Dichte</strong> von einem sinkenden einwohnerbezogenen Bedarf <strong>für</strong> Stellplatzflä-<br />

GZ * BGF/E<br />

33 GFZ = BGF/E+(GZ*FF/E)<br />

GZ = Zahl Vollgeschosse; BGF/E = Bruttogeschossfläche je EW, angenommen mit 52 m²<br />

(Wohnfläche je Einwohner von 41,6 m² * 1,25), FF/E: Freifläche je Einwohner (Formel<br />

nach ALBERS 1964, 48).<br />

34 Der Flächenbedarf je Stellplatz (inkl. Zuwege) beträgt 25 m². Für Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />

ist von 2 Stellplätzen <strong>und</strong> <strong>für</strong> eine Wohneinheit im Mehrfamilienhausbau von 1,5<br />

Stellplätzen auszugehen (BRAAM 1993, 250ff.). Bei einer angenommenen Wohnungsbelegungsziffer<br />

von 2,4 im Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhaus <strong>und</strong> von 2,0 im Mehrfamilienhausbau<br />

(Eigene Annahmen nach SIEDENTOP et al. 2006, 56; STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b)<br />

ergibt sich eine Stellplatzfläche je Einwohner von 19 bis 21 m².


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 147<br />

chen auszugehen ist. Bei entsprechender Unterbringung des ruhenden Verkehrs<br />

können bei Sicherung eines Freiflächenanteils je Einwohner von 15 m² durchaus<br />

höhere Geschossflächenzahlen erzielt werden (s. Abbildung 38).<br />

Öffentliche Freiräume<br />

Analog zu den privaten <strong>und</strong> halböffentlichen Freiräumen werden auch die öffentlichen<br />

Freiräume auf Basis ihrer Nutzbarkeit zugeordnet. Öffentliche Freiräume sind<br />

<strong>für</strong> die gesamte Bevölkerung zugängliche Freiräume wie allgemein öffentliche Freiräume<br />

(z. B. Stadtplätze, Parkanlagen) oder zweckgeb<strong>und</strong>ene öffentliche Freiräume<br />

(z. B. Sportstätten, Spielplätze, Friedhöfe, Kleingartenanlagen) (RICHTER 1981,<br />

14ff.).<br />

Für die Versorgung mit öffentlichen Freiräumen existieren verschiedene Richt- <strong>und</strong><br />

Orientierungswerte, die meist zurückgehen auf die Richtwerte der Konferenz der<br />

Gartenbauamtsleiter beim Deutschen Städtetag 1973. Freiraumversorgungsanalysen,<br />

z. B. in den Städten München, Berlin <strong>und</strong> Leipzig, ermitteln auf dieser Gr<strong>und</strong>lage<br />

die einwohnerspezifischen Versorgungsgrade mit Grün- <strong>und</strong> Freiflächen (s.<br />

Tabelle 31) (NOHL, ZEKOM 1995, 14ff.; 1996a, 06.05, S. 1; STADT LEIPZIG 2001, 39).<br />

Tabelle 31: Richtwerte <strong>für</strong> die Freiraumversorgung der Stadt Berlin<br />

(SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 1)<br />

Freiraumart Einzugsbereich Flächengröße Richtwert<br />

Wohnungsnaher Freiraum 500 Meter 0,5 ha 6 m²/Einwohner<br />

Siedlungsnaher Freiraum<br />

(Ortsteilpark)<br />

Siedlungsnaher Freiraum<br />

(Bezirkspark)<br />

1000 Meter 10 ha 7 m²/Einwohner<br />

1500 Meter 50 ha 7 m²/Einwohner<br />

Anhand der Einwohnerdichten im Einzugsbereich der Freiräume <strong>und</strong> der jeweiligen<br />

Richtwerte der Versorgung lässt sich ermitteln, ob ein ausreichender Freiraumversorgungsgrad<br />

in m² je Einwohner erreicht wird. Während bei Einrichtungen der sozialen<br />

Infrastruktur in den meisten Fällen eine Mindesteinwohnerzahl im Einzugsbereich<br />

dieser Einrichtungen erforderlich ist, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit dieser<br />

Einrichtungen zu gewährleisten, zeigt sich bei Grün- <strong>und</strong> Freiflächen, dass zu hohe<br />

<strong>Dichte</strong>n im Einzugsbereich dieser Flächen zu deren Übernutzung führen können.<br />

Für den in Tabelle 31 angegebenen wohnungsnahen Freiraum einer Größe bis zu<br />

0,5 ha kann davon ausgegangen werden, dass dieser Freiraum Bestandteil des<br />

Bruttowohnbaulands ist. Abbildung 39 zeigt in Abhängigkeit von der Einwohnerdichte,<br />

welcher Grünflächenanteil am Bruttowohnbauland erforderlich ist, um <strong>für</strong> jeden<br />

Einwohner einen Versorgungsgrad von 6 m² wohnungsnahem Freiraum zu ermöglichen.<br />

35<br />

35 Dabei wird von einem Anteil des Nettowohnbaulands am Bruttowohnbauland von 70 %<br />

ausgegangen. Angenommen wird eine radiale Siedlungsstruktur.


148 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 39: Erforderlicher Grünflächenanteil am Bruttowohnbauland in Abhängigkeit<br />

der Einwohnerdichte (Eigene Darstellung)<br />

Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

0 5 10 15 20<br />

Grünflächenanteil in % des Bruttowohnbaulands<br />

Je nach Gestaltungsentwurf streuen die Anteile der Grünflächen am Bruttowohnbauland<br />

zwischen verschiedenen Wohnbauvorhaben erheblich. MENKHOFF et al.<br />

(1979, 18f.) ermittelten bei der Analyse von 21 Demonstrativbauvorhaben einen<br />

durchschnittlichen Grünflächenanteil von 12 % bei einer Streuung zwischen 7 % <strong>und</strong><br />

29 %. Der hier ermittelte durchschnittliche Grünflächenanteil von 12 % könnte bis zu<br />

einer Nettowohndichte von 285 Einwohnern je ha gewährleistet werden.<br />

Zur Beurteilung des Freiraumversorgungsgrads sind allerdings neben dem Verhältnis<br />

zwischen Fläche <strong>und</strong> Einwohnern im Einzugsbereich auch weitere Faktoren zu<br />

berücksichtigen. Neben dem potenziellen Einzugsbereich, der sich als Radius um<br />

die Grünfläche ergibt, sind <strong>für</strong> die reale Erreichbarkeit der Grün- <strong>und</strong> Freiflächen<br />

auch Barrieren der Erreichbarkeit zu berücksichtigen, wie z. B. Gleisanlagen oder<br />

Straßen mit einem hohen Verkehrsaufkommen (SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 3).<br />

Neben der Zahl der Einwohner ist auch die Bevölkerungsstruktur von Bedeutung,<br />

um die Nachfrage nach Freiräumen zu bestimmen. Zu berücksichtigen sind vor allem<br />

die Freiraumbedürfnisse von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen, älteren Menschen oder<br />

Menschen mit einem unterdurchschnittlichen Einkommensniveau. Nach Möglichkeit<br />

sollte eine räumlich differenzierte Analyse des städtischen Sozialgefüges durchgeführt<br />

werden, um einen Anhaltspunkt <strong>für</strong> diese Kriterien der Freiraumnachfrage zu<br />

gewinnen (HANISCH 1995, 16; HUTTER et al. 2004, 100).<br />

Freiraumversorgungsgrade von Stadtstrukturtypen<br />

Entsprechend der unterschiedlichen <strong>Dichte</strong>n der Stadtstrukturtypen unterscheidet<br />

sich auch deren quantitative Versorgung mit Freiräumen. Tabelle 32 zeigt die Freiraumversorgungsgrade<br />

verschiedener Stadtstrukturtypen. Dabei wird nach privaten<br />

<strong>und</strong> halböffentlichen Freiräumen einerseits <strong>und</strong> öffentlichen Freiräumen andererseits<br />

unterschieden. Deutlich wird, dass hohe Versorgungsdefizite vor allem in den<br />

verdichteten Stadtstrukturtypen bestehen, wo ein niedriges Freiraumangebot <strong>und</strong><br />

eine hohe Nachfragedichte zusammentreffen. Hohe Versorgungsdefizite bestehen<br />

im gründerzeitlichen Altbau vor allem in der geschlossenen Blockrandbebauung.<br />

Etwas besser ist die Versorgungssituation in der offenen Blockbebauung (SENSTADT<br />

BERLIN 1996a, 06.05, 5f.; WICKOP et al. 1998, 94ff.). Auch wenn in den Gebieten


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 149<br />

des in Plattenbauweise errichteten Geschosswohnungsbaus die Freiraumversorgung<br />

durch eine offene Gestaltung auf den ersten Blick besser erscheint, ergeben<br />

sich auch hier, vor allem in Folge hoher Einwohnerdichten, zum Teil erhebliche Versorgungsdefizite<br />

(WICKOP et al. 1998, 96; SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 6). Die<br />

Zeilenbebauung weist im Hinblick auf die quantitative Versorgung mit Freiräumen<br />

einen mittleren Versorgungsgrad auf (SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 5f.; WICKOP<br />

et al. 1998, 96). In gering verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten ergibt<br />

sich ein deutlicher Unterschied des Versorgungsgrads mit privaten <strong>und</strong> öffentlichen<br />

Freiräumen. Während <strong>für</strong> die privaten Freiräume ein sehr guter Versorgungsgrad<br />

erreicht wird, bestehen Defizite in der Versorgung mit öffentlichen Freiräumen<br />

(NOHL, ZEKOM 1995, 48; WICKOP et al. 1998, 96).<br />

Tabelle 32: Freiraumversorgungsgrade von Stadtstrukturtypen<br />

Stadtstrukturtyp<br />

Block<br />

Versorgung mit privaten <strong>und</strong><br />

halböffentlichen Freiräumen<br />

Hohe bis mittlere<br />

Versorgungsdefizite<br />

Versorgung mit öffentlichen<br />

Freiräumen<br />

Mittlere Versorgungsdefizite<br />

Zeile Mittlerer Versorgungsgrad Mittlerer Versorgungsgrad<br />

Platte<br />

Mittlere Versorgungsdefizite<br />

Hohe bis mittlere<br />

Versorgungsdefizite<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser Sehr guter Versorgungsgrad Mittlere Versorgungsdefizite<br />

Qualität der Freiraumversorgung von Stadtstrukturtypen<br />

Gerade in schrumpfenden Städten mit rückläufiger Einwohnerdichte ist die Freiraumversorgung<br />

weniger ein quantitatives als ein qualitatives Problem. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> werden einige qualitative Kriterien der Freiraumversorgung genannt <strong>und</strong><br />

nach Stadtstrukturtypen differenzierte Qualitätsdefizite analysiert sowie Gestaltungsziele<br />

aufgezeigt.<br />

Zur Beurteilung der Erholungseignung sind neben der Quantität der zur Verfügung<br />

stehenden Freiräume ebenso der Öffentlichkeitsgrad <strong>und</strong> die Aufenthaltsqualität der<br />

Freiräume zu berücksichtigen (STMI BAYERN 1990, 6f., 60). Idealerweise sollte das<br />

Wohnumfeld verschiedene ineinander übergehende Freiräume aufweisen, übergehend<br />

vom privaten über den halböffentlichen zum öffentlichen Bereich (STMI BAY-<br />

ERN 1990, 18). Wesentlich <strong>für</strong> die Erholungseignung von Freiräumen ist die Gestaltqualität<br />

der naturräumlichen <strong>und</strong> baulichen Ausstattung (STADT LEIPZIG 2001, 35)<br />

<strong>und</strong> das Fehlen von Belastungen (z. B. Lärm, Schadstoffe) (SENSTADT BERLIN<br />

1996a, 06.05, 1ff.).<br />

Ebenso wie die Quantität der Freiraumversorgung unterscheidet sich auch die Qualität<br />

der Freiraumversorgung in den einzelnen Stadtstrukturtypen wie Tabelle 33<br />

anhand der Qualitätsdefizite <strong>und</strong> Gestaltungsziele zeigt.


150 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Tabelle 33: Defizite der Freiraumqualitäten <strong>und</strong> Gestaltungsziele privater, halböffentlicher<br />

<strong>und</strong> öffentlicher Freiräume nach Stadtstrukturtypen<br />

(DOEHLER 2003c, 52, NOHL, ZEKOM 1995, 58; RITTER 1995, 321; SENSTADT BERLIN 1996a,<br />

06.05, 5f.; STADT LEIPZIG 2001, 63ff.; STMI 1990, 22, 45)<br />

Stadtstrukturtyp Defizite Gestaltungsziele<br />

Block<br />

Zeile<br />

Platte<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />

� Vielzahl von Nutzungskonkurrenzen<br />

mit hoher Belastung der Freiräume<br />

� Geringe Freizeit- <strong>und</strong> Erholungseignung<br />

� Schlechte stadt<strong>ökologische</strong> Qualität<br />

� Verbesserung der Versorgung durch Straßenbaumpflanzungen,<br />

Nutzung von Baulücken /<br />

Brachen, Hinterhofentkernungen<br />

� Nutzung der klaren Trennung zwischen<br />

öffentlichen <strong>und</strong> halböffentlichen Räumen<br />

� Monotone <strong>und</strong> anonyme Gestaltung � Zonierung <strong>und</strong> Schaffung attraktiver<br />

Parkanlagen<br />

� Schaffung attraktiver Mieter- <strong>und</strong> Vorgärten<br />

� Gestaltungsdefizite<br />

� Zerschneidungen durch<br />

Erschließungsflächen<br />

� Hoher Anteil versiegelter Flächen<br />

� Geringer <strong>ökologische</strong>r Wert<br />

� Geringer <strong>ökologische</strong>r <strong>und</strong> sozialer<br />

Wert der Freiräume<br />

� Zonierung, Nutzungszuordnung, raumbildende<br />

Vegetation<br />

� Entsiegelung <strong>und</strong> Verbesserung der<br />

<strong>ökologische</strong>n Qualität<br />

� Schaffung differenzierter Angebote <strong>für</strong><br />

verschiedene Nutzer- <strong>und</strong> Altersgruppen<br />

� Schaffung von Stadtplätzen mit<br />

Aufenthaltsqualitäten<br />

Freiräume in verdichteten innerstädtischen Altbaugebieten unterliegen einer hohen<br />

Belastung in Folge des hohen innerstädtischen Nutzungsdrucks (NOHL 1993, 1). In<br />

Folge der Kumulation quantitativer <strong>und</strong> qualitativer Belastungen zeichnen sich die<br />

Freiräume häufig durch eine geringe Freizeit- <strong>und</strong> Erholungseignung sowie eine<br />

geringe stadt<strong>ökologische</strong> Qualität aus (SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 5f.). Ziel<br />

sollte es in diesem Gebietstyp sein, jede Möglichkeit zu nutzen die Erholungsqualität<br />

sowie die stadt<strong>ökologische</strong> Qualität zu verbessern, z. B. durch die Anpflanzung von<br />

Straßenbäumen oder die Schaffung von qualitätsvollen Freiräumen auf Baulücken<br />

<strong>und</strong> Stadtbrachen (STADT LEIPZIG 2001, 63ff.).<br />

Die Freiraumqualität der Zeilenbebauung wird häufig in Folge ihrer monotonen <strong>und</strong><br />

anonymen Gestaltung in Form eines reinen Abstandsgrüns kritisiert. Mit ihren kleinen<br />

überschaubaren Einheiten bilden die Sozialwohnanlagen der 1920er <strong>und</strong><br />

1930er Jahre das Potenzial zur Schaffung attraktiver Parklandschaften zwischen<br />

den Gebäudezeilen (DOEHLER 2003c, 52). Dies kann z. B. durch eine sorgfältige<br />

Gliederung <strong>und</strong> Zonierung sowie eine Schaffung attraktiver Sitz- <strong>und</strong> Spielbereiche<br />

sowie Bewohner-, Mieter- <strong>und</strong> Vorgärten erreicht werden (STMI BAYERN 1990, 22).<br />

Ebenso zeichnen sich die Freiräume der Großwohnsiedlungen industrieller Bauweise<br />

durch Gestaltungsdefizite <strong>und</strong> damit eine schlechte Nutzbarkeit <strong>für</strong> ihre Bewohner<br />

aus. Die Nutzbarkeit wird eingeschränkt durch erhöhte Anteile versiegelter Flächen<br />

<strong>für</strong> Verkehr, Wege, Stellplätze, eine Zerschneidung der Flächen durch Haupt-<br />

<strong>und</strong> Durchgangsstraßen <strong>und</strong> einen geringen Erholungs- <strong>und</strong> Aufenthaltswert sowie<br />

<strong>ökologische</strong>n Wert des reinen Abstandsgrüns (NOHL 1993, 1f.; WICKOP et al. 1998,<br />

95). Auch werden die Großwohnsiedlungen häufig durch solche Bevölkerungsgruppen<br />

bewohnt, die in besonderem Maße auf wohnungsnahe Freiräume angewiesen<br />

sind wie Kinder, alte Menschen <strong>und</strong> Einkommensschwache (NOHL, ZEKOM 1995, 12,<br />

58). Gestaltungsziele beziehen sich auf den Abbau von Gestaltungsdefiziten durch<br />

Zonierung, Nutzungsordnung <strong>und</strong> die Anpflanzung raumbildender Vegetation. Der<br />

Versiegelungsgrad sollte verringert sowie die <strong>ökologische</strong> Qualität verbessert wer-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 151<br />

den. Aufgr<strong>und</strong> der spezifischen Bewohnerschaft sind bei der Gestaltung die Nutzungsanforderungen<br />

der verschiedenen Bevölkerungs- <strong>und</strong> Altersgruppen zu berücksichtigen<br />

(STADT LEIPZIG 2001, 63ff.).<br />

Trotz der quantitativ sehr guten Ausstattung der Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebiete<br />

mit privaten Freiräumen wird <strong>für</strong> diesen Strukturtyp der geringe <strong>ökologische</strong> <strong>und</strong><br />

soziale Wert dieser Freiräume kritisiert (STMI BAYERN 1990, 45). Eine Möglichkeit<br />

zur Verbesserung der sozialen Qualität wird in der Schaffung von Stadtplätzen mit<br />

Aufenthaltsqualität gesehen (STADT LEIPZIG 2001, 63ff.).<br />

5.3.2 Freiraumversorgung <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />

Rückläufige Einwohnerzahlen in ostdeutschen Städten führen zum Brachfallen ehemals<br />

baulich genutzter Flächen in bisher kaum gekanntem Ausmaß. Die städtebauliche<br />

Struktur ehemals hoch verdichteter Vorstädte lockert sich, erhält Risse <strong>und</strong><br />

Löcher. Im Rahmen eines Perforationsprozesses sickert die Peripherie in die Stadt<br />

ein, <strong>und</strong> zwar räumlich selektiv zunächst in die unattraktiven Lagen (DOEHLER<br />

2003c, 52f.). Entdichtungsprozesse bieten über freiwerdende Flächen ein Potenzial<br />

<strong>für</strong> die Freiraumversorgung. Gleichzeitig steht dem umfangreichen Flächenangebot<br />

eine sinkende Nachfrage gegenüber, die ein Risiko <strong>für</strong> die Qualität der Freiraumversorgung<br />

darstellt. Potenziale <strong>und</strong> Grenzen <strong>für</strong> die Freiraumversorgung in schrumpfenden<br />

Städten werden im Folgenden erläutert.<br />

Potenziale von Entdichtungsprozessen <strong>für</strong> die Freiraumversorgung<br />

Gerade <strong>für</strong> verdichtete Bebauungsstrukturen wie die Blockbebauung <strong>und</strong> den industriellen<br />

Geschosswohnungsbau bieten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse einhergehend mit<br />

einem Rückgang der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichte Potenziale zum Abbau bestehender<br />

Freiraumdefizite.<br />

Durch Anreicherung der ehemals dicht bebauten Quartiere mit ökologisch, funktional<br />

<strong>und</strong> sozial begründeten Freiräumen kann eine nachbessernde Freiraumversorgung<br />

erreicht werden im Sinne von „Mehr Grün, weniger <strong>Dichte</strong>, mehr Qualität“<br />

(DOEHLER 2003c, 53). Damit kann die Wettbewerbsfähigkeit innerstädtischer Gebiete<br />

auf dem Wohnungsmarkt sowie die in diesen Gebieten bestehende Lebensqualität<br />

gesteigert werden. Es besteht die Hoffnung einer Umkehr des Trends der Stadt-<br />

Umland-Wanderung, indem Bewohner durch eine attraktive Gestaltung der Freiräume<br />

<strong>für</strong> die Innenstädte zurückgewonnen werden (HUNGER et al. 2004, 5, 57;<br />

LÜTKE DALDRUP 2003, 61).<br />

Die erforderliche Neudefinition des Verhältnisses von Freiraum <strong>und</strong> gebautem<br />

Raum beinhaltet vielfältige Chancen zur Verbesserung der Wohnqualität. Insbesondere<br />

ergibt sich die Möglichkeit, die Beziehungen zwischen Wohnungen <strong>und</strong> Freiräumen<br />

in vielfältiger Weise neu zu gestalten: Rückbau des Geschosswohnungsbaus<br />

zu kleinen überschaubaren Einheiten in einer attraktiven Stadtparklandschaft<br />

<strong>und</strong> Schaffung vielfältiger Übergänge zwischen Stadt <strong>und</strong> Landschaft. Brachgefallene<br />

Flächen in schrumpfenden Städten bilden Nischen <strong>für</strong> eine Inanspruchnahme<br />

durch innovative Nutzungen (LÜTKE DALDRUP 2003, 65ff.).<br />

Im Sinne einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung besteht auch die Chance <strong>für</strong> eine<br />

Wiederherstellung von Landschaften als Gegentrend zur randstädtischen Flächeninanspruchnahme<br />

<strong>und</strong> somit <strong>für</strong> einen Gewinn an stadt<strong>ökologische</strong>r Qualität (HUN-<br />

GER et al. 2004, 7; LÜTKE DALDRUP 2003, 63ff.). Besondere Potenziale bestehen


152 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

dabei insbesondere <strong>für</strong> die Schaffung feinmaschiger Grünvernetzungen (HUNGER et<br />

al. 2004, 6).<br />

Grenzen der Freiraumversorgung in schrumpfenden Städten<br />

Ein Zuwachs an Brachen als potenziellen Freiräumen wird nicht unbegrenzt zu einem<br />

Zugewinn an Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität führen. Die durch Rückbau gewonnenen<br />

Flächen werden nicht automatisch zu nutzbaren Freiräumen, zunächst handelt<br />

es sich um Brachflächen, die einer – wenn auch möglicherweise einfachen – Gestaltung,<br />

Erschließung oder Aneignung bedürfen, um <strong>für</strong> die Bewohner zugänglich <strong>und</strong><br />

nutzbar zu werden (DOEHLER 2003c, 53f.). Eine Gestaltung wird allerdings nur erfolgen,<br />

wenn Nachfrage nach diesen Flächen besteht, die bei stark sinkenden Einwohnerdichten<br />

unter Umständen nicht mehr gegeben ist. Insbesondere die mit der<br />

Zahl der Einwohner sinkende finanzielle Ausstattung der Kommunen wirkt sich restriktiv<br />

auf die Gestaltungsmöglichkeiten bei Grün- <strong>und</strong> Freiflächen aus (HUNGER et<br />

al. 2004, 5).<br />

<strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozesse verteilen sich heterogen über das Stadtgebiet.<br />

So kann es städtische Teilgebiete geben, in denen Wachstum <strong>und</strong> Nachverdichtung<br />

erfolgen, verb<strong>und</strong>en mit einem Mangel an Freiräumen. In anderen Teilgebieten<br />

hingegen kann es zu extremen Entdichtungsprozessen <strong>und</strong> einem deutlichen<br />

Überangebot an Flächen kommen. Hier wird <strong>Schrumpfung</strong> mit einem Zuviel an Fläche,<br />

einem Zuviel an leeren Räumen gleichgesetzt (DOEHLER 2003c, 53; RICHTER<br />

1995, 322). Es entstehen also möglicherweise freie Flächen an den falschen Stellen,<br />

da zur Steigerung der Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität ein abgestuftes System von<br />

Freiräumen erforderlich ist, das auch eine ausreichende Freiraumversorgung in unmittelbarer<br />

Wohnungsnähe erfordert. Eine positive Gesamtbilanz der Freiraumversorgung<br />

auf städtischer Ebene ist hier nicht ausreichend (NOHL 1993, 48f.).<br />

Abbildung 40: Zugewinn an Freiraum oder bedrohende Leere?<br />

Abrissfläche im Dresdner Plattenbaugebiet Prohlis (Foto: Rößler)<br />

Erfahren die neu gewonnen Flächen keine entsprechende Gestaltung oder Aneignung,<br />

werden sie zu W<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Rissen im Stadtkörper. Rückbau, Abriss <strong>und</strong> eine<br />

Verringerung der <strong>Dichte</strong> werden als Verlust an Urbanität erlebt <strong>und</strong> nicht als ein<br />

Gewinn an Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität (HUNGER et al. 2004, 5f.). Bei einer stark verringerten<br />

Nutzungsintensität von Freiräumen kann das individuelle Sicherheitsempfinden<br />

abnehmen, in Folge eines Verlusts sozialer Kontrolle (RÖßLER 2007, 118).<br />

Insbesondere bei Freiräumen mit spezifischen Funktionen, die eine aufwändigere<br />

Gestaltung erfordern (z. B. Spiel- <strong>und</strong> Sportflächen), kann eine Verringerung der


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 153<br />

Einwohnerdichte <strong>und</strong> damit der Zahl der Nachfrager zu einer Verringerung der Zahl<br />

der Anlagen führen, verb<strong>und</strong>en mit einer Vergrößerung der Einzugsbereiche <strong>und</strong><br />

einer Verschlechterung der Erreichbarkeit (RÖßLER 2007, 118). So konnten SIEDEN-<br />

TOP et al. (2006, 192ff.) nachweisen, dass es gerade bei Sportanlagen (z. B. Sportplätzen,<br />

Freibädern, Hallenbädern) zu hohen Steigerungen der spezifischen Kosten<br />

bei Bevölkerungsrückgängen kommen kann.<br />

5.3.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus<br />

Sicht der Freiraumversorgung<br />

Schwellenwerte maximaler <strong>Dichte</strong>n, ab der die ausreichende Freiraumversorgung<br />

eines Gebiets nicht mehr gewährleistet werden kann, lassen sich näherungsweise<br />

über Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte der Freiraumversorgung bestimmen (s. Tabelle<br />

31). Diese im Rahmen von Freiraumversorgungsanalysen verwendeten Richt- oder<br />

Orientierungswerte sind ein sinnvolles Hilfsmittel, um eine Unterversorgung aufzuzeigen.<br />

Die dargestellten Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Freiraumversorgung<br />

lassen vermuten, dass ebenso Schwellen <strong>für</strong> minimale <strong>Dichte</strong>n existieren, ab der<br />

keine ausreichende Freiraumqualität mehr gewährleistet werden kann. Solche<br />

Schwellen ergeben sich zunächst <strong>für</strong> Freiräume spezifischer Funktionen, deren Gestaltung<br />

mit einem vergleichsweise hohen finanziellen Aufwand verb<strong>und</strong>en ist, der<br />

sich nur dann rechtfertigen lässt, wenn er durch eine ausreichende Nachfrage, d. h.<br />

Einwohnerdichte, gedeckt ist. Weiterhin ist anzunehmen, dass es Schwellen gibt, ab<br />

denen ein weiterer Zugewinn an Freiräumen von den Bewohnern als ein Überangebot<br />

an Fläche <strong>und</strong> somit als Leere erlebt wird. Da diese Schwellen auf dem Erleben<br />

<strong>und</strong> Empfinden der Bewohner basieren, das auch individuell sehr unterschiedlich<br />

sein kann, werden sie sich allerdings nur schwer ermitteln lassen, zumal hierzu bisher<br />

keine ausreichenden Erfahrungen bestehen.<br />

Abbildung 41: Entwicklung der Freiraumversorgung bei<br />

Entdichtung in Stadtstrukturtypen (Eigene Darstellung)<br />

Freiraumversorgung<br />

Freiraumversorgung<br />

Entdichtung<br />

Entdichtung<br />

Block Platte<br />

Freiraumversorgung<br />

Freiraumversorgung<br />

Entdichtung<br />

Zeile Einfamilienhaus<br />

Entdichtung<br />

Die dargelegten spezifischen Freiraumversorgungsgrade <strong>und</strong> Qualitäten der Freiräume<br />

lassen vermuten, dass sich Entdichtungsprozesse in den Stadtstrukturtypen


154 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

in unterschiedlicher Weise auf die Freiraumversorgung auswirken, wie in Abbildung<br />

41 dargestellt. Freiraumversorgung wird hier als eine Größe verstanden, die sich<br />

zum einen aus einem ausreichenden quantitativen Freiraumversorgungsgrad <strong>und</strong><br />

zum anderen aus einer hohen Qualität der Freiräume ergibt.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der hohen Versorgungsdefizite ist in den verdichteten Stadtstrukturtypen<br />

Block <strong>und</strong> Platte bei Entdichtung zunächst von einer Verbesserung der Freiraumversorgung<br />

auszugehen, wenn im Zuge von Aufwertungsmaßnahmen die frei werdenden<br />

Flächen zu qualitätvollen <strong>und</strong> nutzbaren Freiräumen entwickelt werden. Bei<br />

kontinuierlicher Entdichtung, die sich auch in flächenhaften Gebäudeabriss niederschlägt,<br />

wird allerdings ein Punkt erreicht, ab dem die Freiraumversorgung sich wieder<br />

verschlechtert, da der Flächenzugewinn zunehmend als Leere erlebt wird. Aufgr<strong>und</strong><br />

der ohnehin schon offenen Struktur der Plattenbaugebiete ist davon auszugehen,<br />

dass dieser Wert hier schneller erreicht wird als in Altbaugebieten. In Gebieten<br />

der Zeilenbebauung ist anzunehmen, dass sich diese Prozesse in geringerem<br />

Ausmaß vollziehen. Da die Ausgangssituation der Freiraumversorgung in Zeilengebieten<br />

besser einzuschätzen ist als in den verdichten Strukturtypen, verläuft die<br />

Kurve der Verbesserung der Freiraumversorgung weniger steil. Aufgr<strong>und</strong> der geringeren<br />

Einwohnerdichte ist der absolute Bevölkerungsverlust geringer, so dass<br />

ebenso die Kurve der Verschlechterung der Freiraumversorgung bei übermäßigem<br />

Bevölkerungsrückgang weniger steil verläuft. In Einfamilienhausgebieten kann die<br />

Freiraumversorgung bei Entdichtung aufgr<strong>und</strong> der guten Ausgangsituation <strong>und</strong> des<br />

Fehlens öffentlicher Freiräume kaum verbessert werden. Vielmehr ist anzunehmen,<br />

dass im Zuge eines Bevölkerungsrückgangs eine kontinuierliche geringfügige Verschlechterung<br />

der Freiraumversorgung erfolgen wird.<br />

Die bisherigen Ausführungen haben verdeutlicht, dass die Freiraumversorgung in<br />

schrumpfenden Städten weniger ein quantitatives als ein qualitatives Problem ist.<br />

Um durch die im Zuge des Stadtumbauprozesses vermehrt frei werdenden Flächen<br />

auch wirklich eine Verbesserung der Freiraumversorgung zu erreichen, ist es erforderlich,<br />

dass diese Flächen zu Freiräumen gewidmet, dauerhaft <strong>und</strong> bodenrechtlich<br />

gesichert werden <strong>und</strong> eine entsprechende Gestaltung erfahren.<br />

<strong>Dichte</strong>rückgänge wirken sich zudem in den verschiedenen Stadtstrukturtypen unterschiedlich<br />

auf die Freiraumversorgung aus. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> zeigt die folgende<br />

Tabelle 34 nach Stadtstrukturtypen differenziert die Potenziale, aber auch<br />

Risiken von Entdichtungsprozessen <strong>für</strong> die Freiraumversorgung. Da sich quantitative<br />

Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Freiraumversorgung in<br />

schrumpfenden ostdeutschen Städten bisher aufgr<strong>und</strong> mangelnder Erfahrungen<br />

nicht bestimmen lassen, handelt es sich hierbei um qualitative Kriterien, die es im<br />

Zuge der weiteren Ausgestaltung von Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten zu berücksichtigen gilt.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 155<br />

Tabelle 34: Potenziale <strong>und</strong> Risiken von Entdichtungsprozessen <strong>für</strong> die Freiraumversorgung<br />

nach Stadtstrukturtypen<br />

Stadtstrukturtyp<br />

Block<br />

Platte<br />

Zeile<br />

Ein- /Zweifamilienhäuser<br />

Potenziale von Entdichtungsprozessen <strong>für</strong> die<br />

Freiraumversorgung<br />

� Nutzung von Entdichtungsprozessen zur<br />

Erhöhung des Freiraumversorgungsgrads<br />

� Trennung halböffentlicher Höfe von öffentlichen<br />

Straßenräumen<br />

� Schaffung eines Angebots an privaten Freiräumen<br />

(Terrassen, Mietergärten, Freisitze)<br />

� Bepflanzungen zur Verbesserung der<br />

stadt<strong>ökologische</strong>n Qualität<br />

� Nutzung der Möglichkeiten zur Schaffung von<br />

Freiraumstrukturen mit geringem<br />

Erhaltungsaufwand<br />

� Nutzung von Entdichtungsprozessen zur<br />

Erhöhung des Freiraumversorgungsgrads<br />

� Nutzung von Rückbau-, Umbau-, <strong>und</strong> Aufwertungsmaßnahmen<br />

zur Verbesserung der Qualität<br />

der Freiraumgestaltung<br />

(z. B. Zonierung, Zuordnung, Nutzungsangebote)<br />

� Schaffung eines Angebots an privaten Freiräumen<br />

(Terrassen, Mietergärten, Freisitze)<br />

� Verbesserung der <strong>ökologische</strong>n Qualität der<br />

Grün- <strong>und</strong> Freiflächen<br />

� Nutzung der Möglichkeiten der Renaturierung bei<br />

Rückbau von außen nach innen<br />

� Nutzung von Rückbau-, Umbau-, <strong>und</strong> Aufwertungsmaßnahmen<br />

zur Verbesserung der Qualität<br />

der Freiraumgestaltung<br />

(z. B. Zonierung, Zuordnung, Nutzungsangebote)<br />

� Schaffung eines Angebots an privaten Freiräumen<br />

(z. B. Terrassen, Mietergärten)<br />

� Verbesserung der <strong>ökologische</strong>n Qualität der<br />

Grün- <strong>und</strong> Freiflächen<br />

� Rückgewinnung von Landschaft bei randstädtischen<br />

Gebieten<br />

5.4 Wohnungsnachfrage<br />

Risiken von Entdichtungsprozessen<br />

<strong>für</strong> die Freiraumversorgung<br />

� Entstehung großer Brachen ohne<br />

Gestaltung <strong>und</strong> Erschließung, die als<br />

Verlust der Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität<br />

empf<strong>und</strong>en werden<br />

� Ungünstige Zuordnung von<br />

freiwerdenden Flächen <strong>und</strong> Verdichtungsgebieten<br />

� Gestaltungsdefizite der freiwerdenden<br />

Flächen, vor allem bei größeren<br />

Flächen <strong>und</strong> stark sinkender Nachfrage<br />

sowie kommunaler Finanzkraft<br />

� Durch ungenügende räumliche<br />

Fassung, Zonierung der Flächen<br />

unklarer Öffentlichkeitsgrad (privat,<br />

halböffentlich, öffentlich)<br />

� Gestaltungsdefizite der freiwerdenden<br />

Flächen, vor allem bei größeren<br />

Flächen <strong>und</strong> stark sinkender<br />

Nachfrage<br />

� Durch ungenügende räumliche<br />

Zonierung der frei werdenden Flächen<br />

unklarer Öffentlichkeitsgrad<br />

(privat, halböffentlich, öffentlich)<br />

� Verstärkter Mangel an Freiräumen<br />

spezifischer Funktion wie Spiel- <strong>und</strong><br />

Sportflächen<br />

Wohnformen unterscheiden sich in ihren Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten, die<br />

wiederum Einfluss auf die Nachfrage verschiedener Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen<br />

nach diesen Wohnformen haben. Gerade in schrumpfenden Städten, in denen sich<br />

der Wohnungsmarkt immer stärker in Richtung eines Nachfragermarktes entwickelt,<br />

sind die Wohnwünsche der Nachfragergruppen von Bedeutung da<strong>für</strong>, welche Wohnformen<br />

in welcher <strong>Dichte</strong> nachgefragt werden <strong>und</strong> wo sich Leerstände konzentrieren<br />

werden.<br />

Damit können Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten nicht allein<br />

aus der Sicht der Tragfähigkeit der verkehrlichen, sozialen <strong>und</strong> stadttechnischen<br />

Infrastruktur entwickelt werden, sondern müssen gleichzeitig die Wohnwünsche der<br />

verschiedenen Nachfragergruppen berücksichtigen.


156 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Nach einer einleitenden Darstellung der <strong>Dichte</strong>n verschiedener Wohnbauformen<br />

beschäftigt sich dieses Kapitel mit aktuellen Tendenzen der Wohnungsnachfragen<br />

nach verdichteten <strong>und</strong> nach aufgelockerten Wohnformen, den dichtebezogenen<br />

Wohnwünschen verschiedener Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen sowie den Tendenzen<br />

der Entwicklung der Wohnungsnachfrage in schrumpfenden Städten. Abschließend<br />

werden Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht<br />

der Wohnungsnachfrage entwickelt. Diese beinhalten zum einen Gestaltungsanforderungen,<br />

die darauf gerichtet sind, die Wohnqualität in den verschiedenen Strukturtypen<br />

möglichst nachfragegerecht zu entwickeln. Zum anderen werden quantitative<br />

<strong>Dichte</strong>zielwerte aus Sicht spezifischer mit einem Stadtstrukturtyp verb<strong>und</strong>ener<br />

Wohnqualitäten aus der Diskussion städtebaulicher Leitbilder abgeleitet.<br />

5.4.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage<br />

Verschiedene Wohnbauformen weisen unterschiedliche <strong>Dichte</strong>n auf. Sowohl aktuelle<br />

Tendenzen der Wohnungsnachfrage als auch Wohnwünsche können danach<br />

differenziert werden, ob sie eher auf Wohnformen höherer oder geringerer <strong>Dichte</strong>n<br />

gerichtet sind. Dabei werden die variierenden Wohnwünsche verschiedener Bevölkerungsgruppen<br />

berücksichtigt, operationalisiert über Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen.<br />

<strong>Dichte</strong>n verschiedener Wohnbauformen<br />

Für den Wohnungsbau stehen unterschiedliche Hausformen zur Verfügung, die ihren<br />

Bewohnern je nach den persönlichen Wohnpräferenzen spezifische Vor- <strong>und</strong><br />

Nachteile bieten. Während z. B. freistehende Einfamilienhäuser einen direkten Zugang<br />

zum Außenraum aufweisen, bietet der Geschosswohnungsbau Vorteile geringerer<br />

Bau-, Gr<strong>und</strong>stücks-, <strong>und</strong> Erschließungskosten sowie eine größere Anonymität<br />

des Wohnens (SPENGELIN 1983, 158).<br />

Die Wohnbauformen unterscheiden sich dabei erheblich in ihren <strong>Dichte</strong>n (s. Tabelle<br />

35). Während städtebauliche Regelwerke <strong>für</strong> freistehende Einfamilienhäuser von<br />

<strong>Dichte</strong>werten ab einer GFZ von 0,3 <strong>und</strong> einer Nettowohndichte von 30 Einwohnern<br />

je ha ausgehen, können mit Terrassenhäusern <strong>Dichte</strong>werte bis zu einer GFZ von<br />

2,1 <strong>und</strong> einer Nettowohndichte von 600 Einwohnern je ha erreicht werden. Auch<br />

innerhalb einzelner Wohnbauformen schwanken erzielbare <strong>Dichte</strong>werte erheblich, je<br />

nach Gr<strong>und</strong>stücksgröße, Belegungsziffer <strong>und</strong> Wohnfläche je Einwohner.<br />

Tabelle 35: <strong>Dichte</strong>kennziffern verschiedener Wohnbauformen<br />

(Eigene Berechnung nach BRAAM 1993, 197; HEINZ 1983, 110ff.;<br />

KORDA 2005, 102ff.; NEUFERT 2005, 138; REINHARDT, TRUDEL 1979, 69ff.)<br />

Wohnbauform GRZ GFZ EW/ha (netto)<br />

Freistehendes Einfamilienhaus bis 0,4 0,3-0,6 30-90<br />

Doppelhaus 0,4 0,5-0,8 100-230<br />

Reihenhaus 0,4-0,6 0,4-0,9 150-250<br />

Atrium-/Gartenhofhaus 0,6 0,6-0,8 100-180<br />

Scheibenhäuser - 5 Geschosse 0,2 0,8-1,1 300-400<br />

Scheibenhäuser > 5 Geschosse 0,1 0,8-1,5 400-450<br />

Punkthäuser 0,03-0,2 0,6-1,2 180-450<br />

Terrassenhäuser 0,6-0,9 1,2-2,1 300-600


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 157<br />

Aktuelle Tendenzen der Wohnungsnachfrage<br />

Einen Anhaltspunkt über die derzeitige Struktur der Wohnungsnachfrage 36 in<br />

Deutschland bietet die Mikrozensus-Zusatzerhebung 2002 zum Bestand <strong>und</strong> zur<br />

Struktur der Wohneinheiten. Abbildung 42 zeigt die Verteilung der bewohnten<br />

Wohneinheiten nach Stadtstrukturtypen. Dabei zeigt sich, dass sich die realisierte<br />

Wohnungsnachfrage zum größten Teil auf Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser richtet<br />

(EFH/ZFH), allerdings noch mit deutlichen Differenzen zwischen dem früheren B<strong>und</strong>esgebiet<br />

mit 48,6 % <strong>und</strong> den Neuen Ländern mit 38,5 %. Im Gegenzug ist in den<br />

Neuen Ländern der Anteil der bewohnten Wohneinheiten im Mehrfamilienhausbau<br />

höher als im früheren B<strong>und</strong>esgebiet, vor allem im Altbau bis 1918 (mit 10,3 % im<br />

Vergleich zu 5,9 %). Auch in der Baualtersklasse von 1979 bis 1986, in der besonders<br />

hohe <strong>Dichte</strong>n der Wohnbebauung erreicht wurden, ist der Anteil der bewohnten<br />

Wohneinheiten in den Neuen Ländern höher (mit 12,9 % im Vergleich zu 6 %) (siehe<br />

auch Kapitel 3.4). Lediglich in der Baualtersklasse von 1949 bis 1978 ist der Anteil<br />

der bewohnten Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern in den Neuen Ländern<br />

geringer als im früheren B<strong>und</strong>esgebiet (22,2 % im Vergleich zu 29 %). Hervorzuheben<br />

ist, dass in den Neuen Ländern im Jahr 2002 noch 61,5 % der Wohnungsnachfrage<br />

in Mehrfamilienhäusern <strong>und</strong> damit in Stadtstrukturtypen höherer <strong>Dichte</strong> realisiert<br />

wurde.<br />

Abbildung 42: Wohneinheiten nach Stadtstrukturtypen<br />

(Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b, 47ff.) 37<br />

Anteil an den bewohnten Wohneinheiten in %<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

EFH/ZFH MFH bis<br />

1918<br />

MFH 1919-<br />

1948<br />

MFH 1949-<br />

1978<br />

MFH 1979-<br />

1990<br />

Gesamtdeutschland<br />

West<br />

Ost<br />

MFH ab<br />

1991<br />

36 Zur Wohnungsnachfrage zählt nicht nur der Umzug in eine neue Wohnung sondern auch<br />

die dauerhafte Nachfrage nach einer bisherig bereits nachgefragten Wohnung (IWANOW,<br />

OERTEL 2004, 64).<br />

37 Die in Abbildung 42 verwendeten Stadtstrukturtypen orientieren sich an den Zeitschnitten<br />

des Mikrozensus (STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b), die sich von den in dieser Arbeit<br />

verwendeten Strukturtypen unterscheiden. MFH bis 1918 entspricht dabei dem Stadtstrukturtyp<br />

Altbau, MFH 1919-1948 dem Strukturtyp Zeile. MFH 1949-1978 entspricht<br />

zum Teil dem Typ Zeile (bis 1968) <strong>und</strong> zum Teil dem Typ Platte (ab 1969). MFH 1979-<br />

1990 ist dem Typ Platte zuzuordnen <strong>und</strong> MFH ab 1991 dem Geschosswohnungsbau<br />

nach 1990.


158 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Wohnwünsche nach aufgelockerten <strong>und</strong> verdichteten Wohnformen<br />

Die Wohnungsnachfrage wird wesentlich bestimmt durch demographische Faktoren,<br />

Bevölkerungs- <strong>und</strong> Haushaltsstrukturen <strong>und</strong> ökonomische Einflussgrößen wie die<br />

Einkommensentwicklung <strong>und</strong> -verteilung <strong>und</strong> deren Relation zu den Wohnkosten<br />

<strong>und</strong> übrigen Preisen. Aufgr<strong>und</strong> der zunehmenden Pluralisierung der Gesellschaft<br />

gewinnen soziale Aspekte wie die zunehmende Ausdifferenzierung der Lebensstile<br />

an Bedeutung <strong>für</strong> die Wohnungsnachfrage. Ebenso zu berücksichtigen sind räumliche<br />

Determinanten der Wohnungsnachfrage wie das Arbeitsplatzangebot oder Präferenzen<br />

im Hinblick auf Siedlungsstruktur <strong>und</strong> Wohnumfeld (KÜHNE-BÜNING et al.<br />

2005, 139).<br />

Während auf angespannten Wohnungsmärkten die Realisierung von Wohnwünschen<br />

38 in Form einer marktwirksamen Wohnungsnachfrage weitestgehend durch<br />

das verfügbare Einkommen im Verhältnis zu den Wohnkosten bestimmt wird (KÜH-<br />

NE-BÜNING et al. 2005, 148), ist den Wohnwünschen der Nachfrager auf entspannten<br />

Wohnungsmärkten mit einem Angebotsüberhang ein höheres Gewicht beizumessen.<br />

„An angespannten Wohnungsmärkten spielt es keine Rolle, wenn Leute in Häusern<br />

leben, die sie nicht mögen. Aber wir müssen davon ausgehen, dass die<br />

Zahl der Nachfragemärkte steigt <strong>und</strong> damit auch die Bereitschaft <strong>und</strong> die Möglichkeit<br />

zum ‚Standort- <strong>und</strong> Markenwechsel’.“ (HENTSCHEL 2004, 52)<br />

Im Folgenden werden Wohnwünsche zunächst allgemein daraufhin betrachtet, ob<br />

sie eher mit aufgelockerten oder verdichteten Wohnformen vereinbar sind. Nachfolgend<br />

werden die Wohnwünsche differenzierter betrachtet, nach Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen.<br />

Tendenziell überwiegen Wohnwünsche nach aufgelockerten Wohnformen, sie<br />

werden in zahlreichen Umfragen von einer größeren Gruppe genannt. Das Einfamilienhaus<br />

wird z. B. je nach Umfrage von 66 % bis 80 % der Befragten bevorzugt<br />

(BÖLTKEN et al. 1999, 142; EMNID 1998, 18f.; GEHRKE 2003, 2). Das Einfamilienhaus<br />

erfüllt die gestellten Wünsche an die ideale Wohnform am besten, da es “mehr<br />

Wohnfläche, eine neuzeitliche Ausstattung, ein besseres Wohnumfeld, einen außerstädtischen<br />

Standort, das eigene kleine Haus” bietet (ZAPF 1982, 23). Etwa 60 %<br />

der Befragten bevorzugen die flächenintensiven Wohnlagen Land, Kleinstadt oder<br />

suburbaner Raum (BÖLTKEN et al. 1999, 145). Mit suburbanen Wohnlagen werden<br />

vor allem höhere Freiraumqualitäten verb<strong>und</strong>en: ein privater, abgeschirmter Garten,<br />

ein naturnahes emissionsfreies Wohnumfeld, aber auch ein besseres soziales Umfeld,<br />

wie z. B. Schulen mit einem höheren Leistungsniveau (DROST 2001, 34; HENT-<br />

SCHEL 2004, 50f.; EICHENER et al. 2002, 55).<br />

Ein wesentlicher mit dem Einfamilienhaus verb<strong>und</strong>ener Wunsch ist die individuelle<br />

Lebensgestaltung, die Erweiterung von Handlungsspielräumen <strong>und</strong> die Möglichkeit<br />

zur „Verdinglichung der eigenen Identität“ (SPENGELIN 1983, 166). Abbildung 43<br />

zeigt die Kategorisierung verschiedener Stadtstrukturtypen im Spannungsfeld von<br />

Individualität versus Uniformität einerseits <strong>und</strong> hoher versus niedriger <strong>Dichte</strong> andererseits.<br />

Während das freistehende Einfamilienhaus die höchste Individualität bei<br />

geringster <strong>Dichte</strong> bietet, mangelt es den verdichteten Strukturtypen an Individualität.<br />

38 Ein Wohnwunsch ist ein an der Vorstellung orientiertes Präferenzurteil <strong>für</strong> eine Wohnform<br />

(FLADE 1987, 75). Allerdings können Wohnwünsche zu Aussagen über die langfristige<br />

Entwicklung der Wohnungsnachfrage herangezogen werden (BÖLTKEN et al. 1999, 142).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 159<br />

Als Kompromiss wird hier von HÖFLER et al. (1983, 185), entsprechend der vorherrschenden<br />

Diskussion in den 1980er Jahren (s. Kapitel 3.3), der individualisierte verdichtete<br />

Flachbau angesehen, der sowohl eine angemessene <strong>Dichte</strong> als auch ein<br />

gewünschtes Maß an Individualität ermögliche (zu den <strong>Dichte</strong>vorstellungen der<br />

1980er Jahre siehe Kapitel 3.3). Dies entspricht auch aktuell gängigen Wohnpräferenzen.<br />

So konnte HENTSCHEL (2004, 50) nachweisen, dass der verdichtete Flachbau<br />

in Form von Gartenhofhäusern eine hohe Akzeptanz aufweist.<br />

Abbildung 43: Verbreitete Wohnformen im Feld von <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Individualität<br />

(HÖFLER et al. 1983, 185)<br />

Einfamilienhaus<br />

(freist.)<br />

Hohe Individualität<br />

Geringe <strong>Dichte</strong> Hohe <strong>Dichte</strong><br />

Reihenhaus<br />

UNERWÜNSCHTER<br />

BEREICH VON<br />

LÖSUNGEN<br />

Städt.<br />

Wohnungsbau der<br />

Vorkriegszeit<br />

Uniformität<br />

Individualisierter,<br />

verdichteter<br />

Flachbau<br />

ERWÜNSCHTER<br />

BEREICH VON<br />

LÖSUNGEN<br />

Massenwohnungsbau<br />

(Hochhaus)<br />

Neben diesen Wünschen nach aufgelockerten Wohnformen bestehen auch Wohnwünsche<br />

nach urbanen Qualitäten, deren wesentliche Voraussetzung eine entsprechende<br />

Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichte ist. Zu diesen Wünschen zählen z. B.<br />

Nutzungsmischung, ein gutes ÖPNV-Angebot, die Erreichbarkeit vielfältiger Angebote,<br />

soziale Heterogenität <strong>und</strong> Vielfalt sowie Erlebnisqualitäten <strong>und</strong> Kontaktmöglichkeiten<br />

(DANGSCHAT 2001, 216ff.; FELDTKELLER 2001, 38ff.; OPASCHOWSKI 2006,<br />

7; WEGE 2001, 13ff.). Im Zuge der Herausbildung neuer Formen der Wissensökonomie<br />

sowie zunehmender Frauenerwerbstätigkeit wird eine Nachfrage nach urbanen<br />

Quartieren betont, die neue städtische Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsformen ermöglichen<br />

<strong>und</strong> durch kürzere Wege sowie ein reichhaltiges Dienstleistungsangebot dazu beitragen<br />

können, die Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie zu erleichtern (CORDING<br />

2007, 43; LÄPPLE 2006, 6f.; SPELLERBERG, WILBERT 2006, 246).<br />

Aktuelle Wanderungsumfragen unter Haushalten, die aus der Kernstadt ins Umland<br />

abgewandert sind, belegen den Wunsch, eigentlich lieber in der Stadt verblieben zu<br />

sein (EICHENER et al. 2002, 57). Als Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> die Abwanderung ins Umland wurde<br />

genannt, dass in der Stadt keine den Wohnwünschen entsprechenden Wohnungsangebote<br />

zu akzeptablen Preisen vorhanden waren (ISMAIER 2002, 25). Als Wanderungsmotive<br />

werden neben persönlichen Gründen vor allem der Umzug ins Eigentum,<br />

der Wunsch im Grünen zu wohnen, der Wechsel in eine größere Wohnung,<br />

aber auch eine bessere Umweltqualität wie sauberere Luft oder weniger Lärm genannt.<br />

Allerdings sind dies planerisch beeinflussbare Qualitäten, die bei entsprechender<br />

Planung <strong>und</strong> Gestaltung durchaus auch in den Kernstädten in höherer Verdichtung<br />

als im Umland geschaffen werden können (HEITKAMP 2002, 167ff.). Dies<br />

gilt ebenso <strong>für</strong> andere Wohnwünsche, die häufig mit dem gering verdichteten Ein-


160 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

familienhaus gleichgesetzt werden wie Wohneigentum, individuelle Architektur <strong>und</strong><br />

Gestaltung, Sicherheit <strong>und</strong> hoher sozialer Status des Wohngebiets (HÄUßERMANN,<br />

SIEBEL 1996, 220; WESTPHAL 2000, 27).<br />

Tabelle 36 stellt vorherrschende Wohnwünsche <strong>und</strong> Umzugsmotive im Hinblick auf<br />

aufgelockerte <strong>und</strong> verdichtete Wohnformen zusammenfassend dar. Differenziert<br />

wird hierbei nach Wohnung, Lage <strong>und</strong> Wohnumfeld.<br />

Tabelle 36: Wohnwünsche nach aufgelockerten <strong>und</strong> verdichteten Wohnformen<br />

(Eigene Zusammenstellung nach BÖLTKEN et al. 1999, 144ff.; DANGSCHAT 2001, 216ff.;<br />

DROST 2001, 34; EICHENER et al. 2002, 57; EMNID 1998, 8, 18f.; FELDTKELLER 2001, 38ff.;<br />

GEHRKE 2003, 2f.; HENTSCHEL 2004, 50f.; STADT MÜNSTER 1995, 26; WEGE 2001, 13ff.;<br />

ZAPF 1982, 22f.)<br />

Merkmal Wohnwünsche nach Auflockerung Wohnwünsche nach <strong>Dichte</strong><br />

Wohnung /<br />

Gebäudetyp<br />

Lage<br />

Wohnumfeld<br />

� Wunsch nach dem Einfamilienhaus<br />

� Bevorzugung überschaubarer kleinteiliger<br />

Wohnformen <strong>und</strong> niedriggeschossiger<br />

Gebäude<br />

� Geringe Akzeptanz des Hochhauses<br />

� Große Wohnung mit Räumen <strong>für</strong> spezielle<br />

Funktionen<br />

� Hohe Präferenz <strong>für</strong> die Wohnlagen Land,<br />

Kleinstadt, suburbaner Raum, Umland der<br />

Großstädte<br />

� Privater Garten, freiraumbezogenes<br />

bodennahes Wohnen<br />

� Naturnahes, grünes, ruhiges, emissionsfreies<br />

Wohnumfeld mit Spielmöglichkeiten <strong>für</strong><br />

Kinder<br />

� Privatheit, Rückzugsmöglichkeiten,<br />

uneinsehbare Gr<strong>und</strong>stücksbereiche,<br />

Abgrenzung <strong>und</strong> Sichtschutz gegenüber<br />

Nachbarn<br />

Wohnwünsche von Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen<br />

� Präferenz <strong>für</strong> Dachgeschosswohnungen<br />

� Hohe Akzeptanz des Gartenhofhauses<br />

� Präferenzen <strong>für</strong> Wohnort Großstadt,<br />

Mittelstadt sowie die Kernstadt<br />

� Schnelle Erreichbarkeit vielfältiger Angebote<br />

wie Einkaufen, Kultur, soziale Infrastruktur<br />

<strong>und</strong> eine gute Anbindung an den ÖPNV<br />

� Nachfrage nach nutzungsgemischten Quartieren<br />

mit Möglichkeit der Kombination von<br />

Wohnen, Arbeit, Freizeit <strong>und</strong> Kultur<br />

� Suche nach einem urbanen Wohnumfeld<br />

mit Vielfalt, Integration, Lebendigkeit, baulicher<br />

<strong>Dichte</strong>, kultureller Vielfalt, Heterogenität<br />

<strong>und</strong> sozialen Kontakten<br />

In Folge der Individualisierung von Lebensmustern <strong>und</strong> Lebensstilen besteht in<br />

Deutschland eine vielfältig differenzierte Wohnungsnachfrage (BAUMGART 2006,<br />

215). Um Schlussfolgerungen zu ziehen, welche Wohnqualitäten unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />

zur Bereitstellung eines nachfragegerechten Wohnungsangebots<br />

gesichert oder geschaffen werden sollten, können die Nachfragergruppen anhand<br />

von Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen unterschieden werden.<br />

Haushaltstypen charakterisieren die Nachfrager anhand von Merkmalen wie Familienstand,<br />

Zahl <strong>und</strong> Alter der Haushaltsmitglieder, Phase im Familienzyklus, Einkommen<br />

<strong>und</strong> Stellung im Berufsleben (BANSE et al. 2001, 40ff.). Dabei ist das Alter<br />

neben dem Haushaltseinkommen <strong>und</strong> der Haushaltsgrößenentwicklung eine wichtige<br />

Einflussgröße, die durch die amtliche Statistik bereitgestellt wird (IWANOW, OER-<br />

TEL 2004, 57).<br />

Lebensstiltypen gehen über die in Haushaltstypen enthaltenen Informationen zu<br />

Familienstand <strong>und</strong> Haushaltsgröße hinaus <strong>und</strong> differenzieren die Wohnungsnachfrager<br />

anhand von Lebens- <strong>und</strong> Verhaltensweisen, Meinungen, Wissensbeständen,


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 161<br />

Werthaltungen, kulturellem Geschmack, Kleidungsstil, Freizeitverhalten aber auch<br />

Wohnstil (EICHENER et al. 2002, 74; KÜHNE-BÜNING et al. 2005, 146; SPELLERBERG<br />

2001, 278)<br />

Analysen der Wohnwünsche verschiedener Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen verdeutlichen,<br />

dass keinesfalls pauschal <strong>für</strong> alle Bevölkerungsgruppen von einer besseren<br />

Wohnqualität im gering verdichteten Wohnungsbau ausgegangen werden<br />

kann. Im Zuge der demographischen Entwicklung ist anzunehmen, dass die Bedeutung<br />

verdichteter Wohnungsstandorte mit einem guten Versorgungs- <strong>und</strong> Dienstleistungsangebot<br />

als geeigneter Wohnstandort <strong>für</strong> ältere Menschen, die an diesen<br />

Standorten ihre Nachfrage nach vielfältigen Dienstleistungen (Pflege, Betreuung,<br />

Unterhaltung, Reparaturen) erfüllen können, zunehmen wird (WISSENSCHAFTLICHER<br />

BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 7). Damit Quartiere diese Funktionen erfüllen können,<br />

muss hier weiterhin eine Mindestdichte erhalten bleiben (s. Kapitel 5.2.3).<br />

Es zeigt sich auch, dass per se nur wenige Lebensstiltypen einen Wunsch nach<br />

größerer <strong>Dichte</strong> äußern, dies sind vor allem jüngere karriere- <strong>und</strong> freizeitorientierte<br />

Haushalte auf der Suche nach urbanen Lebensstilen sowie ältere Haushalte mit<br />

eher unterdurchschnittlichem Einkommen (SPELLERBERG 2001, 285; SCHNEIDER,<br />

SPELLERBERG 1999, 116ff.). Oft werden dichtere Bestände aber auch von solchen<br />

Bevölkerungsgruppen bewohnt, die Präferenzen nach geringer verdichteten Standorten<br />

äußern. Durch eine aktive Berücksichtigung der nachgefragten Wohnqualitäten<br />

dieser Lebensstilgruppen ist eine dauerhafte Nachfrage auch nach dichteren<br />

Wohnungsbeständen sicherzustellen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird im Folgenden<br />

dargestellt, <strong>für</strong> welche Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen sich die dichteren Wohnungsbestände<br />

der vor allem vom Stadtumbau betroffenen Stadtstrukturtypen<br />

„Block“ <strong>und</strong> „Platte“ eignen, <strong>und</strong> wie die Wohnqualitäten dieser Beständen <strong>für</strong> die<br />

entsprechenden Gruppen nachfragegerecht entwickelt werden können.<br />

Die verdichteten Altbaugebiete der Innenstädte sind ein geeigneter Wohnort <strong>für</strong><br />

Alleinlebende oder Alleinerziehende mit einem Wunsch nach preiswertem Wohnraum<br />

zur Miete <strong>und</strong> einer guten Ausstattung des Wohnumfelds mit Versorgungsangeboten,<br />

sozialer Infrastruktur <strong>und</strong> Dienstleistungen. Ebenso können Altbaugebiete<br />

urbane Lebensqualitäten bereitstellen (SCHNEIDER, SPELLERBERG 1999, 187f., 227).<br />

Als attraktiv erscheinen solche städtischen Quartiere ebenso <strong>für</strong> Menschen in der<br />

nachelterlichen Lebensphase auf der Suche nach einer R<strong>und</strong>-um-Versorgung am<br />

Wohnstandort (OPASCHOWSKI 2006, 8). Ältere Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen fragen<br />

in kernstädtischen Gebieten kleine, preiswerte <strong>und</strong> altengerechte Wohnungen<br />

<strong>und</strong> eine gute Infrastruktur nach (SCHNEIDER, SPELLERBERG 1999, 188). Traditionell<br />

bürgerliche Altbaugebiete eignen sich ebenso <strong>für</strong> Familien. Eine Untersuchung in<br />

Dresden <strong>und</strong> Bonn zeigte, dass gründerzeitliche Gebiete derzeit vor allem von jungen<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweipersonenhaushalten, <strong>und</strong> in guten Wohnlagen auch von Familien<br />

bewohnt werden. Für diesen Haushaltstyp ist vor allem die Aufwertung des Wohnumfelds<br />

von Bedeutung (BANSE et al. 2004, 36ff.). Gerade innerstädtische Altbaugebiete<br />

sind bisher von solchen Lebensstiltypen bewohnt, die einen starken Wunsch<br />

nach dem Wohnen im suburbanen Einfamilienhaus äußern, <strong>und</strong> sich diesen<br />

Wunsch aufgr<strong>und</strong> eines überdurchschnittlichen Einkommens auch häufig erfüllen<br />

können (BÖLTKEN et al. 1999, 151; SCHNEIDER, SPELLERBERG 1999, 186f., 225f.).<br />

Damit verb<strong>und</strong>en ist die Gefahr eines weiteren Bevölkerungsverlustes in innerstädtischen<br />

Altbaugebieten. Um diese Gruppen zu halten, ist es erforderlich, die Möglichkeiten<br />

zur Eigentumsbildung zu verbessern <strong>und</strong> einfamilienhausähnliche Wohnformen<br />

in die Innenstadt zu integrieren (SPELLERBERG 2001, 282).


162 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

In Plattenbauweise errichtete Großwohnsiedlungen werden vorrangig von Rentnerhaushalten,<br />

jedoch auch weiterhin zu großen Anteilen von Familien mit Kindern<br />

bewohnt. BANSE et al. (2004, 38) gehen davon aus, dass diese Gebiete mit ihren<br />

vergleichsweise geringen Mieten <strong>und</strong> gut ausgestatteten Wohnungen auch in Zukunft<br />

wichtig <strong>für</strong> die Wohnungsversorgung sein werden. Allerdings sollte hierzu die<br />

Qualität des Wohnumfelds verbessert werden, z. B. durch die Gestaltung von Grün-<br />

<strong>und</strong> Freiflächen. Jüngere Haushaltsgründer mit geringeren Einkommen auf der Suche<br />

nach preisgünstigen <strong>und</strong> robusten Wohnungen mit guter Freizeit- <strong>und</strong> Dienstleistungsinfrastruktur<br />

sind eine weitere Nachfragergruppe, <strong>für</strong> die diese Großsiedlungen<br />

ein geeignetes Wohnungsangebot bereitstellen können (SCHNEIDER 2001,<br />

283f.).<br />

5.4.2 Entwicklung der Wohnungsnachfrage in ostdeutschen Städten<br />

Wohnungsmärkte in schrumpfenden Städten zeichnen sich durch besondere Merkmale<br />

aus, die im Folgenden erläutert werden. Anschließend werden die aktuelle<br />

Wohnungsnachfrage sowie Prognosen zur zukünftigen Entwicklung der Wohnungsnachfrage<br />

in ostdeutschen Städten dargestellt.<br />

Wohnungsmarkt unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse <strong>und</strong> demographischer Wandel wirken sich in Ostdeutschland<br />

in mehrfacher Weise auf den Wohnungsmarkt aus. In vielen Kommunen Ostdeutschlands<br />

sind die Bevölkerungsverluste so stark, dass trotz einer weiteren Verkleinerung<br />

der Haushalte die Zahl der Haushalte abnehmen wird (IWANOW 2003,<br />

70). Dies wird zu einer weiter sinkenden Nachfrage nach Wohnungen führen.<br />

Der massive Wohnungsleerstand in Ostdeutschland mit einer durchschnittlichen<br />

Leerstandquote von 16,2 % 39 im Jahr 2002 ist allerdings weniger auf den anhaltenden<br />

Bevölkerungsverlust als vielmehr auf die massive Ausweitung des Wohnungsangebots<br />

nach der Wende zurückzuführen. So wurden hier zwischen 1994 bis 1999<br />

742.000 neue Wohnungen gebaut (GDW 2005, 34ff., 218)<br />

Die veränderte Alters- <strong>und</strong> Haushaltsstruktur in Folge selektiver Wanderungsprozesse<br />

führt zu einem veränderten Nachfrageverhalten. Die Zahl älterer Haushalte<br />

nimmt zu, während diejenige der jüngeren <strong>und</strong> der Familienhaushalte abnimmt<br />

(IWANOW 2003, 70).<br />

Trotz der sich insgesamt weiter verringernden Nachfrage nach Wohnraum bleibt die<br />

Nachfrage nach Wohnungsneubau, vor allem nach Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern,<br />

erhalten (IWANOW 2003, 82f.). Damit entsteht das Paradox eines Wohnungsmarktes<br />

auf dem einerseits Wohnungen leer stehen, andererseits neugebaute Wohnungen<br />

am Markt nachgefragt werden (HEITKAMP 2002, 164).<br />

In Folge dieser besonderen Entwicklungsbedingungen existiert in den Neuen Ländern<br />

ein Nachfragermarkt, auf dem die Haushalte aufgr<strong>und</strong> des Wohnungsüberangebots<br />

<strong>und</strong> demzufolge einer höheren Wohnmobilität ihre Wohnwünsche wesentlich<br />

besser verwirklichen können (BANSE et al. 2004, 35; HEITKAMP 2002, 163; IWANOW,<br />

OERTEL 2004, 53; STEINFÜHRER 2004, 34). Damit beeinflussen die gegenwärtigen<br />

<strong>und</strong> künftigen Wohnpräferenzen der Haushalte maßgeblich, in welchen Bereichen<br />

sich Wohnungsleerstände konzentrieren <strong>und</strong> in welchen Stadtgebieten Entwicklungsperspektiven<br />

bestehen (IWANOW, OERTEL 2004, 65f.). Längst verschärft die<br />

39<br />

bezogen auf die Mitgliederunternehmen des B<strong>und</strong>esverbands deutscher Wohnungs- <strong>und</strong><br />

Immobilienunternehmen (GDW).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 163<br />

Konsumentensouveränität nicht nur den Wettbewerb zwischen den Stadtregionen,<br />

sondern zwischen den Stadtteilen (LÜTKE-DALDRUP 2000, 12). Die Qualität des<br />

Wohnungsbestands wird ein wesentliches Kriterium der Vermietbarkeit (BANSE et al.<br />

2004, 34).<br />

Bisherige Entwicklung der Wohnungsnachfrage in ostdeutschen Städten<br />

Der generelle Rückgang der Wohnungsnachfrage verteilt sich unterschiedlich auf<br />

die Bebauungs- <strong>und</strong> Stadtstrukturtypen (s. Abbildung 44). Von Wohnungsleerstand<br />

betroffen sind vor allem Strukturtypen höherer <strong>Dichte</strong>. Die höchsten Leerstände im<br />

ostdeutschen Wohnungsbestand im Jahr 2002 weisen die gründerzeitliche Blockbebauung<br />

im Baualter bis 1918 mit 26,4 % sowie die Zeilenbebauung (1918 bis 1948)<br />

mit 23,4 % auf. Gering verdichtete Bebauung im Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbau<br />

weist dagegen deutlich geringere Leerstände von 6,7 % auf. Zu erkennen ist die<br />

vielfach benannte Tendenz eines sinkenden Leerstandes im Altbau (von 32 % in<br />

1998 auf 26,4 % in 2002) <strong>und</strong> eines steigenden Leerstandes in den Großwohnsiedlungen<br />

des industriellen Wohnungsbaus vor allem in der Baualtersklasse von 1979<br />

bis 1990 mit einer Verdoppelung des Leerstands von 1998 bis 2002 von 9,4 % auf<br />

18,2 %. Erklärt werden kann diese Entwicklung zum einen durch die stetige Verbesserung<br />

des Sanierungszustands der gründerzeitlichen Bebauung sowie einen zunehmenden<br />

Leerzug des Plattenbaus zur Vorbereitung des Rückbaus (vgl. STADT<br />

LEIPZIG 2005, 14f.).<br />

Abbildung 44: Wohnungsleerstand in Ostdeutschland nach Baualtersklassen in %<br />

(BANSE, EFFENBERGER 2006, 16)<br />

Wohnungsleerstand in %<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

gesamt EZH MFH bis 1918 1919-1948 1949-1978 1979-1990 nach 1990<br />

Baualtersgruppen nur MFH<br />

April 1998<br />

April 2002<br />

Dieser allgemeine Trend einer kontinuierlich fortbestehenden Nachfrage nach Ein-<br />

<strong>und</strong> Zweifamilienhäusern (EZH), eines sinkenden Wohnungsleerstands im gründerzeitlichen<br />

Wohnungsbestand <strong>und</strong> eines steigenden Leerstands in den in Plattenbauweise<br />

errichteten Großsiedlungen kann auch auf kommunaler Ebene festgestellt<br />

werden, wie Exkurs 13 belegt.


