Dichte und Schrumpfung - Leibniz-Institut für ökologische ...
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Christiane Westphal<br />
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />
Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />
schrumpfender Städte aus Sicht der<br />
stadttechnischen Infrastruktur<br />
IÖR Schriften | Band 49 · 2008
IÖR Schriften | Band 49 · 2008<br />
Christiane Westphal<br />
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />
Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />
schrumpfender Städte aus Sicht der<br />
stadttechnischen Infrastruktur
Dissertation zur Promotion zum Dr.-Ing.<br />
an der Technischen Universität Dortm<strong>und</strong>, Fakultät Raumplanung<br />
Gutachter<br />
Prof. Dr. Sabine Baumgart<br />
Prof. Dr. Bernhard Müller<br />
Prüfer<br />
Prof. Dr. Hans-Peter Tietz<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
© 2008 <strong>Leibniz</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>ökologische</strong> Raumentwicklung e. V. (IÖR), Dresden<br />
Direktor Prof. Dr. Bernhard Müller<br />
Weberplatz 1<br />
01217 Dresden<br />
Tel.: (0351) 46790<br />
Fax: (0351) 4679212<br />
E-Mail: info@ioer.de<br />
Internet: http://www.ioer.de<br />
Druck<br />
Duplex Druck- & Werbeservice Dresden GmbH<br />
Bestellungen<br />
Sieglinde Sauer, Tel.: (0351) 4679205, E-Mail: S.Sauer@ioer.de<br />
Nachdruck <strong>und</strong> Vervielfältigung<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
Titelbild: Abriss von Wohnhäusern am Straßburger Platz in Dresden (Foto: IÖR)<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der<br />
Deutschen Nationalbibliographie<br />
http://dnb.ddb.de<br />
ISBN 978-3-933053-34-3
Vorwort<br />
In der städtebaulichen <strong>und</strong> stadtplanerischen Diskussion wird seit jeher die Frage nach der<br />
optimalen oder idealen <strong>Dichte</strong> städtischen Lebens diskutiert. Die Faszination dieser Diskussion<br />
liegt darin, dass mit der angestrebten <strong>Dichte</strong> stets auch eine Vorstellung darüber verb<strong>und</strong>en<br />
ist, in welcher Art von Umwelt <strong>und</strong> Gesellschaft wir leben möchten. Die vorliegende<br />
Dissertation setzt sich intensiv mit dieser Frage nach der angemessenen <strong>Dichte</strong> auseinander<br />
<strong>und</strong> stellt – jenseits der häufig höchst emotional geführten Debatte – die Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />
der Verdichtung <strong>und</strong> Auflockerung gegenüber.<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse, die sich derzeit in zahlreichen ostdeutschen Städten vollziehen <strong>und</strong><br />
künftig auch in den Westen Deutschlands ausdehnen werden, bringen eine neue Dimension<br />
in diese Diskussion. Wurden unter Wachstumsbedingungen vor allem die Grenzen der Verdichtung<br />
diskutiert, stellen sich nun Fragen nach den minimalen <strong>Dichte</strong>n städtischen Lebens.<br />
Von Relevanz ist die Frage nach der geeigneten <strong>Dichte</strong> schrumpfender Städte vor allem <strong>für</strong><br />
den Stadtumbau in ostdeutschen Städten, der derzeit im Rahmen des B<strong>und</strong>-Länder-<br />
Programms „Stadtumbau Ost“ betrieben wird. Hierbei sind die Grenzen der Tragfähigkeit des<br />
öffentlichen Personennahverkehrs <strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur, aber auch die Chancen<br />
<strong>und</strong> Risiken <strong>für</strong> ein verbessertes Wohnungs- <strong>und</strong> Freiraumangebot zu berücksichtigen.<br />
In besonderer Weise von Rückgängen der <strong>Dichte</strong>n städtischer Wohngebiete betroffen ist<br />
jedoch die stadttechnische Infrastruktur mit den Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> beschäftigt sich die hier vorliegende Dissertation mit der<br />
Frage nach derjenigen <strong>Dichte</strong>, die zu erhalten ist, um auch langfristig eine effiziente stadttechnische<br />
Daseinsvorsorge gewährleisten zu können. Damit betten sich die Ergebnisse der<br />
Arbeit in den Forschungsschwerpunkt „Ressourceneffizienz von Siedlungsstrukturen“ des<br />
<strong>Leibniz</strong>-<strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> <strong>ökologische</strong> Raumentwicklung in Dresden ein, in dessen Zusammenhang<br />
die Arbeit entstand.<br />
Danken möchte ich an dieser Stelle denjenigen, die mich bei der Erstellung dieser Dissertation<br />
in besonderer Weise unterstützt haben. Für zahlreiche konstruktive <strong>und</strong> motivierende<br />
Gespräche <strong>und</strong> eine kontinuierliche Unterstützung danke ich meiner Gutachterin Frau Prof’in<br />
Dr. Sabine Baumgart, meinem Gutachter Herrn Prof. Dr. Bernhard Müller sowie meinem Prüfer<br />
Herrn Prof. Dr. Hans-Peter Tietz.<br />
Dank gilt ebenso meinen Interviewpartnern Gunnar Braun, Ute Effnert, Jürgen Friese, Prof.<br />
Dr. Matthias Koziol, Lars Marschke, Kerstin Schneider, Günter Spielvogel, Frank Springer<br />
<strong>und</strong> Jörg Walther, sowie der Arbeitsgruppe Stadtumbau Ost der Landesgruppe Sachsen des<br />
Verbands kommunaler Unternehmen.<br />
Herrn Prof. Dr. Stefan Siedentop danke ich <strong>für</strong> seine konstruktive Begleitung des Vorhabens<br />
von der Themenfindung bis zur kritischen Durchsicht des Manuskripts. Dank <strong>für</strong> die Durchsicht<br />
der Manuskriptfassung gilt ebenso Kai Dahme, Stefanie Rößler <strong>und</strong> Georg Schiller. Für<br />
sprachliche Korrekturen danke ich Sylke Stutzriemer, Antje Knechtel, Birte Bolduan, Gisela<br />
Dahme <strong>und</strong> Eckhard Westphal. Eva Maria Tittel danke ich <strong>für</strong> die Hilfe bei der Erstellung von<br />
Grafiken.<br />
Danken möchte ich auch den Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen des IÖR <strong>für</strong> viele anregende Diskussionen<br />
<strong>und</strong> die angenehme Arbeitsatmosphäre. Nicht zuletzt gebührt meinen Eltern <strong>und</strong> meinen<br />
Fre<strong>und</strong>en Dank <strong>für</strong> ihre Unterstützung.<br />
Dresden, im Mai 2008 Christiane Westphal
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 5<br />
Inhalt<br />
Kurzfassung 9<br />
Executive Summary 21<br />
A. Einleitung 27<br />
1 Problemstellung <strong>und</strong> Methodik 27<br />
1.1 Problemstellung 27<br />
1.2 Forschungsfrage, Zielsetzung, Adressaten 28<br />
1.2.1 Forschungsfrage 28<br />
1.2.2 Zielsetzung <strong>und</strong> Adressaten 29<br />
1.3 Aufbau der Arbeit <strong>und</strong> Methodik 31<br />
1.3.1 Aufbau der Arbeit 31<br />
1.3.2 Methodisches Vorgehen 33<br />
B. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadtplanung 37<br />
2 Gr<strong>und</strong>lagen zur Ermittlung von Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n 37<br />
2.1 <strong>Dichte</strong>begriffe <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>maße 37<br />
2.1.1 Der <strong>Dichte</strong>begriff in der Stadtplanung 37<br />
2.1.2 Stadtplanerische <strong>Dichte</strong>maße 41<br />
2.2 Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in der Stadtplanung 48<br />
2.2.1 Kritik an der Nutzung quantifizierter Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte 49<br />
2.2.2 Renaissance der Nutzung quantifizierter Zielvorgaben 50<br />
2.2.3 Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die Entwicklung von Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong><br />
deren Anwendung 51<br />
2.3 Stadtstrukturtypen 53<br />
2.3.1 Definition <strong>und</strong> Verwendungsmöglichkeiten von Stadtstrukturtypen 53<br />
2.3.2 Entwicklung einer Stadtstrukturtypik 54<br />
2.3.3 <strong>Dichte</strong>werte von Stadtstrukturtypen 56<br />
3 Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele seit dem Zweiten Weltkrieg 59<br />
3.1 Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt (1940-1960) 61<br />
3.1.1 Das Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt 61<br />
3.1.2 Die BauNVO von 1962 – Begrenzung der Verdichtung 63<br />
3.2 Urbanität durch <strong>Dichte</strong> (1960-1975) 65<br />
3.2.1 Das Leitbild Urbanität durch <strong>Dichte</strong> 65<br />
3.2.2 Die BauNVO von 1968 – Anhebung der <strong>Dichte</strong>grenzen 68<br />
3.2.3 Kritik am Leitbild ‚Urbanität durch <strong>Dichte</strong>’ 69<br />
3.3 Behutsame Stadterneuerung, Innenentwicklung, <strong>ökologische</strong> Stadt (1975-1990) 70<br />
3.3.1 Behutsame Stadterneuerung <strong>und</strong> Abkehr von der Verdichtung 70<br />
3.3.2 Die Grenzen des Wachstums 71<br />
3.3.3 Erste Stagnationstendenzen der Siedlungsflächenentwicklung 72<br />
3.3.4 Die BauNVO von 1977 – Der Trend zur moderaten Verdichtung 73
6 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
3.4 <strong>Dichte</strong>vorstellungen der DDR 74<br />
3.4.1 Maße der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten in der DDR 75<br />
3.4.2 Die 16 Gr<strong>und</strong>sätze des Städtebaus <strong>und</strong> die Idee des sozialistischen<br />
Wohnkomplexes 76<br />
3.4.3 Industrialisierung <strong>und</strong> Verdichtung des Bauens (1950er <strong>und</strong> 1960er Jahre) 77<br />
3.4.4 Extensiver Großsiedlungsbau (1970-1989) 78<br />
3.5 Kompakte europäische Stadt versus disperse Zwischen-/Netzstadt – <strong>Dichte</strong>diskurs<br />
(ab 1990) 82<br />
3.5.1 Kompakte europäische Stadt der kurzen Wege 82<br />
3.5.2 Disperse Siedlungsmodelle: Zwischenstadt <strong>und</strong> Netzstadt 86<br />
3.5.3 Ausgleich zwischen Kompaktheit <strong>und</strong> Auflösung der Siedlungsstruktur? 88<br />
3.5.4 <strong>Dichte</strong>ziele der 1990er Jahre im Vergleich 88<br />
3.5.5 Die BauNVO von 1990 – Zwischen Verdichtung <strong>und</strong> Auflockerung 89<br />
3.6 Zwischenfazit: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht des Städtebaus 90<br />
4 <strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten 97<br />
4.1 Entdichtungsprozesse in schrumpfenden ostdeutschen Städten 97<br />
4.1.1 Definition des Begriffs <strong>Schrumpfung</strong> 97<br />
4.1.2 Tendenzen der Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland 98<br />
4.1.3 Tendenzen der Siedlungsflächenentwicklung in Ostdeutschland 102<br />
4.1.4 <strong>Dichte</strong>rückgänge in Ostdeutschland 103<br />
4.2 <strong>Dichte</strong>vorstellungen <strong>für</strong> schrumpfende Städte 106<br />
4.2.1 Kontraktion 108<br />
4.2.2 Fragmentierung 109<br />
4.2.3 Perforation 109<br />
4.2.4 Dispersion 111<br />
4.2.5 <strong>Dichte</strong>ziele der Leitbildansätze im Vergleich 111<br />
4.3 Das B<strong>und</strong>-Länder-Programm Stadtumbau Ost 114<br />
4.3.1 Förderung von Rückbau <strong>und</strong> Aufwertung 114<br />
4.3.2 Wettbewerb Stadtumbau Ost <strong>und</strong> integrierte Entwicklungskonzepte 115<br />
4.3.3 Ergebnisse aus der bisherigen Programmumsetzung 115<br />
5 Angemessene <strong>Dichte</strong>n aus Sicht stadtplanerischer Handlungsfelder 119<br />
5.1 Verkehr 120<br />
5.1.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Verkehrsaufwand 120<br />
5.1.2 Verkehr <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> 127<br />
5.1.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des<br />
Verkehrs 129<br />
5.2 Soziale Infrastruktur 132<br />
5.2.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> soziale Infrastruktur 133<br />
5.2.2 Soziale Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> 137<br />
5.2.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der<br />
sozialen Infrastruktur 141<br />
5.3 Freiraumversorgung 144<br />
5.3.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Freiraumversorgung 144<br />
5.3.2 Freiraumversorgung <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> 151<br />
5.3.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der<br />
Freiraumversorgung 153
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 7<br />
5.4 Wohnungsnachfrage 155<br />
5.4.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage 156<br />
5.4.2 Entwicklung der Wohnungsnachfrage in ostdeutschen Städten 162<br />
5.4.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der Wohnungsnachfrage<br />
165<br />
5.5 Zwischenfazit: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur,<br />
Freiraumversorgung <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage 167<br />
C. <strong>Dichte</strong>, <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik 171<br />
6 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> Stadtplanung 172<br />
6.1 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> stadttechnische Erschließung 172<br />
6.2 Merkmale der stadttechnischen Infrastruktur 173<br />
6.3 Stadttechnische Erschließung mit Trinkwasser, Abwasser, Fernwärme 174<br />
6.3.1 Trinkwasserversorgung 175<br />
6.3.2 Abwasserentsorgung 177<br />
6.3.3 Fernwärmeversorgung 179<br />
7 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong> 183<br />
7.1 Siedlungsdichte <strong>und</strong> Erschließungsaufwand 183<br />
7.1.1 Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Trinkwasserversorgung 183<br />
7.1.2 Fernwärmeversorgung 190<br />
7.2 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Kosten der stadttechnischen Infrastruktur 192<br />
7.2.1 Kostenverläufe von Infrastrukturen in Abhängigkeit von der <strong>Dichte</strong> 192<br />
7.2.2 Infrastrukturkosten der inneren Erschließung verschiedener Siedlungsformen 193<br />
7.2.3 Infrastrukturkosten verschiedener Medien 195<br />
8 Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Stadttechnik 201<br />
8.1 Unterauslastung durch Verbrauchs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge 201<br />
8.2 Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands bei <strong>Schrumpfung</strong> 203<br />
8.2.1 Bisherige Steigerungen des Erschließungsaufwands 204<br />
8.2.2 Modellrechungen zur zukünftigen Entwicklung des Erschließungsaufwands bei<br />
<strong>Schrumpfung</strong> 205<br />
8.3 Beeinträchtigung der technischen Funktionsfähigkeit 211<br />
8.4 Kostensteigerungen in Folge von <strong>Dichte</strong>rückgängen 214<br />
8.4.1 Kostenremanenzen 215<br />
8.4.2 Direkte Folgekosten des Stadtumbaus 217<br />
8.4.3 Gesamtfolgekosten von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen 220<br />
8.5 Einfluss von Stadtumbaustrategie <strong>und</strong> Stadtstrukturtyp auf die Kostenentwicklung 227<br />
9 Stadtumbauziele <strong>und</strong> Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der<br />
stadttechnischen Infrastruktur 231<br />
9.1 Stadtumbauziele aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur 231<br />
9.1.1 Berücksichtigung der Stadttechnik im Stadtumbau 232<br />
9.1.2 Rückbau von außen nach innen 233<br />
9.1.3 Dezentrale Versorgung als Alternative? 236
8 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
9.2 Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik 237<br />
9.2.1 Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellierung 238<br />
9.2.2 Schwellenkorridore aus Sicht des Infrastrukturaufwands 242<br />
9.2.3 Schwellenkorridore aus Sicht der technischen Funktionsfähigkeit 245<br />
9.2.4 Schwellenkorridore aus Sicht der Wirtschaftlichkeit 248<br />
9.2.5 Synopse der Schwellenkorridore 251<br />
9.3 Grenzen von Schwellenkorridoren 253<br />
D. Ergebnisse 257<br />
10 Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />
schrumpfender Städte 257<br />
10.1 Stadttechnische <strong>und</strong> stadtplanerische Kriterien im Vergleich 257<br />
10.1.1 Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung 257<br />
10.1.2 Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten 259<br />
10.2 Stadtstrukturtypenspezifische Kriterien 262<br />
11 Bedeutung von stadttechnischen <strong>Dichte</strong>zielen <strong>für</strong> die Steuerung des<br />
Stadtumbaus 269<br />
12 Ausblick: Praktische Anwendung, Handlungsempfehlungen <strong>und</strong><br />
Forschungsbedarf 273<br />
12.1 Anwendungsmöglichkeiten <strong>für</strong> Stadtplaner, Ver- <strong>und</strong> Entsorger <strong>und</strong> Wissenschaftler<br />
12.2 Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Zielgruppen Stadtplaner, Ver- <strong>und</strong> Entsorger <strong>und</strong><br />
273<br />
Wissenschaftler 274<br />
12.3 Erkenntnisgewinn <strong>für</strong> westdeutsche Städte 276<br />
12.4 Weiterer Forschungsbedarf 277<br />
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis 281<br />
Abbildungsverzeichnis 305<br />
Tabellenverzeichnis 309<br />
Abkürzungsverzeichnis 313<br />
Anhang<br />
Anhang I Geführte Interviews 315<br />
Anhang II Interviewleitfäden 317<br />
Anhang III Entwicklung der Wohnflächeninanspruchnahme je Einwohner von<br />
1968 bis 2002 329<br />
Anhang IV Wohnflächeninanspruchnahme je Einwohner in verschiedenen<br />
Stadtstrukturtypen auf Basis von Daten des Mikrozensus 331<br />
Anhang V Wohnflächeninanspruchnahme je Einwohner in Abhängigkeit von der<br />
Geschossflächendichte 333
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 9<br />
Kurzfassung<br />
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />
Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />
schrumpfender Städte aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
A. Einleitung: Problemstellung <strong>und</strong> Methodik<br />
<strong>Dichte</strong> ist eine bedeutende stadtplanerische Handlungsgröße, über deren optimale<br />
oder ideale Ausprägung seit jeher intensiv diskutiert wird. Ostdeutsche Städte sind<br />
seit 1989 von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffen, die zu Bevölkerungsverlusten <strong>und</strong><br />
einer starken Ausdünnung der Siedlungsstruktur führen. Besonders von <strong>Schrumpfung</strong>s-<br />
<strong>und</strong> Entdichtungsprozessen betroffen ist die Ver- <strong>und</strong> Entsorgung mit stadttechnischer<br />
Infrastruktur.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> besteht das Ziel dieser Arbeit darin, Kriterien zur Bestimmung<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht<br />
der stadttechnischen Infrastruktur zu ermitteln. Die Betrachtung wird, aufgr<strong>und</strong> der<br />
besonderen Betroffenheit von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen, dabei auf ostdeutsche<br />
Städte beschränkt.<br />
Die Forschungsfrage der Arbeit lautet:<br />
Welche Kriterien können in schrumpfenden Städten angewendet werden, um angemessene<br />
<strong>Dichte</strong>n von Wohnquartieren aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
zu bestimmen?<br />
Zur besseren Einordnung dieser Kriterien werden auch andere Handlungsfelder<br />
betrachtet. So erfolgt zunächst eine umfassende Analyse städtebaulicher <strong>Dichte</strong>ziele.<br />
Ebenso werden Kriterien aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur, Freiraumversorgung<br />
<strong>und</strong> Wohnungsnachfrage dargestellt, um die stadttechnischen Kriterien<br />
besser einschätzen zu können.<br />
Adressaten der Arbeit sind diejenigen Akteure, die sich mit Fragen der Stadttechnik<br />
im Zuge des Stadtumbaus beschäftigen wie Mitarbeiter <strong>und</strong> Verbandsvertreter der<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft, Stadtplaner <strong>und</strong> Wissenschaftler.<br />
Das methodische Vorgehen stützt sich auf die vier Bausteine:<br />
- Literaturauswertung,<br />
- Auswertung sek<strong>und</strong>ärstatistischer Daten,<br />
- leitfadengestützte Experteninterviews <strong>und</strong><br />
- Modellrechnungen.<br />
B. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadtplanung<br />
Gr<strong>und</strong>lagen zur Ermittlung von Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
Das Problem bei der Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n besteht darin, dass aus<br />
Sicht verschiedener stadtplanerischer Handlungsfelder unterschiedliche Ansprüche<br />
an den anzustrebenden Grad der Verdichtung resultieren. Während z. B. verkehrstechnische,<br />
soziale <strong>und</strong> stadttechnische Infrastrukturen hohe Mindestdichten innerhalb<br />
ihres Einzugs- <strong>und</strong> Versorgungsbereichs erfordern, werden aus Sicht der Freiraumversorgung<br />
<strong>und</strong> der Sicherung eines nachfragegerechten Wohnraums geringere<br />
<strong>Dichte</strong>n angestrebt.
10 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Als angemessen wird die <strong>Dichte</strong> dann angesehen, wenn zum einen eine ausreichende<br />
<strong>Dichte</strong> besteht, um die infrastrukturelle Versorgung zu tragbaren Kosten zu<br />
sichern <strong>und</strong> zum anderen die Präferenzen nach aufgelockerten Wohnformen sowie<br />
die kleinräumigen Grenzen der Verdichtung aus Sicht der Freiraumversorgung Berücksichtigung<br />
finden.<br />
Es ist nicht sinnvoll, <strong>für</strong> das gesamte Gebiet einer Stadt einen einheitlichen Verdichtungsgrad<br />
zu definieren. Vielmehr sollte die kleinräumige städtische Heterogenität<br />
berücksichtigt werden. Hierzu werden Stadtstrukturtypen verwendet. Diese unterscheiden<br />
Bebauungsstrukturen anhand typischer, nach Baualtersklassen abgegrenzter<br />
Bebauungstypen, die jeweils durch spezifische <strong>Dichte</strong>n gekennzeichnet<br />
sind. Verwendet werden die folgenden Stadtstrukturtypen:<br />
- Block (Altbau in traditioneller Blockstruktur),<br />
- Platte (Großwohnsiedlung in Plattenbauweise),<br />
- Zeile (Wohnbebauung in Zeilenform),<br />
- Geschosswohnungsbau nach 1990 <strong>und</strong><br />
- Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser.<br />
Entsprechend aktueller Diskussionen zum Umgang mit quantifizierten Zielvorgaben<br />
in der Planung wird davon ausgegangen, dass quantifizierte Ziele einen wichtigen<br />
Beitrag zur Realisierung einer nachhaltigen Stadtentwicklung leisten können, allerdings<br />
einer Anpassung im Zuge lokaler Entscheidungsprozesse sowie einer Ergänzung<br />
um qualitative Zielvorstellungen bedürfen.<br />
Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele seit dem Zweiten Weltkrieg<br />
Die Definition von Zielen der <strong>Dichte</strong>entwicklung hat eine lange Tradition im Städtebau.<br />
In Deutschland wechseln sich seit dem Zweiten Weltkrieg Zielvorstellungen der<br />
Verdichtung <strong>und</strong> Entdichtung kontinuierlich ab.<br />
- Das die Nachkriegszeit bestimmende Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten<br />
Stadt (1940-1960) zielte auf vergleichsweise geringe <strong>Dichte</strong>n mit Geschossflächenzahlen<br />
von 0,4-0,6, die ein Wohnen im Einfamilienhaus mit eigenem<br />
Garten ermöglichten, wenn auch in verdichteter Bauweise.<br />
- Im Gegensatz dazu strebte das Leitbild der Urbanität durch <strong>Dichte</strong> (1960-1975)<br />
an, durch bauliche <strong>und</strong> funktionale Verdichtung bei Geschossflächenzahlen von<br />
1,3-2,0 <strong>und</strong> Einwohnerdichten von 400-600 Einwohnern je ha Nettowohnbauland<br />
die Entstehung von Urbanität zu ermöglichen.<br />
- Darauf folgte eine Abkehr von der Verdichtung mit den Leitbildern der behutsamen<br />
Stadterneuerung, Innenentwicklung <strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>n Stadt (1975-<br />
1990). Geschossflächenzahlen von 0,7-0,8 wurden jetzt als Obergrenze der Verdichtung<br />
angesehen.<br />
- In den 1990er Jahren entwickelten sich parallel zwei Ansätze. Das Leitbild der<br />
kompakten europäischen Stadt ist auf die Realisierung verdichteter städtischer<br />
Strukturen gerichtet, um ressourceneffiziente, verkehrssparsame <strong>und</strong> urbane<br />
Strukturen zu ermöglichen, bei Geschossflächenzahlen von 0,7-4,0. Im Gegensatz<br />
dazu beschreiben die Zwischen- <strong>und</strong> die Netzstadt, als deskriptive Modelle,<br />
die Entstehung disperser Siedlungsstrukturen verringerter <strong>Dichte</strong>n. In der Diskussion<br />
um den Umgang mit der Zwischenstadt wird da<strong>für</strong> plädiert, die Tendenzen<br />
der permanenten Entdichtung anzuerkennen <strong>und</strong> sich um eine Nutzung de-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 11<br />
ren spezifischer Qualität zu bemühen. Mit Geschossflächenzahlen von 0,4-0,6 <strong>für</strong><br />
suburbane Wohnbebauung soll auch hier ein Mindestmaß an Verdichtung gewährleistet<br />
werden.<br />
- Im Gegensatz zu den Zielvorstellungen angemessener <strong>Dichte</strong>n in der BRD wurden<br />
in der DDR durchgehend hohe <strong>Dichte</strong>n angestrebt mit Geschossflächenzahlen<br />
von 1,0-1,7. Aufgr<strong>und</strong> der geringen individuellen Wohnflächeninanspruchnahme<br />
von 18 m² je Einwohner konnten dabei Einwohnerdichten zwischen 400<br />
<strong>und</strong> 600 Einwohnern je ha Nettowohnbauland erzielt werden.<br />
Die Auseinandersetzung mit den städtebaulichen Dichtzielen verdeutlicht zum einen,<br />
dass Ziele angemessener <strong>Dichte</strong>n stets wesentlich durch die vorherrschenden<br />
Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Zielvorstellungen bestimmt sind. Zum anderen werden<br />
die vielfältigen Vor- <strong>und</strong> Nachteile von Verdichtung bzw. Auflockerung aufgezeigt.<br />
Für Verdichtung sprechen insbesondere eine flächen- <strong>und</strong> ressourcensparende<br />
Siedlungsentwicklung sowie die Verwirklichung urbaner Lebensstile. Für Auflockerung<br />
spricht, dass die sozialen <strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>n Grenzen der Verdichtung gewahrt<br />
<strong>und</strong> zudem Präferenzen nach aufgelockerten Wohnformen erfüllt werden<br />
können.<br />
<strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten<br />
In zahlreichen ostdeutschen Städten vollzieht sich derzeit eine permanente Ausdünnung<br />
der Siedlungsstruktur.<br />
- Die Rückgänge der Einwohnerdichte liegen auf der Ebene der B<strong>und</strong>esländer <strong>und</strong><br />
Kreise bei bis zu 20 %, auf der städtischen Ebene bei bis zu 50 % <strong>und</strong> auf teilstädtischer<br />
Ebene bei bis zu 70 %. Ursächlich <strong>für</strong> diese <strong>Dichte</strong>rückgänge sind<br />
zwei parallele Prozesse: Erstens erleiden viele ostdeutsche Städte seit 1989 einen<br />
erheblichen Bevölkerungsverlust. Zweitens erfolgt trotz des Bevölkerungsverlusts<br />
eine weitere Ausdehnung der Siedlungsfläche. Wohnungsleerstände im<br />
Zuge des Bevölkerungsrückgangs führen zu einer Entkoppelung von Bebauungs-<br />
<strong>und</strong> Einwohnerdichten.<br />
- Entsprechend der Bevölkerungsprognosen <strong>für</strong> Ostdeutschland, die aufgr<strong>und</strong> des<br />
sich fortsetzenden demographischen Wandels von weiteren Bevölkerungsverlusten<br />
ausgehen, wird sich die Entdichtung der Siedlungsstruktur auch in die Zukunft<br />
fortsetzen.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Entdichtungsprozesse stellt sich die Frage nach der<br />
angemessenen <strong>Dichte</strong> in einem neuen Kontext. Daher werden derzeit Leitvorstellungen<br />
der Siedlungsentwicklung in schrumpfenden Städten diskutiert, die erste<br />
Ansätze zur Definition von <strong>Dichte</strong>zielen liefern:<br />
- Die ‚Kontraktion’ zielt dabei auf eine Sicherung der Verdichtung in einem kompakten<br />
Siedlungskern.<br />
- Die ‚Fragmentierung’ strebt eine polyzentrale Siedlungsstruktur bestehend aus<br />
mehreren verdichteten Kernen in einem entdichteten Landschaftsraum an.<br />
- Die ‚Perforation’ beschreibt die Entstehung disperser Siedlungsstrukturen mit<br />
einem kleinräumigen Nebeneinander von dichten <strong>und</strong> aufgelockerten Bereichen,<br />
allerdings ausgehend von einem geringen <strong>Dichte</strong>niveau.<br />
- Die ‚Dispersion’ steht <strong>für</strong> die Sicherung hoher Lebensqualität in Siedlungsstrukturen<br />
deutlich verringerter <strong>Dichte</strong>n.