164 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Exkurs 13: Entwicklung des Wohnungsleerstands in Leipzig<br />

Die Stadt Leipzig verzeichnet seit 2002 wieder einen leichten Bevölkerungsanstieg 40 <strong>und</strong><br />

konnte zwischen 2000 <strong>und</strong> 2004 bezogen auf den gesamten Wohnungsbestand einen<br />

Rückgang des Leerstands um 4 % verzeichnen. Es kann eine Differenzierung der Leerstandsentwicklung<br />

nach Stadtstrukturtypen festgestellt werden. Während der Wohnungsleerstand<br />

im gründerzeitlichen Wohnungsbestand um 49 % zurückgegangen ist, stieg er im<br />

industriellen Wohnungsbau der Baualtersklasse von 1949 bis 1990 um 67 % an. Im Zeitraum<br />

von 2001 bis 2004 wurden in Leipzig 3.970 Wohnungen zurückgebaut, davon zwei<br />

Drittel im Plattenbau <strong>und</strong> ein Drittel im Altbau (STADT LEIPZIG 2005, 46).<br />

Tabelle 37: Wohnungsbestand <strong>und</strong> Wohnungsleerstand in Leipzig nach Baualtersklassen<br />

(STADT LEIPZIG 2005, 15)<br />

Wohnungen<br />

mit<br />

Baualter<br />

Wohnungsbestand<br />

31.12.00 31.12.04<br />

Leerstand<br />

31.03.2000<br />

absolut<br />

Anteil<br />

am<br />

Bestand<br />

Leerstand<br />

31.12.2004<br />

absolut<br />

Anteil<br />

am<br />

Bestand <br />

absolut<br />

Veränderung<br />

03/2000-12/2004<br />

relativ Anteil<br />

Bis 1918 113.232 110.791 43.000 38% 22.000 20% -21.000 -49% -18,1%<br />

1919-1949 58.413 57.691 9.000 15% 11.000 19% 2.000 22% 3,7%<br />

1949-1990 101.057 98.887 9.000 9% 15.000 15% 6.000 67% 6,3%<br />

Seit 1991 42.999 48.989 1.500 3% 2.000 4% 5.000 33% 0,6%<br />

Insgesamt 315.701 316.358 62.500 20% 50.000 16% -12.500 -20% -4,0%<br />

Prognosen zur zukünftigen Entwicklung der Wohnungsnachfrage in ostdeutschen<br />

Städten<br />

Im Rahmen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen <strong>und</strong> demographischem Wandel ist <strong>für</strong> die<br />

Zukunft von einer weiteren Entdichtung des Wohnungsbestandes in Ostdeutschland<br />

auszugehen. In ihrem Basisszenario zur zukünftigen Entwicklung des ostdeutschen<br />

Wohnungsbestands bis 2050 41 gehen BANSE, EFFENBERGER (2006, 31ff.) im Vergleich<br />

zum Basisjahr 2001 <strong>für</strong> den Bestand an Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern von<br />

einer leichten Zunahme von 5 % bis 2050 aus, während bei Mehrfamilienhäusern<br />

ein deutlicher Rückgang der Bestände erwartet wird. Der stärkste Rückgang wird <strong>für</strong><br />

die Plattenbauten (Baujahre 1949-1990) angenommen mit einer Reduzierung auf<br />

etwa 40 % des ursprünglichen Bestands. Für die Wohnungen der 1920er/30er Jahre<br />

wird von einer Reduzierung auf 60 % <strong>und</strong> <strong>für</strong> die vor 1918 errichteten Gebäude auf<br />

70 % des ursprünglichen Bestands ausgegangen. Auch <strong>für</strong> die im Zeitraum von<br />

1990 bis 2000 errichteten Gebäude ist bis 2050 von einer Reduzierung der Bestände<br />

um knapp 10 % auszugehen, vor allem der dicht bebauten Mehrfamilienhausgebiete<br />

im Umland der Städte.<br />

Diese insgesamt <strong>für</strong> Ostdeutschland angenommene Entwicklung einer künftig weiteren<br />

Entdichtung der Wohnungsbestände zeigt sich auch bei Prognosen der Wohnungsnachfrageentwicklung<br />

auf kommunaler Ebene, wie Exkurs 14 verdeutlicht.<br />

40 Seit 2002 wächst die Bevölkerung in Leipzig wieder leicht um 0,4 % im Jahr 2002, 0,6 %<br />

in 2003 <strong>und</strong> 0,2 % in 2004 (STADT LEIPZIG 2005, 6f).<br />

41 Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> dieses Basisszenario ist die Variante 5 (mittlere Variante) der 10. Koordinierten<br />

Bevölkerungsvorausberechung des statistischen B<strong>und</strong>esamts (BANSE, EFFENBER-<br />

GER 2006, 31ff.).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 165<br />

Exkurs 14: Prognose der Wohnungsnachfrage in Bautzen<br />

Die Stadt Bautzen mit r<strong>und</strong> 43.000 Einwohnern im Jahr 2000 hat in der Zeitspanne zwischen<br />

1990 bis 2.000 r<strong>und</strong> 9.000 Einwohner (17 %) verloren. Im Jahr 2000 standen 13 %<br />

des Wohnungsbestands leer. Der Leerstand von insgesamt 3.150 Wohnungen konzentrierte<br />

sich zu 50 % in den Altbaugebieten <strong>und</strong> zu 40 % in der Großwohnsiedlung (IWANOW 2003,<br />

73ff.).<br />

Anhand zweier Szenarien prognostiziert IWANOW (2003, 77) differenziert nach Stadtstrukturtypen<br />

die künftige Entwicklung der Wohnungsnachfrage in Bautzen bis 2015.<br />

Das Leitbildszenario geht von abnehmenden Wanderungsverlusten bis zu einem ausgeglichenen<br />

Wanderungssaldo in 2010 <strong>und</strong> einem ab diesem Zeitpunkt positiven Wanderungssaldo<br />

in Folge der EU-Osterweiterung aus. Bis 2015 werden ein Bevölkerungsrückgang von<br />

8,9 % <strong>und</strong> ein Rückgang der Haushalte um 4,3 % erwartet. Das Status-quo-Szenario geht<br />

bis 2015 von einer Fortsetzung der bisherigen Wanderungsverluste aus <strong>und</strong> damit von einem<br />

Bevölkerungsverlust von 28,4 % <strong>und</strong> einem Rückgang der Haushalte um 25,2 %.<br />

Tabelle 38 zeigt die entsprechend der beiden Szenarien erwartete Entwicklung der Wohnungsnachfrage<br />

differenziert nach vier Stadtstrukturtypen. Beide Szenarien zeigen gleichermaßen,<br />

wenn auch in unterschiedlicher Intensität, eine weitere Ausweitung der Nachfrage<br />

nach Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern <strong>und</strong> eine weitere starke Verringerung der Nachfrage<br />

nach Wohnungen in der Großwohnsiedlung. Die Entwicklung der Nachfrage nach<br />

Wohnungen im Altbau hängt stark von der künftigen Bevölkerungsentwicklung ab. Bei abgeschwächtem<br />

Bevölkerungsrückgang ist hier ein leichter Anstieg der Nachfrage zu erwarten,<br />

bei weiterem Bevölkerungsrückgang entsprechend dem Status-quo ist auch in diesem<br />

Strukturtyp von einer starken Verringerung der Nachfrage auszugehen. Ähnlich stellt sich<br />

die Situation in der Zeilenbebauung dar, mit einer stagnierenden Nachfrage entsprechend<br />

dem Leitbildszenario <strong>und</strong> einem weiteren Rückgang der Nachfrage entsprechen dem Status-quo-Szenario.<br />

Tabelle 38: Nachfrageentwicklung in Bautzen im Zeitraum 2000 bis 2015<br />

(IWANOW 2003, 77)<br />

Bebauungsstrukturtyp<br />

Anzahl der im Bebauungsstrukturtyp<br />

wohnenden Haushalte<br />

im Jahr 2000<br />

Veränderungen der<br />

Wohnungsnachfrage bis 2015<br />

Anzahl leer<br />

stehender<br />

Wohnungen<br />

im Jahr 2000 Leitbildszenario<br />

Status-Quo-<br />

Szenario<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbebauung<br />

2.678 70 +1.127 HH + 307 HH<br />

Altbaugebiete 9.995 1.570 +151 HH -2.104 HH<br />

Zeilenbebauung bzw.<br />

kleines Plattenbaugebiet<br />

3.331 240 Ohne Veränderung -693HH<br />

Großes Plattenbaugebiet<br />

(Großwohnsiedlung)<br />

4.751 1.270 -2.160 HH -2.728 HH<br />

Gesamt 20.755 3.150 -917 HH -5.218HH<br />

Entsprechend der sich in beiden Szenarien abzeichnenden Entwicklung wird deutlich, dass<br />

Wohnungen im verdichteten Wohnungsbestand des Altbaus in Zukunft nur noch dann<br />

nachgefragt werden, wenn sie in hohem Maße den Wohnwünschen der Nachfrager entsprechen.<br />

Dies gilt in noch stärkerem Maße <strong>für</strong> den Wohnungsbestand in der Großwohnsiedlung,<br />

<strong>für</strong> den eine Doppelstrategie des Rückbaus einerseits <strong>und</strong> einer aktiven Vermietung<br />

andererseits, z. B. durch niedrige Mietpreise, zu entwickeln ist (IWANOW 2003, 79).<br />

5.4.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus<br />

Sicht der Wohnungsnachfrage<br />

Aufgezeigt werden zum einen qualitative Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung, um<br />

eine hohe Nachfragegerechtigkeit des Wohnungsbestands zu sichern <strong>und</strong> zum anderen<br />

quantifizierte Zielwerte zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden<br />

Städten


166 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Ziele der <strong>Dichte</strong>entwicklung zur Sicherung der Nachfragegerechtigkeit des<br />

Wohnungsbestands<br />

Die Analyse der Entwicklung auf dem ostdeutschen Wohnungsmarkt hat gezeigt,<br />

dass in ostdeutschen Städten eine deutliche Tendenz zur Entdichtung des Wohnungsbestands<br />

besteht. Während gering verdichtete Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />

nach wie vor in hohem Maße nachgefragt werden, weisen Typen der verdichteten<br />

Bebauung hohe Leerstände auf. Mit dem sich abzeichnenden weiteren Fortzug aus<br />

den verdichteten Beständen bei gleichzeitigem Neubau von Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern<br />

sind verschiedene Probleme verb<strong>und</strong>en, die es zu vermeiden gilt: Die fortlaufende<br />

Entdichtung des Siedlungsbestands führt zu negativen Folgen <strong>für</strong> die Tragfähigkeit<br />

der sozialen, verkehrlichen <strong>und</strong> stadttechnischen Infrastruktur sowie zu<br />

einem höheren Flächen- <strong>und</strong> Ressourcenverbrauch.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> können Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden<br />

Städten nicht allein aus Sicht der Tragfähigkeit der verkehrlichen, sozialen <strong>und</strong> der<br />

im folgenden Kapitel behandelten stadttechnischen Infrastruktur definiert werden.<br />

Erfüllen die nach diesen Kriterien optimierten Wohngebiete die Wohnwünsche der<br />

Nachfrager nur unzureichend, wird es unter Beibehaltung derzeitiger Kostenstrukturen<br />

<strong>und</strong> fiskalischen Regelungen zu einem weiteren Fortzug aus diesen Gebieten<br />

kommen. Daher gilt es die Wohnqualität in den verschiedenen Stadtstrukturtypen so<br />

zu entwickeln, dass sie möglichst den Nachfragewünschen der relevanten Haushaltstypen<br />

<strong>und</strong> Lebensstilgruppen entsprechen. Tabelle 39 stellt <strong>für</strong> die Strukturtypen<br />

‚Block’ <strong>und</strong> ‚Platte’, die besonders von Nachfragerückgängen betroffen sind,<br />

Kriterien zur Verbesserung der Nachfragegerechtigkeit des Wohnungsbestands<br />

zusammen.<br />

Tabelle 39: Kriterien zur Verbesserung der Nachfragegerechtigkeit verdichteter Stadtstrukturtypen<br />

Stadtstrukturtyp Qualitätskriterien zur Verbesserung der Nachfragegerechtigkeit<br />

Block<br />

Platte<br />

� Aufwertung der Wohnumfelds, vor allem der Freiraumversorgung<br />

� Nutzungsmischung <strong>und</strong> urbane Qualitäten<br />

� Verbesserung der Möglichkeiten der Eigentumsbildung<br />

� Integration altengerechter Wohnformen<br />

� Sicherung eines niedrigpreisigen Mietwohnungssegments kleiner Wohnungen<br />

� Integration familiengerechten Wohnraums<br />

� Schaffung großer Wohnungen mit guter Ausstattung<br />

� Sicherung preiswerter, altersgerechter, kleiner Wohnungen mit guter Ausstattung<br />

� Bereitstellung von preiswerten Wohnungen <strong>für</strong> Haushaltsgründer mit geringem<br />

Einkommen<br />

� Schaffung von größeren Wohnungen mit guter Ausstattung<br />

� Sicherung einer guten Versorgungs- <strong>und</strong> Infrastrukturausstattung<br />

� Verbesserung der Freiraumqualität<br />

Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der<br />

Wohnungsnachfrage<br />

Quantitative Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Wohnungsnachfrage<br />

<strong>und</strong> der Wohnungsqualität können aus den <strong>Dichte</strong>zielen der Leitbilder der kompakten<br />

europäischen Stadt im Vergleich mit der dispersen Zwischen- oder Netzstadt


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 167<br />

abgeleitet werden (vgl. Tabelle 15). 42 Die von den Wohnungsnachfragern in Altbaugebieten<br />

nachgefragten Qualitäten richten sich vor allem auf die hohe Urbanität <strong>und</strong><br />

die vielfältigen Angebote, die diese Gebiete aufweisen. <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> diesen Stadtstrukturtyp<br />

können daher aus dem Leitbild der kompakten europäischen Stadt abgeleitet<br />

werden. In Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten nachgefragte Qualitäten beziehen<br />

sich eher auf suburbane Qualitäten, so dass diesem Strukturtyp die <strong>Dichte</strong>ziele<br />

der Zwischenstadt zugeordnet werden. Die <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> die Strukturtypen Zeile,<br />

Platte <strong>und</strong> Geschosswohnungsbau nach 1990 sind zwischen diesen beiden Extremen<br />

anzusiedeln. Für diese Strukturtypen werden daher diejenigen <strong>Dichte</strong>ziele gesetzt,<br />

die einen Ausgleich von Kompaktheit <strong>und</strong> Auflösung repräsentieren. Entsprechend<br />

der verschiedenen in den Stadtstrukturtypen bestehenden baulichen <strong>Dichte</strong>n<br />

(vgl. Tabelle 5) werden <strong>für</strong> die Mehrfamilienhäuser nach 1990 sowie <strong>für</strong> die Zeilenbebauung<br />

geringere <strong>Dichte</strong>zielwerte angenommen als <strong>für</strong> den Plattenbau.<br />

Abbildung 45: Stadtstrukturtypenspezifische <strong>Dichte</strong>zielwerte<br />

aus Sicht der Wohnqualität (Eigene Darstellung)<br />

Block<br />

Platte<br />

Zeile<br />

MFH 90+<br />

EFH<br />

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0<br />

Geschossflächenzahl (GFZ)<br />

Im Folgenden werden diese <strong>Dichte</strong>zielkorridore mit den aus Sicht der Handlungsfelder<br />

Verkehr, soziale Infrastruktur <strong>und</strong> Freiraumversorgung ermittelten Zielen verglichen.<br />

5.5 Zwischenfazit: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von<br />

Verkehr, sozialer Infrastruktur, Freiraumversorgung <strong>und</strong><br />

Wohnungsnachfrage<br />

Aus den Handlungsfeldern Verkehr, soziale Infrastruktur <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage<br />

ergeben sich unterschiedliche Zielwerte <strong>und</strong> Qualitätskriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n,<br />

die in den vorangegangenen Kapiteln der Arbeit ausführlich erläutert wurden.<br />

Abbildung 46 stellt die ermittelten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n differenziert<br />

nach Stadtstrukturtypen dar.<br />

42 Die hier angegebenen <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> die Stadtstrukturtypen orientieren sich an den aus<br />

der Literatur abgeleiteten <strong>Dichte</strong>zielen städtebaulicher Leitbilder, die in Tabelle 15 aufgelistet<br />

sind. Da es sich hier um <strong>Dichte</strong>kriterien <strong>für</strong> schrumpfende Städte handelt, werden<br />

die oberen <strong>Dichte</strong>zielwerte, z. B. von 3,0 bis 4,0 <strong>für</strong> die kompakte Stadt (MÖNNINGER<br />

1994, 165) sowie von 2,4 <strong>für</strong> einen Ausgleich zwischen kompakter <strong>und</strong> disperser Stadt<br />

(HAPPE et al. 1994, 17), hier nicht berücksichtigt.


168 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 46: <strong>Dichte</strong>zielwerte aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage<br />

<strong>für</strong> die Stadtstrukturtypen im Vergleich (Eigene Darstellung)<br />

Die angegebenen Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n resultieren aus den <strong>für</strong> die<br />

Stadtstrukturtypen angenommenen Ausstattungsstandards <strong>und</strong> Qualitäten aus Sicht<br />

der einzelnen Handlungsfelder, die in Tabelle 40 aufgelistet sind. So werden <strong>für</strong><br />

verdichtete Strukturtypen wie Block oder Platte bessere Erreichbarkeiten <strong>und</strong> höhere<br />

Ausstattungsstandards angenommen als <strong>für</strong> den gering verdichteten Strukturtyp<br />

der Einfamilienhausbebauung. Für verdichtete großstädtische Altbaugebiete wird<br />

z. B. von einer schienengeb<strong>und</strong>enen ÖPNV-Erschließung <strong>und</strong> <strong>für</strong> Einfamilienhausgebiete<br />

lediglich von einem Busanschluss ausgegangen.<br />

Aus Sicht der Freiraumversorgung lassen sich bisher keine quantifizierten <strong>Dichte</strong>zielwerte<br />

ermitteln, aufgr<strong>und</strong> deren stark subjektiver Wahrnehmung. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> enthält Tabelle 40 <strong>für</strong> diesen Bereich Ziele <strong>für</strong> die Entwicklung der angestrebten<br />

Qualitäten:<br />

- In den verdichteten Stadtstrukturtypen ist anzustreben, Entdichtungsprozesse <strong>für</strong><br />

eine Verbesserung von Freiraumversorgungsgrad <strong>und</strong> Gestaltungsqualität sowohl<br />

der privaten <strong>und</strong> halböffentlichen als auch der öffentlichen Freiräume zu<br />

nutzen.<br />

- In den Strukturtypen mittlerer <strong>Dichte</strong> wie Zeile <strong>und</strong> Geschosswohnungsbau nach<br />

1990 geht es vorrangig um eine Verbesserung der Gestaltqualität der öffentlichen<br />

Freiräume <strong>und</strong> eine verbesserte Versorgung mit privaten Freiräumen.<br />

- In gering verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten ist auch unter<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen ein ausreichendes Angebot von Freiräumen spezifischer<br />

Funktionen, wie z. B. von Spiel- <strong>und</strong> Sportflächen, zu sichern. Dies kann<br />

nicht allein durch die Zunahme frei werdender Flächen erreicht werden, sondern<br />

bedarf einer aktiven Widmung <strong>und</strong> Gestaltung im Zuge von Aufwertungsmaßnahmen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 169<br />

Tabelle 40: Angenommene Ausstattungsstandards <strong>und</strong> Qualitäten der Stadtstrukturtypen<br />

(Eigene Darstellung)<br />

Strukturtyp<br />

Block<br />

Platte<br />

MFH<br />

90+<br />

Zeile<br />

EFH<br />

Verkehr Soziale Infrastruktur Wohnungsnachfrage Freiraumversorgung<br />

� Schienengeb<strong>und</strong>ener<br />

ÖPNV<br />

� Schienengeb<strong>und</strong>ener<br />

ÖPNV<br />

� Gutes ÖPNV-<br />

Angebot in fußläufiger<br />

Erreichbarkeit<br />

� Gutes ÖPNV-<br />

Angebot in fußläufiger<br />

Erreichbarkeit<br />

� Anschluss an den<br />

Busverkehr<br />

� Minimierung des<br />

Verkehrserschließungsaufwands<br />

� Kindergarten in<br />

350 m<br />

� Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig)<br />

in 700 m<br />

� Kindergarten in<br />

350-500 m<br />

� Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig)<br />

in 700 m<br />

� Kindergarten in<br />

500 m<br />

� Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig)<br />

in 700 m<br />

� Kindergarten in<br />

500 m<br />

� Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig)<br />

in 700 m<br />

� Kindergarten in<br />

600 m<br />

� Urbanes Wohnen � Erhöhter<br />

Freiraumversorgungsgrad<br />

� Verbesserte Gestaltungsqualität<br />

� Ausgleich zwischen<br />

urbanem <strong>und</strong> suburbanem<br />

Wohnen<br />

� Ausgleich zwischen<br />

urbanem <strong>und</strong> suburbanem<br />

Wohnen<br />

� Ausgleich zwischen<br />

urbanem <strong>und</strong> suburbanem<br />

Wohnen<br />

� Suburbanes<br />

Wohnen<br />

� Erhöhter<br />

Freiraumversorgungsgrad<br />

� Verbesserte Gestaltungsqualität<br />

� Verbesserte Gestaltungsqualität<br />

� Erhöhtes Angebot<br />

an privaten Freiräumen<br />

� Verbesserte Gestaltungsqualität<br />

� Erhöhtes Angebot<br />

an privaten<br />

Freiräumen<br />

� Sicherung von<br />

Freiräumen spezifischer<br />

Funktion<br />

(Spiel- <strong>und</strong><br />

Sportflächen)<br />

Ein Vergleich der Zielkorridore der angemessenen <strong>Dichte</strong>n kommt zu folgenden<br />

Ergebnissen:<br />

- Zunächst zeigen sich die bereits dargelegten Differenzen der Zielkorridore <strong>für</strong> die<br />

einzelnen Stadtstrukturtypen, mit den höchsten <strong>Dichte</strong>zielen <strong>für</strong> die gründerzeitliche<br />

Blockbebauung <strong>und</strong> den geringsten Zielen <strong>für</strong> Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser.<br />

Die verschiedenartigen Verhältnisse zwischen den Geschossflächenzahlen <strong>und</strong><br />

den Nettowohndichten resultieren aus den Unterschieden der individuellen<br />

Wohnflächeninanspruchnahme in den Stadtstrukturtypen. 43<br />

- Deutlich wird, dass aus Sicht des öffentlichen Verkehrs höhere <strong>Dichte</strong>n erforderlich<br />

sind als aus Sicht der sozialen Infrastruktur. Für den Strukturtyp Ein- <strong>und</strong><br />

Zweifamilienhäuser nähern sich diese Ziele an, da hier <strong>für</strong> den öffentlichen Verkehr<br />

von deutlich geringeren Versorgungsstandards ausgegangen wird.<br />

- Anders als die <strong>für</strong> den Verkehr <strong>und</strong> die soziale Infrastruktur ermittelten <strong>Dichte</strong>werte,<br />

die anhand von definierten Ausstattungsstandards errechnet wurden, resultieren<br />

die Zielkorridore <strong>für</strong> den Bereich Wohnen aus aktuellen städtebaulichen <strong>Dichte</strong>zielen<br />

<strong>und</strong> den mit ihnen assoziierten Lebensstilen. Diese Ziele wurden hauptsächlich<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong> von Wachstumsprozessen diskutiert. Damit ergeben<br />

sich <strong>für</strong> den Bereich Wohnen im Vergleich zu den Bereichen Verkehr <strong>und</strong><br />

43 Block: 36,6 m² je Einwohner; Platte: 29,4 m² je Einwohner; Zeile: 32 m² je Einwohner,<br />

Geschosswohnungsbau nach 1990: 37,9 m² je Einwohner; Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser:<br />

40 m² je Einwohner (s. Anhang IV).


170 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

soziale Infrastruktur weitestgehend höhere Zielkorridore, die <strong>für</strong> schrumpfende<br />

Städte einer Revision bedürfen.<br />

- Die Ziele aus den einzelnen Bereichen überschneiden sich in jedem Strukturtyp<br />

<strong>und</strong> somit ergeben sich Zielkorridore/Zielwerte, die aus Sicht aller Handlungsfelder<br />

als angemessen angesehen werden können. Dies sind <strong>für</strong> den Block eine<br />

Spanne der Geschossflächenzahlen von 0,6 bis 1,0, <strong>für</strong> die Platte von 0,5 bis<br />

0,8, <strong>für</strong> die Zeile von 0,6, <strong>für</strong> den Mehrfamilienhausbau nach 1990 von 0,6 bis<br />

0,7, <strong>und</strong> <strong>für</strong> Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebiete eine von 0,4.<br />

- Gerade <strong>für</strong> die gründerzeitliche Blockbebauung <strong>und</strong> die Siedlungen in Plattenbauweise<br />

bestehen zum Teil erhebliche Variationsbreiten in den Zielkorridoren<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n. Diese entsprechen den Variationsbreiten der regional<br />

unterschiedlichen Ausgangsdichten. Je nach regionaler Ausprägung variieren<br />

<strong>Dichte</strong>n der gründerzeitlichen Blockbebauung zwischen Geschossflächendichten<br />

von 0,8 in ostdeutschen Mittelstädten <strong>und</strong> 3,0 in großstädtischen Strukturen.<br />

Ausgangsdichten der Siedlungen in Plattenbauweise variieren zwischen Geschossflächendichten<br />

von 0,6 bis 1,6 (s. Tabelle 5). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind<br />

Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n entsprechend den regional unterschiedlichen<br />

Ausgangsdichten anzupassen.<br />

Hervorzuheben ist allerdings, dass nicht allein durch die Einhaltung dieser quantifizierten<br />

<strong>Dichte</strong>ziele eine hohe Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität in den Stadtstrukturtypen<br />

gewährleistet werden kann. So sind gerade aus Sicht der Handlungsfelder Freiraumversorgung<br />

<strong>und</strong> Wohnqualität auch Qualitätskriterien <strong>für</strong> die einzelnen Strukturtypen<br />

zu berücksichtigen, die ausführlich in Tabelle 34 <strong>und</strong> Tabelle 39 dargelegt<br />

sind.<br />

Insbesondere vor dem Hintergr<strong>und</strong> der in Ostdeutschland bestehenden Mietermärkte<br />

ist die Aufwertung von Wohngebieten von besonderer Bedeutung, um die langfristige<br />

Nachfrage nach Wohnungsbeständen zu sichern. Vor allem in verdichteten<br />

Strukturtypen sind vor diesem Hintergr<strong>und</strong> Maßnahmen zur Aufwertung des Wohnumfelds<br />

<strong>und</strong> zur Berücksichtigung der Wohnwünsche spezifischer Bevölkerungsgruppen<br />

(z. B. Haushaltsneugründer, Familien, Ältere) durchzuführen. Zur Erhöhung<br />

der Qualität von schrumpfenden Wohnquartieren kann auch eine aktive Gestaltung,<br />

Zonierung <strong>und</strong> Widmung der Freiräume beitragen.<br />

Die hier – auf Basis einer Literaturauswertung – dargelegten ausgewählten Kriterien<br />

zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n dienen im weiteren Verlauf der Arbeit als<br />

Gr<strong>und</strong>lage, um die im Folgenden entwickelten Kriterien aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur einzuordnen.<br />

Gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Notwendigkeit eines integrierten Stadtumbaus (s.<br />

Kapitel 4.3) ist es wesentlich zu ermitteln, mit welchen anderen stadtplanerischen<br />

Kriterien diejenigen aus Sicht der Stadttechnik übereinstimmen <strong>und</strong> zu welchen Gegensätze<br />

bestehen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 171<br />

C. <strong>Dichte</strong>, <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik<br />

Der zweite Hauptteil der Arbeit setzt sich vertiefend mit den Auswirkungen von<br />

<strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozessen auf die stadttechnische Infrastruktur<br />

auseinander. Hier<strong>für</strong> gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen ist die stadttechnische<br />

Infrastruktur aufgr<strong>und</strong> ihrer Liniengeb<strong>und</strong>enheit <strong>und</strong> ihrer hohen Fixkostenintensität<br />

besonders von <strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen. Zum anderen wurde die<br />

stadttechnische Infrastruktur trotz dieser besonderen Betroffenheit in den bisherigen<br />

Ansätzen des ‚Stadtumbau Ost’, die vor allem aus Sicht der Wohnungswirtschaft<br />

entwickelt wurden, eher vernachlässigt.<br />

Während sich, wie Kapitel 5 dieser Arbeit verdeutlicht, <strong>für</strong> andere Handlungsfelder<br />

der Stadtplanung wie z. B. Angebote des öffentlichen Nahverkehrs oder der sozialen<br />

Infrastruktur aus Werten in der Literatur Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n von Wohnquartieren ableiten lassen, ist dies <strong>für</strong> den Bereich der stadttechnischen<br />

Infrastruktur schwieriger, nicht zuletzt, weil sich <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />

erst bei kumulierten Bevölkerungsrückgängen <strong>und</strong> damit zeitversetzt auf die stadttechnische<br />

Infrastruktur niederschlagen.<br />

Daher existieren bisher so gut wie keine Erkenntnisse der Auswirkungen von<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen auf die Gesamtnetze <strong>und</strong> zentralen Anlagen der Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorgung. Probleme der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung unter <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

stehen erst an ihrem Anfang <strong>und</strong> es ist davon auszugehen, dass<br />

sich die Probleme in Zukunft verschärfen werden. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird in<br />

dieser Arbeit eine vertiefende Betrachtung des Handlungsfelds der stadttechnischen<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung durchgeführt, die neben einer Literatur- <strong>und</strong> Datenauswertung<br />

auch auf Experteninterviews 43 <strong>und</strong> Modellrechnungen zurückgreift (s. Kapitel 1.3.2<br />

zum methodischen Vorgehen).<br />

- Kapitel 6 erläutert einleitend die Bedeutung der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

in der Stadtplanung. Begriffe werden definiert <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen der Ver-<br />

<strong>und</strong> Entsorgung mit Trink- <strong>und</strong> Abwasser sowie Fernwärme erläutert.<br />

- Kapitel 7 stellt die wesentlichen Zusammenhänge zwischen der <strong>Dichte</strong> von Siedlungsstrukturen<br />

<strong>und</strong> deren stadttechnischer Ver- <strong>und</strong> Entsorgung dar.<br />

- Kapitel 8 beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

auf die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung. Um die Auswirkungen<br />

darzustellen, wird dabei auch auf eigene Modellrechnungen zurückgegriffen.<br />

- Abschließend werden in Kapitel 9 auf Basis der Ergebnisse der vorherigen Analysen<br />

sowie von eigenen Modellrechnungen Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

<strong>und</strong> Schwellenkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik abgeleitet.<br />

Ebenso werden Grenzen der Bestimmung <strong>und</strong> Anwendung von quantifizierten<br />

<strong>Dichte</strong>zielkorridoren diskutiert.<br />

43 Aus Datenschutzgründen wurden die Aussagen der Interviewpartner über eine Codierung<br />

anonymisiert. In einigen Fällen, in denen ein direkter Bezug zu Städten oder Unternehmen<br />

deutlich erkennbar ist, werden die Interviewpartner direkt zitiert. Für die jeweiligen<br />

Passagen wurde eine Veröffentlichungserlaubnis eingeholt.


172 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

6 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> Stadtplanung<br />

Mit ihrer Bedeutung <strong>für</strong> die Erschließung von Wohngebieten ist die stadttechnische<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ein wesentliches Handlungsfeld der Stadtplanung. Um diese<br />

Bedeutung der stadttechnischen Infrastruktur <strong>für</strong> die Stadtplanung zu erläutern,<br />

werden zunächst die Begriffe der stadttechnischen Infrastruktur <strong>und</strong> der stadttechnischen<br />

Erschließung geklärt (Kapitel 6.1). Merkmale der stadttechnischen Infrastruktur,<br />

die ursächlich <strong>für</strong> die besondere Betroffenheit bei <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen sind,<br />

werden ebenso dargelegt (Kapitel 6.2) wie die wesentlichen dichteabhängigen Dimensionierungsgrößen<br />

<strong>für</strong> die Trinkwasserver- <strong>und</strong> Abwasserentsorgung sowie die<br />

Fernwärmeversorgung (Kapitel 6.3).<br />

6.1 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> stadttechnische Erschließung<br />

Der Begriff der Infrastruktur bezeichnet die Gesamtheit aller materiellen, institutionellen<br />

<strong>und</strong> personellen Einrichtungen <strong>und</strong> Gegebenheiten, die als Gr<strong>und</strong>lage einer<br />

arbeitsteiligen Volkswirtschaft dienen (JOCHIMSEN 1995, 492f.). Dabei umfasst die<br />

materielle Infrastruktur alle Anlagen, Ausrüstungen <strong>und</strong> Betriebsmittel des Verkehrs-<br />

<strong>und</strong> Energiewesens, der Telekommunikation, der Konservierung der natürlichen<br />

Ressourcen sowie der Entsorgung. Die materielle Infrastruktur, von der die technische<br />

Infrastruktur ein Bestandteil ist, dient der Bereitstellung von Vorleistungen <strong>für</strong><br />

die Produktion sowie <strong>für</strong> die Konsumtion der Haushalte (D'ALLEUX 1995, 1036; JO-<br />

CHIMSEN 1995, 491).<br />

Indem Anlagen der technischen Infrastruktur die physischen Voraussetzungen <strong>für</strong><br />

eine Gr<strong>und</strong>stücksnutzung bilden, sind sie Bestandteil der Erschließung von Wohngebieten<br />

(SEELE 1995, 227; SIEDENTOP et al. 2006, 38). Mit Erschließung wird die<br />

Gesamtheit der öffentlichen <strong>und</strong> privaten Maßnahmen bezeichnet, die eine Gr<strong>und</strong>stücksnutzung<br />

entsprechend der städtebaulichen Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> baurechtlichen<br />

Vorschriften ermöglicht, insbesondere der Anschluss an das öffentliche Verkehrs-<br />

<strong>und</strong> Versorgungsnetz (GASSNER, THÜNKER 1992, 2). Während die technische Infrastruktur<br />

neben dem Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsnetz auch das Verkehrsnetz beinhaltet,<br />

bezeichnet die stadttechnische Infrastruktur die Ver- <strong>und</strong> Entsorgung mit den Medien<br />

Wasser, Abwasser, Gas, Fernwärme, Strom <strong>und</strong> Telekommunikation (HERZ et<br />

al. 2002, 50).<br />

Zu unterscheiden sind drei räumliche Ebenen der stadttechnischen Erschließung<br />

(GASSNER, THÜNKER 1992, 2ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 86ff.):<br />

1. Die Gr<strong>und</strong>stückserschließung mit ihren privaten Erschließungsanlagen,<br />

2. die innere Erschließung eines Wohngebiets mit den öffentlichen Erschließungsanlagen,<br />

die unmittelbar dem Wohngebiet bzw. Quartier zu Gute kommen <strong>und</strong><br />

3. die äußere Erschließung mit dem Anschluss an das übergeordnete Erschließungsnetz.<br />

<strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozesse haben, besonders auf der Ebene der<br />

inneren Erschließung, Folgen <strong>für</strong> die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung (SIEDEN-<br />

TOP et al. 2006, 86ff.), so dass diese Ebene im Fokus der Betrachtung steht. Jedoch<br />

sind gerade bei gleichmäßig über das gesamte Stadtgebiet verteilten <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

auch die Auswirkungen auf die Netze <strong>und</strong> Anlagen der äußeren<br />

Erschließung zu berücksichtigen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 173<br />

Tabelle 41: Ebenen <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Erschließung<br />

(Eigene Darstellung nach GASSNER, THÜNKER 1992, 2ff.)<br />

Erschließungsebene Anlagen der Erschließung<br />

Hausanschlussleitungen (Wasser, Abwasser, Energie, Wärme, Fernmeldeanlagen)<br />

Brunnen<br />

Private Erschließung Kleinkläranlagen<br />

Mülltonnenplätze<br />

Beleuchtung<br />

Innere Erschließung<br />

Äußere Erschließung<br />

Wasserversorgung<br />

Entwässerung<br />

Energieversorgung (Elektrizität, Gas, Wärme)<br />

Beseitigung fester Abfallstoffe<br />

Beleuchtung<br />

Fernmeldeanlagen<br />

Entwässerung (Transport, Reinigung)<br />

Wasserversorgung (Gewinnung, Aufbereitung, Speicherung, Transport)<br />

Energieversorgung (Elektrizität, Gas, Wärme)<br />

Beseitigung fester Abfallstoffe (Transport, Deponie, Verbrennung)<br />

Beleuchtung<br />

Fernmeldeanlagen<br />

Die innere Wohngebietserschließung liegt in der Verantwortlichkeit der Kommune.<br />

Die Baukosten der inneren Erschließung fallen zu Großen Teilen bei den Gr<strong>und</strong>stückseigentümern<br />

an, während sie bei der äußeren Erschließung hauptsächlich<br />

von der öffentlichen Hand getragen werden (GASSNER, THÜNKER 1992, 12; SIEDEN-<br />

TOP et al. 2006, 87). Kosten <strong>für</strong> die private Erschließung sind vollständig von den<br />

Bauherren zu tragen (GASSNER, THÜNKER 1992, 13).<br />

In Zeiten eines stabilen Wachstums wird die stadttechnische Infrastruktur kaum<br />

wahrgenommen, da sie durch ihre unterirdische Anordnung nicht im Blickfeld der<br />

Betrachtung liegt, stets verfügbar ist <strong>und</strong> flexibel an stadtplanerische Vorgaben anpassbar<br />

ist (SPRINGER 2005). Die mangelnde Wahrnehmung der unterirdischen Infrastrukturen<br />

setzt sich zunächst auch unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen fort. So<br />

standen bei bisherigen Diskussionen über die Tragfähigkeit von Infrastrukturen unter<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen vor allem soziale Infrastrukturen sowie alternative<br />

Bedienformen im ÖPNV im Vordergr<strong>und</strong> (siehe z. B. THRUN et al. 2003, 114). Die<br />

stadttechnische Erschließung wird bisher vor allem als reaktive der Siedlungsentwicklung<br />

nachgeordnete Planung betrieben <strong>und</strong> mögliche Bedarfsrückgänge <strong>und</strong><br />

daraus resultierende Notwendigkeiten eines Anlagenrückbaus werden bislang unzureichend<br />

berücksichtigt (SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 83; TIETZ 2006, 156).<br />

6.2 Merkmale der stadttechnischen Infrastruktur<br />

Die stadttechnische Infrastruktur ist durch wesentliche Eigenschaften gekennzeichnet,<br />

die eine besondere siedlungsstrukturelle Abhängigkeit sowie eine hohe Anfälligkeit<br />

gegenüber Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen bedingen.<br />

Es handelt sich um Systeme, deren Bereitstellung einen hohen Kapitalaufwand erfordern<br />

(D'ALLEUX 1995, 1036) <strong>und</strong> die eine geringe Kapitalproduktivität aufweisen<br />

(JOCHIMSEN 1995, 491). Ebenso handelt es sich bei der stadttechnischen Infrastruktur<br />

aufgr<strong>und</strong> der langfristigen Planungs- <strong>und</strong> Realisierungszeiträume (D'ALLEUX<br />

1995, 1036) sowie der langen Lebensdauer der Anlagen <strong>und</strong> vor allem der Netze,


174 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

z. B. von 80 bis zum Teil weit über 100 Jahren bei Abwassernetzen (FREUDENBERG,<br />

KOZIOl 2003, 54), um langfristige Investitionen (HERZ 2004, 8; JOCHIMSEN 1995,<br />

491).<br />

Zentrale Systeme der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ermöglichen häufig die<br />

Nutzung von economies of scale, d. h. bei einer großen Dimensionierung lassen<br />

sich die einzelnen Einheiten billiger produzieren (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 28).<br />

Aufgr<strong>und</strong> der hohen <strong>und</strong> langfristigen Kapitalbindung sowie der Kostenvorteile zentraler<br />

Systeme lassen sich Systeme der stadttechnischen Infrastruktur schwer an<br />

sich verändernde Bevölkerungs- <strong>und</strong> Siedlungsentwicklungen anpassen.<br />

Zudem erfordern zentrale Systeme der stadttechnischen Infrastruktur <strong>für</strong> ihre Funktionsfähigkeit<br />

eine Mindestgröße. Einzelne Systemteile funktionieren nur in Kombination<br />

mit anderen Systemkomponenten, z. B. vom Hausanschluss, über die innere<br />

Erschließung, die äußere Erschließung zu den zentralen Anlagen (JENSSEN, KARA-<br />

KOYUN 2005, 27). Aufgr<strong>und</strong> dieser technischen Unteilbarkeit (D'ALLEUX 1995, 1036;<br />

JOCHIMSEN 1995, 491) lassen sich die Systemkomponenten der stadttechnischen<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ebenfalls nicht flexibel an die Bevölkerungsentwicklung anpassen<br />

(TIETZ 2006, 167). Die Netzgeb<strong>und</strong>enheit der stadttechnischen Infrastrukturen<br />

verursacht darüber hinaus eine Immobilität der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

(SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 87).<br />

Ist die maximale Kapazität eines Infrastruktursystems erreicht, wird ein Ausbau des<br />

Systems erforderlich <strong>und</strong> es kommt zu Sprungkosten (GASSNER, THÜNKER 1992, 5;<br />

JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 28). Bevölkerungsrückgänge führen zu einer Unterauslastung<br />

der Systeme, bei extremen Rückgängen verb<strong>und</strong>en mit der Notwendigkeit<br />

betriebstechnischer <strong>und</strong> baulicher Anpassungsmaßnahmen. Ebenso wie eine Anpassung<br />

an wachsende Nachfrage kann auch eine Anpassung an sinkende Nachfrage<br />

nur in bestimmten Stufen erfolgen (HERZ et al. 2005, 10).<br />

6.3 Stadttechnische Erschließung mit Trinkwasser, Abwasser,<br />

Fernwärme<br />

Für eine nähere Betrachtung werden diejenigen Medien ausgewählt, die aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer hohen siedlungsstrukturellen Abhängigkeit besonders von Bevölkerungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen sind. Besondere Schwierigkeiten der Anpassung an<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen bestehen bei der Trinkwasserversorgung, der Abwasserentsorgung<br />

sowie bei der Fernwärmeversorgung (FREUDENBERG, KOZIOL 2003,<br />

10; HERZ et al. 2002, 52; MARSCHKE 2004, 80; SIEDENTOP et al. 2006, 38ff.).<br />

Neben den oben beschriebenen Merkmalen führen bei der Trinkwasserversorgung<br />

sowie der Abwasserentsorgung Versorgungspflicht sowie Anschluss- <strong>und</strong><br />

Benutzungszwang dazu, dass die Versorgung auch bei extremer Ausdünnung der<br />

Siedlungsstrukturen aufrecht erhalten werden muss <strong>und</strong> erschweren damit eine flexible<br />

Anpassung an Bevölkerungsrückgänge (TIETZ 2006, 157). Ein weiterer Gr<strong>und</strong><br />

<strong>für</strong> die Beschäftigung mit den Medien Wasser <strong>und</strong> Abwasser sind die hohen öffentlichen<br />

sowie privaten Kosten der Trinkwasserver- sowie der Abwasserentsorgung<br />

(SEITZ 2002, 37; SIEDENTOP et al. 2006, 40f.).<br />

Anders als bei Trinkwasser <strong>und</strong> Abwasser besteht bei der Fernwärme keine Versorgungspflicht,<br />

so dass sich die Frage nach der Versorgung mit Fernwärme in erster<br />

Linie als Frage nach der Effizienz <strong>für</strong> den Versorger stellt. Diese Effizienz ist abhängig<br />

von einer ausreichenden Liniendichte, die dann vorliegt, wenn Versorger ihre<br />

Abnehmer frei wählen können <strong>und</strong> nur die großen Potenziale entlang des Leitungs-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 175<br />

netzes bedienen müssen (TIETZ 2006, 156f.). Gerade in den in besonderer Weise<br />

von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffenen ostdeutschen Großsiedlungen hat die<br />

Fernwärmeversorgung eine hohe Bedeutung <strong>für</strong> die Wärmeversorgung (SIEDENTOP<br />

et al. 2006, 40f.).<br />

Die beschriebenen Medien zeichnen sich durch einen unterschiedlichen <strong>Dichte</strong>bezug<br />

aus. Die Nachfrage nach der Trinkwasserver- <strong>und</strong> der Abwasserentsorgung<br />

hängt von der Zahl der angeschlossenen Einwohner im Anschlussgebiet ab (TIETZ<br />

2006, 158) <strong>und</strong> damit von der Einwohnerdichte. Die Nachfrage nach Wärme wird<br />

von der angeschlossenen Wohnfläche (TIETZ 2006, 158) <strong>und</strong> damit sowohl von der<br />

Einwohner- als auch der Bebauungsdichte bestimmt. Tabelle 42 stellt die betrachteten<br />

Merkmale der ausgewählten Medien zusammenfassend dar.<br />

Tabelle 42: Merkmale der betrachteten Medien der stadttechnischen Infrastruktur<br />

(Eigene Darstellung nach HERZ et al. 2002, 52; SIEDENTOP et al. 2006, 40; TIETZ 2006,<br />

158ff.)<br />

Medium Siedlungsstrukturelle<br />

Abhängigkeit<br />

Betroffenheit von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

Fixkostenanteil<br />

Anpassungsfähigkeit<br />

bei Auslastungsproblemen<br />

Öffentl.<br />

Pflichtaufgabe<br />

Bezug zur<br />

<strong>Dichte</strong><br />

Trinkwasser Hoch Hoch Sehr gering Ja Einwohnerdichte<br />

Abwasser Hoch Hoch Sehr gering Ja Einwohnerdichte<br />

Fernwärme Hoch Hoch Gering Nein<br />

Bebauungs- <strong>und</strong><br />

Einwohnerdichte<br />

Im Folgenden werden einzelne Systemkomponenten der Trinkwasserversorgung,<br />

der Abwasserentsorgung sowie der Fernwärmeversorgung genauer erläutert. Neben<br />

der allgemeinen Funktionsweise der Systeme werden dabei vor allem diejenigen<br />

Faktoren beschrieben, die <strong>für</strong> die Dimensionierung eine wesentliche Rolle spielen<br />

<strong>und</strong> über die im weiteren Verlauf der Arbeit ein Bezug zu Einwohner- oder Bebauungsdichten<br />

hergestellt wird. Innerhalb eines Stadtgebiets unterscheidet sich die<br />

stadttechnische Erschließung wesentlich nach der vorherrschenden Siedlungsstruktur,<br />

d. h. anhand der Stadtstrukturtypen mit ihren typischen Entstehungszeiten, dem<br />

Bauprinzip (Einzelbauweise, industrielle Bauweise) sowie der städtebaulichen Struktur<br />

<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong> (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 19; KOZIOL, WALTHER 2006, 260f.; SIE-<br />

DENTOP et al. 2006, 49). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird die stadtstrukturtypenspezifische<br />

Ausstattung mit den einzelnen Medien ebenfalls dargestellt.<br />

6.3.1 Trinkwasserversorgung<br />

Bestandteile der Trinkwasserversorgung sind die Wassergewinnung, -aufbereitung<br />

<strong>und</strong> -speicherung sowie der Transport des Wassers in Hauptleitungen <strong>und</strong> dessen<br />

Verteilung in einem Ortswassernetz (TIETZ 2007, 189). Da das Netz den Hauptteil<br />

von 65 % bis 80 % des Anlagevermögens der Versorgungsunternehmen ausmacht<br />

(SCHMIDT 2003, 17; SEYFRIED, AUSTERMANN-HAUN 1995, 1082) <strong>und</strong> ebenso unmittelbar<br />

von der siedlungsstrukturellen Entwicklung abhängig ist, steht die Dimensionierung<br />

der Netze <strong>und</strong> deren Abhängigkeit von der Siedlungsdichte im Folgenden<br />

im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Für die Wasserverteilung (<strong>und</strong> Abwasserentsorgung) unterscheidet man Verästelungsnetze,<br />

Ringnetze <strong>und</strong> vermaschte Netze (siehe Abbildung 47). Verästelungsnetze<br />

sind meist historisch gewachsen, haben eine sehr kostengünstige Netzstruk-


176 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

tur, sind aber auch sehr störanfällig. Bei Ringnetzen <strong>und</strong> vermaschten Netzen ist der<br />

Erschließungsaufwand deutlich höher, da<strong>für</strong> ist auch deren Anpassungsfähigkeit<br />

wesentlich größer (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 51; TIETZ 2007, 221).<br />

Abbildung 47: Netzformen der Wasserverteilung<br />

(Eigene Darstellung nach TIETZ 2007, 221)<br />

Verästelungsnetz Ringnetz Vermaschtes Netz<br />

Wesentlich <strong>für</strong> die Dimensionierung der Trinkwassernetze sind der Wasserverbrauch<br />

eines Gebiets sowie der Löschwasserbedarf. Der Wasserverbrauch eines<br />

Gebiets wird durch die Höhe des spezifischen Wasserverbrauchs pro Person bestimmt,<br />

der regional sehr unterschiedlich ausfällt (TIETZ 2007, 199) <strong>und</strong> derzeit in<br />

Ostdeutschland zwischen 88 l pro Person <strong>und</strong> Tag in Sachsen <strong>und</strong> 102 l pro Person<br />

<strong>und</strong> Tag in Mecklenburg-Vorpommern liegt. In Westdeutschland ist der Verbrauch<br />

mit einer Spanne von 118 l pro Person <strong>und</strong> Tag im Saarland bis 143 l in Schleswig-<br />

Holstein deutlich höher.<br />

Abbildung 48: Wasserabgabe an Haushalte <strong>und</strong> Kleingewerbe in Liter je Einwohner<br />

<strong>und</strong> Tag nach B<strong>und</strong>esländern<br />

(Eigene Darstellung nach STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2007)<br />

Baden-Württemberg<br />

Bayern<br />

Berlin<br />

Brandenburg<br />

Bremen<br />

Hamburg<br />

Hessen<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Niedersachsen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Saarland<br />

Sachsen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thüringen<br />

Deutschland<br />

80 85 90 95 100 105 110 115 120 125 130 135 140 145 150<br />

Liter je Einwohner <strong>und</strong> Tag<br />

Der Löschwasserbedarf beträgt in reinen <strong>und</strong> allgemeinen Wohngebieten bei mittlerer<br />

Gefahr der Brandausbreitung 96 m³ pro St<strong>und</strong>e <strong>und</strong> kann gerade in gering ver-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 177<br />

dichteten Bebauungsformen den Spitzenverbrauch überschreiten (BUCHERT et al.<br />

2004, Anhang I, S. 22ff.; TIETZ 2007, 208).<br />

Tabelle 43 gibt einen wesentlichen Überblick über die Dimensionierung <strong>und</strong> Netzformen<br />

von Trinkwassernetzen in verschiedenen Stadtstrukturtypen. Während der<br />

Nenndurchmesser in Stadtstrukturtypen geringerer <strong>Dichte</strong> kleiner ist, sind die Längen<br />

der Trinkwassernetze je Einwohner im Einfamilienhausbau deutlich größer als<br />

im Mehrfamilienhausbau.<br />

Tabelle 43: Dimensionierung von Trinkwassernetzen nach Stadtstrukturtypen<br />

(BUCHERT et al. 2004, Anhang 1, S. 22ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 106ff.)<br />

Strukturtyp Netzform Nenndurchmesser <strong>für</strong><br />

innere Erschließung 1<br />

Netzlänge je Einwohner<br />

in m<br />

Block Maschennetz DN 150 0,9-1,4<br />

Platte Maschennetz DN 200 0,6-1,3<br />

Zeile Maschennetz DN 200 0,8-1,7<br />

MFH nach 1990 Maschennetz DN 150 1,1-2,1<br />

EFH Ringnetz DN 80-100 2,1-7,1<br />

1 Der Nenndurchmesser (DN) ist der <strong>für</strong> die Bemessung von Rohrleitungen maßgebliche<br />

innere Durchmesser (BUCHERT et al. 2004, 155).<br />

Für die Trinkwasserversorgung gilt ein Anschluss- <strong>und</strong> Benutzungszwang, der in<br />

allen Gemeindeordnungen normiert ist, <strong>und</strong> es den Gemeinden ermöglicht per Satzung<br />

einen Anschluss an die Anlagen der Wasserversorgung <strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>stücke in<br />

ihrem Gemeindegebiet vorzuschreiben (TIETZ 2007, 220).<br />

Die Preisbildung des Wasserpreises wird durch die Kommualabgabengesetze<br />

(KAG) der Länder geregelt, in denen das Kostendeckungsprinzip (betriebswirtschaftliche<br />

Kosten der Leistungserstellung), das Äquivalenzprinzip (Angemessenheit,<br />

Verhältnismäßigkeit) <strong>und</strong> der Gleichheitsgr<strong>und</strong>satz (Leistungs-/Verursacherprinzip)<br />

als wesentliche Prinzipien der Tarifgestaltung genannt werden (MARSCHKE<br />

et al. 2006, 26).<br />

6.3.2 Abwasserentsorgung<br />

Die Abwasserentsorgung umfasst die Sammlung <strong>und</strong> den Transport von Abwasser<br />

sowie dessen Behandlung in (zentralen) Kläranlagen <strong>und</strong> die Einleitung der gereinigten<br />

Abwässer in natürliche Gewässer (TIETZ 2007, 227). Beim System der Abwasserentsorgung<br />

sind, neben der Topographie, vor allem auch die Siedlungsdichte<br />

sowie – damit zusammenhängend – Skaleneffekte beim Transport <strong>und</strong> der Behandlung<br />

großer Abwassermengen von hoher Bedeutung (TIETZ 2007, 229).<br />

Abgeleitet aus Umweltschutzzielen besteht in Deutschland nach wie vor das Ziel,<br />

den Anschlussgrad an die zentrale Abwasserentsorgung zu erhöhen (TIETZ 2007,<br />

229). Hierbei bestehen zwischen den B<strong>und</strong>esländern noch erhebliche Differenzen<br />

wie Abbildung 49 zeigt. Geringe Anschlussgrade herrschen dabei vor allem in den<br />

ostdeutschen Ländern vor (zwischen 82,6 % in Brandenburg <strong>und</strong> 91,5 % in Thüringen).


178 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 49: Anschlussgrad an die öffentliche Kanalisation nach B<strong>und</strong>esländern<br />

(Eigene Berechnung nach STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2006)<br />

Baden-Württemberg<br />

Bayern<br />

Berlin<br />

Brandenburg<br />

Bremen<br />

Hamburg<br />

Hessen<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Niedersachsen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Saarland<br />

Sachsen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Schleswig-Holstein<br />

Thüringen<br />

Deutschland<br />

80 85 90<br />

Anschlussgrad in %<br />

95 100<br />

Bei der Abwasserentsorgung von Wohngebieten setzt sich das Abwasser aus dem<br />

häuslichen Schmutzwasser <strong>und</strong> dem Regenwasser zusammen. Dabei kann davon<br />

ausgegangen werden, dass das Aufkommen an häuslichem Schmutzwasser dem<br />

Trinkwasserbedarf in etwa entspricht (BUCHERT et al. 2004, Anhang I, S. 31). In Abhängigkeit<br />

vom Versickerungsanteil vor Ort gelangen unterschiedlich hohe Anteile<br />

des Regenwassers in die Kanalisation. Diese Anteile werden über den Abflussbeiwert<br />

bestimmt, der je nach Oberfläche, Bebauungsart, Verbauungsgrad <strong>und</strong> Geländeneigung<br />

unterschiedlich ist (BUCHERT et al. 2004, Anhang I, S. 32f.; TIETZ 2007,<br />

243). Zusätzlich ist ein Anteil von 10 % Fremdwasser 44 zu berücksichtigen (FREU-<br />

DENBERG, KOZIOL 2003, 59).<br />

Für die Sammlung <strong>und</strong> den Transport des Abwassers unterscheidet man die Trennkanalisation,<br />

bei der Schmutzwasser <strong>und</strong> Niederschlagswasser getrennt abgeleitet<br />

werden, <strong>und</strong> die Mischkanalisation, bei der eine gemeinsame Ableitung der Abwässer<br />

erfolgt (TIETZ 2007, 257). Für Ostdeutschland wird von einem Anteil von 45 %<br />

Trennsystemen <strong>und</strong> 55 % Mischsystemen ausgegangen (BUCHERT et al. 2004, Anhang<br />

I, 53f.).<br />

Für die innere Erschließung von Wohngebieten entsprechen die Längen der Regenwasserkanäle<br />

in etwa denen der Schmutzwasserkanäle (SIEDENTOP et al. 2006,<br />

108). Aufgr<strong>und</strong> des unmittelbaren Bezugs zur Einwohnerdichte wird im Folgenden<br />

vor allem die Schmutzwasserentsorgung berücksichtigt.<br />

Tabelle 44 gibt die wesentlichen Parameter zur Dimensionierung von Abwassernetzen<br />

nach Stadtstrukturtypen an. Auch hier zeigen sich die höheren spezifischen<br />

Netzlängen in Stadtstrukturtypen geringerer <strong>Dichte</strong>n.<br />

44 Als Fremdwasser wird von außen in die Leitungen eindringendes Wasser bezeichnet.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 179<br />

Tabelle 44: Parameter zur Dimensionierung von Abwassernetzen nach Strukturtypen<br />

(BUCHERT et al. 2004, Anhang I, S. 33ff.; JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 48; SIEDENTOP et al.<br />

2006, 106ff.)<br />

Schmutzwasser<br />

Strukturtyp Abflussbeiwert Nenndurchmesser <strong>für</strong><br />

innere Erschließung<br />

Netzlänge je<br />

Einwohner in m<br />

Mischkanalisation /<br />

Regenwasser<br />

Nenndurchmesser <strong>für</strong><br />

innere Erschließung<br />

Block 0,7 DN 250 1,1-1,3 DN 500<br />

Platte 0,55 DN 250 0,6 -1,3 DN 500<br />

Zeile 0,5 DN 250 0,5- 1,5 DN 500<br />

MFH n. 1990 0,6 DN 250 1,3-1,9 DN 500<br />

EFH 0,35-0,45 DN 250 2,2-6,3 DN 350<br />

Ebenso wie bei der Trinkwasserversorgung gelten auch bei der Abwasserentsorgung<br />

sowohl der Anschluss- <strong>und</strong> Benutzungszwang als auch die Regeln der Preisgestaltung<br />

nach dem Kostendeckungsprinzip, dem Äquivalenzprinzip <strong>und</strong> dem Verhältnismäßigkeitsprinzip<br />

(JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 69).<br />

6.3.3 Fernwärmeversorgung<br />

Bei der Fernwärmeversorgung handelt es sich um eine leitungsgeb<strong>und</strong>ene Wärmeversorgung,<br />

bei der die Wärme über die Transportmedien Wasser oder Dampf in die<br />

zu beheizenden Gebäude transportiert wird. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung wird die<br />

Abwärme aus der Stromproduktion genutzt. Alternativ wird die Wärmeenergie in<br />

Heizkraftwerken unter Nutzung von Primärenergieträgern produziert (TIETZ 2007,<br />

120). Zunächst wird der Brennstoff im Heizwerk oder Heizkraftwerk zu Wärmeenergie<br />

umgewandelt <strong>und</strong> als Heißwasser oder Dampf über ggf. zwischengeschaltete<br />

Speicher <strong>und</strong> eine Fern- oder Nahwärmeleitung zum Verbraucher transportiert. Zwischen<br />

den Transportleitungen <strong>und</strong> den Verteilungsnetzen sind Übergabestationen<br />

integriert (TIETZ 2007, 120f.).<br />

Bei der Fernwärmeverteilung wird anhand der Anzahl der Leitungen zwischen Einleiter-,<br />

Zweileiter-, Dreileiter <strong>und</strong> Vierleitersystemen unterschieden (BLESL 2002, 50).<br />

Abbildung 50 zeigt ein typisches Vierleitersystem der Fernwärmeversorgung, wie es<br />

bei der Erschließung von Wohnbaugebieten der DDR Anwendung fand. Bei dieser<br />

indirekten Fernwärmeversorgung wird zwischen einem Primärkreislauf mit höheren<br />

Vor- <strong>und</strong> Rücklauftemperaturen <strong>und</strong> einem Sek<strong>und</strong>ärsystem mit geringeren Temperaturen<br />

unterschieden. Beide Systeme sind über einen Wärmetauscher verb<strong>und</strong>en.<br />

Wärme <strong>und</strong> Warmwasser werden über getrennte Leitungsnetze bereitgestellt, die<br />

jeweils über einen Vor- <strong>und</strong> einen Rücklauf verfügen.<br />

Bei Dreileitersystemen erfolgt ein gemeinsamer Rücklauf, bei einem Zweileitersystem<br />

erfolgt eine gemeinsame Versorgung mit Raumwärme <strong>und</strong> Brauchwasser, jeweils<br />

mit einem Vor- <strong>und</strong> Rücklauf (BLESL 2002, 50; DEUTSCHE BAUAKADEMIE ZU<br />

BERLIN 1972, 38).<br />

Beim System der direkten Einspeisung wird die Primärleitung direkt bis zu den<br />

Hausanschlussleitungen der Gebäude geführt <strong>und</strong> über eine Umwälzpumpe in die<br />

Hausnetze eingespeist. Dies ermöglicht einen Verzicht auf Heizumformerzentralen<br />

<strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>ärnetze (DEUTSCHE BAUAKADEMIE ZU BERLIN 1972, 41ff.).


180 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 50: Prinzip der indirekten Fernwärmeversorgung mit zwei Sek<strong>und</strong>ärkreisläufen<br />

(Eigene Darstellung nach DEUTSCHE BAUAKADEMIE ZU BERLIN 1972, 39)<br />

Wärmeerzeugungsanlage<br />

Primärkreislauf<br />

Umformer<br />

(Wärmeaustauscher)<br />

Sek<strong>und</strong>ärsystem<br />

Heizung<br />

Sek<strong>und</strong>ärsystem<br />

Warmwasser<br />

Verbraucher<br />

Heizung<br />

Verbraucher<br />

Warmwasser<br />

Im Zuge des Wärmetransportes in den Fernwärmeleitungen kommt es zu Wärmeverlusten,<br />

die vom Temperaturniveau des Dampfs bzw. Heißwassers <strong>und</strong> der Art<br />

<strong>und</strong> Dicke der Isolierung abhängen. Eine Anpassung an veränderte Wärmebedarfe<br />

kann zum einen durch eine Variation des Wassermassenstroms <strong>und</strong> zum anderen<br />

durch eine Veränderung der Temperaturspreizung zwischen Vor- <strong>und</strong> Rücklauftemperatur<br />

erreicht werden (BLESL 2002, 47).<br />

Die Dimensionierung von Fernwärmeversorgungssystemen erfolgt nach dem Wärmebedarf,<br />

der auch als Wärmebedarfsdichte einer Siedlung angegeben wird (s.<br />

Kapitel 7.1.2). Dieser ist starken jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen. 45 Anders<br />

als bei der Trinkwasserver- <strong>und</strong> der Abwasserentsorgung besteht bei der<br />

Fernwärmeversorgung meist kein Anschluss- <strong>und</strong> Benutzungszwang, auch wenn es<br />

den Gemeinden möglich ist, per Satzung diesen zu beschließen (TIETZ 2007, 122,<br />

149). Die Entscheidung über eine Fernwärmeversorgung unterliegt demnach vor<br />

allem Wirtschaftlichkeitskriterien. Bei reduzierter Wirtschaftlichkeit der Fern- oder<br />

Nahwärmeversorgung besteht die Gefahr, dass diese durch andere Versorgungssysteme<br />

mit einem höheren Ausstoß an CO2 <strong>und</strong> Luftschadstoffen ersetzt werden<br />

<strong>und</strong> die hohen Wirkungsgrade der Fernwärmeversorgung nicht mehr genutzt werden<br />

können (TIETZ 2007, 122).<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Abhängigkeit der Fernwärmeversorgung von einer hohen Liniendichte<br />

(TIETZ 2007, 157) sind nicht alle Stadtstrukturtypen gleichermaßen mit Fernwärme<br />

versorgt, wie Tabelle 45 verdeutlicht. Eine Fernwärmeversorgung findet im Osten<br />

Deutschlands vor allem in den in Plattenbauweise errichteten Großwohnsiedlungen<br />

statt.<br />

45 Die Kraft-Wärme-Kopplung, bei der aus Gründen der Erhöhung des Wirkungsgrads<br />

Strom <strong>und</strong> Wärme gleichzeitig produziert werden, zeichnet sich durch ein festes Verhältnis<br />

zwischen der abgegebenen elektrischen Leistung <strong>und</strong> der Wärmeleistung aus, so<br />

dass die Anlagen entweder nach dem Strom- oder dem Wärmebedarf ausgerichtet sind<br />

(TIETZ 2007, 124).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 181<br />

Tabelle 45: Ausstattung der Stadtstrukturtypen mit Fernwärmeversorgung<br />

(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 24; SIEDENTOP et al. 2006, 49)<br />

Stadtstrukturtyp Ausstattung mit Fernwärmeversorgung<br />

Block selten vorhanden in überformten Altbaugebieten<br />

Zeile Wohn- <strong>und</strong><br />

Werkssiedlungsbau<br />

i. d. R. nicht vorhanden<br />

Plattenbauwohnsiedlung überwiegend Fernwärme, teilweise dezentrale<br />

mit Zeilen<br />

Wärmeversorgung<br />

Platte Zeilen <strong>und</strong> Höfe<br />

(bis 1981)<br />

Fernwärme vorhanden (zum Teil mit Dampf betrieben)<br />

Höfe (bis 1990) Fernwärme vorhanden (i. d. R. mit Heißwasser betrieben)<br />

Geschosswohnungsbau nach 1990 i. d. R. nicht vorhanden<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser i. d. R. nicht vorhanden<br />

Zusammenfassend verdeutlichen die Ausführungen in Kapitel 6 die intensiven<br />

Wechselwirkungen zwischen Siedlungsentwicklung <strong>und</strong> der stadttechnischen Ver-<br />

<strong>und</strong> Entsorgung mit den Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme. Diese<br />

siedlungsstrukturelle Abhängigkeit resultiert vor allem aus der hohen Kapitalintensität<br />

<strong>und</strong> den langen Nutzungsdauern der Netze der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung.<br />

Die Trinkwasserver- <strong>und</strong> Abwasserentsorgung weisen, aufgr<strong>und</strong> des starken Bezugs<br />

zum individuellen Wasserverbrauch, eine Abhängigkeit von der Einwohnerdichte<br />

auf. Die Dimensionierung der Fernwärmeversorgung hingegen richtet sich<br />

nach dem Wärmebedarf <strong>und</strong> hängt somit in starkem Maße von der Bebauungsdichte<br />

der Siedlungsstrukturen ab.<br />

Im folgenden Kapitel 7 werden diese Zusammenhänge der stadttechnischen Erschließung<br />

mit den Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten vertiefend dargestellt.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 183<br />

7 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong><br />

Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass gering verdichtete <strong>und</strong> disperse Siedlungsstrukturen<br />

mit einem höheren Infrastrukturaufwand verb<strong>und</strong>en sind als kompakte<br />

Siedlungsstrukturen höherer <strong>Dichte</strong> (BUCHERT et al. 2004, 24; MENKHOFF et<br />

al. 1979, 67; SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 83; SIEDENTOP et al. 2006, 106ff.). Eine<br />

flächendeckende leitungsgeb<strong>und</strong>ene Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in Gebieten geringer<br />

<strong>Dichte</strong> erfordert den höchsten Aufwand (TIETZ 2006, 156).<br />

Zwischen der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> dem Infrastrukturaufwand werden vor allem zwei wesentliche<br />

Zusammenhänge diskutiert, die im Folgenden genauer erläutert werden:<br />

- Bei geringerer <strong>Dichte</strong> steigt der spezifische Erschließungsaufwand, z. B. als<br />

Netzlänge der Medien der stadttechnischen Infrastruktur (Kapitel 7.1).<br />

- Bei geringerer <strong>Dichte</strong> steigen die spezifischen Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung<br />

wohngebietsbezogener Infrastrukturen (Kapitel 7.2).<br />

7.1 Siedlungsdichte <strong>und</strong> Erschließungsaufwand<br />

Zur Bestimmung des Erschließungsaufwands stehen verschiedene Indikatoren zur<br />

Verfügung. Dies ist <strong>für</strong> die Trinkwasserver- <strong>und</strong> die Abwasserentsorgung vor allem<br />

der Indikator der spezifischen Leitungslänge (Kapitel 7.1.1), die in direktem Zusammenhang<br />

zum mit der Erschließung verb<strong>und</strong>enen Materialaufwand steht (s. Exkurs<br />

15). Zur Bestimmung des Aufwands der Fernwärmeversorgung wird vor allem der<br />

Indikator der Wärmebedarfsdichte verwendet, der den Nutzwärmebedarf eines Siedlungsgebiets<br />

angibt (Kapitel 7.1.2).<br />

7.1.1 Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Trinkwasserversorgung<br />

Zwischen dem Erschließungsaufwand <strong>und</strong> der <strong>Dichte</strong> besteht der exponentielle Zusammenhang<br />

steigenden Aufwands bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n, der vielfach nachgewiesen<br />

wurde (BUCHERT et al. 2004, 24; MENKHOFF et al. 1979, 67; SIEDENTOP et al.<br />

2006, 106ff.).<br />

<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Länge der Abwasser- <strong>und</strong> Trinkwassernetze<br />

Da die Länge der öffentlichen Kanalisation Bestandteil der Umweltstatistik des B<strong>und</strong>es-<br />

<strong>und</strong> der Länder ist, besteht in diesem Bereich eine gute Datenlage, so dass<br />

Zusammenhänge zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Erschließungsaufwand vor allem am Beispiel<br />

der Abwasserentsorgung illustriert werden können.<br />

Einen ersten Eindruck über den Zusammenhang zwischen der Siedlungsdichte <strong>und</strong><br />

den Netzlängen der Kanalisation in den B<strong>und</strong>esländern vermittelt Abbildung 51.<br />

Deutlich wird erneut der bereits beschriebene exponentielle Zusammenhang steigenden<br />

Erschließungsaufwands bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n. Während sich die Stadtstaaten<br />

Berlin <strong>und</strong> Hamburg bei hohen Siedlungsdichten von 4.000 bzw. 5.500 Einwohnern<br />

je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche durch spezifische Kanalnetzlängen<br />

von etwa 3 m je Einwohner auszeichnen, ist der Erschließungsaufwand in den gering<br />

verdichteten Flächenländern Niedersachsen <strong>und</strong> Schleswig-Holstein, bei einer<br />

Siedlungsdichte von 1.300 bis 1.500 Einwohnern je km², in etwa dreimal so hoch mit<br />

9 m je Einwohner. Vergleichsweise geringe Erschließungsaufwände mit 8 m Kanalisation<br />

je Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern <strong>und</strong> Brandenburg bei einer Sied-


184 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

lungsdichte von etwa 1.000 Einwohnern je km² sind eine Folge der geringen Anschlussgrade<br />

an die Kanalisation von unter 85 % (s. Abbildung 49).<br />

Abbildung 51: Siedlungsdichte <strong>und</strong> Länge der öffentlichen Kanalisation in Meter je<br />

Einwohner nach B<strong>und</strong>esländern in 2004 (STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER<br />

LÄNDER 2006)<br />

Kanalisation in m je Einwohner____<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

BB<br />

MV<br />

ST<br />

NI<br />

SH<br />

RP<br />

BY SL<br />

TH<br />

SN BW<br />

HE<br />

NW<br />

HB<br />

0<br />

0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000<br />

HH<br />

Siedlungsdichte in Einwohner je km²<br />

SEITZ (2002, 39) stellte die Längen des Kanalnetzes je Einwohner in den Kreisen<br />

der B<strong>und</strong>esländer Niedersachsen, Rheinland-Pfalz <strong>und</strong> Baden-Württemberg 1995 in<br />

einen Zusammenhang zur Bevölkerungsdichte (EW je km² des Gemeindegebiets).<br />

Dabei fand er heraus, dass der Erschließungsaufwand in ländlichen Kreisen bei<br />

Bevölkerungsdichten 46 von weniger als 120 Einwohnern je km² mit 9 m Kanalisation<br />

je Einwohner knapp doppelt so hoch ist, wie in städtischen Kreisen oder kreisfreien<br />

Städten mit Bevölkerungsdichten von mehr als 300 Einwohnern je km² <strong>und</strong> einer<br />

Netzlänge der Kanalisation von weniger als 5 m je Einwohner. Auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

einer regressionsanalytischen Untersuchung kommt er zu dem Schluss, „dass ein<br />

Anstieg der Bevölkerungsdichte um 1 % zu einem Rückgang der mittleren Kanallänge<br />

um ca. 0,3 % führt“ (SEITZ 2002, 41).<br />

Eine aktuelle Auswertung der Daten der Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte der ostdeutschen<br />

Länder Brandenburg, Sachsen <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt <strong>für</strong> das Jahr 2004 kommt<br />

zu ähnlichen Ergebnissen. Die Spanne des Erschließungsaufwands ist gegenüber<br />

der Auswertung von SEITZ (2002, 39) größer <strong>und</strong> liegt zwischen 4 m je Einwohner<br />

bei einer Siedlungsdichte von 4.000 Einwohnern je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche<br />

<strong>und</strong> 14 m bei einer Siedlungsdichte von etwa 700 Einwohnern. Damit ist der<br />

Erschließungsaufwand in gering verdichteten Gebieten dreieinhalb Mal so hoch wie<br />

in verdichteten Räumen. Der spezifische Erschließungsaufwand der drei untersuchten<br />

ostdeutschen B<strong>und</strong>esländer liegt, mit 7,6 m durchschnittlicher Länge der öffentlichen<br />

Kanalisation je Einwohner, über dem B<strong>und</strong>esdurchschnitt von 6,5 m pro Einwohner<br />

im Jahr 2004.<br />

46 Das Maß der Bevölkerungsdichte gibt die Zahl der Einwohner je km² der Gesamtfläche<br />

einer administrativen Einheit an, die Siedlungsdichte die Zahl der Einwohner je km²<br />

Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche (s. Tabelle 3, Kapitel 2.1.2).<br />

BE


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 185<br />

Eine regressionsanalytische Auswertung der Daten in Anlehnung an SEITZ (2002,<br />

41, 125) kommt zu dem Ergebnis, dass im Zuge eines Anstiegs der Siedlungsdichte<br />

um 1 % der mittlere Erschließungsaufwand (in m Kanalisation je Einwohner) um<br />

0,5 % abnimmt. 47<br />

Abbildung 52: Siedlungsdichten <strong>und</strong> spezifische Netzlängen der Kanalisation je<br />

Einwohner nach Kreisen in Brandenburg, Sachsen <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt 2004<br />

(Eigene Berechnungen nach Daten der statistischen Landesämter)<br />

Kanalisation in m je Einwohner___<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

y = 12,032e -0,0003x<br />

R 2 2<br />

0<br />

= 0,6635<br />

0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 4.500<br />

Siedlungsdichte in Einwohner je km²<br />

Die <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung dargestellten Zusammenhänge gelten analog auch<br />

<strong>für</strong> die Trinkwasserversorgung. Auch hier gilt der exponentielle Zusammenhang<br />

47 Regressionsanalysen werden verwendet, um einen Zusammenhang zwischen einer zu<br />

erklärenden Variable y (hier: Länge des Kanalnetzes in m je Einwohner) <strong>und</strong> einer erklärenden<br />

Variable x (hier: Siedlungsdichte in Einwohner je km²) zu untersuchen (SEITZ<br />

2002, 122ff.).<br />

Bei einer Regressionsanalyse wird ein linearer Zusammenhang unterstellt. Um eine<br />

Regressionsanalyse <strong>für</strong> einen exponentiellen Zusammenhang durchführen zu können,<br />

werden die Daten zunächst logarithmiert. Damit können die Daten in einen näherungsweise<br />

linearen Zusammenhang gebracht werden.<br />

Die Regressionsgleichung lautet dann Log(y) = ßLog(x) + Konstante.<br />

ß gibt an, um wie viel Prozent sich die Variable y verändert, wenn der Wert der Variablen<br />

x um 1 % ansteigt (SEITZ 2002, 125).<br />

Für die hier untersuchten Daten ergibt sich folgende Regressionsgleichung:<br />

y = -0,5301x + 5,8365 bei N = 71.<br />

Dies bedeutet, dass die Länge des Kanalnetzes in m je Einwohner um 0,5 % zurückgeht,<br />

wenn die Siedlungsdichte um 1 % ansteigt.<br />

Eine Aussage zur Erklärungskraft der ermittelten Regressionsgraden trifft das Bestimmtheitsmaß<br />

R², das angibt, wie gut die Regressionsgleichung die untersuchten Daten erklärt,<br />

das heißt wie stark oder schwach die Werte um die Regressionsgrade streuen. R²<br />

liegt zwischen 0 <strong>und</strong> 1. Je höher R², umso höher ist die Erklärungskraft des Modells. Im<br />

Fall der dargestellten Analyse beträgt R² = 0,643. SEITZ (2002, 124) geht davon aus,<br />

dass <strong>für</strong> Untersuchungen von Querschnittsdaten auf der Ebene von Kreisen ein R² von ><br />

0,5 als sehr gut zu bewerten ist.<br />

Der T-Wert ist das Maß der statistischen Signifikanz des Ergebnisses <strong>und</strong> weist nach, ob<br />

ein statistisch gesicherter Zusammenhang zwischen den Variablen besteht (vgl. SEITZ<br />

2002, 125). Im Fall der dargelegten Regressionsanalyse konnte anhand des T-Werts ein<br />

statistisch gesicherter Zusammenhang zwischen Kanallänge <strong>und</strong> Siedlungsdichte nachgewiesen<br />

werden.


186 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

zwischen der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> der Netzlänge. Abbildung 53 stellt diesen Zusammenhang<br />

am Beispiel der Wasserversorgung in Erfurt dar. In einem städtischen Gebiet variieren<br />

die Netzlängen der Trinkwasserversorgung demnach zwischen 2 m je Einwohner<br />

in der Mehrfamilienhausbebauung <strong>und</strong> 6 m je Einwohner in lockerer Einfamilienhausbebauung.<br />

Abbildung 53: Abhängigkeit der Netzlänge der Wasserversorgung von der<br />

Siedlungsdichte am Beispiel der Landeshauptstadt Erfurt<br />

(SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 84 verändert nach SCHMIDT 2000)<br />

einwohnerspezifische Rohrnetzlänge<br />

(m/angeschlossener EW)<br />

7,0<br />

6,0<br />

5,0<br />

4,0<br />

3,0<br />

2,0<br />

1,0<br />

Haupt- <strong>und</strong> Versorgungsleitungen,<br />

Hausanschlüsse<br />

nur Hausanschlüsse<br />

20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />

Einwohnerdichte (Einwohner je Hektar Bruttowohnbauland)<br />

Differenzierung des Erschließungsaufwands nach Stadtstrukturtypen<br />

Der Erschließungsaufwand verschiedener Stadtstrukturtypen ist – neben weiteren<br />

Faktoren wie z. B. der Erschließungsform – abhängig von der <strong>Dichte</strong>. DOUBEK<br />

(2001, 41f.) ermittelte den in Abbildung 54 dargestellten Zusammenhang zwischen<br />

der <strong>Dichte</strong> (hier operationalisiert in Wohneinheiten je ha) <strong>und</strong> der durchschnittlichen<br />

Leitungslänge der netzgeb<strong>und</strong>enen Infrastrukturen je Wohneinheit. Dabei greift sie<br />

auf Strukturtypen zurück, die aus einer Analyse der realen Siedlungsstruktur in kleinen<br />

Gemeinden Österreichs abgeleitet wurden. Es zeigt sich ein zehnmal höherer<br />

spezifischer Erschließungsaufwand in Streusiedlungen im Vergleich zu städtischen<br />

Siedlungsstrukturen (DOUBEK 2001, 41f.).<br />

Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Siedentop et al. (2006, 106 f.), die <strong>für</strong> die ländliche<br />

Fallstudienregion Havelland-Fläming den Zusammenhang zwischen der Netzlänge<br />

von Trink- <strong>und</strong> Schmutzwasser einerseits <strong>und</strong> der Geschossflächendichte<br />

andererseits nachweisen. Hier sind die Leitungslängen in gering verdichteten Siedlungsstrukturen<br />

bezogen auf einen Einwohner in der Regel sechs- bis siebenmal<br />

<strong>und</strong> in Extremfällen bis zehnmal größer als im Geschosswohnungsbau (s. Abbildung<br />

55).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 187<br />

Abbildung 54: <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> Leitungslängen nach Siedlungstypen<br />

(Eigene Darstellung nach DOUBEK 2001, 42)<br />

Leitungslänge je Wohneinheit in m<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Leitungslänge je Wohneinheit Wohneinheiten je ha<br />

Stadt Dorf kompakt Rand des<br />

Hauptorts<br />

Weiteres<br />

Umland<br />

Streusiedlung<br />

dynamisch<br />

Streusiedlung<br />

traditionell<br />

Abbildung 55: Länge der Schmutzwasserleitung in m je Einwohner nach<br />

Stadtstrukturtypen (Eigene Berechnungen nach SIEDENTOP et al. 2006, 107)<br />

Schmutzwasserleitung in m je<br />

Einwohner<br />

13<br />

12<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Schmutzwasserleitung in m GFD<br />

Block Platte Zeile MFH 90+ EFH<br />

dicht<br />

EFH<br />

locker<br />

Streu Dorf<br />

Geringer sind die Unterschiede des stadtstrukturtypenspezifischen Erschließungsaufwands<br />

in Gebieten städtischer Prägung, wie Abbildung 56 verdeutlicht. Hier beträgt<br />

die Netzlänge eines locker bebauten Einfamilienhausgebiets das zwei- bis vierfache<br />

der Netzlänge eines Wohngebiets mit höherer baulicher <strong>Dichte</strong> (Eigene Berechnung<br />

nach BUCHERT et al. 2004, 31; Anh. I, 20; SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 84).<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

Wohneinheiten je ha<br />

Geschossflächendichte (GFD)


188 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 56: Länge der Schmutzwasserleitung in m je Einwohner nach Stadtstrukturtypen<br />

(Eigene Berechnung nach BUCHERT et al. 2004, 31; Anhang I, 22)<br />

Schmutzwasserleitung in m je<br />

Einwohner<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Schmutzwasserleitung in m GFD<br />

Block Platte Zeile MFH 90+ EFH dicht EFH<br />

doppel<br />

EFH locker<br />

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass trotz des starken Einflusses der baulichen<br />

<strong>Dichte</strong> diese nicht allein ausschlaggebend <strong>für</strong> den Aufwand der inneren Erschließung<br />

ist. Der Erschließungsaufwand hängt darüber hinaus u. a. von Gr<strong>und</strong>stückszuschnitt<br />

<strong>und</strong> dem Erschließungssystem ab (BMBAU 1986, 117).<br />

Analog zum Zusammenhang zwischen den spezifischen Leitungslängen <strong>und</strong> dem<br />

Infrastrukturaufwand besteht auch zwischen der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> der Ressourceneffizienz<br />

der Erschließung ein starker Zusammenhang (SCHILLER 2007, 402ff.), wie der folgende<br />

Exkurs verdeutlicht.<br />

2,8<br />

2,6<br />

2,4<br />

2,2<br />

2<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

Geschossflächendichte (GFD)


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 189<br />

Exkurs 15: <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stoffintensität der Erschließung<br />

Die spezifische Stoffintensität der Erschließung wächst exponentiell in Gebieten geringer<br />

baulicher <strong>Dichte</strong>. 48 Die Menge des verbauten Materials von Straßen <strong>und</strong> Rohrleitungen, das<br />

sogenannte Stofflager, ist in verdichteten Gebieten zwar insgesamt größer, bezogen auf die<br />

Geschossfläche liegt sie jedoch deutlich unterhalb der Menge der Baustoffe, die <strong>für</strong> die<br />

Erschließung gering verdichteter Einfamilienhausgebiete verwendet wird. Ein überproportionaler<br />

Anstieg der Stoffintensität ergibt sich unterhalb einer Geschossflächendichte von 0,5.<br />

Oberhalb einer Geschossflächendichte von 0,8 bestehen allerdings kaum noch Einsparmöglichkeiten<br />

im Hinblick auf das verbaute Material (SCHILLER 2002, 26f.), wie die folgende<br />

Abbildung 57 anhand der Baustoffmassen von Straßen <strong>und</strong> Rohrleitungen je Einwohner<br />

darstellt.<br />

Abbildung 57: Erschließungsbedingtes Stofflager je Einwohner in Abhängigkeit<br />

von der Geschossflächendichte (Eigene Berechnung nach SCHILLER 2002, 26) 49<br />

t je Einwohner<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />

Geschossflächendichte (GFD)<br />

HERZ et al. (2002, 51) gehen davon aus, dass das Stofflager der Infrastruktur von Einfamilienhausgebieten<br />

um das drei- bis fünffache größer ist als dasjenige kompakter Wohnformen.<br />

Auch steigt bei abnehmender <strong>Dichte</strong> der Anteil des erschließungsbedingten Materialstroms<br />

am Materialstrom eines Wohngebiets. Während der Materialstrom der Infrastruktur<br />

in verdichteten Wohnformen (z. B. Plattenbaugebieten) etwa 10 % (HERZ et al. 2002, 51)<br />

bis 20 % (SCHILLER 2007, 408) am gesamten Materialstrom des Wohngebiets ausmacht, so<br />

beträgt dieser Anteil in gering verdichteten Einfamilienhausgebieten 30 % (HERZ et al. 2002,<br />

51), 50 % (DEILMANN 2002, 96) <strong>und</strong> bis zu 70 % (SCHILLER 2002, 27). Analog zum Erschließungsaufwand<br />

ist auch der Materialstrom der Erschließung neben der <strong>Dichte</strong> von weiteren<br />

Faktoren abhängig wie z. B. den topographischen Gegebenheiten oder der Qualität der<br />

Infrastrukturplanung (SCHILLER 2007, 404).<br />

48 Der exponentielle Zusammenhang zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Verkehrserschließungsaufwand<br />

wurde bereits in Kapitel 5.1, Abbildung 36 dargestellt.<br />

49 Zwar werden die Materialaufwendungen der Infrastruktur mit 90 % vor allem durch den<br />

Straßenbelag bestimmt (DEILMANN 2002, 96), allerdings ist zu berücksichtigen, dass es<br />

bei Instandhaltungsmaßnahmen der stadttechnischen Infrastruktur durch den heute üblichen<br />

Einsatz neuer Schüttmaterialen auch zu erheblichen Stoffströmen kommt (DEIL-<br />

MANN et al. 2001, 184). Die Exponentialfunktionen <strong>für</strong> das Stofflager in Abhängigkeit von<br />

der <strong>Dichte</strong> der Medien Wasserversorgung, Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Straßenverkehrsinfrastruktur<br />

verlaufen weitestgehend parallel (s. HERZ et al. 2002, 51). Die Umrechnung<br />

erfolgte anhand der Annahmen zu durchschnittlichen Geschossflächen je Einwohner in<br />

Abhängigkeit von der GFZ (s. Anhang V).


190 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

7.1.2 Fernwärmeversorgung<br />

Eine wesentliche Messgröße zur Bestimmung des Aufwands <strong>für</strong> die Fernwärmeversorgung<br />

eines Gebiets ist die Wärmebedarfsdichte. Die Wärmebedarfsdichte ist<br />

diejenige Nutzwärmeleistung, die bei gegebenen klimatischen Verhältnissen erforderlich<br />

ist, um die Gebäudenutzfläche innerhalb eines Siedlungsgebiets auf einem<br />

konstanten vorbestimmten Innenraumtemperaturniveau zu halten. Die Wärmebedarfsdichte<br />

wird in Megawatt je km² angegeben (ROTH et al. 1980, 59ff., 98).<br />

Zur Ermittlung dieses Wärmeleistungsbedarfs wird ein Anschlusswert oder auch<br />

stündlicher Wärmebedarf ermittelt, der sich nach DIN 4701 aus dem Transmissionswärmeleistungsbedarf,<br />

d. h. dem Wärmeverlust eines Gebäudes durch die Gebäudeoberfläche<br />

zuzüglich des Lüftungswärmebedarfs errechnet (ROTH et al. 1980,<br />

59f.).<br />

Da der bei Auslegungstemperatur gemessene Wärmeleistungsbedarf in etwa 20 bis<br />

30 % unterhalb dieses berechneten Anschlusswerts liegt, ergibt sich die <strong>für</strong> die Bestimmung<br />

der Wärmebedarfsdichte ausschlaggebende Wärmehöchstleistung als<br />

Anschlusswert * 0,8 (ROTH et al. 1980, 62). Die Wärmebedarfsdichte, auch bezeichnet<br />

als Höchstlastwärmedichte, eines Gebiets ergibt sich nach RINGLER, SCHNEPF<br />

(1987, 346) somit als:<br />

Wärmebedarfsdichte = Anschlusswert in W/m² * zu beheizende Fläche in m² * 0,8<br />

Die Wärmebedarfsdichten unterscheiden sich erheblich in verschiedenen Siedlungsstrukturen.<br />

Für den Wärmebedarf eines Gebäudes ist, neben den klimatischen<br />

Verhältnissen, zum einen die Baualtersklasse mit ihren jeweiligen Wärmeschutzstandards<br />

ausschlaggebend. Zum anderen ist die Gebäudeform mit ihrem Oberflächen-Volumen-Verhältnis<br />

von Bedeutung (BLESL 2002, 15; ROTH et al. 1980, 59f.).<br />

Beide Merkmale sind Bestandteile der Stadtstrukturtypen. Abbildung 58 <strong>und</strong> Tabelle<br />

46 geben einen Überblick der Wärmebedarfsdichten verschiedener Stadtstrukturtypen.<br />

Abbildung 58: Höchstlastwärmedichte in MW/km² nach Strukturtypen (Werte ger<strong>und</strong>et<br />

nach BLESL 2002, 144; ROTH et al. 1980, 99ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 97; WINKENS 1994,<br />

325, 336ff.)<br />

EFH<br />

locker EFH dicht Dorfkern Reihe Zeile Platte Block<br />

Siedentop et al.<br />

Blesl<br />

Winkens 2000<br />

Winkens 1980<br />

Roth et al.<br />

Siedentop et al.<br />

Blesl<br />

Winkens 2000<br />

Winkens 1980<br />

Roth et al.<br />

Siedentop et al.<br />

Blesl<br />

Winkens 2000<br />

Winkens 1980<br />

Roth et al.<br />

Blesl<br />

Winkens 2000<br />

Winkens 1980<br />

Roth et al.<br />

Siedentop et al.<br />

Blesl<br />

Winkens 2000<br />

Winkens 1980<br />

Roth et al.<br />

Siedentop et al.<br />

Blesl<br />

Winkens 2000<br />

Winkens 1980<br />

Roth et al.<br />

Siedentop et al.<br />

Blesl<br />

Winkens 2000<br />

Winkens 1980<br />

Roth et al.<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

Höchstlastwärmedichte in MW/km²


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 191<br />

Tabelle 46: Höchstlastwärmedichte in MW/km² nach Strukturtypen<br />

(Werte ger<strong>und</strong>et nach BLESL 2002, 144; ROTH et al. 1980, 99ff.; SIEDENTOP et al. 2006,<br />

97; WINKENS 1994, 325, 336ff.)<br />

Siedlungsstrukturtyp<br />

ROTH et al. 1980 1 WINKENS 1994 2 BLESL 2002 3<br />

MW/km²<br />

Anz.<br />

Geb./km²<br />

MW/km²<br />

1980<br />

MW/km²<br />

2000<br />

Anz.<br />

Geb./km² MW/km²<br />

Anz.<br />

Geb./km²<br />

SIEDENTOP<br />

et al.<br />

2006 4<br />

MW/km<br />

EFH locker 7-14 400-800 4-5 2-3 138 11-12 766 5-11<br />

EFH dicht 14-27 800-1.600 19-23 12-16 1.143 18-19 1.257 11-21<br />

Dorfkern 14-27 800-1.600 19-23 12-15 1.089 21-26 1.555 11-21<br />

Reihenhaus 13-25 1.000-2.000 20-25 18-23 1.813 17-19 1.914 -<br />

Zeile 29-54 500-1.000 25-31 22-28 689 26-33 1.172-1.524 17-32<br />

Zeile dicht /<br />

Platte<br />

Blockbebauung <br />

Citybebauung<br />

28-56 360-820 38-48 34-43 536 37-44 661 17-32<br />

32-64 800 -1.600 36-44 28-35 1.004 39-49 1.484-1.541 19-38<br />

26-72 1.000-2.000 78-99 74-94 1.509 38-60 901 -<br />

Altstadt 72-144 2.000-4.000 67-83 61-76 3.552 38-53 2.293 -<br />

1 ROTH et al. (1980, 97ff.) modellieren die Wärmebedarfsdichten anhand von Siedlungstypen, die aufgr<strong>und</strong> von<br />

Berechnungen <strong>und</strong> Felduntersuchungen modellhafte Abbilder konkreter baulicher Situationen darstellen <strong>und</strong> durch<br />

wesentliche städtebauliche <strong>und</strong> wärmetechnische Daten bestimmt sind.<br />

2 WINKENS (1994, 323ff.) errechnet den Wärmebedarf von Siedlungstypen in einer Gr<strong>und</strong>variante, die den Wärmebedarf<br />

(Normanschlusswert) anhand des Näherungsverfahrens <strong>für</strong> die Wärmeschutzordnung 1977 ermittelt. In einer<br />

weiteren Variante wurde anhand der zu erwartenden Änderungen der Heizungsgewohnheiten sowie der zu<br />

erwartenden Energieeinsparungen der mutmaßliche Wärmebedarf der Siedlungstypen im Jahr 2000 berechnet.<br />

3 BLESL (2002, 136ff.) modelliert die Wärmebedarfsdichten verschiedener Siedlungstypen, indem den einzelnen<br />

Siedlungstypen Gebäudetypen in ihrer jeweils typischen Anzahl mit unterschiedlichen Verbrauchswerten (bestimmt<br />

über den Jahresheizwärmebedarf <strong>und</strong> die Nutzflächen) zugeordnet werden.<br />

4 SIEDENTOP et al. (2006, 96f.) bestimmen die Wärmebedarfsdichte von Siedlungsstrukturtypen auf der Basis von<br />

ROTH et al. (1980), nehmen aufgr<strong>und</strong> der umfangreichen Energiesparmaßnahmen der letzten 20 Jahre Korrekturfaktoren<br />

an von 0,6 <strong>für</strong> die Strukturtypen Block, Zeile <strong>und</strong> Platte <strong>und</strong> von 0,8 <strong>für</strong> die Strukturtypen der locker bebauten<br />

<strong>und</strong> verdichteten Einfamilienhäuser sowie den Strukturtyp Dorf.<br />

Während locker bebaute Einfamilienhausgebiete Höchstlastwärmedichten von 2 bis<br />

14 MW je km² aufweisen, beträgt diese bei gründerzeitlicher Blockbebauung zwischen<br />

19 <strong>und</strong> 64 MW je km². Zum Teil bestehen auch innerhalb eines Strukturtyps<br />

große Wertespannen der Wärmebedarfsdichten. Diese können vor allem durch die<br />

unterschiedlichen Annahmen zur Zahl der Gebäude je km² erklärt werden. So ergeben<br />

sich die großen Wertespannen der Wärmebedarfsdichten innerhalb eines Strukturtyps<br />

bei ROTH et al. (1980) vor allem durch die breite Spanne der Annahmen zur<br />

Anzahl der Gebäude je km² (s. Tabelle 46).<br />

Tendenziell kann, aufgr<strong>und</strong> der besseren Wärmedämmstandards über die Zeit, eine<br />

Abnahme der Wärmebedarfsdichten im Zeitverlauf festgestellt werden. So kann<br />

z. B. im Zuge der Altbausanierung die Wärmeleistungsdichte von 100 auf 50 Watt<br />

pro m² gesenkt werden (TIETZ 2006, 159). Es ist davon auszugehen, dass sich dieser<br />

Trend der Reduzierung des Raumwärmebedarfs in Zukunft noch weiter fortsetzen<br />

wird (INTERVIEW 2; TIETZ 2004, 28f.).<br />

Bei vielen Strukturtypen weichen die Werte von BLESL (2002), mit ihren im Vergleich<br />

zu WINKENS (1994) höheren Werten, jedoch von dieser Tendenz ab. Dies kann<br />

durch die bei BLESL deutlich höheren Annahmen zur Anzahl der Gebäude je km²<br />

erklärt werden.


192 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 59 zeigt den Zusammenhang zwischen Wärmebedarfsdichte <strong>und</strong> Geschossflächendichte.<br />

Die stärker verdichteten Stadtstrukturtypen gründerzeitliche<br />

Blockbebauung, Plattenbausiedlungen sowie Zeilenbebauung weisen deutlich höhere<br />

Wärmebedarfsdichten auf als die Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbebauungen geringerer<br />

<strong>Dichte</strong>. Ebenso wird deutlich, dass die Wärmebedarfsdichten aufgr<strong>und</strong> besserer<br />

Wärmedämmung zwischen 1980 <strong>und</strong> 2006 deutlich gesunken sind.<br />

Der Strukturtyp der Mehrfamilienhausbebauung nach 1990 zeichnet sich durch eine<br />

im Vergleich zur Bebauungsdichte geringere Wärmebedarfsdichte aus, da es sich<br />

durchgängig um Neubauten mit hohen Wärmedämmstandards handelt.<br />

Abbildung 59: Wärmebedarfsdichten <strong>und</strong> Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen<br />

(Eigene Darstellung nach ROTH et al. 1980, 99ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 97)<br />

7.2 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Kosten der stadttechnischen Infrastruktur<br />

7.2.1 Kostenverläufe von Infrastrukturen in Abhängigkeit von der<br />

<strong>Dichte</strong><br />

Die <strong>Dichte</strong> hat einen wesentlichen Einfluss auf die Kosten zur Bereitstellung von<br />

Infrastrukturen. Dabei steigen die spezifischen Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung wohngebietsbezogener<br />

Infrastrukturen mit abnehmender <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> sinken bei zunehmender<br />

<strong>Dichte</strong> (DOUBEK 2001, 41f.; SIEDENTOP et al. 2006, 24; SUTER et al. 2000,<br />

K-5). Betrachtet werden hier im Sinne einer volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise<br />

die gesamtgesellschaftlichen Kosten, die durch Siedlungsformen bestimmter <strong>Dichte</strong>n<br />

entstehen (vgl. HEZEL et al. 1983, 159). Die Kostenträgerschaft bei der stadttechnischen<br />

Infrastruktur wird nur exemplarisch betrachtet.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich bestehen drei mögliche Formen von Zusammenhängen zwischen der<br />

Einwohnerdichte <strong>und</strong> den Infrastrukturkosten, die sich in den einzelnen Infrastrukturbereichen<br />

unterschiedlich ausprägen (HOHENADL 1977, 109f.; SEITZ 2002, 17ff.):


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 193<br />

- In einigen Infrastrukturen können bei höheren Einwohnerdichten Kostenvorteile<br />

bei der Bereitstellung von Infrastrukturleistungen erzielt werden. Diese ‚economies<br />

of scale’ oder auch ‚economies of density’ ergeben sich, wenn Fixkosten<br />

der Infrastrukturen auf immer mehr Köpfe verteilt werden können. In diesem Falle<br />

nehmen die Infrastrukturkosten mit steigender <strong>Dichte</strong> kontinuierlich ab.<br />

- In anderen Infrastrukturbereichen steigen hingegen die Pro-Kopf-Kosten mit zunehmender<br />

<strong>Dichte</strong>, wenn sich bei einer Verdichtung der Einwohner Kostennachteile<br />

ergeben, z. B. durch Verkehrsprobleme oder negative Umwelteffekte.<br />

In diesem Fall spricht man von ‚diseconomies of scale’ oder auch ‚diseconomies<br />

of density’.<br />

- In einem dritten Fall sinken die Kosten bei steigender Siedlungsdichte bis zu einem<br />

Schwellenwert, steigen ab dieser Schwelle wieder an <strong>und</strong> stellen damit einen<br />

u-förmigen Kostenverlauf dar. Ein solcher Kostenverlauf resultiert daraus,<br />

dass zunächst economies of scale die Kostenfunktion dominieren, allerdings bei<br />

steigenden <strong>Dichte</strong>n Ballungskosten entstehen, die über die Fixkostendegression<br />

hinauswachsen.<br />

Abbildung 60: Kostenverläufe öffentlicher Infrastrukturen (nach SEITZ 2002, 19)<br />

Kosten<br />

Economies of<br />

density<br />

Diseconomies<br />

of density<br />

Bevölkerungsdichte<br />

U-Form<br />

Die Mehrzahl der im Folgenden noch erläuterten Untersuchungen geht <strong>für</strong> die stadttechnische<br />

Erschließung von ‚economies of density’ aus (DOUBEK 2001, 41; JENS-<br />

SEN, KARAKOYUN 2005, 64ff.; PECHER 1992, 648ff.; SUTER et al. 2000, K-4). Diese<br />

Annahme basiert auf der Feststellung, dass die Gesamtkosten der stadttechnischen<br />

Infrastruktur aufgr<strong>und</strong> der größeren Dimensionierung der Systeme <strong>und</strong> eines umfangreicheren<br />

Infrastrukturangebots in Gebieten hoher baulicher <strong>Dichte</strong> zwar höher<br />

sind, bei den einwohnerbezogenen Kosten jedoch deutliche Kostenvorteile verdichteter<br />

Siedlungsstrukturen festgestellt werden können (KOZIOL, WALTHER 2006, 268).<br />

SEITZ (2002, 21f.), der auch Gebiete sehr hoher <strong>Dichte</strong>n z. B. in den Stadtstaaten<br />

berücksichtigt, geht hingegen von einem u-förmigen Kostenverlauf aus.<br />

7.2.2 Infrastrukturkosten der inneren Erschließung verschiedener<br />

Siedlungsformen<br />

Auf der Bau- oder Wohngebietsebene mit der inneren Erschließung ist die <strong>Dichte</strong><br />

ein entscheidender Einflussfaktor <strong>für</strong> die Infrastrukturkosten (SCHILLER, SIEDENTOP<br />

2005, 84; SIEDENTOP et al. 2006, 23, 31; WEEBER, REES 1999, 23). Auch wenn auf<br />

der Ebene des Wohngebiets noch weitere Einflussfaktoren bestimmend <strong>für</strong> die Erschließungskosten<br />

sind (s. Tabelle 47), mindern diese nicht die Bedeutung siedlungsstruktureller<br />

Faktoren – <strong>und</strong> somit der <strong>Dichte</strong> (SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 86).<br />

Auf der Ebene der Stadt mit der äußeren Erschließung oder der Region sind hingegen<br />

andere Faktoren von höherer Bedeutung <strong>für</strong> die Infrastrukturkosten.


194 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Tabelle 47: <strong>Dichte</strong>abhängigkeit der Infrastrukturkosten auf verschiedenen räumlichen<br />

Ebenen (GASSNER, THÜNKER 1992, 11f.; SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 84)<br />

Ebene Infrastrukturkosten werden bestimmt durch...<br />

Wohngebiet<br />

(Innere Erschließung)<br />

Stadt<br />

(Äußere Erschließung)<br />

Region<br />

Städtebauliche <strong>Dichte</strong><br />

Konzeption der Bebauung<br />

Netzform der Erschließung<br />

Topographische <strong>und</strong> geologische Voraussetzungen<br />

Lage des Wohngebiets<br />

Anzahl der Wohneinheiten<br />

Ortsgröße<br />

Makrosiedlungsstrukur (Städtebauliche Kompaktheit)<br />

Bei der Analyse von Infrastrukturkosten dominieren bisher Untersuchungen auf der<br />

Quartiersebene, die nachgewiesen haben, dass höhere <strong>Dichte</strong>n geringere Infrastrukturkosten<br />

verursachen.<br />

HEZEL et al. (1983) untersuchten die sozialen Kosten unterschiedlicher Formen der<br />

Wohnbebauung. Als soziale Kosten werden dabei solche Kosten bezeichnet, die<br />

zwar dem Einzelnen einen Nutzen bringen, jedoch der Allgemeinheit angelastet<br />

werden (HEZEL et al. 1983, 159). Im Sinne einer volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise<br />

liegt der Schwerpunkt auf der Kostenentstehung unterschiedlicher Siedlungsformen<br />

<strong>und</strong> nicht auf der Kostenanlastung. Zum Zweck der Untersuchung wurden<br />

stark vereinfachte Modelle von vier Wohngebietstypen gebildet (HEZEL et al.<br />

1983, 160f.):<br />

- Das freistehende Einfamilienhaus in eingeschossiger Bauweise mit einer GFZ<br />

von 0,4,<br />

- das zweigeschossige Reihenhaus mit einer GFZ von 0,7,<br />

- der verdichtete Flachbau in Form des dreigeschossigen Reihenhauses mit einer<br />

GFZ von 1,0 <strong>und</strong><br />

- das sechsgeschossige Mehrfamilienhaus in Zeilenbauweise mit einer GFZ von<br />

1,3.<br />

Abbildung 61 zeigt eine vergleichende Bewertung der jährlichen volkswirtschaftlichen<br />

Kosten <strong>für</strong> die Wasserver- <strong>und</strong> die Abwasserentsorgung pro Wohneinheit dieser<br />

vier Siedlungsformen. Es erfolgt eine prozentuale Bewertung. Dabei werden die<br />

Kosten des freistehenden Einfamilienhauses, das in allen Bereichen die höchsten<br />

Kosten verursacht, mit 100 % gesetzt. Es besteht ein hohes siedlungsstrukturelles<br />

Kosteneinsparpotenzial <strong>für</strong> die leitungsgeb<strong>und</strong>ene Ver- <strong>und</strong> Entsorgung, z. B. von<br />

etwa 50 % des Reihenhauses gegenüber dem Einfamilienhaus. Im Geschosswohnungsbau<br />

können im Vergleich zum Einfamilienhaus bis zu zwei Drittel der Kosten<br />

eingespart werden.<br />

Anhand einer Analyse von Strukturtypen österreichischer Gemeinden ermittelte<br />

DOUBEK (2001, 41), dass <strong>für</strong> die Erschließung von Streusiedlungen im Vergleich zu<br />

kompakten Ortschaften in etwa fünfmal höhere Kosten entstehen. Das jährliche Einsparvolumen,<br />

das in Österreich allein bei der Basisinfrastruktur Straße, Wasser <strong>und</strong><br />

Kanalisation durch eine kostenbewusste Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung mobilisiert<br />

werden kann, wird auf etwa 145,3 Mio. Euro geschätzt (DOUBEK 2001, 41).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 195<br />

Abbildung 61: Jährliche Gesamtkosten verschiedener Siedlungsformen<br />

(Eigene Darstellung nach HEZEL et al. 2003, S. 166ff.)<br />

Jährliche Kosten pro Wohneinheit in %___<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

100 100<br />

47<br />

41<br />

26<br />

Wasserversorgung Abwasserentsorgung<br />

55<br />

48<br />

36<br />

Einfamilienhaus GFZ 0,4<br />

Reihenhaus GFZ 0,7<br />

verdichteter Flachbau GFZ 1,0<br />

Geschoßwohnungsbau GFZ 1,3<br />

SUTER et al. (2000, K-3f.) stellten mit Hilfe eines Normkostenmodells 50 basierend auf<br />

fünf Siedlungstypen <strong>und</strong> vier Ortstypen fest, dass die Investitions- <strong>und</strong> laufenden<br />

Infrastrukturkosten (<strong>für</strong> Trink- <strong>und</strong> Abwasser, Verkehr, Strom) im Reihenhaus um<br />

25 % geringer sind als im gering verdichteten Einfamilienhaus. Die Kosten <strong>für</strong> die<br />

Erschließung eines mehrgeschossigen Hochhauses sind um die Hälfte geringer als<br />

beim klassischen Einfamilienhaus.<br />

Die hier dargestellten Untersuchungen zeigen bei einem Vergleich der jeweils kostengünstigsten<br />

zur kostenaufwendigsten Siedlungsstruktur erhebliche Einsparmöglichkeiten<br />

von 50 % bis 80 % bei den Kosten der inneren Wohngebietserschließung.<br />

SIEDENTOP et al. (2006, 32) ermittelten im Rahmen einer umfangreichen internationalen<br />

Literaturauswertung Kosteneinsparmöglichkeiten zwischen weniger als 10 %<br />

<strong>und</strong> mehr als 80 %. Dabei ergibt sich bei empirischen Untersuchungen im Vergleich<br />

zu Untersuchungen, die auf Modellannahmen zurückgreifen, zumeist ein geringeres<br />

siedlungsstrukturelles Einsparpotenzial. JENSSEN, KARAKOYUN (2005, 60f.) ermitteln,<br />

ebenfalls anhand einer Auswertung verschiedener Studien, ein siedlungsstrukturelles<br />

<strong>und</strong> damit von der Einwohnerdichte abhängiges Einsparpotential von 35 % bis<br />

90 % der kosteneffizientesten gegenüber der kostenintensivsten Infrastrukturvariante.<br />

7.2.3 Infrastrukturkosten verschiedener Medien<br />

Aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Kostenstrukturen bei den Medien Abwasser <strong>und</strong><br />

Trinkwasser einerseits <strong>und</strong> Fernwärme andererseits erfolgt eine differenzierte Betrachtung<br />

<strong>für</strong> diese beiden Bereiche. Exkurs 16 betrachtet die Kostenträgerschaft<br />

50 Basis <strong>für</strong> die Ermittlung der Infrastrukturkosten bilden dabei fünf Siedlungstypen, <strong>für</strong> die<br />

anhand von Erschließungsplänen das Mengengerüst der Erschließung ermittelt wurde<br />

(z. B. Anzahl <strong>und</strong> Länge der Haus- <strong>und</strong> Quartierserschließung). Dieses Mengengerüst<br />

wurde mit Normkostensätzen <strong>für</strong> die Investitionskosten sowie <strong>für</strong> die laufenden Kosten<br />

aus Unterhalt <strong>und</strong> Betrieb multipliziert. Berücksichtigt werden die Quartierserschließung<br />

sowie anrechenbare Teile der Groberschließung (SUTER et al. 2000, K-2ff.).


196 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

der stadttechnischen Infrastrukturen <strong>und</strong> erläutert, inwiefern die Tarife der stadttechnischen<br />

Infrastrukturen die Kostenunterschiede in Abhängigkeit von der Siedlungsdichte<br />

berücksichtigen.<br />

Kosten der Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Trinkwasserversorgung<br />

Besonders <strong>für</strong> den Bereich der Abwasserentsorgung wird dem Zusammenhang<br />

zwischen Kosten <strong>und</strong> Siedlungsdichte eine große Bedeutung beigemessen (SEITZ<br />

2002, 37). Kosten der Abwasserentsorgung werden zu 70-80 % von den Unterhaltungs-<br />

<strong>und</strong> Investitionskosten des Kanalisationssystems <strong>und</strong> im Übrigen durch die<br />

Abwasseraufbereitung, also die Kläranlagen, verursacht (SEITZ 2002, 43f.; PECHER<br />

1992, 652.). Demnach stellt das Kanalnetz einen zentralen Kostenfaktor der Abwasserentsorgung<br />

dar (SEITZ 2002, 40).<br />

In dichter besiedelten Gebieten bestehen höhere Kapital- <strong>und</strong> Betriebskosten je<br />

Meter Kanalnetz, bedingt durch einen höheren Aufwand zur Verlegung <strong>und</strong> Unterhaltung<br />

der Leitungsnetze (REIDENBACH 1989, 98; SEITZ 2002, 46), dargestellt zum<br />

Beispiel in Tabelle 48. In Bezug auf die Kosten je Einwohner werden diese höheren<br />

Kosten allerdings durch die geringeren spezifischen Kanalnetzlängen in dichteren<br />

Siedlungsstrukturen überkompensiert (SEITZ 2002, 46).<br />

Tabelle 48: Kostenkennwerte <strong>für</strong> die Schmutzwasserentsorgung in €/m <strong>und</strong> Jahr<br />

(SIEDENTOP et al. 2006, 145ff.)<br />

Gemeindetyp<br />

Kostenart<br />

gering verdichtet moderat verdichtet verdichtet<br />

Kapitalkosten 10,7 12,8 14,9<br />

Betriebskosten bei Normalbetrieb 3,2 3,84 4,48<br />

Instandhaltung <strong>und</strong> Wartung 1,07 1,28 1,49<br />

Verwaltungskosten 1,07 1,28 1,49<br />

Gesamt 16,04 19,2 22,36<br />

Beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Kläranlagen können in dichter besiedelten Gebieten Skalenerträge<br />

realisiert werden, so dass je Einwohner eine geringere Fixkostenbelastung<br />

anfällt (REIDENBACH 1989, 98; SEITZ 2002, 40). Unter Verweis auf eine Studie<br />

des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Abwasserwirtschaft Halbach <strong>für</strong> das Thüringer Ministerium <strong>für</strong><br />

Landwirtschaft, Naturschutz <strong>und</strong> Umwelt stellt SEITZ (2002, 44) dar, dass die Investitionskosten<br />

<strong>für</strong> Kläranlagen je Einwohner in Gemeinden mit 20.000 Einwohnern um<br />

ca. 60 % höher sind als in Gemeinden mit 100.000 Einwohnern. Da die Kosten der<br />

Kläranlagen jedoch nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Kosten der Abwasserentsorgung<br />

ausmachen, fallen diese Effekte im Vergleich zur geringeren spezifischen<br />

Netzlänge kaum ins Gewicht (REIDENBACH 1989, 98).<br />

SEITZ geht auf der Basis der Auswertung ingenieurwissenschaftlicher Kostenstudien<br />

<strong>für</strong> die Betriebs- <strong>und</strong> Investitionskosten der Abwasserentsorgung pro Kopf von einem<br />

u-förmigen Verlauf aus, allerdings in einer asymmetrischen Form. Die höchsten<br />

Kosten weisen demnach sehr dünn besiedelte Regionen auf, die geringsten Kosten<br />

solche Regionen/Städte mit mittlerer Einwohnerzahl <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>. 51 In sehr großen<br />

Städten mit einer hohen Bevölkerungsdichte steigen die Kosten der Kanalisation<br />

wieder an, jedoch bei weitem nicht so stark wie in sehr dünn besiedelten Räumen,<br />

51 SEITZ betrachtet es als eine empirisch tragbare Hypothese, die Größe von Gemeinden<br />

<strong>und</strong> Kreisen mit der Bevölkerungsdichte gleichzusetzen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 197<br />

in denen die überdurchschnittlichen Streckenlängen ausschlaggebend <strong>für</strong> die hohen<br />

Kosten sind. Die leicht überdurchschnittlichen Kosten in großen <strong>und</strong> hoch verdichteten<br />

Städten resultieren aus höheren Bau- <strong>und</strong> Verlegungskosten, verursacht unter<br />

anderem durch die größeren Querschnitte der Leitungen (SEITZ 2002, 48).<br />

Abbildung 62: Schematische Darstellung der Kosten<br />

(Betriebs- <strong>und</strong> Investitionskosten) im Abwasserbereich (nach SEITZ 2002, 54)<br />

Kosten je<br />

Einwohner<br />

175 - 225 %<br />

extrem dünne<br />

Besiedelung<br />

100 %<br />

115 - 130 %<br />

extrem dichte<br />

Besiedelung<br />

JENSSEN, KARAKOYUN (2005, 56) ermitteln differenziert nach fünf Stadtstrukturtypen<br />

<strong>und</strong> drei Raumtypen die jährlichen Durchschnittkosten der Abwasserentsorgung je<br />

Wohneinheit. Demnach verursacht eine Wohneinheit im hoch verdichteten Mehrfamilienhaus<br />

in der Kernstadt fünfmal geringere Durchschnittskosten als eine Wohneinheit<br />

im gering verdichteten Einfamilienhaus. Der Vergleich des verdichteten Siedlungstyps<br />

in der Kernstadt mit der dispersen Einfamilienhausbebauung im ländlichen<br />

Raum ergibt demnach ein Einsparpotenzial von 85 % der kostenintensivsten<br />

gegenüber der kosteneffizientesten Bebauung (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 65). In<br />

Verbindung der Durchschnittskosten mit den Geschossflächenzahlen der Stadtstrukturtypen<br />

ergibt sich der typische exponentielle Kostenverlauf steigender Kosten<br />

mit sinkenden <strong>Dichte</strong>n (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 58).<br />

Abbildung 63: Durchschnittskosten der Abwasserentsorgung je Wohneinheit <strong>und</strong><br />

Jahr nach Geschossflächenzahl <strong>und</strong> Raumtyp<br />

(Eigene Darstellung nach JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 58)<br />

€ je Wohneinheit<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

Kernstadt Suburbaner Raum Ländlicher Raum<br />

0<br />

0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />

Geschossflächenzahl (GFZ)


198 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Die unterschiedlichen in Abbildung 62 <strong>und</strong> Abbildung 63 dargestellten Kostenverläufe<br />

resultieren aus unterschiedlichen Ansätzen bei der Ermittlung der Kosten. Während<br />

SEITZ (2002, 46ff.) Daten zu Kosten der Abwasserentsorgung in Gemeinden<br />

verschiedener Größenklassen verwendet, modellieren JENSSEN <strong>und</strong> KARAKOYUN<br />

(2005, 44ff.) die Kosten der Abwasserentsorgung <strong>für</strong> verschiedene Siedlungstypen<br />

unter Verwendung typischer Durchschnittskosten. 52<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich ist die Argumentation von SEITZ (2002, 46ff.) bezüglich des uförmigen<br />

Kostenverlaufs nachvollziehbar. Allerdings spielen in schrumpfenden ostdeutschen<br />

Städten Kostenanstiege in Folge extremer Verdichtung keine Rolle, so<br />

dass hier generell von steigenden Kosten bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n auszugehen ist.<br />

Auch in der Trinkwasserversorgung stellt das Leitungsnetz mit 65 bis 80% den<br />

höchsten Anteil am Anlagevermögen dar (SCHMIDT 2003, 17) <strong>und</strong> auch hier besteht<br />

der exponentielle Zusammenhang steigender Kosten der Wasserverteilung durch<br />

das Rohrnetz bei sinkender Siedlungsdichte (SCHMIDT 2003, 185). Als diejenige<br />

<strong>Dichte</strong>, die die wirtschaftlichste Wasserversorgung ermöglicht, ermittelte SCHMIDT<br />

(2003, 169, 178f., 185) anhand einer Analyse der Wasserversorgungssysteme in<br />

Erfurt eine Bruttodichte von 6.431 Einwohnern je km² bei einer Länge der Haupt-<br />

<strong>und</strong> Versorgungsleitung von etwa 1,7 m <strong>und</strong> der Hausanschlussleitung von 0,6 m je<br />

Einwohner.<br />

Kosten der Fernwärmeversorgung<br />

Die Kosten der Fernwärmeversorgung setzen sich zusammen aus den Kosten der<br />

Wärmeerzeugung (Brennstoffkosten, Investitionskosten <strong>für</strong> Umwandlungsanlagen,<br />

Kosten <strong>für</strong> Anlagenbetrieb), den Kosten <strong>für</strong> den Wärmetransport <strong>und</strong> die Wärmeverteilung<br />

sowie häufig den Kosten <strong>für</strong> die Leistungsabrechnung (TIETZ 2007, 139f.).<br />

Bei der Kraft-Wärme-Kopplung lassen sich die Kosten der Wärmerzeugung nicht<br />

eindeutig von denen der Stromerzeugung trennen. Zudem steht die Fernwärmeversorgung<br />

in wirtschaftlicher Konkurrenz zu anderen Formen der Wärmeerzeugung<br />

(INTERVIEWS 3, 4). Daher wird <strong>für</strong> Fernwärme ein ‚anlegbarer’ Preis erhoben, der an<br />

die Preise der Wärmeversorgung mit anderen Systemen wie z. B. Öl oder Gas angelehnt<br />

wird (TIETZ 2007, 140; INTERVIEW 5).<br />

In der vorliegenden Untersuchung werden die Schwellen einer wirtschaftlichen<br />

Fernwärmeversorgung anhand der Wärmebedarfsdichten abgeleitet. Aufgr<strong>und</strong> von<br />

effizienteren Wärmeerzeugungstechniken sind diese in den letzten 20 Jahren analog<br />

zu den Rückgängen der Wärmebedarfsdichten gesunken, wie Abbildung 64 verdeutlicht.<br />

Wurde in den 1980er Jahre noch eine Grenze einer Höchstlastwärmedichte<br />

von 40 MW je km² <strong>für</strong> eine wirtschaftliche Fernwärmeversorgung genannt (RING-<br />

52 SEITZ (2002, 46) geht von einer Spannbreite der Längen der Kanalisation je Einwohner<br />

zwischen 2,4 <strong>und</strong> 8,3 m je Einwohner aus. Bei JENSSEN, KARAKOYUN (2005, 41, 54) ergeben<br />

sich – durch die Modellierung der Erschließungslängen der Siedlungstypen –<br />

deutlich breitere Spannen der Netzlängen zwischen 2,2 m je Einwohner <strong>für</strong> Quartiers-<br />

<strong>und</strong> Sammelkanäle im Strukturtyp große Mehrfamilienhäuser <strong>und</strong> 28,4 m beim Siedlungstyp<br />

freistehende Einfamilienhäuser. Somit werden bei JENSSEN, KARAKOYUN die<br />

höheren Kosten <strong>für</strong> die Verlegung des Kanalisationsnetzes in Strukturtypen höherer<br />

<strong>Dichte</strong> durch die geringeren einwohnerspezifischen Netzlängen überkompensiert. Bei<br />

SEITZ hingegen wirkt sich der Effekt der sehr hohen Kosten <strong>für</strong> die Verlegung des Kanalisationsnetzes<br />

in hoch verdichteten Großstädten mit über 500.000 Einwohnern – bei<br />

insgesamt geringeren Annahmen zu den Differenzen der einwohnerspezifischen Netzlängen<br />

– dahingehend aus, dass entsprechend seiner Annahmen die Kosten der Abwasserentsorgung<br />

in diesen hoch verdichteten Städten wieder ansteigen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 199<br />

LER, SCHNEPF 1987, 347), werden hier<strong>für</strong> derzeit nur noch 25 MW je km² angenommen<br />

(SIEDENTOP et al. 2006, 97).<br />

Die Darstellung von Wärmebedarfsdichten, Geschossflächendichten <strong>und</strong> Grenzen<br />

der wirtschaftlichen Fernwärmeversorgung in Abbildung 64 verdeutlicht, dass die<br />

Stadtstrukturtypen Block, Zeile <strong>und</strong> Platte gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>für</strong> eine wirtschaftliche<br />

Fernwärmeversorgung geeignet sind.<br />

Abbildung 64: Schwellen einer wirtschaftlichen Fernwärmeversorgung anhand der<br />

Wärmebedarfsdichten (Eigene Darstellung nach RINGLER, SCHNEPF 1987, 347; ROTH et<br />

al. 1980, 99ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 97)<br />

Die Verteilungskosten ergeben sich anhand der spezifischen Leitungslängen je Abnehmer<br />

<strong>und</strong> sollten <strong>für</strong> einen wirtschaftlichen Betrieb einen Meter Leitungslänge je<br />

Wohnung nicht überschreiten. In Siedlungen des industriellen Wohnungsbaus der<br />

DDR beträgt die Leitungslänge in etwa 0,4 m je Wohneinheit (SIEDENTOP et al.<br />

2006, 96ff.). Abnehmende Wärmedichten führen zu höheren spezifischen Verteilungskosten<br />

(TIETZ 2007, 120f.).


200 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Exkurs 16: Kostenträgerschaft: <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Tarife der stadttechnischen Infrastruktur<br />

Die bisherigen Ausführungen belegen, dass Siedlungsstrukturen unterschiedlicher <strong>Dichte</strong><br />

unterschiedliche Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung verursachen. Diese Kostenunterschiede<br />

spiegeln sich allerdings bisher nicht in den einheitlichen Tarifen <strong>für</strong> die Ver<strong>und</strong><br />

Entsorgung wider (TIETZ 2006, 166). Demnach werden Kosten nicht verursachergerecht<br />

angelastet (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 71). Bewohner in kostengünstig zu erschließenden<br />

innerstädtischen <strong>und</strong> dichten Wohngebieten subventionieren somit über die Versorgungspreise<br />

die Einfamilienhausbesitzer im Umland (HERZ 2004, 17; HERZ et al. 2002, 59).<br />

„Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die relativ hohen Kosten besonders flächenzehrender<br />

Siedlungsformen ihren Nutznießern teilweise nur unvollständig in Rechnung<br />

gestellt werden, während die Bewohner verdichteter <strong>und</strong> daher kostengünstig zu<br />

erschließender städtischer Gebiete in einer Art Mischkalkulation mit zur Finanzierung<br />

aufwändigerer Siedlungsformen herangezogen werden.“ (BUNDESREGIERUNG 2004,<br />

211)<br />

Hinzu kommen Kostenentlastungen <strong>für</strong> gering verdichtete ländliche Räume. Da die Gebührendifferenz<br />

zwischen ländlichen <strong>und</strong> städtischen Regionen nicht die tatsächlichen Kostenunterschiede<br />

widerspiegelt, ist von einer großen direkten <strong>und</strong> indirekten Subventionierung<br />

der Abwasserentsorgung im ländlichen Raum auszugehen (SEITZ 2002, 55). Vor allem in<br />

Gemeinden mit geringer Einwohnerzahl erfolgt eine Bezuschussung der Investitionskosten<br />

der Abwasserentsorgung von bis zu 80 % (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 77).<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird zunehmend die Frage aufgeworfen, inwiefern ein räumlich<br />

nach Bebauungsdichten gestaffeltes Gebühren- <strong>und</strong> Preissystem dazu beitragen könnte,<br />

dass häufig sozial schwächere Bewohner verdichteter Bebauungsstrukturen nicht über ihre<br />

Zahlungen die Bewohner von Einfamilienhäusern subventionieren (HERZ et al. 2002, 59).<br />

Die fehlende Verursachergerechtigkeit der Kostenanlastung ist gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen von Bedeutung, die zu einem weiteren Anstieg der Infrastrukturkosten<br />

führen werden <strong>und</strong> somit zu einer Verstärkung der Unverhältnismäßigkeit der Kostenanlastung<br />

beitragen können. Zudem zeigt sich, dass aktuelle Kostenstrukturen keine<br />

Anreize bieten, Siedlungsstrukturen höherer <strong>Dichte</strong>n zu sichern <strong>und</strong> somit einen Beitrag zur<br />

Stabilisierung oder gar Senkung der gesamtgesellschaftlichen Infrastrukturkosten zu leisten.<br />

Zusammenfassend verdeutlicht Kapitel 7, dass Aufwand <strong>und</strong> Kosten der stadttechnischen<br />

Erschließung in einem starken Zusammenhang mit der <strong>Dichte</strong> von<br />

Siedlungsstrukturen stehen.<br />

- So verursachen geringe Einwohnerdichten einen exponentiell höheren Erschließungsaufwand<br />

als höhere <strong>Dichte</strong>n. Dies ist verb<strong>und</strong>en mit einer entsprechend<br />

höheren Materialintensität der Siedlungsstrukturen.<br />

- Ebenso hängen die spezifischen Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung der stadttechnischen<br />

Versorgung in hohem Maße von der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichte ab.<br />

Gering verdichtete Siedlungsstrukturen sind mit deutlich höheren Kosten verb<strong>und</strong>en<br />

als solche Strukturen höherer <strong>Dichte</strong>n.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Zusammenhänge beschreibt Kapitel 8 die Auswirkungen<br />

von schrumpfungsbedingten <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die stadttechnische Infrastruktur.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 201<br />

8 Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Stadttechnik<br />

Aufgr<strong>und</strong> der dargelegten Zusammenhänge von <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik haben<br />

<strong>Dichte</strong>rückgänge im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen erhebliche Auswirkungen<br />

auf Aufwand, Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Kosten der Stadttechnik.<br />

- Sinkende <strong>Dichte</strong>n führen zu Verbrauchsrückgängen <strong>und</strong> damit zu einer Unterauslastung<br />

der stadttechnischen Infrastruktur (Kapitel 8.1).<br />

- Entsprechend des exponentiellen Zusammenhangs zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Erschließungsaufwand<br />

führen sinkende <strong>Dichte</strong>n ebenso zu einer Steigerung des<br />

spezifischen Erschließungsaufwands pro Kopf der verbleibenden Bevölkerung<br />

(Kapitel 8.2) sowie zu einer Steigerung der spezifischen Materialintensität (Exkurs<br />

19).<br />

- Übersteigt der <strong>Dichte</strong>rückgang ein kritisches Maß, gefährden Unterauslastungen<br />

die technische Funktionsfähigkeit der Netze <strong>und</strong> Anlagen der technischen Infrastruktur<br />

(Kapitel 8.3).<br />

- Sinkende Einwohnerdichten führen zu höheren einwohnerspezifischen Kosten <strong>für</strong><br />

Instandhaltung <strong>und</strong> Betrieb der stadttechnischen Infrastruktur sowie zu direkten<br />

Folgekosten des Stadtumbaus (Kapitel 8.4).<br />

- Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

unterscheiden sich je nach gewählter Stadtumbaustrategie sowie betroffenem<br />

Stadtstrukturtyp (Kapitel 8.5).<br />

8.1 Unterauslastung durch Verbrauchs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />

<strong>Dichte</strong>rückgänge führen zu Verbrauchsrückgängen bei den Medien der stadttechnischen<br />

Infrastruktur. Für den Bereich des Trink- <strong>und</strong> Abwassers sind Rückgänge der<br />

Einwohnerdichte maßgeblich, <strong>für</strong> den Bereich der Wärmenachfrage hingegen die<br />

Zahl der Leerstände <strong>und</strong> nach Rückbaumaßnahmen auch die geringere Bebauungsdichte.<br />

Die Bedeutung der Rückgänge <strong>für</strong> die Verbrauchsminderung wiegt besonders<br />

schwer, da in Ostdeutschland andere Faktoren zusätzliche Verbrauchsrückgänge<br />

verursachen. Dies sind z. B. die Sanierungstätigkeit im Bereich der Haustechnik, ein<br />

verändertes Verbraucherverhalten der Bewohner (z. B. Wasser sparen, Verbesserung<br />

der Wärmedämmung) sowie ein Wegbrechen der gewerblichen <strong>und</strong> industriellen<br />

Nachfrage (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 10; INTERVIEW 2; TIETZ 2006, 158).<br />

Die Nachfrage nach Trinkwasser (<strong>und</strong> damit auch der Abwasseranfall) ist nach der<br />

Wende aufgr<strong>und</strong> eines stärkeren Einsatzes wassersparender Armaturen <strong>und</strong> eines<br />

durch Preisanstieg veränderten Verbraucherverhaltens um etwa ein Drittel zurückgegangen.<br />

Während heute der Trinkwasserverbrauch in Ostdeutschland zwischen<br />

88 <strong>und</strong> 102 l pro Einwohner <strong>und</strong> Tag liegt (vgl. Abbildung 48), betrug er kurz vor der<br />

Wende noch 150 l. In der Erschließungsplanung der 1980er Jahre wurde gar mit<br />

Werten zwischen 200 l (HERZ et al. 2005) <strong>und</strong> 220 l (FREUDENBERG, KOZIOL 2003,<br />

56) gerechnet. So sind bereits heute bei einem Rückgang der Einwohnerdichte von<br />

r<strong>und</strong> 50 % die Trinkwasser- <strong>und</strong> Abwassernetze nur noch mit 20-25 % der Bemessungswassermenge<br />

ausgelastet (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 58).<br />

Gleiches gilt aufgr<strong>und</strong> verbesserter Wärmeschutzmaßnahmen auch <strong>für</strong> die Fernwärme.<br />

Hier vermindert ein Wohnungsleerstand von 30 % die Netzauslastung ge-


202 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

genüber der Dimensionierung um mehr als 50 % (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 10).<br />

Bereits ein disperser Leerstand bzw. Rückbau von 20 bis 40 % vermindert den<br />

Wärmeverbrauch um 50 % (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 60). Ausschlaggebend <strong>für</strong><br />

den Rückgang der Wärmenachfrage ist allerdings weniger der Leerstand, sondern<br />

vielmehr der Rückbau, da sich bei Leerstand der Raumwärmebedarf benachbarter<br />

Wohnungen um bis zu 20 % erhöht (TIETZ 2006, 159).<br />

Exkurs 17: Rückgang der Nachfrage nach stadttechnischen Medien in Cottbus<br />

Die Dimensionierung der Infrastrukturen in der Stadt Cottbus war bis 1990 auf einen Bevölkerungszuwachs<br />

bis auf 140.000 Einwohner ausgerichtet. Die Bevölkerung hat sich von<br />

1995 bis 2004 von 123.214 Einwohnern auf 105.309 Einwohner um 14,5 % verringert (STA-<br />

TISTISCHES BUNDESAMT 2007). Bis zum Jahr 2015 wird ein Rückgang auf 86.500 Einwohner<br />

prognostiziert.<br />

Im Zuge des Bevölkerungsrückgangs ist ein drastischer Rückgang der Nachfrage nach den<br />

Medien der stadttechnischen Infrastruktur zu verzeichnen. So ging der Anschlusswert der<br />

Fernwärme um 23 % zurück <strong>und</strong> damit stärker als der Bevölkerungsrückgang von 14,5 %.<br />

Gleichzeitig ist der Erschließungsaufwand durch einen Zuwachs der Netzlänge des Fernwärmenetzes<br />

um 38 % weiter angewachsen.<br />

Abbildung 65: Entwicklung der Fernwärmeversorgung in Cottbus<br />

(Fernwärmeversorgung GmbH zitiert nach EFFNERT 2005)<br />

Anschlusswert in MW<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Anschlusswert in MW Netzlänge in m<br />

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />

200.000<br />

180.000<br />

160.000<br />

140.000<br />

120.000<br />

100.000<br />

80.000<br />

60.000<br />

40.000<br />

20.000<br />

In einigen Cottbusser Plattenbaugebieten (Neu-Schmellwitz, Sachsendorf, Sandow, Ströbitz,<br />

Spremberger Vorstadt) hat sich der Fernwärmeabsatz aufgr<strong>und</strong> veränderter Haustechnik,<br />

veränderter Wärmedämmstandards <strong>und</strong> eines Wohnungsleerstands (bis zu 40 %) auf ca.<br />

40 % des Wertes von 1989 verringert (KOZIOL, WALTHER 2002, 3ff.).<br />

Auch <strong>für</strong> die Bereiche Trinkwasser <strong>und</strong> Abwasser kann ein deutlicher Verbrauchsrückgang<br />

verzeichnet werden. In den oben genannten Plattenbaugebieten beträgt der Rückgang des<br />

Trinkwasserverbrauchs bis 50 % der Bemessungsmenge, der Abwasseranfall sank aufgr<strong>und</strong><br />

des geringen Fremdwasseranteils auf ca. 50 % gegenüber dem Bemessungswert (KOZIOL,<br />

WALTHER 2002, 4ff.).<br />

Die Unterauslastung der stadttechnischen Infrastrukturen ist aufgr<strong>und</strong> der Parallelität<br />

von Einwohnerrückgang <strong>und</strong> verändertem Verbraucherverhalten zum Teil erheblich<br />

<strong>und</strong> hat gravierende Folgen <strong>für</strong> den funktionsfähigen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Betrieb<br />

dieser Infrastrukturen sowie <strong>für</strong> die Preis- <strong>und</strong> Gebührenentwicklung (KOZIOL,<br />

WALTHER 2006, 259), da bereits heute die Infrastruktursysteme von Trinkwasser,<br />

Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme häufig nur noch zu 30 bis 40 % ausgelastet sind<br />

(MARSCHKE 2004, 79).<br />

0<br />

Netzlänge in m


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 203<br />

Die <strong>Dichte</strong>- <strong>und</strong> Verbrauchsrückgänge verteilen sich dabei nicht einheitlich über das<br />

Stadtgebiet, sondern erfordern eine differenzierte Betrachtung nach Ortsteilen, die<br />

bisher allerdings häufig ausbleibt (INTERVIEW 2). Die Exkurse 17 <strong>und</strong> 18 illustrieren<br />

aktuelle Verbrauchsrückgänge.<br />

Exkurs 18: Rückgang des Wärmeabsatzes in Zwickau 53<br />

Am Beispiel der Stadt Zwickau kann gezeigt werden, dass der Verbrauchsrückgang, hier<br />

illustriert am Beispiel des Fernwärmeabsatzes, den Bevölkerungsrückgang wesentlich übersteigen<br />

kann. Während die Bevölkerung von 1993 bis 2004 um 17 % zurückgegangen ist,<br />

betrug der Rückgang des Wärmeabsatzes 51 %. Neben dem Bevölkerungsrückgang sind<br />

somit weitere Faktoren ausschlaggebend. So ist die Bevölkerung gerade in den in Plattenbauweise<br />

erschlossenen Wohngebieten mit einer sehr effizienten Fernwärmeerschließung<br />

drastisch zurückgegangen. Im Zuge des Rückbaus erfolgt ein gezielter Leerzug dieser Gebiete.<br />

Hinzu kommt, dass einige Gebiete in Zwickau in den 1990er Jahren parallel durch<br />

eine Gasversorgung erschlossen wurden, so dass hier jetzt die Fernwärme in Konkurrenz<br />

zur Beheizung mit Gas steht. Als weitere Gründe <strong>für</strong> diesen drastischen Rückgang können<br />

auch ein Wegbrechen industrieller Großk<strong>und</strong>en sowie verbesserte Wärmedämmstandards<br />

angesehen werden (INTERVIEW SCHNEIDER, SPIELVOGEL).<br />

Abbildung 66: Entwicklung von Einwohnerzahl <strong>und</strong> Wärmeabsatz in Zwickau<br />

(Eigene Darstellung nach ZEV 2006)<br />

Anzahl Einwohner __<br />

120.000<br />

100.000<br />

80.000<br />

60.000<br />

40.000<br />

20.000<br />

0<br />

Bevölkerung (ohne Eingemeindungen) Wärmeabsatz in GWh<br />

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />

8.2 Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands bei<br />

<strong>Schrumpfung</strong><br />

Entsprechend des in Kapitel 7.1 dargestellten Zusammenhangs eines exponentiell<br />

steigenden Erschließungsaufwands bei sinkender <strong>Dichte</strong> steigt der spezifische Erschließungsaufwand<br />

bei <strong>Dichte</strong>rückgängen im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen.<br />

Die Steigerung des Erschließungsaufwands lässt sich am besten anhand von Daten<br />

zur Länge der öffentlichen Kanalisation darstellen, die von den statistischen Landesämtern<br />

im Rahmen der Umweltstatistik bereitgestellt werden. Zur künftig zu erwartenden<br />

Entwicklung des Erschließungsaufwands im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>s-<br />

<strong>und</strong> Entdichtungsprozessen werden Modellrechnungen durchgeführt.<br />

53 Veröffentlichungserlaubnis erteilt am 16.08.2007.<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Wärmeabsatz in GWh


204 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

8.2.1 Bisherige Steigerungen des Erschließungsaufwands<br />

Einen ersten Anhaltspunkt <strong>für</strong> eine Steigerung des Erschließungsaufwands im Zuge<br />

bisheriger Entdichtungsprozesse liefern Abbildung 67 <strong>und</strong> Tabelle 49, die anhand<br />

der Daten der B<strong>und</strong>esländer die Entwicklung der Siedlungsdichten <strong>und</strong> des spezifischen<br />

Aufwands <strong>für</strong> die Kanalisation <strong>für</strong> die Jahre 2001 <strong>und</strong> 2004 darstellen. Erneut<br />

zeigt sich der exponentielle Zusammenhang eines steigenden spezifischen Erschließungsaufwands<br />

bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n.<br />

Abbildung 67: Siedlungsdichte <strong>und</strong> Länge der öffentlichen Kanalisation in Meter je<br />

Einwohner nach B<strong>und</strong>esländern 2001 <strong>und</strong> 2004 (ohne Niedersachsen, Thüringen) 54<br />

(Eigene Berechnungen nach STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2006)<br />

Kanalisation in m je Einwohner_____<br />

2004 2001<br />

y = 10,999e -0,0003x<br />

R 2 y = 10,474e = 0,9202<br />

-0,0003x<br />

R 2 9,0<br />

8,5<br />

8,0<br />

MV<br />

SH<br />

RP<br />

7,5<br />

7,0<br />

BB<br />

ST<br />

BY<br />

SL<br />

6,5<br />

SN BW<br />

6,0<br />

5,5<br />

HE<br />

5,0<br />

NW<br />

4,5<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

HB<br />

= 0,9058 HH<br />

BE<br />

500 1.500 2.500 3.500 4.500 5.500<br />

Siedlungsdichte in Einwohner je km²<br />

Effekte der Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands zeigen sich vor<br />

allem in den von Bevölkerungsrückgängen betroffenen ostdeutschen Ländern, mit<br />

einer Steigerung des Erschließungsaufwands zwischen 6,5 % in Sachsen <strong>und</strong> 9,1 %<br />

in Sachsen-Anhalt. Die Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands resultiert<br />

aus einem Zusammenspiel von<br />

- Bevölkerungsrückgängen zwischen 1 % (Brandenburg) <strong>und</strong> 3,5 % (Sachsen-<br />

Anhalt),<br />

- Rückgängen der Siedlungsdichte zwischen 5,8 % (Sachsen) <strong>und</strong> 13,6 % (Sachsen-Anhalt)<br />

<strong>und</strong><br />

54 Die Daten <strong>für</strong> Niedersachsen werden als unplausibel eingeschätzt <strong>und</strong> resultieren wahrscheinlich<br />

aus einer genaueren Erhebung in 2004 im Vergleich zum Jahr 2001. Es wird<br />

als nicht realistisch beurteilt, das in Niedersachsen zwischen 2001 <strong>und</strong> 2004 31.513 km<br />

Kanalnetz neu errichtet wurden. Dies würde einem Aufwand von 350 m je neu angeschlossenen<br />

Einwohner entsprechen. Die Werte eines Anstiegs des Erschließungsaufwands<br />

um 22 % in Thüringen werden ebenfalls als unplausibel eingeschätzt. Es wird<br />

nicht <strong>für</strong> wahrscheinlich gehalten, dass bei einer vergleichsweise geringen Reduzierung<br />

der Siedlungsdichte (-4,5 %) <strong>und</strong> einer geringen Steigerung des Anschlussgrads (+1 %)<br />

eine Erhöhung der gesamten Kanalnetzlänge um 21 % innerhalb von 3 Jahren erfolgt ist.<br />

Daher werden die Daten <strong>für</strong> Niedersachsen <strong>und</strong> Thüringen in der Grafik nicht dargestellt.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 205<br />

- einer Erhöhung der Anschlussgrade zwischen 2,4 % (Sachsen) <strong>und</strong> 7,1 %<br />

(Brandenburg).<br />

Gerade eine Erhöhung des Anschlussgrads an die Kanalisation trägt zu einer Erhöhung<br />

des spezifischen Erschließungsaufwands bei, da in zunehmendem Maße auch<br />

dünn besiedelte Ortschaften mit einer höheren Entfernung zu den zentralen Netzen<br />

angeschlossen werden.<br />

Tabelle 49: Entwicklung von Siedlungsdichte, Länge der öffentlichen Kanalisation in<br />

Meter je Einwohner <strong>und</strong> Anschlussgrad nach B<strong>und</strong>esländern von 2001 bis 2004<br />

(Eigene Berechnung nach STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2006)<br />

B<strong>und</strong>esland<br />

EW je<br />

km²<br />

2001 2004 Veränderung von 2001-2004 in %<br />

m je<br />

EW<br />

Anschlussgrad<br />

in %<br />

EW je<br />

km²<br />

m je<br />

EW<br />

Anschlussgrad<br />

in %<br />

EW je<br />

km²<br />

m je<br />

EW<br />

Anschlussgrad<br />

Baden-Württ. 2.247 6,2 98,8 2.201 6,4 99 -2,1 3,1 0,2 1,1<br />

Bayern 1.679 6,9 94,4 1.636 7,2 95,5 -2,6 4,2 1,2 0,9<br />

Berlin 5.510 2,7 98,5 5.471 2,8 98,4 -0,7 3,6 -0,1 0,0<br />

Brandenburg 1.073 7,4 76,7 1.013 8,0 82,6 -5,9 7,5 7,1 -1,0<br />

Bremen 2.922 4,4 99,5 2.905 4,6 99,8 -0,6 4,3 0,3 0,5<br />

Hamburg 4.008 3,1 100,0 3.923 3,1 98,9 -2,2 0,0 -1,1 0,5<br />

Hessen 1.936 5,9 99,4 1.908 6,0 99,4 -1,5 1,7 0,0 0,3<br />

Mecklenbg.-V. 1.135 7,5 81,7 1.024 8,1 83,9 -10,8 7,4 2,6 -2,3<br />

Nordrhein-W. 2.526 5,0 96,7 2.453 5,2 97,2 -3,0 3,8 0,5 0,1<br />

Rheinland-Pf. 1.524 7,1 98,5 1.482 7,5 98,9 -2,8 5,3 0,4 0,3<br />

Saarland 2.107 7,0 99,1 2.044 7,3 99,1 -3,1 4,1 0,0 -1,0<br />

Sachsen 2.115 5,8 85,4 2.000 6,2 87,5 -5,8 6,5 2,4 -2,0<br />

Sachsen-An. 1.348 7,0 84,3 1.187 7,7 88,3 -13,6 9,1 4,5 -3,5<br />

Schleswig-H. 1.593 8,5 93,5 1.502 8,6 94,1 -6,1 1,2 0,6 0,9<br />

Deutschland 1.876 6,2 94,6 1.808 6,5 95,5 -3,8 4,6 0,9 0,1<br />

8.2.2 Modellrechungen zur zukünftigen Entwicklung des<br />

Erschließungsaufwands bei <strong>Schrumpfung</strong><br />

Die Steigerung des Erschließungsaufwands im Zuge fortgesetzter <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />

wird im Folgenden anhand von Modellrechnungen auf der Kreisebene,<br />

entsprechend der äußeren Erschließung, sowie der Quartiersebene, entsprechend<br />

der inneren Erschließung dargelegt. Exkurs 19 verdeutlicht, wie die Steigerung des<br />

Erschließungsaufwands mit einer Steigerung der Materialintensität der Erschließung<br />

einhergeht.<br />

Modellrechnung zur Entwicklung des Erschließungsaufwands bis 2020 am<br />

Beispiel sächsischer Kreise<br />

Anzunehmen ist, dass sich die hier dargestellten Effekte einer Steigerung des spezifischen<br />

Erschließungsaufwands im Zuge von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

auch in der Zukunft fortsetzen werden, wie Abbildung 68 am Beispiel ausgewählter<br />

Kreise illustriert. Die ausgewählten Kreise stehen <strong>für</strong> die typischen Fälle<br />

- einer Großstadt (Leipzig),<br />

- einer DDR-Industriestaat (Hoyerswerda) <strong>und</strong><br />

- eines ländlichen Kreises (Niederschlesischer Oberlausitzkreis).<br />

EW


206 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 68: Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation in Meter je Einwohner<br />

von 2001 bis 2020 in ausgewählten Kreisen Sachsens (Eigene Berechnungen) 55<br />

Kanalisation in m je Einwohner __<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

Niederschlesischer<br />

Oberlausitzkreis<br />

Hoyerswerda<br />

0<br />

0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000<br />

Siedlungsdichte in EW je km²<br />

Leipzig<br />

2001<br />

2004<br />

2020<br />

Abbildung 68 stellt den Zusammenhang zwischen der Siedlungsdichte <strong>und</strong> dem<br />

spezifischen Erschließungsaufwand, angegeben als Länge der Kanalisation in Meter<br />

je Einwohner, anhand der Kreisdaten <strong>für</strong> das Land Sachsen dar. Werte <strong>für</strong> 2020<br />

wurden prognostiziert. Basis der Bevölkerungszahlen ist Variante 2 der Regionalisierten<br />

Bevölkerungsprognose des Freistaates Sachsen 56 (STATISTISCHES LAN-<br />

DESAMT SACHSEN 2003, 35). Sowohl die Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche als auch die<br />

Länge des Kanalnetzes werden <strong>für</strong> 2020 konstant auf dem Wert von 2004 gehalten.<br />

Dargestellt wird damit allein der Effekt der Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands<br />

durch eine Verteilung des bestehenden Netzes auf immer weniger<br />

Nutzer.<br />

Bei einer weiteren Fortsetzung ungesteuerter <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse mit der zu<br />

erwartenden Zunahme der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche einerseits <strong>und</strong> der Kanalnetzlängen<br />

andererseits würde es zu einer stärkeren Steigerung des spezifischen<br />

Erschließungsaufwands kommen. Durch einen konsequenten Siedlungs- <strong>und</strong> damit<br />

auch Netzrückbau von den Rändern her kann der spezifische Erschließungsaufwand<br />

begrenzt werden.<br />

Das Beispiel Leipzig (s. Tabelle 50) steht <strong>für</strong> die typische Entwicklung in einer ostdeutschen<br />

Großstadt. Für die Zukunft erwartete Bevölkerungsrückgänge sind mit<br />

2,2 % gering, die Siedlungsdichte ist vergleichsweise hoch <strong>und</strong> der spezifische Erschließungsaufwand<br />

steigt von einem sehr geringen Niveau von 3,8 m geringfügig<br />

auf 4,1 m an. Der Anschlussgrad erhöht sich ebenfalls geringfügig.<br />

55 Verwendet wurden folgende Datenquellen (STATISTISCHES LANDESAMT SACHSEN 1997,<br />

1999, 2001, 2002, 2003). Die Daten wurden entsprechend der Gebietsstände zum<br />

31.12. des jeweiligen Jahres verwendet. Es wurde keine Bereinigung der Daten von<br />

1998 <strong>und</strong> 2001 auf den heutigen Gebietsstand vorgenommen, da es in diesem Zeitraum<br />

nur geringfügige Änderungen gegeben hat.<br />

56 Die regionalisierte Bevölkerungsprognose <strong>für</strong> den Freistaat Sachsen bis 2020 wird <strong>für</strong><br />

zwei Varianten errechnet. Dabei geht Variante 2 von einem geringeren Anstieg der Lebenserwartung<br />

<strong>und</strong> höheren Wanderungsverlusten aus als Variante 1. Variante 2 ist<br />

damit diejenige, die von einem stärkeren Bevölkerungsrückgang ausgeht (STATISTISCHES<br />

LANDESAMT SACHSEN 2003, 19ff.).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 207<br />

Tabelle 50: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation<br />

in der kreisfreien Stadt Leipzig 57<br />

Leipzig 2001 2004 2020 Veränderung<br />

2001-2020 in %<br />

Einwohner 493.052 498.491 482.300 -2,2<br />

Siedlungsdichte in Einwohner je km² 3.701 3.631 3.620 -2,2<br />

Einwohner mit Anschluss an Kanalisation 480.052 491.121 475.066 -1,0<br />

Anschlussgrad in % 97,4 98,5 98,5 1,1<br />

Kanalnetz gesamt in km 1.804,4 1.960 1.960 8,6<br />

Kanallänge je angeschlossenem Einwohner<br />

in m<br />

3,8 4,0 4,1 7,9<br />

Das Beispiel Hoyerswerda steht <strong>für</strong> eine DDR-Industriestadt, die im Zuge von<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen bereits einen hohen Anteil ihrer Einwohner verloren hat<br />

<strong>und</strong> in der sich dieser Trend des dramatischen Einwohnerverlusts auch in der Zukunft<br />

fortsetzten wird. Aufgr<strong>und</strong> vorangegangener Bevölkerungsrückgänge (bereits<br />

um gut ein Drittel bis 2001) 58 ist der Erschließungsaufwand <strong>für</strong> eine Stadt mit 7,5 m<br />

je Einwohner vergleichsweise hoch. Im Zuge des bis 2020 erwarteten weiteren Bevölkerungsrückgangs<br />

um gut 30 % würde sich der Erschließungsaufwand ohne<br />

Rückbaumaßnahmen um gut 70 % erhöhen. Um dies zu vermeiden, wird derzeit in<br />

Hoyerswerda im Zuge des Stadtumbaus eine intensive Kooperation mit den Trägern<br />

der stadttechnischen Infrastruktur praktiziert (BMVBS, BBR 2007, 64).<br />

Tabelle 51: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation in der<br />

kreisfreien Stadt Hoyerswerda 57<br />

Hoyerswerda Stadt 2001 2004 2020 Veränderung<br />

2001-2020 in %<br />

Einwohner 47.917 43.899 29.000 -39,5<br />

Siedlungsdichte in Einwohner je km² 2.844 2.569 1.721 -39,5<br />

Einwohner mit Anschluss an Kanalisation 44.735 41.920 27.695 -38,1<br />

Anschlussgrad in % 93,4 95,5 95,5 2,2<br />

Kanalnetz gesamt in km 336 356,2 356,2 6,0<br />

Kanallänge je angeschlossenem Einwohner<br />

in m<br />

7,5 8,5 12,9 72,0<br />

Das Beispiel des Niederschlesischen Oberlausitzkreises illustriert die Entwicklung<br />

von Siedlungsdichte <strong>und</strong> Erschließungsaufwand in einem ländlichen Kreis. Die<br />

Siedlungsdichte ist hier mit unter 1.000 Einwohnern bereits im Jahr 2001 sehr gering<br />

<strong>und</strong> wird entsprechend der Annahmen der Modellrechnungen bis 2020 infolge<br />

eines weiteren Bevölkerungsrückgangs von 24 % auch weiter in ebendiesem Umfang<br />

abnehmen. Gleichzeitig erfolgte zwischen den Jahren 2001 <strong>und</strong> 2004 eine<br />

überdurchschnittliche Ausweitung des Kanalnetzes um 17,3 % (sachsenweit 9,3 %)<br />

57 Daten zur Zahl der Einwohner mit Anschluss an die Kanalisation <strong>und</strong> zum Anschlussgrad<br />

an die Kanalisation in % basieren auf der Statistik zu Öffentlicher Wasserversorgung<br />

<strong>und</strong> Abwasserbeseitigung im Freistaat Sachsen (STATISTISCHES LANDESAMT SACH-<br />

SEN 2001, 30). Die Daten zur Öffentlichen Kanalisation in 2004 wurden als Sonderauswertung<br />

des Statistischen Landesamts Sachsen bezogen. Daten zu den Einwohnerzahlen<br />

stammen aus den Statistischen Jahrbüchern Sachsen des Statistischen Landesamts<br />

des Freistaates Sachsen. Bei Gegenrechnung der Daten ergeben sich geringfügige Ungenauigkeiten<br />

von maximal 4 %.<br />

58 Bereits im Zeitraum von 1990 bis 2001 hat die kreisfreie Stadt Hoyerswerda knapp 30 %<br />

ihrer Einwohner verloren (STATISTISCHES LANDESAMT SACHSEN 2007).


208 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

sowie eine überdurchschnittliche Erhöhung des Anschlussgrads um 6,3 % (sachsenweit<br />

2,4 %). Die Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands um 45 %<br />

resultiert in diesem ländlichen Kreis damit gleichermaßen aus einem Bevölkerungsrückgang<br />

sowie einem weiteren Anschluss peripherer Siedlungsteile mit einem vergleichsweise<br />

hohen Erschließungsaufwand an das zentrale Kanalnetz.<br />

Tabelle 52: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation<br />

im Niederschlesischen Oberlausitzkreis 57<br />

Niederschlesischer<br />

Oberlausitzkreis<br />

2001 2004 2020<br />

Veränderung<br />

2001-2020 in %<br />

Einwohner 103.469 98.391 78.600 -24,0<br />

Siedlungsdichte in Einwohner je km² 920 862 699 -24,0<br />

Einwohner mit Anschluss an Kanalisation 72.744 73.466 58.714 -19,3<br />

Anschlussgrad in % 70,3 74,7 74,7 6,3<br />

Kanalnetz gesamt in km 806,4 945,70 945,70 17,3<br />

Kanallänge je angeschlossenem Einwohner<br />

in m<br />

11,1 12,9 16,1 45,0<br />

Entwicklung des Erschließungsaufwands auf der Quartiersebene<br />

Der Zusammenhang zwischen einem Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgang <strong>und</strong> einer<br />

Zunahme des spezifischen Erschließungsaufwands zeigt sich in weit stärkerem Umfang<br />

auf der Quartiersebene, wo zum Teil bereits ein Bevölkerungsrückgang von<br />

50 % oder bei gezieltem Leerzug sogar bis zu 70 % zu verzeichnen ist (zur Einwohnerentwicklung<br />

in schrumpfenden Städten s. Kapitel 4.1.2).<br />

Abbildung 69: Spezifische Leitungslängen <strong>für</strong> Abwasser in Abhängigkeit von<br />

Bebauungsdichte <strong>und</strong> Wohnungsleerstand (SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 88)<br />

spezifische Leitungslänge<br />

(m/EW)<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbebauung (EFH) Mehrfamilienhausbebauung (MFH)<br />

0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2<br />

Vollbelegung des Wohnungsbestandes<br />

Geschossflächenzahl<br />

mittlerer Wohnungsleerstand in den neuen B<strong>und</strong>esländern, 2000 (MFH ca. 12-25%, EFH 7-15%)<br />

angenommene extreme Leerstandssituation (MFH 50%; EFH 20%)<br />

SCHILLER <strong>und</strong> SIEDENTOP (2005, 87f.) zeigen, dass bei einem Leerstand von 50 %<br />

im Geschosswohnungsbau eine spezifische Leitungslänge der Abwasserentsorgung


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 209<br />

von etwa 2,3 m pro Kopf erreicht wird, wie sie bei Vollbelegung nur im moderat verdichteten<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbau festgestellt werden kann (s. Abbildung 69).<br />

In Ostdeutland vollziehen sich Rückgänge der Einwohnerdichten vor allem im verdichteten<br />

Geschosswohnungsbau industrieller Bauweise. Damit geht die Infrastruktureffizienz<br />

in diesem besonders gut zu ver- <strong>und</strong> entsorgenden Stadtstrukturtyp verloren<br />

(SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 88). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> zeigt Abbildung 70<br />

die Modellierung des Infrastrukturaufwands in einem typischen Gebiet des industriellen<br />

Wohnungsbaus in Plattenbauweise bei verschiedenen Stadtumbaustrategien.<br />

Der Infrastrukturaufwand wird operationalisiert als Meter Trinkwasserleitung je<br />

Einwohner <strong>für</strong> die innere Erschließung. 59<br />

Als Ausgangssituation wird ein 16 ha großes Plattenbaugebiet mit einer Geschossflächendichte<br />

von 1,5 <strong>und</strong> (bei einer durchschnittlichen Wohnfläche je Einwohner<br />

von 29,4 m²) mit einer Einwohnerzahl von 6.531 Einwohnern angenommen. Der<br />

spezifische Erschließungsaufwand beträgt hier 0,96 m je Einwohner. Die Varianten<br />

der Stadtumbaustrategien basieren auf den in Kapitel 4.2 dargestellten Leitbildansätzen<br />

des Stadtumbaus <strong>für</strong> schrumpfende Städte. 60<br />

Abbildung 70: Modellierung des Infrastrukturaufwands eines Plattenbaugebiets bei<br />

Bevölkerungsrückgang um 50 % (Eigene Berechnung auf der Gr<strong>und</strong>lage von Daten<br />

von BUCHERT et al. 2004, vgl. auch WESTPHAL 2006, 65)<br />

Ausgangssituation<br />

6.531 Einwohner<br />

16 ha<br />

Leitung TW: 6.240 m<br />

EW je ha: 408<br />

m je EW: 0,96<br />

Aufwand: 100%<br />

Kontraktion<br />

8 ha<br />

Leitung TW: 3.120 m<br />

EW je ha: 408<br />

m je EW: 0,96<br />

Aufwand: 100%<br />

Bevölkerungsrückgang 50%<br />

3.265 Einwohner<br />

Perforation<br />

16 ha<br />

Leitung TW: 6.240 m<br />

EW je ha: 204<br />

m je EW: 1,91<br />

Aufwand: 200%<br />

Dispersion<br />

24 ha<br />

Leitung TW: 8.820 m<br />

EW je ha: 136<br />

m je EW: 2,7<br />

Aufwand: 283%<br />

59 Die Modellierung basiert auf Daten von BUCHERT et al. (2004, 40), die charakteristische<br />

Netzlängen des Straßen-, Trinkwasser- <strong>und</strong> Abwassernetzes von Bebauungsleittypen<br />

bezogen auf den m² Geschossfläche verwenden, um die stofflichen Aufwendungen der<br />

inneren Wohngebietserschließung zu beschreiben. Die Modellierung wird <strong>für</strong> Annahmen<br />

des Gemeindetyps Kernstadt durchgeführt.<br />

60 Das Leitbild der Fragmentierung wird hier nicht berücksichtigt, da es als Leitbild <strong>für</strong> eine<br />

polyzentrale Siedlungsstruktur schwer auf der Quartiersebene dargestellt werden kann<br />

<strong>und</strong> sich auf dieser Ebene im Hinblick auf den Infrastrukturaufwand keine nennenswerten<br />

Unterschiede zur Perforation ergeben, vor allem nicht, wenn Siedlungsfragmente an<br />

den Endsträngen der Netze erhalten bleiben.