12 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Trotz dieser Zielvorstellungen fehlt es bisher an f<strong>und</strong>ierten Zielsetzungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
<strong>für</strong> schrumpfende Städte, insbesondere im Hinblick auf quantifizierte<br />
Zielwerte.<br />
Zur Bewältigung von <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozessen steht das B<strong>und</strong>-<br />
Länder-Programm Stadtumbau Ost zur Verfügung. Dieses Programm fördert den<br />
Rückbau nicht mehr benötigter Wohnungen sowie die Aufwertung <strong>und</strong> Attraktivierung<br />
verbleibender Wohngebiete schrumpfender Städte <strong>und</strong> hat damit einen wohnungswirtschaftlichen<br />
Schwerpunkt. Die Zwischenevaluierung des Programms zeigt<br />
die Notwendigkeit eines integrierten Stadtumbaus, der neben der Wohnungswirtschaft<br />
eine Vielzahl weiterer Sektoren <strong>und</strong> Akteure einbezieht. Deutlich werden<br />
auch die Grenzen eines dispersen Rückbaus, der vor allem die Tragfähigkeit der<br />
stadttechnischen Infrastruktur gefährdet.<br />
Angemessene <strong>Dichte</strong>n aus Sicht stadtplanerischer Handlungsfelder<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Notwendigkeit eines integrierten Stadtumbaus werden<br />
qualitative <strong>und</strong> quantifizierte Ziele angemessener <strong>Dichte</strong>n aus der Perspektive verschiedener<br />
stadtplanerischer Handlungsfelder auf Basis einer umfangreichen Literaturauswertung<br />
zusammengestellt <strong>und</strong> diskutiert, bevor – als Fokus der Arbeit – eine<br />
Ableitung von Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik<br />
erfolgt. Betrachtet werden der Verkehr, die soziale Infrastruktur, die Freiraumversorgung<br />
sowie die Wohnungsnachfrage.<br />
Siedlungsstrukturen geringerer <strong>Dichte</strong> verursachen einen höheren Verkehrsaufwand,<br />
eine höhere Abhängigkeit vom MIV sowie einen höheren Bedarf an Verkehrserschließungsfläche.<br />
- Im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen geht die Nachfrage nach Verkehrsleistungen<br />
zurück. Besonders von den Nachfragerückgängen ist der ÖPNV betroffen,<br />
der <strong>für</strong> seine wirtschaftliche Tragfähigkeit Mindestdichten im Einzugsbereich der<br />
Haltestellen erfordert. In gering verdichteten ländlichen Räumen kann der ÖPNV<br />
bereits heute nur noch mit massiven öffentlichen Zuschüssen gewährleistet werden.<br />
- Um die Erreichbarkeit von Angeboten der Daseinsvorsorge zu ermöglichen, ist<br />
eine Sicherung ausreichender <strong>Dichte</strong>n entlang der Erschließungsachsen des<br />
ÖPNV erforderlich, z. B. durch Nachverdichtung bestehender Siedlungsbestände<br />
<strong>und</strong> einen konzentrierten Rückbau nicht mehr benötigter Wohnungen. Gerade<br />
vor dem Hintergr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen kommt einer integrierten Siedlungs-<br />
<strong>und</strong> Verkehrsentwicklung eine besondere Bedeutung zu.<br />
Einrichtungen der sozialen Infrastruktur werden in Abhängigkeit von der Mindestbetriebsgröße<br />
der Einrichtung, der zumutbaren Entfernung <strong>für</strong> die Nutzer <strong>und</strong> der<br />
<strong>Dichte</strong> im Einzugsbereich dimensioniert <strong>und</strong> verortet. Je höher die <strong>Dichte</strong> im Einzugsbereich,<br />
in desto geringerer Entfernung kann die Versorgung mit sozialer Infrastruktur<br />
sichergestellt werden.<br />
- Im Zuge des demographischen Wandels nehmen gerade <strong>für</strong> die Bereiche Kindergarten<br />
<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schule die Zahlen der potenziellen Nutzer ab. Betrug z. B.<br />
Ende der 1970er Jahre der Anteil eines Kindergartenjahrgangs an der Gesamtbevölkerung<br />
in Westdeutschland noch 1,13 %, macht dieser aktuell in Sachsen<br />
lediglich 0,75 % der Gesamtbevölkerung aus. Damit steigt die Zahl der insgesamt<br />
erforderlichen Einwohner im Einzugsbereich eines Kindergartens. Gängige<br />
Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte sind deshalb anzupassen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 13<br />
- <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge führen zu abnehmenden Nutzerzahlen<br />
der sozialen Infrastruktur <strong>und</strong> steigenden Kosten <strong>für</strong> die Träger der Einrichtungen.<br />
Für Gr<strong>und</strong>schulen wird z. B. davon ausgegangen, dass bei einem<br />
Rückgang der Schülerzahlen um mehr als 40 bis 50 % ein überproportionaler<br />
Anstieg der spezifischen Gesamtkosten pro Schüler erfolgt.<br />
- Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sollten im Einzugsbereich von Einrichtungen der sozialen<br />
Infrastruktur ausreichende <strong>Dichte</strong>n gesichert werden, um eine langfristige Finanzierbarkeit<br />
des Zugangs aller Bevölkerungsgruppen zu Angeboten der sozialen<br />
Daseinsvorsorge sicherzustellen.<br />
Auch die Freiraumversorgung steht in enger Wechselwirkung mit der städtebaulichen<br />
<strong>Dichte</strong>. Das potenzielle Angebot an Freiräumen wird über die Bebauungsdichte<br />
bestimmt, während die Nachfrage nach Freiräumen aus der Einwohnerdichte<br />
resultiert.<br />
- Bisher werden in Bezug auf eine angemessene Freiraumversorgung vor allem<br />
Maximaldichten diskutiert. So kann eine private Freifläche von 15 m² je Einwohner<br />
bei viergeschossiger Bauweise noch bis zu einer Geschossflächenzahl von<br />
1,1 gewährleistet werden.<br />
- <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozesse bieten gerade in verdichteten Stadtstrukturen<br />
zunächst die Chance einer Verbesserung der Freiraumversorgung. Allerdings<br />
bestehen auch Grenzen der Entdichtung. Bei einem Übermaß an freien<br />
Flächen werden diese zunehmend als Leere <strong>und</strong> als Zeichen mangelnder Urbanität<br />
erlebt. Gerade bei Freiräumen spezifischer Funktionen wie z. B. Sportflächen<br />
kann es im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozessen zu Versorgungsdefiziten<br />
kommen, wenn keine ausreichenden Finanzmittel <strong>für</strong> deren<br />
Unterhaltung mehr zur Verfügung stehen.<br />
Wechselwirkungen bestehen auch zwischen städtebaulicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage.<br />
Verschiedene Wohnbauformen, die jeweils von unterschiedlichen<br />
Nachfragergruppen bevorzugt werden, unterscheiden sich in ihrer <strong>Dichte</strong>.<br />
- Gerade auf Nachfragermärkten, wie sie derzeit in zahlreichen ostdeutschen<br />
Städten bestehen, sind Wohnwünsche entscheidend da<strong>für</strong>, welche Wohnungsbestände<br />
dauerhaft nachgefragt werden <strong>und</strong> in welchen Wohnungsbeständen<br />
sich Leerstände konzentrieren (werden). Auch wenn Wohnwünsche nach aufgelockerten<br />
Wohnformen bisher dominieren, werden in jüngerer Zeit verstärkt<br />
Wohnwünsche nach dichten <strong>und</strong> nutzungsgemischten Quartieren konstatiert, die<br />
die Organisation des Alltags sowie die Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie erleichtern.<br />
Die Präferenz <strong>für</strong> höhere <strong>Dichte</strong>n zeigt sich jedoch nur bei wenigen Lebensstiltypen<br />
wie z. B. bei jüngeren Haushalten mit einer starken Karriere- <strong>und</strong><br />
Freizeitorientierung <strong>und</strong> bei älteren Haushalten.<br />
- So dominiert auf den Wohnungsmärkten ostdeutscher Städte aktuell die Nachfrage<br />
nach gering verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern. Besonders von<br />
Nachfragerückgängen <strong>und</strong> damit Leerständen betroffen sind die Bestände des<br />
gründerzeitlichen Altbaus (mit abnehmender Tendenz) <strong>und</strong> die Plattenbaubestände<br />
der DDR (mit zunehmender Tendenz). Für die künftige Entwicklung der<br />
Wohnungsnachfrage in ostdeutschen Städten wird von einer Fortsetzung dieses<br />
Trends ausgegangen. Um langfristig eine Gefährdung der Tragfähigkeit von sozialen,<br />
verkehrs- <strong>und</strong> stadttechnischen Infrastrukturen zu vermeiden, sollten die<br />
verdichteten Wohnungsbestände des ‚Blocks’ <strong>und</strong> der ‚Platte’ so aufgewertet<br />
werden, dass sie den Bedürfnissen der Nachfrager gerecht werden. Hierzu gehö-
14 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
ren z. B. die Aufwertung des Wohnumfelds oder die Schaffung preiswerten altengerechten<br />
Wohnraums.<br />
Tabelle I stellt die quantifizierten Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von<br />
Verkehr, sozialer Infrastruktur <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage zusammenfassend dar. Die<br />
Zielwerte aus Sicht des Verkehrs <strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur wurden dabei auf<br />
Basis differenzierter Annahmen der Ausstattungsstandards der Stadtstrukturtypen<br />
errechnet. Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Wohnungsnachfrage<br />
werden anhand der <strong>Dichte</strong>ziele städtebaulicher Leitbilder abgeleitet, die typischen<br />
Lebensstilen <strong>und</strong> Wohnpräferenzen entsprechen.<br />
Quantifizierte Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Freiraumversorgung<br />
lassen sich aufgr<strong>und</strong> des starken Bezugs zur subjektiven Wahrnehmung bisher<br />
nicht bestimmen. Allerdings ergeben sich qualitative Zielkriterien angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n. So sollten vor allem in den verdichteten Stadtstrukturtypen (gründerzeitliche<br />
Blockbebauung, Plattenbausiedlungen) Entdichtungsprozesse genutzt werden,<br />
um Freiraumversorgungsdefizite sowohl in Quantität als auch in Qualität auszugleichen.<br />
Die ungesteuerte Entstehung großflächiger Brachen infolge massiver Entdichtungsprozesse<br />
ist hingegen zu vermeiden.<br />
Tabelle I: Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur<br />
<strong>und</strong> Wohnungsnachfrage<br />
Stadtstrukturtypen<br />
(Abkürzung)<br />
Altbau in traditioneller<br />
Blockstruktur<br />
(Block)<br />
Großwohnsiedlung in<br />
Plattenbauweise<br />
(Platte)<br />
Wohnbebauung in<br />
Zeilenform (Zeile)<br />
Geschosswohnungsbau<br />
nach 1990<br />
Ein- <strong>und</strong><br />
Zweifamilienhäuser<br />
Bildbeispiel<br />
(Fotos: IÖR)<br />
GFZ<br />
Verkehr<br />
EW je<br />
ha netto<br />
C. <strong>Dichte</strong>, <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik<br />
Soziale<br />
Infrastruktur<br />
GFZ<br />
EW je<br />
ha netto<br />
Wohnungs-<br />
nachfrage<br />
GFZ<br />
EW je<br />
ha netto<br />
0,6-1,2 140-260 0,5-1,0 110-210 0,6-2,0 130-440<br />
0,5-1,2 140-330 0,4-0,8 100-210 0,7-1,2 190-330<br />
0,6-0,9 140-230 0,4-0,6 100-140 0,6-1,0 150-250<br />
0,3-0,9 60-190 0,5-0,7 110-140 0,6-1,0 130-210<br />
0,1-0,4 20-80 0,3-0,35 60-70 0,4-0,6 80-120<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Liniengeb<strong>und</strong>enheit <strong>und</strong> der hohen Fixkostenintensität sind die Medien<br />
der stadttechnischen Infrastruktur – <strong>und</strong> hier vor allem die Trinkwasserver- <strong>und</strong><br />
Abwasserentsorgung sowie die Fernwärmeversorgung – besonders von <strong>Schrumpfung</strong>s-<br />
<strong>und</strong> Entdichtungsprozessen betroffen. Während die Trinkwasserver- <strong>und</strong> die<br />
Abwasserentsorgung vor allem von einem Rückgang der Einwohnerdichte betroffen
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 15<br />
sind, ist <strong>für</strong> die Fernwärmeversorgung der Rückgang der angeschlossenen Wohnfläche<br />
<strong>und</strong> damit der Bebauungsdichte ausschlaggebend.<br />
Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong><br />
Zwischen der stadttechnischen Infrastruktur <strong>und</strong> der <strong>Dichte</strong> bestehen vielfältige<br />
Wechselwirkungen, die im Folgenden erläutert werden.<br />
Der spezifische Erschließungsaufwand pro Kopf sinkt bei zunehmender <strong>Dichte</strong><br />
<strong>und</strong> steigt bei abnehmender <strong>Dichte</strong>.<br />
- Regressionsanalytische Untersuchungen haben ergeben, dass der spezifische<br />
Erschließungsaufwand (als m Kanalisation je Einwohner) bei einem Anstieg der<br />
Einwohnerdichte um 1 % um bis zu 0,3-0,5 % abnehmen kann.<br />
- Während in verdichteten Stadtstrukturtypen (gründerzeitliche Blockbebauung,<br />
Plattenbausiedlungen) der Erschließungsaufwand bei etwa 1 m Kanalisation je<br />
Einwohner liegt, beträgt dieser Aufwand in gering verdichteten Einfamilienhaussiedlungen<br />
das Zwei- bis Siebenfache <strong>und</strong> in ländlichen dispersen Siedlungsstrukturen<br />
bis zum Zehnfachen.<br />
- Analog zum Erschließungsaufwand nimmt auch die Stoffintensität der Erschließung<br />
mit sinkenden <strong>Dichte</strong>n zu <strong>und</strong> steigt unterhalb einer Geschossflächendichte<br />
von 0,5 überproportional an.<br />
- Die Fernwärmeversorgung ist auf eine hohe <strong>Dichte</strong> des Abnahmeaufkommens<br />
(auch als Liniendichte bezeichnet) angewiesen, die mit Hilfe der Wärmebedarfsdichte<br />
ausgedrückt werden kann. Diese ist in verdichteten Stadtstrukturtypen<br />
deutlich höher als in gering verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten.<br />
Die spezifischen Pro-Kopf-Kosten <strong>für</strong> die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
sinken bei steigender <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> nehmen mit abnehmender <strong>Dichte</strong> zu.<br />
- In Gebieten disperser Siedlungsstruktur ist der hohe einwohnerspezifische Erschließungsaufwand<br />
(in m Leitungsnetz je Einwohner) ausschlaggebend <strong>für</strong> die<br />
hohen Kosten der infrastrukturellen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung, da das Leitungsnetz<br />
mit 65-80 % der ausschlaggebende Kostenfaktor ist. In Gebieten extremer Verdichtung<br />
steigen die spezifischen Kosten aufgr<strong>und</strong> des sehr hohen Verlegeaufwands<br />
entsprechend eines u-förmigen Kostenverlaufs wieder an, allerdings nicht<br />
so stark wie in Gebieten geringer <strong>Dichte</strong>n.<br />
- Die Wirtschaftlichkeit der Fernwärmeversorgung ermittelt sich anhand von Wirtschaftlichkeitsgrenzen,<br />
die als Wärmebedarfsdichte angegeben werden. Eine<br />
wirtschaftliche Fernwärmeversorgung ist demnach vor allem in den verdichteten<br />
Stadtstrukturtypen Block <strong>und</strong> Platte aber auch Zeile möglich.<br />
- Die nach der <strong>Dichte</strong> variierenden Kosten der infrastrukturellen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
spiegeln sich bisher jedoch nicht in den Tarifen wider, so dass Bewohner<br />
dichter <strong>und</strong> damit kostengünstig zu erschließender Gebiete die hohen Kosten in<br />
gering verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten mit tragen müssen.<br />
Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Stadttechnik<br />
Entsprechend der vielfältigen Wechselwirkungen zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> stadttechnischer<br />
Infrastruktur haben <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge vielfältige<br />
Auswirkungen auf den Aufwand, die technische Funktionsfähigkeit sowie die spezifischen<br />
Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung.
16 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
<strong>Dichte</strong>rückgänge führen zu Nachfragerückgängen bei den stadttechnischen Medien.<br />
Diese Nachfragerückgänge erfolgen in Kombination mit allgemeinen Verbrauchsrückgängen<br />
in Folge des technischen Fortschritts sowie eines kostenbewussten<br />
Verhaltens <strong>und</strong> führen insgesamt zu massiven Nachfragerückgängen bei<br />
den stadttechnischen Medien. So beträgt bereits heute die Auslastung der stadttechnischen<br />
Systeme nur noch 20-40 % des Bemessungswerts.<br />
<strong>Dichte</strong>rückgänge im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen führen zu einer Steigerung<br />
des spezifischen Erschließungsaufwands.<br />
- So hat der spezifische Erschließungsaufwand, gemessen als m Kanalisation je<br />
Einwohner, in den Neuen Ländern von 2001-2004 um 6,5 % (in Sachsen) bis<br />
9,1 % (in Sachsen-Anhalt) zugenommen.<br />
- Bei einer Fortsetzung disperser <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse ist von weiteren Aufwandssteigerungen<br />
auszugehen. Modellrechnungen haben ergeben, dass der<br />
spezifische Erschließungsaufwand (in m Kanallänge je Einwohner) bei extremen<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen – wie z. B. in Hoyerswerda – ohne einen Rückbau der<br />
Kanalnetze bis 2020 um bis zu 72 % ansteigen kann (ausgehend vom Basisjahr<br />
2001).<br />
- Ebenso haben Modellrechungen gezeigt, dass bei disperser <strong>Schrumpfung</strong> mit<br />
einem Bevölkerungsrückgang von 50 % auf der Quartiersebene ein um bis zu<br />
280 % höherer Erschließungsaufwand entstehen kann. Der spezifische Materialaufwand<br />
kann sich bei dispersen <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen mit Leerständen von<br />
50 % verdoppeln.<br />
Unterauslastungen der stadttechnischen Infrastruktur, wie sie in Folge des Zusammenwirkens<br />
von allgemeinen Verbrauchsrückgängen <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen entstehen,<br />
beeinträchtigen die technische Funktionsfähigkeit. Während es bei der<br />
Trinkwasser- <strong>und</strong> Fernwärmeversorgung möglich ist, die Funktionsfähigkeit durch<br />
betriebstechnische Maßnahmen aufrecht zu erhalten, kann es bei der Abwasserentsorgung<br />
zu einem vollständigen Funktionsverlust kommen, wenn die Netze nur noch<br />
zu etwa 30 % in Bezug zum Bemessungswert ausgelastet sind.<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sbedingte <strong>Dichte</strong>rückgänge führen weiterhin zu Kostensteigerungen<br />
der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung.<br />
- Den größten Anteil an diesen Kostensteigerungen haben dabei die Kostenremanenzen,<br />
d. h. die Steigerungen der einwohnerspezifischen Kosten, die dann entstehen,<br />
wenn in Folge von Nachfragerückgängen die verbleibenden Fixkosten<br />
auf immer weniger Nutzer verteilt werden. Aufgr<strong>und</strong> der Kostenremanenzen<br />
nehmen die einwohnerspezifischen Kostensteigerungen bei Bevölkerungsrückgängen<br />
von über 50 bis 60 % einen exponentiellen Verlauf an. Bei einem Bevölkerungsrückgang<br />
von 80 % steigen die einwohnerspezifischen Kosten der Stadttechnik<br />
zum Beispiel um 300 % an, wenn ein Fixkostenanteil von 70 % angenommen<br />
wird.<br />
- Direkte Folgekosten, die im Zuge von Stadtumbaumaßnahmen entstehen, sind<br />
Betriebskostensteigerungen durch Unterauslastung, die sich jedoch bisher im<br />
Umfang weniger Prozentpunkte bewegen. Weiterhin entstehen Kosten <strong>für</strong> Stilllegung,<br />
Rückbau <strong>und</strong> Netzanpassung. Eine mangelnde Berücksichtigung der<br />
Stadttechnik im Stadtumbau kann bei den Kosten <strong>für</strong> Rückbau <strong>und</strong> Netzanpassung<br />
zu 40-60 % höheren Kosten führen, wie das Beispiel des Gebiets Turower<br />
Straße in Cottbus verdeutlicht. Hinzu kommen Restbuchwertverluste von 8-20 €<br />
je m² Wohnfläche.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 17<br />
- Die Gesamtfolgekosten von dispersen <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen im Vergleich zu<br />
konzentrierten <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen sind, so die Ergebnisse ausgewerteter<br />
Modellrechnungen, um bis zu 15-20 % höher. Neben einer Sicherung ausreichender<br />
<strong>Dichte</strong>n können diese Folgekosten insbesondere auch durch eine Optimierung<br />
der Rückbaureihenfolge aus Sicht der Stadttechnik reduziert werden.<br />
Stadtumbauziele <strong>und</strong> Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der<br />
stadttechnischen Infrastruktur<br />
Wesentlicher Inhalt der Arbeit ist die Ermittlung von Stadtumbauzielen <strong>und</strong> Schwellenkorridoren<br />
minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der starken Betroffenheit der Stadttechnik von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen ergeben sich aus Sicht der Stadttechnik spezifische Stadtumbauziele.<br />
So ist aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur zunächst deren<br />
stärkere Berücksichtigung im Stadtumbau eine unabdingbare Voraussetzung. Anzustreben<br />
ist ein Rückbau von außen nach innen, der durch eine koordinierte Stadtumbau-<br />
<strong>und</strong> Infrastrukturplanung abgesichert ist. In ländlichen Gebieten sehr geringer<br />
<strong>Dichte</strong> kann eine Systemumstellung auf dezentrale Versorgung eine Alternative<br />
darstellen.<br />
Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik werden – auf<br />
Gr<strong>und</strong> des bisherigen Fehlens ausreichender Erfahrungswerte – auf Basis verschiedener<br />
Modellrechnungen bestimmt:<br />
1. Anhand der Schwelle der überproportionalen Steigerung des Infrastrukturaufwands,<br />
2. anhand der Schwelle eines vollständigen technischen Funktionsverlusts sowie<br />
3. anhand der Schwellen der ökonomischen Tragfähigkeit.<br />
Insgesamt zeigt sich, dass die Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit der stadttechnischen<br />
Infrastruktur bis zu Bevölkerungsrückgängen von 40-50 % in Bezug<br />
zum Bemessungswert aufrecht erhalten werden kann. Tragfähigkeitsschwellen können<br />
allerdings früher erreicht werden, wenn Netze <strong>und</strong> Anlagen bereits vor Beginn<br />
der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse nicht entsprechend ihrer Dimensionierung ausgelastet<br />
waren. Dies gilt ebenso <strong>für</strong> gering verdichtete Siedlungsstrukturen, in denen der<br />
Erschließungsaufwand bei Rückgängen der Einwohnerdichten schnell eine hohe<br />
absolute Steigerung erfährt. Auch werden bei der Fernwärmeversorgung Wirtschaftlichkeitsschwellen<br />
deutlich schneller erreicht.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> stadttechnischen Ausstattungsstandards<br />
der Stadtstrukturtypen sind Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n nach Stadtstrukturtypen<br />
zu differenzieren. Die folgende Tabelle II stellt die quantifizierten Kriterien<br />
zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
zusammenfassend dar.<br />
Allerdings bestehen auch Grenzen der Bestimmung <strong>und</strong> Anwendung dieser<br />
Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n wie zum Beispiel eine mangelnde Datenverfügbarkeit<br />
<strong>und</strong> Schwierigkeiten bei der Einschätzung des Gewichts weiterer Einflussfaktoren.
18 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Tabelle II: Quantifizierte Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />
Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht der Stadttechnik<br />
Stadtstrukturtypen<br />
(Abkürzung)<br />
Altbau in traditioneller<br />
Blockstruktur<br />
(Block)<br />
Großwohnsiedlung in<br />
Plattenbauweise<br />
(Platte)<br />
Wohnbebauung in<br />
Zeilenform (Zeile)<br />
Geschosswohnungsbau<br />
nach 1990<br />
Ein- <strong>und</strong><br />
Zweifamilienhäuser<br />
D. Ergebnisse<br />
Bildbeispiel<br />
(Fotos: IÖR)<br />
Infrastrukturaufwand<br />
GFZ<br />
EW je<br />
ha netto<br />
Funktionsfähigkeit<br />
GFZ<br />
EW je<br />
ha netto<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
GFZ<br />
EW je<br />
ha netto<br />
0,4-1,3 90-270 0,5-1,4 100-310 0,4-1,1 80-250<br />
0,4-0,8 100-200 0,5-0,8 110-230 0,4-1,0 90-270<br />
0,3-0,7 80-160 0,3-0,7 80-160 0,3-0,7 70-180<br />
0,3-0,6 60-130 - - 0,2-0,65 50-110<br />
>0,3 >60 0,2-0,4 30-80 0,1-0,3 30-70<br />
Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />
schrumpfender Städte<br />
Zentrales Ergebnis der Arbeit sind die qualitativen <strong>und</strong> quantifizierten Kriterien zur<br />
Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur,<br />
die erstmals differenziert <strong>für</strong> Stadtstrukturtypen entwickelt wurden. In Form von<br />
Steckbriefen werden diese Kriterien zusammenfassend dargestellt <strong>und</strong> weiteren<br />
Kriterien aus Sicht anderer stadtplanerischer Handlungsfelder gegenübergestellt.<br />
Ein Vergleich der <strong>Dichte</strong>ziele aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur mit denjenigen<br />
aus Sicht der anderen stadtplanerischen Handlungsfelder verdeutlicht, dass<br />
diese einander zum Teil widersprechen. Während die stadttechnische Infrastruktur<br />
(<strong>und</strong> auch der Verkehr) vor allem kompakte <strong>Schrumpfung</strong>sformen erfordern, können<br />
stärkere Ausdünnungen der Siedlungsstrukturen Vorteile im Hinblick auf die Freiraumversorgung<br />
oder die Bereitstellung eines nachfragegerechten Wohnungsangebots<br />
bieten.<br />
Ein Vergleich der quantifizierten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n (s. Tabellen I,<br />
II) zeigt, dass die Sicherung einer funktionsfähigen <strong>und</strong> ökonomisch tragfähigen<br />
Stadttechnik geringere <strong>Dichte</strong>n erfordert als die Sicherung eines angemessenen<br />
ÖPNV-Angebots. Tendenziell – jedoch nicht generell – benötigt die Stadttechnik<br />
höhere <strong>Dichte</strong>n als die soziale Infrastruktur. Insbesondere in Strukturtypen geringerer<br />
<strong>Dichte</strong> ist die Beibehaltung derzeitiger Versorgungsqualitäten der sozialen Infrastruktur<br />
jedoch auf ähnlich hohe oder sogar höhere <strong>Dichte</strong>n angewiesen als die Sicherung<br />
der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung.<br />
Insgesamt hat sich gezeigt, dass derzeitige Standards der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung bei<br />
ungesteuerter Entdichtung weder finanzierbar noch ökologisch tragfähig sind. Somit
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 19<br />
können die in dieser Arbeit ermittelten Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten einen wichtigen Beitrag zur Steuerung des<br />
Stadtumbaus leisten.<br />
Ausblick: Praktische Anwendung <strong>und</strong> Handlungsempfehlungen<br />
Die Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n sind nicht als normative Zielwerte zu verstehen,<br />
sondern als eine wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierte Planungsgr<strong>und</strong>lage, die im<br />
Rahmen lokaler Planungsprozesse einer Anpassung sowie einer Ergänzung um<br />
qualitative Kriterien bedürfen. Ihre Umsetzung können die <strong>Dichte</strong>ziele über die Erarbeitung<br />
lokaler <strong>Dichte</strong>modelle, über eine Integration in städtebauliche Entwicklungskonzepte<br />
nach § 171b BauGB sowie über einen Eingang in die Flächennutzungs<strong>und</strong><br />
Bebauungsplanung erhalten.<br />
Ebenso können die Kriterien einen Beitrag dazu leisten, die Belange der stadttechnischen<br />
Infrastruktur im Zuge einer koordinierten Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung<br />
in Stadtumbauprozesse einzubringen, da stadttechnische Dimensionierungsgrößen<br />
in stadtplanerisch relevante <strong>Dichte</strong>größen transformiert werden. Damit können<br />
die Ergebnisse der Arbeit sowohl von Stadtplanern als auch von Akteuren der<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft genutzt werden.<br />
Auch wenn die Ergebnisse der Arbeit vor dem Hintergr<strong>und</strong> derzeitiger <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />
in ostdeutschen Städten erarbeitet wurden, ergibt sich ebenso ein<br />
Erkenntnisgewinn <strong>für</strong> westdeutsche Städte, die in Zukunft verstärkt von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
betroffen sein werden: Um dauerhaft eine hohe <strong>und</strong> gleichzeitig<br />
finanzierbare städtische Lebensqualität zu sichern, müssen hier<strong>für</strong> bereits heute die<br />
Weichen gestellt werden. Dies erfordert eine Siedlungsplanung, die eine ungesteuerte<br />
Entdichtung vermeidet <strong>und</strong> vor diesem Hintergr<strong>und</strong> weitestmöglich auf eine<br />
Ausweisung von Wohnbauland auf der Grünen Wiese verzichtet.<br />
Spezifische Handlungsempfehlungen der Arbeit richten sich an die Zielgruppen<br />
Stadtplaner, Ver- <strong>und</strong> Entsorger sowie Wissenschaftler. Diese beziehen sich auf die<br />
Entwicklung von an <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse angepassten Orientierungswerten <strong>und</strong><br />
Leitbildern, die Einbindung in gesamtgesellschaftliche Entscheidungsprozesse <strong>und</strong><br />
eine stärkere Datentransparenz.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 21<br />
Executive Summary<br />
Density and Shrinkage –<br />
Criteria for determining adequate densities for housing in shrinking cities<br />
from the perspective of public utilities<br />
A. Introduction: Problem and method<br />
The debate on optimal density has a long history in German urban planning. Since<br />
1989 Eastern German cities have been suffering from shrinking processes leading<br />
to a loss of population and a tremendous decline of urban densities, such as densities<br />
of population and buildings.<br />
Public utilities, particularly water supply, sewage disposal and district heating are<br />
extremely affected by this decline of densities. Therefore the target of this study is<br />
to elaborate criteria to determine adequate densities for housing in shrinking cities<br />
from the perspective of public utilities.<br />
The research question is:<br />
Which criteria can be used in shrinking cities to define adequate densities for housing<br />
from the point of view of public utilities?<br />
In order to assess these criteria related to public utilities, criteria from other fields of<br />
urban planning are also taken into account such as urban design, transport, social<br />
facilities, green space provision and housing demand.<br />
This study is of relevance to stakeholders concerned with public utility provision in<br />
the context of shrinkage and declining densities in Eastern Germany: public providers,<br />
urban planners and scientists.<br />
The methodology is backed by four modules:<br />
- literature review,<br />
- analyses of statistical data,<br />
- interviews with experts (based on interview schedule) and<br />
- model calculations.<br />
B. Density and urban planning<br />
Requirements regarding urban densities vary depending on the field of urban planning<br />
<strong>und</strong>er consideration. While public utilities, transport and social facilities depend<br />
on higher densities within their catchment area, green space provision as well as the<br />
fulfilment of housing preferences can profit from lower densities.<br />
Therefore density is defined as adequate, when it is high enough to secure infrastructural<br />
supply at bearable costs whilst at the same time providing the opportunity<br />
to fulfil housing preferences for low densities as well as to offer sufficient green and<br />
open space.<br />
An analysis of urban design models in Germany after the Second World War has<br />
shown that density targets have permanently shifted from low to high densities and<br />
back. At present the target of realising dense and compact urban structures coexists<br />
with continuous processes of declining densities especially in suburban areas.<br />
Many Eastern German cities currently experience a loss of population and consequently<br />
high vacancy rates of flats. Combined with a further expansion of urbanised<br />
areas this leads to a tremendous decline of urban densities. For instance population
22 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
densities in many Eastern German cities have decreased by up to 50 % on the<br />
neighbourhood level since 1989.<br />
To deal with these problems the programme “Urban Restructuring in Eastern Germany”<br />
has been set up by the German federal government and the federal states.<br />
This f<strong>und</strong>ing programme is directed towards the demolition of vacant flats to stabilise<br />
the housing market as well as towards improving living quality in urban areas<br />
affected by shrinkage.<br />
Due to current shrinking processes in Eastern Germany the question of adequate<br />
densities needs to be answered within a new context. Adequate densities cannot<br />
only be defined according to the requirements of public utilities but need to be discussed<br />
in an integrated manner. Therefore criteria to determine adequate densities<br />
for housing in shrinking cities have been summarised from various fields of urban<br />
planning, based on literature review. Criteria developed for growing cities have been<br />
adapted to the context of shrinking cities. As with growing cities, different fields of<br />
urban planning result in varying requirements regarding urban densities.<br />
- Transport: Declining densities due to urban shrinkage causes rising costs for the<br />
provision of public transport. Cost effective public transport requires minimum<br />
densities within catchment areas of its stops and therefore depends on integrated<br />
urban and transport planning.<br />
- Social facilities: In the context of shrinkage and demographic change the density<br />
of potential users of social facilities declines, especially for schools and preschools.<br />
Therefore social facilities as well depend on the preservation of sufficient<br />
densities within their catchment areas. If these densities cannot be<br />
achieved, then either accessibility of social facilities will decrease or costs for<br />
their provision will grow.<br />
- Green space provision: Declining densities offer the possibility to improve the<br />
quantity and quality of green space provision. However, also from the point of<br />
view of green space provision there are limits to the decline in densities. Decreasing<br />
building densities lead to derelict land that is not necessarily developed<br />
into usable green space. This is especially the case in shrinking cities where financial<br />
resources are scarce. When densities decline the continuous emergence<br />
of derelict space is more and more experienced as a loss of urbanity.<br />
- Housing demand: Due to current housing vacancies inhabitants in Eastern<br />
Germany have good opportunities to fulfil their housing preferences. Therefore<br />
housing preferences are essential for the further development of housing demand<br />
as well as housing vacancies. While preferences for low density housing<br />
predominate, lately preferences for higher densities, that enable urban lifestyles,<br />
have increasingly emerged.<br />
Quantitative target values of adequate densities are summarised in table I. To reflect<br />
the heterogeneity of urban structures density targets are differentiated according to<br />
types of housing and urban character. While population densities (number of inhabitants<br />
per net hectare [ha] of residential area) determine the utilisation of infrastructures,<br />
building densities (floor space ratio) are part of planning regulations.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 23<br />
Table I: Target values of adequate densities in shrinking cities from the point of view<br />
of transport, social facilities and housing demand<br />
Type of housing and<br />
urban character<br />
Turn of the twentieth<br />
century block<br />
High rise housing<br />
estate<br />
Mid rise housing estate<br />
(from the 1920/30ies<br />
and 1950/60ies)<br />
Modern apartment<br />
block (built after 1990)<br />
Detached family homes<br />
Picture<br />
(photos: IÖR) Floor<br />
space<br />
ratio<br />
Transport Social facilities Housing demand<br />
Inh. per<br />
net ha<br />
C. Density, shrinkage and public utilities<br />
Floor<br />
space<br />
ratio<br />
Inh. per<br />
net ha<br />
Floor<br />
space<br />
ratio<br />
Inh. per<br />
net ha<br />
0.6-1.2 140-260 0.5-1.0 110-210 0.6-2.0 130-440<br />
0.5-1.2 140-330 0.4-0.8 100-210 0.7-1.2 190-330<br />
0.6-0.9 140-230 0.4-0.6 100-140 0.6-1.0 150-250<br />
0.3-0.9 60-190 0.5-0.7 110-140 0.6-1.0 130-210<br />
0.1-0.4 20-80 0.3-0.35 60-70 0.4-0.6 80-120<br />
Public utilities such as water supply, sewage disposal and district heating are gridbo<strong>und</strong><br />
and are characterised by a high amount of fixed costs. Therefore they are<br />
especially affected by shrinkage and declining densities to which they cannot be<br />
adjusted flexibly:<br />
- The specific effort to provide public utilities is largely determined by the network<br />
length per capita. When population densities decline, this per-capita-effort of<br />
providing public utilities increases exponentially. The impact of shrinking<br />
processes on infrastructural efforts depends on the pattern of urban shrinkage.<br />
Compact shrinkage, resulting from a consequent demolition of vacant housing<br />
from the urban fringe towards its centre, allows limiting the increase of infrastructural<br />
efforts. Dispersed shrinkage appears when densities evenly decline in larger<br />
urban areas whilst at the same time the urbanised area expands. This pattern of<br />
shrinkage, as fo<strong>und</strong> out by the help of model calculations, may easily lead to a<br />
growth of per-capita-effort of water supply (in m length of water pipe per capita)<br />
by 180 %. Along with infrastructural efforts material consumption as well increases.<br />
- Declining densities alongside with general declines of consumption caused by<br />
technical progress, leads to a strong decrease in demands for water supply,<br />
sewage disposal and district heating. As a consequence, technical problems appear.<br />
For instance, due to sedimentation and corrosion of pipes, sewage disposal<br />
suffers from a total loss of operability when the utilisation of sewers declines<br />
below 30 %.
24 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
- Declining densities lead to an increase of per-capita-costs of water supply,<br />
sewage disposal and district heating. When population densities decline, fixed<br />
costs have to be shared by a smaller number of inhabitants so that per-capita<br />
costs rise. Again dispersed shrinkage may cause approximately 15 to 20 %<br />
higher costs for the provision of public utilities than compact shrinkage.<br />
Resulting from those strong impacts of urban shrinkage and declining densities on<br />
water supply, sewage disposal and district heating, operators of public utilities have<br />
stressed the need for compact shrinkage and therefore for consequently demolishing<br />
vacant flats from the urban fringe.<br />
Based on analyses of statistical data as well as on model calculations this study<br />
proposes corridors of minimum densities that are required for cost effective and operable<br />
public utilities.<br />
Minimum densities are calculated according to three different criteria:<br />
- the threshold value of disproportionately high per-capita-efforts (in m network<br />
length of water provision / sewage disposal per capita),<br />
- the threshold value of loss of technical operability and<br />
- the threshold value of cost effectiveness.<br />
Table II: Corridors of minimum densities for housing in shrinking cities from the point<br />
of view of public utilities<br />
Type of housing and<br />
urban character<br />
Turn of the twentieth<br />
century block<br />
High rise housing<br />
estate<br />
Mid rise housing estate<br />
(from the 1920/30ies<br />
and 1950/60ies)<br />
Modern apartment<br />
block (built after 1990)<br />
Detached family homes<br />
Picture<br />
(photos: IÖR) Floor<br />
space<br />
ratio<br />
Infrastructural<br />
effort<br />
Inh. per<br />
net ha<br />
Technical<br />
operability<br />
Floor<br />
space<br />
ratio<br />
Inh. per<br />
net ha<br />
Cost<br />
effectiveness<br />
Floor<br />
space<br />
ratio<br />
Inh. per<br />
net ha<br />
0.4-1.3 90-270 0.5-1.4 100-310 0.4-1.1 80-250<br />
0.4-0.8 100-200 0.5-0.8 110-230 0.4-1.0 90-270<br />
0.3-0.7 80-160 0.3-0.7 80-160 0.3-0.7 70-180<br />
0.3-0.6 60-130 - - 0.2-0.65 50-110<br />
>0.3 >60 0.2-0.4 30-80 0.1-0.3 30-70<br />
However, it has to be considered that – as shrinking processes are in their initial<br />
stage and experiences are still scarce – there were hurdles in developing these corridors<br />
such as lack of data availability. Also minimum densities are closely related to<br />
the question which standards shall be provided in shrinking cities. Therefore their<br />
development needs to be integrated into a broader public discussion.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 25<br />
D. Results<br />
The main results of this study are quantitative as well as qualitative criteria to determine<br />
minimum densities of housing from the point of view of public utilities. These<br />
are summarised in lists of criteria for five different types of housing and urban character<br />
and compared against those criteria deriving from other fields of urban planning:<br />
transport, social facilities, green space provision and housing demand.<br />
It can be concluded that current standards of water supply, sewage disposal and<br />
district heating can only be safeguarded when minimum densities as summarised in<br />
table II are maintained. Costs for the provision of these infrastructures will rise disproportionately<br />
when urbanised areas continue to suffer from an uncontrolled decline<br />
of densities.<br />
Comparing minimum densities from the point of view of public utilities with those<br />
deriving from other fields of urban planning (see table I, II) results in the following<br />
conclusions:<br />
- Public utilities tend to require higher densities than social facilities but lower densities<br />
than public transport.<br />
- Density targets derived from housing are even higher as they are strongly backed<br />
by density targets for growing cities and therefore need a further adjustment to<br />
the context of shrinking cities.<br />
Criteria to determine adequate densities for housing in Eastern German cities from<br />
the public utilities perspective can be used to support current processes of urban<br />
restructuring conducted within the programme “Urban restructuring in Eastern Germany”.<br />
Urban planners can apply the criteria to better qualify urban development plans<br />
that have to be developed according to the requirements of the f<strong>und</strong>ing programme<br />
“Urban Restructuring in Eastern Germany”<br />
Public utility operators can profit from the criteria to strengthen the significance of<br />
requirements of water supply, sewage disposal and district heating in processes of<br />
urban restructuring, especially as criteria for dimensioning public utilities are translated<br />
in to density values that can be used in urban planning.<br />
Scientists can use the revealed methods to further model the consequences of<br />
ongoing shrinkage on public utility provision as well as on other urban aspects.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 27<br />
A. Einleitung<br />
1 Problemstellung <strong>und</strong> Methodik<br />
1.1 Problemstellung<br />
Die Frage nach der ‚idealen’ oder ‚richtigen’ <strong>Dichte</strong> prägt seit jeher die stadtplanerische<br />
<strong>und</strong> städtebauliche Diskussion. Diese ist dabei nicht nur wissenschaftlich geprägt,<br />
sondern wird häufig auf einer emotionalen Ebene geführt (SIEVERTS 1997a,<br />
83), bestimmt die städtebauliche <strong>Dichte</strong> doch wesentlich die möglichen Wohnformen<br />
<strong>und</strong> berührt damit die gesellschaftlichen Zielvorstellungen des familiengerechten<br />
Wohnens im Grünen einerseits <strong>und</strong> des urbanen Wohnens mit einer hohen Intensität<br />
sozialer Kontakte andererseits. Zuletzt fanden diese gegensätzlichen Vorstellungen<br />
in der kompakten, europäischen Stadt einerseits <strong>und</strong> der dispersen Zwischenoder<br />
Netzstadt andererseits ihren Niederschlag (BECKER 1999, 459; JESSEN, 1999,<br />
497f.; KÜHN 1998, 506).<br />
Die aktuelle Siedlungsentwicklung ist durch einen erheblichen Rückgang der Einwohnerdichten<br />
gekennzeichnet. Im Osten Deutschlands wird dieser vor allem durch<br />
den Bevölkerungsrückgang im Zuge der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse nach der Wende<br />
hervorgerufen. So ging die Bevölkerung in Ostdeutschland seit Anfang der 1990er<br />
Jahre um etwa 1,2 Millionen <strong>und</strong> damit 8 % zurück. In einzelnen Städten beträgt der<br />
Bevölkerungsrückgang bis zu 35 % (BMVBW 2003, 12), in einzelnen städtischen<br />
Wohnquartieren sogar bis zu 70 % (ZEV 2006). Der damit verb<strong>und</strong>ene Rückgang<br />
der Einwohnerdichten wird noch verstärkt durch den parallelen Prozess einer weiteren<br />
flächenhaften Ausdehnung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen in Folge von<br />
Suburbanisierungsprozessen. Mit einem Eintreten der geburtenschwachen Jahrgänge<br />
der Nachwendezeit in die Elterngeneration ist, in Folge eines beschleunigten<br />
Geburtenrückgangs, in weiten Teilen Ostdeutschlands von einer weiteren Verschärfung<br />
des Bevölkerungsrückgangs auszugehen. So stehen die ostdeutschen Städte<br />
erst am Anfang tief greifender <strong>und</strong> langfristiger <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse, die in Zukunft<br />
auch weite Teile Westdeutschlands erfassen werden (BMVBS, BBR 2006, 83;<br />
BUCHER et al. 2006, 20f.).<br />
Bisher wurde, vor allem in den westdeutschen Agglomerationssräumen, zumeist<br />
eine Begrenzung der Verdichtung diskutiert. Dabei erfolgte zum einen eine Betonung<br />
der kleinräumigen stadt<strong>ökologische</strong>n sowie sozialen Grenzen der Verdichtung.<br />
Zum anderen kam zum Tragen, dass eine flächen- <strong>und</strong> ressourcenschonende Siedlungsweise,<br />
nicht zuletzt im Hinblick auf den Klimaschutz, ein Mindestmaß an Verdichtung<br />
erfordert (HAPPE et al. 1994, 15; HUTTER et al. 2004, 11).<br />
Unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen stellt sich jetzt vielmehr die Frage, welche <strong>Dichte</strong>n<br />
notwendigerweise erhalten werden müssen, um städtische Lebensweisen zu ermöglichen.<br />
Zielvorstellungen der räumlichen Entwicklung in schrumpfenden Städten<br />
reichen von einer Kontraktion auf einen kompakten <strong>und</strong> verdichteten städtischen<br />
Kern bis zur Entwicklung neuer räumlicher Strukturen mit deutlich reduzierten <strong>Dichte</strong>n<br />
(FUHRICH 2003; LÜTKE DALDRUP 2001; OSWALT et al. o. J.). Abgesehen von diesen<br />
sehr groben Entwicklungsideen besteht jedoch noch weitgehende Unklarheit<br />
darüber, welche <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten angemessen sind.<br />
Die Bewältigung von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen mit dem B<strong>und</strong>-Länder-Programm<br />
Stadtumbau Ost war zunächst auf die Unterstützung der Wohnungswirtschaft bei
28 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
der Bewältigung der Folgen des Wohnungsleerstands ausgerichtet, während die<br />
Folgen dieses Stadtumbaus <strong>für</strong> die unterirdische <strong>und</strong> damit unsichtbare stadttechnische<br />
Infrastruktur außer Acht gelassen wurden (BMVBS, BBR 2007, 61).<br />
In jüngster Zeit geraten die Probleme der stadttechnischen Infrastrukturen in Folge<br />
der erheblichen Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge jedoch zunehmend in das<br />
Blickfeld (BMVBS, BBR 2007, 61ff.; FREUDENBERG, KOZIOL 2003; KOZIOL, WALTHER<br />
2006; SIEDENTOP et al. 2006). Die stadttechnischen Infrastrukturen, <strong>und</strong> hier vor<br />
allem die Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme, sind aufgr<strong>und</strong> ihrer Leitungsgeb<strong>und</strong>enheit<br />
besonders von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen.<br />
Diese schlagen sich in Funktionsbeeinträchtigungen nieder, die zu erhöhten Betriebskosten<br />
<strong>und</strong> Anpassungsaufwänden führen. Die Tragfähigkeit stadttechnischer<br />
Infrastrukturen wird zunehmend gefährdet. Bei ungesteuerter Entdichtung ist mit<br />
hohen infrastrukturellen Folgekosten zu rechnen. Gleichzeitig sinken bei rückläufigen<br />
Bevölkerungszahlen die kommunalen Steuereinnahmen (BLÜMEL 2006, 208).<br />
Im Kontext der Debatte um die Zukunft der Daseinsvorsorge gehört die stadttechnische<br />
Infrastruktur jedoch zu den „must-to-haves“ (JAKUBOWSKI 2006, 237). Die langfristige<br />
Sicherung der Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Finanzierbarkeit dieser Infrastrukturen<br />
ist auf der städtischen Ebene von herausragender Bedeutung <strong>für</strong> die Lebensqualität<br />
der Bewohner <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Standortattraktivität im kommunalen Wettbewerb.<br />
Damit steht der Stadtumbau in ostdeutschen Städten vor der zentralen Herausforderung<br />
den Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgang so zu steuern, dass einerseits attraktive,<br />
den Wohnwünschen entsprechende, städtebauliche Strukturen geschaffen werden<br />
<strong>und</strong> andererseits die langfristige Finanzierbarkeit stadttechnischer Infrastrukturen<br />
gewährleistet wird (BMVBS, BBR 2007, 61ff.). Dies erfordert interdisziplinäre<br />
Strategien, die auf einer koordinierten Stadtentwicklungs-, Stadtumbau- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung<br />
beruhen (KOZIOL, WALTHER 2006, 259).<br />
1.2 Forschungsfrage, Zielsetzung, Adressaten<br />
1.2.1 Forschungsfrage<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse in ostdeutschen Städten führen zu einer zumeist ungesteuerten<br />
Ausdünnung der Siedlungsstruktur. Bisher fehlt es an geeigneten Zielvorstellungen,<br />
wie mit diesen Entdichtungsprozessen umzugehen ist <strong>und</strong> wie sich die <strong>Dichte</strong>n<br />
verschiedener Stadtstrukturen entwickeln sollten. Besonders von der Entdichtung<br />
ist die stadttechnische Infrastruktur betroffen, deren Tragfähigkeit gefährdet<br />
wird. Doch auch <strong>für</strong> andere stadtplanerische Handlungsfelder bleiben die <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />
nicht ohne Folgen. Entscheidend ist vor diesem Hintergr<strong>und</strong> die Entwicklung<br />
von Zielvorstellungen einer ‚angemessenen <strong>Dichte</strong>’ in schrumpfenden Städten,<br />
wobei sich aus Sicht der verschiedenen stadtplanerischen Handlungsfelder unterschiedliche<br />
Zielvorstellungen über die jeweils als angemessen angesehene <strong>Dichte</strong><br />
ergeben.<br />
Mit dem Begriff der angemessenen <strong>Dichte</strong> wird daher diejenige <strong>Dichte</strong> bezeichnet,<br />
die sich ortsspezifisch aufgr<strong>und</strong> der Abwägung der <strong>Dichte</strong>ziele verschiedener planerischer<br />
Handlungsfelder, d. h. unter Abwägung städtebaulicher, sozialer, ökonomischer<br />
<strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>r Anforderungen ergibt. Dabei handelt es sich nicht um die<br />
pauschale Angabe idealer oder optimaler <strong>Dichte</strong>n, sondern um Zielkorridore, die<br />
spezifisch <strong>für</strong> bestimmte Typen der Wohnbebauung ermittelt werden. Bei der Bestimmung<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n in wachsenden Räumen geht es, Bezug nehmend<br />
auf <strong>ökologische</strong> <strong>und</strong> soziale Grenzen der Verdichtung, vor allem um maximale Dich-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 29<br />
ten. Hingegen ermittelt sich die angemessene <strong>Dichte</strong> in schrumpfenden Städten<br />
anhand der minimalen <strong>Dichte</strong>n, die erforderlich sind, um die städtische Daseinsvorsorge<br />
zu sichern, insbesondere im Bereich der stadttechnischen Infrastruktur – jedoch<br />
unter Berücksichtigung der Ziele anderer stadtplanerischer Handlungsfelder.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> lautet die Forschungsfrage der Arbeit:<br />
Welche Kriterien können in schrumpfenden Städten angewendet werden, um<br />
angemessene <strong>Dichte</strong>n von Wohnquartieren aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur zu bestimmen?<br />
Zur Operationalisierung dieser Forschungsfrage ergeben sich folgende Teilfragen:<br />
- Welche Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n fanden bisher in der<br />
Stadtplanung Anwendung <strong>und</strong> welche Schlussfolgerungen lassen sich hieraus im<br />
Hinblick auf angemessene <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten ziehen?<br />
- Welche Ziele der <strong>Dichte</strong>entwicklung bestehen aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur <strong>und</strong> welche quantitativen <strong>und</strong> qualitativen Kriterien zur Bestimmung<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n können hieraus abgeleitet werden?<br />
- In welchem Verhältnis stehen <strong>Dichte</strong>ziele <strong>und</strong> -kriterien aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur zu den Zielen anderer stadtplanerischer Handlungsfelder?<br />
- Wie können Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />
schrumpfender Städte zur Steuerung des Stadtumbaus genutzt werden?<br />
Angesichts der massiven <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse, die sich in den vergangenen 17<br />
Jahren in Ostdeutschland ereignet haben, setzt die Arbeit einen Fokus auf ostdeutsche<br />
Städte. Ergebnisse der Arbeit können jedoch auch <strong>für</strong> westdeutsche Städte<br />
von Bedeutung sein, <strong>für</strong> die zumindest in Teilen in den folgenden Jahrzehnten ebenfalls<br />
starke <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse erwartet werden (BUCHER et al. 2006, 20ff.).<br />
Die Arbeit steht im Kontext der Debatte um den Stadtumbau in ostdeutschen Städten,<br />
der bisher einen Schwerpunkt auf die Stabilisierung des Wohnungsmarkts legte<br />
(BMVBS, BBR 2006, 80), <strong>und</strong> beschäftigt sich vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ausschließlich<br />
mit <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren.<br />
Die Arbeit setzt den Fokus auf die Betrachtung der stadttechnischen Infrastruktur<br />
<strong>und</strong> hier auf die Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme. Gerade diese Medien<br />
der stadttechnischen Infrastruktur sind aufgr<strong>und</strong> ihrer Leitungsgeb<strong>und</strong>enheit<br />
<strong>und</strong> damit der starren Verbindung zwischen Versorger <strong>und</strong> K<strong>und</strong>e sowie ihrer hohen<br />
Fixkostenanteile besonders von Rückgängen der <strong>Dichte</strong>n betroffen.<br />
Allerdings können Stadtumbauprozesse, aufgr<strong>und</strong> ihrer Wechselwirkungen mit vielfältigen<br />
stadtplanerischen Handlungsfeldern, nicht allein aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur betrieben werden. Daher erfolgt zur Einordnung der stadttechnischen<br />
Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n eine umfangreiche Betrachtung<br />
weiterer stadtplanerischen Handlungsfelder wie Verkehr, soziale Infrastruktur,<br />
Freiraumversorgung <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage.<br />
1.2.2 Zielsetzung <strong>und</strong> Adressaten<br />
Ziel der Arbeit ist es, Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />
schrumpfender Städte zu entwickeln. Dies erfolgt auf Basis einer Analyse<br />
der Kausalzusammenhänge zwischen städtebaulichen <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> stadtplaneri-
30 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
schen Handlungsfeldern. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt dabei auf der<br />
stadttechnischen Infrastruktur.<br />
Die entwickelten Kriterien sind sowohl quantitativer Natur, in dem sie Werte <strong>für</strong> Zielkorridore<br />
angemessener <strong>Dichte</strong> angeben. Aufgr<strong>und</strong> der sehr verschiedenen <strong>Dichte</strong>n<br />
in unterschiedlichen städtischen Gebieten erfolgt dabei eine Differenzierung nach<br />
Stadtstrukturtypen. Quantitative Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n sind allerdings<br />
nicht ausreichend, um auch eine hohe Qualität der städtischen Strukturen zu gewährleisten.<br />
Daher werden die quantitativen Zielkorridore um qualitative Zielrichtungen<br />
der <strong>Dichte</strong>entwicklung ergänzt.<br />
In der Arbeit geht es nicht um die Entwicklung von normativen Zielvorgaben <strong>für</strong><br />
<strong>Dichte</strong>werte, die in schrumpfenden Städten umzusetzen sind, sondern um die Bereitstellung<br />
von Kriterien, die den Akteuren des Stadtumbaus dazu dienen können,<br />
im Zuge ihrer Stadtumbauplanungen angemessene <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong> ihre Stadtumbaugebiete<br />
zu definieren.<br />
Adressaten der Arbeit sind dementsprechend diejenigen Akteure aus Stadttechnik<br />
<strong>und</strong> Stadtplanung, die mit Prozessen der <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> des Stadtumbaus beschäftigt<br />
sind wie vor allem Mitarbeiter <strong>und</strong> Verbandsvertreter der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft<br />
sowie Stadtplaner in Verwaltungen <strong>und</strong> Planungsbüros. Für diese<br />
Akteure sind die Ergebnisse der Arbeit in mehrfacher Weise nutzbar:<br />
- Erstens erleichtert die umfangreiche Darstellung der Kausalzusammenhänge<br />
zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> wesentlichen Handlungsfeldern der Infrastruktur- <strong>und</strong><br />
Stadtplanung die Nutzung von Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten als wesentliche<br />
Indikatoren der Flächennutzung in schrumpfenden Städten. Informationen zu<br />
diesen <strong>Dichte</strong>werten erlauben demnach Rückschlüsse auf die stadttechnischen<br />
<strong>und</strong> städtebaulichen Qualitäten eines Gebiets.<br />
- Zweitens können die dargestellten Gr<strong>und</strong>lagen zu Zielen der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
aus Sicht der Stadtplanung einerseits <strong>und</strong> aus Sicht der Stadttechnik andererseits<br />
dazu beitragen, dass sich das gegenseitige Verständnis zwischen Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorgern <strong>und</strong> Stadtplanern erhöht. Mit der Übersetzung stadttechnisch bedeutsamer<br />
Dimensionierungsgrößen in stadtplanerisch relevante <strong>Dichte</strong>größen können<br />
die Belange der Stadttechnik künftig besser im Stadtumbauprozess berücksichtigt<br />
werden. Gerade hierin wird ein wichtiger Beitrag der Arbeit gesehen, da<br />
bisherige Erfahrungen im Stadtumbauprozess gezeigt haben, dass die mangelnde<br />
Kooperation zwischen Stadtplanern <strong>und</strong> Ver- <strong>und</strong> Entsorgern zu gesamtgesellschaftlich<br />
ungünstigen Ergebnissen führen kann (BMVBS, BBR 2007, 61ff.;<br />
FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 10ff.; HERZ et al. 2002, 52ff.; 2005, 5; MARSCHKE et<br />
al. 2005, 37f.).<br />
- Drittens bilden die ermittelten quantitativen <strong>und</strong> qualitativen Kriterien zur Bestimmung<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht<br />
der stadttechnischen Infrastruktur sowie weiterer planerischer Handlungsfelder<br />
eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> kommunale <strong>Dichte</strong>planungen in schrumpfenden Städten, z. B.<br />
in Form von <strong>Dichte</strong>modellen, wie sie bereits von einigen westdeutschen Städten<br />
erstellt werden (WESTPHAL, HUTTER 2006, 79ff.).<br />
Der wissenschaftliche Beitrag der Arbeit liegt in einer tiefgreifenden Analyse der<br />
Zusammenhänge zwischen <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen, <strong>Dichte</strong>rückgängen <strong>und</strong> deren<br />
Auswirkungen in verschiedenen stadtplanerischen Handlungsfeldern. Dabei knüpft<br />
die Arbeit an eine langjährige städtebauliche <strong>und</strong> stadtplanerische Diskussion über<br />
Ziele der <strong>Dichte</strong>entwicklung unter Wachstumsbedingungen an <strong>und</strong> verdeutlicht, in-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 31<br />
wiefern die Ergebnisse dieser Diskussion auch unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />
Gültigkeit haben <strong>und</strong> welche neuen Anforderungen <strong>für</strong> die Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren schrumpfender Städte bestehen. Ein besonderer<br />
Beitrag der Arbeit liegt darin, dass Ziele der <strong>Dichte</strong>entwicklung aus Sicht einer funktionsfähigen<br />
<strong>und</strong> ökonomisch tragfähigen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung mit den Zielen verglichen<br />
werden, die sich aus den Anforderungen weiterer stadtplanerischer Handlungsfelder<br />
ergeben. Dabei werden auch langjährige in den Städtebaulehrbüchern<br />
enthaltene Orientierungswerte kritisch hinterfragt. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> richtet<br />
sich die Arbeit auch an Wissenschaftler, die sich mit Fragen der Stadtplanung <strong>und</strong><br />
des Städtebaus in schrumpfenden Städten beschäftigen.<br />
1.3 Aufbau der Arbeit <strong>und</strong> Methodik<br />
1.3.1 Aufbau der Arbeit<br />
Die Arbeit gliedert sich in vier Hauptteile. Der Teil A mit Kapitel 1 umfasst die Einleitung<br />
mit Problemstellung, Forschungsfrage, Zielen <strong>und</strong> Adressaten sowie Aufbau<br />
<strong>und</strong> Methodik der Arbeit.<br />
Teil B der Arbeit beschäftigt sich mit Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
aus Sicht der städtebaulichen Leitbildtheorie sowie wesentlicher stadtplanerischer<br />
Handlungsfelder:<br />
- In Kapitel 2 werden hierzu die methodischen Gr<strong>und</strong>lagen gelegt. Zunächst werden<br />
wesentliche <strong>Dichte</strong>begriffe <strong>und</strong> -maße definiert <strong>und</strong> abgegrenzt. Weiterhin<br />
erfolgt eine Einbettung in die planerische Diskussion zur Entwicklung <strong>und</strong> Nutzung<br />
quantitativer Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte. Um <strong>Dichte</strong>kriterien räumlich differenziert<br />
erarbeiten zu können, wird eine Stadtstrukturtypik entwickelt.<br />
- Die Frage nach angemessenen <strong>Dichte</strong>n hat eine lange Tradition im Städtebau.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> stellt Kapitel 3 die <strong>Dichte</strong>ziele städtebaulicher Leitbilder<br />
seit dem 2. Weltkrieg dar. Dabei werden die vielfältigen Vor- <strong>und</strong> Nachteile von<br />
Verdichtung <strong>und</strong> Auflockerung dargelegt.<br />
- Kapitel 4 beschäftigt sich mit der <strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten.<br />
Hierzu wird zunächst der aktuelle Prozess der Ausdünnung der Siedlungsstruktur<br />
in ostdeutschen Städten aufgezeigt. Anschließend werden städtebauliche Leitbilder<br />
<strong>und</strong> Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung diskutiert, die bisher <strong>für</strong> schrumpfende<br />
Städte entwickelt wurden. Abschließend wird das Programm Stadtumbau<br />
Ost erläutert.<br />
- Kapitel 5 setzt sich mit Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />
Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht wesentlicher planerischer<br />
Handlungsfelder wie Verkehr, soziale Infrastruktur, Freiraumversorgung <strong>und</strong><br />
Wohnungsnachfrage auseinander. Dabei wird anhand der aktuellen Fachdiskussion<br />
analysiert, welche Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong> diese Bereiche vor<br />
dem Hintergr<strong>und</strong> von Wachstum entwickelt wurden <strong>und</strong> inwiefern diese Kriterien<br />
auch <strong>für</strong> schrumpfende Städte Anwendung finden können. Die Kriterien fungieren<br />
als Spiegel zur Einschätzung der Kriterien aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur.
32 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit (Eigene Darstellung)<br />
1. Problemstellung<br />
<strong>und</strong> Methodik<br />
2. Gr<strong>und</strong>lagen zur<br />
Ermittlung von<br />
<strong>Dichte</strong>kriterien<br />
3. <strong>Dichte</strong>ziele seit<br />
dem Zweiten<br />
Weltkrieg<br />
4. <strong>Dichte</strong> in<br />
schrumpfenden<br />
Städten<br />
5. <strong>Dichte</strong>n aus Sicht<br />
stadtplanerischer<br />
Handlungsfelder<br />
6. Stadttechnik <strong>und</strong><br />
Stadtplanung<br />
7. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong><br />
Stadttechnik<br />
8. <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />
<strong>und</strong> Stadttechnik<br />
9. Stadtumbauziele<br />
<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>kriterien<br />
10. Kriterien zur<br />
Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n<br />
11. Bedeutung <strong>für</strong> die<br />
Steuerung des<br />
Stadtumbaus<br />
12. Ausblick<br />
A. Einleitung<br />
Problemstellung<br />
Forschungsfrage, Ziele, Adressaten<br />
Aufbau <strong>und</strong> Methodik<br />
B. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadtplanung<br />
<strong>Dichte</strong>begriffe <strong>und</strong> -maße<br />
Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte<br />
Stadtstrukturtypen<br />
<strong>Dichte</strong>ziele städtebaulicher<br />
Leitbilder; Pro <strong>und</strong> Contra<br />
Verdichtung / Auflockerung<br />
Entdichtungsprozesse<br />
Städtebauliche Leitbilder<br />
Stadtumbau Ost<br />
<strong>Dichte</strong>kriterien Verkehr, soziale<br />
Infrastruktur, Freiraumversorgung,<br />
Wohnungsnachfrage<br />
C. Stadttechnik<br />
Stadttechnik <strong>und</strong> Stadtplanung<br />
Infrastruktur <strong>und</strong> Erschließung<br />
Zusammenhänge zwischen <strong>Dichte</strong><br />
<strong>und</strong> Stadttechnik<br />
Auswirkungen der <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />
auf Aufwand, Kosten <strong>und</strong><br />
Funktionsfähigkeit der Stadttechnik<br />
Qualitative <strong>und</strong> quantitative<br />
<strong>Dichte</strong>kriterien<br />
Grenzen der Bestimmung von<br />
<strong>Dichte</strong>kriterien<br />
D. Ergebnisse<br />
Einordnung stadttechnischer<br />
Kriterien; Steckbriefe der Kriterien<br />
<strong>für</strong> Stadtstrukturtypen<br />
Bedeutung stadttechnischer<br />
<strong>Dichte</strong>ziele als Beitrag zur<br />
Steuerung des Stadtumbaus<br />
Praktische Anwendung, Handlungsempfehlungen,<br />
Forschungsbedarf<br />
Welche Kriterien zur<br />
Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n fanden bisher in der<br />
Stadtplanung Anwendung <strong>und</strong><br />
welche Schlussfolgerungen<br />
lassen sich hieraus im Hinblick<br />
auf angemessene <strong>Dichte</strong>n in<br />
schrumpfenden Städten<br />
ziehen?<br />
Welche Ziele der<br />
<strong>Dichte</strong>entwicklung bestehen<br />
aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur <strong>und</strong> welche<br />
quantitativen <strong>und</strong> qualitativen<br />
Kriterien zur Bestimmung<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
können hieraus abgeleitet<br />
werden?<br />
In welchem Verhältnis stehen<br />
<strong>Dichte</strong>ziele <strong>und</strong> -kriterien aus<br />
Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur zu den Zielen<br />
anderer stadtplanerischer<br />
Handlungsfelder?<br />
Wie können die Kriterien zur<br />
Steuerung des Stadtumbaus<br />
genutzt werden?<br />
In Teil C der Arbeit werden Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />
schrumpfenden Städten aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur entwickelt:<br />
- In Kapitel 6 wird einleitend auf das Verhältnis zwischen stadttechnischer Infrastruktur<br />
<strong>und</strong> Stadtplanung, den Erschließungsbegriff <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>lagen der Dimensionierung<br />
der Trinkwasser- <strong>und</strong> Fernwärmeversorgung sowie der Abwasserentsorgung<br />
eingegangen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 33<br />
- In Kapitel 7 werden die wesentlichen Wechselwirkungen zwischen Bebauungs-<br />
<strong>und</strong> Einwohnerdichten <strong>und</strong> der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung dargestellt.<br />
- Kapitel 8 beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Ausdünnung der ostdeutschen<br />
Siedlungsstruktur auf die stadttechnische Infrastruktur. Diskutiert werden<br />
dabei vor allem Aufwands- <strong>und</strong> Kostensteigerungen sowie Funktionsbeeinträchtigungen.<br />
- Kapitel 9 beinhaltet das Kernergebnis der Arbeit: die qualitativen <strong>und</strong> quantitativen<br />
Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />
schrumpfender Städte aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur. Dabei werden<br />
gleichzeitig die Grenzen bei der Bestimmung solcher <strong>Dichte</strong>kriterien aufgezeigt.<br />
In Teil D werden die Ergebnisse der Arbeit zusammenfassend dargestellt.<br />
- Kapitel 10 enthält mit den Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus<br />
Sicht der stadttechnischen Infrastruktur die zentralen Ergebnisse der Arbeit.<br />
Hierzu werden die stadttechnischen Kriterien <strong>für</strong> eine bessere Einordnung zunächst<br />
zu den Kriterien aus Sicht anderer stadtplanerischer Handlungsfelder<br />
(Verkehr, soziale Infrastruktur, Freiraumversorgung, Wohnungsnachfrage) in Beziehung<br />
gesetzt. Widersprüchliche Zielsetzungen sowie mögliche Synergien<br />
werden aufgezeigt. ‚Steckbriefe’ fassen die stadttechnischen sowie die weiteren<br />
stadtplanerischen Kriterien <strong>für</strong> fünf in Ostdeutschland relevante Strukturtypen der<br />
Wohnbebauung zusammen.<br />
- In Kapitel 11 werden die Ergebnisse der Arbeit in einen breiteren Zusammenhang<br />
gestellt, indem diskutiert wird, welchen Beitrag die ermittelten stadttechnischen<br />
Kriterien zur Steuerung des Stadtumbaus leisten können.<br />
- Kapitel 12 liefert einen Ausblick <strong>und</strong> zeigt Möglichkeiten der praktischen Anwendung<br />
der ermittelten Kriterien, Handlungsempfehlungen <strong>und</strong> den weiteren Forschungsbedarf<br />
auf. Dabei wird auf die Zielgruppen der Arbeit (Stadtplaner, Ver<strong>und</strong><br />
Entsorger, Wissenschaftler) Bezug genommen.<br />
Damit richten sich die Teile der Arbeit jeweils auf die Beantwortung bestimmter zur<br />
Operationalisierung der Forschungsfrage entwickelter Teilfragen, wie Abbildung 1<br />
ebenfalls verdeutlicht.<br />
1.3.2 Methodisches Vorgehen<br />
Die Ergebnisse der Arbeit basieren auf vier methodischen Säulen (s. Abbildung 2).<br />
Die erste Säule stellt eine breite Literaturauswertung dar. Ansätze der städtebaulichen<br />
Leitbildtheorie, der Verkehrswissenschaften, der Infrastrukturplanung (soziale<br />
<strong>und</strong> technische), der Freiraumplanung, der Wohnungsnachfrageentwicklung, der<br />
Infrastrukturfolgekostentheorie sowie aktuelle Planungsdokumente im Kontext des<br />
Programms Stadtumbau Ost wurden im Hinblick auf die folgenden Fragen ausgewertet:<br />
- Welcher Zusammenhang besteht zwischen Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />
<strong>und</strong> dem jeweiligen Handlungsfeld?<br />
- Wie wirken sich <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozesse auf das jeweilige<br />
Handlungsfeld aus?<br />
- Welche Anhaltspunkte lassen sich daraus im Hinblick auf Kriterien zur Bestimmung<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren schrumpfender Städte gewinnen?