210 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Tabelle 53: Gr<strong>und</strong>lagendaten <strong>für</strong> die Modellierung des Infrastrukturaufwands<br />

(Eigene Berechnung nach BUCHERT et al. 2004)<br />

Merkmale Plattenbaugebiet<br />

Einfamilienhausgebiet<br />

(Dispersion)<br />

Datenquelle<br />

Geschossflächendichte 1,5 0,4 BUCHERT et al. 2004, 21, 38<br />

Geschossfläche je ha NWBL 15.000 4.000 Berechnet<br />

m Netzlänge / m² Geschossfläche 0,026<br />

BUCHERT et al. 2004,<br />

0,075<br />

Anh. 1, 20f.<br />

m Netzlänge je ha NWBL 390 300 Berechnet<br />

Wohnfläche je EW 29,4 40 s. Anhang IV<br />

Geschossfläche je EW 36,8 50 Wohnfläche je EW*1,25<br />

Einwohner je ha NWBL 408 80 Berechnet<br />

m Netzlänge je Einwohner 0,96 3,75 Berechnet<br />

Die verschiedenen Varianten der <strong>Schrumpfung</strong> auf Quartiersebene unterscheiden<br />

sich demnach deutlich im Hinblick auf den resultierenden Infrastrukturaufwand:<br />

- Die Variante der Kontraktion steht <strong>für</strong> einen konsequenten Rückbau von den<br />

Netzenden her <strong>und</strong> erlaubt somit, durch einen Rückbau der Netze proportional<br />

zum Einwohnerrückgang, eine Stabilisierung des spezifischen Infrastrukturaufwands.<br />

- Bei einer Perforation der Siedlungsstruktur müssen die Netze bei halbierter Bevölkerung<br />

hingegen vollständig erhalten bleiben, so dass sich der spezifische Infrastrukturaufwand<br />

verdoppelt.<br />

- Zusätzlich zu einem gleichmäßigen Bevölkerungsrückgang über das gesamte<br />

Gebiet wird bei der Variante der Dispersion davon ausgegangen, dass sich ein<br />

Anteil von 20 % der verbleibenden Einwohner in einem nahe gelegenen Einfamilienhausgebiet<br />

ansiedelt. Durch den zusätzlichen Erschließungsaufwand steigt<br />

der spezifische Erschließungsaufwand je Einwohner bei gleichbleibender Einwohnerzahl<br />

von 3.265 auf 283 %. Bei der Annahme, dass neu besiedelte Einfamilienhausgebiete<br />

in weiterer Entfernung vom bestehenden Netz <strong>und</strong> auch in<br />

deutlich geringeren <strong>Dichte</strong>n errichtet werden, kann der spezifische Infrastrukturaufwand<br />

noch deutlich stärker ansteigen.<br />

Exkurs 19 verdeutlicht, dass analog zum steigenden spezifischen Erschließungsaufwand<br />

auch die Materialintensität der Erschließung bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n exponentiell<br />

zunimmt.<br />

Die Modellrechungen <strong>für</strong> die Entwicklung des Erschließungsaufwands der äußeren<br />

<strong>und</strong> inneren Erschließung haben verdeutlicht, dass ungesteuerte <strong>Schrumpfung</strong>s-<br />

<strong>und</strong> Entdichtungsprozesse zu erheblichen Steigerungen des Erschließungsaufwands<br />

führen. Diese können bei sehr starken Bevölkerungsrückgängen <strong>und</strong> Formen<br />

disperser <strong>Schrumpfung</strong> bis zu 72 % auf der Kreisebene <strong>und</strong> sogar bis zu 180 % auf<br />

der Quartiersebene betragen. Zu besonders hohen Steigerungen des Erschließungsaufwands<br />

kommt es gerade auf der Quartiersebene in den Fällen, in denen<br />

zusätzlich zu einer gleichmäßigen Ausdünnung der Siedlungsstruktur noch weitere<br />

Baugebiete in Anspruch genommen werden, <strong>für</strong> die eine stadttechnische Erschließung<br />

erforderlich wird. Da sich, aufgr<strong>und</strong> des langfristigen Erhaltungsaufwands der<br />

stadttechnischen Infrastruktur, die heutige siedlungsstrukturelle Steuerung des<br />

Stadtumbaus langfristig auswirken wird, sollte im Zuge von Stadtumbaumaßnahmen<br />

eine Begrenzung des Infrastrukturaufwands berücksichtigt werden.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 211<br />

Exkurs 19: Steigerung des spezifischen Materialaufwands bei <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

Analog zum steigenden spezifischen Erschließungsaufwand bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n steigt<br />

auch der spezifische Materialstrom, wie Abbildung 71 zeigt. In der Mehrfamilienhausbebauung<br />

(GFD 0,6-2,0) würde sich, bei einem angenommen extremen Leerstand von 50 %, der<br />

spezifische Materialstrom der Erschließung durch Straßen <strong>und</strong> Rohrleitungen je Einwohner<br />

verdoppeln. In der Einfamilienhausbebauung steigt die spezifische Baustoffmasse bei einem<br />

angenommenen geringeren Leerstand von 20 % relativ um 25 % an, absolut werden jedoch<br />

gerade in Bereichen sehr geringer <strong>Dichte</strong>n Steigerungen um bis zu 40 t je Einwohner erreicht.<br />

Abbildung 71: Anstieg des spezifischen Stofflagers der Erschließung je Einwohner bei<br />

Rückgang der Einwohnerdichten (Eigene Berechnungen nach Daten von SCHILLER<br />

2002, 26)<br />

t je Einwohner<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Vollbelegung Leerstand extrem (EFH 20%; MFH 50%)<br />

0<br />

0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />

EFH MFH<br />

Geschossflächendichte (GFD)<br />

Die Auswirkungen der Entdichtung auf die Stoffintensität der Erschließung sind vor allem<br />

deshalb von Bedeutung, weil der höchste Anteil der <strong>für</strong> die Infrastruktur verbauten Stoffe<br />

nicht <strong>für</strong> die Neuerschließung verwendet wird, sondern <strong>für</strong> die Instandhaltung.<br />

Bei der Entwicklung von Szenarien der Inanspruchnahme von Rohstoffen <strong>für</strong> das Bauen <strong>und</strong><br />

Wohnen in Deutschland bis 2025 konnte festgestellt werden, dass auch bei einem konsequent<br />

nachhaltigen Bauen <strong>und</strong> Wohnen noch ein erheblicher Rohstoffaufwand <strong>für</strong> die Erhaltung<br />

bereits bestehender Infrastruktur erforderlich ist. Dieser Aufwand kann auch gegenüber<br />

einem auf Trendfortschreibung basierenden Referenzszenario nicht reduziert werden. Während<br />

der Materialaufwand <strong>für</strong> den Neubau von Gebäuden im Nachhaltigkeitsszenario deutlich<br />

reduziert werden kann, steigt gleichzeitig der Materialaufwand zur Erhaltung der Infrastruktur<br />

von 45 % im Basisjahr auf nahezu 60 % im Jahr 2025 (SCHILLER 2007, 406). So ist<br />

der Materialaufwand <strong>für</strong> die zukünftige Instandhaltung der stadttechnischen Infrastruktur<br />

bereits in der heutigen Siedlungsstruktur festgeschrieben <strong>und</strong> wirkt weit in die Zukunft fort<br />

(BUCHERT et al. 2004, 116f.).<br />

8.3 Beeinträchtigung der technischen Funktionsfähigkeit<br />

Für den Betrieb von stadttechnischen Infrastrukturen ist zu unterscheiden zwischen<br />

Normalbetrieb, Betrieb bei Unterauslastung <strong>und</strong> Betrieb bei Überlastung. Führen<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse zu einer dauerhaften Unterauslastung, wird die technische<br />

Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur eingeschränkt.


212 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Dabei sind zwei Stufen der Unterauslastung zu unterscheiden:<br />

- Die erste Stufe, nach dem Erreichen einer ersten Funktionsschwelle, beschreibt<br />

einen Zustand, bei dem es zu Qualitätseinbußen <strong>und</strong> Funktionseinschränkungen<br />

kommt, die betriebstechnische Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit<br />

erfordern.<br />

- Bei einer zweiten Stufe der Unterauslastung, nach Erreichen einer 2. Funktionsschwelle,<br />

ist die Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Systeme soweit eingeschränkt,<br />

dass bauliche Maßnahmen <strong>und</strong> somit Investitionen erforderlich werden,<br />

um einen kompletten Funktionsausfall zu vermeiden (HERZ et al. 2002, 52; KOZI-<br />

OL, WALTHER 2006, 261; SIEDENTOP et al. 2006, 113).<br />

Die Funktionsfähigkeit von Trinkwasser- sowie Abwassernetzen ist vor allem von<br />

der Einwohnerdichte abhängig. Sinkt das Aufkommen von Trink- <strong>und</strong> Abwasser in<br />

den Netzen aufgr<strong>und</strong> von Verbrauchsrückgängen, reduziert sich die Fließgeschwindigkeit.<br />

- Bei Trinkwasser besteht dann aufgr<strong>und</strong> der längeren Verweildauer in den Netzen<br />

die Gefahr der Wiederverkeimung. Durch betriebstechnische Maßnahmen<br />

wie Nachchlorung in kritischen Bereichen, Druckstufenänderung <strong>und</strong> Rohrnetzspülungen<br />

kann die Funktionsfähigkeit aufrechterhalten werden. Eine 2. Funktionsschwelle,<br />

gleichbedeutend mit einem vollständigen Funktionsverlust, besteht<br />

nach aktuellen Erkenntnissen bei der Trinkwasserversorgung nicht (SIEDENTOP et<br />

al. 2006, 114). Ein Rückbau dauerhaft stillgelegter Netze ist hier allerdings sinnvoll.<br />

61<br />

- Bei Abwassernetzen kann es zu Ablagerungen, Geruchsbildung <strong>und</strong> Korrosion<br />

kommen. Rückgänge der Auslastung von Kläranlagen können ebenso zu Funktionsbeeinträchtigungen<br />

führen. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen sind<br />

häufigere Kanalreinigungen mögliche betriebstechnische Maßnahmen bei der<br />

Schmutzwasserentsorgung. Bauliche Maßnahmen mit hohem Investitionsaufwand<br />

umfassen vor allem die Querschnittsreduzierungen von Leitungen (FREU-<br />

DENBERG, KOZIOL 2003, 62; HERZ et al. 2002, 52; MARSCHKE 2004, 80).<br />

Bei der Fernwärmeversorgung steigen bei verringerter Wärmeabnahme die<br />

Transportwärmeverluste <strong>und</strong> es reduziert sich der Wirkungsgrad. Bei Dampfnetzen<br />

besteht bei zu geringer Wärmeabnahme die Gefahr eines vollständigen Funktionsverlusts<br />

(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 60). Bei der Fernwärmeversorgung ist bei<br />

geringeren Verbrauchsrückgängen zunächst eine Anpassung der Betriebsweise<br />

möglich, z. B. durch eine Absenkung der Vorlauftemperatur. Die 2. Funktionsschwelle<br />

mit der Erforderlichkeit baulicher Anpassungsmaßnahmen wird lediglich<br />

bei dampfbetriebenen Netzen erreicht (SIEDENTOP et al. 2006, 114). Eine Reduzierung<br />

von 4- auf 2-Leiter-Systeme, ein Umbau von Dampf- zu Heißwassernetzen,<br />

eine Umstellung von Indirekteinspeisung (mit Primär- <strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>ärnetzen) auf Direkteinspeisung<br />

(nur Primärnetze) sowie ein Rückbau von Wärmeübergabestationen<br />

sind mögliche bauliche Anpassungsmaßnahmen (FREUDENBERG, KOZIOL 2003,<br />

62; Herz et al. 2002, 52; MARSCHKE 2004, 80).<br />

Bei baulichen Anpassungsmaßnahmen ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese<br />

nicht flexibel <strong>und</strong> parallel zu Bevölkerungs- <strong>und</strong> Verbrauchsrückgängen erfolgen<br />

können. Bedingt durch die hohen Investitionskosten, Mindestgrößen von Anlagen-<br />

61<br />

Tel. Auskunft von Jörg Walther, Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadttechnik der BTU Cottbus am<br />

09.07.07.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 213<br />

modulen sowie zusammenhängende Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsgebiete mit Versorgungspflicht<br />

können diese nur in Schritten oder Stufen durchgeführt werden (HERZ<br />

et al. 2005, 10; TIETZ 2006, 167). Auch ist ein Rückbau von Netzen <strong>und</strong> Erzeugungsanlagen<br />

erst dann möglich, wenn <strong>für</strong> verbleibende Aufgaben Ersatzlösungen<br />

gef<strong>und</strong>en wurden (TIETZ 2006, 167).<br />

Eine eindeutige quantitative Abgrenzung der Funktionsschwellen ist meist nicht<br />

möglich, da die Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Systeme, neben dem Grad<br />

der Auslastung, von weiteren Faktoren abhängt, wie z. B. der Art der Netzstruktur<br />

oder dem Gefälle der Leitungen. Zudem werden die Funktionsschwellen bei den<br />

einzelnen Medien bei unterschiedlichen Graden der Unterauslastung erreicht. Aufgr<strong>und</strong><br />

der Komplexität des Zusammenspiels verschiedener Faktoren bei den Auswirkungen<br />

von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen auf die stadttechnische Infrastruktur konnten<br />

bisher nicht <strong>für</strong> alle Medien eindeutige Funktionsschwellen bestimmt werden.<br />

Schwellen des Funktionsverlusts, die einen Umbau der Netze erforderlich werden<br />

lassen, sind vor allem bei der Schmutzwasserentsorgung von Bedeutung. In diesem<br />

Bereich stellt eine Auslastung von um die 50 % gegenüber dem Bemessungswert<br />

die Grenze <strong>für</strong> einen ablagerungsfreien Betrieb dar. Bei Unterschreitung einer Auslastung<br />

von 30 % in Bezug zum Bemessungswert droht ein vollständiger Funktionsverlust<br />

(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 59; KOZIOL, WALTHER 2002, 36). 62<br />

Tabelle 54: Funktionsschwellen, betriebstechnische <strong>und</strong> bauliche Anpassungsmaßnahmen<br />

bei Unterauslastung der stadttechnischen Infrastruktur (FREUDENBERG, KOZIOL<br />

2003, 61ff.; HERZ et al. 2002, 52f.; KOZIOL, WALTHER 2006, 261; LEHRSTUHL STADTBAUWE-<br />

SEN DER TU DRESDEN 2002a, b; MARSCHKE 2004, 80; SIEDENTOP et al. 2006, 113f.)<br />

Medien<br />

Schmutzwasser<br />

Trink-<br />

wasser<br />

Fernwärme <br />

Funktionsbeeinträchtigungen<br />

Ablagerungen, Geruchsbildung,<br />

Korrosion<br />

Unterauslastung der<br />

Kläranlagen<br />

Hygienische <strong>und</strong> korrosive<br />

Probleme durch<br />

lange Verweilzeiten in<br />

den Leitungen<br />

Steigende Transportwärmeverluste<br />

Sinkende Wirkungsgrade<br />

Hydraulische Probleme<br />

Stillstandskorrosion<br />

1. Funktionsschwelle 2. Funktionsschwelle<br />

Betriebstechnische<br />

Maßnahmen<br />

Nutriox bei Geruchsbelästigung<br />

Kanalreinigung<br />

Abschlagen von<br />

Trinkwasser in die<br />

Vorflut<br />

Nachchlorung in<br />

kritischen Bereichen<br />

Druckstufenänderung<br />

Rohrnetzspülungen<br />

Anpassung / Absenkung<br />

der Vorlauftemperatur<br />

bei Unterauslastung<br />

von<br />

50-70 %<br />

Umbau,<br />

Anpassung<br />

Querschnittsreduzierungen<br />

Spülschächte<br />

≈ 15 % Keine<br />

≈ 10 %<br />

bei Unterauslastung<br />

von<br />

70 %<br />

Nur bei Dampfnetzen:<br />

Umstellung von 4- auf 2-<br />

Leitersysteme<br />

Umbau von Dampf- zu Heißwassernetzen<br />

Umstellung auf Primärnetz/Primärparameter(Direkteinspeisung)<br />

Anpassung Wärmeübergabestationen<br />

62 Diese Werte wurden auf der Gr<strong>und</strong>lage von theoretischen Annahmen ermittelt <strong>und</strong> gelten<br />

nur <strong>für</strong> Leitungen, die im Mindestgefälle verlegt wurden. Ebenso wurden tageszeitlichen<br />

Schwankungen des Abwasseranfalls nicht berücksichtigt (Auskunft von Jörg Walther<br />

vom 16.07.07).


214 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Für die Trinkwasserversorgung werden betriebstechnische Maßnahmen ab einer<br />

Minderauslastung von 15% angenommen, basierend auf einer nicht repräsentativen<br />

Umfrage von Versorgungsunternehmen (LEHRSTUHL STADTBAUWESEN DER TU<br />

DRESDEN 2002). Bei der Fernwärmeversorgung sind Wirtschaftlichkeitsschwellen<br />

von größerer Bedeutung als Schwellen der technischen Funktionsfähigkeit. Ab einem<br />

Verbrauchsrückgang von 10 % können betriebstechnische Maßnahmen erforderlich<br />

werden (LEHRSTUHL FÜR STADTBAUWESEN DER TU DRESDEN 2002).<br />

Schwellen des Funktionsverlusts, die einen Umbau der Netze erforderlich werden<br />

lassen, sind vor allem bei der Schmutzwasserentsorgung von Bedeutung. In diesem<br />

Bereich stellt eine Auslastung von um die 50 % gegenüber dem Bemessungswert<br />

die Grenze <strong>für</strong> einen ablagerungsfreien Betrieb dar. Bei Unterschreitung einer Auslastung<br />

von 30 % in Bezug zum Bemessungswert droht ein vollständiger Funktionsverlust<br />

(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 59; KOZIOL, WALTHER 2002, 36).<br />

Tabelle 54 fasst Maßnahmen <strong>und</strong> angenommene Funktionsschwellen zusammen.<br />

Der folgende Exkurs zeigt beispielhaft, wie sich die Funktionsbeeinträchtigung infolge<br />

von Bevölkerungs-, <strong>Dichte</strong>- <strong>und</strong> Verbrauchsrückgängen in von <strong>Schrumpfung</strong> betroffenen<br />

Städten auf die stadttechnische Infrastruktur bereits ausgewirkt haben.<br />

Exkurs 20: Funktionsbeeinträchtigungen der stadttechnischen Infrastruktur am Beispiel<br />

der Stadt Cottbus<br />

In den Plattenbaugebieten der Stadt Cottbus hat sich der Fernwärmeabsatz auf ca. 40 %<br />

des Wertes von vor 1989 reduziert, Trinkwasserbedarf <strong>und</strong> Abwasseranfall sind auf etwa<br />

50 % gegenüber der Bemessungsmenge zurückgegangen (KOZIOL, WALTHER 2002, 4). Diese<br />

Rückgänge führen zu Funktionsbeeinträchtigungen, die betriebstechnische Maßnahmen<br />

erforderlich machen.<br />

Bei der Abwasserentsorgung kommt es zu Geruchsbelästigungen <strong>und</strong> steigenden Betriebskosten<br />

<strong>für</strong> die Kanalreinigung als Folge eines Rückgangs des Schmutzwasseranfalls <strong>und</strong><br />

den damit verb<strong>und</strong>enen erhöhten Ablagerungen (EFFNERT 2005; KOZIOL, WALTHER 2002,<br />

18). Auch erste Umbaumaßnahmen werden erforderlich, wie z. B. die Stilllegung einzelner<br />

Leitungen. Unklar sind jedoch die Auswirkungen auf das Gesamtnetz (EFFNERT 2005). Aufgr<strong>und</strong><br />

des Rückgangs der Nachfrage nach Trinkwasser erfolgen zum Teil Spülungen <strong>und</strong><br />

vereinzelt auch Sicherheitschlorungen, um die hygienische Qualität der Trinkwasserversorgung<br />

zu gewährleisten (KOZIOL, WALTHER 2002, 16).<br />

Ebenso sind in einigen Cottbusser Stadtteilen technische Probleme der mit Dampfnetzen<br />

betriebenen Fernwärmeversorgung aufgetreten. Eine Umrüstung in Heißwassernetze ist laut<br />

Aussagen der Fernwärmeversorgung Cottbus GmbH der Stadtwerke nicht zu finanzieren.<br />

Ebenso ergebe sich kaum Spielraum zur Erhöhung des Wärmepreises von 50 € je MWh<br />

(KOZIOL, WALTHER 2002, 20).<br />

8.4 Kostensteigerungen in Folge von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

Disperse Stadtstrukturen – wie sie häufig im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Stadtumbauprozessen<br />

entstehen – führen mittel- bis langfristig zu hohen Folgekosten <strong>für</strong><br />

die Bereitstellung <strong>und</strong> den Betrieb der stadttechnischen Infrastruktur. Der Umfang<br />

der Kostensteigerung wird wesentlich von der Entwicklung der <strong>Dichte</strong>n bestimmt.<br />

Schätzungen gehen davon aus, dass in etwa ein Drittel der stadttechnischen Folgekosten<br />

vermieden werden können, wenn beim Stadtumbau auf höhere <strong>Dichte</strong>n, optimale<br />

Standorte <strong>und</strong> eine räumliche Bündelung der Bautätigkeit geachtet wird<br />

(SPRINGER 2005). Besonders hoch fällt die Kostensteigerung hingegen dann aus,<br />

wenn Bevölkerungsrückgang <strong>und</strong> disperse Neubautätigkeit zusammentreffen.<br />

(JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 90).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 215<br />

Neben der <strong>Dichte</strong> sind vor allem die Höhe vorangegangener Investitionen in das<br />

Leitungsnetz <strong>und</strong> bisherige Abschreibungen <strong>für</strong> den Umfang der Steigerung der Pro-<br />

Kopf-Kosten verantwortlich (INTERVIEW 2; TIETZ 2006, 157). Weiterhin hängt die<br />

Entwicklung der Infrastrukturkosten wesentlich von den Investitionsstrategien der<br />

Unternehmen ab. Besonders hohe Kosten <strong>und</strong> Preise liegen bei Unternehmen vor,<br />

die vor Beginn der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse umfangreich in die Erneuerung der Netze<br />

<strong>und</strong> Anlagen investiert haben, so dass die bestehenden Systeme zu großen Teilen<br />

noch nicht abgeschrieben sind (INTERVIEWS 3; 4; 5). Ferner werden die Kosten<br />

bestimmt durch die Erschließungsform (z. B. hoher Aufwand bei kellerverlegten Leitungen),<br />

technische Voraussetzungen (z. B. Freispiegel- oder Druckleitungen, Einhaltungen<br />

des Mindestgefälles), geologische Verhältnisse <strong>und</strong> juristische Regelungen<br />

(z. B. der ‚Allgemeinen Bedingungen <strong>für</strong> die Versorgung’ (AVB)) (INTERVIEWS 2,<br />

3, 7; SPRINGER 2005).<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sbedingte Kostenerhöhungen werden bisher vor allem näherungsweise<br />

anhand von Modellen oder exemplarischen Untersuchungen bestimmt, da bisher<br />

nur begrenzt unternehmensinterne Daten oder Erhebungen vorliegen (KOZIOL, WAL-<br />

THER 2006, 262). Gerade in Bezug auf die Bereitstellung von Kostendaten zeigen<br />

Gemeinden <strong>und</strong> Entsorger bisher eine geringe Kooperationsbereitschaft (JENSSEN,<br />

KARAKOYUN 2005, 38). Laut Aussagen der Unternehmen fehlen bisher entsprechende<br />

Erkenntnisse zur zukünftigen Kostenentwicklung im Zuge des Stadtumbaus<br />

(INTERVIEW 1).<br />

Im Einzelnen sind folgende Effekte der Kostensteigerungen im Zuge von schrumpfungsbedingten<br />

<strong>Dichte</strong>rückgängen zu unterscheiden:<br />

- Infolge reduzierter Nutzerzahlen werden verbleibende Fixkosten auf die immer<br />

geringer werdende Zahl der verbleibenden Nutzer verteilt, so dass die spezifischen<br />

Kosten je Nutzer steigen. Man spricht hierbei von Kostenremanenzen<br />

(Kapitel 8.4.1).<br />

- Direkte Folgekosten von Stadtumbaumaßnahmen sind Kosten <strong>für</strong> betriebstechnische<br />

Maßnahmen, investive Kosten <strong>für</strong> Stilllegung, Rückbau <strong>und</strong> Netzanpassung<br />

sowie Buchwertverluste (Kapitel 8.4.2).<br />

- Die Summe der beschriebenen Kostenarten bilden die Gesamtfolgekosten von<br />

Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen. Die Kostensteigerungen im Zuge von<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen unterscheiden sich je nach der räumlichen Verteilung<br />

<strong>und</strong> Steuerung der Leerstandsentwicklung <strong>und</strong> der Verteilung des Rückbaus<br />

(Kapitel 8.4.3).<br />

8.4.1 Kostenremanenzen<br />

Im Zuge von Rückgängen der Einwohnerzahl <strong>und</strong> -dichte sind die Netze <strong>und</strong> Anlagen<br />

der stadttechnischen Infrastruktur an ehemals verdichteten Standorten immer<br />

weniger ausgelastet. Im Falle disperser Siedlungsentwicklung kommt ein zusätzlicher<br />

Erschließungsaufwand <strong>für</strong> die ins Umland gezogenen K<strong>und</strong>en hinzu. Im Verlauf<br />

dieses Prozesses steigen die Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

pro Kopf, da der hohe Anteil der Fixkosten (60-80 %) keine nachfrageproportionale<br />

Kostenreduktion erlaubt <strong>und</strong> demzufolge verbleibende Fixkosten auf immer weniger<br />

Nutzer verteilt werden (HERZ 2004, 17; SIEDENTOP et al. 2006, 13). Man spricht bei<br />

diesem Effekt von Kostenremanenzen.<br />

Vielfach wird davon ausgegangen, dass die Pro-Kopf-Kosten proportional zum Bevölkerungsrückgang<br />

<strong>und</strong> damit zum Rückgang der Einwohnerdichten steigen (HERZ


216 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

et al. 2002, 51; SIEDENTOP et al. 2006, 13; SPRINGER 2005), zum Teil wird von einem<br />

exponentiellen Kostenanstieg bei sinkenden Siedlungsdichten ausgegangen<br />

(HERZ 2004, 17).<br />

Ob der Anstieg der Pro-Kopf-Kosten bei einem Rückgang der Bevölkerungszahl <strong>und</strong><br />

-dichte eher linear oder exponentiell verläuft, hängt dabei vom Umfang des bisherigen<br />

Bevölkerungsrückgangs ab, wie Abbildung 72 verdeutlicht. Dargestellt wird der<br />

modellhafte Verlauf der Gesamtkosten sowie der Pro-Kopf-Kosten bei Bevölkerungsrückgang<br />

ausgehend von einem Fixkostenanteil von 70 %. Aus Gründen der<br />

Darstellbarkeit sind die beiden y-Achsen unterschiedlich skaliert:<br />

- Die prozentuale Entwicklung der Gesamtkosten ist von 0 bis 100 % skaliert,<br />

- der prozentuale Anstieg der einwohnerspezifischen Fixkosten von 0 bis 700 %.<br />

Im Zuge des Bevölkerungsrückgangs reduzieren sich die Gesamtkosten aufgr<strong>und</strong><br />

des hohen Fixkostenanteils von 70 % nur geringfügig, um 3 % je 10 % Bevölkerungsrückgang.<br />

Der prozentuale Anstieg der Pro-Kopf-Kosten verläuft zunächst linear<br />

<strong>und</strong> geht bei höheren Bevölkerungsrückgängen in einen exponentiellen Verlauf<br />

über. So erfolgt bis zu einem Bevölkerungsrückgang von 60 % in etwa eine Verdoppelung<br />

der einwohnerspezifischen Kosten, mit einer linearen Steigungsrate um ca.<br />

1,7. Danach steigt der Fixkostenanteil je Einwohner exponentiell an, so dass die<br />

prozentuale Steigerung der Pro-Kopf-Kosten bei einem Bevölkerungsrückgang von<br />

80 % bereits bei knapp 300 % liegt <strong>und</strong> bei einem Bevölkerungsrückgang von 90 %<br />

sogar bei 600 %.<br />

Abbildung 72: Modellhafter Verlauf der Gesamtkosten <strong>und</strong> Pro-Kopf-Kosten bei<br />

Bevölkerungsrückgang bei einem Fixkostenanteil von 70 % (Eigene Darstellung)<br />

Gesamtkosten in %<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Gesamtkosten in % Pro-Kopf-Kosten in %<br />

Gesamtkosten<br />

Pro-Kopf-Kosten<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Bevölkerungsrückgang in %<br />

Die beschriebenen Kostenremanenzen machen bisher den Hauptteil der infrastrukturellen<br />

Folgekosten der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse aus, während die schrumpfungsbedingten<br />

Mehrausgaben <strong>für</strong> betriebstechnische <strong>und</strong> investive Maßnahmen nur einen<br />

geringen Anteil ausmachen (KOZIOL, WALTHER 2006, 268).<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

Pro-Kopf-Kosten in %


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 217<br />

8.4.2 Direkte Folgekosten des Stadtumbaus<br />

Die direkten Folgekosten des Stadtumbaus sind zum einen betriebstechnische Kosten,<br />

die durch eine Unterauslastung der stadttechnischen Systeme verursacht werden<br />

<strong>und</strong> zum anderen Kosten investiver Maßnahmen <strong>für</strong> Stilllegung, Rückbau <strong>und</strong><br />

Netzanpassungen. Hinzu kommen Restbuchwertverluste <strong>für</strong> nicht abgeschriebene<br />

Netze.<br />

Betriebstechnische Kosten infolge der Unterauslastung stadttechnischer<br />

Infrastrukturen<br />

Bei Unterauslastung von Netzen werden betriebstechnische Maßnahmen erforderlich.<br />

Diese führen zu zusätzlichen Kosten, z. B. <strong>für</strong> die Spülung von Trinkwasserleitungen<br />

oder <strong>für</strong> einen verstärkten Einsatz von Pumpen. Bisher bewegen sich diese<br />

Kosten im Umfang weniger Prozentpunkte der Gesamtkosten <strong>und</strong> werden daher<br />

noch als vernachlässigbar eingestuft (INTERVIEW 7), zumal sie sich nur in einzelnen<br />

Quartieren auswirken (INTERVIEW 2, SIEDENTOP et al. 2006, 210).<br />

Es ist jedoch davon auszugehen, dass (sofern kein Rückbau erfolgt) die Betriebskosten,<br />

in Zukunft zunehmen werden. So haben sich in der besonders vom Stadtumbau<br />

betroffenen Stadt Frankfurt (Oder) innerhalb von 10 Jahren die Betriebskosten<br />

der Abwasserentsorgung versechsfacht (SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 88).<br />

In Erscheinung treten Betriebskostensteigerungen infolge von Unterauslastung vor<br />

allem in Gebieten mit geringer Siedlungsdichte <strong>und</strong> starkem Bevölkerungsrückgang.<br />

In Gebieten mit hohem Wohnungsleerstand können bei Fortsetzung des Trends<br />

einer polarisierten Raumentwicklung die Betriebskostensteigungen bis 2020 bis zu<br />

einem Drittel betragen <strong>und</strong> damit bis zu 5 % der Gesamtkosten erreichen, wie Modellrechnungen<br />

von SIEDENTOP et al. (2006, 210) <strong>für</strong> die Region Havelland-Fläming<br />

belegen.<br />

Aus Sicht der Unternehmen ist es sinnvoll von Funktionsbeeinträchtigungen betroffene<br />

Leitungsabschnitte so lange wie möglich durch erhöhte Betriebskostenaufwendungen<br />

in ihrer Funktionsfähigkeit aufrecht zu erhalten, um vor möglichen baulichen<br />

Maßnahmen eine größere Klarheit über die langfristige Stabilität von Stadtteilen zu<br />

erlangen (KOZIOL, WALTHER 2002, 33).<br />

Kosten <strong>für</strong> Stilllegung, Rückbau <strong>und</strong> Netzanpassung<br />

Bei den unmittelbaren stadtumbaurelevanten Folgekosten <strong>für</strong> die stadttechnische<br />

Infrastruktur kann unterschieden werden zwischen Kosten <strong>für</strong> Stilllegungen, Kosten<br />

<strong>für</strong> Rückbau <strong>und</strong> Kosten <strong>für</strong> Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsmaßnahmen.<br />

Kosten <strong>für</strong> die dauerhafte Stilllegung beinhalten die Kosten <strong>für</strong> die Trennung vom<br />

Netz, den oberflächigen Rückbau von Komponenten sowie <strong>für</strong> die Verdämmung von<br />

Rohrleitungen (SIEDENTOP et al. 2006, 149). Kosten <strong>für</strong> die Stilllegung belaufen sich<br />

auf 20 € je m Trassenlänge bei Trinkwasser, Schmutzwasser <strong>und</strong> Fernwärme sowie<br />

bei 25 € je m Trassenlänge bei Regenwasser (KOZIOL, WALTHER 2006, 260).<br />

Die Kosten <strong>für</strong> den Rückbau umfassen darüber hinaus die Sicherung von Leitungen<br />

nach Außerbetriebnahme sowie das Ausheben, Verfüllen, Verdichten der Leitungsgräben<br />

<strong>und</strong> die Ergänzung des Aushubmaterials sowie der Rückbau der Leitungen<br />

<strong>und</strong> Komponenten (SIEDENTOP et al. 2006, 149). Bei Anpassung der Netzinfrastruktur<br />

an den Stadtumbau können zusätzlich Kosten <strong>für</strong> die Neuverlegung von<br />

Leitungen hinzukommen.


218 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Je nach Medien werden Rückbaukosten von 100 € je m Trasse (Trinkwasser,<br />

Schmutzwasser) bis 180 € je m (Fernwärme) angenommen (SIEDENTOP et al. 2006,<br />

150). Die Energie-Agentur-Sachsen-Anhalt geht <strong>für</strong> Plattenbaugebiete von Rückbaukosten<br />

von 20 € je m² Wohnfläche aus (HERZ et al. 2005, 11). Untersuchungen<br />

des Lehrstuhls Stadtbauwesen der TU Dresden am Beispiel von Dresden <strong>und</strong> Jena<br />

haben Rückbaukosten von 11 bis 15 € je m² Wohnfläche ermittelt. Kosten <strong>für</strong> den<br />

Rückbau oder Neuverlegung im Zuge von Stadtumbaumaßnahmen werden auf 15<br />

bis 25 € je m² Wohnfläche geschätzt (KOZIOL 2004, 79). KOZIOL, WALTHER (2002,<br />

50) ermittelten am Beispiel von Cottbus Kosten <strong>für</strong> die Anpassung der Stadttechnik<br />

im Stadtumbau von 25 bis 28 € je m² Wohnfläche als Summe der Kosten <strong>für</strong> Stilllegung,<br />

Rückbau <strong>und</strong> Anpassung (s. Tabelle 55).<br />

Tabelle 55: Kosten des Stadtumbaus <strong>für</strong> die Stadttechnik<br />

(Eigene Darstellung nach HERZ et al. 2005, 11; KOZIOL 2004, 79;<br />

KOZIOL, WALTHER 2002, 50, SIEDENTOP et al. 2006, 148ff.)<br />

Kostenart je m² Wohnfläche je m Trassenlänge<br />

Kosten <strong>für</strong> Stilllegung 20-25 €<br />

Kosten <strong>für</strong> Rückbau<br />

<strong>und</strong> Netzanpassung<br />

11-28 €<br />

100-180 €<br />

Gerade bei Kosten <strong>für</strong> Umbau <strong>und</strong> Anpassung von Netzen bestehen bisher Schwierigkeiten<br />

diese direkt dem durch den Bevölkerungsrückgang verursachten Stadtumbau<br />

zuzuordnen, da Umbau <strong>und</strong> Anpassung häufig im Zuge anderen Ersatz- oder<br />

Erneuerungsinvestitionen durchgeführt werden (INTERVIEW 1). Für die Zukunft ist<br />

allerdings von deutlich steigenden Umbaukosten auszugehen, wenn mit zunehmendem<br />

Fortgang des Einwohner- <strong>und</strong> Verbrauchsrückgangs auch Anpassungen an<br />

zentralen Einrichtungen wie Hauptsammlern, Pumpwerken <strong>und</strong> Kläranlagen sowie<br />

an Hauptverteilleitungen, Wasserwerken <strong>und</strong> Wärmeerzeugungsanlagen erforderlich<br />

werden. Wird infolge von Nachfragerückgängen eine komplette bauliche Erneuerung<br />

der Leitungen erforderlich, entstehen Sprungkosten, indem es zu einem Anstieg<br />

der Kapitalkosten um 100 % kommt. Diese Effekte treten allerdings nur <strong>für</strong><br />

einzelne Teile des Netzes auf <strong>und</strong> wirken sich bezogen auf das gesamte Quartiersnetz<br />

oder auch das gesamtstädtische Netz geringer aus (KOZIOL, WALTHER 2006,<br />

262). Aus Sicht der Stadttechnik ist also bei fortschreitendem Stadtumbau mit steigenden<br />

Kosten zu rechnen (KOZIOL, WALTHER 2002, 50).<br />

Ein hoher Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsbedarf ergibt sich vor allem in den Plattenbausiedlungen<br />

mit einem hohen Anteil an Versorgungsleitungen in den Gebäudekellern<br />

(LINDNER, BUHTZ 2006, 17). Der Umfang der Umbau- <strong>und</strong> Anpassungskosten hängt<br />

dabei maßgeblich von der gewählten Stadtumbaustrategie ab, wie auch Kapitel<br />

8.4.3 zu den Gesamtfolgekosten von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen <strong>für</strong> die<br />

Stadttechnik zeigt.<br />

Restbuchwertverluste<br />

Auch <strong>für</strong> die Restbuchwertverluste infolge einer vorzeitigen Abschreibung von Anlagen<br />

bei Stilllegung werden unterschiedliche Kostenwerte genannt. Die Energie-<br />

Agentur-Sachsen-Anhalt geht auch <strong>für</strong> die Restbuchwertverluste von 20 € je m²<br />

Wohnfläche aus (HERZ et al. 2005, 11). Auf der Basis von Untersuchungen in Dresden<br />

<strong>und</strong> Jena ermittelte der Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadttechnik an der TU Dresden hier geringere<br />

Werte im Umfang von 8 bis 12 € je m² Wohnfläche (Herz et al. 2005, 11f.) (s.<br />

Tabelle 56). Hohe Buchwertverluste treten vor allem dann auf, wenn eine frühzeitige


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 219<br />

Außerbetriebnahme von solchen Netzen <strong>und</strong> Anlagen erfolgt, die nach der Wende<br />

in erheblichem Umfang neu errichtet wurden (SPRINGER 2005). Der Umfang der<br />

Buchwertverluste hängt weiterhin davon ab, wie lange Leitungen noch liegengelassen<br />

<strong>und</strong> abgeschrieben werden können, wenn sie bereits abgetrennt sind (SPRIN-<br />

GER 2005).<br />

Tabelle 56: Restbuchwertverluste (HERZ et al. 2005, 11f.; KOZIOL, WALTHER 2002, 50)<br />

Kostenart je m² Wohnfläche je m Trassenlänge<br />

Restbuchwertverluste 8-20 € 40-210 €<br />

Der folgende Exkurs illustriert am Beispiel des Gebiets Turower Straße in Sachsendorf-Madlow<br />

in Cottbus, wie auf der Quartiersebene die direkten Folgekosten des<br />

Stadtumbaus steigen, wenn – anstelle einer aus Sicht der Stadttechnik sinnvollen<br />

Variante des konzentrierten Rückbaus – eine aus städtebaulicher Sicht bevorzugte<br />

Variante eines punktuellen Rückbaus verfolgt wird.<br />

Exkurs 21: Kostensteigerung durch mangelnde Berücksichtigung der Stadttechnik am<br />

Beispiel des Gebiets Turower Straße in Cottbus<br />

Das Gebiet Sachsendorf-Madlow war ehemals das größte Plattenbaugebiet des Landes<br />

Brandenburg mit 30.000 Einwohnern. Die Einwohnerzahl in diesem Gebiet ist bis 2005 auf<br />

15.000 Einwohner zurückgegangen. Demzufolge ist Sachsendorf-Madlow in Cottbus ein<br />

Schwerpunktgebiet des Stadtumbaus mit einem geplanten Rückbau von 5.000 Wohneinheiten<br />

(EFFNERT 2005).<br />

Eines der Rückbaugebiete ist das Gebiet Turower Straße mit ursprünglich 871 Wohneinheiten<br />

von denen 160 zurückgebaut wurden. Der Rückbau wurde vor allem aus Sicht des Städtebaus<br />

<strong>und</strong> der sozialen Stabilisierung des Quartiers betrieben, die auch zu einer Aufnahme<br />

des Projektes in die Projektdatenbank ‚Gute Beispiele’ der B<strong>und</strong>estransferstelle Stadtumbau<br />

Ost führte. Hervorgehoben werden hier vor allem die ganzheitliche Behandlung aller städtebaulich<br />

relevanten Anforderungen, eine bereite Öffentlichkeitsbeteiligung <strong>und</strong> eine Bündelung<br />

baulicher Maßnahmen mit gezielten Ansätzen zur sozialen Stabilisierung des Quartiers<br />

(BUNDESTRANSFERSTELLE STADTUMBAU OST 2006).<br />

Abbildung 73: Umbauplanung <strong>für</strong> das Gebiet Turower Straße (EFFNERT 2005)<br />

(links Ausgangssituation, rechts Situation nach Stadtumbau)<br />

Als weniger vorteilhaft kann der Rückbau in diesem Gebiet aus Sicht der Stadttechnik beurteilt<br />

werden. Der Rückbau einzelner Gebäudesegmente, in denen Netze <strong>und</strong> Anlagen zur<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung der verbleibenden Bereiche lagen, erforderte umfangreiche Neuverlegungen<br />

von Leitungen <strong>und</strong> Trafostationen, die zu hohen Umbaukosten führten. Die Kosten<br />

<strong>für</strong> die Leitungsverlegungen betrugen insgesamt 284.000 € <strong>für</strong> 120 Wohneinheiten <strong>und</strong> somit<br />

knapp 2.400 € je Wohneinheit (EFFNERT 2005) <strong>und</strong> liegen damit um 40 bis 60 % oberhalb<br />

der <strong>für</strong> Cottbus ermittelten durchschnittlichen Kosten von 1.500 bis 1.700 € je Wohneinheit<br />

<strong>für</strong> Rückbau- <strong>und</strong> Anpassungsmaßnahmen der stadttechnischen Infrastruktur (KOZIOL, WAL-<br />

THER 2002, 53).


220 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

8.4.3 Gesamtfolgekosten von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

Vielfach wurde bereits nachgewiesen, dass disperse Formen von <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong><br />

Rückbau mit deutlich höheren Folgekosten verb<strong>und</strong>en sind, als ein konzentrierter<br />

oder kompakter Rückbau (INTERVIEW 3).<br />

Aufgr<strong>und</strong> unzureichender Datenlage wurden die Infrastrukturfolgekosten des Stadtumbaus<br />

bei Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen vor allem anhand verschiedener<br />

Szenarien <strong>und</strong> Modellrechnungen ermittelt. Dabei werden unterschiedliche mögliche<br />

Pfade der Siedlungsentwicklung zwischen einer dispersen oder verdichteten Siedlungsentwicklung<br />

berücksichtigt. Unterschieden werden kann hierbei zwischen verschiedenen<br />

räumlichen Betrachtungsebenen, d. h. einer Betrachtung der Infrastrukturfolgekosten<br />

auf regionaler, kommunaler <strong>und</strong> Quartiersebene.<br />

Infrastrukturfolgekosten auf regionaler Ebene<br />

Auf der regionalen Ebene untersuchten SIEDENTOP et al. 2006 die Entwicklung der<br />

Infrastrukturfolgekosten bis 2020 in einem Trend- <strong>und</strong> einem Nachhaltigkeitsszenario<br />

(s. Abbildung 74).<br />

Abbildung 74: Einfluss der Veränderung der Siedlungsdichte auf die spezifischen<br />

Kosten <strong>für</strong> die Bereiche Schmutzwasser, Trinkwasser <strong>und</strong> Straße auf Basis eines<br />

Trend- <strong>und</strong> eines Nachhaltigkeitsszenarios (SIEDENTOP et al. 2006, 217)<br />

Veränderung einwohnerspezifischer<br />

Kosten<br />

Veränderung einwohnerspezifischer<br />

Kosten<br />

-30% -25% -20% -15% -10% -5%<br />

Schmutzwasser Trinkwasser Straße<br />

y = -0,8876x + 0,0085<br />

Änderung der Siedlungsdichte<br />

R 2 = 0,9409<br />

y = -1,3946x + 0,0192<br />

Trendszenario<br />

R 2 = 0,8838<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

-10%<br />

-20%<br />

0%<br />

-20% -15% -10% -5% 0% 5% 10% 15%<br />

Änderung der Siedlungsdichte<br />

Schmutzwasser Trinkwasser Straße<br />

Nachhaltigkeitsszenario<br />

Während im Trendszenario die ausgeprägte intraregionale Polarisierung der Bevölkerungs-<br />

<strong>und</strong> Siedlungsentwicklung in die Zukunft fortgeschrieben wird, geht das<br />

Nachhaltigkeitsszenario von einer eher ausgeglichenen Bevölkerungs- <strong>und</strong> Sied-<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

-10%<br />

-20%


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 221<br />

lungsentwicklung aus. Wesentliche Elemente dieses Nachhaltigkeitsszenarios sind<br />

(SIEDENTOP et al. 2006, 171ff.):<br />

- eine begrenzte Flächeninanspruchnahme <strong>für</strong> Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrszwecke,<br />

- eine Stärkung gewachsener Zentren sowie<br />

- die Sicherung einer guten nahräumlichen Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen, Versorgungsstätten<br />

<strong>und</strong> Infrastruktureinrichtungen.<br />

Eine Verfolgung des Nachhaltigkeitsszenarios reduziert die jährlichen infrastrukturellen<br />

Gesamtkosten <strong>für</strong> die stadttechnische Infrastruktur (Schmutzwasser, Regenwasser,<br />

Trinkwasser, Straßen, Fernwärme) um 15 % gegenüber dem Trendszenario<br />

(SIEDENTOP et al. 2006, 206).<br />

Bei einem Vergleich der Veränderung der Pro-Kopf-Kosten in Abhängigkeit der<br />

Entwicklung der Siedlungsdichte <strong>für</strong> beide Szenarien zeigt sich eindeutig, dass mit<br />

rückläufiger Siedlungsdichte die Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung technischer Infrastrukturleistungen<br />

steigen. Bei einem Rückgang der <strong>Dichte</strong> um ein Prozent wird von einem<br />

Kostenanstieg von mindestens einem Prozent ausgegangen. Der Vergleich<br />

des von einer höheren <strong>Dichte</strong> ausgehenden Nachhaltigkeitsszenario mit einem<br />

Steigerungswert 0,9 <strong>und</strong> des von geringeren <strong>Dichte</strong>n ausgehenden Trendszenario<br />

mit einer Steigerungsrate von 1,4 verdeutlicht, dass Bevölkerungsrückgänge in<br />

Siedlungsstrukturen geringer <strong>Dichte</strong> zu höheren Kostensteigerungen führen als in<br />

Strukturen höherer <strong>Dichte</strong>.<br />

Infrastrukturfolgekosten auf kommunaler Ebene<br />

SCHMIDT (2004) modelliert die infrastrukturellen Kosten des Stadtumbaus <strong>für</strong> die<br />

Kommune Johanngeorgenstadt im oberen Westerzgebirge, die mit einem Einwohnerrückgang<br />

von 9.000 Einwohnern im Jahr 1990 auf 6.000 Einwohner im Jahr 2002<br />

besonders von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffen ist. Langfristig wird ein Rückgang<br />

auf 4.000 Einwohner erwartet. Betrachtet werden vier mögliche Varianten der Siedlungsentwicklung:<br />

- Die ‚Status-Quo-Variante’ geht von einer ungesteuerten Leerstandsentwicklung<br />

ohne Rückbau aus.<br />

- Variante 1 ‚Konzentration der Siedlungsgebiete auf stadttechnisch günstigen Korridor’<br />

beinhaltet einen Rückbau von 1.400 Wohneinheiten größtenteils in den<br />

dünn besielten Stadtgebieten außerhalb des als stadttechnisch günstig ermittelten<br />

Korridors.<br />

- Variante 2 ‚Flächiger Rückbau Neustadt / Plattenbaugebiet Pulverturm’ geht von<br />

einem Rückbau von 2.100 Wohneinheiten aus. Zwar erfolgt der Rückbau vor allem<br />

in stadttechnisch günstig erschlossenen Gebieten, jedoch wird der Rückbau<br />

ganzer Netzteile ermöglicht.<br />

- Variante 3 ‚Rückbau nach Studie zur Siedlungs- <strong>und</strong> Freiraumentwicklung’ sieht<br />

einen gestreuten Rückbau von 1.400 Wohneinheiten vor, der eine polyzentrale<br />

Stadtstruktur entstehen lässt <strong>und</strong> ein geringes stadttechnisches Rückbaupotenzial<br />

bietet.<br />

Alle genannten Varianten gehen von einem Komplettrückbau des Fernwärmenetzes<br />

aus. Tabelle 57 stellt die Ergebnisse der Szenarien zusammenfassend dar. Zunächst<br />

wird deutlich, dass unabhängig davon, welche Variante gewählt wird, die<br />

Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung der Stadttechnik steigen werden, in Folge der Verteilung<br />

der verbleibenden Fixkosten auf immer weniger Nutzer. Allerdings unterscheiden<br />

sich die Varianten im Umfang der prognostizierten Kostensteigerungen:


222 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

- Der Kostenanstieg kann dann vergleichsweise gering gehalten werden, wenn ein<br />

umfangreicher Rückbau der stadttechnischen Infrastruktur möglich ist <strong>und</strong> somit<br />

der spezifische Infrastrukturaufwand begrenzt werden kann, wie das bei Variante<br />

1 <strong>und</strong> 2 angenommen wurde.<br />

- Variante 3, die eine geeignete Entwicklung aus Sicht des Städtebaus darstellt,<br />

verursacht im Vergleich zu den Varianten 1 <strong>und</strong> 2 um 8 bis 15 % höhere infrastrukturelle<br />

Kosten (SCHMIDT 2004, 113).<br />

- Die höchsten infrastrukturellen Kosten werden jedoch durch eine ungesteuerte<br />

<strong>Schrumpfung</strong> (Status-quo-Szenario) hervorgerufen mit 21 % höheren Kosten als<br />

bei der günstigsten Variante.<br />

Tabelle 57: Szenarien der stadttechnischen Kosten in Johanngeorgenstadt 2016<br />

(Eigene Darstellung nach SCHMIDT 2004, 108ff.)<br />

Szenario Medien Rückbaukosten Jahresgebühr alle Medien in %<br />

Status Quo<br />

Variante 1<br />

Variante 2<br />

Variante 3<br />

Trinkwasser 0<br />

Abwasser 0<br />

Alle Medien 0 138<br />

Trinkwasser 855.000<br />

Abwasser 540.000<br />

Alle Medien 1.800.000 121<br />

Trinkwasser 272.000<br />

Abwasser 250.000<br />

Alle Medien 1.000.000 114<br />

Trinkwasser 135.000<br />

Abwasser 50.000<br />

Alle Medien 400.000 131<br />

Infrastrukturelle Folgekosten des Stadtumbaus auf der Quartiersebene<br />

KOZIOL, WALTHER (2006) untersuchen die Kostenentwicklung auf der Quartiersebene<br />

im Hinblick auf verschiedene <strong>Schrumpfung</strong>sstrategien sowie Restwerte der Netze<br />

am Beispiel der Infrastrukturen der Schmutzwasserentsorgung <strong>und</strong> der Trinkwasserversorgung.<br />

Unterschieden werden drei Stadtumbaustrategien.<br />

- ‚Disperser Rückbau <strong>und</strong> Verfall’ beinhaltet eine ungesteuerte Leerstandsentwicklung,<br />

punktuellen Rückbau <strong>und</strong> einen vollständigen Erhalt des Netzes ohne<br />

Netzanpassung.<br />

- ‚Disperser Rückbau <strong>und</strong> Erneuerung von Infrastruktur’ steht <strong>für</strong> eine ungesteuerte<br />

Leerstandsentwicklung, punktuellen Rückbau <strong>und</strong> einen vollständigen Erhalt<br />

des Netzes sowie dessen baulicher Anpassung in einigen Abschnitten.<br />

- ‚Flächiger Rückbau’ zielt auf Leerstandsmanagement, einen flächigen Rückbau<br />

von Gebäuden <strong>und</strong> – soweit möglich – einen vollständigen Rückbau von Infrastrukturen.<br />

Da die Restwerte der Infrastrukturen ebenso einen starken Einfluss auf die<br />

schrumpfungsbedingten Folgekosten haben, werden die Annahmen zum Restwert<br />

differenziert in 50 % (typisch <strong>für</strong> die Plattenbaugebiete der 1970er <strong>und</strong> 1980er) <strong>und</strong><br />

0 % (typisch <strong>für</strong> die gründerzeitliche Blockbebauung).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 223<br />

Tabelle 58: Kostenentwicklung in Abhängigkeit der gewählten Stadtumbaustrategie<br />

(Eigene Darstellung nach KOZIOL, WALTHER 2006, 264ff.)<br />

Strategie<br />

Disperser<br />

Rückbau <strong>und</strong><br />

Verfall<br />

Disperser<br />

Rückbau <strong>und</strong><br />

Erneuerung<br />

von<br />

Infrastruktur<br />

Flächiger<br />

Rückbau<br />

Betriebskosten <br />

Kapitalkosten<br />

Restwert<br />

der Netze<br />

Wertberichtigung<br />

Vergleich der<br />

Kostenarten<br />

Anstieg Keine 0 % / 50 % Keine -<br />

Stabilisierung<br />

möglich<br />

ErfolgreicheBegrenzung<br />

des Betriebskostenanstiegs <br />

Kapitalkosten<br />

<strong>für</strong><br />

Netzerneuerung<br />

Hohe Kosten<br />

<strong>für</strong><br />

Rückbau<br />

0 % Keine<br />

50%<br />

Wertberichtigungen<br />

nicht<br />

abgeschriebener<br />

Netze<br />

0% Keine<br />

50%<br />

Hohe Kosten<br />

<strong>für</strong> Wertberichtigung<br />

Kapitalkosten +<br />

Kosten <strong>für</strong><br />

Wertberichtigungen<br />

><br />

Betriebskosten<br />

Hohe Einsparungen<br />

bei<br />

regulären Netzkosten<br />

> Kosten<br />

<strong>für</strong> Rückbau +<br />

Wertberichtigung<br />

Kumulierte<br />

Kosten<br />

Durchschnitt<br />

Hoch<br />

Gering<br />

Tabelle 58 zeigt eine zusammenfassende Übersicht der von KOZIOL <strong>und</strong> WALTHER<br />

modellierten Kostenentwicklungen verschiedener Stadtumbaustrategien. Die höchsten<br />

kumulierten Gesamtkosten ergeben sich <strong>für</strong> den Fall ‚Disperser Rückbau bei<br />

gleichzeitiger Erneuerung der Infrastruktur’, bei der im Zuge des <strong>Schrumpfung</strong>sprozesses<br />

eine partielle Erneuerung problematischer Netze erfolgt. Die Kapitalkosten –<br />

<strong>und</strong> im Falle nicht abgeschriebener Netze die Kapitalkosten plus die Wertberichtigungen<br />

– sind bei einem dispersen Rückbau so hoch, dass sie mögliche Betriebskosteneinsparungen<br />

übersteigen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> besteht bei dispersem<br />

Rückbau aus Sicht der Unternehmen kein ökonomischer Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> eine bauliche<br />

Anpassung der Netze auf Quartiersebene (KOZIOL, WALTHER 2006, 264).<br />

Am geringsten sind die kumulierten Gesamtkosten bei einem über 20 Jahre angenommenen<br />

gleichmäßigen Bevölkerungsrückgang bei der Strategie des flächenhaften<br />

Rückbaus. Hier sind die möglichen Einsparungen der jährlichen regulären Netzkosten<br />

größer als die durch den Rückbau entstehenden Kapitalkosten <strong>und</strong> Wertkorrekturen<br />

(KOZIOL, WALTHER 2006, 264). KOZIOL, WALTHER (2006, 266) gehen davon<br />

aus, dass bei konsequentem flächigem Rückbau die Pro-Kopf-Kosten der<br />

Schmutzwasserentsorgung stabilisiert werden können, während sie bei disperser<br />

<strong>Schrumpfung</strong> exponentiell ansteigen. Besonders hohe Kosteneinsparungen können<br />

erzielt werden, wenn durch ein Leerstandsmanagement ein konsequenter Leerzug<br />

<strong>und</strong> flächiger Rückbau innerhalb von fünf Jahren durchgeführt würde. Die Kostendämpfung<br />

kann hier vor allem durch die aufgr<strong>und</strong> des kürzeren Zeitraums möglichen<br />

Einsparungen bei den Bereitstellungskosten <strong>und</strong> hier vor allem bei den Kapitalkosten<br />

erzielt werden, die den höheren Restwert des Netzes am Ende des Betrachtungszeitraums<br />

übersteigen (KOZIOL, WALTHER 2006, 267).<br />

Neben der gewählten Stadtumbaustrategie hängen schrumpfungsbedingte Kostensteigerungen<br />

auch von dem betrachteten Stadtstrukturtyp ab. So liegt der Kostenanstieg<br />

im Falle disperser <strong>Schrumpfung</strong> ohne Netzanpassung in verdichteten Siedlungsstrukturen<br />

bei 3 % der jährlich anfallenden Gesamtkosten, im gering verdichteten<br />

Einfamilienhaus jedoch bei 5 %. Werden Funktionsschwellen unterschritten, so


224 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

dass eine bauliche Anpassung von Teilen des Netzes erforderlich wird, verdoppeln<br />

sich diese Kosten (KOZIOL, WALTHER 2006, 268).<br />

Insgesamt zeigt sich, dass durch eine auf die Sicherung kompakter <strong>und</strong> dichter<br />

Siedlungsstrukturen ausgerichtete Stadtumbaustrategie erhebliche infrastrukturelle<br />

Folgekosten von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen vermieden werden können.<br />

Studien haben gezeigt, dass mögliche Kosteneinsparungen relevante Größenordnungen<br />

von 15 % (SIEDENTOP et al. 2006, 206) bis 21 % (SCHMIDT 2004, 108ff.)<br />

erreichen können. Mit besonders hohen Kostensteigerungen infolge eines Rückgangs<br />

der Einwohnerdichten ist in Gebieten zu rechnen, in denen die <strong>Dichte</strong> bereits<br />

sehr niedrig ist, da hier die Pro-Kopf-Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

bereits höher sind. Ebenfalls zu hohen Kostensteigerungen kommt es in Gebieten<br />

in denen sich bereits ein erheblicher Bevölkerungsrückgang ereignet hat, da<br />

hier die exponentiellen Steigerungen der einwohnerspezifischen Fixkosten zum<br />

Tragen kommen.<br />

Auch wenn im Rahmen der Arbeit die gesamtgesellschaftlichen Folgekosten des<br />

Stadtumbaus <strong>und</strong> weniger die Kosten, die einzelnen Akteursgruppen entstehen,<br />

betrachtet werden, wird in Exkurs 22 die aktuelle Situation der Kostenträgerschaft<br />

stadtumbaubedingter Folgekosten betrachtet.<br />

Eine Minimierung der mittel- <strong>und</strong> langfristigen Folgekosten des Stadtumbaus kann,<br />

neben einer Stabilisierung der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten, insbesondere<br />

durch eine Optimierung der Reihenfolge des Rückbaus <strong>und</strong> ein gezieltes Leerstands-<br />

<strong>und</strong> Rückbaumanagement erreicht werden, das sich an den Netzstrukturen<br />

orientiert. So können Ver- <strong>und</strong> Entsorger kostenintensive Zwischenlösungen <strong>für</strong> den<br />

Neuanschluss von Gebäuden vermeiden, die <strong>für</strong> einen baldigen Abriss vorgesehen<br />

sind (INTERVIEW 1; KOZIOL, WALTHER 2006, 267; KOZIOL, WALTHER 2002, 33). Ein<br />

Beispiel <strong>für</strong> eine aus Sicht der Stadttechnik optimierte Rückbaureihenfolge liefert<br />

Exkurs 23.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 225<br />

Exkurs 22: Kostenträgerschaft stadtumbaubedingter Infrastrukturfolgekosten<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der dargestellten Kostensteigerungen in Folge von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

stellt sich die Frage, wie diese Kostensteigerungen refinanziert werden. Zunächst fallen die<br />

Kostensteigerungen bei den Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen an. Zur Refinanzierung der<br />

Kosten stehen unterstützend Mittel der Städtebauförderung zur Verfügung.<br />

Über den Aufwertungsteil des Programms ‚Stadtumbau Ost’ können Mittel <strong>für</strong> die Anpassung<br />

der städtischen Infrastruktur bereitgestellt werden (VV-STÄDTEBAUFÖRDERUNG 2005, 12f.).<br />

In der Praxis werden bisher allerdings nur in sehr geringem Umfang Mittel des Aufwertungsteils<br />

des Programms ‚Stadtumbau Ost’ eingesetzt (BMVBS, BBR 2006, 78), nicht zuletzt,<br />

weil hier<strong>für</strong> häufig nicht der kommunale Eigenanteil von einem Drittel der Fördermittel aufgebracht<br />

werden kann. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurden die Kosten <strong>für</strong> Rückbau, Stilllegung<br />

<strong>und</strong> Anpassung von Leitungsnetzen in Kooperation mit der Wohnungswirtschaft über die<br />

Rückbauförderung des Programms mitfinanziert, die je nach B<strong>und</strong>esland einem Pauschalbetrag<br />

von 60 bis 70 € je m² rückgebauter Wohnfläche entspricht (INTERVIEW 1). In einzelnen<br />

Fällen konnten allerdings die Netzanpassungen nicht mehr über das Stadtumbauprogramm<br />

finanziert werden (INTERVIEW 6). Ebenso wurde von den Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen<br />

hervorgehoben, dass diese Förderung nicht ausreicht, um erforderlich werdende Anpassungsmaßnahmen<br />

im Gesamtnetz zu refinanzieren (INTERVIEW 1).<br />

Seit 2006 ist die stadtumbaubedingte Rückführung der städtischen Infrastruktur in Fördergebieten<br />

des Stadtumbaus ein Fördertatbestand der Städtebauförderung (VV-STÄDTEBAU-<br />

FÖRDERUNG 2006, 15). Hierzu gehören solche Vorhaben, die auf Gr<strong>und</strong> des Stadtumbaus<br />

erforderlich sind, um die Funktionsfähigkeit sowohl technischer als auch sozialer Infrastruktur<br />

zu gewährleisten. Zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit zählen solche Maßnahmen,<br />

die dazu beitragen, dass dauerhaft verbleibende Wohngebäude weiterhin entsprechend der<br />

geltenden Vorschriften oder Standards versorgt werden können (BMVBS, BBR 2007, 12).<br />

Um die langfristige Tragfähigkeit der Maßnahmen zu gewährleisten, werden z. B. im Land<br />

Sachsen nur solche Vorhaben gefördert (KÖPPL 2006),<br />

- bei denen anhand eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts der unvermeidbare<br />

Rückbau nachgewiesen ist,<br />

- die im Zusammenhang mit einem flächenhaften Rückbau stehen <strong>und</strong><br />

- einer dauerhaften Lösung dienen.<br />

Der B<strong>und</strong> hat im Jahr 2006 zusätzlich 20 Mio. € zur Verfügung gestellt, die mindestens zur<br />

Hälfte <strong>für</strong> die Rückführung der städtischen Infrastruktur einzusetzen sind <strong>und</strong> im Übrigen <strong>für</strong><br />

Maßnahmen zur Aufwertung. Vorhaben zur Rückführung der städtischen Infrastruktur können<br />

bis zu 50 % als nicht rückzahlbarer Zuschuss gefördert werden, der jeweils zur Hälfte<br />

vom B<strong>und</strong> <strong>und</strong> vom Land bereitgestellt wird (BMVBS, BBR 2007, 23f.; KÖPPL 2006). Diese<br />

Förderung wird unverändert in die Städtebauförderrichtlinie von 2007 übernommen (VV-<br />

STÄDTEBAUFÖRDERUNG 2007, 16ff.).<br />

Die Unternehmen versuchen zunächst die Kostensteigerungen im Zuge des Stadtumbaus<br />

über Effizienzsteigerungen (SPRINGER 2005), Rückbauförderung (MARSCHKE 2004, 85) <strong>und</strong><br />

gezielte Rückbaumaßnahmen (HERZ et al. 2005) zu kompensieren. Dennoch ist davon auszugehen,<br />

dass bei anhaltenden <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen auch die privaten Verbraucher<br />

zunehmend die Infrastrukturfolgekosten des Stadtumbaus durch Gebührenanhebungen<br />

tragen werden (HERZ et al. 2005). Dabei geht der Lehrstuhl Stadtbauwesen der TU Dresden<br />

je nach Rückbauvariante <strong>und</strong> -umfang bis 2016 von einer Preissteigerung um 14-38 % (ohne<br />

Berücksichtigung des Inflationszuwachses) aus (MARSCHKE 2004, 85).


226 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Exkurs 23: Reduzierung der stadttechnische Kosten durch Optimierung der Rückbaureihenfolge<br />

am Beispiel von Erfurt Herrenberg 63<br />

In Erfurt Herrenberg konnte durch eine optimierte Stadtumbauplanung, die sich an den Notwendigkeiten<br />

der Fernwärmeversorgung orientiert, beim Rückbau eines Baublocks eine<br />

Reduzierung der Kosten von 75.000 € netto auf 4.000 € netto erreicht werden, wie Abbildung<br />

75 <strong>und</strong> Abbildung 76 zeigen. Wesentliche Elemente dieser Koordinierung des Stadtumbaus<br />

zwischen den Stadtwerken Erfurt, der Stadt Erfurt <strong>und</strong> zwei Erfurter Wohnungsbaugesellschaften<br />

waren eine Koordinierung der Abrisstermine der beiden Wohnungsbaugesellschaften,<br />

die Bildung von Bauabschnitten zur Vermeidung von Zwischenlösungen <strong>für</strong> die Versorgung<br />

<strong>und</strong> der Umzug eines Kindergartens an einen Alternativstandort. Für ein weiteres Gebiet,<br />

den Stadtteil Erfurt Roter Berg gelang es die Stadtumbaukosten durch eine Optimierung<br />

aus Sicht der stadttechnischen Versorgung (z. B. Abtrennung von der Fernwärmeversorgung<br />

<strong>und</strong> Ersatz durch eine Gasheizungsanlage) von 110.000 € auf 56.000 € zu halbieren (INTER-<br />

VIEW SPRINGER).<br />

Abbildung 75: Stadtumbauplanung Erfurt Herrenberg 08/2004 (INTERVIEW SPRINGER)<br />

Abbildung 76: Aus Sicht der Fernwärmeversorgung optimierte Stadtumbauplanung<br />

(INTERVIEW SPRINGER)<br />

63 Veröffentlichungserlaubnis erteilt am 15.08.07.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 227<br />

8.5 Einfluss von Stadtumbaustrategie <strong>und</strong> Stadtstrukturtyp auf die<br />

Kostenentwicklung<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Wechselwirkungen zwischen der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> den stadttechnischen<br />

Folgekosten der <strong>Schrumpfung</strong> ist die Kostenentwicklung sowohl von der gewählten<br />

Stadtumbaustrategie abhängig als auch von der <strong>Dichte</strong> der betroffenen Siedlungsstruktur<br />

<strong>und</strong> damit von Stadtstrukturtyp <strong>und</strong> großräumiger Lage.<br />

Einfluss der Stadtumbaustrategie<br />

Wie bereits erläutert, unterscheiden sich die Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

auf die stadttechnische Infrastruktur je nach der gewählten Stadtumbaustrategie.<br />

Besonders hoch sind die Funktionsbeeinträchtigungen, Steigerungen der betriebstechnischen<br />

Aufwendungen <strong>und</strong> Kosten der Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsnotwendigkeiten<br />

wenn (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 27ff.; HERZ et al. 2002, 58)<br />

- im Zuge einer mehr oder weniger gleichmäßigen Ausdünnung der Siedlungsstruktur<br />

eine deutliche Abweichung von der ursprünglichen Bebauungsdichte erfolgt,<br />

- sich ein punktueller oder inselhafter Abriss einzelner Gebäude oder Gebäudeteile<br />

umgeben von verbleibender Bebauung vollzieht,<br />

- der Rückbau ungesteuert <strong>und</strong> ungeordnet geschieht <strong>und</strong><br />

- bei temporären Zwischennutzungen Unklarheit über die Nachnutzung besteht.<br />

Gesteuerte <strong>und</strong> konzentrierte Stadtumbaumaßnahmen hingegen können durch begrenzte<br />

Eingriffe in die Netzstruktur einen effizienteren Betrieb ermöglichen (HERZ et<br />

al. 2002, 58). Als günstig aus Sicht der Stadttechnik erweist sich ein systematischer<br />

Rückbau von den Strangenden der Netze her (KOZIOL, WALTHER 2002, 54f.). Allerdings<br />

ist bei einem konsequenten Rückbau von außen nach innen zu beachten,<br />

dass häufig neuere <strong>und</strong> aus erschließungswirtschaftlicher Sicht geplante Leitungen<br />

zurückgebaut werden (HERZ et al. 2002, 58).<br />

Entsprechend der in Kapitel 4.2 aufgezeigten Leitbildansätze <strong>für</strong> schrumpfende<br />

Städte werden drei gr<strong>und</strong>sätzliche Strategien des Stadtumbaus auf Quartiersebene<br />

unterschieden, deren Auswirkungen auf die stadttechnische Infrastruktur in Tabelle<br />

59 zusammenfassend dargestellt werden. 64<br />

64<br />

Auch in diesem Fall wird das Leitbild der Fragmentierung nicht berücksichtigt (s. Fußnote<br />

60).


228 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Tabelle 59: Auswirkungen verschiedener Stadtumbaustrategien<br />

(Eigene Darstellung nach FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 29ff.; HERZ et al. 2002, 57)<br />

Stadtumbaustrategie<br />

Kontraktion:<br />

Erhalt hoher<br />

<strong>Dichte</strong>n<br />

Perforation:<br />

Ungesteuerte<br />

Reduzierung<br />

der <strong>Dichte</strong><br />

Dispersion:<br />

Neue Siedlungsformen<br />

geringer <strong>Dichte</strong><br />

Merkmale<br />

- Konzentration an den Hauptachsen der<br />

Netze<br />

- Nachverdichtung zur besseren Auslastung<br />

vorhandener Infrastrukturen<br />

- Konsequenter Rückbau von außen nach<br />

innen<br />

- Bauliche Nachnutzung hoher <strong>Dichte</strong><br />

- Punktueller oder geschossweiser Rückbau<br />

- Abriss umgeben von verbleibender<br />

Bebauung<br />

- Dauerhafte oder temporäre freiraumbezogene<br />

Nachnutzungen bei Rückbau<br />

- Bauliche Nachnutzung deutlich geringerer<br />

<strong>Dichte</strong><br />

- Disperser Rückbau<br />

- Flächenhafte Ausdehnung der Siedlungsfläche<br />

mit Bebauungsformen geringerer<br />

<strong>Dichte</strong><br />

- Reduzierung der <strong>Dichte</strong> um mehr als<br />

50%<br />

Einfluss von Stadtstrukturtyp <strong>und</strong> großräumiger Lage<br />

Auswirkungen auf stadttechnische<br />

Infrastruktur<br />

- Vermeidung von Netzergänzungen oder<br />

Umverlegungen von Leitungen<br />

- Stilllegung von Netzteilen unproblematisch<br />

- Verringerte Netzlänge im Fall der Netzerneuerung<br />

- Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands<br />

- Steigerung der Materialintensität der Erschließung<br />

- Gefahr von Funktionsbeeinträchtigungen<br />

- Kostensteigerung<br />

- Langfristig: Hohe Kosten bei Netzerneuerung<br />

- Erreichen kritischer Funktionsschwellen<br />

- Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands<br />

- Steigerung der spezifischen Materialintensität<br />

der Erschließung<br />

- Hohe Kostensteigerungen<br />

- Langfristig: Sehr hohe Kosten bei Netzerneuerung<br />

Neben der Stadtumbaustrategie ist auch der jeweilige Stadtstrukturtyp <strong>für</strong> die Auswirkungen<br />

von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die stadttechnische Infrastruktur entscheidend.<br />

Besondere Probleme des Rückbaus ergeben sich bei größeren Gebieten des<br />

industriellen Wohnungsbaus der 1970er Jahre, die durch einen Sammelkanal/Leitungsgang<br />

erschlossen sind, bei dem die Leitungsführung durch die Gebäude<br />

erfolgt (HERZ et al. 2002, 55; INTERVIEW 6; KOZIOL, WALTHER 2002, 2).<br />

Diese Gebiete des industriellen Wohnungsbaus, die derzeit von besonderen Leerständen<br />

betroffen sind, wurden vor dem Hinblick möglichst effizienter Infrastrukturversorgung<br />

geplant. Gerade eine Ausdünnung der günstig zu versorgenden dichten<br />

Wohngebiete hat erhebliche negative Auswirkungen auf die Funktion <strong>und</strong> Effizienz<br />

der Infrastruktur (HERZ et al. 2005, 8). Somit muss die Stadttechnik auch beim<br />

Rückbau einen hohen Stellenwert haben (INTERVIEW 6). Der Abbruch einzelner Gebäudesegmente<br />

führt gerade in diesem Stadtstrukturtyp zu einem erhöhten Aufwand<br />

<strong>für</strong> die Umverlegung von Leitungen zur Trassensicherung. Deshalb ist in diesen<br />

Plattenbaugebieten ein Rückbau von den Endsträngen der Netze von besonderer<br />

Bedeutung (HERZ et al. 2002, 55; KOZIOL, WALTHER 2002, 54ff.).<br />

In Altbauquartieren der Blockbebauung hingegen kann, aufgr<strong>und</strong> des hohen Vermaschungsgrads<br />

der unterirdischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsnetze, eine bessere Anpassung<br />

an Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge erreicht werden (HERZ et al. 2002,<br />

54). In Stadtstrukturtypen geringer <strong>Dichte</strong>, wie der Einfamilienhausbebauung oder


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 229<br />

auch der Mehrfamilienhausbebauung nach 1990, erfolgt bei <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

schnell eine hohe absolute Steigerung des Infrastrukturaufwands, infolge des ohnehin<br />

bereits überproportional hohen Aufwands.<br />

Neben Stadtumbaustrategie <strong>und</strong> Stadtstrukturtyp ist weiterhin die großräumige Lage<br />

entscheidend <strong>für</strong> die Auswirkungen der <strong>Dichte</strong>rückgänge auf die stadttechnische<br />

Infrastruktur. Besonders von den <strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen ist die Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

geringer verdichteter Räume, da die Systeme hier infolge vorhandener<br />

Raumüberwindungswiderstände empfindlicher reagieren. Es ist zu erwarten, dass<br />

der <strong>für</strong> den funktionsfähigen Betrieb erforderliche Mindestbedarf unterschritten wird<br />

(TIETZ 2006, 163f.). Gerade in ländlichen Gebieten ist vor diesem Hintergr<strong>und</strong> mit<br />

einem drastischen Anstieg der infrastrukturellen Folgekosten zu rechnen (FRIEDRICH<br />

et al. 2003, 44f.).<br />

Zusammenfassend zeigt Kapitel 8, dass Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge erhebliche<br />

Auswirkungen auf die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung haben können:<br />

- In Kombination mit allgemeinen Verbrauchsrückgängen führen <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />

dazu, dass die Netze nur noch zu etwa 30 bis 40 % gegenüber dem Bemessungswert<br />

ausgelastet sind.<br />

- Der spezifische Erschließungsaufwand kann – so die Ergebnisse von Modellrechnungen<br />

– insbesondere bei disperser <strong>Schrumpfung</strong> auf Quartiersebene erheblich<br />

ansteigen, um bis zu 180 % bei einem Bevölkerungsrückgang von 50 %.<br />

- Bei einer Unterauslastung von etwa 70 % kann die technische Funktionsfähigkeit<br />

der Schmutzwasserentsorgung soweit eingeschränkt sein, dass bauliche Anpassungsmaßnahmen<br />

erforderlich werden.<br />

- <strong>Schrumpfung</strong>sbedingte <strong>Dichte</strong>rückgänge führen ebenso zu relevanten Steigerungen<br />

der Pro-Kopf-Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung. Die<br />

höchsten Kostensteigerungen verursachen disperse Formen der <strong>Schrumpfung</strong>,<br />

die auf regionaler oder gesamtstädtischer Ebene 15-20 % höhere Kostensteigerungen<br />

aufweisen können als eine konzentrierte <strong>Schrumpfung</strong>.<br />

Bei fortgesetzten Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen ist davon auszugehen, dass<br />

die Auswirkungen auf die stadttechnischen Infrastrukturen in Zukunft zunehmen<br />

werden, da – über die Quartierserschließung hinaus – in stärkerem Maße auch die<br />

zentralen Netze <strong>und</strong> Anlagen betroffen sein werden.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ergeben sich aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

spezifische Stadtumbauziele sowie Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n, die im<br />

folgenden Kapitel 9 entwickelt <strong>und</strong> diskutiert werden.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 231<br />

9 Stadtumbauziele <strong>und</strong> Schwellenkorridore minimaler<br />

<strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

Basierend auf den bisherigen Analysen werden im Folgenden Stadtumbauziele sowie<br />

Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n abgeleitet. Diese wurden vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

einer Optimierung der Stadtumbauplanungen aus Sicht der stadttechnischen<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung entwickelt. Wie die bisherigen Analysen verdeutlicht haben, ist<br />

die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in besonderer Weise von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

betroffen.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser besonderen Betroffenheit formulieren die Akteure der<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft spezifische Stadtumbauziele aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur, die auf eine Minimierung dieser Auswirkungen ausgerichtet<br />

sind. Diese Ziele, die anhand der aktuellen Diskussion in der Fachliteratur<br />

sowie vor allem anhand der Aussagen der Interviewpartner gewonnen wurden, werden<br />

in Kapitel 9.1 dargelegt <strong>und</strong> diskutiert.<br />

Auch wenn der Fokus der Arbeit eindeutig auf der Ableitung von materiellen <strong>Dichte</strong>zielen<br />

auf der Gr<strong>und</strong>lage der Analyse von Ursache-Wirkungs-Beziehungen liegt,<br />

werden an dieser Stelle die Interessen der Akteure der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft<br />

ansatzweise berücksichtigt. Dabei wird auf diejenigen Ziele eingegangen, die<br />

einen unmittelbaren Bezug zu materiellen Zielen der Siedlungsentwicklung haben.<br />

Auf Basis dieser Ziele können qualitative Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

angegeben <strong>und</strong> Ansätze <strong>für</strong> deren Einbindung in den Stadtumbauprozess aufgezeigt<br />

werden.<br />

Da <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse ein vergleichsweise junges Phänomen sind, bestehen<br />

bisher unzureichende Kenntnisse von Schwellenwerten minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht<br />

der stadttechnischen Infrastruktur. Aus den Interviews mit Akteuren der Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorgungswirtschaft hat sich ergeben, dass solche Schwellenwerte noch nicht<br />

benannt werden können bzw. als unternehmensinterne <strong>und</strong> kostenrelevante Daten<br />

nicht in die Öffentlichkeit gelangen. In der Literatur finden sich lediglich vereinzelte<br />

Schwellenwerte, bei deren Unterschreitung der Infrastrukturaufwand überproportional<br />

ansteigt.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> werden in Kapitel 9.2 Schwellenkorridore minimaler<br />

<strong>Dichte</strong>n mit Hilfe von Modellrechnungen ermittelt. Diese erstmals systematisch<br />

nach Stadtstrukturtypen differenzierten Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n stellen<br />

wissenschaftlich begründete Zielwerte dar, die den Akteuren des Stadtumbaus<br />

dazu dienen sollen, im Zuge der Stadtumbauplanungen angemessene <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong><br />

ihre Stadtumbaugebiete zu definieren. Neben den Schwellenkorridoren minimaler<br />

<strong>Dichte</strong>n werden zusätzlich Werte eines maximalen Bevölkerungsrückgangs angegeben<br />

aus denen sich lokal spezifische Zielwerte ermitteln lassen.<br />

Neben diesen qualitativen <strong>und</strong> quantifizierten Zielen werden in Kapitel 9.3 ebenso<br />

Grenzen von Schwellenwerten minimaler <strong>Dichte</strong> diskutiert, die sich sowohl auf die<br />

Bestimmung der Schwellenkorridore als auch auf deren Anwendbarkeit beziehen.<br />

9.1 Stadtumbauziele aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

Neben der Forderung nach einer stärkeren Berücksichtigung der stadttechnischen<br />

Belange im Stadtumbauprozess (Kapitel 9.1.1) beziehen sich die Ziele der Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorger auch gerade auf siedlungsstrukturelle Ziele des Stadtumbaus. Angestrebt


232 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

wird die Sicherung eines Mindestmaßes an Verdichtung, das einen flächenhaften<br />

Rückbau von außen nach innen erfordert (Kapitel 9.1.2). Gerade in dispers besiedelten<br />

Räumen sind Alternativen zu dieser kompakten <strong>Schrumpfung</strong> in Betracht zu<br />

ziehen, wie z. B. eine Umstellung auf dezentrale Versorgungsstrukturen (Kapitel<br />

9.1.3).<br />

9.1.1 Berücksichtigung der Stadttechnik im Stadtumbau<br />

Vielfach wird eine mangelnde Berücksichtigung der stadttechnischen Belange im<br />

Stadtumbau <strong>und</strong> eine vorrangige Steuerung des Stadtumbaus aus Sicht von wohnungswirtschaftlichen<br />