34 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Die zweite methodische Säule bilden Datenauswertungen. Um die Zusammenhänge<br />
zwischen <strong>Dichte</strong>werten <strong>und</strong> planerischen Handlungsfeldern nachzuweisen,<br />
erfolgte eine umfangreiche Auswertung sek<strong>und</strong>ärstatistischer Daten. Berücksichtigt<br />
wurden vor allem Daten zur Bevölkerungsentwicklung, Daten zu Siedlungs- <strong>und</strong><br />
Verkehrsflächen, des Mikrozensus zur Wohnsituation der Haushalte sowie der<br />
Wohnflächeninanspruchnahme, Daten aus kommunalstatistischen Erhebungen <strong>und</strong><br />
Daten der Umweltstatistik. Als Datengr<strong>und</strong>lage dienten neben diesen sek<strong>und</strong>ärstatistischen<br />
Daten auch solche Daten, die in anderen Studien erhoben wurden, z. B.<br />
zu <strong>Dichte</strong>werten sowie zum Infrastrukturaufwand verschiedener Siedlungsformen<br />
(BUCHERT et al. 2004; MENKHOFF et al. 1979; SIEDENTOP et al. 2006). Die Datenauswertung<br />
erfolgte ebenfalls anhand der bereits dargestellten Fragestellungen<br />
nach den Beziehungen zur <strong>Dichte</strong>, den Auswirkungen von Entdichtungsprozessen<br />
sowie der Entwicklung von Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n.<br />
Abbildung 2: Methodisches Vorgehen (Eigene Darstellung)<br />
Während die Ermittlung von stadtplanerischen <strong>Dichte</strong>kriterien auf die Literatur- <strong>und</strong><br />
Datenauswertung beschränkt ist, erfolgt im Bereich der Stadttechnik eine tiefergehende<br />
Untersuchung, die zwei zusätzliche methodische Bausteine enthält.<br />
Zunächst wurden leitfadengestützte Experteninterviews durchgeführt. Ziel war es<br />
hierbei, bisher nicht bekanntes Expertenwissen der <strong>für</strong> die Infrastrukturplanung relevanten<br />
Akteure zu gewinnen (vgl. GLÄSER, LAUDEL 2004, 38ff.; KROMREY 2002,<br />
378f.).<br />
Als wichtige Experten in diesem Bereich wurden Wissenschaftler, die sich mit Fragen<br />
der Stadttechnik in schrumpfenden Städten beschäftigen, Verbandsvertreter<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiter der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft sowie Stadtplaner mit einem<br />
starken Bezug zur Stadttechnik befragt. Ermittelt wurden zunächst wesentliche Repräsentanten<br />
der aktuellen Diskussion, die, entsprechend des Schneeballprinzips<br />
(BRYMAN 2004, 101, 334), nach weiteren Ansprechpartnern befragt wurden. Tabelle<br />
1 zeigt eine Zuordnung der Interviewpartner zu den Expertengruppen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 35<br />
Tabelle 1: Expertengruppen <strong>und</strong> Interviewpartner 1<br />
Wissenschaftler Verbandsvertreter Vertreter Unternehmen Stadtplaner<br />
Prof. Dr.-Ing. Matthias<br />
Koziol & Jörg Walter<br />
(Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadttechnik<br />
der BTU Cottbus)<br />
Lars Marschke<br />
(Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadtbauwesen,<br />
Fakultät Bauingenieurwesen,<br />
TU Dresden)<br />
Prof. Dr.-Ing.<br />
Hans-Peter Tietz<br />
(Lehrstuhl Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorgungssysteme,<br />
Fakultät Raumplanung,<br />
Universität Dortm<strong>und</strong>)<br />
Jürgen Friese<br />
(Geschäftsführer der<br />
VKU-Landesgruppe<br />
Brandenburg)<br />
Gunnar Braun<br />
(Geschäftsführer der<br />
VKU-Landesgruppe Sachsen)<br />
Frank Springer<br />
(Stadtwerke Erfurt)<br />
Günter Spielvogel &<br />
Kerstin Schneider<br />
(Zwickauer Energie-<br />
Versorgung GmbH (ZEV))<br />
Ute Effnert<br />
(Stadtplanungsamt<br />
Cottbus)<br />
Die Interviewleitfäden wurden auf Basis des anhand der Literatur- <strong>und</strong> Datenauswertung<br />
gewonnenen Wissens zu den Zusammenhängen von <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik<br />
erarbeitet. Auf der Basis dieses Vorwissens wurde das Erkenntnisinteresse<br />
der Interviews in folgenden Fragenbereichen präzisiert (vgl. z. B. BRYMAN 2004,<br />
324ff.):<br />
- Kausalzusammenhänge zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik<br />
- Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Stadttechnik<br />
� Wirtschaftlichkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
� Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
� Umweltverträglichkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
- Ziele <strong>für</strong> den Stadtumbau aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
- Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n in Bezug auf<br />
� Wirtschaftlichkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
� Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
� Umweltverträglichkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
Die Interviewleitfäden wurden <strong>für</strong> die unterschiedlichen Expertengruppen (Wissenschaftler,<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorger, Planer) geringfügig modifiziert (GLÄSER, LAUDEL 2004,<br />
113). 2 Die Interviews wurden aufgenommen, deren wesentliche Ergebnisse schriftlich<br />
niedergelegt <strong>und</strong> im Hinblick auf die einzelnen Fragenbereiche ausgewertet.<br />
Zusätzlich wurden die Zwischenergebnisse der Arbeit während eines Treffens der<br />
Arbeitsgruppe Stadtumbau Ost der Landesgruppe Sachsen des Verbands kommunaler<br />
Unternehmen diskutiert. 3<br />
Die Ergebnisse der Interviews haben Eingang in Teil C der Arbeit gef<strong>und</strong>en. Aus<br />
Datenschutzgründen wurden die Interviews zur Anonymisierung größtenteils codiert.<br />
In Exkursen, in denen ein klarer Bezug zu Städten oder Unternehmen erkennbar ist,<br />
wurde auf die Anonymisierung verzichtet <strong>und</strong> <strong>für</strong> die zitierten Einzelbeispiele eine<br />
Veröffentlichungserlaubnis eingeholt.<br />
1 Siehe auch die Liste der geführten Interviews im Anhang I.<br />
2 Siehe auch die Interviewleitfäden in Anhang II.<br />
3 Das Treffen fand am 06.12.2006 in Dresden statt. An dem Treffen nahmen Vertreter von<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen aus Sachsen teil.
36 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Die negativen Folgewirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen auf die stadttechnische<br />
Infrastruktur sind ein vergleichsweise neues Problem. Daher bestehen bisher nur<br />
eingeschränkte Erfahrungswerte über deren mittel- <strong>und</strong> langfristige Auswirkungen<br />
(KOZIOL, WALTHER 2006, 262). Es handelt sich also um ein Problem, bei dem weder<br />
aktuelle noch vollständige Daten zur Verfügung stehen noch eine Vollerhebung der<br />
Daten möglich ist. In solchen Fällen hat sich der Einsatz von Modellrechnungen<br />
als sinnvoll erwiesen (SIEDENTOP et al. 2006, 41). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurden<br />
als vierter methodischer Baustein der Arbeit die Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
auf die stadttechnische Infrastruktur modelliert. Modellrechnungen wurden<br />
<strong>für</strong> Stadtstrukturtypen durchgeführt, die typische Bebauungsformen mit ihren<br />
<strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> Infrastrukturausstattungen abbilden. Anhand der in der Fachliteratur<br />
verfügbaren Daten zu <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> Infrastrukturausstattungen der verschiedenen<br />
Stadtstrukturtypen wurden modellhafte Berechnungen der Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
auf die stadttechnische Infrastruktur vorgenommen sowie Schwellenkorridore<br />
minimaler <strong>Dichte</strong>n errechnet.<br />
Die Ergebnisse der Arbeit – Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />
Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
inklusive der Hinweise zu deren Einbindung in den Stadtumbauprozess – basieren<br />
auf einer Synthese der Ergebnisse aller vier methodischen Bausteine.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 37<br />
B. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadtplanung<br />
Der erste Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung von Kriterien zur<br />
Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von Städtebau <strong>und</strong> wesentlichen<br />
stadtplanerischen Handlungsfeldern. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage können die in Teil C ermittelten<br />
Kriterien aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur in den abschließenden<br />
Schlussfolgerungen in Teil D besser eingeordnet werden.<br />
- Hierzu wird zunächst in Kapitel 2 die methodische Basis gelegt, um Kriterien zur<br />
Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n entwickeln zu können.<br />
- In Kapitel 3 wird anhand einer umfassenden Analyse der <strong>Dichte</strong>ziele städtebaulicher<br />
Leitbilder nach dem Zweiten Weltkrieg abgeleitet, welche Vorstellungen<br />
über angemessene <strong>Dichte</strong>n im Städtebau bereits formuliert wurden.<br />
- Kapitel 4 stellt die Frage nach der angemessenen <strong>Dichte</strong> in den Kontext der<br />
<strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten.<br />
- Kapitel 5 zeigt, inwiefern <strong>Dichte</strong> eine bestimmende Planungsgröße sowohl <strong>für</strong><br />
wachsende als auch <strong>für</strong> schrumpfende Städte ist <strong>und</strong> verdeutlicht dies am Beispiel<br />
der Handlungsfelder Verkehr, soziale Infrastruktur, Freiraumversorgung <strong>und</strong><br />
Wohnungsnachfrage.<br />
2 Gr<strong>und</strong>lagen zur Ermittlung von Kriterien angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n<br />
Die Ermittlung von Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren<br />
schrumpfender Städte erfordert einige definitorische <strong>und</strong> methodische Gr<strong>und</strong>lagen,<br />
die in den folgenden Kapiteln dargelegt werden.<br />
- Zunächst erfolgt in Kapitel 2.1 eine Erläuterung <strong>und</strong> Abgrenzung der wesentlichen<br />
in dieser Arbeit verwendeten <strong>Dichte</strong>maße. Die Beziehungen zwischen Maßen<br />
der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten werden verdeutlicht <strong>und</strong> aktuelle<br />
Werte zu wesentlichen <strong>Dichte</strong>maßen <strong>und</strong> deren Bestimmungrößen aufgezeigt.<br />
- Kapitel 2.2 bettet die Frage nach angemessenen <strong>Dichte</strong>n in die Diskussion der<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Nutzbarkeit quantitativer Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte ein. Es<br />
werden Schlussfolgerungen gezogen, wie quantitative Kriterien zur Bestimmung<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n ermittelt werden können, <strong>und</strong> wie diese, auch im Verhältnis<br />
zu qualitativen <strong>Dichte</strong>zielen, in einen Prozess der Steuerung des Stadtumbaus<br />
in Ostdeutschland einfließen können.<br />
- Kapitel 2.3 erläutert die bei der Bestimmung von Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
verwendeten Stadtstrukturtypen, die eine Entwicklung räumlich differenzierter<br />
<strong>Dichte</strong>ziele ermöglichen.<br />
2.1 <strong>Dichte</strong>begriffe <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>maße<br />
2.1.1 Der <strong>Dichte</strong>begriff in der Stadtplanung<br />
Im Folgenden wird der Begriff der ‚<strong>Dichte</strong>’ diskutiert. Dabei wird zunächst auf seine<br />
Definition eingegangen, seine aktuelle Bedeutung in der stadtplanerischen Diskussion<br />
hervorgehoben sowie die besondere Bedeutung des Begriffs der ‚angemessenen<br />
<strong>Dichte</strong>’ erläutert.
38 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Definition des Begriffs „<strong>Dichte</strong>“ aus stadtplanerischer Sicht<br />
<strong>Dichte</strong> ist von hoher Bedeutung <strong>für</strong> Städtebau <strong>und</strong> Stadtplanung, als Planungs-,<br />
Vergleichs- <strong>und</strong> Kontrollwert (HOHENADL 1977, 2). <strong>Dichte</strong> ist eine entscheidende<br />
Größe zur Beschreibung von Städten <strong>und</strong> städtischen Systemen, da sie einerseits<br />
die Beziehung zwischen Fläche <strong>und</strong> Gesellschaft (Bevölkerungsdichte) <strong>und</strong> anderseits<br />
zur physischen Struktur (Bebauungsdichte) herstellt (LICHTENBERGER 1998,<br />
87). Bereits 1964 betonte Albers die zentrale Bedeutung der <strong>Dichte</strong> zur qualitativen<br />
Beurteilung von Planungsräumen, d. h. zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit, der<br />
Sanierungsbedürftigkeit sowie des städtischen Charakters (ALBERS 1964, 44).<br />
In der planerischen <strong>und</strong> städtebaulichen Diskussion drückt <strong>Dichte</strong> die Intensität der<br />
Flächennutzung aus. Dabei werden Mengen oder Nutzungsziffern (z. B. Einwohner,<br />
Wohneinheiten, umbaute Raumeinheiten) ins Verhältnis zu abgegrenzten Bezugsflächen<br />
(z. B. Siedlungsfläche in km², Baugebiet in ha, Gr<strong>und</strong>stück in m²) gesetzt<br />
(z. B. HEIDEMANN 1975, 37; HOHENADL 1977, 3f.; MÜLLER et al. 1979, 124).<br />
Dabei werden in der stadtplanerischen <strong>und</strong> städtebaulichen Literatur verschiedene<br />
Konzepte des <strong>Dichte</strong>begriffes diskutiert.<br />
- ALBERS (1964, 44) verwendet einen eindimensionalen <strong>und</strong> einwohnerbezogenen<br />
<strong>Dichte</strong>begriff, indem er <strong>Dichte</strong> als Einwohner je ha Nettowohnbauland definiert.<br />
Diese Größe stellt er allerdings in einen Zusammenhang zu anderen Größen wie<br />
z. B. zur Geschossflächenzahl.<br />
- GASSNER (1978, 93) stellt in seinem <strong>Dichte</strong>begriff einen engen Zusammenhang<br />
zwischen Bebauungs-, Einwohner- <strong>und</strong> Nutzungsdichten her <strong>und</strong> betont damit<br />
die Multidimensionalität von <strong>Dichte</strong>, allerdings zunächst in Form eines statischen<br />
<strong>Dichte</strong>begriffs. Städtebauliche <strong>Dichte</strong> ergibt sich <strong>für</strong> ihn aus einem Zusammenwirken<br />
von baulichen Anlagen, Personen <strong>und</strong> <strong>Institut</strong>ionen <strong>und</strong> deren Zuordnung<br />
zu einem bestimmten Areal.<br />
- HEIDEMANN (1975, 25ff.) geht über diesen statischen <strong>Dichte</strong>begriff hinaus <strong>und</strong><br />
betont die zeitliche Dimension der <strong>Dichte</strong>. Als Maß, das die <strong>Dichte</strong> von Sachen<br />
um eine zeitliche Komponente erweitert, nennt er z. B. die Versorgungsleistung<br />
in m³ pro St<strong>und</strong>e.<br />
Abbildung 3 illustriert auf dieser Gr<strong>und</strong>lage den in dieser Arbeit verwendeten <strong>Dichte</strong>begriff.<br />
Demnach definiert <strong>Dichte</strong> als stadtplanerische Größe ein Verhältnis von<br />
Sachen (vor allem Gebäuden) oder Personen zu einem Bezugsraum. Dieser Wert<br />
bezieht sich jeweils auf einen bestimmten Zeitpunkt wie z. B. einen Monat oder ein<br />
Jahr.<br />
Abbildung 3: Der <strong>Dichte</strong>begriff in der Stadtplanung (Eigene Darstellung)
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 39<br />
Beeinflusst wird die jeweilige <strong>Dichte</strong> von vielfältigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen,<br />
zu denen unter anderem ökonomische Gegebenheiten wie z. B. sektorale<br />
Differenzierung <strong>und</strong> Art der Produktion, soziale Gegebenheiten wie z. B. Haushalts-<br />
<strong>und</strong> Familienstrukturen, kulturelle Einflussfaktoren oder politische Systeme<br />
zählen (LICHTENBERGER 1998, 87).<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Verdichtung als interdisziplinäre Frage zu<br />
sehen, die neben technischen, gestalterischen <strong>und</strong> technisch-wirtschaftlichen, d. h.<br />
bauökonomischen <strong>und</strong> infrastrukturökonomischen Fragen auch Fragen der psychischen<br />
<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen Verfassung betreffen <strong>und</strong> damit neben Architektur,<br />
Städtebau, Bauingenieurs- <strong>und</strong> Vermessungswesen auch <strong>für</strong> die Sozialwissenschaften<br />
(insbesondere Psychologie <strong>und</strong> Soziologie) sowie die Medizin von Bedeutung<br />
sind (GASSNER 1978, 93).<br />
Der <strong>Dichte</strong>begriff in der aktuellen stadtplanerischen Diskussion<br />
In der aktuellen Literatur im Kontext nachhaltiger Stadtentwicklung wird der Begriff<br />
der ‚Städtebaulichen <strong>Dichte</strong>’ als vielfältiges Konstrukt angesehen, dass sich aus<br />
mehreren Bestandteilen wie der baulichen <strong>Dichte</strong>, der Einwohnerdichte, der Beschäftigtendichte,<br />
der Besucherdichte, der Nutzungsdichte <strong>und</strong> der sozialen <strong>Dichte</strong><br />
zusammensetzt (APEL et al. 2000, 57). Vielfach wird die Notwendigkeit betont den<br />
traditionellen primär quantitativen <strong>Dichte</strong>begriff um eine qualitative Perspektive zu<br />
erweitern. Zu nennen ist hier insbesondere die soziale <strong>Dichte</strong> oder auch die Ereignis-<br />
oder Erlebnisdichte, die den Zusammenhang zwischen baulicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong><br />
sozialer Interaktionsdichte in den Vordergr<strong>und</strong> rückt, <strong>und</strong> damit von besonderer Bedeutung<br />
<strong>für</strong> die Qualität einer Siedlung ist (APEL et al. 2000, 57; AURICH 1997, 64;<br />
HUTTER et al. 2004, 38). Wesentlich vor dem Hintergr<strong>und</strong> der kulturellen Dimension<br />
ist weiterhin die historische <strong>Dichte</strong> (AURICH 1997, 64; KELLNER 1997, 67).<br />
SIEVERTS (1997a, 83) unterscheidet drei verschiedene <strong>Dichte</strong>begriffe: die bauliche<br />
<strong>Dichte</strong> z. B. gemessen als Bruttogeschossfläche pro Flächeneinheit, die räumlichvisuelle<br />
<strong>Dichte</strong> als Grad der erlebbaren baulich-räumlichen Geschlossenheit sowie<br />
die Arbeitsplatz- <strong>und</strong> Wohndichte als Bestimmungsmaß <strong>für</strong> die Menge <strong>und</strong> Qualität<br />
der möglichen Sozialkontakte pro Siedlungseinheit. Dabei müssen diese verschiedenen<br />
Dimensionen der <strong>Dichte</strong> keinesfalls miteinander korrelieren. Gerade Bebauungs-<br />
<strong>und</strong> Einwohnerdichten stehen häufig nicht miteinander in Zusammenhang. So<br />
weisen z. B. gewerblich genutzte Stadtteile häufig eine hohe bauliche <strong>Dichte</strong> auf,<br />
werden jedoch nach Ende der Arbeitszeit kaum noch von Nutzern frequentiert. Auch<br />
entstehen in baulich verdichteten jedoch anonymen Großsiedlungen keinesfalls<br />
zwangsläufig hohe soziale <strong>Dichte</strong>n im Sinne einer hohen Kontakt- <strong>und</strong> Kommunikationsdichte<br />
(CORDING 2007, 42).<br />
Als wesentliche Dimensionen <strong>für</strong> ein <strong>Dichte</strong>leitbild zur Kapazitätsanpassung städtischer<br />
Strukturen unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen nennt REUTHER (2002, 17):<br />
„die bauliche <strong>Dichte</strong> im Sinne der Verteilung von Baumassen <strong>und</strong> verfügbaren<br />
Flächen, die Nutzungsdichte im Sinne einer Auslastung <strong>und</strong> Inanspruchnahme<br />
von Raum- <strong>und</strong> Flächenkapazitäten, die soziale <strong>Dichte</strong> im Sinne der Verteilung<br />
von Bewohnern, Nutzern <strong>und</strong> Nutzungen im Stadtraum <strong>und</strong> die symbolische<br />
<strong>Dichte</strong>, die vom Erleben wahrnehmbarer Gebäudehöhen <strong>und</strong> Identität stiftender<br />
Bauwerke, vorherrschenden Haustypen, Enge, Weite <strong>und</strong> Vielfalt von Eindrücken<br />
oder Einflüssen geprägt wird.“
40 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Zusammenfassend sind in der stadtplanerischen Diskussion derzeit folgende <strong>Dichte</strong>begriffe<br />
gebräuchlich:<br />
- Bauliche <strong>Dichte</strong><br />
- Einwohnerdichte / Wohndichte<br />
- Beschäftigtendichte / Arbeitsplatzdichte<br />
- Besucherdichte<br />
- Nutzungsdichte<br />
- Räumlich-visuelle <strong>Dichte</strong><br />
- Symbolische <strong>Dichte</strong><br />
- Ereignis- oder Erlebnisdichte<br />
- Soziale oder kommunikative <strong>Dichte</strong><br />
- <strong>Dichte</strong> der historischen Schichtungen<br />
Definition des Begriffs der „angemessenen <strong>Dichte</strong>“<br />
Städtebauliche <strong>Dichte</strong>n in ihrer Ausprägung als Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />
stehen in enger Wechselbeziehung zu vielfältigen stadtplanerischen Handlungsfeldern.<br />
Dabei resultieren aus den verschiedenen Handlungsfeldern widersprüchliche<br />
Anforderungen an die angestrebten <strong>Dichte</strong>ziele. Während höhere <strong>Dichte</strong>n einen<br />
verringerten Erschließungs- <strong>und</strong> Verkehrsaufwand mit sich bringen <strong>und</strong> eine effizientere<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung mit den Medien der stadttechnischen Infrastruktur<br />
ermöglichen, werden ebenso Grenzen der Verdichtung diskutiert vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
kleinräumiger <strong>ökologische</strong>r Erfordernisse sowie der sozialen Bedürfnisse<br />
(BFLR 1996, 19; FELDTKELLER 2001, 10, 62; HUTTER et al. 2004, 8).<br />
Fragen nach der idealen, optimalen oder richtigen <strong>Dichte</strong> lassen sich daher nicht<br />
pauschal beantworten (CORDING 2007, 43; KLOTZ, FREY 1997, 82; KÜHN 1998, 503;<br />
PAHL-WEBER et al. 2000, 16). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> bringt der hier gewählte Begriff<br />
der ‚angemessenen <strong>Dichte</strong>’ zum Ausdruck, dass <strong>Dichte</strong>ziele jeweils aus städtebaulicher,<br />
<strong>ökologische</strong>r, sozialer <strong>und</strong> ökonomischer Sicht zu definieren sind (HUTTER<br />
et al. 2004, 8; SIEVERTS 1997a, 86). Zu berücksichtigen sind dabei weiterhin die<br />
typischen Charakteristika des Ortes wie Lage, Stadttyp <strong>und</strong> Siedlungsform (KLOTZ,<br />
FREY 1997, 82; KÜHN 1998, 503), denn „jeder Ort hat seine eigene <strong>Dichte</strong>“, so die<br />
Studie „Neues Wohnen im Bestand“ <strong>für</strong> die Stadt Münster im Rahmen des Experimentellen<br />
Wohnungs- <strong>und</strong> Städtebaus (PAHL-WEBER et al. 2000, 16).<br />
Trotz der benannten Schwierigkeiten pauschale Aussagen zu ‚richtigen’ oder ‚idealen’<br />
<strong>Dichte</strong>n zu treffen, lassen sich, unter Abwägung der jeweiligen Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />
der Ver- oder Entdichtung, dennoch allgemeine Anhaltspunkte zur Bestimmung<br />
derjenigen <strong>Dichte</strong>n finden, die als angemessen <strong>für</strong> verschiedene Typen von Wohnstandorten<br />
gelten können (HUTTER et al. 2004, 11). Anstelle der Festsetzung eines<br />
pauschalen Zielwerts geht es hierbei allerdings vielmehr um die Festlegung geeigneter<br />
Zielkorridore sowie qualitativer Zielkriterien der <strong>Dichte</strong>entwicklung.<br />
Unter Wachstumsbedingungen bedeutet dies zu ermitteln, bis zu welchem Grad<br />
eine weitere Verdichtung des Siedlungsraums gegenüber einer weiteren Flächeninanspruchnahme<br />
im Außenbereich einerseits <strong>ökologische</strong> Vorteile erbringt <strong>und</strong> andererseits<br />
auch den sozialen Ansprüchen der Bewohner an ihr Wohnumfeld nicht entgehen<br />
steht (HAPPE et al. 1994, 15; HUTTER et al. 2004, 11). Hierzu kann auf langjährige<br />
Diskussionen in der stadtplanerischen <strong>und</strong> städtebaulichen Literatur zurück-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 41<br />
gegriffen werden (z. B. ALBERS 1964; BRAKEBUSCH 1969; CHURCHMAN 1999; DROß<br />
1996; FELDTKELLER 2001; GASSNER 1978; GÖDERITZ et al. 1957).<br />
Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten fehlen<br />
bisher weitestgehend. Doch gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
wird <strong>Dichte</strong> zu einer zentralen Planungskategorie (DOEHLER et al. 2002, 10). In<br />
den ostdeutschen Städten haben nach 1990 zwei parallele Prozesse zu einer massiven<br />
Reduzierung der Einwohnerdichten beigetragen. Zum einen erfolgte eine beschleunigte<br />
Zunahme der individuellen Wohnflächeninanspruchnahme <strong>und</strong> damit<br />
eine Ausdünnung der Zahl der Einwohner auf gleicher Fläche. Zum anderen haben<br />
Bevölkerungsverluste in einigen Gebieten ostdeutscher Städte zu massiven Wohnungsleerständen<br />
geführt <strong>und</strong> damit zu einem weiteren Absinken der Einwohnerdichten.<br />
Gerade in von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffenen Gebieten widersprechen<br />
Bebauungsstruktur, d. h. bauliche <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Nutzungsstruktur einander<br />
(DOEHLER et al. 2002, 3). Urbane Stadtstrukturen mit einem entsprechenden Angebot<br />
an Infrastrukturen können allerdings nur gewährleistet werden, wenn städtische<br />
Bebauungsdichten mit entsprechenden Einwohner- <strong>und</strong> Nutzungsdichten verb<strong>und</strong>en<br />
sind. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist die Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />
schrumpfenden Städten mit der Herausforderung verb<strong>und</strong>en, Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />
wieder in Einklang zu bringen. Es sind diejenigen Bebauungs- <strong>und</strong><br />
Einwohnerdichten zu bestimmen, die es ermöglichen sowohl eine hohe Wohn- <strong>und</strong><br />
Aufenthaltsqualität zu schaffen als auch eine effiziente Bereitstellung von Infrastrukturen<br />
zu gewährleisten.<br />
2.1.2 Stadtplanerische <strong>Dichte</strong>maße<br />
Die Auseinandersetzung mit dem <strong>Dichte</strong>begriff (s. Kapitel 2.1.1) verdeutlicht dessen<br />
Vielfältigkeit sowie die Notwendigkeit zur Berücksichtigung der qualitativen Dimensionen<br />
von <strong>Dichte</strong>. So lassen sich die räumlich-visuelle, die symbolische, die Ereignis-<br />
<strong>und</strong> Erlebnisdichte, die soziale <strong>und</strong> kommunikative <strong>Dichte</strong> sowie die <strong>Dichte</strong> historischer<br />
Schichtungen nur mit qualitativen Kriterien / Indikatoren beschreiben. Auch<br />
temporäre <strong>Dichte</strong>maße wie z. B. die Benutzer- <strong>und</strong> Besucherdichte lassen sich aufgr<strong>und</strong><br />
von Problemen der Bestimmung der Dauer <strong>und</strong> Frequenz des Aufenthalts nur<br />
schwer bestimmen (HOHENADL 1977, 7).<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> erfolgt in dieser Arbeit, bei der Bestimmung von quantifizierten<br />
<strong>Dichte</strong>zielen, eine Beschränkung auf Maße der baulichen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> der Einwohnerdichte.<br />
Mit der gleichzeitigen Betrachtung von Maßen der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />
können, im Vergleich zu einer alleinigen Betrachtung baulicher <strong>Dichte</strong>maße,<br />
zusätzliche Informationen gewonnen werden (vgl. z. B. DROß 1996, 2.7), vor allem<br />
in schrumpfenden Städten (DOEHLER et al. 2002, 10).<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Einschränkung auf die Betrachtung der <strong>Dichte</strong> in Wohngebieten wird<br />
in dieser Arbeit auf eine dezidierte Betrachtung der Beschäftigten- <strong>und</strong> Arbeitsplatzdichte<br />
verzichtet. Dennoch wird, vor allem bei den qualitativen Kriterien davon ausgegangen,<br />
dass eine Nutzungsmischung maßgeblich zu hohen Ereignis- <strong>und</strong> Erlebnisdichten<br />
beiträgt (FELDTKELLER 2001, 57ff.).<br />
<strong>Dichte</strong>maße der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />
Bei der Verwendung <strong>und</strong> Vergleichbarkeit von quantitativen <strong>Dichte</strong>maßen ist eine<br />
einheitliche <strong>und</strong> klar definierte Abgrenzung der verwendeten städtebaulichen Be-
42 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
zugsflächen von essentieller Bedeutung. Häufig wird die Vielfalt <strong>und</strong> Uneinheitlichkeit<br />
von <strong>Dichte</strong>maßen kritisiert (ATTESLANDER 1975, 37ff.; CHURCHMAN 1999, 390;<br />
HOHENADL 1977, 3f.).<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> zeigen Tabelle 2 <strong>und</strong> Tabelle 3 eine Systematisierung der<br />
in dieser Arbeit verwendeten <strong>Dichte</strong>maße.<br />
Maße der Bebauungsdichte, auch bezeichnet als bauliche <strong>Dichte</strong>, sind die am<br />
häufigsten gebrauchten <strong>Dichte</strong>kennziffern. Sie beschreiben die Summe der Nutzflächen<br />
in Relation zu einer Bezugsfläche. Maße der Bebauungsdichte sind vor allem<br />
auf der räumlichen Ebene des Wohngebiets, des Gr<strong>und</strong>stücks <strong>und</strong> der einzelnen<br />
Wohnung gebräuchlich.<br />
Bei der Wohnungsdichte (Wohneinheiten je ha) ist zu unterscheiden zwischen der<br />
Bruttowohnungsdichte <strong>und</strong> der Nettowohnungsdichte. Das Nettowohnbauland beinhaltet<br />
die Gr<strong>und</strong>stücksfläche mit der überbauten Gr<strong>und</strong>stücksfläche, gr<strong>und</strong>stückseigenen<br />
Hof- <strong>und</strong> Freiflächen sowie Zuwegen <strong>und</strong> Einstellplätzen. Darüber hinaus<br />
beinhaltet das Bruttowohnbauland – neben dem Nettowohnbauland – die überwiegend<br />
den Bedürfnissen des Bezugsgebiets dienenden Grünflächen, Spiel- <strong>und</strong><br />
Sportplätze, Läden, Versorgungseinrichtungen sowie kulturelle <strong>und</strong> soziale Anlagen.<br />
Ebenso sind die internen Verkehrsflächen, als die dem Bezugsgebiet dienenden<br />
Flächen <strong>für</strong> den fließenden <strong>und</strong> ruhenden Verkehr, Bestandteil des Bruttowohnbaulands<br />
(KORDA 2005, 112; MÜLLER et al. 1979, 127).<br />
Tabelle 2: Ausgewählte Maße der Bebauungsdichte nach räumlichen Ebenen<br />
(Eigene Darstellung nach KORDA 1999, 111f.)<br />
Räumliche Ebene <strong>Dichte</strong>maß Einheit Definition<br />
Wohngebiet Bruttowohnungsdichte WE/ha Wohnungen je ha Bruttowohnbauland<br />
Nettowohnungsdichte WE/ha Wohnungen je ha Nettowohnbauland<br />
Gr<strong>und</strong>flächenzahl (GRZ) m²/m²<br />
Verhältnis von überbauter Fläche zur<br />
Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />
Gr<strong>und</strong>stück<br />
Geschossflächenzahl (GFZ) m²/m²<br />
Verhältnis der Summe aller Geschossflächen<br />
zur Gr<strong>und</strong>stücksfläche (zulässig)<br />
Geschossflächendichte (GFD) m²/m²<br />
Verhältnis der Summe aller Geschossflächen<br />
zur Gr<strong>und</strong>stücksfläche (realisiert)<br />
Hervorzuheben ist jedoch, dass die Begriffe des Brutto- <strong>und</strong> Nettowohnbaulands<br />
nicht trennscharf verwendet werden. Flächenbilanzen unterscheiden sich zum Teil<br />
in ihren Zuordnungen. So besteht nach JANSSEN (2000, 122ff.) die Differenz aus<br />
Bruttowohnbauland <strong>und</strong> Nettowohnbauland aus Erschließungsfläche (Grünfläche<br />
plus öffentliche Verkehrs- <strong>und</strong> Versorgungsfläche) sowie öffentlicher Spielfläche. Sie<br />
geht von einem Anteil der Erschließungsfläche am Bruttowohnbauland von 30 %<br />
aus. GASSNER UND THÜNKER (1992, 14) bilanzieren die Flächen von Wohnbaugebieten<br />
nach Nettowohnbauland (54-72 %), Verkehrserschließungsflächen (11-17 %),<br />
Grünerschließungsflächen (3-10 %), Flächen <strong>für</strong> Gemeinbedarf (4-12 %), <strong>und</strong> Flächen<br />
<strong>für</strong> private Versorgung (2-6 %). Für Gebiete mit weitgehender Wohnnutzung<br />
wird im weiteren Verlauf der Arbeit von einem Anteil von 70 % Nettowohnbauland<br />
am Bruttowohnbauland ausgegangen (HOHENADL 1977, 9; SIEDENTOP et al. 2006,<br />
66). 4 Dabei wird davon ausgegangen, dass das Bruttowohnbauland zusätzlich zum<br />
4 Ein Anteil des Nettowohnbaulands am Bruttowohnbauland oder des Baulands an der<br />
Wohnbaulandfläche von unter 70 % ergibt sich bei GASSNER <strong>und</strong> THÜNKER 1992 sowie<br />
MENKHOFF et al. 1979 vor allem <strong>für</strong> Großsiedlungen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 43<br />
Nettowohnbauland im Wesentlichen die Erschließungsverkehrs- <strong>und</strong> Erschließungsgrünflächen<br />
sowie wohnungsnahe Spielflächen enthält <strong>und</strong> größere Flächen<br />
<strong>für</strong> Gemeinbedarf <strong>und</strong> private Versorgung den Flächen <strong>für</strong> Folgeeinrichtungen zuzuordnen<br />
sind.<br />
Mit den Maßen der Gr<strong>und</strong>flächenzahl (GRZ) <strong>und</strong> Geschossflächenzahl (GFZ) wird,<br />
entsprechend der Vorschriften der §§ 16 <strong>und</strong> 17 der Baunutzungsverordnung, in<br />
Flächennutzungsplänen <strong>und</strong> in Bebauungsplänen das zulässige Maß der baulichen<br />
Nutzung bezogen auf die Gr<strong>und</strong>stücksfläche bzw. das Nettowohnbauland festgesetzt.<br />
Analog zur Geschossflächenzahl als Maß der zulässigen Nutzung gibt die<br />
Geschossflächendichte das realisierte Maß der baulichen Nutzung als Summe der<br />
Geschossfläche in Relation zur Gr<strong>und</strong>stücksfläche an.<br />
Maße der Einwohnerdichte messen die Zahl der Einwohner pro abgegrenzte Flächeneinheit.<br />
Auf der regionalen Ebene <strong>und</strong> städtischen Ebene wird das Maß der<br />
Bevölkerungsdichte verwendet, das die Zahl der Einwohner je km² bezogen auf die<br />
Gesamtfläche einer administrativen Einheit angibt. Die Siedlungsdichte, d. h. die<br />
Zahl der Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche ist ein weiteres <strong>Dichte</strong>maß,<br />
das auf dieser räumlichen Ebene gebräuchlich ist. Dabei plädiert KORDA<br />
(1999, 110) da<strong>für</strong>, das Maß der Siedlungsdichte <strong>für</strong> <strong>Dichte</strong>vergleiche zu verwenden,<br />
da bei einem Bezug zum gesamten Gemeindegebiet große nicht baulich genutzte<br />
Gebietsteile, wie z. B. Landwirtschaftsflächen, mit berücksichtigt werden.<br />
Tabelle 3: Ausgewählte Maße der Einwohnerdichte nach räumlichen Ebenen<br />
(Eigene Darstellung nach KORDA 2005, 111f.)<br />
Räumliche Ebene <strong>Dichte</strong>maß Einheit Definition<br />
Region / Stadt<br />
Bevölkerungsdichte<br />
Siedlungsdichte<br />
EW/km²<br />
EW/km²<br />
Zahl der Einwohner je km² Gesamtfläche,<br />
meist auf administrative Einheiten bezogen<br />
Zahl der Einwohner je km² besiedelte Fläche<br />
als Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche1 Wohngebiet Bruttowohndichte EW/ha Einwohner bezogen auf das Bruttobaugebiet<br />
Gr<strong>und</strong>stück Nettowohndichte EW/ha Einwohner bezogen auf das Nettobaugebiet<br />
Wohneinheit Wohnungsbelegungsziffer EW je WE Personen je Wohneinheit<br />
1 Zur Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche zählen folgende Nutzungsarten: 52,5 % Gebäude- <strong>und</strong> Freifläche,<br />
1,7 % Betriebsfläche (ohne Abbauland), 38,2 % Verkehrsfläche, 6,9 % Erholungsfläche <strong>und</strong> 0,8 % Friedhof<br />
(Statistisches B<strong>und</strong>esamt 2004a).<br />
Abbildung 4 <strong>und</strong> Tabelle 4 zeigen eine vergleichende Darstellung der Bevölkerungs-<br />
<strong>und</strong> Siedlungsdichten nach B<strong>und</strong>esländern <strong>für</strong> das Jahr 2004. In Deutschland betrug<br />
im Jahr 2004 die durchschnittliche Bevölkerungsdichte 231 Einwohner je km²,<br />
die durchschnittliche Siedlungsdichte 1.808 Einwohner je km². Die Stadtstaaten<br />
weisen deutlich höhere Bevölkerungs- <strong>und</strong> Siedlungsdichten auf als die Flächenländer.<br />
Die höchsten <strong>Dichte</strong>n wurden in Berlin erreicht, mit einer Bevölkerungsdichte<br />
von 3.799 Einwohnern je km² <strong>und</strong> einer Siedlungsdichte von 5.471 Einwohnern je<br />
km². Die geringsten <strong>Dichte</strong>n verzeichneten Brandenburg (Bevölkerungsdichte:<br />
87 EW/km²; Siedlungsdichte: 1.013 EW/km²) <strong>und</strong> Mecklenburg-Vorpommern (Bevölkerungsdichte:<br />
74 EW/km²; Siedlungsdichte: 1024 EW/km²). Unterschiede in den<br />
Relationen zwischen Bevölkerungsdichte <strong>und</strong> Siedlungsdichte ergeben sich aus den<br />
in den einzelnen B<strong>und</strong>esländern sehr unterschiedlichen Anteilen der Siedlungs- <strong>und</strong><br />
Verkehrsflächen. So weisen die Stadtstaaten Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächenanteile<br />
von über 50 % auf (Berlin: 69,4 %; Hamburg: 58,6 %; Bremen: 56,5 %). In Mecklenburg-Vorpommern<br />
hingegen beträgt der Anteil der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche
44 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
lediglich 7,2 %. Der Anteil der Siedlungsdichte an der Bevölkerungsdichte entspricht<br />
dem Anteil der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche an der Gesamtfläche.<br />
Abbildung 4: Bevölkerungs- <strong>und</strong> Siedlungsdichten nach B<strong>und</strong>esländern 2004<br />
(Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDESAMT 2004a, Bevölkerungsdaten aus<br />
STATISTISCHES BUNDESAMT 2006)<br />
Deutschland<br />
Baden-Württemberg<br />
Bayern<br />
Berlin<br />
Brandenburg<br />
Bremen<br />
Hamburg<br />
Hessen<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Niedersachsen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Saarland<br />
Sachsen<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Schleswig-Holstein<br />
Thüringen<br />
0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000<br />
<strong>Dichte</strong> in Einwohner je km²<br />
Bevölkerungsdichte 2004<br />
Siedlungsdichte 2004<br />
Tabelle 4: Bevölkerungsdichten, Siedlungsdichten sowie Anteil der Siedlungs- <strong>und</strong><br />
Verkehrsflächen nach B<strong>und</strong>esländern (Eigene Berechnung nach STATISTISCHES BUN-<br />
DESAMT 2004a, Bevölkerungsdaten aus STATISTISCHES BUNDESAMT 2006)<br />
B<strong>und</strong>esland<br />
Bevölkerungsdichte<br />
in EW/km²<br />
Siedlungsdichte<br />
in EW/km²<br />
Anteil der Siedlungs-<br />
<strong>und</strong> Verkehrsfläche an<br />
der Bodenfläche in %<br />
Deutschland 231 1.808 12,8<br />
Baden-Württemberg 300 2.201 13,6<br />
Bayern 176 1.636 10,8<br />
Berlin 3.799 5.471 69,4<br />
Brandenburg 87 1.013 8,6<br />
Bremen 1.640 2.905 56,5<br />
Hamburg 2.297 3.923 58,6<br />
Hessen 289 1.908 15,1<br />
Mecklenburg-Vorpommern 74 1.024 7,2<br />
Niedersachsen 168 1.284 13,1<br />
Nordrhein-Westfalen 530 2.453 21,6<br />
Rheinland-Pfalz 205 1.482 13,8<br />
Saarland 411 2.044 20,1<br />
Sachsen 233 2.000 11,7<br />
Sachsen-Anhalt 122 1.187 10,3<br />
Schleswig-Holstein 179 1.502 11,9<br />
Thüringen 146 1.625 9,0<br />
Für das <strong>Dichte</strong>maß der Wohndichte ist erneut zu unterscheiden zwischen der Bruttowohndichte,<br />
die ein geeignetes Maß <strong>für</strong> die <strong>Dichte</strong> eines gesamten Wohngebietes
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 45<br />
darstellt, <strong>und</strong> der Nettowohndichte als geeignetes Maß <strong>für</strong> die Einwohnerdichte bezogen<br />
auf die Baugr<strong>und</strong>stücke.<br />
Auf der Ebene der einzelnen Wohneinheit gibt die Wohnungsbelegungsziffer gemessen<br />
in Personen je Wohneinheit die Einwohnerdichte an. Die Wohnungsbelegungsziffer<br />
unterscheidet sich nach Art des Wohngebäudes <strong>und</strong> nach der Eigentumsform.<br />
Sie ist in Eigentümerwohneinheiten durchgehend größer als in Mietwohneinheiten.<br />
Weiterhin weisen Einfamilienhäuser durch einen hohen Anteil an<br />
Haushalten mit Kindern die höchste Wohnungsbelegungsziffer von 2,7 auf. Am geringsten<br />
ist die Wohnungsbelegungsziffer mit 1,7 in Wohngebäuden mit über 13<br />
Wohneinheiten (s. Abbildung 5).<br />
Abbildung 5: Wohnungsbelegungsziffer nach Art des Wohngebäudes <strong>und</strong> Eigentumsform<br />
<strong>für</strong> Neue Länder <strong>und</strong> Berlin Ost (Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDES-<br />
AMT 2004b, 46)<br />
Personen je Wohneinheit<br />
3<br />
2,5<br />
2<br />
1,5<br />
1<br />
0,5<br />
0<br />
Insgesamt Eigentümerwohneinheiten Mietwohneinheiten<br />
1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE > 21 WE<br />
in Gebäuden mit ... Wohneinheiten<br />
Abbildung 6: Wohnfläche je Einwohner nach Art des Wohngebäudes <strong>und</strong> Eigentumsform<br />
<strong>für</strong> Neue Länder <strong>und</strong> Berlin Ost (Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDES-<br />
AMT 2004b, 46)<br />
Wohnfläche je Einwohner in m²<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Insgesamt Eigentümerwohneinheiten Mietwohneinheiten<br />
1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE > 21 WE<br />
in Gebäuden mit ... Wohneinheiten
46 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Trotz der in Einfamilienhäusern höheren Wohnungsbelegungsziffer ist die individuelle<br />
Wohnfläche je Person allerdings in diesem Gebäudetyp am größten mit durchschnittlich<br />
40,7 m² (s. Abbildung 6). Die höchste spezifische Wohnfläche pro Person<br />
weisen Einfamilienhäuser im Eigentum mit 41,2 m² auf, die niedrigste die Eigentümerwohneinheiten<br />
in Gebäuden mit mehr als 21 Wohnungen <strong>und</strong> zwar mit 30,2 m²<br />
pro Person. In allen anderen Gebäudetypen verfügen Bewohner von Eigentumswohnungen<br />
über eine größere individuelle Wohnfläche als Bewohner von Mietwohnungen.<br />
Rechnerische Beziehungen zwischen <strong>Dichte</strong>maßen<br />
Die in Tabelle 2 <strong>und</strong> Tabelle 3 dargestellten <strong>Dichte</strong>maße stehen in einem rechnerischen<br />
Zusammenhang. Hierzu sind einige Gr<strong>und</strong>annahmen zu treffen.<br />
Entscheidend <strong>für</strong> den Zusammenhang zwischen der Geschossflächenzahl als Maß<br />
der baulichen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> der Nettowohndichte als Maß der Einwohnerdichte ist die<br />
angenommene Bruttogeschossfläche je Einwohner. Nach KORDA (2005, 119) wird<br />
davon ausgegangen, dass sich die Bruttogeschossfläche pro Person aus der Wohnfläche<br />
pro Person multipliziert mit 1,25 ergibt. Für den Zusammenhang zwischen<br />
Bruttodichten <strong>und</strong> Nettodichten ist ausschlaggebend, welcher Anteil des Nettowohnbaulands<br />
am Bruttowohnbauland angenommen wird. Ausgehend von einem<br />
Anteil von 70 % des Nettowohnbaulands am Bruttowohnbauland liegen die Nettodichten<br />
um den Faktor 1,4 höher als die Bruttodichten (HOHENADL 1977, 9; SIEDEN-<br />
TOP et al. 2006, 66).<br />
Die folgende Abbildung stellt aufgr<strong>und</strong> dieser Annahmen die mathematischen Zusammenhänge<br />
zwischen den <strong>Dichte</strong>größen dar.<br />
Abbildung 7: Beziehungen zwischen <strong>Dichte</strong>größen (Eigene Darstellung auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
von BUCHERT et al. 2004, 100; HOHENADL 1977, 8; KORDA 2005, 111ff.)<br />
(Zur Erläuterung der <strong>Dichte</strong>maße s. Tabelle 2 <strong>und</strong> Tabelle 3)<br />
Bebauungsdichte<br />
Bruttowohnungsdichte<br />
(WE je hab)<br />
Nettowohnungsdichte<br />
(WE je han)<br />
Geschossflächenzahl (GFZ)<br />
WE je hab<br />
WE je hab =<br />
EW je WE<br />
EW je hab = WE je hab × EW je WE<br />
× 1,4<br />
÷1,25 × 0,7 ÷1,25 × 0,7<br />
WE je han x GF je WE<br />
GFZ =<br />
10.000<br />
GFZ x 10.000<br />
WE je han =<br />
GF je WE<br />
EW je han<br />
WE je han =<br />
EW je WE<br />
EW je han = WE je han × EW je WE<br />
EW je han x GF je EW<br />
GFZ =<br />
10.000<br />
GFZ x 10.000<br />
EW je han =<br />
GF je EW<br />
Einwohnerdichte<br />
Bruttowohndichte<br />
(EW je hab)<br />
× 1,4<br />
Nettowohndichte<br />
(EW je han)<br />
hab = Hektar Bruttowohnbauland; han = Hektar Nettowohnbauland; EW = Einwohner; WE = Wohneinheit;<br />
GF = Geschossfläche; EW je WE = Wohnungsbelegungsziffer (Einwohner je Wohneinheit);<br />
GF je EW / WE = Bruttogeschossfläche je Einwohner / Wohneinheit; diese ergibt sich als Wohnfläche * 1,25<br />
(KORDA 2005, 119)
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 47<br />
Zusammenhänge zwischen Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />
Bauliche <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Einwohnerdichte entwickeln sich keinesfalls immer in die gleiche<br />
Richtung. So kann z. B. auch bei einer Steigerung der baulichen <strong>Dichte</strong> durch<br />
Nachverdichtungsmaßnahmen die Einwohnerdichte stagnieren oder sogar sinken,<br />
da sich die durchschnittliche Haushaltsgröße <strong>und</strong> damit die Wohnungsbelegungsziffer<br />
seit Jahren rückläufig entwickelt (HUTTER et al. 2004, 38; PAHL-WEBER et al.<br />
2000, 3).<br />
Auf diesen Zusammenhang zwischen sinkenden Einwohnerdichten bei steigenden<br />
Bruttogeschossflächenanteilen je Einwohner verwies Albers bereits 1964 (ALBERS<br />
1964, 45). Auch GASSNER (1978, 99) stellte fest, dass nur unter Vorbehalt von der<br />
Baudichte auf die Einwohnerdichte geschlossen werden kann <strong>und</strong> dass dieses bei<br />
der Auslastung einwohnerbezogener Infrastrukturen beachtet werden sollte.<br />
Diese Zusammenhänge zwischen Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten werden in<br />
Abbildung 8 <strong>und</strong> Abbildung 9 genauer dargestellt.<br />
Abbildung 8: Zusammenhang zwischen Geschossflächendichte <strong>und</strong> Nettowohndichte<br />
in Abhängigkeit der Wohnfläche pro Person<br />
(Eigene Darstellung nach Daten des statistischen B<strong>und</strong>esamts) 5<br />
Geschossflächendichte (GFD)<br />
1968: 23,8 m² je EW 1993: 36,2 m² je EW 2002: 41,6 m² je EW<br />
3,0<br />
2,8<br />
2,6<br />
2,4<br />
2,2<br />
2,0<br />
1,8<br />
1,6<br />
1,4<br />
1,2<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0,0<br />
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1.000 1.100<br />
Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />
Abbildung 8 zeigt den Zusammenhang zwischen Geschossflächendichte <strong>und</strong> Nettowohndichte<br />
in Einwohner je ha Nettowohnbauland in Abhängigkeit der spezifischen<br />
Wohnfläche je Einwohner. Deutlich wird, dass bei konstanter Bebauungsdichte<br />
(hier: GFD) die erzielbare Nettowohndichte mit steigender individueller Wohnfläche<br />
abnimmt. Die Wohnfläche je Einwohner hat in den letzten Dekaden stetig zugenommen<br />
von 23,8 m² je Einwohner <strong>für</strong> das frühere B<strong>und</strong>esgebiet in 1968 auf<br />
41,6 m² je Einwohner im B<strong>und</strong>esdurchschnitt 2002. Betrug beispielsweise die<br />
durchschnittliche Nettowohndichte bei einer GFD von 0,8 im Jahr 1968 noch 269<br />
Einwohner je ha, so sind dies im Jahr 2002 lediglich noch 154 Einwohner je ha. 6 In<br />
2002 wäre eine GFD von 1,4 erforderlich gewesen, um eine Nettowohndichte von<br />
5 Zur Entwicklung der individuellen Wohnflächeninanspruchnahme s. Anhang III.<br />
6 Eine Geschossflächendichte von 0,8 entspricht sehr stark verdichteter Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbebauung<br />
z. B. als Atrium- oder Gartenhofhaus oder gering verdichteter Mehrfamilienhausbebauung<br />
(s. Tabelle 35).
48 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
268 Einwohnern je ha zu erreichen. Sollte es z. B. in Zukunft zu einem weiteren<br />
Anstieg der spezifischen Wohnfläche pro Kopf auf 50 m² kommen, wäre in etwa<br />
eine GFD von 1,7 erforderlich, um eine Nettowohndichte von 270 Einwohnern zu<br />
erhalten.<br />
Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Nettowohnungsdichte <strong>und</strong> Nettowohndichte<br />
in Abhängigkeit der Wohnungsbelegungsziffer<br />
(Eigene Darstellung nach Daten des statistischen B<strong>und</strong>esamts)<br />
Wohneinheiten je ha<br />
Nettowohnbauland<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
1965: 3 EW je WE 1993: 2,3 EW je WE 2002: 2,2 EW je WE<br />
0<br />
0 100 200 300 400 500 600 700<br />
Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />
Abbildung 9 zeigt den Zusammenhang zwischen Nettowohnungsdichte in Wohneinheiten<br />
je ha Nettowohnbauland, Nettowohndichte in Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />
<strong>und</strong> Wohnungsbelegungsziffer in Einwohner je Wohneinheit. Die Wohnungsbelegungsziffer<br />
ist von 1965 bis 2002 stark gesunken von 3,0 auf 2,2 Personen je<br />
Wohneinheit. 7 Bei konstanter Anzahl der Wohneinheiten je ha Nettowohnbauland<br />
als Maß der Bebauungsdichte ist damit die Einwohnerdichte kontinuierlich gesunken.<br />
Während im Jahr 1965 in 80 Wohneinheiten noch durchschnittlich 240 Einwohner<br />
wohnten, sind dies heute noch 176.<br />
2.2 Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in der<br />
Stadtplanung<br />
Wesentliches Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung von quantifizierten Kriterien <strong>für</strong><br />
die Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten. Hierbei handelt<br />
es sich um Orientierungswerte. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird im Folgenden die Eignung<br />
quantifizierter Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte diskutiert (Kapitel 2.2.1). Auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage des aktuellen Umgangs mit solchen quantifizierten Werten in der Planung<br />
(Kapitel 2.2.2) werden Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die Ermittlung quantifizierter<br />
<strong>Dichte</strong>kriterien sowie deren mögliche Einbindung in den Planungsprozess gezogen<br />
(Kapitel 2.2.3).<br />
7 Daten <strong>für</strong> 1965 <strong>für</strong> das frühere B<strong>und</strong>esgebiet, <strong>für</strong> 1993 <strong>und</strong> 2002 <strong>für</strong> Deutschland (Schriftliche<br />
Auskunft des statistischen B<strong>und</strong>esamts 2006: Werte von 1965 aus der 1 % Wohnungsstichprobe,<br />
von 1993 aus der 1 % Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungsstichprobe, von 2002<br />
Mikrozensus-Zusatzerhebung 2002).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 49<br />
Richtwerte sind verbindliche Zielwerte, die z. B. durch gesetzliche Verankerung einen<br />
normativen Charakter erhalten. Orientierungswerte hingegen sind Angaben<br />
politisch erwünschter Werte oder Erfahrungswerte wie z. B. Maximalwerte des Flächenbedarfs<br />
(BORCHARD 1969, 267; RITTER 1995, 318).<br />
2.2.1 Kritik an der Nutzung quantifizierter Richt- <strong>und</strong><br />
Orientierungswerte<br />
Im Rahmen der Kritik an linearer <strong>und</strong> rationaler Planung in den 1970er <strong>und</strong> 1980er<br />
Jahren (WIECHMANN, HUTTER 2008) wurde die Anwendbarkeit quantifizierter Zielvorgaben<br />
in der Planung hinterfragt. Dies gilt besonders <strong>für</strong> Zielwerte angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n. Kritisiert wird, dass gesetzlich vorgeschriebene Richtwerte, wie z. B. <strong>Dichte</strong>vorgaben<br />
in der Baunutzungsverordnung, das Selbstverständnis der Planer <strong>und</strong><br />
Architekten auf die technische Umsetzung dieser Richtwerte reduzieren <strong>und</strong> diese<br />
von ihrer eigenen Verantwortung entheben (BORCHARD 1969, 267). Als negativ hervorgehoben<br />
wird, vor allem im Rahmen der Kritik am Leitbild ‚Urbanität durch <strong>Dichte</strong>’<br />
(s. Kapitel 3.2), die Quasi-Objektivität von Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten. In<br />
Wirklichkeit spiegelten diese jedoch vor allem die Interessen ihrer Urheber wider<br />
<strong>und</strong> berücksichtigten die Profitinteressen der Bauwirtschaft stärker als die Bedürfnisse<br />
der Planungsbetroffenen (HÜBNER 1969, 270). Je nach ökonomischer, physischer<br />
oder gesellschaftlicher Sichtweise ergeben sich jedoch ganz unterschiedliche<br />
Beurteilungen der <strong>Dichte</strong>werte (ATTESLANDER 1975, 16f.).<br />
Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte beruhen jeweils auf einem Konsens über Wertvorstellungen<br />
zu einem bestimmten Zeitpunkt <strong>und</strong> berücksichtigen sich ändernde Lebensstile<br />
<strong>und</strong> gesellschaftliche Wertvorstellungen sowie veränderte Rahmenbedingungen<br />
nur unzureichend. Einem starken Wandel unterworfen ist dabei insbesondere<br />
die Wohnfläche je Einwohner (ATTESLANDER 1975, 18), deren ständiger Zuwachs zu<br />
reduzierten Einwohnerdichten führt. Um die Einwohnerdichten stabil zu halten werden<br />
immer höhere Bebauungsdichten erforderlich. Kritisiert wird auch die häufig<br />
stereotype Anwendung von Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten, die städtischer Variabilität<br />
<strong>und</strong> Heterogenität sowie der spezifischen lokalen Situation nur unzureichend<br />
Rechnung trägt (BORCHARD 1969, 268; GISEKE, RENKER 1998, 560f.). Ebenso berücksichtigen<br />
quantifizierte Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte Qualitätsmerkmale wie<br />
z. B. die Gestaltung von Freiräumen, die Form eines Siedlungsgebiets oder die<br />
Qualität des städtebaulichen Entwurfs nicht ausreichend (KRAU 1994, 221; STEIDLE-<br />
SCHWAHN, HOFFMANN 2005, 46f.). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde bei der Frage<br />
nach angemessenen oder optimalen <strong>Dichte</strong>n stets die Notwendigkeit zur Berücksichtigung<br />
städtebaulicher Qualitätskriterien betont (HOHENADL 1977, 3; KELLNER<br />
1997, 67; RAINER 1968, 17).<br />
So kann die Qualität der <strong>Dichte</strong> je nach benachbarter Fläche verschieden empf<strong>und</strong>en<br />
werden: die Wohnqualität eines Gebietes z. B. wird bei gleicher <strong>Dichte</strong> anders<br />
beurteilt, je nachdem ob Landschaft oder ein dicht bebautes Wohngebiet angrenzt.<br />
Weiterhin können die „<strong>Dichte</strong>erlebnisse“ in ein <strong>und</strong> demselben Gebiet tageszeitlich<br />
sehr stark schwanken, vor allem in Gebieten geringer Nutzungsmischung wie<br />
Schlafstädten oder Gebieten mit einem hohen Anteil an Büronutzungen (ATTESLAN-<br />
DER 1975, 37ff.).<br />
Neben aller Kritik haben Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte im Planungsprozess auch<br />
Vorteile. Gesetzlich vorgeschriebene Richtwerte können den Planer von der Aufgabe<br />
entbinden über eigene oder fremde Wertvorstellungen entscheiden zu müssen<br />
(BORCHARD 1969, 268). Entscheidungen über Wertmaßstäbe <strong>und</strong> Ziele bleiben so-
50 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
mit der gesellschaftlichen <strong>und</strong> politischen Auseinandersetzung überlassen. Weiterhin<br />
bieten Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte den Vorteil der Entlastung von Einzelfallentscheidungen,<br />
indem generelle Anhaltspunkte genutzt werden können, die sich<br />
aus nachprüfbaren Zusammenhängen <strong>und</strong> einem Konsens über Wertvorstellungen<br />
gewinnen lassen (BORCHARD 1969, 268). Auch können geforderte Qualitäten häufig<br />
nicht unabhängig von Mindestquantitäten gewährleistet werden, z. B. erfordern<br />
hochwertige Grün- <strong>und</strong> Freiräume eine Mindestgröße solcher Flächen (NOHL 1993,<br />
9). Orientierungswerte geben außerdem einen Anhaltspunkt <strong>für</strong> Über- <strong>und</strong> Unternutzungen,<br />
z. B. städtischer Infrastrukturen (NOHL, ZEKOM 1995, 29; STEIDLE-<br />
SCHWAHN, HOFFMANN 2005, 48). Nicht zuletzt können quantifizierte Zielvorstellungen,<br />
wenn sie richtig eingesetzt werden, die Nachvollziehbarkeit <strong>und</strong> Transparenz<br />
stadtplanerischer Entscheidungsprozesse steigern (NOHL, ZEKOM 1995, 29).<br />
2.2.2 Renaissance der Nutzung quantifizierter Zielvorgaben<br />
Nach der Ablehnung in den 1980er Jahren wird derzeit eine Rückkehr zur integrierten<br />
Planung festgestellt, die sich allerdings im Hinblick auf Planungsziele, -inhalte, -<br />
verfahren <strong>und</strong> -akteure von der integrierten Entwicklungsplanung der 1970er Jahre<br />
unterscheidet <strong>und</strong> sich im Wesentlichen durch eine größere Offenheit kennzeichnet<br />
(BAUMGART 2006, 221; BAUMGART, LÜBKE 2006, 379). In diesem Kontext wird in der<br />
derzeitigen planerischen Diskussion um indikatorengestützte Erfolgskontrolle, Controlling<br />
<strong>und</strong> neue Steuerungsmodelle auch weitestgehend wieder von der Notwendigkeit<br />
quantifizierter Zielvorgaben im Sinne von Orientierungswerten in der Planung<br />
ausgegangen. Sowohl die Ermittlung als auch die Anwendung dieser Zielwerte unterscheidet<br />
sich allerdings deutlich vom rational-analytischen Vorgehen der integrierten<br />
Entwicklungsplanung der 1970er Jahre.<br />
So sieht z. B. das Forschungsfeld „Städte der Zukunft“ im Rahmen des Forschungsprogramms<br />
„Experimenteller Wohnungs- <strong>und</strong> Städtebau“ des B<strong>und</strong>esamts<br />
<strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung Qualitätsvereinbarungen mit verbindlichen Zielen<br />
<strong>und</strong> Orientierungswerten als wichtiges Instrument zur Erreichung einer nachhaltigen<br />
Stadtentwicklung an. Um Fortschritte im Hinblick auf eine nachhaltige Stadtentwicklung<br />
beurteilen zu können, seien jedoch nicht nur quantitative sondern auch qualitative<br />
Maßstäbe erforderlich (FUHRICH 2001, 1). Auch das Controlling 8 im Rahmen der<br />
kantonalen Richtplanung in der Schweiz sieht eine indikatorengestützte Zielerreichungsanalyse<br />
als wichtiges Element <strong>für</strong> die Umsetzung des Konzepts einer nachhaltigen<br />
Entwicklung an (SCHULTZ et al. 2002, 367ff.). Umweltqualitätsziele sollen zu<br />
sachlichen <strong>und</strong> zeitlichen Prioritätensetzungen beitragen sowie politische Entscheidungen<br />
transparenter machen (SRU 1998, 6). Im Rahmen der aktuellen Renaissance<br />
der Verwendung quantitativer Zielvorhaben werden operationalisierte<br />
Leistungs- <strong>und</strong> Wirkungsziele als Voraussetzung <strong>für</strong> Controlling angesehen (COOLS<br />
et al. 2002, 225). Neben quantifizierten Zielen wie z. B. Ober- <strong>und</strong> Untergrenzen der<br />
Flächeninanspruchnahme wird allerdings die Ergänzung durch qualitative Ziele gefordert,<br />
beispielsweise Prioritäten <strong>für</strong> die Lenkung der Flächeninanspruchnahme in<br />
bestimmte Bereiche wie Brachflächen (BIRKMANN 2003, 365; FUHRICH 2004, 10;<br />
8 „Controlling heißt, übertragen auf die Raumplanung, dass periodisch überprüft wird, ob<br />
die den planerischen Instrumente zu Gr<strong>und</strong>e liegenden strategischen Ziele der räumlichen<br />
Entwicklung erreicht <strong>und</strong> die operativen Maßnahmen umgesetzt werden bzw. zielführend<br />
sind. So kann ermittelt werden, ob sich ein neuer Handlungsbedarf ergibt <strong>und</strong> ob<br />
Maßnahmen zur Kurskorrektur einzuleiten sind.“ Dabei geht es hier ausschließlich um die<br />
Planinhalte (Ziele <strong>und</strong> Maßnahmen) <strong>und</strong> nicht um den Planungsprozess (SCHULTZ et al.<br />
2002, 367).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 51<br />
SCHULTZ et al. 2002, 368f.). Ziele sollten stets klar genug sein, um künftige Maßnahmen<br />
ableiten zu können, aber auch flexibel genug, um auf künftige Entwicklungen<br />
reagieren oder lokales Wissen <strong>und</strong> lokale Handlungsspielräume nutzen zu können<br />
(SRU 1998, 4). Deshalb sollten Zielfestlegungen nicht pauschal erfolgen, sondern<br />
lokale Besonderheiten berücksichtigen (FUHRICH 2001, 2).<br />
Die Art der Zieldefinition unterscheidet sich heute deutlich von der wissenschaftlichen<br />
<strong>und</strong> methodischen Ableitung der Ziele im Rahmen der integrierten Entwicklungsplanung<br />
der 1970er Jahre. Für die Zieldefinition kann die Wissenschaft über<br />
den Vorschlag von Methoden <strong>und</strong> Kriterien zwar die Gr<strong>und</strong>lagen liefern, die Wertmaßstäbe<br />
<strong>und</strong> konkreten Ziele sollten allerdings politisch bzw. gesellschaftlich gesetzt<br />
werden (FUHRICH 2001, 2; SRU 1998, 4ff.). Gr<strong>und</strong>lage der lokalen Planung<br />
„sind dabei politische Entscheidungen auf der Basis von Wertvorstellungen <strong>und</strong><br />
Leitbildern sowie Zielsetzungen in Bezug auf Sicherheit, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> angemessene<br />
Lebensbedingungen“ (BAUMGART 2006, 213).<br />
Während die strikte Zieldefinition im Rahmen der aktuellen Diskussion um Monitoring<br />
<strong>und</strong> Controlling als erforderlich angesehen wird, sollte – so die aktuelle Debatte<br />
um neue Steuerungsmodelle in der Planung (z. B. Zielvereinbarungen) – über die<br />
Art <strong>und</strong> Weise, wie diese Ziele erreicht werden, weitestgehend Freiheit bestehen.<br />
Neue Steuerungsmodelle wie zum Beispiel das Konzept der parametrischen Steuerung<br />
betonen hier einen größeren Spielraum <strong>für</strong> dezentrale Umsetzungsstellen, um<br />
angepasste <strong>und</strong> akzeptierte Lösungen zu ermöglichen. Zudem soll eine stärkere<br />
Mitwirkung der Adressaten <strong>und</strong> eine Mobilisierung von Selbsthilfepotenzialen erreicht<br />
werden (COOLS et al. 2002, 220). Es geht darum, Lernmöglichkeiten offen zu<br />
halten, wenn sich im Rahmen der Zielüberprüfung oder während der Implementationsphase<br />
neue Erkenntnisse <strong>und</strong> Entwicklungen ergeben (SRU 1998, 13).<br />
2.2.3 Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die Entwicklung von Kriterien<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> deren Anwendung<br />
Quantifizierte Zielvorgaben können einen wichtigen Beitrag leisten, um zur Umsetzung<br />
des Konzepts einer nachhaltigen Stadtentwicklung beizutragen. Dabei werden<br />
gerade Zielvorgaben zur Steuerung der Menge <strong>und</strong> Intensität der Flächeninanspruchnahme<br />
<strong>und</strong> damit auch quantitative Zielvorgaben angemessener <strong>Dichte</strong>n als<br />
sinnvoll hervorgehoben (COOLS et al. 2002, 228; FUHRICH et al. 2004, 14).<br />
Entgegen der Annahme der integrierten Entwicklungsplanung der 1970er Jahre,<br />
dass Richtwerte, Beurteilungsmaßstäbe <strong>und</strong> Planungsgrößen aufgr<strong>und</strong> exakter wissenschaftlicher<br />
Berechnungen <strong>und</strong> Simulationen zu ermitteln <strong>und</strong> mit Hilfe umfassender<br />
Steuerung umzusetzen seien, plädiert diese Arbeit <strong>für</strong> eine stärkerer Einbindung<br />
der Zielformulierung in gesellschaftliche Prozesse. Durch eine intensive wissenschaftliche<br />
Auseinandersetzung mit den Wechselbeziehungen zwischen<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen, <strong>Dichte</strong>rückgängen <strong>und</strong> deren Auswirkungen auf zentrale<br />
stadtplanerische Handlungsfelder, zielt die Arbeit darauf ab, Wirkungszusammenhänge<br />
darzustellen <strong>und</strong> eine f<strong>und</strong>ierte Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> eine politische <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />
Auseinandersetzung über minimale <strong>Dichte</strong>n zu liefern.<br />