<strong>und</strong> städtebaulichen Lösungen kritisiert. Bei einer Dominanz<br />

der Rückbaukonzepte durch den Hochbau spiele die unterirdische Infrastruktur nur<br />

eine nachrangige Rolle (HERZ et al. 2005, 11). Besonders in der Anfangsphase des<br />

Stadtumbaus wurden weder stadttechnische Belange ausreichend einbezogen,<br />

noch wurden die Ver- <strong>und</strong> Entsorger als aktive Partner in den Prozess des Stadtumbaus<br />

eingeb<strong>und</strong>en (BMVBS, BBR 2007, 61; HERZ et al. 2002, 56f.; MARSCHKE et<br />

al. 2005, 37).<br />

Dies führt(e) häufig zu einem dispersen Schrumpfen <strong>und</strong> damit zu einer mangelnden<br />

Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> technischen Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Ver-<br />

<strong>und</strong> Entsorgung (BÖLITZ 2004, 66; FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 10). Langfristig<br />

können somit aus wohnungswirtschaftlicher <strong>und</strong> städtebaulicher Sicht günstige Lösungen<br />

zu einer Kostenbelastung führen, die Umsetzungsfähigkeit von Stadtumbaukonzepten<br />

wird gefährdet (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 14). Langfristig kann<br />

der Stadtumbau jedoch nur dann tragfähig sein, wenn funktionsfähige <strong>und</strong> bezahlbare<br />

stadttechnische Infrastrukturen gesichert werden (SPRINGER 2005).<br />

Zwar hat das Problembewusstsein der Stadtplaner <strong>für</strong> die Stadttechnik in jüngerer<br />

Zeit zugenommen (BMVBS, BBR 2007, 62f.; INTERVIEW 2; SCHILLER, SIEDENTOP<br />

2005, 90), <strong>und</strong> die Akteure der Stadttechnik werden zunehmend in Gespräche <strong>und</strong><br />

Entscheidungen eingeb<strong>und</strong>en (INTERVIEWS 1, 7). Auch wurde, reagierend auf die<br />

Kritik einer mangelnden Berücksichtigung der stadttechnischen Infrastruktur in den<br />

Förderprogrammen zum Stadtumbau Ost (SPRINGER 2005), der stadtumbaubedingte<br />

Rückbau der stadttechnischen Infrastruktur als Fördertatbestand in die Städtebauförderung<br />

aufgenommen (s. Exkurs 22). Allerdings erfolgt die Einbindung der<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft nicht immer rechtzeitig genug, um eine Kostenoptimierung<br />

aus Sicht der Ver- <strong>und</strong> Entsorger zu ermöglichen (BMVBS, BBR 2007, 62;<br />

INTERVIEWS 1, 5) <strong>und</strong> damit stadttechnische Probleme <strong>und</strong> Folgekosten von vornherein<br />

zu vermeiden (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 13; HERZ et al. 2002, 52).<br />

Aus Sicht der Ver- <strong>und</strong> Entsorger sind dabei vor allem langfristige Bevölkerungsprognosen<br />

sowie valide Konzepte der künftigen siedlungsstrukturellen Entwicklung<br />

erforderlich (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 13; INTERVIEWS 1, 2, 7). Von besonderer<br />

Bedeutung ist, dass dabei solide Entwicklungsannahmen getroffen werden <strong>und</strong> keine<br />

häufig unrealistischen ‚best-case’-Annahmen (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 15).<br />

Vielmehr sollte die ganze Bandbreite zwischen worst-case <strong>und</strong> best-case betrachtet<br />

werden (SPRINGER 2005).<br />

Der Prognosehorizont bis 2020 greift dabei aus Sicht der Versorgungswirtschaft zu<br />

kurz, da die Netze <strong>und</strong> Anlagen der technischen Infrastrukturen nicht auf 10 bis 15<br />

Jahre, sondern eher auf 30 bis 35 Jahre ausgelegt sind (INTERVIEWS 2, 7). Daher ist<br />

ein Planungshorizont mindestens bis 2040 erforderlich, der der Abschreibungsdauer<br />

der Infrastrukturnetze entspricht (KOZIOL, WALTHER 2002, 32). Bei Investitionen in<br />

die Anpassung von Netzen muss zumindest gewährleistet sein, dass die Quartiere


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 233<br />

über die Abschreibung der Anpassungsinvestitionen hinaus Bestand haben. Ein<br />

kurzfristiges Anpassen der Rückbaustrategie an den sich entwickelnden Leerstand<br />

erweist sich aus der Sicht der Versorger als sehr ungünstig (INTERVIEW 5).<br />

9.1.2 Rückbau von außen nach innen<br />

In Folge der starken Betroffenheit von <strong>Dichte</strong>rückgängen besteht aus Sicht der<br />

Stadttechnik beim Stadtumbau die Zielrichtung eines flächenhaften Rückbaus <strong>und</strong><br />

einer Sicherung ausreichender <strong>Dichte</strong>n. Dies kann sowohl durch eine koordinierte<br />

Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung als auch durch finanzielle Ansätze unterstützt<br />

werden.<br />

Sicherung der Verdichtung durch Rückbau von außen nach innen<br />

Betreiber der stadttechnischen Infrastruktur haben ein großes Interesse, die Ausdünnung<br />

ihrer Versorgungsgebiete zu verhindern (HERZ 2004, 17). Allerdings ist der<br />

hier<strong>für</strong> erforderlich flächenhafte Rückbau aus Sicht anderer Akteure mit Schwierigkeiten<br />

verb<strong>und</strong>en. Diese ergeben sich z. B. bei hochwertig sanierten Gebäuden am<br />

Siedlungsrand (LINDNER, BUHTZ 2006, 17) oder bei einem Verbleiben öffentlicher<br />

Einrichtungen, die auch weiter versorgt werden müssen, an den Endsträngen der<br />

Netze (INTERVIEW 6; KOZIOL, WALTHER 2002, 35). Die Umsetzung eines flächenhaften<br />

Rückbaus wird weiterhin behindert durch bestehende Eigentumsstrukturen<br />

(LINDNER, BUHTZ 2006, 17) <strong>und</strong> gegenläufige Handlungszwänge der Gr<strong>und</strong>stückseigentümer<br />

sowie der Wohnungswirtschaft (z. B. Verwertungsinteressen, Altschuldenentlastung,<br />

rechtliche <strong>und</strong> vertragliche Regelungen) (INTERVIEWS 1, 6).<br />

Trotz dieser anerkannten Probleme eines flächenhaften Rückbaus von den Netzenden<br />

besteht inzwischen weitgehend Einigkeit darüber, dass die Sicherung einer ausreichenden<br />

baulichen <strong>Dichte</strong> zur Gewährleistung der Effizienz der stadttechnischen<br />

Infrastruktur ein vorrangiges Ziel ist, das einem dispersen Rückbau auf jeden Fall<br />

vorzuziehen ist (KOZIOL, WALTHER 2006, 269; LINDNER, BUHTZ 2006, 17). Dabei sollten<br />

die folgenden Gr<strong>und</strong>sätze berücksichtigt werden:<br />

- Der Rückbau sollte von außen nach innen erfolgen, ausgehend von den Endsträngen<br />

der infrastrukturellen Netze (HERZ et al. 2005, 12; INTERVIEW 1; SCHIL-<br />

LER, SIEDENTOP 2005, 89).<br />

- Der Flächenabriss ist einem punktuellem Abriss vorzuziehen, zur Vermeidung<br />

disperser Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> zur Ermöglichung der kompletten Stilllegung<br />

der Infrastruktur (HERZ et al. 2005, 12; INTERVIEW 7; KOZIOL, WALTHER 2006,<br />

269).<br />

- Zur Sicherung einer hohen Liniendichte an den Hauptnetzachsen sollten kompakte<br />

Siedlungsschwerpunkte gewahrt <strong>und</strong> ggf. weiter verdichtet werden (INTER-<br />

VIEW 1, 6; TIETZ 2006, 164).<br />

- Bei städtebaulichen Umstrukturierungen sollten vorhandene Netze genutzt werden<br />

(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 15).<br />

- Neubauaktivitäten an mittel- <strong>und</strong> langfristig minderausgelasteten Netzen <strong>und</strong> in<br />

potenziellen Abrissgebieten sind zu vermeiden (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 15;<br />

SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 89).<br />

- Standortentscheidungen sollten sich an der bestehenden Dimensionierung von<br />

Infrastrukturen orientieren, z. B. durch innerstädtische Baulandausweisungen


234 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

<strong>und</strong> Nachverdichtungen zur Sicherung einer Mindestauslastung von Netzen <strong>und</strong><br />

Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur (TIETZ 2006, 164f.).<br />

Koordinierte Stadtumbau- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung<br />

Um einen solchen flächenhaften Rückbau zu erreichen, ist eine koordinierte Stadtumbau-<br />

<strong>und</strong> Infrastrukturplanung erforderlich.<br />

Für die Raum- <strong>und</strong> Stadtplanung ergibt sich vor diesem Hintergr<strong>und</strong> die Forderung<br />

einer aus versorgungswirtschaftlicher Sicht rationellen Siedlungsplanung, die Veränderungen<br />

der Siedlungsdichte berücksichtigt <strong>und</strong> Fachplanungen sinnvoll im<br />

Raum koordiniert (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 17; TIETZ 2006, 164). Diese Konzepte<br />

sind auf der Basis verschiedener Varianten zu ermitteln. Dabei sind, unter<br />

Einbindung der Ver- <strong>und</strong> Entsorger, auch die Auswirkungen der verschiedenen<br />

Stadtumbauvarianten mit ihren Rückbau- <strong>und</strong> Nachnutzungsoptionen auf die Infrastruktursysteme<br />

zu berücksichtigen (BÖLITZ 2004, 66; FREUDENBERG, KOZIOL 2003,<br />

13).<br />

TIETZ (2006, 170) bewertet die Erfolgsaussichten einer solchen stadtplanerischen<br />

Intervention als gut. Wesentliches Element dieser Planung ist eine frühzeitige Identifizierung<br />

von Flächen, die ohne größere Betriebsprobleme der stadttechnischen<br />

Infrastruktur rückgebaut werden können, ebenso wie von Flächen, auf denen durch<br />

gezielte Maßnahmen der Nachverdichtung die Funktionsfähigkeit der stadttechnische<br />

Systeme gesichert werden kann. Bei veränderten <strong>Dichte</strong>n ist zu prüfen, ob die<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung künftig besser in kleineren Einheiten erfolgen kann.<br />

Ein mögliches Instrument zur Erreichung einer diesen Ansprüchen gerecht werdenden<br />

koordinierten Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung ist die Definition erschließungsgünstiger<br />

Korridore (BÖLITZ 2004, 67; HERZ 2002), in denen hohe Siedlungsdichten<br />

gewährleistet werden sollten <strong>und</strong> in denen weitere langfristige Investitionen<br />

in die Ver- <strong>und</strong> Entsorgungssysteme sinnvoll sind. In Dispositionsgebieten hingegen<br />

sollte die Funktionsfähigkeit durch Zwischenlösungen auf niedrigem Niveau gesichert<br />

werden (BÖLITZ 2004, 67).<br />

MARSCHKE et al. (2005, 38ff.) schlagen die Erarbeitung eines infrastrukturellen Entwicklungsplans<br />

(ISEP) vor, um<br />

- divergente Entwicklungen von Stadtentwicklungsplanung <strong>und</strong> Infrastrukturentwicklung<br />

aufzuzeigen,<br />

- das wechselseitige Verständnis zwischen Planern <strong>und</strong> Technikern zu verbessern<br />

<strong>und</strong><br />

- durch gemeinsames Handeln Stadtumbaukonzepte sowohl aus Sicht der Stadtplanung<br />

als auch aus Sicht der Infrastrukturentwicklung zu optimieren.<br />

Im Rahmen dieser ISEPs sollen – auf Basis einer Bestandsanalyse sowie f<strong>und</strong>ierter<br />

gesamtstädtischer <strong>und</strong> teilstädtischer Bedarfsprognosen – infrastrukturell günstig<br />

erschlossene Bereiche aufgezeigt <strong>und</strong> die Entwicklungsaussagen der Stadtumbaukonzepte<br />

im Hinblick auf die Stadttechnik bewertet werden. Auch könnten potenzielle<br />

Rückbaugebiete aus Sicht der Stadttechnik ermittelt werden, z. B. dort, wo sich<br />

marode Netze mit einem hohen Investitionsbedarf <strong>und</strong> einem stark abnehmenden<br />

Absatz überlagern (MARSCHKE et al. 2005, 41).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 235<br />

Von besonderer Bedeutung ist eine stärkere Einflussnahme der Ver- <strong>und</strong> Entsorger<br />

auf die Reihenfolge des Rückbaus (INTERVIEWS 3, 4), zumal sie die Kosten des<br />

Stadtumbaus bisher weitestgehend selber tragen müssen (HERZ et al. 2005, 12).<br />

Im Interesse eines integrierten Stadtumbaus ergeben sich jedoch auch Verpflichtungen<br />

<strong>für</strong> die Akteure der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft.<br />

- Diese müssen sich aktiv <strong>und</strong> kontinuierlich in den Stadtumbauprozess einbringen.<br />

In diesem Kontext sollten kostengünstige Erschließungs- <strong>und</strong> Interimslösungen<br />

erarbeitet <strong>und</strong> die Erneuerungsstrategie an den Prozess des Stadtumbaus<br />

angepasst werden, um die Nutzung von Synergieeffekten zu ermöglichen<br />

(HERZ et al. 2002, 57).<br />

- Auch ergibt sich die Notwendigkeit der Stadtplanung fehlende Daten zu den Auslastungszuständen<br />

von Netzen bereitzustellen (INTERVIEW 6).<br />

Anzustreben ist weiterhin eine frühzeitige Kommunikation zwischen Wohnungswirtschaft<br />

<strong>und</strong> Stadttechnik unter Moderation der Kommunen (INTERVIEW 2). Mögliche<br />

Instrumente sind Arbeitsgruppen zur technischen Infrastruktur im Stadtumbauprozess,<br />

Arbeitshilfen oder auch Verträge zwischen den Akteuren des Stadtumbaus<br />

(LINDNER, BUHTZ 2006, 18).<br />

Eine weitere Voraussetzung <strong>für</strong> eine koordinierte Stadtumbau- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung<br />

ist die Mitwirkungsbereitschaft aller Wohnungseigentümer in den Stadtumbau-<br />

<strong>und</strong> Rückbaugebieten. So führt gerade in Gebieten eines flächenhaften Abrisses der<br />

Verbleib einzelner Gebäude, deren Eigentümer sich nicht am Stadtumbau beteiligen,<br />

zu einem erhöhten Aufwand <strong>für</strong> die Stadttechnik. Im Idealfall sollte ein Kompromiss<br />

zwischen den Interessen der Kommune, der Wohnungswirtschaft <strong>und</strong> der<br />

Versorgungswirtschaft erreicht werden, mit klaren Absprachen über die zeitliche <strong>und</strong><br />

räumliche Organisation von Umbau <strong>und</strong> Rückbau (BMVBS, BBR 2007, 63).<br />

Finanzielle Ansätze zur Unterstützung eines Rückbaus von außen nach innen<br />

Auch mit Hilfe finanzieller Ansätze (z. B. in der Tarifgestaltung oder Förderpolitik)<br />

kann ein flächenhafter Rückbau von außen nach innen unterstützt werden.<br />

Wie bereits dargelegt wurde, spiegeln die aktuellen Tarife der stadttechnischen Ver-<br />

<strong>und</strong> Entsorgung nicht die Kostendifferenzen der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in Stadtgebieten<br />

verschiedener <strong>Dichte</strong>n wider. Gerade im Zuge von weiteren <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

ist die gängige Abrechnungspraxis einheitlicher Tarife <strong>für</strong> Versorgungsgebiete unterschiedlicher<br />

<strong>Dichte</strong> zu hinterfragen (TIETZ 2006, 166). Vorgeschlagen wird z. B.<br />

die Entwicklung von Tarifzonenmodellen, die unterschiedliche Infrastrukturaufwände<br />

in Gebieten verschiedener <strong>Dichte</strong> berücksichtigen <strong>und</strong> sich positiv auf die Sicherung<br />

dichter <strong>und</strong> erschließungsgünstiger Gebiete auswirken (HERZ et al. 2005, 12;<br />

MARSCHKE 2004, 86, 2005, 29ff.). MARSCHKE et al. (2005, 30) gehen davon aus,<br />

dass sich eine verursachergerechte Kostenanlastung am besten durch ein raumbezogenes<br />

<strong>Dichte</strong>modell erreichen lässt, das den Erschließungsaufwand typischer,<br />

unterschiedlich dicht besiedelter Siedlungsstrukturen berücksichtigt.<br />

Angestrebt wird eine finanzielle Förderung infrastruktureller Rückbaumaßnahmen<br />

bei Nachweis einer zukünftigen Gebühren- <strong>und</strong> Preisstabilität (MARSCHKE 2004, 86),<br />

die seit 2006 mit der Aufnahme der Rückführung städtischer Infrastruktur als Fördertatbestand<br />

der Städtebauförderung gewährt wird. Zu vermeiden sind allerdings Förderungen<br />

nach dem Gießkannenprinzip (MARSCHKE 2004, 86). Um einer flächenhaften<br />

Förderung entgegen zu wirken, ist im Land Sachsen die Förderfähigkeit auf sol-


236 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

che Vorhaben beschränkt, die im Rahmen flächenhafter Rückbaumaßnahmen zur<br />

Bereitstellung dauerhafter Lösungen beitragen (KÖPPL 2006), was zu begrüßen ist.<br />

9.1.3 Dezentrale Versorgung als Alternative?<br />

Neben diesen primär auf eine Sicherung ausreichender <strong>Dichte</strong>n ausgerichteten<br />

Stadtumbaustrategien sind (gerade <strong>für</strong> ländliche Gebiete) andere Handlungsansätze<br />

denkbar. Während bisher hohe Versorgungsstandards <strong>und</strong> die Versorgungspflicht<br />

zur Gewährleistung eines Mindestmaßes an Verdichtung zwingen, können alternativ<br />

auch neue Maßstäbe <strong>für</strong> die Versorgungssicherheit <strong>und</strong> -qualität entwickelt werden.<br />

Vorgeschlagen wird z. B. ein Aufbrechen der Versorgungspflicht <strong>für</strong> die Versorgungswirtschaft.<br />

Gerade <strong>für</strong> Gebiete mit geringer <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> einer langfristig nicht<br />

tragbaren finanziellen Belastung der Infrastrukturversorgung ist die derzeit durch<br />

gültige Normen gesicherte Beibehaltung der höchsten Versorgungsqualität zu hinterfragen.<br />

Denkbar ist insbesondere, dass in ländlichen Räumen mit geringer <strong>Dichte</strong><br />

umfangreiche Sanierungen <strong>und</strong> Neuanschlüsse ausbleiben (MARSCHKE 2004, 86)<br />

<strong>und</strong> stattdessen eine Umstellung auf dezentrale Versorgungssysteme erfolgt.<br />

Die meist genannte Alternative zu einer auf Kontraktion <strong>und</strong> Sicherung von <strong>Dichte</strong>n<br />

ausgerichteten Stadtumbaustrategie ist eine zunehmende Systemumstellung zentraler<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgungssysteme auf dezentrale Systemlösungen (FREUDENBERG,<br />

KOZIOL 2003, 14f.; IÖR, IES 2004). So könnten Stadtumbauprozesse dazu genutzt<br />

werden, große Gesamtnetze in kleine Teilnetze aufzulösen <strong>und</strong> diesen entsprechende<br />

dezentrale Erzeugungs- <strong>und</strong> Behandlungsanlagen zuzuordnen. Unter bestimmten<br />

Bedingungen kann diese Differenzierung in Teilnetze trotz der beschriebenen<br />

‚economies of scale’ (s. Kapitel 7.2.1) zu insgesamt kostengünstigeren Lösungen<br />

führen (TIETZ 2006, 165) <strong>und</strong> ökologisch sinnvoll sein (IÖR, IES 2004).<br />

Exkurs 24: Ersatz der zentralen Fernwärmeversorgung durch dezentrale<br />

Nahwärmeanlagen in Zwickau 65<br />

Aufgr<strong>und</strong> des massiven Rückgangs des Fernwärmeabsatzes in Zwickau (s. Exkurs 18) kann<br />

die Fernwärmeversorgung hier nicht mehr wirtschaftlich als zentrale Versorgung betrieben<br />

werden. Bezogen auf das Gesamtnetz betragen die Wärmeverluste inzwischen 19 %. Umbau-<br />

<strong>und</strong> Anpassungsmaßnahmen sind seit 1999 erforderlich. Zu diesem Zeitpunkt war der<br />

Wärmeabsatz um etwa 40 % zurückgegangen. Anpassungsmaßnahmen beinhalten eine<br />

Umrüstung einiger Sek<strong>und</strong>ärnetze von 4-Leiter auf 2-Leiter-Systeme. Zudem wurde im Zuge<br />

der Netzanpassungsmaßnahmen die Errichtung von 22 Nahwärmeversorgungsanlagen notwendig.<br />

Verschiedene Untersuchungen anhand diverser Varianten haben ergeben, dass ein weiterer<br />

Betrieb der Fernwärmeversorgung über ein zentrales Netz in Anbetracht des rückläufigen<br />

Wärmebedarfs ökonomisch <strong>für</strong> die Zukunft nicht mehr tragfähig sein wird <strong>und</strong> mittel- bis<br />

langfristig eine fortgesetzte Umstellung auf dezentrale Versorgungslösungen erforderlich<br />

sein wird. Dabei werden die bestehenden Systeme solange wie möglich im Unterlastbereich<br />

weiter betrieben <strong>und</strong> Investitionen möglichst lange hinaus gezögert, um eine weitere Planungssicherheit<br />

über Bestands- <strong>und</strong> Rückbaugebiete im Rahmen des Stadtumbaus zu erhalten<br />

(INTERVIEW SCHNEIDER, SPIELVOGEL).<br />

Mögliche dezentrale Lösungen sind Nahwärmeinseln im Bereich der Wärmeversorgung<br />

oder Kleinkläranlagen bei der Abwasserentsorgung (FREUDENBERG, KOZIOL<br />

2003, 14). In Gebieten, die sehr starken Entdichtungsprozessen ausgesetzt sind,<br />

sollten vermehrt Möglichkeiten der Direkteinleitung von Abwässern <strong>und</strong> der Eigenversorgung<br />

mit Trinkwasser geprüft werden (TIETZ 2006, 166). Besonders bei der<br />

Wärmeversorgung können dezentrale Lösungen eine ökonomische Alternative zu<br />

65 Veröffentlichungserlaubnis erteilt am 16.08.2007.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 237<br />

einer zentralen Versorgung darstellen (TIETZ 2006,165f.), wie auch Exkurs 24 verdeutlicht.<br />

Der zunehmenden Nutzung dezentraler Systeme sind allerdings auch Grenzen gesetzt:<br />

- So sind bei der Abwasserentsorgung bestimmte naturräumliche Gegebenheiten<br />

die Voraussetzung <strong>für</strong> den Einsatz dezentraler Systeme (BÖLITZ 2004, S. 67).<br />

- Zu berücksichtigen ist auch, dass ein verstärkter Einsatz dezentraler Einzellösungen<br />

einer weiteren Zersiedlung <strong>und</strong> damit Entdichtung der Siedlungsstruktur<br />

Vorschub leisten könnte (IÖR, IES 2004, S. 4).<br />

- Aufgr<strong>und</strong> vielfältiger Vorschriften zur Sicherung der Trinkwasserqualität bestehen<br />

im Hinblick auf dezentrale Trinkwasserversorgungen so gut wie keine Handlungsmöglichkeiten<br />

(INTERVIEWS 1, 2).<br />

- Aus Wirtschaftlichkeitserwägungen der Ver- <strong>und</strong> Entsorger ist es sinnvoll, nicht<br />

mehr ausgelastete zentrale Systeme möglichst lange zu betreiben, um eine Systemumstellung<br />

auf dezentrale Systeme hinauszuzögern (INTERVIEW 1) <strong>und</strong> die<br />

Vorteile zentraler Systeme (z. B. höhere Wirkungsgrade der Fernwärmeversorgung)<br />

zu nutzen (INTERVIEW 2).<br />

Gerade <strong>für</strong> verdichtete städtische Räume sind zentrale Ver- <strong>und</strong> Entsorgungssysteme<br />

deshalb nach wie vor die ökonomisch <strong>und</strong> ökologisch effizienteste Alternative<br />

(IÖR, IES 2004).<br />

Im Zuge der zunehmenden Polarisierung der räumlichen Entwicklung sind Entscheidungen<br />

über angepasste Systeme der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung zukünftig in stärkerem<br />

Maße standortspezifisch, unter Berücksichtigung der regionalen oder städtischen<br />

Besonderheiten <strong>und</strong> der bestehenden sowie angestrebten <strong>Dichte</strong>n zu entwickeln.<br />

9.2 Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik<br />

Anhand der dargestellten Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die stadttechnische<br />

Infrastruktur wird geschlossen, dass Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n bestehen,<br />

bei deren Unterschreitung die Sicherung der technischen Funktionsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> die Finanzierbarkeit der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung einen unverhältnismäßig<br />

hohen Aufwand erfordern.<br />

Zur Bestimmung solcher Schwellenwerte fehlen bisher ausreichende Erfahrungswerte.<br />

Von den Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen konnten bisher keine Informationen<br />

bereitgestellt werden, auf deren Gr<strong>und</strong>lage eine direkte Ableitung von Schwellenwerten<br />

möglich war. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> werden Schwellenkorridore minimaler<br />

<strong>Dichte</strong>n anhand von Modellrechnungen ermittelt.<br />

Als Gr<strong>und</strong>lage der Modellrechnungen werden verschiedene Annahmen getroffen.<br />

Es wird davon ausgegangen, dass<br />

- derzeitige Versorgungsstrukturen einer zentralen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in städtischen<br />

Gebieten fortbestehen,<br />

- derzeitige Kostenstrukturen beibehalten werden <strong>und</strong><br />

- die Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung zwar ansteigen werden,<br />

dieser Kostenanstieg jedoch begrenzt wird.


238 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Um siedlungsstrukturellen Unterschieden Rechnung zu tragen, werden die Schwellenkorridore<br />

differenziert <strong>für</strong> die in ostdeutschen Städten relevanten Stadtstrukturtypen<br />

erarbeitet. Die Modellrechnungen basieren auf Daten zu typischen <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong><br />

Infrastrukturaufwänden der verschiedenen Strukturtypen. Die Gr<strong>und</strong>lagendaten der<br />

Modellierung werden in Kapitel 9.2.1 dargelegt <strong>und</strong> eingeschätzt.<br />

Auf der Basis der in Kapitel 8 aufgezeigten Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf<br />

die stadttechnische Infrastruktur ergeben sich verschiedene Grenzen in Bezug auf<br />

Aufwand, Finanzierbarkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur.<br />

Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage werden im Folgenden Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n aus<br />

Sicht der stadttechnischen Infrastruktur bestimmt:<br />

- <strong>Dichte</strong>rückgänge im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen führen zu einem Anstieg<br />

des Infrastrukturaufwands. Dabei kann – differenziert nach Stadtstrukturtypen –<br />

diejenige Schwelle bestimmt werden, ab der eine überproportionale Steigerung<br />

des Infrastrukturaufwands erfolgt (Kapitel 9.2.2).<br />

- Am stärksten von Funktionsbeeinträchtigungen ist die Schmutzwasserentsorgung<br />

betroffen, bei der eine Minderauslastung der Netze zu einem vollständigen<br />

Funktionsverlust führen kann. Diese Schwelle des Funktionsverlusts wird herangezogen,<br />

um Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der technischen<br />

Funktionsfähigkeit zu bestimmen (Kapitel 9.2.3).<br />

- Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n ergeben sich vor allem auch aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen.<br />

So können Funktionsverluste der stadttechnischen<br />

Infrastrukturen durch einen Umbau der Systeme <strong>und</strong> einen entsprechenden<br />

Einsatz von Investitionen weitestgehend aufgefangen werden. Dies würde<br />

allerdings zu unverhältnismäßig hohen Kosten der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung führen.<br />

Bezogen auf die Stadtumbaugebiete ist die ökonomische Tragfähigkeit der Wasserver-<br />

<strong>und</strong> -entsorgung dann gefährdet, wenn die quartiersbezogenen Kosten<br />

das quartiersbezogene Gebührenaufkommen überschreiten. Bei der Fernwärmeversorgung<br />

ergibt sich die ökonomische Tragfähigkeit anhand einer Wirtschaftlichkeitsgrenze,<br />

die anhand der Wärmebedarfsdichte angegeben werden kann<br />

(Kapitel 9.2.4).<br />

Abschließend werden die Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur in einer Synopse zusammenfassend dargestellt (9.2.5).<br />

Neben den Werten minimaler Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten, die stark von den<br />

in 9.2.1 gesetzten Gr<strong>und</strong>annahmen abhängen, werden dabei auch Schwellen eines<br />

maximalen Bevölkerungsrückgangs angegeben. Diese ermöglichen es auch bei von<br />

den Gr<strong>und</strong>annahmen abweichenden Ausgangswerten, Schwellenkorridore minimaler<br />

<strong>Dichte</strong> <strong>für</strong> verschiedene Stadtstrukturtypen zu bestimmen.<br />

9.2.1 Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellierung<br />

Die Gr<strong>und</strong>lagendaten <strong>für</strong> die Modellierung basieren auf zwei Studien, die sich intensiv<br />

mit Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten verschiedener Stadtstrukturtypen auseinandersetzen.<br />

Im Folgenden werden die aus diesen Studien gewonnen Daten zu<br />

<strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> Längen der Erschließungsnetze dargelegt <strong>und</strong> deren Validität bewertet.<br />

Daten der <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> der Längen der Erschließungsnetze<br />

SIEDENTOP et al. 2006 modellieren die Infrastrukturfolgekosten der Siedlungsentwicklung<br />

<strong>für</strong> die Region Havelland-Fläming. Annahmen zu Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />

werden anhand von Literaturangaben sowie eigenen Berechnungen


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 239<br />

zur Wohnungsdichte ermittelt. Dabei wird die durchschnittlich sehr geringe Siedlungsdichte<br />

in Brandenburg berücksichtigt (SIEDENTOP et al. 2006, 52ff.). Werte zu<br />

den Netzlängen der Infrastrukturen basieren auf empirischen Erhebungen in ausgewählten<br />

Beispielstädten in der Region (SIEDENTOP et al. 2006, 104). Siedlungstypen<br />

werden unterschieden auf Basis unterschiedlicher Verdichtungsgrade (gering<br />

verdichtet, moderat verdichtet, verdichtet) sowie Entwicklungsdynamiken (schrumpfend,<br />

stabil, wachsend) (SIEDENTOP et al. 2006, 50). Tabelle 60 gibt einen Überblick<br />

über die auf dieser Studie basierenden Gr<strong>und</strong>lagendaten <strong>für</strong> die weiteren Modellrechnungen.<br />

Anstelle einer detaillierten Unterscheidung der Siedlungstypen werden<br />

zur Vereinfachung Wertespannen angegeben, die das gesamte Spektrum der Siedlungstypen<br />

abdecken <strong>und</strong> geeignet sind, Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus<br />

Sicht der stadttechnischen Infrastruktur abzuleiten.<br />

Tabelle 60: Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellrechnungen nach SIEDENTOP et al.<br />

(2006, 52ff., 106ff.) (Eigene Darstellung <strong>und</strong> zum Teil eigene Berechnung)<br />

Stadtstrukturtyp<br />

GFD<br />

Wohnfläche je<br />

EW in m 2<br />

EW je ha<br />

m Schmutzwasserleitung<br />

je Einwohner<br />

m Trinkwasserleitung<br />

je Einwohner<br />

Block 0,8-1,0 30,0-34,7 184-267 1,1-1,3 0,9-1,2<br />

Platte 0,8-1,1 27,3-31,6 203-323 0,5-0,6 0,6-0,9<br />

Zeile 0,6-1,0 26,4-30,5 157-303 0,6-1,3 0,8-1,5<br />

MFH 90+ 0,5-0,7 31,8-36,8 109-176 1,3-2,1 1,1-1,6<br />

EFH dicht 0,3-0,4 37,9-41,4 58-84 2,2-3,0 2,1-2,9<br />

EFH locker 0,15-0,2 37,9-41,4 29-42 3,2-5,2 3,3-5,5<br />

Dorf 0,15-0,2 37,9-41,4 29-42 7,8-11,6 8,9-11,7<br />

Streu 0,1-0,2 37,9-41,4 19-42 3,6-8,0 4,1-9,0<br />

BUCHERT et al. (2004) nutzen Daten zur Bebauungsdichte, um die Stoffaufwendungen<br />

<strong>für</strong> die stadttechnische Erschließung von Wohngebieten zu modellieren. Diese<br />

werden nach Stadtstrukturtypen sowie den Raumtypen ‚Kernstadt’, ‚suburbaner<br />

Raum’ <strong>und</strong> ‚ländlicher Raum’ differenziert. Diese Daten basieren auf Angaben aus<br />

der Literatur sowie auf Berechnungen der Hilfsgröße der Wohnungsdichte (BU-<br />

CHERT et al. 2004, 25ff.). Längen der Erschließungsnetze werden anhand der Annahmen<br />

zur Erschließung von modellhaften Planquadraten errechnet (BUCHERT et<br />

al. 2004, 43ff.). Tabelle 61 zeigt eine zusammenfassende Darstellung der auf dieser<br />

Studie basierenden Gr<strong>und</strong>lagendaten <strong>für</strong> die weiteren Modellrechnungen.<br />

Tabelle 61: Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellrechnungen nach BUCHERT et al. (2004, 31,<br />

Anhang I 20ff.) (Eigene Darstellung <strong>und</strong> zum Teil eigene Berechnung)<br />

Stadt-<br />

strukturtyp<br />

GFD<br />

Wohnfläche 1<br />

je EW in m 2<br />

EW je ha<br />

m Schmutzwasserleitung<br />

je Einwohner<br />

m Trinkwasserleitung<br />

je Einwohner<br />

Block 1,2-2,5 36,6 262-546 1,19 1,4<br />

Platte 0,8-1,5 29,4 218-408 0,8-1,0 0,9-1,3<br />

Zeile 0,6-1,3 32,0 150-325 0,9-1,5 1,0-1,7<br />

MFH 90+ 0,5-1,2 37,9 106-253 1,0-1,9 1,2-2,1<br />

EFH dicht 0,4-0,7 37,6 85-149 2,2-3,1 2,5-3,5<br />

EFH doppel 0,3-0,5 37,6 64-106 2,7-3,6 3,1-4,1<br />

EFH locker 0,15-0,3 41,2 29-58 4,0-6,3 4,5-7,1<br />

1 Die nach Stadtstrukturtypen differenzierte Wohnflächeninanspruchnahme wurde auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage von Daten des Mikrozensus 2002 zur Wohnflächeninanspruchnahme in<br />

Wohngebäuden unterschiedlicher Alterklassen <strong>und</strong> Wohnungszahlen errechnet (Anhang<br />

IV).


240 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Bewertung der Gr<strong>und</strong>lagendaten<br />

Die gewählten Gr<strong>und</strong>lagendaten sind von zentraler Bedeutung <strong>für</strong> die erzielten Ergebnisse<br />

<strong>und</strong> werden vor diesem Hintergr<strong>und</strong> einer kritischen Einschätzung unterzogen.<br />

Zunächst ist hervorzuheben, dass sich die angegebenen <strong>Dichte</strong>werte auf eine Vollbelegung<br />

der beschriebenen Siedlungsstrukturen beziehen. Aktuelle Leerstände<br />

werden hierbei nicht berücksichtigt <strong>und</strong> werden im weiteren Verlauf der Modellrechnungen<br />

als Annahmen integriert. Während die Studie von SIEDENTOP et al. (2006)<br />

sowohl Annahmen zu Bebauungs- als auch zu Einwohnerdichten enthält, werden in<br />

der Studie von BUCHERT et al. (2004) lediglich Bebauungsdichten angegeben, die<br />

anhand von stadtstrukturtypenspezifischen Werten der individuellen Wohnflächeninanspruchnahme<br />

in Einwohnerdichten umgerechnet werden (s. Anhang IV).<br />

Ein Vergleich der <strong>Dichte</strong>werte der beiden Studien zeigt durchweg höhere <strong>Dichte</strong>annahmen<br />

in der Studie von BUCHERT et al. (2004). Dies ist bedingt durch die verschiedenen<br />

regionalen Kontexte mit einer ländlichen Siedlungsstruktur bei SIEDEN-<br />

TOP et al. (2006) <strong>und</strong> einer großstädtischen Siedlungsstruktur bei BUCHERT et al.<br />

(2004). Damit bilden die <strong>Dichte</strong>werte der Studien die beiden Extreme der möglichen<br />

Ausprägungen der <strong>Dichte</strong>n der betrachteten Stadtstrukturtypen.<br />

Eine besonders hohe Spanne der <strong>Dichte</strong>werte kann <strong>für</strong> den Strukturtyp der gründerzeitlichen<br />

Blockbebauung festgestellt werden, mit Geschossflächendichten von 0,8<br />

bis 2,5 <strong>und</strong> Einwohnerdichten zwischen 184 bis 546 Einwohner je ha netto. Diese<br />

Wertespannen entsprechen den empirisch festgestellten <strong>Dichte</strong>differenzen dieses<br />

Strukturtyps:<br />

- Die höchsten <strong>Dichte</strong>werte weisen dabei metropolitane Blockbebauungen auf,<br />

zum Beispiel die geschlossene Hinterhofbebauung in Berlin, die im Jahr 1996 eine<br />

Einwohnerdichte von durchschnittlich 549 Einwohnern je ha (SENSTADT BER-<br />

LIN 1996b) <strong>und</strong> in 2006 von 475 Einwohnern je ha aufwies (SENSTADT BERLIN<br />

2006).<br />

- Deutlich geringer sind bereits die aktuellen <strong>Dichte</strong>werte der gründerzeitlichen<br />

Bebauungsstruktur in ostdeutschen Großstädten, z. B. mit einer Einwohnerdichte<br />

von durchschnittlich 150 Einwohnern je ha brutto <strong>und</strong> damit 210 Einwohnern je<br />

ha netto in Leipzig <strong>und</strong> Dresden (BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE 2004b, 64; MEINEL<br />

et al. 2007, 87). Berücksichtigt man bei den Leipziger <strong>und</strong> Dresdner Werten einen<br />

durchschnittlichen Wohnungsleerstand der gründerzeitlichen Blockbebauung<br />

von 20 % in Leipzig (STADT LEIPZIG 2005, 15) <strong>und</strong> 22 % in Dresden (LANDES-<br />

HAUPTSTADT DRESDEN 2007), würden sich hier bei Vollbelegung Einwohnerdichten<br />

von 260 bis 270 Einwohner je ha Nettowohnbauland ergeben.<br />

- Den unteren Teil des <strong>Dichte</strong>korridors beim Strukturtyp der Blockbebauung bilden<br />

ostdeutsche Klein- <strong>und</strong> Mittelstädte, wie sie in der Region Havelland-Fläming<br />

vorkommen, mit Geschossflächendichten zwischen 0,8 <strong>und</strong> 1,0 <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />

zwischen 180 <strong>und</strong> 260 Einwohnern je ha netto (SIEDENTOP et al. 2006,<br />

57).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 241<br />

Abbildung 77: Gründerzeitliche Blockbebauung in Berlin <strong>und</strong> Brandenburg an der<br />

Havel (Fotos: Dahme)<br />

Zur Bewertung der Angaben zu den Längen der Erschließungsnetze zeigt<br />

Abbildung 78 eine vergleichende Darstellung der spezifischen Netzlängen der<br />

Trinkwasserleitungen je Einwohner in Abhängigkeit von den Geschossflächendichten,<br />

die sich aus den jeweiligen Studien ergeben.<br />

Abbildung 78: Geschossflächendichten <strong>und</strong> spezifische Netzlänge der<br />

Trinkwasserleitungen (Eigene Berechnung <strong>und</strong> Darstellung auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage von SIEDENTOP et al. 2006, BUCHERT et al. 2004)<br />

m Trinkwasserleitung je Einwohner<br />

Siedentop et al. 2006 Buchert et al. 2004<br />

13<br />

12<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6<br />

Geschossflächendichte (GFD)<br />

Deutlich werden erneut die bereits erläuterten höheren <strong>Dichte</strong>werte der Studie von<br />

BUCHERT et al. (2004). 66 Je nach Strukturtyp liegen die Werte um 8 bis 44 % höher<br />

als die Werte von SIEDENTOP et al. (2006), obwohl aufgr<strong>und</strong> der höheren <strong>Dichte</strong>n<br />

eigentlich ein geringerer spezifischer Erschließungsaufwand zu erwarten wäre. Aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer empirischen Ermittlung werden die Daten von SIEDENTOP et al. (2006)<br />

als valider eingeschätzt <strong>und</strong> deshalb im Folgenden als zentrale Gr<strong>und</strong>lage der Modellbildung<br />

verwendet.<br />

66 Aufgr<strong>und</strong> der von BUCHERT et al. (2004) anhand von modellierten Planquadraten abgeleiteten<br />

Netzlängen ergibt sich bei gleichen <strong>Dichte</strong>werten tendenziell ein höherer spezifischer<br />

Erschließungsaufwand als auf Basis der von SIEDENTOP et al. (2006) empirisch<br />

ermittelten Werte.


242 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

9.2.2 Schwellenkorridore aus Sicht des Infrastrukturaufwands<br />

Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n werden bisher vor allem aus Sicht des gesamten<br />

Infrastrukturaufwands <strong>für</strong> die innere Wohngebietserschließung genannt, der neben<br />

der stadttechnischen auch die verkehrliche Erschließung umfasst. Als Schwellenwert<br />

wird dabei derjenige Punkt der exponentiellen Kurve des Zusammenhangs<br />

zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Infrastrukturaufwand benannt, ab dem der Infrastrukturaufwand<br />

überproportional ansteigt. Je nach getroffenen Annahmen variiert dieser Punkt<br />

leicht. Anhand einer Analyse des Stofflagers der Erschließung kommt SCHILLER<br />

(2002, 26f.) zu dem Schluss, dass der stoffbezogene Infrastrukturaufwand unterhalb<br />

einer Geschossflächendichte von 0,5 sehr stark ansteigt.<br />

Abbildung 79: Schwelle überproportional steigenden Infrastrukturaufwands<br />

(Eigene Darstellung nach Schiller 2002, 26)<br />

t/m² Geschossfläche<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />

Geschossflächendichte (GFD)<br />

SIEDENTOP et al. (2006, 217f.) ermittelten eine kritische Schwelle von 20 Wohneinheiten<br />

je ha Bruttowohnbauland, bei deren Unterschreitung die Kosten der inneren<br />

Erschließung je Wohneinheit (z. B. der Abwasserentsorgung) exponentiell ansteigen.<br />

Tabelle 62: Schwellenwerte zur Begrenzung des Infrastrukturaufwands (Eigene<br />

Darstellung auf der Gr<strong>und</strong>lage von SCHILLER 2002, 26f.; SIEDENTOP et al. 2006, 217f.) 1<br />

Quelle<br />

WE je<br />

ha brutto<br />

WE je<br />

ha netto<br />

Belegungsziffer<br />

EW je<br />

ha netto<br />

Schiller 2002 30 42 2,52 1063 0,5<br />

Siedentop et al.<br />

20 28 2,3<br />

2006<br />

4 64 0,325 1 Werte aus Quellenangaben sind fett dargestellt, andere Werte sind eigene Berechnungen<br />

2 Belegungsziffer von bewohnten Wohnungen in Wohngebäuden mit 1 <strong>und</strong> 2 Wohnungen in den Neuen<br />

Ländern <strong>und</strong> Berlin Ost nach Mikrozensus 2002 (STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b, 46)<br />

3 Bei Annahme einer Wohnfläche je Einwohner von 37,6 m² je Einwohner nach Mikrozensus (s. Anhang IV)<br />

4 Nach SIEDENTOP et al. 2006, 56 <strong>für</strong> den Gemeindetyp stabil<br />

5 Bei Annahme einer Wohnfläche von 39,6 m² je Einwohner nach SIEDENTOP et al. 2006, 56 <strong>und</strong> 59<br />

Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n werden bisher also vor allem als pauschaler<br />

Schwellenwert in Bezug auf die Gesamtheit aller Stadtstrukturtypen gesetzt. Sie<br />

GFD


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 243<br />

geben damit Mindestdichten <strong>für</strong> den gering verdichteten Einfamilienhausbau vor.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen stellt sich allerdings zunehmend<br />

die Frage, ob bei massiven Bevölkerungsrückgängen nicht auch bei Stadtstrukturtypen<br />

höherer <strong>Dichte</strong>n Schwellenwerte bestehen.<br />

Abbildung 80 verdeutlicht, dass sich die spezifischen Leitungslängen bei Bevölkerungsrückgang<br />

in verschiedenen Stadtstrukturtypen unterschiedlich entwickeln.<br />

Dargestellt wird die Entwicklung der spezifischen Leitungslängen der Trinkwasserleitung<br />

in m je Einwohner <strong>und</strong> der Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen<br />

bei Bevölkerungsrückgang. Jeder Punkt in der Grafik repräsentiert dabei einen Bevölkerungsrückgang<br />

von 10 %. Zu erkennen sind deutlich höhere Aufwandssteigerungen<br />

in den geringer verdichten Stadtstrukturtypen. So nimmt die spezifische<br />

Netzlänge der Trinkwasserversorgung im Strukturtyp Platte bei einem Bevölkerungsrückgang<br />

von 50 % von 0,73 m je Einwohner auf 1,46 m je Einwohner zu.<br />

Während die relative Steigerung einer Verdoppelung des Erschließungsaufwands<br />

bei Halbierung der Bevölkerung in allen Strukturtypen den gleichen Umfang einnimmt,<br />

ist die absolute Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands im<br />

Strukturtyp ‚Einfamilienhaus locker’ deutlich höher, mit einem Anstieg von 5,52 m je<br />

Einwohner auf 11,04 m je Einwohner.<br />

Abbildung 80: Steigerung der spezifischen Länge der Trinkwasserleitung je<br />

Einwohner bei Bevölkerungsrückgang (Eigene Berechnungen auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage von Daten von SIEDENTOP et al. 2006)<br />

m Trinkwasserleitung je Einwohner<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Schwellenwert nach<br />

Siedentop et al. 2006 (217f.):<br />

64 EW je ha netto<br />

0 50 100 150 200 250<br />

Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />

Block<br />

Platte<br />

Zeile<br />

MFH 90+<br />

EFH locker<br />

Dargestellt wird in der Abbildung ebenfalls der von SIEDENTOP et al. (2006, 217f.)<br />

ermittelte Schwellenwert der <strong>Dichte</strong> von 20 Wohneinheiten je ha Bruttowohnbauland<br />

(entsprechend einer Nettowohndichte von 64 Einwohnern je ha Nettowohnbauland),<br />

bei dessen Unterschreitung die Kosten der inneren Wohngebietserschließung exponentiell<br />

ansteigen. Dieser in der Literatur genannte minimale <strong>Dichte</strong>wert zur Vermeidung<br />

eines überproportionalen Infrastrukturaufwands wird im Rahmen dieser Arbeit<br />

als Untergrenze der <strong>Dichte</strong> aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur gesetzt.<br />

Während dieser Wert sinnvoll zur Begrenzung des spezifischen Infrastrukturaufwands<br />

im Einfamilienhausbau ist, verdeutlicht Abbildung 80 auch, dass bei den ver-


244 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

dichteteren Strukturtypen weitaus früher eine exponentielle Steigerung des spezifischen<br />

Erschließungsaufwands vorliegt. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> werden <strong>für</strong> diese<br />

Strukturtypen zur Begrenzung des Infrastrukturaufwands jeweils spezifische <strong>Dichte</strong>schwellenwerte<br />

gesetzt. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich der spezifische<br />

Infrastrukturaufwand (in m Trinkwasserleitung je Einwohner) innerhalb eines Strukturtyps<br />

nicht mehr als verdoppeln soll. Zur Begrenzung des Infrastrukturaufwands<br />

sollte der Bevölkerungsrückgang damit 50 % nicht überschreiten.<br />

Anhand dieser Zielsetzung sowie der in 9.2.1 beschriebenen Modellierungsdaten<br />

ergeben sich die in Tabelle 63, Abbildung 81 <strong>und</strong> Abbildung 82 aufgezeigten<br />

Schwellenkorridore der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten.<br />

Zwar ist zur Bestimmung des Infrastrukturaufwands unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />

zunächst die Einwohnerdichte die entscheidende Größe, allerdings werden aufgr<strong>und</strong><br />

der Bedeutung <strong>für</strong> baurechtliche Festsetzungen ebenso Werte minimaler Geschossflächenzahlen<br />

angegeben. Diese wurden aus den minimalen Nettowohndichten<br />

anhand von Annahmen zur typischen individuellen Wohnflächeninanspruchnahme<br />

berechnet (s. Anhang IV). Damit entsprechen die angegebenen Geschossflächenzahlen<br />

denjenigen Bebauungsdichten, die bei den angenommenen Nettowohndichten<br />

dann erreicht werden, wenn ein vollständiger flächenhafter Rückbau<br />

leerstehender Wohngebäude erreicht wird. Geht man zudem von Wohnungsleerstand<br />

aus, so erhöhen sich die minimalen Geschossflächenzahlen entsprechend.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Ausgangsdaten der beiden zu Gr<strong>und</strong>e gelegten<br />

Studien (siehe 9.2.1) ergeben sich <strong>für</strong> einzelne Strukturtypen zum Teil breite Zielkorridore<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n. Dies gilt insbesondere <strong>für</strong> den Strukturtyp ‚Block’ mit<br />

einem Korridor minimaler Geschossflächenzahlen zwischen 0,4 <strong>und</strong> 1,25 <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />

zwischen 92 <strong>und</strong> 273 Einwohnern je ha. Engere <strong>Dichte</strong>korridore ergeben<br />

sich <strong>für</strong> die Strukturtypen Zeile (GFZ 0,32-0,65; EW je ha 75-152), Mehrfamilienhäuser<br />

nach 1990 (GFZ 0,3-0,6; EW je ha 64-127), sowie <strong>für</strong> die verdichteten<br />

<strong>und</strong> locker bebauten Einfamilienhäuser (GFZ 0,3-0,35; EW je ha 64-74).<br />

Tabelle 63: Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n zur Begrenzung des spezifischen Infrastrukturaufwands<br />

(in m Trinkwasserleitung je Einwohner) (Eigene Berechnungen auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage von Daten von BUCHERT et al. 2004 <strong>und</strong> SIEDENTOP et al. 2006)<br />

Strukturtyp<br />

Eigene Berechnungen nach<br />

BUCHERT et al. 2004<br />

Eigene Berechnungen nach<br />

SIEDENTOP et al. 2006<br />

EW je ha GFZ EW je ha GFZ<br />

Block 131-273 0,6-1,25 92-134 0,4-0,5<br />

Platte 109-204 0,4-0,75 102-162 0,4-0,55<br />

Zeile 75-163 0,3-0,65 79-152 0,3-0,5<br />

MFH 90+ 64-127 0,3-0,6 64-88 0,3-0,35<br />

EFH >64-74 >0,32-0,35 >64 >0,3


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 245<br />

Abbildung 81: Korridore minimaler Einwohnerdichten zur Begrenzung des spezifischen<br />

Infrastrukturaufwands (in m Trinkwasserleitung je Einwohner)<br />

(Eigene Darstellung)<br />

Einwohner je ha netto<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Siedentop et al. 2006 Buchert et al. 2004<br />

Schwellenwert nach Siedentop et al.<br />

2006, (217f.): min. 64 EW je ha netto<br />

Block Platte Zeile MFH 90+ EFH<br />

Abbildung 82: Korridore minimaler Geschossflächenzahlen zur Begrenzung<br />

des spezifischen Infrastrukturaufwands (in m Trinkwasserleitung je Einwohner)<br />

(Eigene Darstellung)<br />

Geschossflächenzahl (GFZ)<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

Siedentop et al. 2006 Buchert et al. 2004<br />

Schwellenwert nach Siedentop et al.<br />

2006 (217f.): min. GFZ 0,32<br />

Block Platte Zeile MFH 90+ EFH<br />

9.2.3 Schwellenkorridore aus Sicht der technischen Funktionsfähigkeit<br />

Schwellen der technischen Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

ergeben sich, wenn bei Unterauslastung der stadttechnischen Infrastruktur<br />

infolge von Verbrauchs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen zur Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen<br />

Betriebs betriebstechnische Maßnahmen erforderlich werden <strong>und</strong> ein<br />

vollständiger Funktionsverlust eintritt, der bauliche Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsmaßnahmen<br />

erfordert.


246 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Dabei wird davon ausgegangen, dass Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n im Hinblick<br />

auf die technische Funktionsfähigkeit erst dann erreicht werden, wenn es zu<br />

einem vollständigen Funktionsverlust kommt. Dies ist <strong>für</strong> die Schmutzwasserentsorgung<br />

der Fall, bei der ab einer Unterauslastung von 70 % die Funktionsfähigkeit<br />

soweit eingeschränkt ist, dass Netzanpassung <strong>und</strong> -umbau erforderlich werden<br />

(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 59). Die Trinkwasserversorgung hingegen kann allein<br />

durch betriebstechnische Maßnahmen aufrecht erhalt werden. Bei der Fernwärmeversorgung<br />

lassen sich Schwellen minimaler <strong>Dichte</strong>n vor allem anhand der Wärmebedarfsdichten<br />

bestimmen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> werden Schwellenkorridore aus<br />

Sicht der technischen Funktionsfähigkeit im Folgenden <strong>für</strong> die Schmutzwasserentsorgung<br />

bestimmt.<br />

Da der Schmutzwasseranfall pro Kopf in etwa dem Trinkwasserverbrauch je Einwohner<br />

entspricht <strong>und</strong> dieser sich seit der Wende drastisch verringert hat, ist die<br />

Kanalisation bereits unabhängig vom Bevölkerungsrückgang von Unterauslastungen<br />

betroffen. So sind die Schmutzwassernetze allein durch den Rückgang des<br />

spezifischen Trinkwasserverbrauchs auf 90 l pro Person <strong>und</strong> Tag 67 im Vergleich<br />

zum Auslegungswert von 220 l 68 pro Person <strong>und</strong> Tag deutlich unterausgelastet (siehe<br />

Abbildung 83).<br />

Abbildung 83: Schwellenwert der Einwohnerdichte <strong>für</strong> den Strukturtyp Platte anhand<br />

der Mindestauslastung der Schmutzwassernetze von 30 %<br />

(Eigene Berechnung nach SIEDENTOP et al. 2006) 69<br />

Auslastung Schmutzwasserleitung in %___<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Auslastung der Schmutzwasserleitung bei Bevölkerungsrückgang<br />

Minderauslastung durch Rückgang des Trinkwasserverbrauchs von 220l<br />

auf 90l pro Person <strong>und</strong> Tag<br />

Schwelle minimaler Einwohnerdichte<br />

bei Mindestauslastung der<br />

Schmutzwassernetze von 30 %<br />

Fremdwasseranteil 10%<br />

0 50 100 150 200 250<br />

Einwohner je ha netto<br />

67 Dabei erfolgt eine Orientierung an den derzeit geringsten Verbräuchen um die 90 l je<br />

Einwohner <strong>und</strong> Tag, die in den B<strong>und</strong>esländern Sachsen, Sachsen-Anhalt <strong>und</strong> Thüringen<br />

gemessen werden (s. Abbildung 48).<br />

68 In der DDR wurde <strong>für</strong> Orte mit mehr als 20.000 Einwohnern von einem täglichen<br />

Schmutzwasseranfall von durchschnittlich 220 l je Einwohner <strong>und</strong> Tag ausgegangen<br />

(Pörschmann 1972, 523).<br />

69 Werte <strong>für</strong> den Strukturtyp Platte, Gemeindetyp gering verdichtet schrumpfend.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 247<br />

Abbildung 83 illustriert am Beispiel des Stadtstrukturtyps ‚Platte’, wie anhand der<br />

technischen Funktionsschwelle einer Mindestauslastung der Schmutzwassernetze<br />

von 30 % ein Schwellenwert der minimalen Einwohnerdichte ermittelt werden kann.<br />

Aus der Einwohnerdichte des Stadtstrukturtyps, dem angenommen Schmutzwasseranfall,<br />

aktuellen Verbrauchsrückgängen <strong>und</strong> Annahmen zum Bevölkerungsrückgang<br />

lässt sich die Auslastung der Schmutzwasserleitungen bei verschiedenen Einwohnerdichten<br />

darstellen. Dabei entspricht jeder Punkt auf der Funktion einem Einwohnerrückgang<br />

von 10 %. Anhand der Daten von SIEDENTOP et al. 2006 <strong>für</strong> den Stadtstrukturtyp<br />

Platte beträgt die Einwohnerdichte 203 Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />

als Ausgangswert. Aufgr<strong>und</strong> des Rückgangs des spezifischen Trinkwasserverbrauchs<br />

/ Schmutzwasseranfalls von 220 l pro Person <strong>und</strong> Tag auf 90 l sind die<br />

Schmutzwassernetze bei dieser Einwohnerdichte zu 46 % ausgelastet, wenn man<br />

von einem Fremdwasseranteil von 10 % ausgeht. Im Zuge eines angenommenen<br />

Bevölkerungsrückgangs sinkt der Auslastungswert weiter, bis auf 10 % Fremdwasseranteil<br />

bei einer vollständigen Aufgabe der Wohnnutzung. Bei 114 Einwohnern je<br />

ha Nettowohnbauland sind die Schmutzwassernetze, bei den hier angenommenen<br />

Ausprägungen des Strukturtyps Platte, nur noch zu 30 % ausgelastet.<br />

Dies entspricht einem Bevölkerungsrückgang von 44 %, der im Hinblick auf die<br />

Funktionsfähigkeit der Schmutzwasserableitung nicht überschritten werden sollte.<br />

Auf Basis des maximalen Bevölkerungsrückgangs von 44 % lassen sich <strong>Dichte</strong>schwellen<br />

<strong>für</strong> die anderen Stadtstrukturtypen berechnen (s. Abbildung 84). Da die<br />

Auslastung im Vergleich zur Dimensionierung der Leitungen zu Zeiten der DDR ermittelt<br />

wird, werden hier nur diejenigen Stadtstrukturtypen betrachtet, die bereits vor<br />

der Wende in nennenswertem Umfang existierten.<br />

Abbildung 84: Auslastung der Schmutzwassernetze nach Stadtstrukturtypen<br />

(Eigene Berechnung <strong>und</strong> Darstellung auf der Basis von Siedentop et al. 2006) 70<br />

Auslastung Schmutzwasserleitung in % __<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Minderauslastung durch Rückgang des Trinkwasserverbrauchs<br />

von 220l auf 90l pro Person <strong>und</strong> Tag<br />

Fremdwasseranteil von 10 %<br />

0 50 100 150 200 250<br />

Einwohner je ha netto<br />

70 Gemeindetyp gering verdichtet schrumpfend.<br />

Block<br />

Platte<br />

Zeile<br />

EFH dicht


248 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Anhand der Annahmen zur Wohn- <strong>und</strong> Geschossfläche je Einwohner (s. Kapitel<br />

9.2.1) lassen sich diesen Einwohnerdichten entsprechende minimale Geschossflächenzahlen<br />

errechnen (unter Annahme einer kompakten Siedlungsstruktur <strong>und</strong> einer<br />

Vollbelegung der Wohnungen).<br />

Tabelle 64 zeigt zusammenfassend die Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus<br />

Sicht der Sicherung einer Mindestauslastung der Schmutzwassernetze von 30 %.<br />

Diese Werte verhalten sich analog zu den Schwellenwerten aus Sicht der Minimierung<br />

des Infrastrukturaufwands (siehe Abbildung 81, Tabelle 62), liegen allerdings<br />

um 12 % höher.<br />

Der Berechnung der Schwellenkorridore liegt die Annahme zu Gr<strong>und</strong>e, dass die<br />

Netze zunächst entsprechend ihrer Dimensionierung voll ausgelastet waren. Waren<br />

die Netze ursprünglich auf weiteren Zuwachs ausgelegt <strong>und</strong> werden diese schon am<br />

Minimum gefahren, wie dies z. B. bei einigen nach der Wende nicht mehr fertig gestellten<br />

Plattenbaugebieten der Fall ist, werden Grenzen der Funktionsfähigkeit sehr<br />

viel schneller erreicht (INTERVIEWS 1, 7). Wenn die Netze zum Beispiel bereits zu<br />

Beginn der Betrachtungsperiode <strong>für</strong> 20 % mehr Bevölkerung dimensioniert waren,<br />

wird der Schwellenwert einer Auslastung des Netzes von 30 % bereits bei einem<br />

Bevölkerungsrückgang um 30 % erreicht.<br />

Tabelle 64: Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n anhand der Mindestauslastung der Schmutzwassernetze<br />

von 30 % (Eigene Berechnungen auf der Gr<strong>und</strong>lage von Daten von BU-<br />

CHERT et al. 2004 <strong>und</strong> SIEDENTOP et al. 2006)<br />

Strukturtyp<br />

Eigene Berechnungen nach<br />

BUCHERT et al. 2004<br />

Eigene Berechnungen nach<br />

SIEDENTOP et al. 2006<br />

EW je ha GFZ EW je ha GFZ<br />

Block 147-307 0,67-1,40 103-150 0,45-0,56<br />

Platte 122-228 0,45-0,84 114-182 0,45-0,62<br />

Zeile 84-183 0,34-0,73 88-170 0,34-0,56<br />

EFH dicht 48-83 0,22-0,39 33-47 0,17-0,23<br />

9.2.4 Schwellenkorridore aus Sicht der Wirtschaftlichkeit<br />

Quartiersbezogene Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der ökonomischen<br />

Tragfähigkeit der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ergeben sich zum einen,<br />

wenn quartiersbezogen eine Kostenunterdeckung besteht (KOZIOL, WALTHER 2006,<br />

261). Dies wird im Folgenden am Beispiel der Schmutzwasserentsorgung ausführlicher<br />

erläutert, gilt jedoch analog auch <strong>für</strong> die Trinkwasserversorgung. Zum anderen<br />

ergeben sich Schwellenwerte der ökonomischen Tragfähigkeit dann, wenn vergleichbare<br />

Systemalternativen geringere Kosten aufweisen (KOZIOL, WALTHER 2006,<br />

261). Dies ist insbesondere bei der Fernwärmeversorgung der Fall, die wirtschaftlich<br />

in Konkurrenz zu anderen Formen der Wärmeversorgung steht.<br />

Wann die Schwellen einer ökonomisch nicht mehr tragfähigen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />

erreicht werden, hängt dabei auch vom verfolgten Anspruch an die Wirtschaftlichkeit<br />

ab. Bei einer Orientierung an den auf dem Kapitalmarkt üblicherweise zu erzielenden<br />

Renditen werden diese Schwellen deutlich schneller erreicht, als wenn die Ver-<br />

<strong>und</strong> Entsorgung als kommunale Aufgabe verstanden wird, bei der es in erster Linie<br />

um die Sicherung der erforderlichen Reinvestitionen geht (INTERVIEW 2).


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 249<br />

Quartiersbezogene Kostenunterdeckung<br />

KOZIOL, WALTHER (2006) gehen bei Modellrechnungen auf der Quartiersebene <strong>für</strong><br />

den Bereich Schmutzwasserentsorgung davon aus, dass der Schwellenwert der<br />

ökonomischen Tragfähigkeit dann erreicht wird, wenn der quartiersbezogene Saldo<br />

aus Aufwand <strong>und</strong> Gebührenaufkommen die Kostendeckung unterschreitet. 71 Für die<br />

Variante „Disperse <strong>Schrumpfung</strong> ohne Erneuerung der Netze“ ergibt sich ab einem<br />

Einwohnerrückgang von 75 % eine quartiersbezogene Kostenunterdeckung, bei<br />

abgeschriebenen Netzen sogar erst bei einem Einwohnerrückgang von 85 %. Erfolgt<br />

bei einer dispersen <strong>Schrumpfung</strong> allerdings eine teilweise Erneuerung der Netze,<br />

so muss bei noch nicht abgeschriebenen Netzen bereits ab einem Einwohnerrückgang<br />

von 55 % mit einer Kostenunterdeckung gerechnet werden, bei abgeschriebenen<br />

Netzen etwa ab einem Bevölkerungsrückgang von 70 %. Durch einen<br />

flächenhaften Rückbau kann fast bis zur vollständigen Abwicklung des Quartiers<br />

eine Kostendeckung erhalten bleiben (KOZIOL, WALTHER 2006, 267). Es wird davon<br />

ausgegangen, dass Stadtumbauprozesse bisher vermehrt dispers <strong>und</strong> mit Teilerneuerungen<br />

der Netze durchgeführt wurden, so dass die in der folgenden Tabelle<br />

65 angegebenen Schwellenkorridore von einem maximalen Bevölkerungsrückgang<br />

von 55 % in Bezug auf den Bemessungswert ausgehen, bei dessen Überschreitung<br />

eine quartiersbezogene Kostenunterdeckung anzunehmen ist.<br />

Tabelle 65: Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der quartiersbezogenen Kostenunterdeckung<br />

der Schmutzwasserentsorgung (Eigene Berechnungen auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

von Daten von BUCHERT et al 2004 <strong>und</strong> SIEDENTOP et al. 2006)<br />

Strukturtyp<br />

Eigene Berechnungen nach<br />

BUCHERT et al. 2004<br />

Eigene Berechnungen nach<br />

SIEDENTOP et al. 2006<br />

EW je ha GFZ EW je ha GFZ<br />

Block 118-246 0,54-1,13 83-120 0,36-0,45<br />

Platte 98-184 0,36-0,68 91-145 0,36-0,50<br />

Zeile 68-146 0,27-0,59 71-136 0,27-0,45<br />

MFH 90+ 48-114 0,23-0,54 49-79 0,23-0,32<br />

EFH 29-67 0,14-0,32 26-38 0,14-0,18<br />

Wettbewerbsfähigkeit der Fernwärmeversorgung<br />

Gerade auf dem Wärmemarkt hat die Liberalisierung zu einem verschärften Wettbewerb<br />

geführt, gekennzeichnet durch häufig parallele Versorgung mit Fernwärme<br />

<strong>und</strong> Gas. Eine wirtschaftliche Fernwärmeversorgung erfordert eine hohe Liniendichte,<br />

gemessen auch in Wärmebedarfsdichten. Anhand der Zusammenführung von<br />

Geschossflächendichten <strong>und</strong> Wärmebedarfsdichten von Stadtstrukturtypen sowie<br />

der Grenzen einer wirtschaftlichen Fernwärmeversorgung lassen sich Rückschlüsse<br />

auf Mindestbebauungsdichten ziehen, die <strong>für</strong> eine wirtschaftliche Fernwärmeversorgung<br />

erforderlich sind (s. Abbildung 85).<br />

71 Ausgehend von einem Abwasserpreis von 4 € je m³, einem quartiersnetzrelevanten Gebührenanteil<br />

von 40 % <strong>und</strong> einer Schmutzwassermenge von 30 m³ je Einwohner <strong>und</strong><br />

Jahr.


250 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 85: Schwellenwerte minimaler Bebauungsdichten aus Sicht der Wirtschaftlichkeit<br />

der Fernwärmeversorgung (Eigene Darstellung nach RINGLER, SCHNEPF 1987,<br />

347; ROTH 1980, 99ff; SIEDENTOP et al. 2006, 97)<br />

Die Stadtstrukturtypen der Einfamilienhausbebauung sowie der Mehrfamilienhausbebauung<br />

nach 1990 eignen sich demnach aufgr<strong>und</strong> der geringen Wärmebedarfsdichten<br />

nicht <strong>für</strong> eine wirtschaftliche Fernwärmeversorgung. In den Strukturtypen<br />

Block, Platte sowie Zeile sollte mindestens eine Geschossflächenzahl von 0,7 erreicht<br />

werden, um eine wirtschaftliche Fernwärmeversorgung zu ermöglichen. Erfolgt<br />

in einem Stadtgebiet eine parallele Versorgung mit anderen Wärmeträgern sind<br />

entsprechend höhere <strong>Dichte</strong>n zu erzielen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird als Schwellenwert<br />

einer wirtschaftlichen Fernwärmeversorgung auch eine Geschossflächenzahl<br />

von 1,0 genannt (HERZ 2006, 7; TIETZ 2006, 160).<br />

Demnach werden Schwellen der ökonomischen Tragfähigkeit der Fernwärmeversorgung<br />

im Vergleich zu den anderen Medien schnell erreicht. In Stadtstrukturen,<br />

die sich bezogen auf die Strukturtypen Block, Platte <strong>und</strong> Zeile eher am unteren<br />

Rand der angegebenen <strong>Dichte</strong>korridore (siehe Kapitel 9.2.1) bewegen, sind diese<br />

Schwellen bereits ohne jeden Bevölkerungsrückgang unterschritten. Aufgr<strong>und</strong> der<br />

besonders hohen Wärmedämmstandards werden bei einem hohen Anteil von Neubauten,<br />

wie beim Stadtstrukturtyp der Mehrfamilienhausbebauung nach 1990, auch<br />

bei einer GFD von 0,7 keine Wärmebedarfsdichten mehr erzielt, die eine wirtschaftliche<br />

Fernwärmeversorgung ermöglichen.<br />

Demnach ist im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen damit zu rechnen, dass gerade<br />

das System einer zentralen Fernwärmeversorgung mit seinen besonders hohen<br />

Wirkungsgraden in Frage gestellt wird. Um einen Ersatz dieser Wärmeversorgung<br />

durch deutlich weniger ressourceneffiziente Formen der Wärmeversorgung zu vermeiden<br />

(TIETZ 2006, 157), ist ein Ersatz zentraler Fernwärmversorgung durch dezentrale<br />

Nahwärmelösungen (s. Exkurs 24) anzustreben.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 251<br />

9.2.5 Synopse der Schwellenkorridore<br />

Tabelle 66 fasst die vorhergehend ermittelten Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n<br />

aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur zusammen. Gr<strong>und</strong>sätzlich wurden drei<br />

verschiedene Sichtweisen eingenommen, um diese Schwellenkorridore zu ermitteln:<br />

1. die Begrenzung des spezifischen Infrastrukturaufwands,<br />

2. die Sicherung der technischen Funktionsfähigkeit sowie<br />

3. die Gewährleistung der ökonomischen Tragfähigkeit der stadttechnischen Ver-<br />

<strong>und</strong> Entsorgung.<br />

Diese Sichtweisen wurden, auf Basis der Untersuchung der Auswirkungen von<br />

<strong>Dichte</strong>rückgängen auf die stadttechnische Infrastruktur, durch verschiedene Kriterien<br />

operationalisiert, wie in der zweiten Spalte von Tabelle 66 dargestellt.<br />

Dabei ergeben sich bei einigen Kriterien pauschale Schwellenbereiche, aus anderen<br />

Kriterien ergeben sich deutlich breitere <strong>Dichte</strong>korridore, die sich zudem in den einzelnen<br />

Stadtstrukturtypen sehr unterschiedlich ausprägen.<br />

Ein pauschaler Zielwert ergibt sich aus dem Kriterium zur Begrenzung des Infrastrukturaufwands<br />

durch mindestens 20 Wohneinheiten je ha Bruttobauland. Allerdings<br />

gilt dieser Wert nur <strong>für</strong> die Stadtstrukturtypen Einfamilienhäuser sowie Mehrfamilienhäuser<br />

nach 1990, in den anderen Strukturtypen bestehen höhere Schwellenwerte<br />

minimaler <strong>Dichte</strong>n (s. hierzu die Erläuterungen in Kapitel 9.2.2). Ein ebenfalls<br />

pauschaler <strong>Dichte</strong>korridor von Geschossflächenzahlen von 0,7 bis 1,0 ergibt<br />

sich <strong>für</strong> die Sicherung einer wettbewerbsfähigen Fernwärmversorgung (siehe Kapitel<br />

9.2.4).<br />

Bei den weiteren Kriterien erfolgt eine nach Stadtstrukturtypen differenzierte Ermittlung<br />

von Schwellenkorridoren minimaler <strong>Dichte</strong>n, die auf Basis der in Kapitel 9.2.1<br />

aufgezeigten Gr<strong>und</strong>lagendaten berechnet werden. Zu berücksichtigen ist bei diesen<br />

Zielkorridoren, dass Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n anhand der regional stark<br />

variierenden Ausgangsdichten anzupassen sind. Dabei spiegeln die unteren Grenzen<br />

der <strong>Dichte</strong>korridore ländliche Ausprägungen der jeweiligen Stadtstrukturtypen<br />

<strong>und</strong> die oberen Grenzen deren urbane Gestalt wider. Suburbane <strong>Dichte</strong>n befinden<br />

sich in der Mitte der jeweiligen <strong>Dichte</strong>korridore.<br />

Neben den Schwellenkorridoren bieten die Angaben zu maximalen Bevölkerungsrückgängen<br />

(s. Spalte 3 in Tabelle 66) eine Basis <strong>für</strong> einzelfallspezifische Ermittlungen<br />

von Schwellenkorridoren minimaler Einwohner- <strong>und</strong> auch Bebauungsdichten.<br />

Generell kann festgestellt werden, dass die Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit<br />

der stadttechnischen Infrastruktur unter den angenommenen Ausgangsbedingungen<br />

bis zu Bevölkerungsrückgängen von 40 bis 50 % in Bezug zum Bemessungswert<br />

der stadttechnischen Systeme weitestgehend gesichert werden kann.<br />

Je nach Ausgangsbedingung können die Schwellen minimaler <strong>Dichte</strong>n jedoch auch<br />

deutlich früher erreicht werden:<br />

- Gerade bei gering verdichteten Siedlungsstrukturen erfolgt, aufgr<strong>und</strong> des ohnehin<br />

bereits hohen einwohnerspezifischen Erschließungsaufwands, schnell eine<br />

sehr hohe absolute Steigerung des Infrastrukturaufwands.<br />

- Funktionsschwellen werden bereits bei deutlich geringeren Bevölkerungsrückgängen<br />

erreicht, wenn die Netze bereits vor Beginn der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />

nicht entsprechend ihrer Dimensionierung ausgelastet waren.