Über eine genaue Analyse dieser Wirkungszusammenhänge wird ermittelt, welche<br />
Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n bestehen, wenn die vorhandenen<br />
städtischen Qualitäten auch in Zukunft erhalten bleiben sollen. Ebenso wird aufgezeigt,<br />
dass im Falle veränderter gesellschaftlicher Prioritäten auch Alternativen zu<br />
diesen Mindestdichten bestehen, wenn z. B. deutliche Kostensteigerungen zur Sicherung<br />
der Infrastrukturversorgung in Kauf genommen werden. Diese gesellschaft-
52 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
lichen <strong>und</strong> politischen Entscheidungen über normative Ziele angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
können in einer wissenschaftlichen Arbeit nicht vorweg genommen werden.<br />
Ziel dieser Arbeit ist es, auf der Gr<strong>und</strong>lage der Darstellung eindeutiger Wechselwirkungen<br />
zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> stadtplanerischen Handlungsfeldern, generelle Anhaltspunkte<br />
minimaler <strong>Dichte</strong>n zu definieren. Im Falle der Übertragung dieser Werte<br />
auf den lokalen Einzelfall sind jedoch stets die spezifischen Rahmenbedingungen<br />
vor Ort zu berücksichtigen <strong>und</strong> lokales Wissen einzubeziehen, um konkrete Projektziele<br />
in einem transparenten bürgerschaftlichen Dialog zu entwickeln <strong>und</strong> somit die<br />
Motivation der lokalen Akteure <strong>für</strong> eine Umsetzung der Ziele zu steigern.<br />
Sowohl in der ursprünglichen Kritik an der integrierten Entwicklungsplanung als<br />
auch in der aktuellen Debatte um quantifizierte Zielfestlegungen in der Raumplanung<br />
besteht ein breiter Konsens darüber, dass quantifizierte Zielaussagen allein<br />
keine qualitativ hochwertige Planung gewährleisten können. Daher werden die in<br />
dieser Arbeit dargelegten Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n stets um qualitative<br />
Zielkriterien ergänzt. Neben Mengenvorgaben minimaler <strong>Dichte</strong>n sind dies z. B. Prioritäten<br />
<strong>für</strong> bestimmte Formen des Stadtumbaus wie z. B. Rückbau von außen nach<br />
innen.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer effektiven Erfolgskontrolle gilt es Ziele möglichst konkret<br />
zu operationalisieren, um hieraus Maßnahmen ableiten <strong>und</strong> die Zielerreichung kontrollieren<br />
zu können. Andererseits sollten Ziele flexibel genug sein, um auf Änderungen<br />
gesellschaftlicher Rahmenbedingungen (z. B. Entwicklung der Wohnfläche pro<br />
Person) oder lokale Besonderheiten reagieren zu können. Diesen widersprüchlichen<br />
Anforderungen trägt die Arbeit dadurch Rechnung, dass Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n<br />
abgeleitet werden. Der Notwendigkeit der räumlichen Differenziertheit von <strong>Dichte</strong>zielen<br />
wird durch eine Unterscheidung der Ziele nach Stadtstrukturtypen, die typische<br />
Formen der Bebauung von Wohnquartieren operationaliseren, Rechnung getragen.<br />
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass trotz einer generellen<br />
Kritik an der Anwendbarkeit von Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten in aktuellen Städtebaulehrbüchern<br />
die ursprünglich in den 1970er Jahren formulierten Orientierungswerte<br />
z. B. zu Flächenbedarfen <strong>und</strong> Einzugsbereichen verschiedener Einrichtungen<br />
unverändert Anwendung finden (z. B. BORCHARD 1983, SCHÖNING, BORCHARD 1992,<br />
KORDA 2005). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> scheint es dringend erforderlich, diese nach<br />
wie vor verwendeten Orientierungswerte unter Berücksichtigung aktueller Rahmenbedingungen<br />
zu aktualisieren.<br />
<strong>Dichte</strong>werte <strong>und</strong> -ziele sind geeignet eine Steuerungsfunktion im gesamten Planungs-<br />
<strong>und</strong> Umsetzungsprozess zu übernehmen: In der Phase der Analyse <strong>und</strong><br />
Erarbeitung der Planungsgr<strong>und</strong>lagen lassen sich mit Hilfe von <strong>Dichte</strong>maßen Aussagen<br />
zur aktuellen Intensität der Flächennutzung treffen. In Kombination mit Informationen<br />
z. B. zu Infrastruktureinrichtungen lassen sich somit schnell Aussagen zu<br />
Über- oder Unternutzungen treffen. Auch im Rahmen planerischer Zielfestlegungen<br />
finden <strong>Dichte</strong>ziele Anwendung, bisher vor allem in den <strong>Dichte</strong>modellen westdeutscher<br />
Großstädte. Diese Zielfestlegungen erfolgen über eine Kombination qualitativer<br />
Zielrichtungen <strong>und</strong> quantifizierter Zielwerte (s. Tabelle 13). Letztendlich eignen<br />
sich <strong>Dichte</strong>werte auch <strong>für</strong> eine abschließende Erfolgskontrolle, ob <strong>Dichte</strong>zielwerte<br />
erreicht wurden. In der Bauleitplanung z. B. wird hier die Geschossflächendichte als<br />
tatsächlich in der Umsetzung realisierte Geschossflächenzahl verwendet, um den
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 53<br />
Unterschied zwischen Zielfestlegung per Geschossflächenzahl <strong>und</strong> der tatsächlich<br />
realisierten <strong>Dichte</strong> zu verdeutlichen.<br />
2.3 Stadtstrukturtypen<br />
Um städtische Qualitäten <strong>und</strong> Entwicklungen räumlich differenziert zu analysieren<br />
sowie räumlich differenzierte Zielsetzungen zu definieren, werden in Forschung <strong>und</strong><br />
Praxis seit Mitte der 1990er Jahre verstärkt Stadtstrukturtypen bzw. Siedlungsstrukturtypen<br />
verwendet. Die Begriffe Stadtstrukturtyp <strong>und</strong> Siedlungsstrukturtyp werden<br />
im Folgenden synonym verwendet, da sie in der Fachliteratur identisch definiert<br />
werden. 9 Nach einer einleitenden Begriffsdefinition <strong>und</strong> einer Erläuterung der Verwendungsmöglichkeiten<br />
von Stadtstrukturtypen wird die in dieser Arbeit verwendete<br />
Stadtstrukturtypik dargelegt.<br />
2.3.1 Definition <strong>und</strong> Verwendungsmöglichkeiten von<br />
Stadtstrukturtypen<br />
Stadtstrukturtypen werden definiert als Flächen oder Gebietsausschnitte mit weitgehend<br />
homogener Ausprägung hinsichtlich städtebaulicher Merkmale wie Größe,<br />
Form <strong>und</strong> Anordnung der Gebäude <strong>und</strong> einer charakteristischen Konfiguration von<br />
Bebauung <strong>und</strong> Freiflächen sowie der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Bebauung. Sie weisen eine homogene<br />
Ausprägung auf, im Hinblick auf die Freiflächenausprägung mit den Anteilen<br />
unversiegelter Flächen, sowie den Vegetations- <strong>und</strong> Gehölzanteilen (PAULEIT 1998,<br />
34; WICKOP et al. 1998, 28). Homogen sind sie weiterhin in den Erschließungsprinzipien<br />
technischer Infrastrukturen mit der Anordnung der Leitungstrassen <strong>für</strong> Wasser<br />
<strong>und</strong> Abwasser <strong>und</strong> der zentralen / dezentralen Ausrichtung der Wärmeversorgung<br />
(SIEDENTOP et al. 2006, 42ff.). Diese homogenen Struktureinheiten wie z. B.<br />
Blockbebauung, Zeilenbebauung oder Einzelhausgebiete unterscheiden sich in ihrer<br />
Physiognomie von den benachbarten Flächen (PAULEIT 1998, 34).<br />
Stadtstrukturtypen sind in erster Linie ein analytisches Hilfsmittel <strong>für</strong> eine räumlich<br />
differenzierte Analyse <strong>und</strong> Bewertung städtischer Flächennutzungs- <strong>und</strong> Standortmuster<br />
(PAULEIT 1998, 15; SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 5; 2007; WICKOP et al.<br />
1998, 27ff.). Auf Basis einer solchen räumlich differenzierten Analyse können durch<br />
die Nutzung von Stadtstrukturtypen auch räumlich differenzierte Zielvorgaben, z. B.<br />
Ziele einer nachhaltigen Stadtentwicklung oder Umweltziele, gesetzt werden (FLA-<br />
CKE 2003, 76; PAULEIT 1998, 3; PAULEIT, DUHME 1999, 44). Damit stellen Stadtstrukturtypen<br />
eine Schnittstelle zwischen Planung <strong>und</strong> Wissenschaft dar. Sie ermöglichen<br />
eine Generalisierung zwischen der gesamtstädtischen Betrachtungsebene <strong>und</strong><br />
der Ebene des Gebäudes / Strukturelements <strong>und</strong> erleichtern damit die räumliche<br />
Übertragbarkeit von Forschungsergebnissen (WICKOP et al. 1998, 28). Grenzen der<br />
Leistungsfähigkeit von Stadtstrukturtypen liegen in einem höheren Daten- <strong>und</strong> Erhebungsaufwand<br />
<strong>und</strong> den zum Teil sehr starken Schwankungsbreiten von Merkmalsausprägungen<br />
innerhalb eines Strukturtyps (FLACKE 2003, 76; PAULEIT, DUHME<br />
1999, 36).<br />
Stadtstrukturtypenansätze wurden bisher in der Forschung <strong>und</strong> Planungspraxis zu<br />
unterschiedlichen Zwecken <strong>und</strong> mit unterschiedlichen Zielsetzungen verwendet.<br />
Stadtstrukturtypen werden genutzt zur morphologischen Beschreibung städtischer<br />
9 Der Begriff Stadtstrukturtyp findet Verwendung bei (WICKOP et al. 1998), der Begriff Siedlungsstrukturtyp<br />
bei (SIEDENTOP et al. 2006). Weitere synonyme Begriffe sind Strukturtypen<br />
der Wohnbebauung (DEILMANN et al. 2001) oder Bebauungsstrukturtypen (IWANOW<br />
2003).
54 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Strukturen sowie vielschichtiger Bau- <strong>und</strong> Freiraumstrukturen (SENSTADT BERLIN<br />
2007, BRAUM et al. 2000, 19). Stadtstrukturtypen dienen zur differenzierten Charakterisierung<br />
der <strong>ökologische</strong>n Eigenschaften des Stadtgefüges sowie zur Bestimmung<br />
räumlich differenzierter Umweltqualitätsziele. Anhand von Bebauungsform<br />
<strong>und</strong> Erschließungsprinzipien werden Infrastrukturaufwand <strong>und</strong> -kosten beschrieben,<br />
es werden Auswirkungen des Stadtumbaus auf die stadttechnische Infrastruktur<br />
ermittelt oder Materialintensitäten <strong>und</strong> Infrastrukturfolgekosten verschiedener Pfade<br />
der Siedlungsentwicklung modelliert (BUCHERT et al. 2004, 23ff.; DEILMANN et al.<br />
2001, 174; FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 24; JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 41; SIE-<br />
DENTOP et al. 2006, 42ff.). Auf der Gr<strong>und</strong>lage differenzierter Stadtstrukturtypen werden<br />
Prognosen <strong>und</strong> Szenarien der künftigen Einwohnerverteilung sowie der künftigen<br />
Nachfrageentwicklung nach Wohnungen erstellt (BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE<br />
2004b, 57ff.; IWANOW, EICHHORN 2002a, 28f.; 2002b, 34f.). Auch in den aktuellen<br />
Planungen zum Stadtumbau in Ostdeutschland finden Stadtstrukturtypen ihre Anwendung<br />
(BMVBW, BBR 2003, 22ff., 31ff.)<br />
2.3.2 Entwicklung einer Stadtstrukturtypik<br />
Eine wesentliche Anforderung bei der Raumgliederung durch Stadtstrukturtypen ist,<br />
dass diese eine Abgrenzung von Raumeinheiten erlauben, die im Hinblick auf die<br />
Fragestellung homogene Merkmalsausprägungen aufweisen. Weiterhin sollte die<br />
Bildung von Stadtstrukturtypen die Verfügbarkeit von <strong>für</strong> die jeweilige Untersuchung<br />
verfügbaren Daten berücksichtigen. Die Raumgliederung sollte so detailliert wie<br />
möglich sein um Informationsverluste zu minimieren, andererseits jedoch einen vertretbaren<br />
Arbeitsaufwand <strong>und</strong> eine ausreichende Kommunizierbarkeit der Ergebnisse<br />
erlauben (FLACKE 2003, 104; PAULEIT 1998, 9).<br />
Entsprechend der Fragestellung dieser Arbeit sollen die Stadtstrukturtypen genutzt<br />
werden, um Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten <strong>für</strong> Wohnquartiere<br />
aus Sicht von Stadtplanung <strong>und</strong> Stadttechnik räumlich differenzieren zu<br />
können. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sich <strong>Dichte</strong>ziele nicht<br />
pauschal formulieren lassen, sondern einer räumlichen Differenzierung bedürfen.<br />
Wesentlich <strong>für</strong> die hier gebildeten Stadtstrukturtypen ist daher vor allem, dass sie<br />
sich eindeutig im Hinblick auf ihre <strong>Dichte</strong>n unterscheiden. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der<br />
Fokussierung auf den Themenbereich der stadttechnischen Infrastruktur sollten die<br />
Stadtstrukturtypen eine homogene Ausprägung der Erschließungsaufwendungen<br />
<strong>und</strong> Erschließungsprinzipien aufweisen. Zu diesem Zweck erfolgt eine Anlehnung<br />
an die Stadtstrukturtypiken von BUCHERT et al. (2004), FREUDENBERG, KOZIOL<br />
(2003), JENSSEN, KARAKOYUN (2005) sowie von SIEDENTOP et al. (2006). Für einen<br />
Abgleich der Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik mit Kriterien<br />
aus anderen Bereichen wie dem Verkehr, der sozialen Infrastruktur, der Freiraum-<br />
<strong>und</strong> der Wohnqualität sollten die gewählten Stadtstrukturtypen auch geeignet<br />
sein, wesentliche Merkmale dieser planerischen Handlungsfelder abzubilden (vor<br />
diesem Hintergr<strong>und</strong> werden berücksichtigt IWANOW, EICHHORN 2002a, 28f., 2002b,<br />
34f.).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 55<br />
Tabelle 5: Stadtstrukturtypik (Eigene Darstellung nach Braum et al. 2000, 19ff.;<br />
BUCHERT et al. 2004, 26f.; FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 32ff.; IWANOW, EICHHORN 2002a,<br />
28f.; JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 41; SIEDENTOP et al. 2006, 54)<br />
Stadtstrukturtypen<br />
(Abkürzung)<br />
Altbau in traditioneller<br />
Blockstruktur<br />
(Block)<br />
Großwohnsiedlung in<br />
Plattenbauweise<br />
(Platte)<br />
Wohnbebauung<br />
in Zeilenform<br />
(Zeile)<br />
Wohn- <strong>und</strong><br />
Werksiedlungsbau <br />
Plattenbauwohnsiedlung<br />
mit Zeilen<br />
Geschosswohnungsbau<br />
nach 1990<br />
(MFH 90+)<br />
Freistehende Ein- <strong>und</strong><br />
Zweifamilienhäuser<br />
(EFH locker)<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />
in verdichteter<br />
Bauweise (EFH dicht)<br />
Baualter<br />
bis 1918<br />
1969 -<br />
1990<br />
1919 -<br />
1948<br />
1949 -<br />
1968<br />
ab 1990<br />
Beschreibung Bildbeispiel (Fotos: IÖR) GFD<br />
Vor <strong>und</strong> gründerzeitliche mehrgeschossige<br />
Wohnhäuser in offenen<br />
oder geschlossenen Blockstrukturen<br />
Geschosswohnungsbau in offener<br />
Blockstruktur mit mehr als 2500<br />
Wohneinheiten, Gebäude mit Hofbildung<br />
oder als Mäander angeordnet<br />
Zeilenbebauung der 20er <strong>und</strong> 30er<br />
Jahre als Wohn- <strong>und</strong> Werkssiedlungen<br />
oder Gartenstädte mit Hausgartenanlagen<br />
in den Abstandsflächen<br />
zwischen den Gebäuden<br />
Mehrgeschossige Wohnhäuser mit<br />
Zeilenbebauung in industrieller<br />
Bauweise mit Gebäudetypen der<br />
Block-, Streifen- oder Großtafelbauweise;<br />
Trennung der Gebäude<br />
durch Abstandsgrün<br />
Mehrgeschossige Wohnhäuser die<br />
nach 1990 errichtet wurden, meist in<br />
Form offener Blockbebauung<br />
Freistehende Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />
in lockerer Bauweise<br />
Reihenhäuser, Doppel-, <strong>und</strong> Einzelhäuser<br />
in dichter Anordnung<br />
Die Stadtstrukturtypik wird in dieser Arbeit nicht wie oftmals verwendet, um die Bebauungsstruktur<br />
eines Fallstudiengebiets räumlich zu kategorisieren (PAULEIT 1998,<br />
3ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 42ff.; WICKOP et al. 1998, 30ff.), sondern um Sek<strong>und</strong>ärdaten<br />
sowie Ergebnisse vorliegender Forschungsarbeiten räumlich differenziert<br />
auszuwerten. Da in den einzelnen Arbeiten jeweils mit unterschiedlichen Strukturtypen<br />
gearbeitet wird, ist die Möglichkeit des Differenzierungsgrads der in dieser Arbeit<br />
verwendeten Stadtstrukturtypik begrenzt. Sie sollte einen Rahmen bieten, in<br />
den die unterschiedlichen Ergebnisse eingeordnet werden können. In dieser Arbeit<br />
0,8 -<br />
3,0<br />
0,6 -<br />
1,6<br />
0,6 -<br />
1,3<br />
0,6 -<br />
1,3<br />
0,5 -<br />
1,2<br />
0,15<br />
- 0,4<br />
0,4 -<br />
0,7
56 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
verwendete Stadtstrukturtypen sollten weiterhin jenen Typen entsprechen, die im<br />
Rahmen des ostdeutschen Stadtumbaus Anwendung finden <strong>und</strong> geeignet sind, solche<br />
städtischen Strukturen auszuweisen, die besonders von Bevölkerungsrückgängen<br />
<strong>und</strong> Leerständen betroffen sind, <strong>und</strong> in denen demzufolge mit Problemen der<br />
Funktions- <strong>und</strong> Tragfähigkeit von stadttechnischen Infrastrukturen zu rechnen ist.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> orientieren sich die in Tabelle 5 dargestellten Stadtstrukturtypen<br />
an den Bebauungsstrukturen, die in den neuen B<strong>und</strong>esländern vorzufinden<br />
sind.<br />
2.3.3 <strong>Dichte</strong>werte von Stadtstrukturtypen<br />
In Folge regionaler <strong>Dichte</strong>gefälle ergeben sich zum Teil erhebliche <strong>Dichte</strong>spannen<br />
<strong>für</strong> die einzelnen Stadtstrukturtypen. Neben der räumlichen Differenzierung der<br />
Stadtstrukturtypen ist ebenso das bauliche Verdichtungsgefälle zwischen Großstädten<br />
<strong>und</strong> ländlich peripheren Räumen zu berücksichtigen. Um dem regionalen <strong>Dichte</strong>gefälle<br />
ausreichend Rechnung zu tragen entwickelten BUCHERT et al. (2004, 27ff.)<br />
in Modifizierung der siedlungsstrukturellen Kreistypen der BBR eine neue Raumtypologie<br />
von Gemeindetypen, die ‚Kernstädte’, ‚suburbanen Raum’ <strong>und</strong> ‚ländlichen<br />
Raum’ unterscheidet. Anhand dieser Raumtypologie haben die Autoren differenzierte<br />
Werte der Geschossflächendichten <strong>für</strong> die einzelnen Stadtstrukturtypen geschätzt<br />
10 , die in Abbildung 10 anhand der in dieser Arbeit verwendeten Stadtstrukturtypen<br />
dargestellt werden.<br />
Abbildung 10: Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen nach Gemeindetypen<br />
(Eigene Darstellung auf Basis von BUCHERT et al. 2004, 31)<br />
Geschossflächendichte (GFD)<br />
3<br />
2,5<br />
2<br />
1,5<br />
1<br />
0,5<br />
0<br />
Kernstädte Suburbaner Raum Ländlicher Raum<br />
Block Platte Zeile MFH 90+ EFH dicht EFH locker<br />
Neben diesen <strong>Dichte</strong>gefällen zwischen Stadt <strong>und</strong> Umland sind zudem großräumige<br />
regionale <strong>Dichte</strong>gefälle in Deutschland zu berücksichtigen, die z. B. in Tabelle 4 am<br />
Beispiel der Gefälle der Bevölkerungs- <strong>und</strong> Siedlungsdichten nach B<strong>und</strong>esländern<br />
dargestellt wurden.<br />
Während die <strong>Dichte</strong>spannen der Strukturtypen nach BUCHERT et al. (2004) von<br />
Siedlungsstrukturen höherer <strong>Dichte</strong>n ausgehen, schätzen SIEDENTOP et al. (2006,<br />
10 Gr<strong>und</strong>lage dieser Schätzung sind Angaben aus der Literatur sowie eine Orientierung an<br />
der statistischen Hilfsgröße der Wohnungsdichte, die auf der Kreisebene aus der Wohnungs-<br />
<strong>und</strong> Flächenstatistik abgeleitet werden kann (BUCHERT et al. 2004, 27ff.).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 57<br />
54) <strong>für</strong> die brandenburgische Fallstudienregion Havelland-Fläming, die sich durch<br />
eine hohe Zahl ländlich geprägter Siedlungseinheiten sowie eine stark unterdurchschnittliche<br />
Siedlungsdichte auszeichnet, deutlich geringere <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong> die jeweiligen<br />
Stadtstrukturtypen. Anhand der Typen ‚verdichtete Gemeinden’ (über 2.000<br />
Einwohner je ha Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche), ‚moderat verdichtete Gemeinden’<br />
(1.000-2.000 Einwohner je ha Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche) <strong>und</strong> ‚gering verdichtete<br />
Gemeinden’ (weniger als 1.000 Einwohner je ha Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche)<br />
werden stadtstrukturtypenspezifische Geschossflächendichten angegeben, die in<br />
Abbildung 11 dargestellt werden (SIEDENTOP et al. 2006, 54).<br />
Abbildung 11: Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen nach Gemeindetypen<br />
(Eigene Darstellung auf Basis von SIEDENTOP et al. 2006, 54)<br />
Geschossflächendichte (GFD)<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
Verdichtet Moderat verdichtet Gering verdichtet<br />
Block Platte Zeile MFH 90+ EFH dicht EFH locker<br />
Je nach großräumiger <strong>und</strong> kleinräumiger Lage ergeben sich <strong>für</strong> die <strong>Dichte</strong>n der einzelnen<br />
Stadtstrukturtypen somit erheblichen Wertespannen, die bei der Ermittlung<br />
von Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n zu berücksichtigen sind.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 59<br />
3 Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele seit dem Zweiten Weltkrieg<br />
Die Diskussion um <strong>Dichte</strong> hat eine lange Tradition in Städtebau <strong>und</strong> Stadtplanung.<br />
Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong> schrumpfende Städte können daher nicht aufgr<strong>und</strong><br />
der alleinigen Betrachtung der aktuellen Diskussion definiert werden. Sie sollten<br />
vielmehr eingebettet in die langjährige stadtplanerische Diskussion gef<strong>und</strong>en<br />
werden, die, vor dem Hintergr<strong>und</strong> der jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen,<br />
ausführlich die Vor- <strong>und</strong> Nachteile von Verdichtung einerseits <strong>und</strong> Auflockerung<br />
oder Entdichtung andererseits diskutiert <strong>und</strong> ihren Niederschlag in städtebaulichen<br />
Leitbildern findet. Die vielfältigen Vor- <strong>und</strong> Nachteile von verdichteten <strong>und</strong> dispersen<br />
Siedlungsstrukturen haben nach wie vor ihre Gültigkeit, sind allerdings vor<br />
dem Hintergr<strong>und</strong> der aktuellen <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse neu zu bewerten, um <strong>Dichte</strong>kriterien<br />
<strong>für</strong> schrumpfende Städte ableiten zu können.<br />
Die Abfolge von <strong>Dichte</strong>zielwerten der städtebaulichen Leitbilder verläuft polarisiert<br />
<strong>und</strong> in einer steten Schwankung zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Auflockerung, Verdichtung<br />
<strong>und</strong> Zersiedlung. Bei der Diskussion um <strong>Dichte</strong> geht es nicht allein um <strong>Dichte</strong>maße<br />
wie realisierte Geschossflächendichten oder Nettoeinwohnerdichten, es geht auch<br />
um die Bilder <strong>und</strong> Vorstellungen der idealen Lebensform des Menschen. Vorstellungen<br />
schwanken entsprechend der jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
zwischen Stadtfeindlichkeit <strong>und</strong> Stadteuphorie. Die Diskussion um <strong>Dichte</strong>vorstellungen<br />
ist stark ideologisch geprägt:<br />
„Offensichtlich will sich niemand in seiner jeweils ideologisch einseitigen <strong>und</strong><br />
damit bequemen Position zum Thema „<strong>Dichte</strong>“ mit rationalen Argumenten in<br />
Frage stellen lassen.“ (SIEVERTS 1997a, 83)<br />
Am deutlichsten wird dieser Konflikt in der Diskussion zwischen der absoluten Be<strong>für</strong>wortung<br />
oder Ablehnung der Wohnformen des Hochhauses einerseits <strong>und</strong> des<br />
(freistehenden) Einfamilienhauses andererseits (GASSNER 1978, 93).<br />
Abbildung 12: Kontrastierende Lebensvorstellungen: Freistehendes Einfamilienhaus<br />
<strong>und</strong> verdichteter Wohnungsbau (Fotos: IÖR)<br />
Im Folgenden werden, nach einer einleitenden Darlegung der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> baurechtlichen<br />
<strong>Dichte</strong>vorschriften des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts in Exkurs 1, die <strong>für</strong> den <strong>Dichte</strong>diskurs<br />
relevanten städtebaulichen Leitbilder in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg nachgezeichnet.<br />
Für die B<strong>und</strong>esrepublik werden folgende Leitbilder betrachtet:
60 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
- Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt (1940 bis 1960),<br />
- Urbanität durch <strong>Dichte</strong> (1960 bis 1975),<br />
- behutsame Stadterneuerung, Innenentwicklung, <strong>ökologische</strong> orientierte Stadt<br />
(Ende der 1970er <strong>und</strong> 1980er Jahre).<br />
Exkurs 1: <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> baurechtliche Vorschriften der Stadt des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
Mit der Industrialisierung <strong>und</strong> zunehmenden Überbauung des Stadtgebietes war es Ende<br />
des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts notwendig geworden, die Ausnutzbarkeit von privaten Gr<strong>und</strong>stücken<br />
zu regeln. Es entstanden deshalb Staffel- <strong>und</strong> Zonenbauordnungen als Bestandteil der Bauordnungen,<br />
nach denen Einwohnerdichten von bis zu 2.900 Einwohnern je ha Bruttobauland<br />
einschließlich Straßen erzielt werden konnten (GEBERDING-WIESE 1968, 37f.).<br />
Diese Staffel- <strong>und</strong> Zonenbauordnungen sowie die nachfolgenden Bauordnungen der großen<br />
Städte folgten dem Prinzip „je größer das Gr<strong>und</strong>stück, umso kleiner das Haus“, in dem sie in<br />
zentralen Lagen eine hohe Ausnutzung kleiner Gr<strong>und</strong>stücke <strong>und</strong> am Siedlungsrand eine<br />
geringe Ausnutzung auf großen Gr<strong>und</strong>stücken vorsahen (s. Abbildung 13) (GEBERDING-<br />
WIESE 1968, 37f.; SCHÖNING 1968, 17). So erlaubten z. B. die Bauordnungen der Städte<br />
Berlin (1925), Stuttgart (1934) <strong>und</strong> Köln (1941) bei eingeschossiger Bauweise die Bebauung<br />
von einem Zehntel der Gr<strong>und</strong>stücksfläche, entsprechend einer GFZ von 0,1. In den Kerngebieten<br />
der Innenstädte hingegen konnten bei sechsgeschossiger Bauweise sechs Zehntel<br />
des Gr<strong>und</strong>stücks bebaut werden, entsprechend einer GFZ von 3,6 (HOHENADL 1977, 32;<br />
SCHÖNING 1968, 17). Diese Regelung wurde aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit vielfach<br />
kritisiert (GEBERDING-WIESE 1968, 48). 11<br />
Abbildung 13: Die Berliner Bauordnung von 1925: „Je größer das Haus, desto kleiner<br />
das Gr<strong>und</strong>stück“ (Eigene Darstellung nach GÖDERITZ et al. 1957, 21)<br />
3/10<br />
3/10<br />
2/10<br />
6/10<br />
5/10<br />
5/10<br />
4/10<br />
4/10<br />
1/10<br />
Trotz dieser Kritik muss festgestellt werden, dass durch die Bauordnungen der 1920er <strong>und</strong><br />
1930er Jahre im Vergleich zu den vorherigen Bauordnungen bereits eine deutliche Reduzierung<br />
der <strong>Dichte</strong>n erreicht wurde, wie Tabelle 6 am Beispiel von Berlin verdeutlicht.<br />
Tabelle 6: Erzielbare Einwohnerdichten (netto) gemäß der Berliner Bauordnungen von<br />
1897 <strong>und</strong> 1925 (WASMUTH 1929 zitiert nach GEBERDING-WIESE 1968, 42)<br />
Geschosse Bauordnung von 1897 Bauordnung von 1925<br />
5 1.600 EW/ha 1.200 EW/ha<br />
4 1.000 EW/ha 800 EW/ha<br />
3 600 EW/ha 450 EW/ha<br />
2 300 EW/ha 150 EW/ha<br />
11 Zu einer genaueren Darlegung der Vorschriften sowie zu vorhergehenden Regelungen<br />
der Intensität der Flächennutzung siehe GEBERDING-WIESE 1968, 34ff. sowie HOHENADL<br />
1977, 29ff.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 61<br />
Danach wird auf die <strong>Dichte</strong>vorstellungen der DDR eingegangen, anhand der Phasen<br />
der unmittelbaren Nachkriegszeit mit den 16 Gr<strong>und</strong>sätzen des Städtebaus, der<br />
Industrialisierung <strong>und</strong> Verdichtung des Bauens in den 1950er <strong>und</strong> 1960er Jahren<br />
sowie des extensiven Großsiedlungsbaus in den 1970er <strong>und</strong> 1980er Jahren. Die<br />
gesamtdeutschen <strong>Dichte</strong>vorstellungen nach der Wiedervereinigung sind gekennzeichnet<br />
durch den Gegensatz der kompakten europäischen Stadt <strong>und</strong> der dispersen<br />
Zwischen- oder Netzstadt. Es wird dabei kein Anspruch auf eine vollständige<br />
Darstellung der Städtebaugeschichte erhoben, sondern es werden jeweils diejenigen<br />
Leitbilder <strong>und</strong> Entwicklungsphasen hervorgehoben, die <strong>für</strong> die <strong>Dichte</strong>ziele seit<br />
dem 2. Weltkrieg von besonderer Relevanz sind.<br />
Im Rahmen der Diskussion der jeweiligen <strong>Dichte</strong>ziele werden zum einen städtebauliche<br />
Leitbilder <strong>und</strong> Modelle behandelt, mit ihren stadtplanerisch dominanten <strong>Dichte</strong>vorstellungen<br />
<strong>und</strong> bevorzugten Formen der Wohnbebauung unterschiedlicher <strong>Dichte</strong>.<br />
Zum anderen werden die baurechtlichen Vorschriften der Baunutzungsverordnung<br />
in der jeweils gültigen Fassung erörtert, die den baurechtlichen Rahmen der<br />
planerischen Umsetzung von <strong>Dichte</strong>ziele bilden.<br />
Hervorzuheben ist allerdings, dass sich die jeweils realisierten <strong>Dichte</strong>n nicht allein<br />
aus dem Zusammenspiel der stadtplanerischen Leitbilder <strong>und</strong> baurechtlichen Vorschriften<br />
ergeben, sondern vielmehr auch die allgemeinen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
ausschlaggebend sind, wie z. B. die wirtschaftliche Entwicklung<br />
mit ihren Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt, die Finanz- <strong>und</strong> Steuerpolitik oder<br />
die Eigentumsstrukturen. So konstatiert z. B. Reinborn,<br />
„dass das Auf <strong>und</strong> Ab der Wirtschaftszyklen <strong>für</strong> die Stadtentwicklung <strong>und</strong> den<br />
Städtebau bestimmender ist als jedes Leitbild oder jede Ideologie“ (REINBORN<br />
1996, 305).<br />
3.1 Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt (1940-1960)<br />
3.1.1 Das Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt<br />
Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt war das städtebauliche Leitbild der 1940er<br />
<strong>und</strong> 1950er Jahre <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, das erst nachträglich, mit der<br />
Veröffentlichung „Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt“ 1957 von Göderitz, Rainer<br />
<strong>und</strong> Hoffmann (GÖDERITZ et al. 1957) seinen Namen erhielt (FÜRST et al. 1996,<br />
22).<br />
Das Leitbild fußt auf der Ablehnung der extrem verdichteten steinernen Stadt der<br />
Gründerjahre <strong>und</strong> weist in seinen Gr<strong>und</strong>zügen eine hohe Kontinuität von der Gartenstadtidee<br />
über das Kaiserreich, die Weimarer Republik, die Ära Blut <strong>und</strong> Boden<br />
der NS-Zeit bis hin zur gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt der westdeutschen<br />
Nachkriegsgeschichte auf (DURTH 1990, 14f.; HILLEBRECHT 1962, 44ff.) <strong>und</strong> zeichnet<br />
sich vor allem durch Großstadtfeindlichkeit aus. Kritisiert werden:<br />
„Ballung von Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten um einen hoch <strong>und</strong> dicht bebauten<br />
Stadtkern, Wohnen in vielgeschossigen Großhäusern, zeit- <strong>und</strong> kraftraubender<br />
täglicher Berufsverkehr in kostspieligen Verkehrsmitteln, riesiger Transportaufwand<br />
auch <strong>für</strong> die tägliche Ernährung <strong>und</strong> sonstige Versorgung, endlich <strong>für</strong> die<br />
nötige Erholung teure künstliche Grünflächen <strong>und</strong> lange Anfahrten, um die freie<br />
Landschaft zu erreichen (...).“ (GÖDERITZ et al. 1957, 9).