252 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

- Bei der Fernwärmeversorgung werden Wirtschaftlichkeitsschwellen bei geringen<br />

Bebauungsdichten fast ohne jeden Bevölkerungsrückgang <strong>und</strong> Wohnungsrückbau<br />

erreicht, insbesondere, wenn eine parallele Wärmeversorgung mit Gas<br />

vorliegt.<br />

Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass sich auch bei quartiersbezogenen dispersen<br />

Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen von unter 50 % bereits Funktionsbeeinträchtigungen<br />

<strong>und</strong> Kostensteigerungen infolge von Kostenremanenzen sowie zusätzlichen<br />

Betriebskosten ergeben. Erfolgen diese <strong>Dichte</strong>rückgänge nicht nur innerhalb einzelner<br />

Stadtquartiere, sondern über einen größeren Teil des Stadtgebiets, kann dies zu<br />

erheblichen Kostensteigerungen führen. Dabei sind die Folgewirkungen kumulierter<br />

<strong>Dichte</strong>rückgänge über das gesamte Gebiet einer Stadt <strong>für</strong> die zentralen Netze der<br />

äußeren Erschließung sowie die zentralen Anlagen bisher ungeklärt.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des Ziels einer integrierten Steuerung des Stadtumbaus sollte<br />

deshalb eine Stabilisierung der <strong>Dichte</strong>n (deutlich) oberhalb der hier angegebenen<br />

Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n erfolgen. Bei einer flächendeckenden Unterschreitung<br />

der Schwellenwerte sind Systemänderungen zu erwägen, insbesondere<br />

eine Umstellung von zentralen auf dezentrale Systeme.<br />

Tabelle 66: Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

(Eigene Darstellung)<br />

Begründung der<br />

Schwellenwerte<br />

Begrenzung des<br />

Infrastrukturaufwands<br />

Technische<br />

Funktionsfähigkeit<br />

Ökonomische<br />

Tragfähigkeit<br />

Kriterium<br />

Max. Verdoppelung des<br />

spezifischen Erschließungsaufwands<br />

Mindestens 20 WE<br />

je ha brutto<br />

Mindestauslastung der<br />

Schmutzwassernetze<br />

von 30 %<br />

Quartiersbezogene<br />

Kostendeckung<br />

Wettbewerbsfähige<br />

Fernwärmeversorgung<br />

Maximaler Bevölkerungsrückgang<br />

(in Bezug zum<br />

Bemessungswert)<br />

Stadtstrukturtyp<br />

Schwellenwerte nach<br />

Stadtstrukturtypen<br />

EW je ha<br />

netto<br />

GFZ<br />

Block 90-270 0,4-1,3<br />

50 %<br />

Platte<br />

Zeile<br />

100-200<br />

80-160<br />

0,4-0,8<br />

0,3-0,7<br />

MFH 90+ 60-130 0,3-0,6<br />

Keine Angabe, da MFH 90+ >60 >0,3<br />

pauschale Schwellen<br />

der Bebauungsdichte EFH >60 >0,3<br />

Block 100-310 0,5-1,4<br />

44 %<br />

Platte<br />

Zeile<br />

110-230<br />

80-170<br />

0,5-0,8<br />

0,3-0,7<br />

EFH 30-80 0,2-0,4<br />

Block 80-250 0,4-1,1<br />

Platte 90-180 0,4-0,7<br />

55 % Zeile 70-150 0,3-0,6<br />

MFH 90+ 50-110 0,2-0,5<br />

EFH 30-70 0,1-0,3<br />

Keine Angabe, da Block 150-220 0,7-1,0<br />

pauschale Schwellen<br />

der Bebauungsdichte<br />

Platte<br />

Zeile<br />

190-270<br />

180<br />

0,7-1,0<br />

0,7


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 253<br />

9.3 Grenzen von Schwellenkorridoren<br />

Im vorangegangen Kapitel wurde deutlich, dass sich Schwellenkorridore minimaler<br />

<strong>Dichte</strong>n im Hinblick auf Aufwand, Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> ökonomische Tragfähigkeit<br />

der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung bestimmen lassen. Allerdings sind diese<br />

Schwellenkorridore mit Grenzen konfrontiert. Dies sind zum einen Grenzen bei der<br />

Ermittlung der Schwellenkorridore, wie<br />

- eine mangelnde Verfügbarkeit der erforderlichen stadttechnischen Daten oder<br />

- fehlende Kenntnisse zum jeweiligen Gewicht dichtebezogener <strong>und</strong> von der <strong>Dichte</strong><br />

unabhängiger Einflussfaktoren.<br />

Zum anderen bedürfen die Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik<br />

einer Abwägung mit anderen gesellschaftlichen <strong>und</strong> stadtplanerischen Belangen.<br />

Erforderlich sind<br />

- eine Einbettung in gesamtgesellschaftliche Entscheidungsprozesse, in denen<br />

auch Alternativen zur Sicherung von Mindestdichten diskutiert werden <strong>und</strong><br />

- eine Abwägung mit den Belangen anderer Handlungsfelder des Stadtumbaus.<br />

Mangelnde Datentransparenz <strong>und</strong> -verfügbarkeit<br />

Die Gewinnung von Schwellenwerten minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur wurde durch eine eingeschränkte Datenverfügbarkeit erschwert.<br />

So konnten Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen keine Erfahrungswerte zu Schwellen<br />

der Funktions- <strong>und</strong> Tragfähigkeit von Netzen <strong>und</strong> Anlagen unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />

zur Verfügung stellen (INTERVIEWS 1, 2, 5, 7). Hier<strong>für</strong> können folgende<br />

mögliche Gründe angeführt werden:<br />

- Ver- <strong>und</strong> Entsorger betrachten, vor allem im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit, in<br />

erster Linie das Gesamtnetz <strong>und</strong> unterscheiden nicht nach verschiedenen Stadtstrukturen.<br />

Daher fehlen räumlich differenzierte Daten unterhalb der Ebene des<br />

Versorgungsgebiets.<br />

- Die Infrastrukturfolgekosten des Stadtumbaus werden bisher hauptsächlich punktuell<br />

im Hinblick auf die Umbau- <strong>und</strong> Rückbaukosten innerhalb der Stadtumbaugebiete<br />

betrachtet (INTERVIEW 7). Hierzu liegen auch einzelne Modellrechnungen<br />

vor. Welche Auswirkungen Aufkommens- <strong>und</strong> Verbrauchsrückgänge auf das Gesamtnetz<br />

haben werden, entzieht sich bisherigen Erfahrungen, da sich die kumulierte<br />

Wirkung verschiedener Stadtumbaumaßnahmen auf die Gesamtnetze erst<br />

zeitverzögert zeigen wird (INTERVIEWS 1, 7).<br />

- Daten zu Absatzrückgängen <strong>und</strong> möglichen Kosten- <strong>und</strong> Preissteigerungen sind<br />

sensible Unternehmensdaten <strong>und</strong> können von den Ver- <strong>und</strong> Entsorgern daher<br />

nicht zur Verfügung gestellt werden (INTERVIEW 1).<br />

Die in dieser Arbeit dargestellten Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden<br />

Städten können aufgr<strong>und</strong> der eingeschränkten Datenbasis nicht den Anspruch<br />

allgemeingültiger Werte erheben, sondern bilden einen Gr<strong>und</strong>stein, an den künftig<br />

zu ermittelnde Werte anknüpfen können. Die aus der Datenbasis gewonnenen Werte<br />

stehen allerdings in einem plausiblen Zusammenhang, so dass sich die Validität<br />

der Schlussfolgerungen erhöht. Mit Hilfe der in der Arbeit dargestellten Ansätze zur<br />

Annäherung an Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur lassen sich problemlos weitere Schwellenwerte ermitteln, sobald


254 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

räumlich differenzierte Werte zu Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten <strong>und</strong> zu Längen<br />

der Leitungsnetze vorliegen.<br />

Bedeutung weiterer Einflussfaktoren<br />

Die technische Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> wirtschaftliche Tragfähigkeit der stadttechnischen<br />

Infrastruktur unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen wird nicht allein durch die<br />

<strong>Dichte</strong>entwicklung bestimmt. Zu berücksichtigen ist, dass neben der <strong>Dichte</strong> weitere<br />

Einflussfaktoren entscheidend <strong>für</strong> den Infrastrukturaufwand sind:<br />

- Dies sind technische Einflussfaktoren wie z. B. die Netzform der Erschließungsnetze.<br />

Die örtlichen Gelände-, Untergr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasserverhältnisse sind<br />

bestimmend <strong>für</strong> die technische Ausgestaltung der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsnetze<br />

(z. B. Freispiegel- oder Druckleitungen) <strong>und</strong> damit ebenfalls entscheidend <strong>für</strong> den<br />

jeweiligen Infrastrukturaufwand (GASSNER, THÜNKER 1992, 11f.).<br />

- Unterauslastungen, die betriebstechnische oder bauliche Anpassungsmaßnahmen<br />

erfordern, resultieren nicht allein aus <strong>Dichte</strong>rückgängen, sondern werden<br />

gleichermaßen durch allgemeine Verbrauchsrückgänge, z. B. infolge verbesserter<br />

technischer Standards mit verursacht. Wie schnell es zu Unterauslastungen<br />

der Systeme der stadttechnischen Infrastruktur kommt, hängt darüber hinaus von<br />

der ursprünglichen Auslastung der Netze bei Vollbelegung des Quartiers ab. Kritische<br />

Schwellen der Unterauslastung werden schneller erreicht, wenn die Netze<br />

bereits vor Beginn der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse nicht vollständig ausgelastet waren.<br />

- Auch wenn eine auf Stabilisierung höherer <strong>Dichte</strong>n ausgerichtete Stadtumbaustrategie<br />

mit geringeren Infrastrukturfolgekosten verb<strong>und</strong>en ist, so hängen die<br />

Folgekosten des Stadtumbaus <strong>für</strong> die Stadttechnik von weiteren Faktoren ab.<br />

Entscheidend ist hierbei vor allem die Reihenfolge, in der Gebäude vom Netz<br />

genommen <strong>und</strong> rückgebaut werden. Wesentlich zur Reduzierung der Kosten ist<br />

damit die Planung der Abrissreihenfolge in einer Art <strong>und</strong> Weise, die den Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorgungsunternehmen ermöglicht, die stadttechnische Infrastruktur schrittweise<br />

abzuklemmen <strong>und</strong> stillzulegen sowie aufwendige Zwischenlösungen zu<br />

vermeiden. Kostenaufwendige Zwischenlösungen liegen dann vor, wenn neue<br />

Leitungen <strong>für</strong> die Ver- <strong>und</strong> Entsorgung solcher Gebäude verlegt werden müssen,<br />

die kurze Zeit später abgerissen werden (LINDNER, BUHTZ 2006, 18).<br />

- Auch eine frühzeitige <strong>und</strong> realistische Planung der künftigen Siedlungsentwicklung,<br />

die es den Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen ermöglicht langfristig gültige<br />

Entscheidungen, z. B. über zu verlegende Leitungsquerschnitte zu treffen, kann<br />

helfen, die Infrastrukturfolgekosten des Stadtumbaus zu senken. Um Planungssicherheit<br />

<strong>für</strong> die Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen zu gewährleisten, sollten zumindest<br />

Kerngebiete, in denen kein Abriss vorgesehen wird, <strong>und</strong> Dispositionsgebiete,<br />

in denen sich der Abriss konzentrieren wird, festgelegt werden (LINDNER,<br />

BUHTZ 2006, 18).<br />

Infrastrukturaufwand <strong>und</strong> -kosten unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen ergeben sich<br />

folglich aus einem komplexen Geflecht von Wirkungsbeziehungen <strong>und</strong> hängen jeweils<br />

von den spezifischen Bedingungen im Einzelfall ab. Festzuhalten ist allerdings,<br />

dass unter ceteris-paribus-Bedingungen dichtere Stadtstrukturen jeweils zu<br />

einem geringeren Infrastrukturaufwand führen.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 255<br />

Notwendigkeit der Einbettung in gesamtgesellschaftliche<br />

Entscheidungsprozesse<br />

Entscheidungen über Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n können nicht unabhängig<br />

von gesellschaftspolitischen Entscheidungen über erwünschte Siedlungsformen,<br />

Standards der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung <strong>und</strong> als angemessen betrachteten Kosten der<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung getroffen werden. Werden die Vorteile gering verdichteter/disperser<br />

Siedlungsstrukturen gesamtgesellschaftlich als so hoch eingeschätzt,<br />

dass da<strong>für</strong> deutlich höhere Kosten der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in Kauf genommen<br />

werden, sind deutlich geringere <strong>Dichte</strong>schwellen vorstellbar als diejenigen, die in<br />

dieser Arbeit angegeben sind. Eine Senkung derzeitiger Standards der Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorgung würde geringere <strong>Dichte</strong>n bei stabilen Kosten ermöglichen.<br />

<strong>Dichte</strong>schwellen wurden in dieser Arbeit vor dem Hintergr<strong>und</strong> formuliert, bisherige<br />

Versorgungsstandards bei moderaten Kostensteigerungen beizubehalten. Die angegebenen<br />

Schwellenwerte fungieren als Wenn-Dann-Werte. Wenn diese Schwellenwerte<br />

unterschritten werden, dann sind Strukturänderungen erforderlich. Diese<br />

können sich entweder auf siedlungsstrukturelle Ansätze mit dem Ziel der Sicherung<br />

höherer <strong>Dichte</strong>n beziehen oder auf Ansätze ohne Bezug zur Siedlungsstruktur, wie<br />

z. B. die Änderung von Versorgungsstandards oder Änderungen der Kostenstrukturen.<br />

In diesem Kontext ist auch ein zunehmender Ersatz zentraler Ver- <strong>und</strong> Entsorgungssysteme<br />

durch dezentrale Lösungen denkbar. Aus Gründen der Notwendigkeit<br />

ressourceneffizienter Siedlungsstrukturen sollte allerdings ein Mindestmaß an<br />

Verdichtung gesichert werden.<br />

Berücksichtigung weiterer Handlungsfelder des Stadtumbaus<br />

Auch wenn der Stadtumbau mit erheblichen Folgekosten <strong>für</strong> die stadttechnische<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung verb<strong>und</strong>en sein kann, so ist es keinesfalls sinnvoll, den Stadtumbau<br />

allein aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur zu steuern. So bestehen<br />

auch Zielvorstellungen, die im Widerspruch zu den stadttechnischen Zielen stehen.<br />

Dies gilt z. B. im Hinblick auf eine ausreichende Freiraumversorgung oder das Angebot<br />

von Wohnformen geringerer <strong>Dichte</strong>n, die von vielen Bevölkerungsgruppen<br />

bevorzugt werden.<br />

Der Stadtumbau ist – so die Zwischenevaluierungen des Programms ‚Stadtumbau<br />

Ost’ (s. Kapitel 4.3) – als interdisziplinäre Aufgabe zu verstehen, bei deren Erfüllung<br />

vielfältige stadtplanerische Belange zu berücksichtigen sind. Ebenso ist den in dieser<br />

Arbeit nicht analysierten Handlungslogiken der verschiedenen am Stadtumbau<br />

beteiligten Akteursgruppen Rechnung zu tragen.<br />

Neben den aus Sicht der Stadttechnik ermittelten Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n sind somit die in Kapitel 5 aus Sicht weiterer stadtplanerischer<br />

Handlungsfelder (Verkehr, soziale Infrastruktur, Freiraumversorgung, Wohnungsnachfrage)<br />

abgeleiteten Kriterien von besonderer Bedeutung. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

werden in der folgenden Ergebnisdarstellung die Kriterien angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik in Beziehung zu diesen Kriterien aus Sicht anderer<br />

stadtplanerischen Handlungsfelder gesetzt.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 257<br />

D. Ergebnisse<br />

Die bisherigen Analysen haben gezeigt, dass <strong>Dichte</strong> eine wichtige stadtplanerische<br />

Größe ist, die auch eingesetzt werden kann, um Aussagen zur ökonomischen <strong>und</strong><br />

<strong>ökologische</strong>n Tragfähigkeit sowie technischen Funktionsfähigkeit stadttechnischer<br />

Infrastrukturen in schrumpfenden Städten zu treffen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> können<br />

die in dieser Arbeit ermittelten Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

in Wohnquartieren schrumpfender Städte einen sinnvollen Beitrag zur Steuerung<br />

von Stadtumbauprozessen in Ostdeutschland leisten <strong>und</strong> dazu beitragen, dass die<br />

Belange der Stadttechnik hierbei eine stärkere Berücksichtigung erfahren.<br />

Kapitel 10 enthält mit den qualitativen <strong>und</strong> quantifizierten Kriterien zur Bestimmung<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten die zentralen Ergebnisse der<br />

Arbeit.<br />

- <strong>Dichte</strong>ziele aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur werden denjenigen aus<br />

Sicht anderer stadtplanerischer Handlungsfelder gegenübergestellt, um Widersprüche<br />

einerseits <strong>und</strong> Synergien andererseits zu erörtern.<br />

- In Steckbriefen werden die Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong><br />

verschiedene Stadtstrukturtypen zusammengefasst.<br />

Kapitel 11 fasst die Ergebnisse in Thesen zusammen, die die Bedeutung der <strong>Dichte</strong><br />

als Planungsgröße im Stadtumbau hervorheben, gerade im Hinblick auf die Sicherung<br />

einer technisch funktionsfähigen sowie wirtschaftlich <strong>und</strong> ökologisch tragfähigen<br />

stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung.<br />

In Kapitel 12 werden die Ergebnisse der Arbeit in Form eines Ausblicks in einen<br />

weiteren Kontext gestellt, indem Möglichkeiten <strong>für</strong> deren praktische Anwendung<br />

erläutert, Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Zielgruppen der Arbeit (Stadtplaner, Ver-<br />

<strong>und</strong> Entsorger, Wissenschaftler) formuliert <strong>und</strong> der weitere Forschungsbedarf aufgezeigt<br />

werden.<br />

10 Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />

Wohnquartieren schrumpfender Städten<br />

10.1 Stadttechnische <strong>und</strong> stadtplanerische Kriterien im Vergleich<br />

10.1.1 Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

stimmen zum Teil mit Zielrichtungen aus Sicht der anderen stadtplanerischen Handlungsfelder<br />

überein, unterscheiden sich jedoch auch von diesen.<br />

Eine übereinstimmende Zielrichtung ergibt sich <strong>für</strong> die stadttechnische Infrastruktur<br />

<strong>und</strong> den Verkehr. Zur Minimierung des Aufwands der stadttechnischen sowie der<br />

verkehrstechnischen Erschließung ist eine Kontraktion der Siedlungsentwicklung auf<br />

die Hauptnetz- <strong>und</strong> Haupterschließungsachsen der Infrastrukturen anzustreben, mit<br />

der Sicherung einer entsprechenden Liniendichte. Dementsprechend sollte die<br />

<strong>Schrumpfung</strong> in Richtung eines kompakten Kerns oder in Richtung einzelner fragmentierter<br />

Kerne, die über kompakte Achsen verb<strong>und</strong>en sind, erfolgen.<br />

Auch die soziale Infrastruktur erfordert innerhalb ihres Einzugsbereichs Mindesteinwohnerdichten,<br />

um eine umfassende <strong>und</strong> finanzierbare Ausstattung mit Einrichtungen<br />

aufrecht zu erhalten. Da allerdings, anders als bei der stadttechnischen (<strong>und</strong>


258 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

verkehrstechnischen) Infrastruktur, keine Bindung an Leitungs- oder Liniennetze<br />

besteht, kann eine angemessene Versorgung mit sozialer Infrastruktur sowohl bei<br />

einer Kontraktion auf einen städtischen Kern als auch bei einer polyzentralen Siedlungsstruktur<br />

in Form einer Fragmentierung in mehrere städtische Zentren <strong>und</strong> Subzentren<br />

gewährleistet werden.<br />

Im Gegensatz zu den auf eine Sicherung von Mindestdichten ausgerichteten Zielen<br />

aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur ergeben sich aus Sicht der Freiraumversorgung<br />

<strong>und</strong> der Wohnungsnachfrage bei einer Auflockerung der Siedlungsstrukturen<br />

zunächst Vorteile, wenn auch hier Grenzen der Entdichtung bestehen.<br />

Die Entstehung von fragmentierten <strong>und</strong> perforierten Siedlungsstrukturen kann,<br />

durch ein kleinräumiges Nebeneinander von Wohnnutzung <strong>und</strong> Freiräumen, zunächst<br />

zu einer Verbesserung der Freiraumversorgung beitragen. Bei Entstehung<br />

zunehmend disperser Siedlungsstrukturen hingegen werden frei werdende Flächen<br />

zunehmend als Leere <strong>und</strong> nicht mehr als Zugewinn erlebt. Auch entstehen, im Zuge<br />

knapper werdender Finanzmittel, Probleme der Sicherung einer hohen Freiraumgestaltungsqualität<br />

sowie eines Angebots von Freiräumen mit spezifischen Funktionen.<br />

Die Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung im Hinblick auf die Bereitstellung eines<br />

nachfragegerechten Wohnungsangebots weisen eine breite Streuung auf. Dies entspricht<br />

den unterschiedlichen Wohnpräferenzen verschiedener Bevölkerungs- <strong>und</strong><br />

Nachfragergruppen. Auch wenn sich in jüngerer Zeit vermehrt Tendenzen zur Präferenz<br />

städtischer <strong>und</strong> verdichteter Wohnformen mit ihren vielfältigen Angeboten zeigen,<br />

bevorzugen weite Bevölkerungsgruppen Wohnformen geringerer <strong>Dichte</strong>n.<br />

Grenzen der Entdichtung bestehen dort, wo aufgr<strong>und</strong> fortgeschrittener Dispersion<br />

der Zugang zu Angeboten der Versorgung zunehmend erschwert wird.<br />

Abbildung 86: Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten aus<br />

Sicht verschiedener Handlungsfelder (Eigene Darstellung)<br />

Leitbilder der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

<strong>für</strong> schrumpfende Städte<br />

Kontraktion<br />

Fragmentierung<br />

Perforation<br />

Dispersion<br />

<strong>Dichte</strong><br />

<strong>Dichte</strong><br />

<strong>Dichte</strong><br />

<strong>Dichte</strong><br />

Entfernung vom Zentrum<br />

Entfernung vom Zentrum<br />

Entfernung vom Zentrum<br />

Entfernung vom Zentrum<br />

Stadttechnik<br />

Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

aus Sicht von…<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Freiraumversorgung<br />

Wohnungsnachfrage


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 259<br />

Abbildung 86 zeigt zusammenfassend die Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung aus<br />

Sicht der betrachteten Handlungsfelder. Dies erfolgt vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer<br />

großstädtischen Betrachtungsweise. Ziele der <strong>Dichte</strong>entwicklung aus Sicht der<br />

stadttechnischen Infrastruktur stehen demzufolge in einem Widerspruch zu den Zielen<br />

anderer Handlungsfelder <strong>und</strong> hierbei insbesondere zu Zielen der Freiraumversorgung<br />

<strong>und</strong> der Bereitstellung eines nachfragegerechten Wohnungsangebots.<br />

Fragmentierte <strong>und</strong> polyzentrale Siedlungsstrukturen bieten in Großstädten die besten<br />

Möglichkeiten, Ziele aller Bereiche gleichermaßen zu erfüllen. Gerade in Klein-<br />

<strong>und</strong> Mittelstädten ist auch eine Kontraktion auf einen städtischen Kern mit einer<br />

nach außen abfallenden <strong>Dichte</strong> eine denkbare Alternative, um den Ansprüchen aller<br />

Handlungsfelder gerecht zu werden.<br />

10.1.2 Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten<br />

In dieser Arbeit wurde das Ziel verfolgt, neben den bereits dargelegten qualitativen<br />

Kriterien vor allem auch quantifizierte Zielwerte zur Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n zu erarbeiten. Abbildung 87 bietet eine zusammenfassende Darstellung der<br />

ermittelten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten, die im<br />

Folgenden einem Vergleich unterzogen werden. Die Zielkorridore werden zum einen<br />

als Nettowohndichten angegeben, anhand derer sich Aussagen zur Nachfrage nach<br />

<strong>und</strong> zur Auslastung von Infrastrukturen treffen lassen. Zum anderen werden Werte<br />

der Geschossflächenzahl aufgezeigt, da diese maßgeblich <strong>für</strong> die baurechtlichen<br />

Festsetzungen sind.<br />

Bei einem Vergleich der Zielkorridore ist zunächst zu berücksichtigen, dass die<br />

Zielwerte <strong>für</strong> die einzelnen Bereiche auf unterschiedliche Weise ermittelt wurden:<br />

- Die Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen In-<br />

frastruktur wurden anhand von maximalen Verbrauchs- <strong>und</strong> Bevölkerungsrückgängen<br />

errechnet <strong>und</strong> weisen damit einen Bezug zu minimalen Einwohnerdichten<br />

auf. Für die Fernwärme ergibt sich anhand des Wärmebedarfs ein Bezug zur<br />

Bebauungsdichte.<br />

- Die Zielkorridore <strong>für</strong> die Bereiche Verkehr <strong>und</strong> soziale Infrastruktur basieren<br />

auf Annahmen zu minimalen Ausstattungsstandards, die auch in schrumpfenden<br />

Städten nicht unterschritten werden sollten.<br />

- Zielwerte <strong>für</strong> den Bereich Wohnen basieren auf den städtebaulichen <strong>Dichte</strong>zielen<br />

<strong>für</strong> wachsende Städte, die jeweils Lebensvorstellungen verschiedener Nachfragergruppen<br />

repräsentieren.


260 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Abbildung 87: Vergleich der stadtstrukturtypenspezifischen Zielkorridore minimaler<br />

<strong>Dichte</strong>n aus Sicht von stadttechnischer Infrastruktur, Verkehr,<br />

sozialer Infrastruktur <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage (Eigene Darstellung)<br />

Stadttechnik<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Wohnen<br />

Stadttechnik<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Wohnen<br />

Stadttechnik<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Wohnen<br />

Stadttechnik<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Wohnen<br />

Stadttechnik<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Wohnen<br />

0<br />

0<br />

50<br />

Geschossflächenzahl (GFZ)<br />

0,5<br />

100<br />

EFH<br />

150<br />

1<br />

200<br />

MFH 90+<br />

250<br />

Zeile<br />

1,5<br />

300<br />

Platte<br />

350<br />

2<br />

400<br />

450<br />

Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />

Block<br />

2,5<br />

500<br />

Geschossflächenzahl Einwohner je ha Nettowohnbauland


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 261<br />

Der Vergleich der Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n führt zu folgenden Ergebnissen:<br />

- Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

sind tendenziell niedriger als Ziele aus Sicht des Verkehrs. Dies kann mit den<br />

hohen Kosten des ÖPNV begründet werden.<br />

- Tendenziell erfordert die Sicherung einer funktionsfähigen <strong>und</strong> ökonomisch tragfähigen<br />

stadttechnischen Erschließung höhere <strong>Dichte</strong>n als die Sicherung der<br />

Versorgung mit sozialer Infrastruktur. In Stadtstrukturtypen geringerer <strong>Dichte</strong>n<br />

nähern sich die Werte aus Sicht der sozialen Infrastruktur allerdings den Werten<br />

<strong>für</strong> die stadttechnische Infrastruktur an <strong>und</strong> übertreffen diese zum Teil sogar<br />

(z. B. <strong>für</strong> den Strukturtyp der Mehrfamilienhausbebauung nach 1990). Ausschlaggebend<br />

<strong>für</strong> die hohen <strong>Dichte</strong>werte der Stadttechnik <strong>für</strong> die Strukturtypen<br />

Platte <strong>und</strong> Zeile ist insbesondere das <strong>für</strong> diese Bebauungsformen angenommene<br />

Ziel der Sicherung einer wirtschaftlich tragfähigen Fernwärmeversorgung. Bei Ersatz<br />

der Fernwärmeversorgung durch andere Wärmeformen würden sich die<br />

<strong>Dichte</strong>ziele aus Sicht von sozialer Infrastruktur <strong>und</strong> Stadttechnik in diesen Strukturtypen<br />

annähern.<br />

- Die Annahme, dass die aufgr<strong>und</strong> vielfältiger Faktoren von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

besonders betroffene stadttechnische Infrastruktur höhere <strong>Dichte</strong>n erfordert<br />

als die im Hinblick auf die Angebotsgestaltung flexiblere soziale Infrastruktur<br />

kann somit nicht generell bestätigt werden. Dies gilt zumindest, wenn auch in<br />

Siedlungsstrukturtypen geringer <strong>Dichte</strong> von einer Beibehaltung derzeitiger Versorgungsformen<br />

<strong>und</strong> Standards der sozialen Infrastruktur ausgegangen wird. In<br />

Bezug auf die Möglichkeiten Versorgungsstandards flexibel zu modifizieren ist<br />

die soziale Infrastruktur jedoch anpassungsfähiger als die netzgeb<strong>und</strong>ene stadttechnische<br />

Infrastruktur.<br />

- <strong>Dichte</strong>ziele, die vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines nachfragegerechten Wohnungsangebots<br />

ermittelt wurden, sind deutlich höher als Ziele aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur. Ziele <strong>für</strong> den Bereich Wohnen wurden anhand der städtebaulichen<br />

<strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> wachsende Städte abgeleitet. Gerade das <strong>für</strong> die Blockbebauung<br />

angenommene Leitbild der kompakten europäischen Stadt berücksichtigt<br />

neben dem Ziel einer hohen Nachfragegerechtigkeit des Wohnungsbestands<br />

auch das Ziel einer ressourceneffizienten Siedlungsstruktur, so dass sich besonders<br />

hohe Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n ergeben. Solche <strong>Dichte</strong>n sind in<br />

schrumpfenden Städten jedoch kaum zu gewährleisten <strong>und</strong> bedürfen deshalb einer<br />

Revision.<br />

- Für die einzelnen Strukturtypen bestehen unterschiedlich breite Spannen der<br />

Zielkorridore, die weitestgehend den in der Realität vorgef<strong>und</strong>enen <strong>Dichte</strong>differenzen<br />

der jeweiligen Strukturtypen entsprechen. Gerade <strong>für</strong> den Strukturtyp der<br />

gründerzeitlichen Blockbebauung ergibt sich – aufgr<strong>und</strong> der lageabhängig sehr<br />

unterschiedlichen Ausgangsdichten – eine erhebliche Breite des Zielkorridors.<br />

- Für jeden Strukturtyp zeigen sich Wertespannen bzw. Werte, die einen Überschneidungsbereich<br />

der Zielkorridore aus Sicht der verschiedenen Handlungsfelder<br />

darstellen. Dies sind Geschossflächendichten von 0,6 bis 1,0 <strong>für</strong> den Strukturtyp<br />

Block, von 0,7 bis 0,8 <strong>für</strong> den Strukturtyp Platte, von 0,6 <strong>für</strong> die Strukturtypen<br />

Zeile <strong>und</strong> Geschosswohnungsbau nach 1990 <strong>und</strong> von 0,4 <strong>für</strong> die Einfamilienhausbebauung.


262 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

10.2 Stadtstrukturtypenspezifische Kriterien<br />

Die folgenden Übersichten zeigen die nach Stadtstrukturtypen differenzierten Kriterien<br />

zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n. Die Kriterien wurden auf Basis der<br />

Annahme ermittelt, dass derzeitige Standards der Stadttechnik, des ÖPNV, der sozialen<br />

Infrastruktur, der Freiraumversorgung <strong>und</strong> der Nachfragegerechtigkeit des<br />

Wohnungsangebots auch in Zukunft beibehalten werden. Die Zielwerte beruhen auf<br />

aktuellen Werten der individuellen Wohnflächeninanspruchnahme in verschiedenen<br />

Stadtstrukturtypen (s. Anhang IV) <strong>und</strong> der Altersstruktur der Bevölkerung.<br />

Angegeben werden, nach den Gr<strong>und</strong>daten des Stadtstrukturtyps, zunächst qualitative<br />

Kriterien im Sinne von Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung. Ebenso werden die<br />

quantifizierten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n als Werte der Nettowohndichten<br />

<strong>und</strong> der Geschossflächenzahlen angegeben, unterschieden nach Handlungsfeldern<br />

<strong>und</strong> Zielkriterien. Neben den Kriterien aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />

werden, zu einer besseren Einordnung, auch die Kriterien aus Sicht der anderen<br />

betrachteten Handlungsfelder aufgezeigt.<br />

Die Zielkorridore sind nicht als normative Zielwerte zu verstehen, sondern als wissenschaftlich<br />

f<strong>und</strong>ierte Gr<strong>und</strong>lage, die es im Rahmen lokaler Planungen auf Basis<br />

der lokalspezifischen Gegebenheiten anzupassen gilt, zum Beispiel im Rahmen<br />

kommunaler <strong>Dichte</strong>modelle sowie der Flächennutzungs- <strong>und</strong> Bebauungsplanung.<br />

Dabei ist zu beachten, dass die unteren Wertebereiche jeweils eher ländlichen/kleinstädtischen<br />

Ausprägungen der Stadtstrukturtypen <strong>und</strong> die oberen Wertebereiche<br />

großstädtischen Räumen entsprechen. Dies ist insbesondere <strong>für</strong> den<br />

Strukturtyp der gründerzeitlichen Blockbebauung zu berücksichtigen, bei dem erhebliche<br />

<strong>Dichte</strong>differenzen zwischen der kleinstädtischen <strong>und</strong> großstädtischen Ausprägung<br />

bestehen.<br />

Die dargelegten Zielkorridore dienen auch dazu, einen bestehenden Handlungsbedarf<br />

aufzuzeigen, nämlich wenn bestehende <strong>Dichte</strong>n im unteren Bereich bzw. unterhalb<br />

der angegebenen Wertespannen liegen. Im Falle einer solchen Unterschreitung<br />

der <strong>Dichte</strong>schwellen sind entweder siedlungsstrukturelle Maßnahmen zur Sicherung<br />

ausreichender <strong>Dichte</strong>n zu ergreifen oder bestehende Versorgungsstandards<br />

<strong>und</strong> -strukturen zu modifizieren.<br />

Die angegebenen <strong>Dichte</strong>werte beziehen sich dabei weniger auf die einzelnen<br />

Gr<strong>und</strong>stücke, sondern vielmehr auf die durchschnittlichen <strong>Dichte</strong>werte aller Nettowohnbaulandflächen<br />

eines abgegrenzten Wohnquartiers im Einzugsbereich der<br />

jeweiligen Angebote <strong>und</strong> Einrichtungen der stadttechnischen Infrastruktur, des Verkehrs<br />

<strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 263<br />

Strukturtyp Altbau in traditioneller Blockstruktur (Block)<br />

Geschossflächendichte (Ausgangswert) 0,8-2,5<br />

Einwohner je ha netto (Ausgangswert) 180-540<br />

Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 72 36,6 m²<br />

Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

Stadttechnische<br />

Infrastruktur<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Freiraumversorgung<br />

Wohnungsnachfrage<br />

Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

- Vermeidung von Flächenabriss<br />

- Bewahrung kompakter Siedlungsschwerpunkte zur Bewahrung hoher Liniendichten<br />

- Innerstädtische Baulandausweisung, Nachnutzung <strong>und</strong> Nachverdichtung zur<br />

Sicherung der Auslastung stadttechnischer Infrastrukturen<br />

- Nutzung von Entdichtung zur Verbesserung der Wohnqualität durch Minimierung<br />

der Lärmbelastung<br />

- Nachverdichtung, Innenentwicklung, kleinräumige Ergänzungen im Bestand zur<br />

Sicherung einer Mindestnachfrage im ÖPNV<br />

- Sicherung kompakter Siedlungsstrukturen an den ÖPNV-Haltepunkten<br />

- Beibehaltung eines hohen Standards der Versorgung mit Einrichtungen der<br />

sozialen Infrastruktur in guter Erreichbarkeit durch Sicherung von Mindestdichten<br />

- Nutzung von Entdichtungsprozessen zur Verbesserung der Freiraumversorgung:<br />

Straßenbaumpflanzungen, Schaffung privater Freiräume, Beibehaltung<br />

der Trennung von halböffentlichen Höfen <strong>und</strong> öffentlichen Straßenräumen<br />

- Sicherung von Nutzungsmischung <strong>und</strong> urbanen Qualitäten durch ausreichende<br />

<strong>Dichte</strong>n<br />

- Aufwertung des Wohnumfelds durch Verbesserung der Freiraumversorgung<br />

Sektor Kriterium GFZ EW je ha netto<br />

Begrenzung des Infrastrukturaufwands 0,4-1,3 90-270<br />

Stadttechnische<br />

Mindestauslastung der Schmutzwassernetze<br />

von 30 %<br />

0,7-1,4 100-310<br />

Infrastruktur<br />

Quartiersbezogene Kostendeckung<br />

(Schmutzwasser, Trinkwasser)<br />

0,4-1,1 80-250<br />

Wettbewerbsfähige Fernwärmeversorgung 0,7-1,0 150-220<br />

Verkehr<br />

Hochwertiges ÖPNV-Angebot in fußläufiger<br />

Erreichbarkeit<br />

0,6-1,2 140-260<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Kindergarten in fußläufiger Erreichbarkeit (350 m)<br />

Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig) in fußläufiger Erreichbarkeit<br />

1,0<br />

0,5-0,6<br />

210<br />

110-140<br />

Wohnungsnachfrage Urbanes Wohnen 0,6-2,0 130-440<br />

72<br />

Zur durchschnittlichen Wohnflächeninanspruchnahme in den jeweiligen Stadtstrukturtypen<br />

s. Anhang IV.


264 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Strukturtyp Großwohnsiedlung in Plattenbauweise (Platte)<br />

Geschossflächendichte (Ausgangswert) 0,8-1,5<br />

Einwohner je ha netto (Ausgangswert) 200-400<br />

Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 29,4 m²<br />

Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

Stadttechnische<br />

Infrastruktur<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Freiraumversorgung<br />

Wohnungsnachfrage<br />

Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

- Rückbau von außen nach innen, ausgehend von den Endsträngen der Netze<br />

- Flächenabriss anstelle von punktuellem Abriss<br />

- Vermeidung von Neubauaktivitäten an mittel- <strong>und</strong> langfristig minderausgelasteten<br />

Netzen <strong>und</strong> in potenziellen Abrissgebieten<br />

- Bewahrung kompakter Siedlungsschwerpunkte an den Hauptnetzachsen<br />

- Bei Rückbau Konzentration des Siedlungsbestands an ÖPNV-Haltepunkten<br />

- Sicherung eines hochwertigen <strong>und</strong> gut erreichbaren ÖPNV-Angebots<br />

- Beibehaltung eines hohen Standards der Versorgung mit Einrichtungen der<br />

sozialen Infrastruktur in guter Erreichbarkeit durch Sicherung von Mindestdichten<br />

- Nutzung von Rückbau-, Umbau- <strong>und</strong> Aufwertungsmaßnahmen zur Verbesserung<br />

des Freiraumversorgungsgrads <strong>und</strong> der Qualität der Freiraumgestaltung<br />

(z. B. bessere Zonierung in private, halböffentliche <strong>und</strong> öffentliche Flächen, klare<br />

Nutzungszuweisungen, Schaffung privater Freiräume)<br />

- Nutzung eines Rückbaus von außen nach innen <strong>für</strong> Renaturierung<br />

- Verbesserung der stadt<strong>ökologische</strong>n Qualität von Freiräumen<br />

- Sicherung preiswerter, kleiner (altengerechter) Wohnungen<br />

- Bereitstellung preiswerter Wohnungen <strong>für</strong> Haushaltsneugründer<br />

Sektor Kriterium GFZ EW je ha netto<br />

Begrenzung des Infrastrukturaufwands 0,4-0,8 100-200<br />

Stadttechnische<br />

Mindestauslastung der Schmutzwassernetze<br />

von 30 %<br />

0,5-0,8 110-230<br />

Infrastruktur<br />

Quartiersbezogene Kostendeckung<br />

(Schmutzwasser, Trinkwasser)<br />

0,4-0,7 90-150<br />

Wettbewerbsfähige Fernwärmeversorgung 0,7-1,0 190-270<br />

Verkehr<br />

Hochwertiges ÖPNV-Angebot in fußläufiger<br />

Erreichbarkeit<br />

0,5-1,2 140-330<br />

Kindergarten in fußläufiger Erreichbarkeit (350-500 m) 0,4-0,8 100-210<br />

Soziale Infrastruktur Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig) in fußläufiger Erreichbarkeit<br />

(700 m)<br />

0,4-0,5 110-140<br />

Wohnungsnachfrage Wohnen zwischen Urbanität <strong>und</strong> Suburbanität 0,7-1,2 190-330


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 265<br />

Strukturtyp Wohnbebauung in Zeilenform (Zeile)<br />

Geschossflächendichte (Ausgangswert) 0,6-1,3<br />

Einwohner je ha netto (Ausgangswert) 160-320<br />

Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 32 m²<br />

Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

Stadttechnische<br />

Infrastruktur<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Freiraumversorgung<br />

Wohnungsnachfrage<br />

Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

- Nachverdichtung zur Sicherung der Auslastung von Netzen<br />

- Sicherung kompakter Siedlungsschwerpunkte an den Hauptnetzachsen<br />

- Sicherung kompakter Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> Nachverdichtung an den Haltepunkten<br />

des ÖPNV<br />

- Sicherung von Mindestdichten zur Ermöglichung einer infrastrukturellen Gr<strong>und</strong>versorgung<br />

in fußläufiger Erreichbarkeit<br />

- Verbesserung des Freiraumversorgungsgrads im Zuge von Rückbaumaßnahmen<br />

- Nutzung von Aufwertungsmaßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Freiraumgestaltung<br />

(z. B. bessere Zonierung in private, halböffentliche <strong>und</strong> öffentliche<br />

Flächen, klare Nutzungszuweisungen, Schaffung privater Freiräume)<br />

- Verbesserung der stadt<strong>ökologische</strong>n Qualität von Freiräumen<br />

- Sicherung familiengerechten Wohnraums mit guter Ausstattung<br />

- Sicherung preiswerter, altengerechter, kleiner Wohnungen mit guter Ausstattung<br />

Sektor Kriterium GFZ EW je ha netto<br />

Begrenzung des Infrastrukturaufwands 0,3-0,7 80-160<br />

Stadttechnische<br />

Mindestauslastung der Schmutzwassernetze<br />

von 30 %<br />

0,3-0,7 80-160<br />

Infrastruktur<br />

Quartiersbezogene Kostendeckung<br />

(Schmutzwasser, Trinkwasser)<br />

0,3-0,5 70-150<br />

Wettbewerbsfähige Fernwärmeversorgung 0,7 180<br />

Verkehr ÖPNV-Angebot in fußläufiger Erreichbarkeit 0,6-0,9 140-230<br />

Kindergarten in fußläufiger Erreichbarkeit (500 m) 0,4 100<br />

Soziale Infrastruktur Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig) in fußläufiger Erreichbarkeit<br />

(700 m)<br />

0,5-0,6 110-140<br />

Wohnungsnachfrage Wohnen zwischen Urbanität <strong>und</strong> Suburbanität 0,6-1,0 150-250


266 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Strukturtyp Geschosswohnungsbau nach 1990 (MFH 90+)<br />

Geschossflächendichte (Ausgangswert) 0,5-1,2<br />

Einwohner je ha netto (Ausgangswert) 120-160<br />

Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 37,9 m²<br />

Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

Stadttechnische<br />

Infrastruktur<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Freiraumversorgung<br />

Wohnungsnachfrage<br />

Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

- Schaffung <strong>und</strong> Sicherung kompakter Siedlungsschwerpunkte an den<br />

Hauptnetzachsen<br />

- Vermeidung von Neubau an mittel- <strong>und</strong> langfristig minderausgelasteten Netzen<br />

<strong>und</strong> in potenziellen Abrissgebieten<br />

- Bei Neubau: Berücksichtigung des weiteren technischen Fortschritts <strong>und</strong><br />

künftiger Bedarfsrückgänge bei der Dimensionierung der Netze <strong>und</strong> Anlagen<br />

- Sicherung kompakter Siedlungsstrukturen durch Nachverdichtung an den<br />

Haltepunkten des ÖPNV<br />

- Sicherung von Mindestdichten zur Ermöglichung einer infrastrukturellen Gr<strong>und</strong>versorgung<br />

in fußläufiger Erreichbarkeit<br />

- Sicherung eines hohen Freiraumversorgungsgrads <strong>und</strong> einer hohen<br />

Gestaltungsqualität der Freiräume<br />

- Klare Zonierung in private, halböffentliche <strong>und</strong> öffentliche Freiräume<br />

- Angebot von Wohnformen zwischen Urbanität <strong>und</strong> Suburbanität<br />

- Sicherung gr<strong>und</strong>legender städtischer Versorgungs- <strong>und</strong> Freizeitangebote<br />

Sektor Kriterium GFZ EW je ha netto<br />

Stadttechnische<br />

Infrastruktur<br />

Begrenzung des Infrastrukturaufwands<br />

Quartiersbezogene Kostendeckung<br />

(Schmutzwasser, Trinkwasser)<br />

0,3-0,6<br />

0,2-0,65<br />

60-130<br />

50-110<br />

ÖPNV-Angebot in fußläufiger Erreichbarkeit 0,3-0,9 60-190<br />

Verkehr Vermeidung eines überproportionalen<br />

Verkehrserschließungsaufwands<br />

0,4 80<br />

Kindergarten in fußläufiger Erreichbarkeit (500 m) 0,5 100<br />

Soziale Infrastruktur Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig) in fußläufiger Erreichbarkeit<br />

(700 m)<br />

0,5-0,7 110-140<br />

Wohnungsnachfrage Wohnen zwischen Urbanität <strong>und</strong> Suburbanität 0,6-1,0 130-210


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 267<br />

Strukturtyp Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser (EFH)<br />

Geschossflächendichte (Ausgangswert) 0,15-0,7<br />

Einwohner je ha netto (Ausgangswert) 30-140<br />

Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 40 m²<br />

Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

Stadttechnische<br />

Infrastruktur<br />

Verkehr<br />

Soziale Infrastruktur<br />

Freiraumversorgung<br />

Wohnungsnachfrage<br />

Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

- Nachverdichtung zur Sicherung der Auslastung von Netzen<br />

- Orientierung von Standortentscheidungen an der bestehenden Dimensionierung<br />

von stadttechnischen Infrastrukturen<br />

- Vermeidung weiter Entfernungen zur äußeren Erschließung<br />

- Vermeidung von Neubau an mittel- <strong>und</strong> langfristig minderausgelasteten Netzen<br />

<strong>und</strong> in potenziellen Abrissgebieten<br />

- Bei Neubau: Berücksichtigung des weiteren technischen Fortschritts <strong>und</strong><br />

künftiger Bedarfsrückgänge bei der Dimensionierung der Netze <strong>und</strong> Anlagen<br />

- Sicherung eines Zugangs zu Einrichtungen der Daseinsvorsorge durch ÖPNV-<br />

Anbindung<br />

- Bei sehr geringer <strong>Dichte</strong> Gewährleistung der ÖPNV-Anbindung über alternative<br />

Bedienformen<br />

- Vermeidung überproportionaler Steigerungen des spezifischen<br />

Verkehrsaufwands <strong>und</strong> des spezifischen Verkehrsflächenbedarfs<br />

- Sicherung eines Zugangs zu Einrichtungen der sozialen Infrastruktur<br />

- Bei sehr geringer <strong>Dichte</strong> im ländlichen Raum Entwicklung alternativer Versorgungskonzepte<br />

- Vermeidung überproportionaler Kostensteigerungen zur Bereitstellung des<br />

Angebots<br />

- Schaffung von öffentlichen Freiräumen<br />

- Sicherung eines Angebots an Freiräumen spezifischer Funktionen<br />

(z. B. Sportplätze)<br />

- Suburbanes Wohnen<br />

- Sicherung von Mindestdichten individueller Wohnbauformen zur Ermöglichung<br />

einer infrastrukturellen Gr<strong>und</strong>ausstattung<br />

Sektor Kriterium GFZ EW je ha netto<br />

Begrenzung des Infrastrukturaufwands >0,3 >60<br />

Stadttechnische Mindestauslastung der Schmutzwassernetze 0,2-0,4 30-80<br />

Infrastruktur Quartiersbezogene Kostendeckung<br />

(Schmutzwasser, Trinkwasser)<br />

0,1-0,3 30-70<br />

Anschluss an den Busverkehr 0,1-0,4 20-80<br />

Verkehr Vermeidung eines überproportionalen<br />

Verkehrserschließungsaufwands<br />

0,4 80<br />

Kindergarten in fußläufiger Erreichbarkeit (600 m) 0,35 70<br />

Soziale Infrastruktur Vermeidung überproportionaler Kosten des<br />

Gemeinbedarfs<br />

0,3 60<br />

Wohnungsnachfrage Suburbanes Wohnen 0,4-0,6 80-120


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 269<br />

11 Bedeutung von stadttechnischen <strong>Dichte</strong>zielen <strong>für</strong> die<br />

Steuerung des Stadtumbaus<br />

Nachdem in Kapitel 10 mit den qualitativen <strong>und</strong> quantifizierten Kriterien zur Bestimmung<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n die zentralen Ergebnisse der Arbeit dargelegt wurden,<br />

erfolgt nun eine Diskussion <strong>und</strong> Einordnung dieser Ergebnisse in Form von Thesen.<br />

Hierzu wird die Bedeutung der Zielkriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der<br />

Stadttechnik <strong>für</strong> die Steuerung des Stadtumbaus hervorgehoben bevor in Kapitel 12<br />

ein Ausblick im Hinblick auf die Verwendung <strong>und</strong> Weiterentwicklung der Ergebnisse<br />

gegeben wird.<br />

DIE AUFFASSUNGEN ÜBER ANGEMESSENE DICHTEN SIND GEPRÄGT DURCH JEWEILS<br />

VORHERRSCHENDE RAHMENBEDINGUNGEN UND ZIELE<br />

Die Frage nach der angemessenen <strong>Dichte</strong> lässt sich schwer pauschal beantworten.<br />

Insbesondere hängt die als angemessen angesehene <strong>Dichte</strong> stark von den jeweiligen<br />

Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Zielvorstellungen ab, die sich insbesondere in der<br />

bevorzugten Wohnform niederschlagen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird die Diskussion<br />

über angestrebte <strong>Dichte</strong>n auch häufig emotional geführt.<br />

Die Analyse städtebaulicher <strong>Dichte</strong>vorstellungen nach dem Zweiten Weltkrieg hat<br />

verdeutlicht, dass sich die Ziele extremer Verdichtung oder Auflockerung stets abwechselten,<br />

<strong>und</strong> die forcierte Verfolgung einer der beiden Ansätze stets zu einer<br />

massiven Umkehr der Zielvorstellungen geführt hat. Während diese gegensätzlichen<br />

Strömungen zunächst in Phasen aufeinander folgten – mit der gering verdichteten<br />

aufgelockerten <strong>und</strong> gegliederten Stadt über die massive Verdichtung der Urbanität<br />

durch <strong>Dichte</strong> zurück zu den moderaten <strong>Dichte</strong>n der behutsamen Stadterneuerung<br />

– bestehen seit den 1990er Jahren Zielsetzungen der Verdichtung der kompakten<br />

europäischen Stadt <strong>und</strong> die sich vollziehende Entdichtung der Zwischen-<br />

oder Netzstadt parallel nebeneinander.<br />

Zielvorstellungen angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten sind in diese<br />

langjährige Debatte einzubetten. Bisher fehlt es allerdings an geeigneten Leitbildern<br />

<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>zielen <strong>für</strong> schrumpfende Städte. Basierend auf den bisherigen Erfahrungen<br />

sollte dabei weder eine extreme Verdichtung noch eine extreme Auflockerung<br />

verfolgt werden.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der starken Wechselwirkungen zwischen <strong>Dichte</strong>zielen <strong>und</strong> gesellschaftlichen<br />

Vorstellungen kann die Wissenschaft nur Gr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> die Bestimmung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n liefern. Die letztendliche Entscheidung über die verfolgte <strong>Dichte</strong><br />

hingegen lässt sich nur auf lokaler Ebene in einer gesellschaftlichen <strong>und</strong> politischen<br />

Auseinandersetzung treffen.<br />

DIE STEUERUNG DES STADTUMBAUS AUS SICHT DER STADTTECHNISCHEN INFRASTRUK-<br />

TUR ERFORDERT AUSSAGEN NICHT NUR ZU BEBAUUNGS- SONDERN AUCH ZU EINWOH-<br />

NERDICHTEN<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse schlagen sich zunächst in einer Reduzierung der Einwohnerdichten<br />

nieder, während die Bebauungsdichten bei einem Leerstand ohne Abriss<br />

zunächst konstant bleiben.<br />

Gerade in schrumpfenden Städten sind Angaben zu Einwohnerdichten von besonderer<br />

Bedeutung, da anhand dieser Daten Aussagen zum Auslastungsgrad der Net-


270 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

ze <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur (sowie der verkehrstechnischen<br />

<strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur) getroffen werden können. Stadtplanerische Festsetzungen<br />

in Bebauungsplänen hingegen werden über die Geschossflächenzahlen <strong>und</strong><br />

damit die Bebauungsdichte getroffen.<br />

Die Steuerung des Stadtumbaus aus Sicht der Stadttechnik erfordert demnach die<br />

Berücksichtigung sowohl von Einwohnerdichten (Nettowohndichte in Einwohner je<br />

ha Nettowohnbauland) als auch von Bebauungsdichten (Geschossflächendichten<br />

/ Geschossflächenzahlen).<br />

EINE DIFFERENZIERUNG VON DICHTEZIELEN NACH STADTSTRUKTURTYPEN TRÄGT DER<br />

HETEROGENITÄT RÄUMLICHER STRUKTUREN RECHNUNG<br />

Heterogenität ist ein wesentliches Merkmal städtischer Strukturen. Dementsprechend<br />

variieren die Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten über das Stadtgebiet. Eine<br />

Differenzierung nach Stadtstrukturtypen, die wesentliche Merkmale der Bebauungs<strong>und</strong><br />

Erschließungsstrukturen sowie typische <strong>Dichte</strong>n abbilden, trägt dieser Heterogenität<br />

räumlicher Strukturen Rechnung. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sollten Zielsetzungen<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n nach Stadtstrukturtypen differenziert werden, was in<br />

dieser Arbeit <strong>für</strong> den Bereich der Stadttechnik erstmals systematisch erfolgt. Ebenso<br />

ist die großräumige Lage zu berücksichtigen <strong>und</strong> nach <strong>Dichte</strong>n im städtischen, suburbanen<br />

<strong>und</strong> ländlichen Raum zu unterscheiden. Dies gilt insbesondere <strong>für</strong> den<br />

Strukturtyp der gründerzeitlichen Blockbebauung, in dem je nach regionaler Lage<br />

sehr starke <strong>Dichte</strong>differenzen bestehen.<br />

ZIELRICHTUNGEN DER DICHTEENTWICKLUNG SOWIE QUANTIFIZIERTE ZIELWERTE ANGE-<br />

MESSENER DICHTEN AUS SICHT DER STADTTECHNISCHEN INFRASTRUKTUR LIEFERN EINE<br />

WICHTIGE ENTSCHEIDUNGSGRUNDLAGE FÜR STADTUMBAUPROZESSE<br />

Aufgr<strong>und</strong> der hohen Fixkostenintensität, technischer Unteilbarkeiten <strong>und</strong> der Leitungsgeb<strong>und</strong>enheit<br />

ist die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in besonderem Maße<br />

von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffen. Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n aus<br />

Sicht der stadttechnischen Infrastruktur liefern dabei wichtige Orientierungswerte,<br />

um kritische Schwellen überproportionaler Steigerungen des Erschließungsaufwands,<br />

Verluste der technischen Funktionsfähigkeit sowie Schwellen der ökonomischen<br />

Tragfähigkeit aufzuzeigen.<br />

Die Anwendung aufeinander abgestimmter quantifizierter <strong>und</strong> qualitativer Kriterien<br />

zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n entspricht dabei den aktuellen Tendenzen<br />

zum Umgang mit Zielkriterien, wie z. B. im Rahmen der indikatorengestützten Erfolgskontrolle<br />

des Forschungsfelds „Städte der Zukunft“.<br />

BEI EINER UNGESTEUERTEN ENTDICHTUNG SCHRUMPFENDER STÄDTE SIND DERZEITIGE<br />

STANDARDS DER VER- UND ENTSORGUNG MIT TRINKWASSER, ABWASSER UND FERN-<br />

WÄRME WEDER FINANZIERBAR, NOCH ÖKOLOGISCH TRAGFÄHIG<br />

Auch wenn die <strong>Dichte</strong> von Siedlungsstrukturen nicht allein entscheidend <strong>für</strong> die Kosten<br />

der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ist, so hat sich doch gezeigt, dass<br />

unter ceteris-parisbus-Bedingungen eine kompakt schrumpfende Stadt kostengünstiger<br />

ist.<br />

- <strong>Dichte</strong> städtische Strukturen sind robust <strong>und</strong> können einen Bevölkerungsrückgang<br />

zunächst abfedern, auch wenn es bereits bei geringeren <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

zu Kostensteigerungen kommt. Wird der Schwellenwert eines Bevölkerungsrück-


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 271<br />

gangs von etwa 40 bis 50 % in Bezug zum Bemessungswert überschritten,<br />

kommt es jedoch zu massiven Kostensteigerungen. Problematisch sind <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />

vor allem in Siedlungsstrukturen geringer <strong>Dichte</strong>, da hier bereits ohnehin<br />

ein hoher spezifischer Infrastrukturaufwand besteht, der bei weiteren <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

schnell auf sehr hohe Werte ansteigt.<br />

- Im Zuge einer weiteren demographischen <strong>Schrumpfung</strong> werden sich die Kostensteigerungen<br />

disperser <strong>Schrumpfung</strong> weiter verschärfen. Aktuelle Konzepte, die<br />

auf hohe Lebensqualität bei geringer <strong>Dichte</strong> setzen, stehen somit unter dem Vorbehalt<br />

der Finanzierbarkeit <strong>und</strong> – vor dem Hintergr<strong>und</strong> der hohen Materialintensität<br />

stadttechnischer Infrastrukturen – auch unter dem Vorbehalt <strong>ökologische</strong>r<br />

Tragfähigkeit.<br />

- Modellrechungen haben ergeben, dass der einwohnerspezifische Aufwand der<br />

stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung bei disperser <strong>Schrumpfung</strong> um das Zwei-<br />

bis Dreifache höher ist als bei einer kompakten <strong>Schrumpfung</strong>, verb<strong>und</strong>en mit entsprechenden<br />

Kostensteigerungen sowie Steigerungen der Materialintensität. Auf<br />

Basis einer regressionsanalytischen Auswertung wurde geschätzt, dass bei einem<br />

Rückgang der Einwohnerdichte um 1 % der Erschließungsaufwand um bis<br />

zu 0,5 % ansteigt. Eine perforierte <strong>Schrumpfung</strong> in Stadtumbaugebieten kann 40-<br />

60 % höhere Kosten <strong>für</strong> Rückbau <strong>und</strong> Anpassung der stadttechnischen Infrastruktur<br />

verursachen, wie das Beispiel des Gebiets Turower Straße in Cottbus<br />

zeigt. Eine Auswertung von Modellrechnungen zur Entwicklung der stadttechnischen<br />

Gesamtfolgekosten von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen hat gezeigt,<br />

dass disperse <strong>Schrumpfung</strong> zu etwa 15-20 % höheren Kosten führen kann als<br />

eine konzentrierte <strong>Schrumpfung</strong> von außen nach innen.<br />

Derzeitige Kostenstrukturen der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung berücksichtigen<br />

die Differenzen der Infrastrukturkosten von Siedlungsformen unterschiedlicher<br />

<strong>Dichte</strong> nicht. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> kann sich eine weitere Ausdünnung der Siedlungsstrukturen<br />

als sozial ungerecht erweisen, da die Bewohner verdichteter Gebiete<br />

die steigenden Kosten der Entdichtung über nicht verursachergerechte Infrastrukturtarife<br />

mit finanzieren.<br />

STADTUMBAU ERFORDERT EINE BESONDERE BERÜCKSICHTIGUNG DER STADTTECHNI-<br />

SCHEN INFRASTRUKTUR, KANN JEDOCH NICHT ALLEIN AUS SICHT DER STADTTECHNIK<br />

BETRIEBEN WERDEN<br />

Wie dargestellt können bei Missachtung der Belange der stadttechnischen Infrastruktur<br />

im Stadtumbau zum Teil gravierende Folgekosten entstehen. Gerade vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> der langfristigen Folgekosten siedlungsstruktureller Entscheidungen,<br />

die durch den künftigen Erhaltungsaufwand der Gebäude <strong>und</strong> Infrastrukturen<br />

verursacht werden, ist bereits heute eine bestmögliche Reduzierung dieser Folgekosten<br />

anzustreben. Dies kann insbesondere durch eine kostensensitive Siedlungsplanung<br />

erreicht werden, die eine Neuausweisung <strong>und</strong> -erschließung von Baugebieten<br />

auf der Grünen Wiese so weit wie möglich vermeidet.<br />

Stadtumbauprozesse können jedoch nicht allein vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Optimierung<br />

der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung betrieben werden. Während die<br />

Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung aus Sicht von Verkehr <strong>und</strong> sozialer Infrastruktur<br />

weitestgehend mit den Zielen aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur übereinstimmen,<br />

gibt es auch entgegenstehende Belange, die gleichermaßen berücksichtigt<br />

werden müssen. Gerade im Hinblick auf eine ausreichende Freiraumversorgung<br />

sowie ein nachfragegerechtes Wohnungsangebot bestehen ebenso gute Ar-


272 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

gumente <strong>für</strong> stärker aufgelockerte Siedlungsstrukturen. So führt eine alleinige Optimierung<br />

der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung nicht zu langfristig tragfähigen<br />

Strukturen, wenn dabei nicht Wohnqualitäten geschaffen werden, nach denen eine<br />

dauerhafte Nachfrage besteht. Dies ist gerade in schrumpfenden Städten mit einem<br />

Nachfragerwohnungsmarkt von Bedeutung.<br />

ZWISCHEN VERTRETERN DER STADTPLANUNG, DER VER- UND ENTSORGUNGSWIRT-<br />

SCHAFT UND DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT IST EIN INTENSIVER AUSTAUSCH ERFORDER-<br />

LICH<br />

Wie bereits dargestellt, bestehen aus Sicht der verschiedenen Handlungsfelder unterschiedliche<br />

<strong>und</strong> zum Teil auch gegensätzliche Zielvorstellungen. Langfristig tragfähige<br />

Lösungen <strong>für</strong> einen integrierten Stadtumbau können nur dann entwickelt<br />

werden, wenn die Zielvorstellungen aus Sicht der verschiedenen Handlungsfelder<br />

ausreichend in die Stadtumbauprozesse einfließen.<br />

Dies erfordert einen intensiven Austausch zwischen Vertretern der Stadtplanung,<br />

der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft sowie der Wohnungswirtschaft. Für Vertreter<br />

der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft ist dabei von besonderer Bedeutung, dass sie<br />

möglichst frühzeitig in die Stadtumbauplanung eingeb<strong>und</strong>en werden.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 273<br />

12 Ausblick: Praktische Anwendung, Handlungsempfehlungen<br />

<strong>und</strong> Forschungsbedarf<br />

12.1 Anwendungsmöglichkeiten <strong>für</strong> Stadtplaner, Ver- <strong>und</strong> Entsorger<br />

<strong>und</strong> Wissenschaftler<br />

STADTPLANER KÖNNEN DIE ERMITTELTEN KRITERIEN ALS GRUNDLAGE FÜR DIE ER-<br />

STELLUNG LOKALSPEZIFISCHER DICHTEMODELLE NUTZEN<br />

Für Stadtplaner bieten die nach Stadtstrukturtypen differenzierten Kriterien zur Bestimmung<br />

angemessener <strong>Dichte</strong>n eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Erstellung lokaler <strong>Dichte</strong>modelle.<br />

Als informelle Planungsinstrumente auf der strategischen Ebene treffen<br />

<strong>Dichte</strong>modelle, die bisher vor allem in der Flächennutzungsplanung westdeutscher<br />

Großstädte Anwendung fanden, räumlich differenzierte Zielaussagen zu angestrebten<br />

<strong>Dichte</strong>korridoren von Bestands- <strong>und</strong> Neubaugebieten.<br />

Um von den stadtstrukturspezifischen Kriterien zu einem lokalen <strong>Dichte</strong>modell zu<br />

gelangen, genügt jedoch keine pauschale Übertragung der jeweiligen Zielwerte.<br />

Vielmehr sollten zunächst <strong>für</strong> jedes Stadtgebiet anhand dessen besonderer Potenziale<br />

<strong>und</strong> Defizite Zielprioritäten formuliert werden.<br />

- Auch <strong>für</strong> ein <strong>und</strong> denselben Stadtstrukturtyp können, je nach spezifischer Ausgangssituation,<br />

unterschiedliche Entwicklungsprioritäten bestehen. In Großwohnsiedlungen<br />

in Plattenbauweise zum Beispiel liegt der Fokus oftmals auf der Sicherung<br />

der technischen Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> der ökonomischen Tragfähigkeit<br />

der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung, so dass ein konzentrierter Rückbau<br />

von den Netzenden angestrebt wird. Allerdings kann in einigen Gebieten dieses<br />

Strukturtyps auch die Nutzung der Entdichtung zur Verbesserung der Freiraumversorgung<br />

sowie zur Qualitätsverbesserung des Wohnungsangebots im Vordergr<strong>und</strong><br />

stehen.<br />

- Festlegungen von Zielprioritäten beinhalten auch Entscheidungen darüber, welche<br />

Bestandteile des stadttechnischen Systems (aber auch der Angebote des öffentlichen<br />

Verkehrs <strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur) unbedingt zu erhalten sind,<br />

weil sie <strong>für</strong> unverzichtbar gehalten werden oder weil in ihnen größere Kapitalmengen<br />

geb<strong>und</strong>en sind. Mit Hilfe der in dieser Arbeit dargestellten Kriterien <strong>und</strong><br />

Ansätze lassen sich Mindestdichten im Einzugsbereich der stadttechnischen<br />

Netze <strong>und</strong> Anlagen bestimmen.<br />

Stehen die Zielprioritäten <strong>für</strong> die jeweiligen Stadtgebiete fest, können die stadttechnischen<br />

<strong>Dichte</strong>kriterien unter Einbeziehung der Kriterien anderer stadtplanerischer<br />

Handlungsfelder genutzt werden, um lokalspezifische <strong>Dichte</strong>ziele zu formulieren.<br />

Neben den quantifizierten Zielkorridoren sollten hierbei auch die qualitativen Kriterien<br />

Berücksichtigung finden. Je nach zentralörtlicher Lage, Stadtgröße <strong>und</strong> Lage<br />

innerhalb der Stadt müssen <strong>Dichte</strong>ziele ortsspezifisch angepasst werden. Hierbei ist<br />

von den Ausgangsdichten des jeweiligen Gebiets vor dem Bevölkerungsrückgang<br />

auszugehen. Solche <strong>Dichte</strong>modelle <strong>für</strong> schrumpfende Städte können dabei auch<br />

Eingang in die Erstellung von städtebaulichen Entwicklungskonzepten nach § 171b<br />

BauGB finden.


274 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

STADTPLANER SOWIE VER- UND ENTSORGER KÖNNEN MIT HILFE DER ERMITTELTEN KRI-<br />

TERIEN DIE BERÜCKSICHTIGUNG VON STADTTECHNISCHEN BELANGEN IM STADTUMBAU<br />

STÄRKEN<br />

Stadttechnische Belange wurden bisher im Stadtumbau unzureichend berücksichtigt.<br />

Bei der Dimensionierung von Netzen <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur<br />

operiert die Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft bisher mit Größen, die sich<br />

nicht unmittelbar in stadtplanerische Zusammenhänge übertragen lassen.<br />

Die ermittelten Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der<br />

stadttechnischen Infrastruktur übersetzen wesentliche stadttechnische Dimensionierungsgrößen<br />

in die stadtplanerisch relevanten Größen der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten.<br />

Damit bilden diese Kriterien eine Gr<strong>und</strong>lage da<strong>für</strong>, dass Erfordernisse<br />

der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung einen stärkeren Eingang in die Stadtumbauplanungen<br />

finden können.<br />

FÜR WISSENSCHAFTLER WIRD DIE FRAGE NACH DER ANGEMESSENEN DICHTE IN DEN<br />

KONTEXT DER SCHRUMPFUNG UND DER STADTTECHNIK GESTELLT<br />

<strong>Dichte</strong> ist eine Planungsgröße mit langer Tradition. Auch wenn es bereits wissenschaftliche<br />

Beiträge zum angemessenen Grad der Verdichtung gab, fehlte es bisher<br />

an einer umfangreichen Aufarbeitung. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Frage<br />

nach der angemessenen <strong>Dichte</strong> in den neuen Kontext der schrumpfenden Städte<br />

gestellt.<br />

Aus Sicht des Verkehrs <strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur lagen bereits Ziele angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n in der wissenschaftlichen Literatur vor, die in dieser Arbeit im Hinblick<br />

auf <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse angepasst wurden. Insbesondere <strong>für</strong> den Bereich der<br />

Wohnungsnachfrage hat sich gezeigt, dass die <strong>für</strong> wachsende Städte entwickelten<br />

Ziele einer weiteren Revision bedürfen.<br />

Für die Stadttechnik hingegen werden erstmals systematisch nach Stadtstrukturtypen<br />

differenzierte Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n ermittelt. Die Kenntnis der Ursache-Wirkungs-Beziehungen<br />

zwischen der <strong>Dichte</strong> von Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> deren<br />

stadttechnischer Ver- <strong>und</strong> Entsorgung wurde damit gestärkt.<br />

Die dargelegten Ansätze zur Ermittlung minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen<br />

Infrastruktur bieten eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> eine weitere wissenschaftliche Methodenentwicklung<br />

sowie <strong>für</strong> weitere empirische Forschung.<br />

12.2 Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Zielgruppen Stadtplaner, Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorger <strong>und</strong> Wissenschaftler<br />

WISSENSCHAFTLER UND STADTPLANER SOLLTEN BESTEHENDE RICHT- UND ORIENTIE-<br />

RUNGSWERTE DER PLANUNG AN VERÄNDERTE RAHMENBEDINGUNGEN INFOLGE VON<br />

SCHRUMPFUNGSPROZESSEN UND DEMOGRAPHISCHEM WANDEL ANPASSEN<br />

Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte der Planung sollten an veränderte Bevölkerungszahlen<br />

<strong>und</strong> -strukturen angepasst werden.<br />

- Für die Stadttechnik besteht eine Notwendigkeit zur Anpassung bestehender<br />

Richtwerte <strong>und</strong> Versorgungsstandards vor allem im Hinblick auf den gering verdichteten<br />

ländlichen Raum, in dem derzeitige Versorgungsstandards nur bei unverhältnismäßig<br />

hohen Kosten aufrecht erhalten werden können.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 275<br />

- Gerade Zielwerte <strong>für</strong> das Angebot sozialer Infrastrukturen sind im Hinblick auf<br />

den demographischen Wandel anzupassen. So wird <strong>für</strong> einen Kindergarten nach<br />

wie vor von einer erforderlichen Mantelbevölkerung von 2.000 bis 3.000 Einwohnern<br />

ausgegangen. Legt man die aufgr<strong>und</strong> des demographischen Wandels verringerten<br />

Anteile eines Kindergartenjahrgangs an der Gesamtbevölkerung zu<br />

Gr<strong>und</strong>e, ergibt sich hingegen eine notwendige Mantelbevölkerung von über<br />

4.000 Einwohnern. Damit sind im Einzugsbereich eines Kindergartens höhere<br />

Einwohnerdichten erforderlich, wenn gleiche Entfernungsstandards beibehalten<br />

werden sollen.<br />

Während Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte der Planung im Zuge der Abkehr von der<br />

integrierten Entwicklungsplanung lange Zeit kritisiert wurden, zeigt sich in jüngerer<br />

Zeit eine erneute Hinwendung zu quantifizierten Zielwerten. Eine Anpassung der<br />

Orientierungswerte an neue gesellschaftliche Rahmenbedingungen kann daher einen<br />

wichtigen Beitrag zur Festlegung solcher Zielsetzungen leisten. Diese Anpassung<br />

von Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten ist sowohl Aufgabe der Wissenschaft, die<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen aufzeigen sollte, als<br />

auch der Planungspraxis, deren Aufgabe es ist, die Anwendbarkeit in der praktischen<br />

Planung zu gewährleisten.<br />

WISSENSCHAFTLER, STADTPLANER UND VER- UND ENTSORGER MÜSSEN DIE FRAGE<br />

NACH MINIMALEN DICHTEN AUS SICHT DER STADTTECHNISCHEN INFRASTRUKTUR IN EI-<br />

NEN GESAMTGESELLSCHAFTLICHEN ENTSCHEIDUNGSPROZESS EINBRINGEN<br />

Wenn derzeitige Standards der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung sowie Qualitäten städtischer<br />

Lebensweisen bei moderaten Kostensteigerungen aufrecht erhalten werden sollen,<br />

bestehen keine Alternativen zur Sicherung von Mindestdichten. Die in der Arbeit<br />

dargelegten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten stellen<br />

Minimaldichten dar, deren Unterschreitung entweder siedlungsstrukturelle Maßnahmen<br />

zur Sicherung ausreichender <strong>Dichte</strong>n oder eine Anpassung von Standards<br />

<strong>und</strong> Kosten erfordert.<br />

Wenn allerdings derzeitige Standards zur Disposition gestellt oder deutlich höhere<br />

Kosten in Kauf genommen werden, dann sind Siedlungsstrukturen sehr geringer<br />

<strong>Dichte</strong> denkbar. Diese Entscheidung kann jedoch weder von Seiten der Planungspraxis<br />

noch von Seiten der Planungswissenschaft getroffen werden, sondern bedarf<br />

gesamtgesellschaftlicher Entscheidungsprozesse. Aufgr<strong>und</strong> der langfristigen Folgewirkungen<br />

siedlungsstruktureller Entscheidungen sind diese zügig zu treffen.<br />

Dabei sind nicht nur Zielsetzungen <strong>für</strong> städtische Strukturen zu diskutieren, sondern<br />

ebenso solche <strong>für</strong> ländliche Gebiete, <strong>für</strong> die – aufgr<strong>und</strong> der ohnehin sehr hohen<br />

spezifischen Infrastrukturaufwände – verstärkt Konzepte dezentraler Versorgung in<br />

Betracht zu ziehen sind.<br />

STADTPLANER AUS WISSENSCHAFT UND PRAXIS STEHEN VOR DER AUFGABE LEITBIL-<br />

DER UND DICHTEZIELE FÜR SCHRUMPFENDE STÄDTE ZU ENTWICKELN UND UMZUSETZEN<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage der angesprochenen gesamtgesellschaftlichen Entscheidungen<br />

sind von Seiten der Planungspraxis <strong>und</strong> -wissenschaft tragfähige städtebauliche<br />

Leitbilder <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>ziele zu entwickeln. Bisher bestehen <strong>für</strong> mögliche siedlungsstrukturelle<br />

Entwicklungspfade in schrumpfenden Städten allenfalls erste Ideen,<br />

während ausgereifte städtebauliche Leitbilder <strong>und</strong> quantifizierte <strong>Dichte</strong>ziele fehlen.<br />

Die in dieser Arbeit dargelegten Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />

bilden eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die weitere Entwicklung solcher Zielvorstellungen.


276 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

Zur Umsetzung der <strong>Dichte</strong>ziele ist zunächst deren Einbindung in die formelle Bauleitplanung<br />

erforderlich:<br />

- So können die <strong>Dichte</strong>ziele lokaler <strong>Dichte</strong>modelle nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB<br />

als allgemeine Maße baulicher Nutzung in den Flächennutzungsplänen festgesetzt<br />

werden.<br />

- Eine weitere Konkretisierung der <strong>Dichte</strong>ziele erfolgt dann in der Bebauungsplanung<br />

mit der Festsetzung des Maßes baulicher Nutzung als GFZ nach § 9 Abs. 1<br />

Nr. 1 BauGB. Im Zuge der Bebauungsplanung ist dabei zu berücksichtigen, dass<br />

die <strong>Dichte</strong>ziele nicht auf jedem einzelnen Gr<strong>und</strong>stück einzuhalten sind, sondern<br />

den Durchschnitt der <strong>Dichte</strong>n aller Nettowohnbaulandflächen des Baugebiets<br />

repräsentieren.<br />

Ziele angemessener <strong>Dichte</strong>n können allerdings nicht allein über stadtplanerische<br />

Maßnahmen realisiert werden. So stehen derzeit z. B. nicht verursachergerechte<br />

Kostenanlastungen der stadttechnischen Infrastruktur aber auch der Mobilität einer<br />

Sicherung von Mindestdichten entgegen. Die entwickelten Ziele können nur bei einer<br />

gleichzeitigen Anpassung der fiskalischen Rahmenbedingungen sowie der Förderbedingungen<br />

erreicht werden. Hierzu gehört auch eine entsprechende Städtebauförderung.<br />

So sollten im Zuge der Förderung der Rückführung stadttechnischer<br />

Infrastrukturen nicht solche Maßnahmen gefördert werden, die mittel- <strong>und</strong> langfristig<br />

zu hohen gesamtgesellschaftlichen Folgekosten führen, wie z. B. kostenintensive<br />

Zwischenlösungen. Hier sind die Regelungen zur Förderung in Sachsen zu begrüßen,<br />

die nur dauerhafte Lösungen in solchen Gebieten zulassen, die flächenhaft<br />

zurückgebaut werden.<br />

EINE INTEGRIERTE STEUERUNG DES STADTUMBAUS ERFORDERT DATENVERFÜGBARKEIT<br />

UND -TRANSPARENZ VON SEITEN ALLER AKTEURE<br />

Für eine integrierte Steuerung des Stadtumbaus stehen, aufgr<strong>und</strong> mangelnder Datentransparenz<br />

<strong>und</strong> -verfügbarkeit, bisher unzureichende Informationen zur Verfügung.<br />

- Der Stadtplanung fehlt es bisher an ausreichenden Informationen zu den tatsächlichen<br />

Folgekosten des Stadtumbaus sowie zur Auslastung der Netze.<br />

- Ver- <strong>und</strong> Entsorger werden umgekehrt häufig nur sehr kurzfristig über geplante<br />

Rückbaumaßnahmen informiert, so dass sie die Folgekosten des Stadtumbaus<br />

nur schwer durch langfristige Netzplanungen minimieren können. Gerade Ver-<br />

<strong>und</strong> Entsorger sind aufgr<strong>und</strong> der Langfristigkeit von Infrastrukturinvestitionen auf<br />

frühzeitige <strong>und</strong> langfristig gültige Informationen zum geplanten Rückbau angewiesen.<br />

Eine integrierte Steuerung des Stadtumbaus erfordert somit eine höhere Datentransparenz<br />

von Seiten aller beteiligten Akteure.<br />

12.3 Erkenntnisgewinn <strong>für</strong> westdeutsche Städte<br />

Auch wenn die Arbeit sich mit angemessenen <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden ostdeutschen<br />

Städten beschäftigt, so sind die Erkenntnisse auch <strong>für</strong> westdeutsche Städte<br />

interessant, da ein großer Teil dieser Städte in Zukunft ebenso von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

betroffen sein wird.