62 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Die Lebensbedingungen der Großstadt werden als unnatürlich angesehen <strong>und</strong> Kritik<br />
entzündet sich vor allem am Wohnhochhaus (GÖDERITZ et al. 1957, 17).<br />
Dem wird mit der der gegliederten Stadt das Bild eines „ges<strong>und</strong>en“ Lebens in kleinen<br />
Städten mit einem unmittelbaren Bezug zu einem Nutzgarten entgegen gestellt<br />
(FÜRST et al. 1996, 22f.). Als eine den menschlichen Bedürfnissen am besten entsprechende<br />
Wohnform wird das verdichtete Einfamilienhaus mit einer Nettowohnfläche<br />
von 74 m² <strong>und</strong> einer Belegung von vier Personen angesehen. Um dennoch eine<br />
wirtschaftliche <strong>und</strong> flächensparende Bauweise zu ermöglichen, wird eine geschlossene<br />
Bauweise vorgesehen. Auflockerung bedeute demnach nicht eine flächenintensive<br />
offene Bauweise sondern die Schaffung eines Gegensatzes zu den stark<br />
verdichteten gründerzeitlichen Mietskasernen (RAINER 1968, 13).<br />
GÖDERITZ, RAINER <strong>und</strong> HOFFMANN (1957) setzen sich in „Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte<br />
Stadt“ intensiv mit den Zusammenhängen zwischen <strong>Dichte</strong>, Geschosshäufung<br />
<strong>und</strong> Flächenverbrauch auseinander.<br />
Abbildung 14: Erzielbare Flächengewinne durch Geschosshäufung<br />
(Eigene Darstellung nach GÖDERITZ et al. 1957, 43)<br />
Dabei weisen sie vor allem auf die stark sinkenden Ersparnisse bebauter Fläche<br />
durch Geschosshäufung bei steigenden Geschosszahlen hin. Die Flächenersparnis<br />
bzw. der Freiflächengewinn durch Geschosshäufung verliert praktisch oberhalb des<br />
vierten Geschosses seine Bedeutung. Während bei der Erhöhung von einem auf<br />
zwei Geschosse noch die Hälfte der Wohnfläche als Freifläche gewonnen wird, ist<br />
dies bei der Erhöhung von zwei auf drei Geschosse nur noch ein Drittel, bei der Erhöhung<br />
von drei auf vier Geschosse ein Viertel usw. (s. Abbildung 14) (RAINER<br />
1968, 16). Da mindestens ab dem fünften Geschoss Aufzüge nötig sind, die nicht<br />
nur Bau- <strong>und</strong> Betriebskosten, sondern auch Raumverluste verursachen, könne man<br />
den geringfügigen Gewinn an Freifläche offenbar nicht als Begründung <strong>für</strong> die Wahl<br />
des vielgeschossigen Hauses anführen (GÖDERITZ et al. 1957, 42).<br />
Ferner sind die Autoren der Ansicht, dass eine weitgehende Realisierung des Wohnens<br />
in verdichteten Einfamilienhäusern nicht zu einer größeren Ausdehnung des<br />
Stadtgebietes führe. Dies sei darin begründet, dass Flächen <strong>für</strong> Gemeinschaftsanlagen<br />
zu gleichen Anteilen je Wohnung unabhängig von der Wohnungsdichte be-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 63<br />
reitzustellen seien <strong>und</strong> sich damit der Effekt der Verringerung der Ausdehnung in<br />
Folge höherer Wohnungsdichten abschwäche. So würden sich die Ausdehnungen<br />
von „ges<strong>und</strong>en“, gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Städten mit 50.000 Einwohnern<br />
<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>n von 40 bis 60 Wohneinheiten je ha Nettowohnbaugebiet, bestehend<br />
zum größten Teil aus Einfamilienhäusern mit 100 bis 150 m² großen Hausgärten<br />
<strong>und</strong> mit umfangreicher Ausstattung mit Gemeinschaftsanlagen, nur wenig von der<br />
damaligen Ausdehnung von Städten unterscheiden (GÖDERITZ et al. 1957, 72).<br />
Mit Reihenhäusern in geschlossener Bauweise auf kleinen Gr<strong>und</strong>stücken oder Atriumhäusern<br />
können demnach <strong>Dichte</strong>n bis zu 60 Wohnungen je ha Nettobauland<br />
erreicht werden (RAINER 1968, 15). Eine <strong>Dichte</strong> von 60 Wohneinheiten je ha Nettobauland<br />
würde eine obere Grenze <strong>für</strong> den Einfamilienhausbau darstellen, vor allem<br />
wenn er als eingeschossiger Bau konzipiert sei (GÖDERITZ et al. 1957, 54f.). Entsprechend<br />
einer angenommenen Belegung mit vier Personen je Wohneinheit ergeben<br />
sich <strong>für</strong> diesen Bebauungstyp des zweigeschossigen angebauten Einfamilienhauses<br />
Einwohnerdichten von 240 Einwohnern je ha Nettowohnbauland bei einer<br />
GFZ von etwa 0,5. Geberding-Wiese benennt <strong>für</strong> Städte der Prägung „gegliederte<br />
<strong>und</strong> aufgelockerte Stadt“ einen Korridor der Nettowohndichten von 150 bis 250 Einwohnern<br />
je ha Nettowohnbauland (GEBERDING-WIESE 1968, 128).<br />
Auch wenn die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt mit ihrer Bevorzugung des Einfamilienhauses<br />
ein geringes Maß baulicher <strong>Dichte</strong> aufwies, konnten mit 160 bis 240<br />
Einwohnern je ha Nettowohnbauland aufgr<strong>und</strong> der hohen Belegungsziffer <strong>und</strong> der<br />
damit geringen Wohnflächeninanpruchnahme pro Person vergleichsweise hohe<br />
Einwohnerdichten erreicht werden. Solche <strong>Dichte</strong>werte werden bei heutigen individuellen<br />
Wohnflächenansprüchen erst ab einer Geschossflächendichte von 1,0 erzielt<br />
(vgl. auch Abbildung 8, S. 47).<br />
3.1.2 Die BauNVO von 1962 – Begrenzung der Verdichtung<br />
In der Baunutzungsverordnung (BauNVO) von 1962 wurden erstmalig <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>esrepublik<br />
einheitliche Festsetzungen zu Art <strong>und</strong> Maß der baulichen Nutzung getroffen.<br />
In § 17 Abs. 1 der BauNVO werden <strong>für</strong> verschiedene Baugebietstypen die<br />
Gr<strong>und</strong>flächen-, Geschossflächen- <strong>und</strong> Baumassenzahl sowie die Zahl der Vollgeschosse<br />
in Form zulässiger Höchstmaße festgesetzt (s. Tabelle 7).<br />
Tabelle 7: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1<br />
BauNVO 1962<br />
Baugebietstyp<br />
reine Wohngebiete (WR),<br />
allgem. Wohngebiete (WA),<br />
Mischgebiete (MI)<br />
Kerngebiete (MK),<br />
Gewerbegebiete (GE)<br />
Zahl der<br />
Vollgeschosse (Z)<br />
Gr<strong>und</strong>flächenzahl<br />
(GRZ)<br />
Geschossflächenzahl<br />
(GFZ)<br />
1 0,4 0,4<br />
2 0,4 0,7<br />
3 0,3 0,9<br />
4 <strong>und</strong> mehr 0,3 1,0<br />
1 0,8 0,8<br />
2 0,8 1,2<br />
3 0,6 1,6<br />
4 <strong>und</strong> mehr 0,6 2,0<br />
Mit ihren klar definierten Obergrenzen baulicher Nutzung durch die maximalen Geschossflächenzahlen<br />
von 1,0 in Wohngebieten <strong>und</strong> 2,0 in Kerngebieten, steht die<br />
BauNVO 1962 in der Tradition der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt. So hat
64 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
auch GÖDERITZ maßgeblich an der Entstehung der BauNVO mitgewirkt. 12 In dieser<br />
kommt deutlich die Kritik an den bisherigen Bauordnungen mit der Staffelung von<br />
Bauklassen zum Ausdruck, die auf kleinen Gr<strong>und</strong>stücken Mietshäuser <strong>und</strong> auf großen<br />
Gr<strong>und</strong>stücken Flachbebauung vorsah <strong>und</strong> damit als sozial ungerecht galt (siehe<br />
auch Exkurs 1) (GEBERDING-WIESE 1968, 48). Damit lassen sich die rigiden Nutzungsobergrenzen<br />
der BauNVO von 1962 vor allem vor dem Hintergr<strong>und</strong> des Anspruchs<br />
an soziale Gerechtigkeit sowie der allgemeinen Stadtfeindlichkeit erklären,<br />
die im Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt ihren Niederschlag gef<strong>und</strong>en<br />
hatten.<br />
GEBERDING-WIESE (1968, 50ff.) führte einen Vergleich der maximal erzielbaren Einwohnerdichten<br />
je ha Nettowohnbauland gemäß der Bauordnung <strong>für</strong> Berlin 1925 <strong>und</strong><br />
der BauNVO 1962 durch, der in Abbildung 15 illustriert wird.<br />
Abbildung 15: Erzielbare Einwohnerdichten entsprechend der Berliner Bauordnung<br />
1925 sowie der BauNVO 1962 (Eigene Darstellung nach GEBERDING-WIESE 1968, 50ff.)<br />
Einwohner je ha netto<br />
1.300<br />
1.200<br />
1.100<br />
1.000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Bauordnung Berlin 1925 BauNVO 1962<br />
2 3 4 5 6<br />
Zahl der Geschosse<br />
Hierbei wird deutlich, dass mit der BauNVO 1962 eine deutliche Reduzierung der<br />
<strong>Dichte</strong>n erreicht wurde. Während nach der Bauordnung <strong>für</strong> Berlin 1925 bei sechsgeschossiger<br />
Bebauung <strong>Dichte</strong>n von bis zu 1.225 Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />
erreicht werden konnten, beträgt die maximale nach der BauNVO von 1962 in<br />
Wohngebieten erzielbare Einwohnerdichte 415 Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />
(jeweils ausgehend von 24 m² Bruttogeschossfläche je Einwohner) (GEBERDING-<br />
WIESE 1968, 50f.).<br />
In der Folgezeit erfolgt eine breite Auseinandersetzung damit, ob die Obergrenze<br />
einer GFZ von 1,0 <strong>für</strong> Wohngebiete gerechtfertigt sei. Als problematisch wird die<br />
Obergrenze vor allem <strong>für</strong> innerstädtische Sanierungsgebiete angesehen (GEBER-<br />
DING-WIESE 1968, 95). Hierzu ist allerdings anzumerken, dass die BauNVO von<br />
1962 <strong>für</strong> innerstädtische Sanierungsgebiete eine Überschreitung der in § 17 Abs. 1<br />
12 Johannes Göderitz war Leiter des Arbeitsausschusses der Landesgruppe Niedersachsen<br />
der Akademie <strong>für</strong> Städtebau <strong>und</strong> Landesplanung, die 1951 den Entwurf einer Baunutzungsordnung<br />
herausbrachte, die dem Sachverständigenausschuss der Hauptkommission<br />
<strong>für</strong> die Baugesetzgebung <strong>und</strong> der Musterbauordnungs-Kommission der Länder als<br />
Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Erarbeitung einer Rechtsverordnung zum B<strong>und</strong>esbaugesetz, der späteren<br />
Baunutzungsverordnung diente (SCHÖNING 1968, 18ff.).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 65<br />
angegeben Höchstmaße der baulichen Nutzung zuließ. So war es <strong>für</strong> überwiegend<br />
bebaute Gebiete, also vor allem <strong>für</strong> innerstädtische Sanierungsgebiete, möglich, im<br />
Bebauungsplan von den Höchstmaßen baulicher Nutzung abzuweichen, „wenn<br />
städtebauliche Gründe dies rechtfertigen <strong>und</strong> sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen“<br />
(§ 17 Abs. 8 BauNVO 1962) (siehe hierzu auch die Ausführungen zur<br />
BauNVO von 1968 in Kapitel 3.2.2).<br />
3.2 Urbanität durch <strong>Dichte</strong> (1960-1975)<br />
3.2.1 Das Leitbild Urbanität durch <strong>Dichte</strong><br />
Die <strong>Dichte</strong>diskussion der 1960er <strong>und</strong> frühen 1970er Jahre wurde bestimmt durch<br />
das städtebauliche Leitbild „Urbanität durch <strong>Dichte</strong>“. Mit seiner Rede vor dem Deutschen<br />
Städtetag 1960 über Urbanität hatte EDGAR SALIN unbeabsichtigt die Diskussionen<br />
in Richtung dieses die Stadtplanung der 1960er Jahre bestimmenden Leitbildes<br />
angestoßen sowie den Namen des Leitbilds motiviert. In dieser Rede setzt SA-<br />
LIN (1960, 325) sich mit Urbanität auseinander <strong>und</strong> betont vor allem die Notwendigkeit<br />
zur aktiven Mitwirkung der Stadtbürgerschaft an der Regierung <strong>und</strong> Gestaltung<br />
der Stadt.<br />
Er beobachtet eine Aushöhlung der Stadt im alten Sinn <strong>und</strong> richtet sich vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> gegen eine ‚Entballung’ der Städte <strong>und</strong> betont dabei die Bedeutung der<br />
Kernstadt:<br />
„Entgegen dem heute so beliebten Schlagwort, dass eine Entballung der Städte<br />
notwendig ist, scheint mir ihre vordringliche Aufgabe darin zu bestehen, ihre<br />
Aushöhlung zu verhindern. Nicht die Auflösung der Stadt schafft eine neue<br />
Form, sondern nur die Stärkung des Kerns vermag bis in die äußersten Bezirke<br />
ein neues Leben auszustrahlen. Erst danach wird eine sinnvolle Entballung überhaupt<br />
möglich, <strong>und</strong> erst danach kann ernstlich eine Gründung von Trabantenstädten<br />
erwogen werden, die mehr als bloßes Häuserkonglomerat sind.“<br />
(SALIN 1960, 329).<br />
In der Folge dieser Rede fanden in den Jahren 1963 <strong>und</strong> 1964 in Gelsenkirchen<br />
zwei Tagungen des B<strong>und</strong>es Deutscher Architekten statt mit den Titeln „Gesellschaft<br />
durch <strong>Dichte</strong>“ <strong>und</strong> „Großstadt, in der wir leben möchten“, die eine Kritik am damals<br />
gängigen Leitbild der Entballung <strong>und</strong> Auflockerung ausdrückten. Die Vorstellung<br />
eines „ges<strong>und</strong>en“ Lebens mit Licht, Luft <strong>und</strong> Sonne im Einfamilienhaus forderte Architekten<br />
<strong>und</strong> Stadtplaner zur Gegenwehr heraus. Wissenschaftlichen Rückhalt zog<br />
diese Position aus der zunehmenden Kritik am Nachkriegsstädtebau, formuliert von<br />
Journalisten, Soziologen <strong>und</strong> Psychologen wie EDGAR SALIN, JANE JACOBS oder<br />
HANS PAUL BAHRDT. Gesucht wurde nach Alternativen zur Auflösung der Großstadt,<br />
nach Wegen, Großstädte <strong>und</strong> Urbanität mit all ihren Negativerscheinungen zu akzeptieren<br />
(BOEDDINGHAUS 1995, 9).<br />
„Nicht allein mit Licht, Luft <strong>und</strong> Sonne, nicht mit aufgelockerten <strong>und</strong> durchgrünten<br />
Städten könne den Bedürfnissen der Bevölkerung entsprochen werden. Nur<br />
in dicht gebauten Städten würden die Menschen die vielfältigen Kontakte finden,<br />
die sie suchten. Unter Verdichtung wurde allerdings nicht nur eine Erhöhung<br />
der Geschossflächenzahlen verstanden. Auch die unterschiedlichen Nutzungen,<br />
die im Nachkriegsstädtebau gemäß einem allzu einfältigen Verständnis<br />
der Charta von Athen weiträumig voneinander getrennt worden waren, sollten<br />
nun in Abkehr von den Gr<strong>und</strong>sätzen der Charta in ein dichtes Gefüge gebracht
66 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
werden. Nur wenn die Städte wieder in diesem Sinne verdichtet würden, könne<br />
sich Urbanität entfalten.“ (BOEDDINGHAUS 1995, 10)<br />
Getragen von dem Wunsch nach metropolen Lebensstilen, dem Glauben an technischen<br />
<strong>und</strong> wirtschaftlichen Fortschritt, große Wachstumserwartungen <strong>und</strong> die Allzuständigkeit<br />
der Planung wird nach dichten <strong>und</strong> kompakten Stadtbauformen gesucht.<br />
Das Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt wurde <strong>für</strong> die Verkehrszunahme<br />
<strong>und</strong> die Zersiedelung der Landschaft verantwortlich gemacht <strong>und</strong> mit<br />
seiner geringen <strong>Dichte</strong> als antiurban verworfen. Durch verdichtete Bauformen sollte<br />
eine neue Urbanität geschaffen werden, die bewusst einen Kontrast zur umgebenden<br />
Landschaft setzt. Ziele sind Flächen sparen <strong>und</strong> die verbesserte Erreichbarkeit<br />
der Gemeinschaftseinrichtungen durch kurze Wege (DURTH 1990, 27ff.; FÜRST et al.<br />
1996, 46ff.; REINBORN 1996, 240).<br />
In den verschiedenen zum Ende der 1960er <strong>und</strong> Anfang der 1970er entstandenen<br />
wissenschaftlichen Studien werden verschiedene Zielwerte <strong>für</strong> die <strong>Dichte</strong> benannt:<br />
GRUEN setzt 200 bis 300 Einwohner je ha Bruttowohnbauland (entsprechend einer<br />
Nettowohndichte von 280 bis 420 Einwohner) als untere Grenze an, um die Charakteristika<br />
von Urbanität zu erhalten (GRUEN 1973, 329, 349). Als Ergebnis umfangreicher<br />
Analysen plädiert BRAKEBUSCH (1969, 125f.) <strong>für</strong> Nettowohndichten von 400 bis<br />
640 Einwohnern je ha ausgehend von einem Bruttogeschossflächenanteil von 35 m²<br />
pro Kopf. Eine besonders hohe Wohnqualität könne bei diesen <strong>Dichte</strong>n in Hochhäusern<br />
von 16 bis 20 Geschossen bei der Scheibe <strong>und</strong> elf Geschossen bei Punkthochhäusern<br />
erreicht werden. Dieser Bebauung in Form von Hochhäusern böte<br />
vielfältige Vorteile, wie einen großen Anteil optimal besonnter Wohnungen, großflächige<br />
<strong>und</strong> damit vielfältig nutzbare Freiräume, eine durch Ebenentrennung von<br />
Fahrzeugverkehr <strong>und</strong> Erschließungsanlagen freie Fußgängerebene, eine schnelle<br />
<strong>und</strong> sichere Erreichbarkeit von Folgeeinrichtungen wie Läden, Gaststätten, Freizeithäusern,<br />
Schulen, Kindergärten <strong>und</strong> Sportanlagen im Einzugsbereich von 250 bis<br />
400 m.<br />
Abbildung 16: Urbanität durch <strong>Dichte</strong> am Beispiel des Märkischen Viertels in Berlin<br />
(Foto: Dahme)<br />
Neben dieser bedingungslosen Be<strong>für</strong>wortung des Hochhauses gibt es allerdings<br />
auch andere Stimmen, die vor allem auf die begrenzten Zugewinne an <strong>Dichte</strong> bzw.<br />
Flächen bei weiterer Erhöhung der Geschosszahlen hinweisen, der oberhalb von 12<br />
Geschossen gleich Null werde (PFEIL 1972, 340f.). Sie plädiert da<strong>für</strong> das Thema<br />
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Auflockerung bei jedem städtebaulichen Entwurf zu behandeln <strong>und</strong> dabei<br />
weder in Verdichtungspanik zu verfallen, noch die notwendige Konzentration<br />
außer Acht zu lassen. Im Ergebnis der <strong>Dichte</strong>werte kommt sie allerdings zu ähnli-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 67<br />
chen Werten wie BRAKEBUSCH als Be<strong>für</strong>worter des Hochhauses, nämlich auf eine<br />
maximale <strong>Dichte</strong> von 500 Einwohnern je ha netto, allerdings nur bei guten architektonischen<br />
Lösungen. Für Wohnbebauung seien 1,0 <strong>und</strong> in Ausnahmefällen auch 1,5<br />
geeignete Geschossflächenzahlen, <strong>für</strong> Geschäftsbebauung sei eine Erhöhung der<br />
Geschossflächenzahlen auf 2,0 angemessen (PFEIL 1972, 341). Auch KRÜGER,<br />
RATHMANN <strong>und</strong> UTECH nennen im <strong>Dichte</strong>modell Hamburg eine maximale GFZ von<br />
1,5 <strong>für</strong> Wohnbebauung. Diese erfordere bereits eine besondere städtebauliche <strong>und</strong><br />
verkehrliche Lagegunst wie z. B. die Nachbarschaft einer Schnellbahnhaltestelle<br />
(KRÜGER et al. 1972, 294) (<strong>für</strong> eine genauere Betrachtung des Hamburger <strong>Dichte</strong>modells<br />
siehe Exkurs 10).<br />
SCHMIDT-RELENBERG (1968, 220ff.) schlägt eine Differenzierung verschiedener<br />
Wohngebietstypen vor, um verschiedenen Wohnbedürfnissen gerecht werden zu<br />
können. Städtisch-lebendige Wohngebiete in zentraler Lage seien geeignet, Bedürfnisse<br />
nach Urbanität zu erfüllen. Sie sollten eine hohe <strong>Dichte</strong> von mindestens 500<br />
Einwohnern je ha in Großhäusern <strong>und</strong> geschlossener Blockbebauung aufweisen<br />
ebenso wie einen hohen Grad an Nutzungsmischung. In städtisch-ruhigen Wohngebieten<br />
könnten ebenfalls <strong>Dichte</strong>n von bis zu 500 Einwohnern je ha erreicht werden,<br />
allerdings durch eine Kombination mittelhoher Geschossbebauung in Kombination<br />
mit verdichteten Reihenhäusern. Quasi-ländliche randstädtische Wohngebiete sollten<br />
vorwiegend aus Einfamilienhäuser bestehen, wenn auch in verdichteter Bauweise,<br />
gemischt mit anderen modernen Bauformen außer dem Hochhaus. Die <strong>Dichte</strong><br />
sollte nicht unter 150 Einwohner je ha sinken.<br />
Bei einem Vergleich der hier aufgelisteten <strong>Dichte</strong>ziele zeigt sich, dass zwar, im Gegensatz<br />
zu BRAKEBUSCH, nicht alle das gemeinhin mit Urbanität durch <strong>Dichte</strong> assoziierte<br />
Wohnhochhaus be<strong>für</strong>worten, jedoch alle zu dieser Zeit formulierten <strong>Dichte</strong>zielwerte<br />
deutlich über denen der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt liegen, abgesehen<br />
von SCHMIDT-RELENBERGS Zielwert <strong>für</strong> Wohngebiete am Stadtrand.<br />
Abbildung 17 zeigt eine zusammenfassende Darstellung der im Kontext der Urbanität<br />
durch <strong>Dichte</strong> <strong>für</strong> großstädtische Siedlungstypen formulierten <strong>Dichte</strong>ziele.<br />
Abbildung 17: <strong>Dichte</strong>ziele Urbanität durch <strong>Dichte</strong> (Eigene Darstellung)<br />
Einwohner je ha netto<br />
650<br />
600<br />
550<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
BauNVO<br />
1968<br />
Schmidt-<br />
Relenberg<br />
1968<br />
Brakebusch<br />
1969<br />
Pfeil 1972 Krüger et al.<br />
1972<br />
Gruen 1973
68 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
3.2.2 Die BauNVO von 1968 – Anhebung der <strong>Dichte</strong>grenzen<br />
Entsprechend dem vorherrschenden städtebaulichen Leitbild lässt die BauNVO<br />
1968 höhere <strong>Dichte</strong>n zu, als die vorhergehende Fassung von 1962, die vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> des Leitbilds der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt entstanden war<br />
(FÜRST et al. 1996, 48).<br />
Dementsprechend sind die Obergrenzen der GFZ <strong>für</strong> Wohngebiete auf 1,2 (im Vergleich<br />
zu 1,0) <strong>und</strong> <strong>für</strong> Kerngebiete auf 2,4 (im Vergleich zu 2,0) angehoben worden<br />
(siehe auch Tabelle 8 im Vergleich zu Tabelle 7 auf Seite 63). Begründet wird die<br />
leichte Anhebung mit einer Anpassung an gestiegene Wohnstandards <strong>und</strong> neuzeitliche<br />
städtebauliche Anforderungen. Während bei Erarbeitung der BauNVO von 1962<br />
noch eine durchschnittliche Bruttogeschossfläche von 20 bis 25 m² je Einwohner<br />
angenommen wurde, sind dies bei der BauNVO 1968 bereits 28 bis 34 m² (FICKERT,<br />
FIESELER 1969, Tz 182). Weiterhin sind die Werte der Geschossflächenzahlen jetzt<br />
bis zu sechs Vollgeschossen differenziert angegeben, um neuzeitliche Bauformen<br />
wie z. B. Terrassen- oder Hügelhäuser zu ermöglichen ebenso wie eine höhere<br />
Wirtschaftlichkeit bei höhergeschossigen Gebäuden (FICKERT, FIESELER 1969, Tz<br />
183).<br />
Tabelle 8: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1<br />
BauNVO 1968<br />
Baugebietstyp<br />
reine Wohngebiete (WR),<br />
allgem. Wohngebiete (WA),<br />
Mischgebiete (MI)<br />
Kerngebiete (MK),<br />
Gewerbegebiete (GE)<br />
Zahl der<br />
Vollgeschosse (Z)<br />
Gr<strong>und</strong>flächenzahl<br />
(GRZ)<br />
Geschossflächenzahl<br />
(GFZ)<br />
1 0,4 0,5<br />
2 0,4 0,8<br />
3 0,4 1,0<br />
4 <strong>und</strong> 5 0,4 1,1<br />
6 <strong>und</strong> mehr 0,4 1,2<br />
1 1,0 1,0<br />
2 1,0 1,6<br />
3 1,0 2,0<br />
4 <strong>und</strong> 5 1,0 2,2<br />
6 <strong>und</strong> mehr 1,0 2,4<br />
GASSNER (1978, 100) hebt außerdem hervor, dass diese Bauordnung ermögliche,<br />
bei Komplexbebauungen die <strong>für</strong> Kerngebiete geltenden Obergrenzen des Maßes<br />
baulicher Nutzung in Anspruch zu nehmen. Zudem bietet die BauNVO von 1968<br />
zusätzliche Möglichkeiten, von den in § 17 Abs. 1 BauNVO genannten Höchstmaßen<br />
baulicher Nutzung abzuweichen. Während bereits die BauNVO von 1962 nach<br />
§ 17 Abs. 8 zuließ, in Gebieten, die 1962 bereits überwiegend bebaut waren, von<br />
den Höchstwerten baulicher Nutzung abzuweichen (§ 17 Abs. 8 BauNVO 1962),<br />
eröffnet die BauNVO von 1968 diese Möglichkeit auch <strong>für</strong> Neubaugebiete<br />
(§ 17 Abs. 9 BauNVO 1968) (siehe z. B. FICKERT, FIESELER 1969, Tz 232-249).<br />
Ziel war es, dem Planer die planungsrechtlichen Möglichkeiten <strong>für</strong> die Realisierung<br />
moderner städtebaulicher Vorschriften zur Verfügung zu stellen, die Überschreitung<br />
des Höchtsmaßes baulicher Nutzung dabei allerdings an besondere qualitative Voraussetzung<br />
zu knüpfen (FICKERT, FIESELER 1969, Tz 232), die über diejenigen der<br />
BauNVO von 1962 hinausgehen. Zum einen muss eine Überschreitung in Neubaugebieten<br />
durch ‚besondere’ städtebauliche Gründe gerechtfertigt werden, im Vergleich<br />