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 277<br />

DIE VIELFÄLTIGEN FOLGEWIRKUNGEN ZUKÜNFTIG ZU ERWARTENDER SCHRUMPFUNGS-<br />

PROZESSE IN WESTDEUTSCHEN STÄDTEN SIND FRÜHZEITIG IN DER SIEDLUNGSPLANUNG<br />

ZU BERÜCKSICHTIGEN<br />

Auch <strong>für</strong> westdeutsche Städte gilt, dass unter ceteris-paribus-Bedingungen eine<br />

dichtere Stadt eine kostengünstigere Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ermöglicht. Im Hinblick<br />

auf die Langfristigkeit heutiger siedlungsstruktureller Entscheidungen, die einen<br />

maßgeblichen Einfluss auf die künftige Finanzierbarkeit stadttechnischer (sowie<br />

verkehrstechnischer <strong>und</strong> sozialer) Infrastrukturen haben, sind frühzeitig solche Pfade<br />

der Siedlungsentwicklung einzuschlagen, die eine Sicherung angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n ermöglichen.<br />

Entsprechend den in dieser Arbeit dargelegten Erkenntnissen sollte weder eine absolute<br />

Verdichtung noch eine Ausdünnung der Siedlungsstruktur angestrebt werden.<br />

Vielmehr geht es um die Sicherung solcher <strong>Dichte</strong>n, die einerseits eine langfristige<br />

Finanzierbarkeit von Infrastrukturen gewährleisten <strong>und</strong> andererseits auch eine ausreichende<br />

Freiraumversorgung sowie die Befriedigung von Wohnwünschen nach<br />

geringeren <strong>Dichte</strong>n ermöglichen.<br />

Gerade in westdeutschen Städten, die kurzfristig noch eine Phase des Wachstums<br />

erfahren, bevor sie in einen <strong>Schrumpfung</strong>sprozess eintreten, ist von besonderer<br />

Bedeutung, die künftige Ausweitung <strong>und</strong> Ausdünnung der Siedlungsfläche zu vermeiden.<br />

Hierzu sollte auf Neuausweisungen von Bauland auf der Grünen Wiese<br />

weitestgehend verzichtet werden.<br />

FÜR STADTPLANER UND VER- UND ENTSORGER IN WESTDEUTSCHEN STÄDTEN ZEIGT<br />

SICH DIE HERAUSRAGENDE BEDEUTUNG EINER KOORDINIERTEN SIEDLUNGS- UND<br />

INFRASTRUKTURPLANUNG<br />

Gerade unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen kann die stadttechnische Erschließung<br />

nicht mehr als eine der Siedlungsentwicklung nachgeordnete Planung betrieben<br />

werden.<br />

- Um unverhältnismäßig hohe Aufwands- <strong>und</strong> Kostensteigerungen der stadttechnischen<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgung zu vermeiden, ist auch in westdeutschen Städten eine<br />

ungesteuerte Ausdünnung der Siedlungsstruktur an den Hauptnetzachsen der<br />

stadttechnischen Infrastruktur zu vermeiden.<br />

- Zukünftige teilstädtische Bevölkerungsrückgänge sind frühzeitig bei der Dimensionierung<br />

der Netze <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur zu berücksichtigen.<br />

So zeigt sich auch <strong>für</strong> westdeutsche Städte die Notwendigkeit, frühzeitig eine koordinierte<br />

Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung zu betreiben, um spätere Kosten- <strong>und</strong><br />

Aufwandssteigerungen vorab zu vermeiden.<br />

12.4 Weiterer Forschungsbedarf<br />

Prozesse der <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> der Ausdünnung der Siedlungsstruktur sind komplex<br />

<strong>und</strong> stehen in Wechselwirkung mit zahlreichen planerischen Handlungsfeldern.<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieser hohen Komplexität sind bisher nicht alle Folgewirkungen dieser<br />

Prozesse geklärt, geschweige denn in der Planungspraxis berücksichtigt. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> ergibt sich eine Vielzahl weiterer Forschungsbedarfe.<br />

Während bei der Bewältigung der stadttechnischen Folgewirkungen der Stadtumbauprozesse<br />

auf der Quartiersebene bereits Erfahrungen bestehen, fehlen Erkennt-


278 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

nisse im Hinblick auf die Auswirkungen auf zentrale Netze <strong>und</strong> Anlage bisher vollständig.<br />

Diese werden erst zeitversetzt <strong>und</strong> bei kumulierter <strong>Schrumpfung</strong> im gesamten<br />

Stadtgebiet deutlich. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> formulierte Springer als Vertreter<br />

der Stadtwerke Erfurt den folgenden Forschungsbedarf:<br />

„Auch <strong>für</strong> die technische Infrastruktur fehlen derzeit geeignete Modelle, die<br />

eine Minderauslastung von Systemen, das Nichterreichen technischer <strong>und</strong><br />

wirtschaftlicher Nutzungsdauern, das Auftreten von Sprungkosten, Verbrauchsprognosen<br />

in Abhängigkeit von Bevölkerungsentwicklung <strong>und</strong> Siedlungsdichte<br />

<strong>und</strong> weiterer Faktoren vernetzt berücksichtigen <strong>und</strong> dies in ausreichend<br />

kleinräumiger Differenzierung mit variablen Zeithorizonten betrachten.<br />

Deshalb sind Forschungsprojekte erforderlich, um diese fehlenden (auf<br />

<strong>Schrumpfung</strong> orientierten) Modelle zu entwickeln.“ (SPRINGER 2005)<br />

Dies erfordert eine weitere Fortsetzung der bereits begonnenen Forschungsbemühungen<br />

zur Entwicklungen von Modellen zur Beschreibung der technischen, ökonomischen<br />

<strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>n Folgewirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen:<br />

- Hierzu gehören z. B. genaue Netzsimulationen der Auslastungszustände <strong>und</strong><br />

Funktionsstörungen bei unterschiedlichen Varianten der Bevölkerungs- <strong>und</strong><br />

Leerstandsentwicklung im Stadtgebiet. Ziel solcher Simulationen ist die Bewertung<br />

der Auswirkungen verschiedener Stadtumbauvarianten auf die zentralen<br />

Netze <strong>und</strong> Anlagen der Stadttechnik. Die Modelle sollten in der Lage sein, einen<br />

langfristigen Zeithorizont abzudecken sowie teilstädtische Differenzen, z. B. auf<br />

Basis von Stadtstrukturtypen, zu berücksichtigen.<br />

- Aufgr<strong>und</strong> der Notwendigkeit Stadtumbauprozesse integriert zu vollziehen, sind<br />

neben primär auf die Stadttechnik bezogenen Modellen auch solche zu entwickeln,<br />

die ebenso Folgewirkungen auf andere planerische Handlungsfelder<br />

Rechnung tragen. Damit sollten die gesamtgesellschaftlichen Konsequenzen<br />

verschiedener betrachteter Varianten der Siedlungsentwicklung aufgezeigt werden<br />

können. Bei Bestrebungen den Stadtumbau aus Sicht der Stadttechnik zu<br />

optimieren, ist ebenso die Entwicklung der Wohnungsnachfrage einzubeziehen,<br />

z. B. im Rahmen von Wohnungsnachfrageprognosen.<br />

- Allerdings sind auch die Grenzen von Modellen zu berücksichtigen. So sind diese<br />

nicht in der Lage, künftige Entwicklungen genau abzubilden. Ihre Aufgabe liegt<br />

vielmehr darin, die erforderlichen Diskussionsgr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> die Abwägung geeigneter<br />

Pfade der Siedlungsentwicklung bereitzustellen, negative Entwicklungspfade<br />

aufzuzeigen <strong>und</strong> somit dazu beizutragen, nachteilige Entwicklungen von<br />

vorneherein zu vermeiden.<br />

Neben der Modellierung der künftigen Folgewirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

sind auch die realen Folgewirkungen von Stadtumbaumaßnahmen in Zukunft genau<br />

zu beobachten, insbesondere im Hinblick auf die Stadttechnik. Hierzu ist ein detailliertes<br />

Monitoring der stadttechnischen Folgewirkungen des Stadtumbaus<br />

durchzuführen (SPRINGER 2005). Dabei sollten insbesondere solche Indikatoren<br />

Verwendung finden, die sowohl einen Bezug zu den Dimensionierungsgrößen der<br />

stadttechnischen Infrastruktur als auch zur stadtplanerischen Erschließung aufweisen,<br />

wie z. B. die Netzlänge in m je Einwohner. Bestehende Ansätze, wie zum Beispiel<br />

die starke Berücksichtigung der Stadttechnik im Rahmen des Monitorings des<br />

Stadtumbaus Ost in Thüringen, sind fortzusetzen <strong>und</strong> auszubauen. Durch ein solches<br />

Monitoring sollten bisher unzureichend vorliegende Daten gewonnen werden,<br />

mit deren Hilfe die in dieser Arbeit anhand von Modellrechnungen abgeleiteten


<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 279<br />

Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n einer empirischen Prüfung unterzogen werden<br />

können.<br />

Ein weiterer Forschungsbedarf besteht ebenso im Hinblick auf die Wechselwirkungen<br />

zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> stadtplanerischen Handlungsfeldern in schrumpfenden<br />

Städten. Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass <strong>Dichte</strong> ein wichtiger Indikator<br />

zur Bewertung von Siedlungsstrukturen ist, ebenso wie eine Planungsgröße mit<br />

deren Hilfe Entwicklungsziele festgesetzt werden können. Neben den hier dargelegten<br />

Zusammenhängen zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Handlungsfeldern der Stadtplanung<br />

bestehen weitere Wechselbeziehungen, die vor dem Hintergr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

einer weiteren Analyse bedürfen. Dies sind z. B. die Auswirkungen<br />

von Entdichtungsprozessen auf die stadt<strong>ökologische</strong> Qualität, auf die Entwicklung<br />

von Bodenwerten <strong>und</strong> auf Prozesse der sozialen Segregation. Im Zuge der aktuellen<br />

Diskussion um den Klimawandel ist neben der langfristigen Finanzierbarkeit von<br />

Siedlungsstrukturen auch deren Ressourceneffizienz von besonderer Bedeutung.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind die Zusammenhänge zwischen der <strong>Dichte</strong> von Siedlungsstrukturen<br />

<strong>und</strong> deren Ökoeffizienz einer intensiven Betrachtung zu unterziehen.<br />

Eine wesentliche Zukunftsaufgabe der Forschung liegt darin, den Paradigmenwechsel<br />

von einer wachstums- zu einer schrumpfungsorientierten Planung zu<br />

begleiten. Noch sind bestehende Orientierungswerte, Planungsphilosophien,<br />

-leitbilder <strong>und</strong> -instrumente sowie die Ausbildung von Planern weitestgehend durch<br />

Wachstumsvorstellungen geprägt. Auch wenn mit der Aufnahme des Stadtumbaus<br />

in § 171a bis d des BauGB bereits ein wichtiger Schritt zur Berücksichtigung von<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen geleistet wurde, so ist das generelle Planungsverständnis<br />

noch stark von Wachstumsgedanken geprägt. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind Orientierungswerte,<br />

städtebauliche Leitbilder <strong>und</strong> Planungsinstrumente <strong>für</strong> schrumpfende<br />

Städte fortzuentwickeln, in Kooperation zwischen Wissenschaft <strong>und</strong> Planungspraxis.<br />

In Zukunft ist mit einer weiteren Polarisierung der Raumentwicklung in stark verdichtete<br />

Agglomerationsräume einerseits <strong>und</strong> ländliche Räume sehr geringer <strong>Dichte</strong>n<br />

anderseits zu rechnen. Wachsende <strong>und</strong> schrumpfende Räume werden nebeneinander<br />

existieren. Daher können nicht mehr <strong>für</strong> alle Gebiete einheitliche Ziele <strong>und</strong><br />

Standards gesetzt werden. Insbesondere im Hinblick auf die stadttechnische Ver-<br />

<strong>und</strong> Entsorgung sind regional differenzierte Standards zu entwickeln. Hierzu gehören<br />

Modifizierungen von Versorgungsstandards <strong>und</strong> die Nutzung dezentraler Ver-<br />

<strong>und</strong> Entsorgung in ländlichen Gebieten geringer <strong>Dichte</strong>. Eng verb<strong>und</strong>en mit der Frage<br />

nach regional differenzierten Versorgungsstandards ist auch die Frage nach Modellen<br />

der verursachergerechten Anlastung von Infrastrukturkosten. Bewohner verdichteter<br />

Strukturen sollten nicht länger die zusätzlichen Infrastrukturkosten in Gebieten<br />

geringer <strong>Dichte</strong> mitfinanzieren müssen.<br />

Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach der Umsetzung von Zielen angemessener<br />

<strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten. Obwohl eine Vielzahl der am Programm<br />

‚Stadtumbau Ost’ beteiligten Städte Leitbilder der Kontraktion <strong>und</strong> damit der Sicherung<br />

verdichteter Strukturen anstrebt, vollzieht sich auch hier die <strong>Schrumpfung</strong> weitestgehend<br />

dispers. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist eine genaue Analyse derjenigen<br />

Faktoren erforderlich, die einem kompakten Rückbau entgegenstehen. Als häufige<br />

Begründung werden hier<strong>für</strong> entgegenstehende Interessen, insbesondere von Akteuren<br />

der Wohnungswirtschaft, genannt. Auf Gr<strong>und</strong>lage einer genauen Analyse der<br />

Ziele <strong>und</strong> Handlungslogiken verschiedener am Stadtumbau beteiligter Akteure sind<br />

Widersprüche <strong>und</strong> Synergien zu identifizieren. Weiterhin sollten Verfahren, Anreize


280 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />

<strong>und</strong> Instrumente ermittelt werden, die dazu beitragen können, dass die Interessen<br />

im Hinblick auf einen integrierten <strong>und</strong> aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvollen<br />

Stadtumbau in Einklang gebracht werden können.


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 281<br />

Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

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(Hrsg.): Jahrbuch StadtRegion 2003, Schwerpunkt: Urbane Regionen. Opladen: Leske &<br />

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Banse, Juliane; Effenberger, Karl-Heinz; Möbius, Martina (2004): Demographischer Wandel<br />

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282 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

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Stadtplanung <strong>und</strong> Stadtpolitik – Perspektiven <strong>für</strong> die Ausbildung. In: Sinning, Heidi<br />

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(Hrsg.): Ohne Leitbild? - Städtebau in Deutschland <strong>und</strong> Europa. 2. unveränderte Auflage.<br />

Stuttgart: Karl Krämer Verlag <strong>und</strong> Wüstenrot Stiftung, 453-474.<br />

Becker, Heidede; Jessen, Johann; Sander, Robert (1999): Auf der Suche nach Orientierung<br />

- das Wiederaufleben der Leitbildfrage im Städtebau. In: Becker, Heidede; Jessen, Johann;<br />

Sander, Robert (Hrsg.): Ohne Leitbild? - Städtebau in Deutschland <strong>und</strong> Europa, 2.<br />

unveränderte Auflage. Stuttgart: Karl Krämer Verlag <strong>und</strong> Wüstenrot Stiftung, 10-17.<br />

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Stadtumbau Ost im Auftrag des BMVBS <strong>und</strong> des BBR. Berlin.<br />

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Schiller, Georg; Siedentop, Stefan; Lipkow, Adrian (2004): Nachhaltiges Bauen <strong>und</strong><br />

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dem komplementären Bereich "Öffentliche Infrastruktur". UBA Texte 1/2004. Berlin.<br />

BUND (B<strong>und</strong> <strong>für</strong> Umwelt <strong>und</strong> Naturschutz Deutschland); Misereor (1996) (Hrsg.): Zukunftsfähiges<br />

Deutschland, Ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung. Studie<br />

des Wuppertal <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Klima, Umwelt, Energie. Basel, Boston, Berlin: Birkhäuser.<br />

B<strong>und</strong>esregierung (2004): Perspektiven <strong>für</strong> Deutschland. Unsere Strategie <strong>für</strong> eine nachhaltige<br />

Entwicklung. Berlin: Selbstverlag der B<strong>und</strong>esregierung.<br />

B<strong>und</strong>estransferstelle Stadtumbau Ost (2006): Projektdatenbank „Gute Beispiele“: Cottbus<br />

Sachsendorf-Madlow: Quartier Turower Straße. http://www.stadtumbau-ost.info/<br />

Zugriff am 28.10.2006.<br />

Burberg, Paul-Helmuth; Wieneke, Günter (1989): Infrastrukturversorgung bei rückläufiger<br />

Bevölkerungsdichte unter besonderer Berücksichtigung der Mobilität von Bevölkerung<br />

<strong>und</strong> Infrastruktureinrichtungen - Eine Auswertung der relevanten Literatur. Beiträge<br />

der Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung 115. Hannover: Verlag<br />

der ARL.<br />

Bürkner, Hans-Joachim (2001): <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> Alltagskultur: Blinde Flecken im Stadtumbau-Diskurs.<br />

In: Keim, Karl-Dieter (Hrsg.): Regenerierung schrumpfender Städte -<br />

zur Umbaudebatte in Ostdeutschland. REGIO transfer 1. Erkner, 41-67.<br />

Büro <strong>für</strong> urbane Projekte (2004a): Die perforierte Stadt. In: Stadt Leipzig; empirica; Büro <strong>für</strong><br />

urbane Projekte (Hrsg.): Leipzig 2030. Forschungsbericht im Rahmen des Ideen-


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 285<br />

wettbewerbs Stadt 2030. Gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Bildung <strong>und</strong> Forschung.<br />

Leipzig, 85-92.<br />

Büro <strong>für</strong> urbane Projekte (2004b): GIS-Modell, Verortung. In: Stadt Leipzig; empirica; Büro<br />

<strong>für</strong> urbane Projekte (Hrsg.): Leipzig 2030. Forschungsbericht im Rahmen des<br />

Ideenwettbewerbs Stadt 2030. Gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Bildung <strong>und</strong><br />

Forschung. Leipzig, 57-84.<br />

Churchman, Arza (1999): Disentangling the Concept of Density. In: Journal of Planning Literature,<br />

No. 4/Vol. 3, 389-411.<br />

Cools, Marion; Gnest, Holger; Fürst, Dietrich (2002): Parametrische Steuerung - ein neuer<br />

Steuerungsmodus <strong>für</strong> die Raumplanung? In: Raumforschung <strong>und</strong> Raumordnung, 3-<br />

4/2002, 219-231.<br />

Cording, Elke (2007): <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Wohnen. In: Planerin, 01/07, 42-43.<br />

D'Alleux, Jürgen (1995): Ver- <strong>und</strong> Entsorgung. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong><br />

Landesplanung) (Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover, 1036-1041.<br />

Dangschat, Jens S. (2001): Ein Kommentar: Leben statt Wohnen? In: Feldtkeller, Andreas<br />

(Hrsg.): Städtebau: Vielfalt <strong>und</strong> Integration, Neue Konzepte <strong>für</strong> den Umgang mit<br />

Stadtbrachen. Stuttgart, München: Deutsche Verlags-Anstalt, 214-220.<br />

Deilmann, Clemens (2002): Nachhaltigkeit der Wohnungsbestandsentwicklung aus stofflichenergetischer<br />

<strong>und</strong> funktionaler Perspektive. Mit Vielfalt, Luxus <strong>und</strong> Überschuss zur<br />

Nachhaltigkeit. In: Deilmann, Clemens (Hrsg.): Zukunft – Wohngebiet. Entwicklungslinien<br />

<strong>für</strong> städtische Teilräume. Berlin: VWF (Verlag <strong>für</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Forschung),<br />

93-106.<br />

Deilmann, Clemens; Iwanow, Irene; Schiller, Georg (2001): Ökologische Effekte der Bestandsentwicklung<br />

bei rückläufiger Wohnungsnachfrage - Szenarien 2015 <strong>für</strong> die<br />

Stadt Bautzen. In: Keim, Karl-Dieter (Hrsg.): Regenerierung schrumpfender Städte -<br />

zur Umbaudebatte in Ostdeutschland. REGIO transfer 1. Erkner, 173-192.<br />

Deutsche Bauakademie zu Berlin: <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Städtebau <strong>und</strong> Architektur, Autorenkollektiv<br />

(1972): Stadttechnische Erschließung von Wohngebieten, Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Empfehlungen.<br />

Schriftenreihe der Bauforschung, Reihe Städtebau <strong>und</strong> Architektur 41. Berlin.<br />

Doehler, Marta (2003a): Die perforierte Stadt – Chaos oder Methode? In: Deutsches Architektenblatt,<br />

04/2003, 6-7.<br />

Doehler, Marta (2003b): Die steuernden Kräfte: Planer <strong>und</strong> Ästheten? In: vhw FW, 6/2003,<br />

308-311.<br />

Doehler, Marta (2003c): Freie Räume, leere Räume - der öffentliche Raum im städtischen<br />

Strukturwandel. In: Informationen zur Raumentwicklung, 1-2/2003, 51-54.<br />

Doehler, Marta; Schiffers, Bertram; Grzesiak, Michael (2002): Konzeptioneller Stadtteilplan<br />

Leipziger Osten, Planungshandbuch "Den Stadtumbau gestalten". Im Auftrag der<br />

Stadt Leipzig. Leipzig.<br />

Dosch, Fabian; Beckmann, Gisela (2003): Stand <strong>und</strong> Perspektiven der Siedlungsflächenentwicklung.<br />

In: BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung) (Hrsg.): Bauland-<br />

<strong>und</strong> Immobilienmärkte, Ausgabe 2003. Bonn, 73-101.<br />

Doubek, Claudia (2001): Die Kosten der Zersiedlung. In: Raum, 43/Oktober 2001, 40-45.


286 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

Droß, Michael (1996): Gerichtete <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Funktionsmischung - neue Urbanität? In: Herrmann,<br />

M.; Steierwald, M. (Hrsg.): Leitbild Urbanität - "Leitbild vom Leben in der<br />

Stadt", Ergebnisse des Workshops V Kommunikation <strong>und</strong> Verkehr. Akademie <strong>für</strong><br />

Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg, Arbeitsbericht Nr. 63, Oktober<br />

1996. Stuttgart, 2.1-2.17.<br />

Drost, Hathumar (2001): Wohneigentumsinteressenten - Neue "Investoren" <strong>für</strong> innerstädtische<br />

Bestandsgebiete. In: Die Wohnungswirtschaft, 12/2001, 30-35.<br />

Durth, Werner (1990): Entwicklungslinien in Architektur <strong>und</strong> Städtebau. In: B<strong>und</strong>esministerium<br />

<strong>für</strong> Raumordnung, Bauwesen <strong>und</strong> Städtebau; B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> innerdeutsche<br />

Beziehungen in Zusammenarbeit mit B<strong>und</strong> Deutscher Architekten; B<strong>und</strong>esarchitektenkammer;<br />

Deutsches Architekturmuseum (Hrsg.): Ideen, Orte, Entwürfe: Architektur<br />

<strong>und</strong> Städtebau in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland. Berlin: Ernst & Sohn,<br />

11-41.<br />

Effnert, Ute (2005): Infrastruktur – Zukunft der Kommunen, Stadttechnik im Umbruch, Beispiel<br />

Cottbus. Vortrag in Vorbereitung auf die abgesagte ISW-Fachtagung Infrastruktur<br />

17.-18. November 2005 in Darmstadt. Cottbus.<br />

Eichener, Volker; Schauerte, Martin; Klein, Kerstin (2002): Zukunft des Wohnens - Perspektiven<br />

<strong>für</strong> die Wohnungs- <strong>und</strong> Immobilienwirtschaft in Rheinland <strong>und</strong> Westfalen. Zukunft<br />

des Wohnens 1. Bochum.<br />

EMNID (1998) (Hrsg.): Kosten- <strong>und</strong> flächensparendes Bauen, Ergebnisse einer repräsentativen<br />

Bevölkerungsbefragung. Bielefeld.<br />

Feldtkeller, Andreas (2001) (Hrsg.): Städtebau: Vielfalt <strong>und</strong> Integration, Neue Konzepte <strong>für</strong><br />

den Umgang mit Stadtbrachen. Stuttgart, München: Deutsche Verlags-Anstalt.<br />

Fickert, Hans Carl; Fieseler, Herbert (1969): Baunutzungsverordnung, Kommentar zur Verordnung<br />

über die bauliche Nutzung der Gr<strong>und</strong>stücke mit ergänzenden Rechts- <strong>und</strong><br />

Verwaltungsvorschriften. 2. durchgesehene <strong>und</strong> ergänzte Auflage. Neue Kommunale<br />

Schriften 3. Köln: Deutscher Gemeindeverlag.<br />

Flacke, Johannes (2003): Mehr Stadt - Weniger Fläche, Informationssystem nachhaltige<br />

Flächennutzung. Ein Instrument zur Förderung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung.<br />

Forschungen zur Deutschen Landesk<strong>und</strong>e 251. Flensburg.<br />

Flade, Antje (1987): Wohnen psychologisch betrachtet. Bern, Stuttgart, Toronto: Verlag<br />

Hans Huber.<br />

Freie <strong>und</strong> Hansestadt Hamburg: Baubehörde Landesplanungsamt (1980): <strong>Dichte</strong>modell<br />

Hamburg. Hamburg.<br />

Freudenberg, Dieter; Koziol, Matthias (2003): Anpassung der technischen Infrastruktur beim<br />

Stadtumbau, Arbeitshilfe. ISW-Schriftenreihe: Fachbeiträge zu Stadtentwicklung <strong>und</strong><br />

Wohnen im Land Brandenburg 2/2003. Frankfurt Oder.<br />

Friedrich, Manfred; Herrmann, Sylvia; Klama, Katrin; Schmidt, Catrin; Uhlig, Lothar Hartmut<br />

(2003): Regionalentwicklung in Westsachsen im Spannungsfeld zwischen <strong>Schrumpfung</strong>s-<br />

<strong>und</strong> Wachstumsprozessen. In: Müller, Bernhard; Siedentop, Stefan (Hrsg.):<br />

<strong>Schrumpfung</strong> - Neue Herausforderungen <strong>für</strong> die Regionalentwicklung in Sachsen/Sachsen-Anhalt<br />

<strong>und</strong> Thüringen; Räumliche Konsequenzen des demographischen<br />

Wandels Teil 1. Arbeitsmaterial der ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong><br />

Landesplanung) 303. Hannover: Verlag der ARL, 25-46.


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 287<br />

Fuhrich, Manfred (2001): Indikatorengestützte Erfolgskontrolle in der Stadtentwicklung -<br />

praktische Erfahrungen in den Modellstädten. Arbeitspapier des B<strong>und</strong>esamts <strong>für</strong><br />

Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung 2/2001. Bonn.<br />

Fuhrich, Manfred (2003): Stadt retour - Dimensionen <strong>und</strong> Visionen zur schlanken Stadt. In:<br />

Informationen zur Raumentwicklung, 10-11/2003, 589-604.<br />

Fuhrich, Manfred (2004): Kapitel III: Innenentwicklung vor Außenentwicklung - Erfahrungen<br />

aus dem Forschungsfeld "Städte der Zukunft". In: BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen<br />

<strong>und</strong> Raumordnung) (Hrsg.): Bauland- <strong>und</strong> Immobilienmarktberichte, Ausgabe 2004.<br />

Bonn, 81-93.<br />

Fuhrich, Manfred; Dosch, Fabian; Pahl-Weber, Elke; Zillmann, Kerstin (2004): Kompass <strong>für</strong><br />

den Weg zur Stadt der Zukunft. B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung im<br />

Auftrag des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen. Bonn.<br />

Fürst, Dietrich; Hader, Günter; Harder, Kaija; Tieke, Daniela; Knieling, Jörg; Schmidt, Claudia<br />

(1996): Leitbilder in der Stadt- <strong>und</strong> Raumplanung von 1930 bis 1996. Beiträge<br />

zur Räumlichen Planung, Schriftenreihe des Fachbereichs Landschaftsarchitektur<br />

<strong>und</strong> Umweltentwicklung der Universität Hannover 48. Hannover.<br />

Fürst, Franz; Himmelbach, Ursus; Potz, Petra (1999): Leitbilder der räumlichen Stadtentwicklung<br />

im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert - Wege zur Nachhaltigkeit? Berichte aus dem <strong>Institut</strong> <strong>für</strong><br />

Raumplanung 41. Dortm<strong>und</strong>.<br />

Gaber, Sayed (1965): Die Wechselwirkungen zwischen Einwohnerdichten <strong>und</strong> Wohndichten,<br />

ein Beitrag zum Problem der rationellen Planung <strong>und</strong> Bebauung von Wohngebieten.<br />

Dissertation, Technische Universität Dresden. Dresden.<br />

Gälzer, Ralph (2001): Grünplanung <strong>für</strong> die Städte: Planung, Entwurf, Bau <strong>und</strong> Erhaltung.<br />

Stuttgart: Eugen Ulmer GmbH & Co.<br />

Gassner, Edm<strong>und</strong> (1978): Die Grenzen der Verdichtung bei Wohnbaugebieten. In: Borchard,<br />

Klaus; Weiß, Erich (Hrsg.): Aus Verantwortung <strong>für</strong> die Gestaltung unserer Umwelt,<br />

ausgewählte Beiträge von Edm<strong>und</strong> Gassner. Schriftenreihe des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Städtebau,<br />

Bodenordnung <strong>und</strong> Kulturtechnik der Universität Bonn: Beiträge zu Städtebau<br />

<strong>und</strong> Bodenordnung 12. Bonn, 93-119.<br />

Gassner, Edm<strong>und</strong>; Thünker, Heinrich (1992): Die technische Infrastruktur in der Bauleitplanung.<br />

2. erweiterte Auflage. Berlin.<br />

Gatzweiler, Hans-Peter; Kuhlmann, Petra; Meyer, Katrin; Milbert, Antonia; Pütz, Thomas;<br />

Schlömer, Claus; Schürt, Alexander (2006): Herausforderungen deutscher Städte<br />

<strong>und</strong> Stadtregionen, Ergebnisse aus der laufenden Raum- <strong>und</strong> Stadtbeobachtung des<br />

BBR zur Entwicklung der Städte <strong>und</strong> Stadtregionen in Deutschland. BBR-Online-<br />

Publikationen, 8/2006. Bonn.<br />

Gatzweiler, Hans-Peter; Meyer, Katrin; Milbert, Antonia (2003): Schrumpfende Städte in<br />

Deutschland? Fakten <strong>und</strong> Trends. In: Informationen zur Raumentwicklung, 10-<br />

11/2003, 557-574.<br />

GdW (B<strong>und</strong>esverband deutscher Wohnungs- <strong>und</strong> Immobilienunternehmen) (2005): Wohnungswirtschaftliche<br />

Daten <strong>und</strong> Trends 2005/2006, Zahlen <strong>und</strong> Analysen aus der<br />

Jahresstatistik des GdW. Berlin.<br />

Geberding-Wiese, Irene (1968): <strong>Dichte</strong>werte <strong>und</strong> Freiflächenzahl im Städtebau. Dissertation,<br />

Fakultät <strong>für</strong> Bauwesen, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen.<br />

Aachen.


288 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

Gehrke, Wilhelm (2003): Welche Wohnwünsche beeinflussen den Stadtumbau? 2. Wohnungspolitischer<br />

Kongress Niedersachsen "Städte im Abseits? - Der Umbau als<br />

Chance", 05.11.2003. Hannover.<br />

Giseke, Undine; Renker, Ursula (1998): Wieviel Grün braucht die Stadt? In: Stadt + Grün,<br />

8/1998, 560-563.<br />

Gläser, Jochen; Laudel, Grit (2004): Experteninterviews <strong>und</strong> qualitative Inhaltsanalyse als<br />

Instrumente rekonstruierender Untersuchungen. Wiesbaden: VS (Verlag <strong>für</strong> Sozialwissenschaften).<br />

Göderitz, Johannes; Rainer, Roland; Hoffmann, Hubert (1957): Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte<br />

Stadt. Archiv <strong>für</strong> Städtebau <strong>und</strong> Landesplanung. Tübingen: Verlag Ernst Wasmuth.<br />

Gruen, Victor (1973): Das Überleben der Städte - Wege aus der Umweltkrise: Zentren als<br />

urbane Brennpunkte. Wien, München, Zürich: Verlag Fritz Molden.<br />

Grünheid, Evelyn (2006): Die demographische Lage in Deutschland 2005. In: Zeitschrift <strong>für</strong><br />

Bevölkerungswissenschaft, Nr. 1/Jg. 31, 3-104.<br />

Gutsche, Jens-Martin (2006): Soziale Infrastrukturen: Anpassungsfähigkeit <strong>und</strong> Remanenzkosten<br />

bei Nachfrageveränderungen, Modellrechnungen <strong>für</strong> die Planungsregion Havelland-Fläming.<br />

In: Informationen zur Raumentwicklung, 5/2006, 271-280.<br />

Habich, Roland; Noll, Heinz-Herbert (2006) (Hrsg): Datenreport 6 des Statistischen B<strong>und</strong>esamts<br />

in Zusammenarbeit mit WZB (Wissenschaftszentrum Berlin) <strong>und</strong> ZUMA (Zentrum<br />

<strong>für</strong> Umfragen, Methoden <strong>und</strong> Analysen). Teil II: Objektive Lebensbedingungen<br />

<strong>und</strong> subjektives Wohlbefinden im vereinten Deutschland. Berlin, Mannheim.<br />

Haller, Christoph (2002): Leerstand im Plattenbau, Ausmaß - Ursachen - Gegenstrategien,<br />

edition stadt <strong>und</strong> region 4. Berlin: Leue Verlag.<br />

Hanisch, Jochen (1995): Wegweiser <strong>für</strong> die Innenentwicklung. In: Garten <strong>und</strong> Landschaft.<br />

6/1995, 14-17.<br />

Hannemann, Christine (2000): Zukunftschance <strong>Schrumpfung</strong> – Stadtentwicklung in Ostdeutschland<br />

– eine Skizze. In: Hager, Frithjof; Schenkel, Werner (Hrsg.): <strong>Schrumpfung</strong>en:<br />

Chancen <strong>für</strong> ein anderes Wachstum. Ein Diskurs der Natur- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften.<br />

Berlin et al.: Springer, 99-105.<br />

Happe, Michael; Hinzen, Ajo; Pieper, Heinz; Davids, Peter; Terfrüchte, Friedhelm (1994):<br />

Grünbuch Planung - Bausteine <strong>für</strong> die Planungspraxis in Nordrhein-Westfalen, ILS<br />

(<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Landes- <strong>und</strong> Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-<br />

Westfalen) im Auftrag des MSV (Ministeriums <strong>für</strong> Stadtentwicklung <strong>und</strong> Verkehr des<br />

Landes Nordrheinwestfalen). Dortm<strong>und</strong>.<br />

Häußermann, Hartmut; Siebel, Walter (1996): Soziologie des Wohnens. Eine Einführung in<br />

Wandel <strong>und</strong> Ausdifferenzierung des Wohnens. Gr<strong>und</strong>lagentexte Soziologie. Weinheim,<br />

München: Juventa Verlag.<br />

Hecking, Georg; Knauss, Erich; Seitz, Ulrich (1980): Wohnungsversorgung <strong>und</strong> Siedlungsflächenverbrauch.<br />

In: Bauwelt, 48/1980, 378-383.<br />

Heidemann, Claus (1975): Städtebauliche Verdichtung, Theoriegeleitete Untersuchungen<br />

zum Problem der städtebaulichen Verdichtung. Materialien zur Landes- <strong>und</strong> Stadtentwicklungsforschung<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen. Dortm<strong>und</strong>.


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 289<br />

Heinz, Harald (1983): Entwerfen im Städtebau. Daten, Richtwerte, Rechtsgr<strong>und</strong>lagen, Planungsablauf.<br />

Wiesbaden, Berlin: Bauverlag GmbH.<br />

Heitkamp, Thomas (2002): Motivlagen der Stadt-Umland-Wanderung <strong>und</strong> Tendenzen der<br />

zukünftigen Wohnungsnachfrage In: Informationen zur Raumentwicklung, 3/2002,<br />

163-171.<br />

Hentschel, Armin (2004): Daran führt kein Weg vorbei: Qualitätsmaßstäbe <strong>für</strong> den Stadtumbau.<br />

In: Die Wohnungswirtschaft, 1/2004, 49-52.<br />

Herz, Raim<strong>und</strong> K. (2002): Stadtumbau Ost bei sinkendem Wasser- <strong>und</strong> Energieverbrauch,<br />

Probleme <strong>und</strong> Lösungsansätze mit den Versorgungsunternehmen. Ringvorlesung<br />

Raumwissenschaftliches Kompetenzzentrum Dresden am 11. Dezember 2002.<br />

Dresden.<br />

Herz, Raim<strong>und</strong> K. (2004): Szenarien der Stadtentwicklung <strong>und</strong> ihre Auswirkungen auf die<br />

technischen Infrastruktursysteme. In: Herz, Raim<strong>und</strong> K. (Hrsg.): Stadtumbau <strong>und</strong><br />

Anpassung der Wärmeversorgungssysteme. 5. Kolloquium Stadtbauwesen des<br />

Lehrstuhls Stadtbauwesen, Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität<br />

Dresden am 30. Januar 2004. Dresdner Beiträge zum Stadtbauwesen. Dresden,<br />

7-18.<br />

Herz, Raim<strong>und</strong> K. (2006): Buried Infrastructure in Shrinking Cities. Paper presented at the<br />

International Symposium at Technische Universität Dresden “Coping with City Shrinkage<br />

and Demographic Change – Lessons from aro<strong>und</strong> the Globe”, 30.-31. März<br />

2006. Dresden.<br />

Herz, Raim<strong>und</strong> K.; Marschke, Lars; Schmidt, Torsten (2005): Stadtumbau <strong>und</strong> Stadttechnik,<br />

Teil 1: Ursachen <strong>und</strong> Folgen <strong>für</strong> die Stadttechnik. In: wwt - Das Praxismagazin <strong>für</strong><br />

Entscheidungen im Trink- <strong>und</strong> Abwassermanagement, 10/2005, 8-12.<br />

Herz, Raim<strong>und</strong> K.; Werner, Matthias; Marschke, Lars (2002): Anpassung der technischen<br />

Infrastruktur. In: BMVBW (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen)<br />

(Hrsg.): Fachdokumentation zum B<strong>und</strong>eswettbewerb "Stadtumbau Ost" - Expertisen<br />

zu städtebaulichen <strong>und</strong> wohnungswirtschaftlichen Aspekten des Stadtumbaus.<br />

Bonn, 50-60.<br />

Hewitt, Kenneth; Nutz, Manfred; Nipper, Josef (1993): Städte nach dem Krieg, Aspekte des<br />

Wiederaufbaus in Deutschland. In: Geographische R<strong>und</strong>schau, Nr. 7/8/Jg. 45, 438-<br />

445.<br />

Hezel, Dieter; Höfler, Horst; Kandel, Lutz; Linhardt, Achim (1983): Vergleichende Analyse<br />

der sozialen Kosten unterschiedlicher Siedlungsformen. In: BMBau (B<strong>und</strong>esministerium<br />

<strong>für</strong> Raumordnung, Bauwesen <strong>und</strong> Städtebau) (Hrsg.): Kosten- <strong>und</strong> flächensparendes<br />

Bauen - Kurzfassungen. Schriftenreihe "Städtebauliche Forschung" 03.097.<br />

Bonn, 157-171.<br />

Hillebrecht, Rudolf (1962): Städtebau <strong>und</strong> Stadtentwicklung. In: Archiv <strong>für</strong> Kommunalwissenschaften,<br />

1/1962, 41-64.<br />

Höfler, Horst; Kandel, Lutz; Linhardt, Achim; Rohm, Walter (1983): Analyse des Einflusses<br />

geltender öffentlich-rechtlicher Normen <strong>und</strong> Vorschriften auf Verwirklichungsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Kosten von 1-3 geschossigen, verdichteten individualisierten Bauformen,<br />

Kurzfassung des Ergebnisberichtes. In: BMBau (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Raumordnung<br />

Bauwesen <strong>und</strong> Städtebau) (Hrsg.): Kosten- <strong>und</strong> flächensparendes Bauen,<br />

Kurzfassungen. Schriftenreihe "Städtebauliche Forschung" 03.097. Bonn, 181-209.


290 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

Hohenadl, Karl (1977): Die <strong>Dichte</strong> in städtischen Wohngebieten, eine Erörterung der städtebaulichen<br />

Argumente zur Bestimmung optimaler <strong>Dichte</strong>werte. Dissertation, Fachbereich<br />

Wirtschaftswissenschaften, Universität Regensburg. Regensburg.<br />

Holz-Rau, Christian (2001): Verkehr <strong>und</strong> Siedlungsstruktur – eine dynamische Gestaltungsaufgabe.<br />

In: Raumforschung <strong>und</strong> Raumordnung, 4/2001, 264-275.<br />

Holz-Rau, Christian; Scheiner, Joachim (2004): Verkehrsplanung <strong>und</strong> Mobilität im Kontext<br />

der demographischen Entwicklung. In: Straßenverkehrstechnik, 7/2004, 341-348.<br />

Hübner, Herbert (1969): Richtwerte <strong>und</strong> Werturteile. In: Bauwelt, 51-52/1969, 270-272.<br />

Hunger, Bernd (1994): Die Bedeutung großer Neubaugebiete in der Wohnungs- <strong>und</strong> Städtebaupolitik<br />

der DDR - historischer Rückblick. In: Informationen zur Raumentwicklung,<br />

9/1994, 595-609.<br />

Hunger, Bernd; Weidemüller, Dagmar; Westermann, Stephan; Giseke, Undine; Hübner,<br />

Sven; Simons, Maria; Bacherer, Till; Schmidt, Simone; Rohland, Detlef; Berschiek,<br />

Solvej (2004): Zwischennutzung <strong>und</strong> neue Freiflächen, Städtische Lebensräume der<br />

Zukunft. Ein Projekt des Forschungsprogramms der "Projektplanung Aufbau Ost"<br />

des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>esamtes<br />

<strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung. Berlin.<br />

Hutter, Gérard; Westphal, Christiane; Siedentop, Stefan; Janssen, Gerold; Müller, Bernhard;<br />

Vormann, Michael; Ewringmann, Dieter (2004): Handlungsansätze zur Berücksichtigung<br />

der Umwelt-, Aufenthalts- <strong>und</strong> Lebensqualität im Rahmen der Innenentwicklung<br />

von Städten <strong>und</strong> Gemeinden - Fallstudien. UBA-Texte 41/2004. Berlin.<br />

Ismaier, Florian (2002): Strukturen <strong>und</strong> Motive der Stadt-Umland-Wanderung – Trends in<br />

westdeutschen Verdichtungsräumen. In: Schröter, Frank (Hrsg.): Städte im Spagat<br />

zwischen Wohnungsleerstand <strong>und</strong> Baulandmangel, RaumPlanung spezial 4, 1/2002.<br />

Dortm<strong>und</strong>, 19-29.<br />

Iwanow, Irene (2003): Szenarien zur Wohnungsnachfrageentwicklung in ostdeutschen<br />

Kommunen <strong>und</strong> Regionen. In: Hutter, Gérard; Iwanow, Irene; Müller, Bernhard<br />

(Hrsg.): Demographischer Wandel <strong>und</strong> Strategien der Bestandsentwicklung in Städten<br />

<strong>und</strong> Regionen. IÖR-Schriften 41. Dresden, 69-85.<br />

Iwanow, Irene; Eichhorn, Daniel (2002a): Kommunale Wohnungsnachfrage, Rechenprogramm<br />

<strong>für</strong> die Prognose der Nachfrage. In: Stadtforschung <strong>und</strong> Statistik, 2/2002, 25-<br />

32.<br />

Iwanow, Irene; Eichhorn, Daniel (2002b): Szenarien zur kommunalen Wohnungsnachfrageentwicklung<br />

In: Die Wohnungswirtschaft, 2/2002, 33-35.<br />

Iwanow, Irene; Oertel, Holger (2004): Wohnmobilität in Dresden <strong>und</strong> ihre Folgen <strong>für</strong> die teilstädtischen<br />

Wohnungsmärkte. In: Killisch, Winfried (Hrsg.): Aktuelle Beiträge zur<br />

Stadt- <strong>und</strong> Wohnungsmarktentwicklung in Dresden. Dresdner Geographische Beiträge<br />

9/2004. Dresden, 53-85.<br />

Jakubowski, Peter (2006): Stadt ohne Infrastruktur heißt Stadt ohne Zukunft. Zur Agenda<br />

kommunaler Infrastrukturpolitik. In: Informationen zur Raumentwicklung, 5/2006,<br />

237-248.<br />

Janssen, Solveigh (2000): Flächensparende <strong>und</strong> kostengünstige Verkehrserschließung von<br />

Wohngebieten <strong>und</strong> Stadtquartieren. Veröffentlichungen des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Verkehrswirtschaft,<br />

Straßenwesen <strong>und</strong> Städtebau der Universität Hannover 29. Hannover.


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 291<br />

Jenssen, Till; Karakoyun, Ercan (2005): Einfluss von Siedlungsstruktur <strong>und</strong> Siedlungsentwicklung<br />

auf Infrastrukturkosten dargestellt am Beispiel der Abwasserentsorgung.<br />

Diplomarbeit, Fakultät Raumplanung, Universität Dortm<strong>und</strong>. Dortm<strong>und</strong>.<br />

Jessen, Johann (1999): Stadtmodelle im europäischen Städtebau – Kompakte Stadt <strong>und</strong><br />

Netz-Stadt. In: Becker, Heidede; Jessen, Johann; Sander, Robert (Hrsg.): Ohne<br />

Leitbild? - Städtebau in Deutschland <strong>und</strong> Europa, 2. unveränderte Auflage. Stuttgart:<br />

Karl Krämer Verlag <strong>und</strong> Wüstenrot Stiftung, 489-504.<br />

Jochimsen, Reimut (1995): Infrastruktur. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung)<br />

(Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover, 490-497.<br />

Jonas, Carsten (2006): Die Stadt <strong>und</strong> ihr Gr<strong>und</strong>riss, Zu Form <strong>und</strong> Geschichte der deutschen<br />

Stadt nach Entfestigung <strong>und</strong> Eisenbahnanschluss. Tübingen, Berlin: Ernst Wasmuth<br />

Verlag.<br />

Kadatz, Hans-Joachim (1997): Städtebauliche Entwicklungslinien in Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa,<br />

DDR, Tschechoslowakei <strong>und</strong> Ungarn nach dem Zweiten Weltkrieg. REGIO Beiträge<br />

des IRS 12. Erkner: <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Regionalentwicklung <strong>und</strong> Strukturplanung.<br />

Keim, Karl-Dieter (2001): Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsprogramm zur Regenerierung der<br />

ostdeutschen Städte. In: Keim, Karl-Dieter (Hrsg.): Regenerierung schrumpfender<br />

Städte – zur Umbaudebatte in Ostdeutschland. REGIO transfer Band 1. Erkner, 9-<br />

39.<br />

Kellner, Andreas (1997): Stadtentwicklungsplanung <strong>für</strong> Hamburg Billwerder-Allermöhe. In:<br />

Magistrat der Stadt Frankfurt am Main: Dezernat Planung – Amt <strong>für</strong> kommunale Gesamtentwicklung<br />

<strong>und</strong> Stadtplanung (Hrsg.): Planung <strong>und</strong> Entwicklung neuer Stadtteile,<br />

Internationaler Frankfurter Städtebau-Diskurs. Deutsches Architektur-Museum,<br />

22.-23. Mai 1997. Frankfurt am Main, 67-72.<br />

Kistella, Irene (2000): Die europäische Stadt ein Erfolgsmodell ohne Zukunft. In: Kistella,<br />

Irene; Kurth, Detlef; Wagner, Maria T. (Hrsg.): Städtebau ...dem Ort, der Zeit, den<br />

Menschen verpflichtet. Dortm<strong>und</strong>er Beiträge zur Raumplanung 100. Dortm<strong>und</strong>:<br />

Dortm<strong>und</strong>er Vertrieb <strong>für</strong> Bau- <strong>und</strong> Planungsliteratur, 69-74.<br />

Klaffke, Kaspar (1995): Grün- <strong>und</strong> Freiflächen. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong><br />

Landesplanung) (Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover: Verlag der<br />

ARL, 443-446.<br />

Klotz, Arnold; Frey, Otto (1997): Städtebauliche <strong>Dichte</strong> im Spannungsfeld von Planungskonzepten<br />

<strong>und</strong> ökonomischen Rahmenbedingungen am Beispiel Wiens. In: Magistrat<br />

der Stadt Frankfurt am Main: Dezernat Planung – Amt <strong>für</strong> kommunale Gesamtentwicklung<br />

<strong>und</strong> Stadtplanung (Hrsg.): Planung <strong>und</strong> Entwicklung neuer Stadtteile, Internationaler<br />

Frankfurter Städtebau-Diskurs. Deutsches Architektur-Museum, 22.-23.<br />

Mai 1997. Frankfurt am Main, 80-82.<br />

Knaup, Hans (1997): Kommentar zur Baunutzungsverordnung, begründet von Hans Knaup<br />

fortgeführt von Gustav-Adolf Stange. 8., völlig neu bearbeitete <strong>und</strong> erweiterte Auflage<br />

1997. Düsseldorf: Werner-Verlag.<br />

Koch, Katharina (2005): Soziale Infrastruktur im Kontext städtischer <strong>Schrumpfung</strong>, Räumliche<br />

Ordnungskonzepte 2015 <strong>für</strong> Kindergärten <strong>und</strong> Altenpflegeheime in Bremerhaven.<br />

In: Raumforschung <strong>und</strong> Raumordnung, 3/2005, 199-209.


292 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

Köppl, Michael (2006): Förderung der Rückführung städtischer Infrastruktur. Vortrag auf dem<br />

Treffen der Arbeitsgruppe Stadtumbau Ost der Landesgruppe Sachsen des Verbands<br />

kommunaler Unternehmen am 6.12.2006. Dresden.<br />

Korda, Martin (1999): Müller/Korda Städtebau, 4. neubearbeitete Auflage. Stuttgart, Leipzig:<br />

B. G. Teubner.<br />

Korda, Martin (2005) (Hrsg.): Städtebau, Technische Gr<strong>und</strong>lagen, 5. neubearbeitete Auflage.<br />

Stuttgart, Leipzig, Wiesbaden.<br />

Koziol, Matthias; Walther, Jörg (2002): Stadtumbaukonzept Cottbus, Teil Stadttechnik, Bericht.<br />

Cottbus.<br />

Koziol, Matthias (2004): Folgen des demographischen Wandels <strong>für</strong> die kommunale Infrastruktur.<br />

In: DfK (Deutsche Zeitschrift <strong>für</strong> Kommunalwissenschaften), 1/2004, 69-83.<br />

Koziol, Matthias; Walther, Jörg (2006): Ökonomische Schwellenwerte bei der Rücknahme<br />

von technischer Infrastruktur in der Stadt In: Informationen zur Raumentwicklung,<br />

5/2006, 259-269.<br />

Koziol, Matthias; Walther, Jörg; Pahl-Weber, Elke; Marsch, Stephanie; Bauer, Uta (2005):<br />

Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die Rücknahme von Infrastruktur. Gutachten im Rahmen<br />

des ExWoSt-Forschungsfelds "Stadtquartiere im Umbruch" (Arbeitspaket C). BBR-<br />

Online-Publikation, September 2005. Bonn.<br />

Krau, Ingrid (1994): Innenentwicklung contra Außenentwicklung - <strong>ökologische</strong>s Dilemma. In:<br />

Informationen zur Raumentwicklung, 3/1994, 215-222.<br />

Kromrey, Helmut (2002): Empirische Sozialforschung. 10. Auflage. Opladen: Verlag Leske +<br />

Budrich.<br />

Krüger, Till; Rathmann, Peter; Utech, Joachim (1972): Das Hamburger <strong>Dichte</strong>modell. In:<br />

Stadtbauwelt, 36/1972, 293-298.<br />

Kühn, Manfred (1998): Stadt in der Landschaft – Landschaft in der Stadt. In: Informationen<br />

zur Raumentwicklung, 7-8/1998, 495-507.<br />

Kühn, Manfred (2000): Vom Ring zum Netz? Siedlungsstrukturelle Modelle zum Verhältnis<br />

von Großstadt <strong>und</strong> Landschaft in der Stadtregion. In: DISP, 143, 18-25.<br />

Kühne-Büning, Lidwina; Nordalm, Volker; Steveling, Lieselotte (2005): Gr<strong>und</strong>lagen der Wohnungs-<br />

<strong>und</strong> Immobilienwirtschaft, vormals "Lehrbuch der Wohnungswirtschaft". 4.<br />

überarbeitete <strong>und</strong> erweiterte Auflage. Frankfurt am Main.<br />

Kurth, Detlef (2000): Soziale Stadt versus Zwischenstadt – Stadtpflege als Zukunftsaufgabe<br />

<strong>für</strong> den Städtebau. In: Kistella, Irene; Kurth, Detlef; Wagner, Maria T. (Hrsg.): Städtebau<br />

...dem Ort, der Zeit, den Menschen verpflichtet. Dortm<strong>und</strong>er Beiträge zur<br />

Raumplanung 100. Dortm<strong>und</strong>: Dortm<strong>und</strong>er Vertrieb <strong>für</strong> Bau- <strong>und</strong> Planungsliteratur,<br />

105-111.<br />

Landeshauptstadt Dresden: Kommunale Statistikstelle (2007): Dresdner Zahlen aktuell. 13.<br />

Jahrgang. Dresden.<br />

Lang, Thilo; Tenz, Eric (2003): Von der schrumpfenden Stadt zur Lean City, Prozesse <strong>und</strong><br />

Auswirkungen der Stadtschrumpfung in Ostdeutschland <strong>und</strong> deren Bewältigung.<br />

Dortm<strong>und</strong>: Dortm<strong>und</strong>er Vertrieb <strong>für</strong> Bau- <strong>und</strong> Planungsliteratur.<br />

Läpple, Dieter (2006): Eine Renaissance der Stadt <strong>und</strong> die Segmentierung der Stadtgesellschaft.<br />

In: wohnb<strong>und</strong>-informationen, 1/2006, 6-7.


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 293<br />

Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadtbauwesen der TU Dresden (2002a): Ergebnisse der Befragung von Wasserversorgungsunternehmen.<br />

01-tw-22.08.02.pdf unter http://www.tu-dresden.de/stadtbau/<br />

Zugriff am 10.07.07.<br />

Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadtbauwesen der TU Dresden (2002b): Ergebnisse der Befragung von Unternehmen<br />

der Fernwärme. 04-fw-22.08.02.pdf unter http://www.tudresden.de/stadtbau/<br />

Zugriff am 10.07.07.<br />

Lichtenberger, Elisabeth (1998): Stadtgeographie: Begriffe, Konzepte, Modelle, Prozesse.<br />

Leipzig.<br />

Lindner, Margit; Buhtz, Martina (2006): Technische Infrastruktur bei Abriss. In: B<strong>und</strong>esBau-<br />

Blatt, 11/2006, 16-20.<br />

Losch, Siegfried (1992): Sparsame <strong>und</strong> schonende Flächeninanspruchnahme - ein unerfülltes<br />

Ziel? In: Zeitschrift <strong>für</strong> angewandte Umweltforschung, Nr.1/ Jg. 5, 90-102.<br />

Loske, Reinhard (1996): Die <strong>Dichte</strong> als Chance, Ein Essay zu den Konturen zukunftsfähiger<br />

Stadtentwicklung. In: Raumforschung <strong>und</strong> Raumordnung, 2-3/1996, 98-102.<br />

Lütke Daldrup, Engelbert (2001): Die perforierte Stadt. Eine Versuchsanordnung. In: Bauwelt,<br />

24/2001, 40-45.<br />

Lütke Daldrup, Engelbert (2003): Die "perforierte Stadt" - neue Räume im Leipziger Osten.<br />

In: Informationen zur Raumentwicklung, 1-2/2003, 55-67.<br />

Lütke Daldrup, Engelbert (2000): Neue Qualitäten durch Stadtumbau. In: RaumPlanung,<br />

100, 12-13.<br />

Marschke, Lars (2004): Stadttechnik im Stadtumbauprozess: Probleme <strong>und</strong> Lösungsansätze.<br />

In: Herz, Raim<strong>und</strong> K. (Hrsg.): Stadtumbau <strong>und</strong> Anpassung der Wärmeversorgungssysteme.<br />

5. Kolloquium Stadtbauwesen des Lehrstuhls Stadtbauwesen, Fakultät<br />

Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden am 30. Januar 2004.<br />

Dresdner Beiträge zum Stadtbauwesen. Dresden, 79-86.<br />

Marschke, Lars; Schmidt, Torsten; Guillemenet, Aurélie (2005): Stadtumbau <strong>und</strong> Stadttechnik,<br />

Teil 2: Der infrastrukturelle Entwicklungsplan (ISEP) – ein Beitrag der Stadttechnik<br />

zur integrierten Stadtentwicklungsplanung. In: wwt – Das Praxismagazin <strong>für</strong> Entscheidungen<br />

im Trink- <strong>und</strong> Abwassermanagement, 11-12/2005, 37-41.<br />

Marschke, Lars; Schmidt, Torsten; Schneider, Gregor (2006): Stadumbau <strong>und</strong> Stadttechnik,<br />

Teil 3: Langfristige Preis- <strong>und</strong> Gebührenentwicklung <strong>und</strong> Optionen <strong>für</strong> die Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorger. In: wwt – Das Praxismagazin <strong>für</strong> Entscheidungen im Trink- <strong>und</strong> Abwassermanagement,<br />

01/2006, 27-32.<br />

Marti, Peter; Henz, Hans-Rudolf (2001): Verkehr <strong>und</strong> Raumordnung: Huhn <strong>und</strong> Ei? In: Infoheft<br />

RP, 1-2/2001, 7-10.<br />

Meadows, Dennis (1972): Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage<br />

der Menschheit. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt.<br />

Meinel, Gotthard; Herold, Hendrik; Hecht, Robert; Schiller, Georg (2007): Automatische Ableitung<br />

von stadtstrukturellen Gr<strong>und</strong>lagendaten in einem Geographischen Informationssystem.<br />

Abschlussbericht, FOPS 73.0323/2004 im Auftrag des B<strong>und</strong>esministeriums<br />

<strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Stadtentwicklung. IÖR (<strong>Leibniz</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>ökologische</strong><br />

Raumentwicklung). Dresden.


294 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

Menkhoff, Herbert; Blum, Askan; Bendisch, Egbert; Wente, Ewald (1979): Städtebauliche<br />

Verdichtung <strong>und</strong> ihre Bewertung, Querschnittsuntersuchung von Demonstrativbauvorhaben.<br />

Versuchs- <strong>und</strong> Vergleichsbauten <strong>und</strong> Demonstrativmaßnahmen 01.067.<br />

Bonn-Bad Godesberg.<br />

Michael, Richard (1994): Verdichtung <strong>und</strong> gerichtete <strong>Dichte</strong> als zentrales Anliegen einer<br />

ressourcenorientierten Raumplanung, Untersuchung am Beispiel der Region München.<br />

Studien zur Raumplanung. Lehrstuhl <strong>für</strong> Raumforschung, Raumordnung <strong>und</strong><br />

Landesplanung Technische Universität München: Studien zur Raumplanung. München.<br />

Ministerrat der DDR; Ministerium <strong>für</strong> Bauwesen (1986) (Hrsg.): Komplexrichtlinie <strong>für</strong> die städtebauliche<br />

Planung <strong>und</strong> Gestaltung von Wohngebieten im Zeitraum 1986-1990. Berlin.<br />

Mönninger, Michael (1994): Die Angst vor der <strong>Dichte</strong>, Städtebau in den neunziger Jahren. In:<br />

Dezernat Planung der Stadt Frankfurt am Main (Hrsg.): Region. Die Zukunft des<br />

Städtischen: Frankfurter Beiträge 5. Frankfurt, New York: Campus Verlag, 163-168.<br />

Müller, Bernhard (2003): Regionalentwicklung unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen In: Raumforschung<br />

<strong>und</strong> Raumordnung, 1-2/2003, 28-42.<br />

Müller, Bernhard (2004): Demographischer Wandel <strong>und</strong> die Folgen <strong>für</strong> die Städte – Einführung<br />

<strong>und</strong> Übersicht. In: DfK (Deutsche Zeitschrift <strong>für</strong> Kommunalwissenschaften),<br />

1/2004, 5-13.<br />

Müller, Bernhard; Siedentop, Stefan (2004): Wachstum <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> - Trends, Perspektiven<br />

<strong>und</strong> Herausforderungen <strong>für</strong> die räumliche Planung <strong>und</strong> Entwicklung. In: Deutsche<br />

Zeitschrift <strong>für</strong> Kommunalwissenschaften (DfK), I/2004, 14-32.<br />

Müller, Wolfgang; Bischof, Wolfgang; Ehlgötz, Rolf; Wessels, Kurt; Klagge, Hans-Joachim<br />

(1979): Städtebau - Technische Gr<strong>und</strong>lagen, 3. überarb. u. erw. Auflage. Stuttgart:<br />

Teubner.<br />

Müller-Ibold, Klaus (1978): Realisierungsprobleme höher verdichteter Wohngebiete. In:<br />

Bauwelt, 24/1978, 131-133.<br />

Neufert, Ernst (2005): Neufert Bauentwurfslehre, 38. vollständig überarbeitete <strong>und</strong> aktualisierte<br />

Auflage, begründet von Ernst Neufert, weitergeführt von Johannes Kister. Im<br />

Auftrag der Neufert-Stiftung <strong>und</strong> mit Unterstützung des Gropius-<strong>Institut</strong>s der Hochschule<br />

Anhalt in Zusammenarbeit mit Mathias Brockhaus, Matthias Lohmann, Patricia<br />

Merkel <strong>und</strong> Thomas Dietzsch. Wiesbaden: Vieweg.<br />

Nohl, Werner (1993): Kommunales Grün in der ökologisch orientierten Stadterneuerung,<br />

Handbuch <strong>und</strong> Beispielsammlung. Studien des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Medienforschung <strong>und</strong><br />

Urbanistik München 19. München.<br />

Nohl, Werner; Zekom, Sabine (1995): Erholungsrelevante Freiflächenversorgung <strong>für</strong> das<br />

Stadtgebiet. Perspektive München, Schriftenreihe zur Stadtentwicklung C1. München.<br />

NVK (Nachbarschaftsverband Karlsruhe) (1999): Flächennutzungsplan 2010. Vorentwurf<br />

April 1999. Karlsruhe.<br />

Oberbürgermeisteramt der Stadt Zwickau (2007): 3. Regionalisierte Bevölkerungsprognose<br />

bis 2020, Dokumentation.<br />

http://www.zwickau.de/wirtschaft/seko/bevoelkerungsentwicklung.htm<br />

Zugriff am 12.02.07.


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 295<br />

Opaschowski, Horst W. (2006): Zukunft findet Stadt! Abschied vom urbanen Pessimismus.<br />

In: Stadt <strong>und</strong> Raum, 1/2006, 6-8.<br />

Oswalt, Phillip; Overmeyer, Klaus; Schmidt, Holger (o.J.): Weniger ist mehr, Experimenteller<br />

Städtebau in Ostdeutschland. Dessau.<br />

Pahl-Weber, Elke; Bleck, Rüdiger; Goerke, Peter; Siemonsen, Brigitte; Fiebig, Thomas<br />

(2000): Neues Wohnen im Bestand. Pilotprojekt "Potenziale <strong>und</strong> Strategien <strong>für</strong> die<br />

Stadt der Zukunft" im Rahmen des Experimentellen Wohnungs- <strong>und</strong> Städtebaus<br />

(ExWost), "Städte der Zukunft". Münster.<br />

Pauleit, Stephan (1998): Das Umweltwirkgefüge städtischer Siedlungsstrukturen, Darstellung<br />

des städtischen Ökosystems durch eine Strukturtypenkartierung zur Bestimmung<br />

von Umweltqualitätszielen <strong>für</strong> die Stadtplanung. Landschaftsökologie Weihenstephan<br />

12. Freising: Fre<strong>und</strong>e der Landschaftsökologie Weihenstephan.<br />

Pauleit, Stephan; Duhme, Friedrich (1999): Stadtstrukturtypen - Bestimmung der Umweltleistungen<br />

von Stadtstrukturtypen <strong>für</strong> die Stadtplanung. In: RaumPlanung, 84, 33-44.<br />

Pecher, R. (1992): Abwassergebühr - Quo vadis? In: Korrespondenz Abwasser, 5/1992,<br />

638-654.<br />

Pfeiffer, Ulrich; Simons, Harald; Porsch, Lucas (2000): Wohnungswirtschaftlicher Strukturwandel<br />

in den neuen B<strong>und</strong>esländern. Bericht der Kommission im Auftrag des B<strong>und</strong>esministeriums<br />

<strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen.<br />

Pfeil, Elisabeth (1972): Großstadtforschung, Entwicklung <strong>und</strong> gegenwärtiger Stand, 2. neubearbeitete<br />

Auflage. Veröffentlichung der Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung<br />

65. Hannover: Gebrüder Jänecke Verlag.<br />

Pörschmann, H. (1972) (Hrsg.): Bautechnische Berechnungen <strong>für</strong> Ingenieure, 9. Auflage.<br />

Leipzig: BSB B.G. Teubner Verlagsgesellschaft.<br />

Preibisch, Wolfgang (2002): Stadtumbau Ost – ein neues Instrument moderner Städtebaupolitik<br />

beginnt den Praxistest. In: B<strong>und</strong>esBauBlatt, 5/2002, 16-19.<br />

Rainer, Roland (1968): Sinn <strong>und</strong> Grenzen städtebaulicher Verdichtung. In: Ahuis, Helmut<br />

Wilhelm; Müller, Wolfgang Hans; Schulz, Hans Lothar; Schuster, Gottfried (Hrsg.):<br />

Johannes Göderitz zum 80. Geburtstag am 24. Mai 1968, Eine raumplanerische<br />

Kommentation. Stuttgart: Karl Krämer Verlag, 12-17.<br />

Reidenbach, Michael (1989): Die Erhaltung der städtischen Infrastruktur: Analysen - Finanzbedarf<br />

- Strategien. Schriften des Deutschen <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Urbanistik 79. Stuttgart,<br />

Berlin, Köln: Kohlhammer.<br />

Reinborn, Dietmar (1996): Städtebau im 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert. Stuttgart, Berlin, Köln:<br />

Kohlhammer.<br />

Reinhardt, Walter; Trudel, Helmut (1979): Wohndichte <strong>und</strong> Bebauungsformen, Praktische<br />

Entscheidungshilfen <strong>für</strong> die kommunale Planung. Veröffentlichung der Forschungsgemeinschaft<br />

Bauen <strong>und</strong> Wohnen (FBW) 113. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt.<br />

Reuther, Iris (2002): Leitbilder <strong>für</strong> den Stadtumbau. In: BMVBW (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr,<br />

Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen); BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung)<br />

(Hrsg.): Fachdokumentation zum B<strong>und</strong>eswettbewerb "Stadtumbau Ost", Expertisen<br />

zu städtebaulichen <strong>und</strong> wohnungswirtschaftlichen Aspekten des Stadtumbaus<br />

in den neuen Ländern. Bonn, 12-24.


296 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

Reuther, Iris (2003): Learning from the East? Über die Suche nach Leitbildern zum Stadtumbau.<br />

In: Informationen zur Raumentwicklung, 10-11/2003, 575-588.<br />

Richter, Gerhard (1995): Trends im Freizeitverhalten, Ansprüche an kommunale Freiräume<br />

<strong>für</strong> Freizeit <strong>und</strong> Erholung. In: Stadt + Grün, 5/1995, 318-324.<br />

Richter, Gerhard (1981) (Hrsg.): Handbuch Stadtgrün. Landschaftsarchitektur im städtischen<br />

Freiraum. München et al.: BLV Verlagsgesellschaft.<br />

Ringel, Johannes; Weidner, Silke (2006): Zukunftsentwürfe zwischen „Stabilisieren, Liegenlassen,<br />

Nischen/Nester <strong>und</strong> Renaturierung“ – Szenarien <strong>und</strong> Modellrechnungen zur<br />

Entwicklung von Quartieren im Stadtumbau. Zwischenbericht. ExWoSt-<br />

Forschungsfeld „Stadtquartiere im Umbruch“, Arbeitsbaustein D. Leipzig.<br />

Ringler, Harald; Schnepf, Thomas (1987): Ausbau <strong>und</strong> Erneuerung des Gas- <strong>und</strong> Fernwärmenetzes<br />

im Rahmen des örtlichen Energieversorgungskonzeptes der Stadt Karlsruhe.<br />

In: Universität Karlsruhe, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Städtebau <strong>und</strong> Landesplanung (Hrsg.): Erneuerung<br />

städtischer Infrastruktur. Karlsruhe: Selbstverlag, 337-364.<br />

Ritter, Ernst-Hasso (1995): Freiraum. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung)<br />

(Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover: Verlag der ARL,<br />

315-319.<br />

Rößler, Stefanie (2003): Kriterien <strong>für</strong> den Stadtumbau aus Sicht der Freiraumplanung. Untersuchung<br />

anhand von Beispielprojekten. Diplomarbeit, Technische Universität<br />

Dresden, Fakultät Architektur, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Landschaftsarchitektur, Lehr- <strong>und</strong> Forschungsgebiet<br />

Freiraumplanung. Dresden.<br />

Rößler, Stefanie (2007): Aktuelle Herausforderungen <strong>für</strong> die Freiraumplanung in schrumpfenden<br />

Städten. In: Dettmar, Jörg; Werner, Peter (Hrsg.): CONTUREC: Schriftenreihe<br />

des Kompetenznetzwerkes Stadtökologie, 2/2007. Darmstadt, 117-127.<br />

Roth, Ueli; Häubi, Fritz; Albrecht, Joachim; Bischoff, Mathias; Deucher, Annemarie; Harder,<br />

Lucius; Langraf, Beatrice; Pape, Gisela (1980): Wechselwirkungen zwischen der<br />

Siedlungsstruktur <strong>und</strong> Wärmeversorgungssystemen. Bonn.<br />

Salin, Edgar (1960): Urbanität. In: Der Städtetag, 7/1960, 328-332.<br />

Sander, Robert (1999): Funktionsmischung - ein Baustein <strong>für</strong> die zukunftsfähige Stadt. In:<br />

Becker, Heidede; Jessen, Johann; Sander, Robert (Hrsg.): Ohne Leitbild? – Städtebau<br />

in Deutschland <strong>und</strong> Europa, 2. unveränderte Auflage. Stuttgart: Karl Krämer<br />

Verlag <strong>und</strong> Wüstenrot Stiftung, 475-488.<br />

Schiller, Georg (2002): Erschließungsaufwand <strong>für</strong> Wohngebiete – Ansatzpunkte <strong>für</strong> Ressourcenschonung.<br />

In: B<strong>und</strong>esBauBlatt, 12/2002, 26-27.<br />

Schiller, Georg (2007): Urban Infrastructure – Challenges for Resource Efficiency in the<br />

Building Stock. In: Building Reasearch & Information, 35/2007, 399-411.<br />

Schiller, Georg; Siedentop, Stefan (2005): Infrastrukturfolgekosten der Siedlungsentwicklung<br />

unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen. In: DISP, 160, 83-93.<br />

Schmidt, Dietmar (2003): Trends, Benchmarks <strong>für</strong> die Rehabilitation <strong>und</strong> Bewertung von<br />

Wasserversorgungssytemen dargestellt am Beispiel der Landeshauptstadt Erfurt.<br />

Erfurt.<br />

Schmidt, Torsten (2004): Johanngeorgenstadt: Stadttechnische Infrastrukturanpassung bei<br />

Rückbau. In: Herz, Raim<strong>und</strong> K. (Hrsg.): Stadtumbau <strong>und</strong> Anpassung der Wärmeversorgungssysteme.<br />

5. Kolloquium Stadtbauwesen des Lehrstuhls Stadtbauwesen,


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 297<br />

Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden am 30. Januar<br />

2004. Dresdner Beiträge zum Stadtbauwesen. Dresden, 99-113.<br />

Schmidt-Relenberg, Norbert (1968): Soziologie <strong>und</strong> Städtebau. Versuch einer systematischen<br />

Gr<strong>und</strong>legung. Beiträge zur Umweltplanung. Stuttgart, Bern: Karl Krämer Verlag.<br />

Schneider, Nicole; Spellerberg, Annette (1999): Lebensstile, Wohnbedürfnisse <strong>und</strong> räumliche<br />

Mobilität. Opladen: Leske & Budrich.<br />

Schöning, Claus Georg (1968): Art <strong>und</strong> Maß der baulichen Nutzung. In: Ahuis, Helmut Wilhelm;<br />

Müller, Wolfgang Hans; Schulz, Hans Lothar; Schuster, Gottfried (Hrsg.): Johannes<br />

Göderitz zum 80. Geburtstag am 24. Mai 1968, Eine raumplanerische Kommentation.<br />

Stuttgart: Karl Krämer Verlag, 17-20.<br />

Schöning, Claus Georg; Borchard, Klaus (1992): Städtebau im Übergang zum 21. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

Stuttgart: Karl Krämer Verlag.<br />

Schramm, Werner; Wortmann, Wilhelm; Mair, Gerhard (1981): Infrastrukturversorgung im<br />

ländlichen Raum, Analysen zur normativen Betriebsgrößen <strong>und</strong> Erreichbarkeitsbedingungen<br />

in Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte. Beiträge der ARL (Akademie<br />

<strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung) 53. Hannover: Hermann Schroedel<br />

Verlag.<br />

Schultz, Barbara; Keiner, Marco; Schmid, Willy A. (2002): Indikatorengestütztes Controlling<br />

der Richtplanung in der Schweiz. In: Raumforschung <strong>und</strong> Raumordnung, 5-6/2002,<br />

366-376.<br />

Seele, Walter (1995): Erschließung. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung)<br />

(Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover: Verlag der ARL, 227-<br />

232.<br />

Seitz, Helmut (2002): Der Einfluss der Bevölkerungsdichte auf die Kosten der öffentlichen<br />

Leistungserstellung. Schriften zum Öffentlichen Recht 899. Berlin: Duncker &<br />

Humblot.<br />

Selle, Klaus; Sutter-Schur, Heidi (1993): Der gemeinschaftlich nutzbare Freiraum. Raum<br />

zum „Wohnen in der Stadt“? In: Selle, Klaus (Hrsg.): Freiräume <strong>für</strong> Gemeinschaften<br />

in der Stadt. Hannover, Dortm<strong>und</strong>: Dortm<strong>und</strong>er Vertrieb <strong>für</strong> Planungsliteratur.<br />

SenStadt Berlin (Senatsverwaltung <strong>für</strong> Stadtentwicklung Berlin) (1996a): Umweltatlas, Band<br />

3. Erste Gesamtberliner Ausgabe, Berlin.<br />

SenStadt Berlin (Senatsverwaltung <strong>für</strong> Stadtentwicklung Berlin) (1996b): Umweltatlas Berlin,<br />

aktualisierte <strong>und</strong> erweiterte Ausgabe, Karte 06.06 Einwohnerdichte (Ausgabe 1996).<br />

Berlin. http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/d606_4.htm<br />

Zugriff am 27.07.07.<br />

SenStadt Berlin (Senatsverwaltung <strong>für</strong> Stadtentwicklung Berlin) (2006): Umweltatlas Berlin,<br />

aktualisierte <strong>und</strong> erweiterte Ausgabe, Karte 06.06 Einwohnerdichte (Ausgabe 2006).<br />

Berlin. http:/www.stadentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlast/db505_4.htm<br />

Zugriff am 27.07.07.<br />

SenStadt Berlin (Senatsverwaltung <strong>für</strong> Stadtentwicklung Berlin) (2007): Digitaler Umweltatlas<br />

Berlin: 06.07 Stadtstruktur,<br />

http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/dc607_03.htm#lk10<br />

Zugriff am 24.06.07.


298 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

Seyfried, Carl; Austermann-Haun, Ute (1995): Wasserver- <strong>und</strong> Entsorgung. In: ARL (Akademie<br />

<strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung) (Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung.<br />

Hannover: Verlag der ARL, 1078-1086.<br />

Siedentop, Stefan; Kausch, Steffen; Einig, Klaus; Gössel, Jörg (2003): Siedlungsstrukturelle<br />

Veränderungen im Umland der Agglomerationsräume. BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen<br />

<strong>und</strong> Raumordnung) Forschungen Heft 114. Bonn.<br />

Siedentop, Stefan; Kausch, Steffen; Guth, Dennis; Stein, Axel; Wolf, Ulrike; Lanzendorf,<br />

Martin; Harbich, Ronny; Hesse, Markus (2005): Mobilität im suburbanen Raum.<br />

Neue verkehrliche <strong>und</strong> raumordnerische Implikationen des räumlichen Strukturwandels.<br />

Forschungsvorhaben 70.716 im Rahmen des Forschungsprogramms Stadtverkehr<br />

des BMVBW (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen). Abschlussbericht.<br />

Dresden, Berlin/Erkner, Leipzig.<br />

Siedentop, Stefan; Schiller, Georg; Koziol, Matthias; Walther, Jörg; Gutsche, Jens-Martin<br />

(2006): Siedlungsentwicklung <strong>und</strong> Infrastrukturfolgekosten – Bilanzierung <strong>und</strong> Strategieentwicklung.<br />

Forschungsvorhaben im Auftrag des BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen<br />

<strong>und</strong> Raumordnung), Endbericht. BBR-Online-Publikationen 3/2006. Dresden,<br />

Cottbus, Hamburg.<br />

Sieverts, Thomas (1997a): Einige Anmerkungen zum Thema "<strong>Dichte</strong>". In: Magistrat der<br />

Stadt Frankfurt am Main: Dezernat Planung - Amt <strong>für</strong> kommunale Gesamtentwicklung<br />

<strong>und</strong> Stadtplanung (Hrsg.): Planung <strong>und</strong> Entwicklung neuer Stadtteile, Internationaler<br />

Frankfurter Städtebau-Diskurs. Deutsches Architektur-Museum, 22.-23. Mai<br />

1997. Frankfurt am Main, 83-86.<br />

Sieverts, Thomas (1997b): Zwischenstadt - zwischen Ort <strong>und</strong> Welt, Raum <strong>und</strong> Zeit, Stadt<br />

<strong>und</strong> Land. Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg.<br />

Sieverts, Thomas (1999): Was leisten städtebauliche Leitbilder? In: Becker, Heidede; Jessen,<br />

Johann; Sander, Robert (Hrsg.): Ohne Leitbild? – Städtebau in Deutschland<br />

<strong>und</strong> Europa, 2. unveränderte Auflage. Stuttgart: Karl Krämer Verlag <strong>und</strong> Wüstenrot<br />

Stiftung, 21-40.<br />

SMI Sachsen (Freistaat Sachsen, Staatsministerium des Innern) (2005): Arbeitshilfe zur<br />

Erstellung <strong>und</strong> Fortschreibung Städtebaulicher Entwicklungskonzepte (SEKo). Dresden.<br />

Sommer, Carsten (2005): Gehen dem ÖPNV die Fahrgäste aus? In: Der Nahverkehr,<br />

5/2005, 8-11.<br />

Spellerberg, Annette (2001): Lebensstile <strong>und</strong> Wohnprofile: Trends, Einige empirische Bef<strong>und</strong>.<br />

In: Schader-Stiftung (Hrsg.): wohn:wandel, Szenarien, Prognosen, Optionen<br />

zur Zukunft des Wohnens. Darmstadt: Schader-Stiftung, 276-286.<br />

Spellerberg, Annette; Wilbert, Katrin (2006): Wohnwünsche von IT-Beschäftigten als Motor<br />

der Reurbanisierung? Ergebnisse zweier empirischer Untersuchungen in Bonn <strong>und</strong><br />

Kaiserslautern. In: RaumPlanung, 129, 243-247.<br />

Spengelin, Friedrich (1983): Wohnung <strong>und</strong> Wohnumgebung. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung<br />

<strong>und</strong> Landesplanung) (Hrsg.): Gr<strong>und</strong>riss der Stadtplanung. Hannover: Curt<br />

R. Vincentz Verlag, 144-179.<br />

Springer, Frank (2005):Unterirdische Technische Infrastruktur - ein Störfaktor im Stadtumbauprozess?<br />

Unveröffentlichtes Manuskript.


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 299<br />

SRU (Sachverständigenrat <strong>für</strong> Umweltfragen) (1998) (Hrsg.): Umweltgutachten, Umweltschutz:<br />

Erreichtes sichern - Neue Wege gehen, Kurzfassung.<br />

www.umweltrat.de/02gutach/downlo02/umweltg/UG_1998_kf.pdf<br />

Zugriff am 20.10.2006.<br />

Stadt Dessau; Stadtbüro Hunger; Stiftung Bauhaus Dessau (2003): B<strong>und</strong>eswettbewerb<br />

"Stadtumbau Ost": Wettbewerbsbeitrag Dessau. Dessau.<br />

Stadt Leipzig: Dezernat <strong>für</strong> Stadtentwicklung <strong>und</strong> Bau, Stadtplanungsamt (2005): Kleinräumiges<br />

Monitoring des Stadtumbaus in Leipzig, Monitoringbericht 2005. Leipzig.<br />

Stadt Leipzig, Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport; Grünflächenamt (2001): Landschaftsplan<br />

der Stadt Leipzig. Leipzig.<br />

Stadt München, Referat <strong>für</strong> Stadtplanung <strong>und</strong> Bauordnung (1995): München kompakt, urban,<br />

grün. Neue Wege der Siedlungsentwicklung. Perspektive München, Schriftenreihe<br />

zur Stadtentwicklung C2. München.<br />

Stadt Münster (1995): Wohnungsbau <strong>und</strong> Eigenheimbau, Wohnwünsche von Wohnungssuchenden<br />

<strong>und</strong> Bauwilligen. Münster.<br />

Statistische Ämter des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder (2006): Gemeinsames Datenangebot: Umwelt<br />

– öffentliche Abwasserbeseitigung. http://www.statistik-portal.de/Statistik-<br />

Portal/de_jb10_jahrtabu3.asp<br />

Zugriff am 24.11.2006.<br />

Statistische Ämter des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder (2007): Gemeinsames Datenangebot: Umwelt<br />

– Wasserabgabe der öffentlichen Wasserversorgung. http://www.statistikportal.de/Statistik-Portal/de_jb10_jahrtabu2.asp<br />

Zugriff am 18.06.07.<br />

Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2004a) (Hrsg.): Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche nach Art der tatsächlichen<br />

Nutzung 2004, Erläuterungen <strong>und</strong> Eckzahlen. Serie Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft,<br />

Fischerei. Wiesbaden.<br />

Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2004b) (Hrsg.): Bautätigkeit <strong>und</strong> Wohnungen, Mikrozensus-<br />

Zusatzerhebung 2002: Bestand <strong>und</strong> Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der<br />

Haushalte, Fachserie 5 / Heft 1. Wiesbaden.<br />

Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2006): Genesis-online – Das statistische Informationssystem.<br />

https://www-genesis.destatis.de/genesis/online/logon<br />

Zugriff am 28.10.2006.<br />

Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2007): Genesis-online – Das statistische Informationssystem.<br />

https://www-genesis.destatis.de/genesis/online/logon<br />

Zugriff am 23.02.2007.<br />

Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (1997): Statistisches Jahrbuch Sachsen<br />

1997. 6. Jahrgang. Kamenz.<br />

Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (1999): Statistisches Jahrbuch Sachsen<br />

1999. 8. Jahrgang. Kamenz.<br />

Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2001): Öffentliche Wasserversorgung<br />

<strong>und</strong> Abwasserbeseitigung im Freistaat Sachsen 2001. Statistische Berichte Q I 1 -<br />

3j/01. Kamenz.<br />

Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2002): Statistisches Jahrbuch Sachsen<br />

2002. 11. Jahrgang. Kamenz.


300 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2003): Regionalisierte Bevölkerungsprognose<br />

<strong>für</strong> den Freistaat Sachsen bis 2020. Gebietsstand 1. Januar 2003. Sonderheft.<br />

1/2003. Kamenz.<br />

Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2005): Statistisches Jahrbuch Sachsen<br />

2005. 14. Jahrgang. Kamenz.<br />

Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2007): Bevölkerung des Freistaates<br />

Sachsen am 31. Dezember 1990, 1995, 2000 <strong>und</strong> 2003 bis 2005 nach kreisfreien<br />

Städten <strong>und</strong> Landkreisen.<br />

http://www.statistik.sachsen.de/21/02_02/02_02_01_tabelle.asp<br />

Zugriff am 26.06.07.<br />

Steidle-Schwahn, Anna; Hoffmann, Martina (2005): Erholung in öffentlichen Freiräumen,<br />

Kriterien <strong>für</strong> die Entwicklung <strong>und</strong> Erhaltung von Qualität. In: Stadt + Grün, 1/2005,<br />

45-50.<br />

Stein, Ursula (2006): Lernende Stadtregion. Verständigungsprozesse über Zwischenstadt.<br />

Band 9 der Reihe Zwischenstadt herausgegeben von Thomas Sieverts. Wuppertal:<br />

Verlag Müller + Busmann.<br />

Steinführer, Annett (2004): Wohnstandortentscheidungen <strong>und</strong> städtische Transformation –<br />

Vergleichende Fallstudien in Ostdeutschland <strong>und</strong> Tschechien. Stadtforschung aktuell<br />

99. Wiesbaden: VS (Verlag <strong>für</strong> Sozialwissenschaften).<br />

Suter, Stefan; Müller, André; Sommer, Heini; Kramer, David (2000): Siedlungsentwicklung<br />

<strong>und</strong> Infrastrukturkosten, Schlussbericht im Auftrag von B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Raumentwicklung,<br />

Staatssekretariat <strong>für</strong> Wirtschaft, Amt <strong>für</strong> Gemeinden <strong>und</strong> Raumordnung des<br />

Kantons Bern. Ecoplan, Wirtschafts- <strong>und</strong> Umweltstudien. Bern.<br />

Thrun, Thomas; Winkler-Kühlken, Bärbel; Hübler, Karl-Hermann (2003): Anpassungsstrategien<br />

<strong>für</strong> ländliche/periphere Regionen mit starkem Bevölkerungsrückgang in den<br />

neuen Ländern. 2. Zwischenbericht. IfS (<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Stadtforschung <strong>und</strong> Strukturpolitik<br />

GmbH), BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung): Modellvorhaben der<br />

Raumordnung, Berlin.<br />

Tietz, Hans-Peter (2004): Der Raumwärmemarkt im Wandel. In: Herz, Raim<strong>und</strong> K. (Hrsg.):<br />

In: Herz, Raim<strong>und</strong> K. (Hrsg.): Stadtumbau <strong>und</strong> Anpassung der Wärmeversorgungssysteme.<br />

5. Kolloquium Stadtbauwesen des Lehrstuhls Stadtbauwesen, Fakultät<br />

Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden am 30. Januar 2004.<br />

Dresdner Beiträge zum Stadtbauwesen. Dresden, 19-34.<br />

Tietz, Hans-Peter (2006): Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Netzinfrastruktur.<br />

In: Gans, Paul; Schmitz-Veltin, Ansgar (Hrsg.): Demographische Trends in<br />

Deutschland – Folgen <strong>für</strong> Städte <strong>und</strong> Regionen. ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung<br />

<strong>und</strong> Landesplanung): Räumliche Konsequenzen des demographischen Wandels 6.<br />

Hannover, 155-171.<br />

Tietz, Hans-Peter (2007): Systeme der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung. Funktionen <strong>und</strong> räumliche<br />

Strukturen. Wiesbaden: B.G. Teubner Verlag.<br />

Topp, Hartmut H. (2006): Demographischer Wandel <strong>und</strong> Verkehr: Wirkungen <strong>und</strong> Konsequenzen.<br />

In: Internationales Verkehrswesen, 3/2006, 85-91.<br />

Venturi, Marco (1999): Leitbilder? Für welche Städte? In: Becker, Heidede; Jessen, Johann;<br />

Sander, Robert (Hrsg.): Ohne Leitbild? – Städtebau in Deutschland <strong>und</strong> Europa, 2.<br />

unveränderte Auflage. Stuttgart: Karl Krämer Verlag <strong>und</strong> Wüstenrot Stiftung, 55-70.


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 301<br />

Vogler, Sascha (2003): Leitbildanalyse Stadtumbau Ost. Darlegung der entwicklungsplanerischen<br />

Methodik <strong>und</strong> Erörterung von Zielkonzeptionen zur Begegnung des <strong>Schrumpfung</strong>sprozesses<br />

in Ostdeutschland. Diplomarbeit, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Stadt- <strong>und</strong> Regionalplanung<br />

Technische Universität Berlin. Berlin.<br />

Weeber, Hannes; Rees, Michael (1999): Kostenfaktor Erschließungsanlagen. Bauforschung<br />

<strong>für</strong> die Praxis. Stuttgart.<br />

Wege, Joachim (2001): Wohnwandel: Lebensräume <strong>für</strong> morgen schaffen. In: Die Wohnungswirtschaft,<br />

10/2001, 12-16.<br />

Wehrheit, Martina (2002): Monitoring einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Dortm<strong>und</strong>er Beiträge<br />

zur Raumplanung 113. Dortm<strong>und</strong>: Vertrieb <strong>für</strong> Bau- <strong>und</strong> Planungsliteratur.<br />

Westphal, Christiane (2000): Der Wunsch nach dem Einfamilienhaus. Umweltpsychologische<br />

Analyse eines verbreiteten Wohntraums <strong>und</strong> Leitlinien <strong>für</strong> flächensparende<br />

Wohnformen als Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Diplomarbeit, Fakultät<br />

Raumplanung, Universität Dortm<strong>und</strong>. Dortm<strong>und</strong>.<br />

Westphal, Christiane (2006): Density as a tool to guide urban shrinking processes concerning<br />

technical infrastructures? In: Graduiertenkolleg ‘Perspectives on Urban Ecology’<br />

(Hrsg.): UECB 2006, 3 rd International Conference on Urban Ecology in Berlin, 15/16 th<br />

September 2006, Proceedings. Berlin.<br />

Westphal, Christiane; Hutter, Gérard (2006): <strong>Dichte</strong>modelle <strong>und</strong> ihre Integration in kommunale<br />

Strategien <strong>für</strong> eine qualitative Innenentwicklung. In: Genske, Dieter D.; Huch,<br />

Monika; Müller, Bernhard (Hrsg.): Fläche – Zukunft – Raum. Strategien <strong>und</strong> Instrumente<br />

<strong>für</strong> Regionen im Umbruch. Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong><br />

Geowissenschaften 37. Hannover, 77-90.<br />

Wickop, Evelyne; Böhm, Peter; Eitner, Katrin; Breuste, Jürgen (1998): Qualitätszielkonzept<br />

<strong>für</strong> Stadtstrukturtypen am Beispiel der Stadt Leipzig, Entwicklung einer Methodik zur<br />

Operationalisierung einer nachhaltigen Stadtentwicklung auf der Ebene von Stadtstrukturen.<br />

Leipzig.<br />

Wiechmann, Thorsten; Hutter, Gérard (2008): Die Planung des Unplanbaren – Was kann die<br />

Raumplanung von der Strategieforschung lernen? In: Dangschat, Jens; Breitfuss,<br />

Andrea, Frey, Oliver; Hamedinger, Alexander (Hrsg.): Strategieorientierte Planung<br />

im kooperativen Staat. Wiesbaden: VS Verlag <strong>für</strong> Sozialwissenschaften, 102-121.<br />

Winkel, Rainer (1989): Infrastruktur in der Stadt- <strong>und</strong> Regionalplanung. Eine Untersuchung<br />

der Einflussfaktoren <strong>und</strong> Rahmenbedingungen. Frankfurt am Main, New York: Campus<br />

Verlag.<br />

Winkens, H.-P. (1994): Fernwärmespeicherung, -transport <strong>und</strong> -verteilung, IKARUS: Instrumente<br />

<strong>für</strong> Klimagas-Reduktionsstrategien, Teilprojekt 4 "Umwandlungssektor". Jülich.<br />

Wissenschaftlicher Beirat beim BMVBW (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen)<br />

(2004): Demographische Veränderungen – Konsequenzen <strong>für</strong> Verkehrsinfrastrukturen<br />

<strong>und</strong> Verkehrsangebote. In: Zeitschrift <strong>für</strong> Verkehrswissenschaft,<br />

Nr.1/Jg. 75, 1-24.<br />

Zapf, Katrin (1982): Das Häuschen im Grünen. In: Zeitungskolleg Wohnen, Basistexte, Tübingen:<br />

Deutsches <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Fernstudien, 22-23.


302 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />

Zapf, Katrin (2005): Soziale Infrastruktur. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung)<br />

(Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung, 4. neu bearbeitete Auflage.<br />

Hannover, 1025-1031.<br />

ZEV (Zwickauer Energie-Versorgung GmbH) (2006): Bevölkerungsentwicklung in den rückbaubetroffenen<br />

Stadtteilen Eckersbach E1-E5 <strong>und</strong> Neuplanitz. Zusammenstellung<br />

von Daten auf der Gr<strong>und</strong>lage des Einwohner- <strong>und</strong> Standesamts, Sachgebiet Statistik<br />

<strong>und</strong> Wahlen der Stadt Zwickau. Zwickau.


Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 303<br />

Gesetze <strong>und</strong> Verordnungen<br />

BauGB (Baugesetzbuch): Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.<br />

September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes<br />

vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316).<br />

BauNVO 1962 (Baunutzungsverordnung 1962): Verordnung über die bauliche Nutzung der<br />

Gr<strong>und</strong>stücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO), Inkrafttreten am 1.08.1962<br />

(BGBl. I, S.429).<br />

BauNVO 1968 (Baunutzungsverordnung 1968): Verordnung über die bauliche Nutzung der<br />

Gr<strong>und</strong>stücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO), Inkrafttreten am 1.1.1969 (BGBl<br />

I, S. 1237, ber. BGBl. 1969 I, S. 11).<br />

BauNVO (Baunutzungsverordnung 1977): Verordnung über die bauliche Nutzung der<br />

Gr<strong>und</strong>stücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO), Inkrafttreten am 1.10. 1977<br />

(BGBl. I, S. 1763).<br />

BauNVO (Baunutzungsverordnung 1990): Verordnung über die bauliche Nutzung der<br />

Gr<strong>und</strong>stücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO) in der Fassung der Bekanntmachung<br />

vom 23. Januar 1990 (BGBl. I, S. 132), zuletzt geändert durch Art. 3. Investitionserleichterungs-<br />

<strong>und</strong> Wohnbaulandgesetz vom 22.04.1993 (BGBl. I, S. 466).<br />

VV-Städtebauförderung (2005): Verwaltungsvereinbarung über die Gewährung von Finanzhilfen<br />

des B<strong>und</strong>es an die Länder nach Artikel 104 a Absatz 4 des Gr<strong>und</strong>gesetztes<br />

zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen (VV-Städtebauförderung 2005) vom 13.<br />

Januar 2005 / 5. April 2005.<br />

VV-Städtebauförderung (2006): Verwaltungsvereinbarung über die Gewährung von Finanzhilfen<br />

des B<strong>und</strong>es an die Länder nach Artikel 104 a Absatz 4 des Gr<strong>und</strong>gesetzes zur<br />

Förderung städtebaulicher Maßnahmen (VV-Städtebauförderung 2006) vom 03. Juli<br />

2006 / 20. September 2006.<br />

VV-Städtebauförderung (2007): Verwaltungsvereinbarung über die Gewährung von Finanzhilfen<br />

des B<strong>und</strong>es an die Länder nach Artikel 104 b des Gr<strong>und</strong>gesetzes zur Förderung<br />

städtebaulicher Maßnahmen (VV-Städtebauförderung 2007) vom 13. Februar<br />

2007 / 25. Mai 2007.


Abbildungsverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 305<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit 32<br />

Abbildung 2: Methodisches Vorgehen 34<br />

Abbildung 3: Der <strong>Dichte</strong>begriff in der Stadtplanung 38<br />

Abbildung 4: Bevölkerungs- <strong>und</strong> Siedlungsdichten nach B<strong>und</strong>esländern 2004 44<br />

Abbildung 5: Wohnungsbelegungsziffer nach Art des Wohngebäudes <strong>und</strong> Eigentumsform <strong>für</strong><br />

Neue Länder <strong>und</strong> Berlin Ost 45<br />

Abbildung 6: Wohnfläche je Einwohner nach Art des Wohngebäudes <strong>und</strong> Eigentumsform <strong>für</strong><br />

Neue Länder <strong>und</strong> Berlin Ost 45<br />

Abbildung 7: Beziehungen zwischen <strong>Dichte</strong>größen 46<br />

Abbildung 8: Zusammenhang zwischen Geschossflächendichte <strong>und</strong> Nettowohndichte in<br />

Abhängigkeit der Wohnfläche pro Person 47<br />

Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Nettowohnungsdichte <strong>und</strong> Nettowohndichte in<br />

Abhängigkeit der Wohnungsbelegungsziffer 48<br />

Abbildung 10: Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen nach Gemeindetypen 56<br />

Abbildung 11: Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen nach Gemeindetypen 57<br />

Abbildung 12: Kontrastierende Lebensvorstellungen: Freistehendes Einfamilienhaus <strong>und</strong><br />

verdichteter Wohnungsbau 59<br />

Abbildung 13: Die Berliner Bauordnung von 1925: „Je größer das Haus, desto kleiner das<br />

Gr<strong>und</strong>stück“ 60<br />

Abbildung 14: Erzielbare Flächengewinne durch Geschosshäufung 62<br />

Abbildung 15: Erzielbare Einwohnerdichten entsprechend der Berliner Bauordnung 1925<br />

sowie der BauNVO 1962 64<br />

Abbildung 16: Urbanität durch <strong>Dichte</strong> am Beispiel des Märkischen Viertels in Berlin 66<br />

Abbildung 17: <strong>Dichte</strong>ziele Urbanität durch <strong>Dichte</strong> 67<br />

Abbildung 18: <strong>Dichte</strong>ziele im Rahmen der behutsamen Stadterneuerung <strong>und</strong> der<br />

<strong>ökologische</strong>n Stadt 73<br />

Abbildung 19: Flächenkategorien <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>maße der BRD <strong>und</strong> der DDR im Vergleich 76<br />

Abbildung 20: <strong>Dichte</strong>ziele in der DDR 81<br />

Abbildung 21: Kompakte europäische Stadt am Beispiel von Freiburg Vauban 84<br />

Abbildung 22: <strong>Dichte</strong>ziele ab 1990 89<br />

Abbildung 23: Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele 92<br />

Abbildung 24: Obergrenzen des Maßes baulicher Nutzung <strong>und</strong> Nettowohndichten<br />

entsprechend der Baunutzungsverordnungen 93<br />

Abbildung 25: Bevölkerungsentwicklung in den Neuen B<strong>und</strong>esländern (ohne Berlin) 99<br />

Abbildung 26: Bevölkerungsentwicklung nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug auf das Basisjahr 1996 100<br />

Abbildung 27: Bevölkerungsentwicklung in Zwickau 101<br />

Abbildung 28: Entwicklung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug


306 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Abbildungsverzeichnis<br />

auf das Basisjahr 1996 102<br />

Abbildung 29: Prozentuale Veränderung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche von 1996 bis<br />

2000 in den kreisfreien Städten Sachsens 103<br />

Abbildung 30: Entwicklung der Siedlungsdichte nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug auf das<br />

Basisjahr 1996 104<br />

Abbildung 31: Prozentuale Veränderung der Siedlungsdichte von 1996 bis 2000 in den<br />

kreisfreien Städten Sachsens 104<br />

Abbildung 32: Entwicklung von Einwohnerzahl <strong>und</strong> Einwohnerdichte in Leipzig 105<br />

Abbildung 33: Zusammenhang zwischen baulicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Einwohnerdichte bei<br />

verschiedenen Leerstandsszenarien 106<br />

Abbildung 34: Siedlungsstruktur <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>gradienten städtebaulicher Leitideen <strong>für</strong><br />

schrumpfende Städte 113<br />

Abbildung 35: Kreislauf aus Entdichtung <strong>und</strong> Verkehrsaufwand 121<br />

Abbildung 36: Spezifischer Verkehrserschließungsaufwand in m² je m² Geschossfläche in<br />

Abhängigkeit von der Geschossflächendichte 126<br />

Abbildung 37: Beziehungen zwischen Einwohnerdichten, Entfernung vom Zentrum <strong>und</strong><br />

Einwohnerzahl 134<br />

Abbildung 38: Orientierungswerte <strong>für</strong> private Freiflächen, Zahl der Vollgeschosse <strong>und</strong><br />

erzielbare Geschossflächenzahlen 146<br />

Abbildung 39: Erforderlicher Grünflächenanteil am Bruttowohnbauland in Abhängigkeit<br />

der Einwohnerdichte 148<br />

Abbildung 40: Zugewinn an Freiraum oder bedrohende Leere? Abrissfläche im Dresdner<br />

Plattenbaugebiet Prohlis 152<br />

Abbildung 41: Entwicklung der Freiraumversorgung bei Entdichtung in Stadtstrukturtypen 153<br />

Abbildung 42: Wohneinheiten nach Stadtstrukturtypen 157<br />

Abbildung 43: Verbreitete Wohnformen im Feld von <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Individualität 159<br />

Abbildung 44: Wohnungsleerstand in Ostdeutschland nach Baualtersklassen in % 163<br />

Abbildung 45: Stadtstrukturtypenspezifische <strong>Dichte</strong>zielwerte aus Sicht der Wohnqualität 167<br />

Abbildung 46: <strong>Dichte</strong>zielwerte aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur <strong>und</strong><br />

Wohnungsnachfrage <strong>für</strong> die Stadtstrukturtypen im Vergleich 168<br />

Abbildung 47: Netzformen der Wasserverteilung 176<br />

Abbildung 48: Wasserabgabe an Haushalte <strong>und</strong> Kleingewerbe in Liter je Einwohner <strong>und</strong> Tag<br />

nach B<strong>und</strong>esländern 176<br />

Abbildung 49: Anschlussgrad an die öffentliche Kanalisation nach B<strong>und</strong>esländern 178<br />

Abbildung 50: Prinzip der indirekten Fernwärmeversorgung mit zwei Sek<strong>und</strong>ärkreisläufen 180<br />

Abbildung 51: Siedlungsdichte <strong>und</strong> Länge der öffentlichen Kanalisation in Meter je Einwohner<br />

nach B<strong>und</strong>esländern in 2004 184<br />

Abbildung 52: Siedlungsdichten <strong>und</strong> spezifische Netzlängen der Kanalisation je Einwohner<br />

nach Kreisen in Brandenburg, Sachsen <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt 2004 185<br />

Abbildung 53: Abhängigkeit der Netzlänge der Wasserversorgung von der Siedlungsdichte


Abbildungsverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 307<br />

am Beispiel der Landeshauptstadt Erfurt 186<br />

Abbildung 54: <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> Leitungslängen nach Siedlungstypen 187<br />

Abbildung 55: Länge der Schmutzwasserleitung in m je Einwohner nach Stadtstrukturtypen 187<br />

Abbildung 56: Länge der Schmutzwasserleitung in m je Einwohner nach Stadtstrukturtypen 188<br />

Abbildung 57: Erschließungsbedingtes Stofflager je Einwohner in Abhängigkeit von der<br />

Geschossflächendichte 189<br />

Abbildung 58: Höchstlastwärmedichte in MW/km² nach Strukturtypen 190<br />

Abbildung 59: Wärmebedarfsdichten <strong>und</strong> Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen 192<br />

Abbildung 60: Kostenverläufe öffentlicher Infrastrukturen 193<br />

Abbildung 61: Jährliche Gesamtkosten verschiedener Siedlungsformen 195<br />

Abbildung 62: Schematische Darstellung der Kosten (Betriebs- <strong>und</strong> Investitionskosten) im<br />

Abwasserbereich 197<br />

Abbildung 63: Durchschnittskosten der Abwasserentsorgung je Wohneinheit <strong>und</strong> Jahr nach<br />

Geschossflächenzahl <strong>und</strong> Raumtyp 197<br />

Abbildung 64: Schwellen einer wirtschaftlichen Fernwärmeversorgung anhand der<br />

Wärmebedarfsdichten 199<br />

Abbildung 65: Entwicklung der Fernwärmeversorgung in Cottbus 202<br />

Abbildung 66: Entwicklung von Einwohnerzahl <strong>und</strong> Wärmeabsatz in Zwickau 203<br />

Abbildung 67: Siedlungsdichte <strong>und</strong> Länge der öffentlichen Kanalisation in Meter je Einwohner<br />

nach B<strong>und</strong>esländern 2001 <strong>und</strong> 2004 (ohne Niedersachsen, Thüringen) 204<br />

Abbildung 68: Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation in Meter je Einwohner<br />

von 2001 bis 2020 in ausgewählten Kreisen Sachsens 206<br />

Abbildung 69: Spezifische Leitungslängen <strong>für</strong> Abwasser in Abhängigkeit von<br />

Bebauungsdichte <strong>und</strong> Wohnungsleerstand 208<br />

Abbildung 70: Modellierung des Infrastrukturaufwands eines Plattenbaugebiets bei<br />

Bevölkerungsrückgang um 50 % 209<br />

Abbildung 71: Anstieg des spezifischen Stofflagers der Erschließung je Einwohner bei<br />

Rückgang der Einwohnerdichten 211<br />

Abbildung 72: Modellhafter Verlauf der Gesamtkosten <strong>und</strong> Pro-Kopf-Kosten bei<br />

Bevölkerungsrückgang bei einem Fixkostenanteil von 70 % 216<br />

Abbildung 73: Umbauplanung <strong>für</strong> das Gebiet Turower Straße 219<br />

Abbildung 74: Einfluss der Veränderung der Siedlungsdichte auf die spezifischen Kosten<br />

<strong>für</strong> die Bereiche Schmutzwasser, Trinkwasser <strong>und</strong> Straße auf Basis eines<br />

Trend- <strong>und</strong> eines Nachhaltigkeitsszenarios 220<br />

Abbildung 75: Stadtumbauplanung Erfurt Herrenberg 08/2004 226<br />

Abbildung 76: Aus Sicht der Fernwärmeversorgung optimierte Stadtumbauplanung 226<br />

Abbildung 77: Gründerzeitliche Blockbebauung in Berlin <strong>und</strong> Brandenburg an der Havel 241<br />

Abbildung 78: Geschossflächendichten <strong>und</strong> spezifische Netzlänge der Trinkwasserleitungen 241<br />

Abbildung 79: Schwelle überproportional steigenden Infrastrukturaufwands 242


308 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 80: Steigerung der spezifischen Länge der Trinkwasserleitung je Einwohner bei<br />

Bevölkerungsrückgang 243<br />

Abbildung 81: Korridore minimaler Einwohnerdichten zur Begrenzung des spezifischen<br />

Infrastrukturaufwands 245<br />

Abbildung 82: Korridore minimaler Geschossflächenzahlen zur Begrenzung des<br />

spezifischen Infrastrukturaufwands 245<br />

Abbildung 83: Schwellenwert der Einwohnerdichte <strong>für</strong> den Strukturtyp Platte anhand der<br />

Mindestauslastung der Schmutzwassernetze von 30 % 246<br />

Abbildung 84: Auslastung der Schmutzwassernetze nach Stadtstrukturtypen 247<br />

Abbildung 85: Schwellenwerte minimaler Bebauungsdichten aus Sicht der Wirtschaftlichkeit<br />

der Fernwärmeversorgung 250<br />

Abbildung 86: Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten aus Sicht<br />

verschiedener Handlungsfelder 258<br />

Abbildung 87: Vergleich der stadtstrukturtypenspezifischen Zielkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n<br />

aus Sicht von stadttechnischer Infrastruktur, Verkehr, sozialer Infrastruktur<br />

<strong>und</strong> Wohnungsnachfrage 260


Tabellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 309<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle I: Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur<br />

<strong>und</strong> Wohnungsnachfrage 14<br />

Tabelle II: Quantifizierte Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />

Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht der Stadttechnik 18<br />

Table I: Target values of adequate densities in shrinking cities from the point of view of<br />

transport, social facilities and housing demand 23<br />

Table II: Corridors of minimum densities for housing in shrinking cities from the point of<br />

view of public utilities 24<br />

Tabelle 1: Expertengruppen <strong>und</strong> Interviewpartner 35<br />

Tabelle 2: Ausgewählte Maße der Bebauungsdichte nach räumlichen Ebenen 42<br />

Tabelle 3: Ausgewählte Maße der Einwohnerdichte nach räumlichen Ebenen 43<br />

Tabelle 4: Bevölkerungsdichten, Siedlungsdichten sowie Anteil der Siedlungs- <strong>und</strong><br />

Verkehrsflächen nach B<strong>und</strong>esländern 44<br />

Tabelle 5: Stadtstrukturtypik 55<br />

Tabelle 6: Erzielbare Einwohnerdichten (netto) gemäß der Berliner Bauordnungen<br />

von 1897 <strong>und</strong> 1925 60<br />

Tabelle 7: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1<br />

BauNVO 1962 63<br />

Tabelle 8: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1<br />

BauNVO 1968 68<br />

Tabelle 9: Flächenbilanzen des Wohngebiets der BRD <strong>und</strong> der DDR im Vergleich 76<br />

Tabelle 10: <strong>Dichte</strong>kennziffern von Wohngebieten der 1960er Jahre 78<br />

Tabelle 11: Richtwerte <strong>für</strong> Flächenbedarf <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>n 79<br />

Tabelle 12: Orientierungswerte zur rationellen Nutzung des Baulands 80<br />

Tabelle 13: <strong>Dichte</strong>ziele in <strong>Dichte</strong>modellen westdeutscher Großstädte 85<br />

Tabelle 14: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1 BauNVO 1990 89<br />

Tabelle 15: Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele 91<br />

Tabelle 16: Argumente Pro <strong>und</strong> Contra Verdichtung/Auflockerung 95<br />

Tabelle 17: Veränderungen von Einwohnerzahlen, Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen sowie<br />

Siedlungsdichten von 1996 bis 2000 105<br />

Tabelle 18: Handlungsfelder des Stadtumbaus <strong>und</strong> dichteabhängige Faktoren 119<br />

Tabelle 19: Hamburger <strong>Dichte</strong>modell – Bereich städtischer Achsen 123<br />

Tabelle 20: <strong>Dichte</strong>ziele des Hamburger <strong>Dichte</strong>modells von 1980 123<br />

Tabelle 21: Flächenbedarf <strong>für</strong> den fließenden Verkehr in Wohngebieten in Abhängigkeit der<br />

Wohndichte 125<br />

Tabelle 22: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des Verkehrs<br />

differenziert nach Stadtstrukturtypen 132


310 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 23: Größen <strong>für</strong> die Dimensionierung von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur:<br />

Beispiel Kindergarten 133<br />

Tabelle 24: Erforderliche Bruttoeinwohnerdichten <strong>für</strong> die Versorgung mit Kindergartenplätzen<br />

bei maximaler Wegeentfernung von 500 m <strong>und</strong> Gruppengröße von 25 Kindern<br />

je Altersjahrgang 135<br />

Tabelle 25: Wegeentfernung zum Kindergarten bei Einwohnerdichte von 28 EW/ha (brutto)<br />

<strong>und</strong> Gruppengröße von 25 Kindern je Altersjahrgang 135<br />

Tabelle 26: Gruppengröße je Alterjahrgang von Kindergartengruppen bei Einwohnerdichte<br />

von 28 EW/ha (brutto) <strong>und</strong> maximaler Wegeentfernung von 500 m 135<br />

Tabelle 27: Einzugsbereiche, maximale Entfernungen <strong>und</strong> erforderliche Einwohnerdichten<br />

ausgewählter Gemeinbedarfseinrichtungen 136<br />

Tabelle 28: Ermittelte Entfernung zwischen Wohnung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schule in der Region<br />

Havelland-Fläming unter status-quo Bedingungen 2003 137<br />

Tabelle 29: Spannweite der Entwicklung der spezifischen Kosten <strong>für</strong> die Versorgung der<br />

Bevölkerung aus unterschiedlichen Gemeindetypen in der Region<br />

Havelland-Fläming mit sozialer Infrastruktur bei trendgemäßer Siedlungs- <strong>und</strong><br />

Bevölkerungsentwicklung 2020 139<br />

Tabelle 30: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der sozialen<br />

Infrastruktur differenziert nach Stadtstrukturtypen 143<br />

Tabelle 31: Richtwerte <strong>für</strong> die Freiraumversorgung der Stadt Berlin 147<br />

Tabelle 32: Freiraumversorgungsgrade von Stadtstrukturtypen 149<br />

Tabelle 33: Defizite der Freiraumqualitäten <strong>und</strong> Gestaltungsziele privater, halböffentlicher <strong>und</strong><br />

öffentlicher Freiräume nach Stadtstrukturtypen 150<br />

Tabelle 34: Potenziale <strong>und</strong> Risiken von Entdichtungsprozessen <strong>für</strong> die Freiraumversorgung<br />

nach Stadtstrukturtypen 155<br />

Tabelle 35: <strong>Dichte</strong>kennziffern verschiedener Wohnbauformen 156<br />

Tabelle 36: Wohnwünsche nach aufgelockerten <strong>und</strong> verdichteten Wohnformen 160<br />

Tabelle 37: Wohnungsbestand <strong>und</strong> Wohnungsleerstand in Leipzig nach Baualtersklassen 164<br />

Tabelle 38: Nachfrageentwicklung in Bautzen im Zeitraum 2000 bis 2015 165<br />

Tabelle 39: Kriterien zur Verbesserung der Nachfragegerechtigkeit verdichteter<br />

Stadtstrukturtypen 166<br />

Tabelle 40: Angenommene Ausstattungsstandards <strong>und</strong> Qualitäten der Stadtstrukturtypen 169<br />

Tabelle 41: Ebenen <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Erschließung 173<br />

Tabelle 42: Merkmale der betrachteten Medien der stadttechnischen Infrastruktur 175<br />

Tabelle 43: Dimensionierung von Trinkwassernetzen nach Stadtstrukturtypen 177<br />

Tabelle 44: Parameter zur Dimensionierung von Abwassernetzen nach Strukturtypen 179<br />

Tabelle 45: Ausstattung der Stadtstrukturtypen mit Fernwärmeversorgung 181<br />

Tabelle 46: Höchstlastwärmedichte in MW/km² nach Strukturtypen 191<br />

Tabelle 47: <strong>Dichte</strong>abhängigkeit der Infrastrukturkosten auf verschiedenen räumlichen Ebenen 194<br />

Tabelle 48: Kostenkennwerte <strong>für</strong> die Schmutzwasserentsorgung in €/m <strong>und</strong> Jahr 196


Tabellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 311<br />

Tabelle 49: Entwicklung von Siedlungsdichte, Länge der öffentlichen Kanalisation in Meter je<br />

Einwohner <strong>und</strong> Anschlussgrad nach B<strong>und</strong>esländern von 2001 bis 2004 205<br />

Tabelle 50: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation in der<br />

kreisfreien Stadt Leipzig 207<br />

Tabelle 51: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation in der<br />

kreisfreien Stadt Hoyerswerda 207<br />

Tabelle 52: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation im<br />

Niederschlesischen Oberlausitzkreis 208<br />

Tabelle 53: Gr<strong>und</strong>lagendaten <strong>für</strong> die Modellierung des Infrastrukturaufwands 210<br />

Tabelle 54: Funktionsschwellen, betriebstechnische <strong>und</strong> bauliche Anpassungsmaßnahmen<br />

bei Unterauslastung der stadttechnischen Infrastruktur 213<br />

Tabelle 55: Kosten des Stadtumbaus <strong>für</strong> die Stadttechnik 218<br />

Tabelle 56: Restbuchwertverluste 219<br />

Tabelle 57: Szenarien der stadttechnischen Kosten in Johanngeorgenstadt 2016 221<br />

Tabelle 58: Kostenentwicklung in Abhängigkeit der gewählten Stadtumbaustrategie 223<br />

Tabelle 59: Auswirkungen verschiedener Stadtumbaustrategien 228<br />

Tabelle 60: Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellrechnungen nach SIEDENTOP et al. 239<br />

Tabelle 61: Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellrechnungen nach BUCHERT et al. 239<br />

Tabelle 62: Schwellenwerte zur Begrenzung des Infrastrukturaufwands 242<br />

Tabelle 63: Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n zur Begrenzung des spezifischen<br />

Infrastrukturaufwands 244<br />

Tabelle 64: Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n anhand der Mindestauslastung der<br />

Schmutzwassernetze von 30 % 248<br />

Tabelle 65: Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der quartiersbezogenen<br />

Kostenunterdeckung der Schmutzwasserentsorgung 249<br />

Tabelle 66: Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur 252


Abkürzungsverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 313<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

AVB Allgemeine Bedingungen <strong>für</strong> die Versorgung<br />

AW Abwasser<br />

AWL Abwasserleitung<br />

BA Bauabschnitt<br />

BauNVO Baunutzungsverordnung (siehe Literaturverzeichnis)<br />

BBR B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung<br />

BGF Bruttogeschossfläche<br />

BWBL Bruttowohnbauland<br />

DDR Deutsche Demokratische Republik<br />

DIN Deutsche Industrienorm<br />

EFH Einfamilienhaus<br />

EW Einwohner<br />

EZH Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />

FF Freifläche<br />

FW Fernwärme<br />

GE Gewerbegebiet<br />

GF Geschossfläche<br />

GFD Geschossflächendichte<br />

GFZ Geschossflächenzahl<br />

GWh Gigawattst<strong>und</strong>en<br />

GZ Zahl der Vollgeschosse<br />

ha Hektar<br />

hab Hektar Bruttowohnbauland<br />

han Hektar Nettowohnbauland<br />

HH Haushalt<br />

ISEP Infrastruktureller Entwicklungsplan<br />

KAG Kommunalabgabengesetz<br />

km² Quadratkilometer<br />

Lkw Lastkraftwagen<br />

m Meter<br />

m² Quadratmeter<br />

MFH Mehrfamilienhaus<br />

MFH 90+ Stadtstrukturtyp Mehrfamilienhaus nach 1990<br />

min. mindestens<br />

MIV Motorisierter Individualverkehr<br />

MI Mischgebiet<br />

MK Kerngebiet<br />

MW Megawatt<br />

NVK Nachbarschaftsverband Karlsruhe<br />

NWBL Nettowohnbauland<br />

ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr<br />

Pkw Personenkraftwagen<br />

r Radius<br />

SÖV Schienengeb<strong>und</strong>ener öffentlichen Verkehr<br />

SP Stellplatz<br />

SW Schmutzwasser<br />

SWL Schmutzwasserleitung<br />

t Tonne<br />

TW Trinkwasser<br />

TWL Trinkwasserleitung<br />

Tz Teilziffer<br />

WA allgemeines Wohngebiet<br />

WE Wohneinheit<br />

WR reines Wohngebiet<br />

ZEV Zwickauer Energie-Versorgung GmbH<br />

ZFH Zweifamilienhaus


Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 315<br />

Anhang I: Geführte Interviews<br />

Name <strong>Institut</strong>ion Datum, Ort<br />

Gunnar Braun Geschäftsführer der VKU-<br />

Landesgruppe Sachsen<br />

Ute Effnert Amt <strong>für</strong> Stadtentwicklung <strong>und</strong><br />

Stadtplanung Cottbus<br />

Jürgen Friese Geschäftsführer der VKU-<br />

Landesgruppe Brandenburg<br />

Prof. Dr.-Ing. Matthias Koziol,<br />

Jörg Walther<br />

Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadttechnik,<br />

BTU Cottbus<br />

Lars Marschke Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadtbauwesen,<br />

Fakultät Bauingenieurwesen<br />

Technische Universität<br />

Dresden<br />

Günter Spielvogel,<br />

Kerstin Schneider<br />

Zwickauer Energie-<br />

Versorgung GmbH (ZEV)<br />

10.01.2006, Leipzig<br />

02.11.2005, Cottbus<br />

02.11.2005, Cottbus<br />

15.09.2005, Cottbus<br />

04.10.2005, Dresden<br />

15.02.2006, Zwickau<br />

Frank Springer Stadtwerke Erfurt 11.11.2005, Erfurt<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Hans-Peter Tietz<br />

Lehrstuhl Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorgungssysteme,<br />

Fakultät Raumplanung,<br />

Universität Dortm<strong>und</strong><br />

05.11.2005,<br />

Dortm<strong>und</strong>


Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 317<br />

Anhang II: Interviewleitfäden<br />

Interviewleitfaden Wissenschaftler<br />

Erklärung zur Zielstellung des Interviews:<br />

Im Rahmen meines Promotionsvorhabens beschäftige ich mich derzeit mit Kriterien,<br />

um angemessene Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten <strong>für</strong> schrumpfende ostdeutsche<br />

Städte zu definieren.<br />

Die Bebauungsdichte ist der Ausdruck <strong>für</strong> das Verhältnis von Bebauung zu Fläche.<br />

<strong>Dichte</strong>maße sind Geschossflächenzahl, Geschossflächendichte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>flächenzahl.<br />

Die Einwohnerdichte beschreibt das Verhältnis von Bevölkerung zu Fläche.<br />

<strong>Dichte</strong>maße sind Siedlungsdichte (Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche),<br />

Bruttowohndichte (Einwohner pro ha Bruttowohnbauland) sowie Nettowohndichte<br />

(Einwohner pro ha Nettowohnbauland).<br />

Untersuchungsgegenstand sind städtische Gebiete, die von (starken) <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

<strong>und</strong> damit von Rückgängen der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />

betroffen sind.<br />

Neben der Berücksichtigung der Wohnqualität spielt bei der Bestimmung von Kriterien<br />

<strong>für</strong> angemessene <strong>Dichte</strong>n die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit der technischen Infrastruktur<br />

eine herausragende Rolle. Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit der technischen Infrastruktur<br />

sind über Wirtschaftlichkeit, technische Funktionsfähigkeit sowie Umweltverträglichkeit<br />

operationalisiert. Aufgr<strong>und</strong> der besonderen siedlungsstrukturellen<br />

Abhängigkeit werden Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung sowie Fernwärmeversorgung<br />

betrachtet.<br />

I. <strong>Dichte</strong>abhängige Funktionsparameter der technischen Infrastruktur<br />

1. Welche Parameter zur Dimensionierung von Anlagen <strong>und</strong> Netzen der technischen<br />

Infrastruktur haben einen Bezug zur Zahl der angeschlossenen Nachfrager<br />

(Einwohnerdichte) <strong>und</strong> Wohnungen (Bebauungsdichte) (z. B. Leitungslänge,<br />

Verbrauch/Aufkommen)?<br />

⇒ Trinkwasserversorgung<br />

⇒ Abwasserentsorgung<br />

⇒ Fernwärmeversorgung<br />

II. Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit<br />

der technischen Infrastruktur<br />

Erläuterung zu Fragenblock II:<br />

Anhand bisheriger Literaturauswertungen werden folgende Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

auf die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit der technischen Infrastruktur unterschieden:<br />

⇒ Wirtschaftlichkeit: Zunahme von spezifischen Pro-Kopf-Kosten der Infrastrukturbereitstellung;<br />

Abnahme der Gesamtwirtschaftlichkeit der Infrastruktur<br />

⇒ Funktionsfähigkeit: Abnahme der technischen Funktionsfähigkeit (z. B. Qualitätsminderung<br />

Trinkwasser, Funktionsstörungen, Funktionsausfall)<br />

⇒ Umweltverträglichkeit: Zunahme des Erschließungsaufwands (Materialaufwand,<br />

Ressourcenverbrauch); Zunahme von Umweltgefahren / Umweltrisiken<br />

(z. B. durch Einsatz von Chemikalien, Gefährdung des Gr<strong>und</strong>wassers durch<br />

Korrosion der Leitungen); Abnahme der Wirkungsgrade<br />

2. Sind aus Ihrer Sicht weitere Auswirkungen von Bedeutung?


318 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />

III. Wirtschaftlichkeit der technischen Infrastruktur<br />

Erläuterung zu Fragenblock III:<br />

In der Literatur wird davon ausgegangen, dass gerade eine punktuelle/disperse Verringerung<br />

der <strong>Dichte</strong> in ehemals verdichteten Gebieten zu besonders hohen Folgekosten<br />

führt.<br />

3. Verfügen Sie über empirische Ergebnisse aus städtischen Gebieten, in denen<br />

bereits heute oder in Zukunft die Wirtschaftlichkeit der technischen Infrastruktur<br />

gefährdet ist/gefährdet sein wird? Durch welche Stadtstrukturen/<strong>Dichte</strong>n sind<br />

diese Gebiete gekennzeichnet?<br />

4. Verfügen Sie über empirische oder modelltheoretische Ergebnisse zur Kostenentwicklung<br />

bei <strong>Dichte</strong>rückgängen?<br />

⇒ Fixkosten (je Einwohner/je Leitungslänge)<br />

⇒ Verteilung der Fixkosten auf Nutzer<br />

⇒ Betriebskosten (je Einwohner/je Leitungslänge)<br />

⇒ Anstieg der Betriebskosten durch Unterauslastung der technischen Infrastruktur<br />

⇒ Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsaufwendungen (je Leitungslänge/je Wohnfläche)<br />

⇒ Restbuchwerte<br />

⇒ Preisentwicklung (je Einwohner/je Wohnfläche)<br />

5. In welchen Teilen der Stadt / Stadtstrukturtypen treten diese Kosten besonders<br />

häufig auf?<br />

6. Von welcher Entwicklung der Kosten <strong>und</strong> Preise in der Zukunft gehen Sie aus?<br />

IV. Technische Funktionsfähigkeit der technischen Infrastruktur<br />

Erläuterung zu Fragenblock IV:<br />

In der Literatur wird von zwei Funktionsschwellen technischer Infrastrukturen ausgegangen,<br />

einer ersten, ab deren Unterschreitung betriebstechnische Maßnahmen<br />

erforderlich werden <strong>und</strong> einer zweiten, die zu einem vollständigen Betriebsausfall<br />

führt. Laut aktueller Literatur liegt die erste Funktionsschwelle bei einem<br />

Verbrauchsrückgang von 20-25% <strong>und</strong> die zweite Funktionsschwelle bei einem<br />

Verbrauchsrückgang von 50%. Als zweite Funktionsschwelle genannt werden <strong>für</strong><br />

Abwasser eine Auslastung < 25-30% <strong>und</strong> <strong>für</strong> Fernwärme ein maximaler Leerstand/Rückbau<br />

von 20%-40%.<br />

7. Können Sie zu diesen Schwellenwerten noch konkretere Aussagen treffen, differenziert<br />

<strong>für</strong> Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung, Fernwärmeversorgung?<br />

Wenn nein, wie lassen sich diese Schwellenwerte ermitteln?<br />

8. Welche Anlagen/Anlagenteile oder Netze/Netzteile der Trinkwasserversorgung,<br />

Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Fernwärmeversorgung reagieren im Hinblick auf ihre<br />

Funktionsfähigkeit besonders empfindlich auf Rückgänge der Nachfrage(r)<br />

(Einwohnerdichte) / der angeschlossenen Wohnungen (Bebauungsdichte)?<br />

9. Verfügen Sie über empirische Ergebnisse darüber, in welchen städtischen Gebieten<br />

oder Stadtstrukturtypen diese Funktionsschwellen bereits heute erreicht<br />

werden? In welchen Gebieten ist in Zukunft von einem Erreichen dieser Funktionsschwellen<br />

auszugehen?


Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 319<br />

V. Umweltverträglichkeit der technischen Infrastruktur<br />

Erläuterung zu Fragenblock V:<br />

Anhand bisheriger Recherchen gehe ich davon aus, dass sich <strong>Dichte</strong>rückgänge in<br />

folgender Weise negativ auf die Umweltverträglichkeit der technischen Infrastruktur<br />

auswirken:<br />

⇒ Verringerung der Wirkungsgrade der Netze <strong>und</strong> Anlagen<br />

⇒ Zusätzlicher Ressourcenverbrauch (z. B. Trinkwasserverbrauch <strong>für</strong> Netzspülungen;<br />

höherer Materialaufwand je verbrauchter Einheit)<br />

⇒ Zusätzlicher Einsatz umweltgefährdender Stoffe (z. B. um Trinkwasserqualität<br />

zu sichern, um Funktionsfähigkeit von Netzen <strong>und</strong> Anlagen zu sichern)<br />

⇒ Umweltrisiken (z. B. Gefährdung des Gr<strong>und</strong>wassers durch Korrosion von Leitungen)<br />

10. Bestehen aus Ihrer Sicht weitere negative Auswirkungen auf die Umweltverträglichkeit<br />

der technischen Infrastruktur infolge von <strong>Dichte</strong>rückgängen?<br />

11. Verfügen Sie über empirische Untersuchungsergebnisse zu den genannten<br />

Auswirkungen?<br />

12. Verfügen Sie über Erkenntnisse zum Anstieg der Netzlänge je angeschlossenem<br />

Einwohner oder je angeschlossener Wohnung infolge von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />

(als Indikator <strong>für</strong> das Materialvolumen der Erschließung)?<br />

VI. Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n<br />

Erläuterung zu Fragenblock VI:<br />

Infrastrukturexperten beurteilen die Wirtschaftlichkeit, Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltverträglichkeit<br />

der technischen Infrastruktur anhand von vielfältigen Kriterien, die<br />

keinen direkten Bezug zur Einwohner- oder Bebauungsdichte haben (z. B. minimale<br />

Fließgeschwindigkeit, maximale Verweildauer in den Netzen, maximaler Fixkostenanteil<br />

je Nutzer usw.).<br />

Von Interesse sind <strong>für</strong> diese Arbeit Schwellenwerte, die einen klaren <strong>Dichte</strong>bezug<br />

aufweisen. So ist z. B. die Leitungslänge je Einwohner/Wohnung/Geschossfläche<br />

eine Größe, die sowohl einen direkten Bezug zur Einwohner- bzw. Bebauungsdichte<br />

hat, als auch maßgeblich <strong>für</strong> die Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> den Materialaufwand der<br />

städtischen Infrastruktur ist. Weitere Schwellenwerte mit <strong>Dichte</strong>bezug sind z. B. Aufkommen/Verbrauch<br />

je ha, Anzahl der Nachfrager/Wohnungen je ha sowie die Wärmebedarfsdichte.<br />

13. Gibt es kritische Schwellenwerte des Bevölkerungsrückgangs bzw. der Zahl der<br />

angeschlossenen Wohnungen, ab denen die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit der<br />

Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Fernwärmeversorgung gefährdet<br />

wird?<br />

⇒ Wirtschaftlichkeit (Gesamtwirtschaftlichkeit der Siedlungsstruktur)<br />

⇒ Technische Funktionsfähigkeit (1. <strong>und</strong> 2. Funktionsschwelle)<br />

⇒ Umweltverträglichkeit (minimaler Ressourcenverbrauch, maximale Wirkungsgrade)<br />

14. Sind diese Schwellenwerte <strong>für</strong> Stadtstrukturtypen zu differenzieren? In welchen<br />

Stadtstrukturtypen werden diese Schwellenwerte bereits heute regelmäßig erreicht?<br />

In welchen Gebietstypen ist künftig mit einem Erreichen dieser Schwellenwerte<br />

zu rechnen?


320 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />

VII. <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> den Stadtumbau<br />

Erläuterung zu Fragenblock VII:<br />

In der Fachdiskussion wurden bereits Stadtumbauziele mit <strong>Dichte</strong>bezug formuliert,<br />

z. B. Rückbau von außen nach innen, die Vermeidung von baulicher Nachnutzung<br />

mit geringerer <strong>Dichte</strong> sowie die Vermeidung eines Bevölkerungsrückgangs von über<br />

50%.<br />

15. Wie sollten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse Ihrer Meinung nach gesteuert werden, um<br />

die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit der technischen Infrastruktur zu gewährleisten?<br />

16. Welche Zwischenlösungen sind erforderlich, um die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit<br />

der technischen Infrastruktur unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen sicherzustellen?<br />

17. Unter welchen Bedingungen ist Ihrer Meinung nach der Einsatz von dezentralen<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsanlagen sinnvoll? Welche Formen dezentraler Anlagen<br />

sind bei <strong>Dichte</strong>rückgängen geeignet?<br />

18. Werden Belange der Stadttechnik Ihrer Meinung nach inzwischen ausreichend<br />

im Stadtumbau berücksichtigt?<br />

19. Was sind Ihre Wünsche im Hinblick auf den weiteren Umgang mit technischer<br />

Infrastruktur beim Stadtumbau?<br />

VIII. Empfehlung weiterer Ansprechpartner<br />

20. Können Sie weitere Ansprechpartner <strong>für</strong> Interviews zum Thema Effizienz <strong>und</strong><br />

Tragfähigkeit der technischen Infrastruktur unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />

empfehlen (z. B. aus Versorgungsunternehmen, Verbänden der Versorgungswirtschaft)?<br />

21. Können Sie Städte nennen, in denen Sie die Berücksichtigung der technischen<br />

Infrastruktur beim Stadtumbau als beispielhaft bezeichnen würden?


Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 321<br />

Interviewleitfaden Verbandsvertreter<br />

Erklärung zur Zielstellung des Interviews:<br />

Im Rahmen meines Promotionsvorhabens beschäftige ich mich derzeit mit Kriterien,<br />

um angemessene Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten <strong>für</strong> schrumpfende ostdeutsche<br />

Städte zu definieren.<br />

Die Bebauungsdichte ist der Ausdruck <strong>für</strong> das Verhältnis von Bebauung zu Fläche.<br />

<strong>Dichte</strong>maße sind Geschossflächenzahl, Geschossflächendichte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>flächenzahl.<br />

Die Einwohnerdichte beschreibt das Verhältnis von Bevölkerung zu Fläche.<br />

<strong>Dichte</strong>maße sind Siedlungsdichte (Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche),<br />

Bruttowohndichte (Einwohner pro ha Bruttowohnbauland) sowie Nettowohndichte<br />

(Einwohner pro ha Nettowohnbauland).<br />

Untersuchungsgegenstand sind städtische Wohngebiete, die von (starken)<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen <strong>und</strong> damit von Rückgängen der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />

betroffen sind.<br />

Als Raumplanerin nehmen <strong>für</strong> mich, neben Kriterien zur Berücksichtigung der<br />

Wohnqualität, Kriterien der Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen<br />

Infrastruktur eine herausragende Rolle ein. Aufgr<strong>und</strong> der besonderen siedlungsstrukturellen<br />

Abhängigkeit werden die leitungsgeb<strong>und</strong>enen Medien Trinkwasserversorgung,<br />

Abwasserentsorgung sowie Fernwärmeversorgung betrachtet.<br />

I. Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit<br />

der technischen Infrastruktur<br />

1. Welche Folgen haben aus Ihrer Sicht <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge auf die<br />

in der Landesgruppe Sachsen organisierten kommunalen Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen<br />

(Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme)?<br />

2. Wie haben sich Absatz <strong>und</strong> Aufkommen bei den Medien Trinkwasser, Abwasser<br />

<strong>und</strong> Fernwärme in Ihren Mitgliedsunternehmen vor dem Hintergr<strong>und</strong> von<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen entwickelt?<br />

II. Wirtschaftlichkeit der technischen Infrastruktur<br />

3. Verfügen Sie über Daten aus Ihren Mitgliedsunternehmen / aus Ihrer Stadt zur<br />

Kostenentwicklung bei <strong>Dichte</strong>rückgängen (wenn möglich differenziert nach<br />

Stadtteilen oder Bebauungstypen wie z. B. Großwohnsiedlung, Altbau, Einfamilienhäuser)?<br />

⇒ Fixkosten (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />

⇒ Betriebskosten (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />

⇒ Anstieg der Betriebskosten durch Unterauslastung der technischen Infrastruktur<br />

⇒ Netzlängen (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />

⇒ Preisentwicklung (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />

⇒ Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsaufwendungen (je Leitungslänge/je Wohnfläche)<br />

⇒ Verlust von Restbuchwerten<br />

4. Können Sie einen Schwellenwert des Bevölkerungs-/<strong>Dichte</strong>rückgangs definieren,<br />

ab dem die Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit den Medien Trinkwasser,<br />

Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme nicht mehr gewährleistet ist oder die Preise ein aus<br />

Ihrer Sicht angemessenes Maß übersteigen?<br />

5. Von welcher Entwicklung der Kosten <strong>und</strong> Preise in der Zukunft gehen Sie aus?


322 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />

III. Technische Funktionsfähigkeit der technischen Infrastruktur<br />

6. Sind in Ihren Mitgliedsunternehmen infolge des Bevölkerungsrückgangs <strong>für</strong> die<br />

Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme bereits betriebstechnische<br />

Maßnahmen (z. B. Spülungen, Chlorungen) erforderlich, um die Funktionsfähigkeit<br />

der Netze <strong>und</strong> Anlagen bzw. die Qualität der Medien zu gewährleisten? In<br />

welchen Gebietstypen (z. B. Großwohnsiedlung, Altbau, Einfamilienhaus) ist<br />

dies der Fall? Durch welchen Verbrauchsrückgang sind die betroffenen Gebiete<br />

gekennzeichnet?<br />

7. Inwiefern kommt es in Ihren Mitgliedsunternehmen infolge des Verbrauchs-,<br />

Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgangs <strong>für</strong> die Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong><br />

Fernwärme zu einem vollständigen Funktionsverlust der Netze <strong>und</strong> Anlagen? In<br />

welchen Gebietstypen (z. B. Großwohnsiedlung, Altbau, Einfamilienhaus) ist<br />

dies der Fall? Durch welchen Verbrauchsrückgang sind die betroffenen Gebiete<br />

gekennzeichnet?<br />

8. Verfügen Sie über Daten darüber, ab welchem Verbrauchs-, Bevölkerungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Dichte</strong>rückgang die zentralen Funktionsparameter der stadttechnischen Medien<br />

nicht mehr eingehalten werden können?<br />

⇒ Trinkwasser: z. B. maximale Verweildauer in den Netzen<br />

⇒ Abwasser: z. B. minimale Fließgeschwindigkeiten<br />

⇒ Fernwärme: z. B. minimale Wirkungsgrade aus wirtschaftlicher Sicht<br />

IV. Ziele <strong>für</strong> den Stadtumbau aus Sicht der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen<br />

9. Wie sollten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse Ihrer Meinung nach gesteuert werden, um<br />

die Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

zu gewährleisten?<br />

10. Unter welchen Bedingungen ist Ihrer Meinung nach der Einsatz von dezentralen<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsanlagen sinnvoll? Welche Formen dezentraler Anlagen<br />

sind bei <strong>Dichte</strong>rückgängen auch in städtischen Gebieten geeignet?<br />

11. Werden Belange der Stadttechnik Ihrer Meinung nach inzwischen ausreichend<br />

im Stadtumbau berücksichtigt?<br />

V. Empfehlung weiterer Ansprechpartner<br />

12. Können Sie weitere geeignete Ansprechpartner zum Thema Wirtschaftlichkeit<br />

<strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />

empfehlen?<br />

⇒ Städte / Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen mit einem beispielhaften Umgang<br />

mit Fragen der Stadttechnik im Rahmen des Stadtumbaus<br />

⇒ Städte / Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen, die in besonderem Maße von<br />

Verbrauchs-, Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen sind


Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 323<br />

Interviewleitfaden Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen<br />

Erklärung zur Zielstellung des Interviews:<br />

Im Rahmen meines Promotionsvorhabens beschäftige ich mich derzeit mit Kriterien,<br />

um angemessene Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten <strong>für</strong> schrumpfende ostdeutsche<br />

Städte zu definieren.<br />

Die Bebauungsdichte ist der Ausdruck <strong>für</strong> das Verhältnis von Bebauung zu Fläche.<br />

<strong>Dichte</strong>maße sind Geschossflächenzahl, Geschossflächendichte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>flächenzahl.<br />

Die Einwohnerdichte beschreibt das Verhältnis von Bevölkerung zu Fläche.<br />

<strong>Dichte</strong>maße sind Siedlungsdichte (Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche),<br />

Bruttowohndichte (Einwohner pro ha Bruttowohnbauland) sowie Nettowohndichte<br />

(Einwohner pro ha Nettowohnbauland).<br />

Untersuchungsgegenstand sind städtische Wohngebiete, die von (starken)<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen <strong>und</strong> damit von Rückgängen der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />

betroffen sind.<br />

Als Raumplanerin nehmen <strong>für</strong> mich, neben Kriterien zur Berücksichtigung der<br />

Wohnqualität, Kriterien der Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen<br />

Infrastruktur eine herausragende Rolle ein. Aufgr<strong>und</strong> der besonderen siedlungsstrukturellen<br />

Abhängigkeit werden die leitungsgeb<strong>und</strong>enen Medien Trinkwasserversorgung,<br />

Abwasserentsorgung sowie Fernwärmeversorgung betrachtet.<br />

I. Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong><br />

Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

1. Bitte nennen Sie einige gr<strong>und</strong>sätzliche Daten zur Fernwärmeversorgung durch<br />

die ZEV:<br />

⇒ Zahl der K<strong>und</strong>en<br />

⇒ Absatz<br />

⇒ Netzlängen (je K<strong>und</strong>e, je verbrauchter Einheit)<br />

2. Welche Auswirkungen haben aus Ihrer Sicht <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />

<strong>für</strong> die ZEV (Fernwärme)?<br />

3. Welchen Bedarfsrückgang bei der Nachfrage nach Fernwärme verzeichnet die<br />

ZEV seit 1990? In welchem Ausmaß ist dieser Bedarfsrückgang auf den Bevölkerungsrückgang<br />

zurückzuführen? Lässt sich dieser Bedarfsrückgang <strong>für</strong> das<br />

Stadtgebiet räumlich differenzieren?<br />

4. Mit welchem Bedarfsrückgang rechnen Sie in Zukunft <strong>für</strong> die ZEV (Fernwärme)?


324 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />

II. Wirtschaftlichkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

5. Verfügen Sie <strong>für</strong> die ZEV über Daten zur Kostenentwicklung der Fernwärmeversorgung<br />

bei <strong>Dichte</strong>rückgängen (wenn möglich differenziert nach Stadtteilen oder<br />

Bebauungstypen wie z. B. Großwohnsiedlung, Altbaugebiet, Einfamilienhausgebiet)?<br />

⇒ Fixkosten (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />

⇒ Betriebskosten (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />

⇒ Anstieg der Betriebskosten durch Unterauslastung der stadttechnischen Infrastruktur<br />

⇒ Netzlängen (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />

⇒ Preisentwicklung (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />

⇒ Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsaufwendungen (je Leitungslänge/je Wohnfläche)<br />

⇒ Verlust von Restbuchwerten<br />

6. Wie werden bei der ZEV die Tarife <strong>für</strong> die Fernwärmeversorgung kalkuliert?<br />

7. Welche Kosten entstehen der ZEV <strong>für</strong> den Bau bzw. den Betrieb je m Leitungslänge<br />

(Fernwärme)?<br />

8. Von welcher Entwicklung der Kosten <strong>und</strong> Preise in der Zukunft gehen Sie <strong>für</strong> die<br />

ZEV aus?<br />

9. Gibt es in Ihrer Stadt Gebiete, die sich bereits heute oder in naher Zukunft nicht<br />

mehr wirtschaftlich versorgen lassen? In welchen Gebietstypen (z. B. Großwohnsiedlung,<br />

Altbaugebiet, Einfamilienhausgebiet) ist dies der Fall? Durch welchen<br />

Verbrauchsrückgang sind die betroffenen Gebiete gekennzeichnet?<br />

10. Können Sie einen Schwellenwert des Verbrauchs-/Bevölkerungs-<br />

/<strong>Dichte</strong>rückgangs benennen, ab dem die Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit<br />

Fernwärme nicht mehr gewährleistet ist oder die Preise ein aus Ihrer Sicht angemessenes<br />

Maß übersteigen?<br />

III. Technische Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

11. Sind bei der ZEV infolge von <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Stadtumbauprozessen bei der<br />

Fernwärmeversorgung bereits betriebstechnische Maßnahmen erforderlich, um<br />

die Funktionsfähigkeit der Netze <strong>und</strong> Anlagen bzw. die Qualität der Medien zu<br />

gewährleisten? In welchen Gebietstypen (z. B. Großwohnsiedlung, Altbaugebiet,<br />

Einfamilienhausgebiet) ist dies der Fall? Durch welchen Verbrauchsrückgang<br />

sind die betroffenen Gebiete gekennzeichnet?<br />

12. Inwiefern kommt es bei der ZEV infolge von <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Stadtumbauprozessen<br />

bei der Fernwärmeversorgung zu einem vollständigen Funktionsverlust<br />

der Netze <strong>und</strong> Anlagen? In welchen Gebietstypen (z. B. Großwohnsiedlung,<br />

Altbaugebiet, Einfamilienhausgebiet) ist dies der Fall? Durch welchen<br />

Verbrauchsrückgang sind die betroffenen Gebiete gekennzeichnet?<br />

13. Verfügen Sie <strong>für</strong> die ZEV über Daten darüber, ab welchem Verbrauchs-, Bevölkerungs-<br />

<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgang zentrale Funktionsparameter der Fernwärmeversorgung<br />

nicht mehr eingehalten werden können (z. B. minimale Wirkungsgrade<br />

aus wirtschaftlicher Sicht)?


Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 325<br />

IV. Ziele <strong>für</strong> den Stadtumbau aus Sicht der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen<br />

14. Wie sollten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse Ihrer Meinung nach gesteuert werden, um<br />

die Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

zu gewährleisten?<br />

15. Unter welchen Bedingungen ist Ihrer Meinung nach der Einsatz von dezentralen<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsanlagen sinnvoll? Welche Formen dezentraler Anlagen<br />

sind bei <strong>Dichte</strong>rückgängen auch in städtischen Gebieten geeignet?<br />

16. Werden Belange der Stadttechnik Ihrer Meinung nach ausreichend im Stadtumbau<br />

berücksichtigt?<br />

17. Was sind Ihre Wünsche im Hinblick auf den weiteren Umgang mit stadttechnischer<br />

Infrastruktur beim Stadtumbau?<br />

V. Empfehlung weiterer Ansprechpartner<br />

18. Können Sie weitere Ansprechpartner <strong>für</strong> Interviews zum Thema Wirtschaftlichkeit<br />

<strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />

empfehlen (z. B. aus Wissenschaft, Stadtplanung, Ver- <strong>und</strong><br />

Entsorgungsunternehmen, Verbänden der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft)?


326 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />

Interviewleitfaden Stadtplanung<br />

Erklärung zur Zielstellung des Interviews:<br />

Im Rahmen meines Promotionsvorhabens beschäftige ich mich derzeit mit Kriterien,<br />

um angemessene Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten <strong>für</strong> schrumpfende ostdeutsche<br />

Städte zu definieren.<br />

Die Bebauungsdichte ist der Ausdruck <strong>für</strong> das Verhältnis von Bebauung zu Fläche.<br />

<strong>Dichte</strong>maße sind Geschossflächenzahl, Geschossflächendichte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>flächenzahl.<br />

Die Einwohnerdichte beschreibt das Verhältnis von Bevölkerung zu Fläche.<br />

<strong>Dichte</strong>maße sind Siedlungsdichte (Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche),<br />

Bruttowohndichte (Einwohner pro ha Bruttowohnbauland) sowie Nettowohndichte<br />

(Einwohner pro ha Nettowohnbauland).<br />

Untersuchungsgegenstand sind städtische Wohngebiete, die von (starken)<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen <strong>und</strong> damit von Rückgängen der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />

betroffen sind.<br />

Als Raumplanerin nehmen <strong>für</strong> mich, neben Kriterien zur Berücksichtigung der<br />

Wohnqualität, Kriterien der Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen<br />

Infrastruktur eine herausragende Rolle ein. Aufgr<strong>und</strong> der besonderen siedlungsstrukturellen<br />

Abhängigkeit werden die leitungsgeb<strong>und</strong>enen Medien Trinkwasserversorgung,<br />

Abwasserentsorgung sowie Fernwärmeversorgung betrachtet.<br />

I. Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf Stadtentwicklung <strong>und</strong> Stadttechnik<br />

1. Welche Stadtgebiete in Cottbus sind besonders stark von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />

<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen (Stadtstrukturtypen z. B. Altbau, Wohn- <strong>und</strong><br />

Werksiedlungsbau, Zeilenbebauung der 1950er bis 1970er Jahre, Großwohnsiedlung,<br />

Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser nach 1990)? Welches<br />

Ausmaß an <strong>Dichte</strong>rückgängen (Einwohnerdichte / Bebauungsdichte) lässt<br />

sich in diesen Gebieten feststellen?<br />

2. Welche Auswirkungen haben diese <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse aus Ihrer Sicht auf<br />

die Medien der stadttechnischen Infrastruktur (Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong><br />

Fernwärme)?<br />

3. Ist Ihnen (z. B. durch Gespräche mit Ver- <strong>und</strong> Entsorgern, Fachexperten) bekannt,<br />

ob sich aufgr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen einige Gebiete in Cottbus<br />

nicht mehr wirtschaftlich ver- <strong>und</strong> entsorgen lassen? Wenn ja, durch welche<br />

städtebaulichen Strukturen sind diese Gebiete gekennzeichnet?<br />

4. Verfügen Sie über Erkenntnisse darüber, in welchen Gebieten der Stadt Cottbus<br />

den Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen besonders hohe Kosten infolge von<br />

<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen entstehen? Durch welche städtebaulichen Strukturen<br />

sind diese Gebiete gekennzeichnet?<br />

5. Ist Ihnen (z. B. durch Gespräche mit Ver- <strong>und</strong> Entsorgern, Fachexperten) bekannt,<br />

ob infolge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen in einigen Gebieten in Cottbus<br />

die Funktionsfähigkeit der Netze <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur<br />

gefährdet ist?


Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 327<br />

II. Ziele <strong>für</strong> den Stadtumbau<br />

6. Welche städtebaulichen Leitbilder verfolgt die Stadt Cottbus im Rahmen des<br />

Stadtumbaus?<br />

7. Was sind die Ziele der Stadt Cottbus im Hinblick auf künftige <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />

(z. B. Konzentration <strong>und</strong> Verdichtung im Stadtkern, Konzentration <strong>und</strong> Verdichtung<br />

in Stadtteilzentren, Entdichtung <strong>und</strong> Dispersion, konzentrierter Rückbau<br />

von außen nach innen)? Anhand welcher Kriterien (z. B. Wohnqualität, Freiraumqualität,<br />

Versorgungsstruktur, Tragfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur)<br />

werden diese Ziele festgesetzt?<br />

8. Wie sollten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse Ihrer Meinung nach gesteuert werden, um<br />

die Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />

zu gewährleisten?<br />

III. Berücksichtigung der Stadttechnik im Stadtumbau<br />

9. Inwiefern werden die Medien der stadttechnischen Infrastruktur (Trinkwasser,<br />

Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme) bei der Festlegung genereller Stadtumbauziele der<br />

Stadt Cottbus berücksichtigt? Welche Rolle spielen diese Medien bei konkreten<br />

Projektplanungen?<br />

10. Was sind derzeit zentrale Probleme im Hinblick auf die Berücksichtigung der<br />

Belange der Stadttechnik im Rahmen des Stadtumbaus?<br />

11. Werden im Rahmen von Stadtumbauplanungen die Auswirkungen dieser Planungen<br />

auf Kosten der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen – <strong>und</strong> damit auch auf<br />

die Preise <strong>für</strong> die Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme – berücksichtigt?<br />

12. Gibt es im Rahmen der Stadtumbauplanungen eine Zusammenarbeit zwischen<br />

dem Stadtplanungsamt Cottbus <strong>und</strong> den Stadtwerken Cottbus / der BTU Cottbus?<br />

13. Wie werden Belange der stadttechnischen Infrastruktur im Rahmen von Stadtumbauplanungen<br />

mit anderen Belangen abgewogen?<br />

14. Können Sie Beispiele <strong>für</strong> Stadtumbauplanungen nennen, die aufgr<strong>und</strong> der besonderen<br />

Betroffenheit der stadttechnischen Infrastruktur revidiert wurden?<br />

(z. B. aufgr<strong>und</strong> zu hoher Kosten <strong>für</strong> Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen, aufgr<strong>und</strong><br />

von Problemen der technischen Funktionsfähigkeit der Netze <strong>und</strong> Anlagen)<br />

15. Können Sie aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur <strong>und</strong>/oder aus stadtplanerischer<br />

Sicht Schwellenwerte eines maximalen Bevölkerungs-/<strong>Dichte</strong>rückgangs<br />

nennen?


Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 329<br />

Anhang III: Entwicklung der Wohnflächeninanspruchnahme<br />

je Einwohner von 1968 bis 2002<br />

Individuelle Wohnflächen- <strong>und</strong> Geschossflächeninanspruchnahme 1)<br />

(Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen B<strong>und</strong>esamts)<br />

Jahr<br />

Wohnfläche je<br />

Einwohner<br />

Geschossfläche je<br />

Einwohner2) Quelle<br />

1968 23,8 29,8 Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungszählung<br />

1969 25,3 31,6 Interpolation<br />

1970 24,5 30,7 Interpolation<br />

1971 26,0 32,5 Interpolation<br />

1972 26,7 33,4 Interpolation<br />

1973 27,5 34,3 Interpolation<br />

1974 28,2 35,2 Interpolation<br />

1975 28,9 36,1 Interpolation<br />

1976 29,6 37,1 Interpolation<br />

1977 30,4 38,0 Interpolation<br />

1978 31,1 38,9 1 % Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungsstichprobe<br />

1979 31,6 39,5 Interpolation<br />

1980 32,1 40,1 Interpolation<br />

1981 32,6 40,7 Interpolation<br />

1982 33,1 41,3 Interpolation<br />

1983 33,5 41,9 Interpolation<br />

1984 34,0 42,5 Interpolation<br />

1985 34,5 43,2 Interpolation<br />

1986 35,0 43,8 Interpolation<br />

1987 35,5 44,4 Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungszählung<br />

1988 35,6 44,5 Interpolation<br />

1989 35,7 44,7 Interpolation<br />

1990 35,9 44,8 Interpolation<br />

1991 36,0 45,0 Interpolation<br />

1992 36,1 45,1 Interpolation<br />

1993 36,2 45,3 1 % Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungsstichprobe<br />

1994 36,8 46,0 Interpolation<br />

1995 37,4 46,8 Interpolation<br />

1996 38,1 47,6 Interpolation<br />

1997 38,7 48,4 Interpolation<br />

1998 39,3 49,1 Mikrozensus-Zusatzerhebung<br />

1999 39,9 49,8 Interpolation<br />

2000 40,5 50,6 Interpolation<br />

2001 41,0 51,3 Interpolation<br />

2002 41,6 52,0 Mikrozensus-Zusatzerhebung<br />

1)<br />

Bis 1992 <strong>für</strong> das Frühere B<strong>und</strong>esgebiet, ab 1993 <strong>für</strong> Gesamtdeutschland<br />

2)<br />

Die Geschossfläche je Einwohner ergibt sich als Wohnfläche je Einwohner multipliziert mit 1,25 (KORDA<br />

2005, 119)


Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 331<br />

Anhang IV: Wohnflächeninanspruchnahme je Einwohner<br />

in verschiedenen Stadtstrukturtypen auf Basis<br />

von Daten des Mikrozensus<br />

Die individuelle Wohnflächeninanspruchnahme in m² je Einwohner unterscheidet<br />

sich nach Stadtstrukturtypen. Im Folgenden wird diese Größe auf Basis der Daten<br />

der Mikrozensus-Zusatzerhebung ‚Bestand <strong>und</strong> Struktur der Wohneinheiten’ abgeleitet.<br />

Die Werte wurden berechnet <strong>für</strong> die Neuen B<strong>und</strong>esländer <strong>und</strong> Berlin (Ost).<br />

Anzahl der Wohneinheiten (STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b, 49)<br />

Baualter 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />

Bis 1900 304 263 183 76 24<br />

1901 - 1918 118 121 172 161 51 6<br />

1919 - 1948 392 248 309 233 23 9<br />

1949 - 1978 246 117 243 836 105 265<br />

1979 - 1986 137 36 46 330 84 167<br />

1987 - 1990 48 12 16 122 43 31<br />

1991 - 2000 333 110 150 187 82 47<br />

> 2000 19 7 7 10<br />

Insgesamt 1.597 914 1.126 1.955 412 525<br />

Wohnfläche in 10.000 m² (STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b, 49)<br />

Baualter 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />

Bis 1900 3.184 2.155 1.310 530 145 23<br />

1901 - 1918 1.286 1.008 1.269 1.098 331 37<br />

1919 - 1948 3.977 1.929 2.021 1.398 129 52<br />

1949 - 1978 2.534 938 1.520 4.806 553 1.463<br />

1979 - 1986 1.554 320 301 1.997 443 923<br />

1987 - 1990 557 108 105 738 230 166<br />

1991 - 2000 4.204 1.035 1.128 1.417 533 281<br />

> 2000 237 65 49 66 28 8<br />

Wohnfläche je Person in m² (STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b, 49)<br />

Baualter 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />

Bis 1900 43 38 36 38,1 36,3 34<br />

1901 - 1918 42,3 38,2 36,3 36,2 39,2 38,2<br />

1919 - 1948 41,1 36,6 33,6 34,5 37,8 36,7<br />

1949 - 1978 42,5 37,9 31,2 30,8 32,7 31,8<br />

1979 - 1986 39,5 36,5 31,5 28,3 30,7 30,8<br />

1987 - 1990 36,9 32,8 32,9 28 30,2 31,7<br />

1991 - 2000 40,3 38,8 35,9 39,8 37,8 39,1<br />

> 2001 40,7 41,4 38,3 33,2 37,3 40,6<br />

Einwohner (Eigene Berechnung)<br />

1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />

Bis 1900 740.465 567.105 363.889 139.108 39.945 6.765<br />

1901 - 1918 304.019 263.874 349.587 303.315 84.439 9.686<br />

1919 - 1948 967.640 527.049 601.488 405.217 34.127 14.169<br />

1949 - 1978 596.235 247.493 487.179 1.560.390 169.113 460.063<br />

1979 - 1986 393.418 87.671 95.556 705.654 144.300 299.675<br />

1987 - 1990 150.949 32.927 31.915 263.571 76.159 52.366<br />

1991 - 2000 1.043.176 266.753 314.206 356.030 141.005 71.867<br />

> 2001 58.231 15.700 12.794 19.880 7.507 1.970


332 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />

Wohnfläche in 10.000 m² nach Stadtstrukturtypen (Eigene Berechnung)<br />

Fläche 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />

Bis 1900<br />

1901 - 1918<br />

Block: 4.743<br />

1919 - 1948<br />

1949 - 1978<br />

1979 - 1986<br />

1987 - 1990<br />

1991 - 2000<br />

> 2001<br />

EFH<br />

locker:<br />

17.533<br />

EFH<br />

dicht:<br />

7.558<br />

Zeile: 11.942<br />

Platte: 4.903<br />

MFH 90+: 3.510<br />

Einwohner nach Stadtstrukturtypen (Eigene Berechnung)<br />

Einwohner 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />

Bis 1900<br />

1901 - 1918<br />

Block: 1.296.732<br />

1919 - 1948<br />

1949 - 1978<br />

1979 - 1986<br />

1987 - 1990<br />

1991 - 2000<br />

> 2001<br />

EFH<br />

locker:<br />

4.254.133<br />

EFH<br />

dicht:<br />

2.008.573<br />

Zeile: 3.731.747<br />

Platte: 1.669.195<br />

MFH 90+: 925.259<br />

Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner nach Stadtstrukturtypen<br />

(Eigene Berechnung)<br />

WF/EW 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />

Bis 1900<br />

1901 - 1918<br />

Block: 36,6 m²<br />

1919 - 1948<br />

1949 - 1978<br />

1979 - 1986<br />

1987 - 1990<br />

1991 - 2000<br />

> 2001<br />

EFH<br />

locker:<br />

41,2 m²<br />

EFH dicht<br />

37,6 m²<br />

Zeile: 32,0 m²<br />

Platte: 29,4 m²<br />

MFH 90+: 37,9 m²


Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 333<br />

Anhang V: Wohnflächeninanspruchnahme je Einwohner<br />

in Abhängigkeit von der Geschossflächendichte<br />

Die individuelle Wohnflächeninanspruchnahme variiert in Abhängigkeit von der Geschossflächendichte.<br />

Die Werte in der folgenden Tabelle wurden geschätzt auf Basis<br />

der Daten der Mikrozensus-Zusatzerhebung ‚Bestand <strong>und</strong> Struktur der Wohneinheiten’<br />

(Statistisches B<strong>und</strong>esamt 2004b, 49) sowie der Daten von Siedentop et<br />

al. (2006, 55f.). Die Schätzung wurde durchgeführt <strong>für</strong> die Wohnflächeninanspruchnahme<br />

in den Neuen B<strong>und</strong>esländern.<br />

GFD<br />

WF je EW<br />

in m²<br />

0,1 41<br />

0,2 40<br />

0,3 40<br />

0,4 39<br />

0,5 39<br />

0,6 38<br />

0,7 37<br />

0,8 36<br />

0,9 35<br />

1 34,5<br />

1,1 34<br />

1,2 33,5<br />

1,3 33<br />

1,4 32,5<br />

1,5 32<br />

1,5 31,5<br />

> 1,7 31

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