zu ‚städtebaulichen Gründen’ bei den bereits überwiegend bebauten Gebie-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 69<br />
ten. 13 Die BauNVO 1968 nennt gegenüber der Überschreitung der <strong>Dichte</strong>höchstwerte<br />
in bereits bebauten Gebieten <strong>für</strong> Neubaugebiete die weitere zusätzliche Anforderung,<br />
dass „die Überschreitungen durch Umstände ausgeglichen sind oder durch<br />
Maßnahmen ausgeglichen werden, durch die sichergestellt ist, dass die allgemeinen<br />
Anforderungen an ges<strong>und</strong>e Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt <strong>und</strong><br />
die Bedürfnisse des Verkehrs befriedigt werden.“ (§ 17 Abs. 9 BauNVO 1968). 14<br />
Zusammenfassend schlussfolgert GASSNER (1978, 100), dass die BauNVO von<br />
1968 (<strong>und</strong> in der Folge auch von 1977, siehe hierzu auch 3.3.4) im Hinblick auf<br />
<strong>Dichte</strong>begrenzungen mit den formulierten Ausnahmeregelungen einen erheblichen<br />
Planungsspielraum ermöglichte <strong>und</strong> tendenziell eine Konzentration begünstigte, die<br />
in der Praxis zu Geschossflächenzahlen bis 2,0 im Hochhaus geführt haben. Ebenso<br />
war der verdichtete Flachbau begünstigt mit Geschossflächenzahlen zwischen<br />
0,5 <strong>und</strong> 0,8.<br />
3.2.3 Kritik am Leitbild ‚Urbanität durch <strong>Dichte</strong>’<br />
In seiner Umsetzung führte das Leitbild der „Urbanität durch <strong>Dichte</strong>“ allerdings zu<br />
unerwünschten Fehlentwicklungen, die in der Folgezeit zu einer erneuten extremen<br />
Ablehnung höherer <strong>Dichte</strong>n führten. Im Zuge einer massiven Bautätigkeit entstanden<br />
Wohnsiedlungen <strong>für</strong> bis zum Teil 50.000 Menschen, die in Folge des hohen<br />
Kapitalaufwands nur durch Bauträger realisierbar waren. Diese Wohngebiete zeichneten<br />
sich häufig aus durch „Rationalisierung, Normierung, Präfabrikation, Monotonie<br />
<strong>und</strong> Tristesse“ (FÜRST et al. 1996, 46ff.). Neben diesen gestalterischen Defiziten<br />
wurden vor allem eine Unvereinbarkeit von Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsnutzungen, erhöhte<br />
Verkehrs- <strong>und</strong> Lärmbelastungen <strong>und</strong> die durch Hochhäuser angetriebene Bodenspekulation<br />
kritisiert. Auch wenn mangelnde empirische Erkenntnisse eingestanden<br />
werden, wird von negativen Auswirkungen der Hochhausbebauung auf die körperliche<br />
<strong>und</strong> seelische Ges<strong>und</strong>heit der Bewohner ausgegangen (GASSNER 1978, 97f.).<br />
Ganz im Gegensatz zu den Inhalten von Salins Rede hatten viele Planer <strong>und</strong> Architekten<br />
das Stichwort der Urbanität aufgegriffen, um Spekulationsinteressen zu kaschieren.<br />
So kritisiert DURTH (1990, 28f.) die Umsetzung des Leitbilds in folgender<br />
Weise:<br />
13 Zu den allgemeinen städtebaulichen Gründen zählen dabei bereits solche, die ein allgemeines<br />
städtebauliches Interesse an einer höheren <strong>Dichte</strong> erkennen lassen, wie das<br />
Wohnbedürfnis, die wirtschaftliche Ausnutzung vorhandener Erschließung, die Anpassung<br />
an die historische Entwicklung, die Vermeidung eines zu starken <strong>Dichte</strong>gefälles in<br />
städtischen Bereichen oder auch die Erzielung von Urbanität als besonderer städtischer<br />
Eigenart (FICKERT, FIESELER 1969, Tz 229). Der Wunsch nach einer höheren Wirtschaftlichkeit<br />
der baulichen Nutzung stellt allerdings noch keinen ‚besonderen’ städtebaulichen<br />
Gr<strong>und</strong> dar. „Es werden sich im Regelfall mehrere städtebauliche Gründe zu besonderen<br />
Gründen verdichten müssen, das heißt es muss ein solches Maß an öffentlichem Interesse<br />
an der Verwirklichung einer bestimmten städtebaulichen Vorstellung bestehen,<br />
dass hier<strong>für</strong> sogar die Außerkraftsetzung der Norm des § 17 Abs. 1 in Kauf genommen<br />
wird“ (FICKERT, FIESELER 1969, Tz 237). Als Beispiel nennen FICKERT <strong>und</strong> FIESELER die<br />
durch Landesentwicklungsprogramme vorgesehene Verdichtung an Knotenpunkten des<br />
ÖPNV oder auch die Entwicklung von Musterstadtteilen.<br />
14 Zu den Umständen zählen z. B. die besonders günstige Lage in der Nähe von Erholungsgebieten,<br />
zu den ausgleichenden Maßnahmen z. B. die Festsetzung von Grünflächen,<br />
Parkanlagen, Sport-, Spiel- <strong>und</strong> Badeplätzen (FICKERT, FIESELER 1969, Tz 242f.).<br />
Ausgleichende Umstände zur Befriedung der Bedürfnisse des Verkehrs sind z. B. die Lage<br />
des Baugebiets an einem leistungsfähigen Verkehrsknotenpunkt, eine ausgleichende<br />
Maßnahme kann die Anordnung eines solchen Haltepunkts im Baugebiet sein (FICKERT,<br />
FIESELER 1969, Tz 248).
70 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
„Als urban gilt nun allzu oft schon die maximal ertragreiche Stapelung verwertbarer<br />
Geschossflächen auf Gr<strong>und</strong>stücken in zentraler Lage. In Kontrast zur<br />
Weiträumigkeit <strong>und</strong> Höhenbegrenzung vieler Wiederaufbaupläne der fünfziger<br />
Jahre wird die Steigerung der Bebauungsdichte als Ausweis modernen Städtebaus<br />
schlechthin angeführt. Dabei fehlt es nicht an pseudowissenschaftlicher<br />
Legitimation. Von durchsichtigen Interessen geleitet werden soziologische Studien<br />
so interpretiert, als könne allein aus der Verdichtung von Bauten, Funktionen<br />
<strong>und</strong> Menschen auf engstem Raum jener Anspruch an Gesellschaftlichkeit<br />
städtischen Lebens <strong>und</strong> lebendiger Öffentlichkeit eingelöst werden, der in vielen<br />
Menschen nach den vergangenen Jahrzehnten zum brennenden Bedürfnis<br />
wird.“<br />
Bekannte Beispiele in dieser Zeit realisierter Wohnbauvorhaben, die später einer<br />
heftigen Kritik unterliegen <strong>und</strong> in denen später soziale Probleme kumulierten, sind<br />
z. B. Heidelberg-Emmertsgr<strong>und</strong> mit einer mittleren Geschossflächendichte von 1,35<br />
<strong>und</strong> einer mittleren Nettowohndichte von 424 Einwohnern je ha, Hamburg-<br />
Steilshoop mit einer mittleren Geschossflächendichte von 1,12 <strong>und</strong> einer mittleren<br />
Nettowohndichte von 404 Einwohnern je ha oder Darmstadt-Kranichstadt mit einer<br />
Geschossflächendichte von 1,5 <strong>und</strong> fünfzehngeschossiger Bauweise, genannt auch<br />
„Eiger Nordwand“ (GASSNER 1978, 103; REINBORN 1996, 240).<br />
3.3 Behutsame Stadterneuerung, Innenentwicklung, <strong>ökologische</strong> Stadt<br />
(1975-1990)<br />
Entscheidend <strong>für</strong> den <strong>Dichte</strong>diskurs der späten 1970er <strong>und</strong> der 1980er Jahre sind<br />
verschiedene Entwicklungsbedingungen:<br />
- Die Ablehnung der im Rahmen der Urbanität durch <strong>Dichte</strong> entstandenen Großsiedlungen<br />
mit der Folge einer Besinnung auf die Erhaltung der „alten Stadt“ im<br />
Rahmen der behutsamen Stadterneuerung (FÜRST et al. 1996, 59),<br />
- die Erkenntnis der <strong>ökologische</strong>n „Grenzen des Wachstums“ im Zuge der gleichnamigen<br />
Studie des Club-of-Rome (MEADOWS 1972) <strong>und</strong><br />
- der Eintritt in eine stagnative Entwicklungsphase mit abflachendem Siedlungsflächenwachstum.<br />
3.3.1 Behutsame Stadterneuerung <strong>und</strong> Abkehr von der Verdichtung<br />
Als Reaktion auf die Erfahrungen mit großmaßstäblichen Siedlungserweiterungen<br />
der 1960er Jahre entwickelt sich das Leitbild der behutsamen Stadterneuerung<br />
(FÜRST et al. 1996, 59). Dieses ist geprägt durch eine stärkere Fokussierung auf<br />
den Bestand, z. B. über die Benennung der Innenentwicklung als wesentliches<br />
Handlungsfeld. Innenentwicklung beinhaltet einerseits Stadterneuerung <strong>und</strong> Wohnungsmodernisierung<br />
<strong>und</strong> andererseits die Schließung von Baulücken sowie die<br />
Aktivierung vorhandenen Baulandpotenzials im inneren Bereich der Gemeinden.<br />
Innenentwicklung <strong>und</strong> bestandsorientierte Siedlungsentwicklung zielen nicht nur auf<br />
eine Verdichtung im Innenbereich, sondern ebenso auf die Berücksichtigung der<br />
<strong>ökologische</strong>n Grenzen der Verdichtung (BMBAU1983, 18f.; BMBAU 1986, 3).<br />
Bedingt durch zunehmende Einsicht in die Fehler bei der Umsetzung des Leitbilds<br />
der „Urbanität durch <strong>Dichte</strong>“, die vor allem von wirtschaftlichen Interessen getragen<br />
wurde, werden gegen Ende der 1970er Jahre vor allem die Grenzen der Verdichtung<br />
hervorgehoben, verdeutlicht z. B. durch den Titel „Die Grenzen der Verdichtung<br />
von Wohnbaugebieten“ (GASSNER 1978). Be<strong>für</strong>wortet werden Bebauungsformen
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 71<br />
<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>werte, wie sie bereits im Konzept der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten<br />
Stadt favorisiert wurden, allerdings in Form einer Kombination aus verdichtetem<br />
Flachbau <strong>und</strong> einem Geschosswohnungsbau mittlerer Höhe (GASSNER 1978, 94ff.).<br />
GASSNER (1978, 100) benennt planerische Obergrenzen einer GFZ von 0,5 <strong>für</strong> ein-<br />
bis zweigeschossige Einfamilienhäuser, einer GFZ von 0,6 bis 0,7 <strong>für</strong> gemischte<br />
Bebauung aus Flachbau <strong>und</strong> drei- bis fünfgeschossigem Geschosswohnungsbau,<br />
<strong>und</strong> einer GFZ von 0,8 bis 0,9 <strong>für</strong> die Hochhausbebauung. Oberhalb einer Geschossflächenzahl<br />
von 0,6-0,8 komme es zu Problemen bei der ebenerdigen Unterbringung<br />
des ruhenden Verkehrs <strong>und</strong> der Wohnwert würde erheblich sinken (GASS-<br />
NER 1978, 100; MÜLLER-IBOLD 1978, 133).<br />
MÜLLER-IBOLD (1978, 133) nennt eine GFZ von 0,7 bis 0,8, die in einem Wohnquartier<br />
nur in Ausnahmefällen überschritten werden sollte, z. B. bei besonderer Zentralität<br />
an einem Schnellbahnhaltepunkt oder durch einen Ausgleich in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft. In verschiedenen Studien wird dargestellt, dass bei geringer <strong>Dichte</strong><br />
eine Erhöhung der GFZ enorme Flächeneinsparungen zur Folge hätte, dass oberhalb<br />
einer GFZ von 0,6 (HECKING et al. 1980, 382), 0,7 (MENKHOFF et al. 1979, 12)<br />
bzw. 0,8 (GASSNER 1978, 105) jedoch bei einer weiteren Erhöhung der <strong>Dichte</strong> kaum<br />
noch weiteres Wohnbauland eingespart werden kann. Auch der einwohnerspezifische<br />
Flächenbedarf <strong>für</strong> die städtebauliche Infrastruktur <strong>und</strong> der von der Gemeinde<br />
zu tragende Kostenaufwand <strong>für</strong> die Erschließung nähmen oberhalb einer GFZ von<br />
etwa 0,6 bis 0,7 nicht mehr nennenswert ab (GASSNER 1978, 105f.). Dieser Wert<br />
einer kaum noch erzielbaren Flächenersparnis oberhalb von 0,7 erhält Eingang in<br />
die politische Diskussion, so z. B. in den Baulandbericht 1986 (BMBAU 1986, 113).<br />
Gerade in Oberzentren der Regionen mit großen Verdichtungsräumen mit Freiflächendefiziten<br />
sollte auf die marginalen Flächenersparnisse einer GFZ oberhalb von<br />
0,7 verzichtet werden (BMBAU 1986, 113).<br />
3.3.2 Die Grenzen des Wachstums<br />
Flankiert von der Erkenntnis der Grenzen des Wachstums sowie von Bemühungen<br />
um eine <strong>ökologische</strong> Stadtentwicklung ist die <strong>Dichte</strong>diskussion der 1980er Jahre<br />
durch den Zielkonflikt zwischen der Knappheit des <strong>für</strong> den Wohnungsbau zur Verfügung<br />
stehenden Baulands, die eine Wohnraumversorgung weiter Schichten der<br />
Bevölkerung erschwert, <strong>und</strong> der notwendigen Siedlungsflächenbeschränkung aus<br />
<strong>ökologische</strong>n Gründen bestimmt. Dieser Zielkonflikt konzentriert sich in den Verdichtungsgebieten<br />
(BMBAU 1983, 15; HECKING et al. 1980, 379).<br />
Zu Beginn der 1980er Jahre wird <strong>für</strong> die Zukunft von einem ungebrochenen Fortbestand<br />
der Nachfrage nach Bauland ausgegangen. Zwar nehme die Wohnbevölkerung<br />
ab, aber durch eine Zunahme der Haushalte, der Wohnfläche pro Person sowie<br />
der Eigentumsquote werde weiterhin Bauland nachgefragt verb<strong>und</strong>en mit einer<br />
Verringerung der Einwohnerdichten (BMBAU 1983, 23; HECKING et al. 1980, 382).<br />
Die Frage der optimalen oder angemessenen <strong>Dichte</strong> wird vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
als ein unlösbares Problem gesehen:<br />
„An dieser Stelle setzt zwischen dem strukturellen <strong>und</strong> funktionalen Ziel hoher<br />
<strong>Dichte</strong>, dem gestalterischen Ziel niedriger Bauhöhen bei hohen <strong>Dichte</strong>n, dem<br />
Umweltziel geringster Störungen des Bürgers <strong>und</strong> dem Faktor Kosten ein schier<br />
endlos laufendes Karussell ein.“ (MÜLLER-IBOLD 1978, 132)<br />
Angesichts des fortschreitenden Landschaftsverbrauchs soll in Zukunft bei der Baulandausweisung<br />
der Umweltverträglichkeit großes Gewicht beigemessen werden
72 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
(BMBAU 1983, 18). Der sparsame <strong>und</strong> schonende Umgang mit Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden<br />
wird als wichtiges städtebauliches Ziel angesehen (BMBAU 1986, 62). Als wesentliche<br />
Handlungsfelder zur Lösung des benannten Konfliktes zwischen Wohnraumversorgung<br />
<strong>und</strong> Flächenersparnis werde eine flächensparende Bauweise <strong>und</strong> Erschließung<br />
angesehen (BMBAU 1983, 18f.). Eine zu hohe Verdichtung sollte allerdings<br />
vermieden werden, um die weitere Abwanderung ins Umland zu vermeiden (BMBAU<br />
1983, 18f.).<br />
Eine Möglichkeit den Flächenverbrauch zu reduzieren wird vor allem in einer Erhöhung<br />
der <strong>Dichte</strong> im Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbau gesehen (BMBAU 1983, 23). Zumal<br />
Vergleiche zwischen dem tatsächlichen <strong>und</strong> dem zulässigen Maß der baulichen<br />
Nutzung bei dieser Wohnform ergeben haben, dass hier das Maß baulicher Nutzung<br />
häufig nicht ausgeschöpft wird (BMBAU 1986, 111). Durch eine Ausnutzung der zulässigen<br />
Nutzungsmaße im verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbau ließen sich<br />
zwischen 25 <strong>und</strong> 79 % der Gr<strong>und</strong>stücksfläche <strong>und</strong> bis zu 50 % des Wohnbaulands<br />
einsparen (BMBAU 1983, 18f., 65ff.; 1986, 111).<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurden Konzepte <strong>für</strong> den verdichteten Flachbau z. B. in<br />
Form von Atriumhäusern oder Maisonettwohnungen entwickelt, um den als legitim<br />
angesehenen permanent ansteigenden Wohnflächenkonsum pro Kopf auf möglichst<br />
knappen Siedlungsflächen zu realisieren (HECKING et al. 1980, 382f.; HÖFLER et al.<br />
1983, 185ff.). Um auch außerhalb von Hochpreisregionen flächensparende Bauweisen<br />
zu ermöglichen wird darauf gesetzt, die Akzeptanz verdichteter Wohnformen<br />
durch eine gute Gestaltung zu erhöhen (BMBAU 1986, 113; HÖFLER et al. 1983, 185;<br />
SPENGELIN 1983, 160ff.). Die <strong>Dichte</strong>werte dieser vorgeschlagenen Formen verdichteter<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbebauungen liegen bei Geschossflächenzahlen zwischen<br />
0,63 <strong>und</strong> 1,39 (BMBAU 1983, 18f., 65ff.; 1986, 113; HÖFLER et al. 1983,<br />
204ff.) <strong>und</strong> damit zum Teil oberhalb der in der BauNVO 1977 festgesetzten Höchstmaße<br />
einer maximalen GFZ von 1,0 bei dreigeschossiger Bebauung in Wohngebieten<br />
(s. Tabelle 8).<br />
3.3.3 Erste Stagnationstendenzen der Siedlungsflächenentwicklung<br />
In Folge des in den 1980er Jahren - nach der starken Siedlungsflächenexpansion<br />
der 1960er <strong>und</strong> 1970er Jahre - deutlichen Abflachens der Siedlungsflächeninanspruchnahme<br />
(REINBORN 1996, 305) erfolgen erste Auseinandersetzungen mit einer<br />
Entwicklung unter Stagnationsbedingungen. Der Baulandbericht von 1986 wird bereits<br />
vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer rezessiven Wirtschaftsentwicklung formuliert: der<br />
Baulandmarkt habe sich beruhigt, es wird nicht damit gerechnet, dass sich der anhaltende<br />
Trend des Landschaftsverbrauchs (von 80 ha täglich zum Anfang der 80er<br />
Jahre) auch in Zukunft fortsetzen wird. Gerechnet wird mit einer starken regionalen<br />
Polarisierung der Baulandnachfrage, mit einem Rückgang der Haushaltszahlen in<br />
einigen Regionen <strong>und</strong> einer Zunahme der Baulandnachfrage in den stark belasteten<br />
Verdichtungsräumen. Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des mittelfristig zu erwartenden deutlichen<br />
Rückgangs der Baulandnachfrage sei Bauland im Außenbereich allerdings nur<br />
sehr vorsichtig auszuweisen (BMBAU 1986, 33, 50, 68).<br />
Erstmals werden Fragen der künftigen Tragfähigkeit von Infrastruktureinrichtungen<br />
bei rückläufigen Bevölkerungszahlen <strong>und</strong> zurückgehenden Belegungsdichten gestellt:<br />
„Die allenthalben zu beobachtende rückläufige Bevölkerungsentwicklung stellt<br />
in verschärfter Form die Frage nach den Möglichkeiten des Rückzugs städte-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 73<br />
baulicher Entwicklungen aus der Fläche. Die stark zurückgehende Belegungsdichte<br />
der Wohnungen stellt uns darüber hinaus vor die Frage, ob <strong>und</strong> wie wir<br />
durch Verdichtung die schon vorhandenen Infrastruktureinrichtungen voll ausschöpfen<br />
können.“ (MÜLLER-IBOLD 1978, 131).<br />
Diese Probleme der Tragfähigkeit von Infrastrukturen werden vor allem <strong>für</strong> ländliche<br />
Räume diskutiert (BURBERG, WIENEKE 1989; WINKEL 1989, 329ff.), zum Teil jedoch<br />
auch <strong>für</strong> wachstumsstarke Verdichtungsregionen (WINKEL 1989, 270ff.).<br />
In Abbildung 18 werden die <strong>Dichte</strong>ziele der späten 1970er <strong>und</strong> der 1980er Jahre<br />
zusammenfassend dargestellt, umgerechnet auf Einwohner je ha Nettowohnbauland.<br />
Deutlich wird die Einheitlichkeit der <strong>Dichte</strong>ziele von ca. 200 Einwohnern je ha<br />
Nettowohnbauland. Dieses Ziel liegt unterhalb der zulässigen Höchstgrenze des<br />
Maßes baulicher Nutzung <strong>für</strong> Wohngebiete entsprechend der BauNVO von 1977 mit<br />
300 Einwohnern je ha Nettowohnbauland.<br />
Abbildung 18: <strong>Dichte</strong>ziele im Rahmen der behutsamen Stadterneuerung<br />
<strong>und</strong> der <strong>ökologische</strong>n Stadt (Eigene Darstellung)<br />
Einwohner je ha netto<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
Gassner 1978 Müller-Ibold<br />
1978<br />
BauNVO 1977 Hecking et al.<br />
1980<br />
BMBau 1986<br />
3.3.4 Die BauNVO von 1977 – Der Trend zur moderaten Verdichtung<br />
Die BauNVO von 1977 steht bezüglich der Höchstmaße der baulichen Nutzung von<br />
Wohngebieten in weitgehender Kontinuität mit der vorherigen Fassung von 1968 (zu<br />
den Höchstmaßen baulicher Nutzung siehe daher Tabelle 8 zur BauNVO von 1968).<br />
Es erfolgt keine weitere Anhebung der zulässigen Höchstmaße baulicher Nutzung,<br />
auch wenn sich eine deutliche Zunahme der individuellen Wohnflächeninanspruchnahme<br />
vollzogen hat, von 23,8 m² (entspricht 29,8 m² Bruttogeschossfläche) in<br />
1968 auf 31,1 m² (entspricht 38,9 m² Bruttogeschossfläche) im Jahr 1978 (s. Anhang<br />
III). Demnach ist in diesem Zeitraum bei gleichbleibender Bebauungsdichte<br />
von einem Rückgang der Wohndichten auszugehen (FICKERT, FIESELER 1969, § 17<br />
Tz 1).<br />
Die Kommentierung der BauNVO von 1977 verdeutlicht, analog zur damaligen Bevorzugung<br />
moderater <strong>Dichte</strong>n, eine Abkehr von der 1968 vorherrschenden Tendenz<br />
der Verdichtung. FICKERT UND FIESELER (1969, § 17 Tz. 1) verweisen darauf, dass<br />
vereinzelt auch eine Rückkehr zu den Höchstmaßen baulicher Nutzung von 1962
74 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
vorgeschlagen worden war. Insbesondere in Bezug auf die GFZ von 1,2 hätte sich<br />
jedoch gezeigt, dass diese bei den als zu verdichtet kritisierten Neubaugebieten<br />
kaum erreicht worden waren (z. B. Hamburg Steilshoop 1,1, Berlin Märkisches Viertel<br />
0,93). Es zeigt sich deutlich das Credo einer moderaten Verdichtung. So heißt es<br />
im Kommentar der BauNVO 1977:<br />
„Es sollten daher nicht – häufig gedankenlos – die jeweiligen Höchstwerte der<br />
Tabelle festgesetzt werden. Insbesondere ist es zur Erzielung einer ‚angemessenen’<br />
<strong>Dichte</strong> nicht erforderlich, Wohnhochhäuser über 8 Vollgeschosse vorzusehen.<br />
Die Ausnutzung der Gr<strong>und</strong>stücke durch hohe Gebäude ist i.a. nicht oder<br />
nicht nennenswert günstiger als bei drei- oder viergeschossiger Bauweise; sie<br />
weist demgegenüber jedoch einige Nachteile auf. Werden die Grenzwerte ausgenutzt,<br />
sinkt der Wohnwert meistens rapide.“ (FICKERT, FIESELER 1969, § 17<br />
Tz 1)<br />
Die Regeln <strong>für</strong> die Überschreitung von <strong>Dichte</strong>höchstmaßen werden unverändert<br />
übernommen. 15 Die Kommentierung der BauNVO von 1977 nennt <strong>für</strong> den Wohnungsbau<br />
einen Wert einer maximalen GFZ von 1,5, oberhalb dessen angenommen<br />
werden kann, dass der eine oder andere Belang nicht mehr ausreichend berücksichtigt<br />
werden kann (FICKERT, FIESELER 1969, § 17 Tz 49).<br />
Zur besseren Berücksichtigung innerstädtischer Altbaugebiete ist in der BauNVO<br />
von 1977 erstmals das besondere Wohngebiet (WB) eingeführt worden. WB-<br />
Gebiete sind innerstädtische, bereits wesentlich bebaute Gebiete, die eine nach<br />
früherem Landesrecht zulässige geschlossene Blockrandbebauung aufweisen <strong>und</strong><br />
die mit ihren Bebauungsdichten z. T. erheblich über den zulässigen Höchstmaßen<br />
<strong>für</strong> Wohngebiete liegen. § 17 Abs. 7 BauNVO 1977 schreibt <strong>für</strong> diese Gebiete<br />
Höchstwerte einer maximalen GRZ von 0,6 <strong>und</strong> einer GFZ von 1,6 fest. Diese Werte<br />
dürfen allerdings nur ausgeschöpft werden, wenn sie der besonderen Eigenart <strong>und</strong><br />
Zweckbestimmung der Gebiete entsprechen (FICKERT, FIESELER 1969, § 17 Tz 34).<br />
Eine Überschreitung dieser Werte ist analog der Vorschriften <strong>für</strong> bereits vor 1962<br />
bebaute Gebiete zulässig, d. h. wenn städtebauliche Gründe dies rechtfertigen <strong>und</strong><br />
sonstige öffentliche Belange nicht entgegenstehen (FICKERT, FIESELER 1969, § 17<br />
Tz 36). Diese Regelung trägt den verstärkten Bemühungen um eine behutsame<br />
Stadterneuerung Rechnung.<br />
3.4 <strong>Dichte</strong>vorstellungen der DDR<br />
Ebenso wie <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland können auch <strong>für</strong> die DDR städtebauliche<br />
Phasen mit ihren jeweiligen <strong>Dichte</strong>zielen unterschieden werden. Zunächst<br />
wurden in der unmittelbaren Nachkriegszeit in den 16 Gr<strong>und</strong>sätzen des Städtebaus<br />
die zentralen Ziele des sozialistischen Wohnens benannt. In den 1950er <strong>und</strong> 1960er<br />
Jahren wurden diese Ziele <strong>für</strong> die Errichtung des sozialistischen Wohnkomplexes<br />
weiter präzisiert, mit der Tendenz der stärkeren Industrialisierung <strong>und</strong> Verdichtung<br />
des Bauens. Eine weitere Steigerung der Flächenproduktivität wurde in der Phase<br />
des extensiven Großsiedlungsbaus in den 1970er <strong>und</strong> 1980er Jahren angestrebt.<br />
Da sich die in der DDR verwendeten <strong>Dichte</strong>maße von denen der BRD unterscheiden,<br />
werden diese einleitend erläutert.<br />
15 Für vor 1962 überwiegend bebaute Gebiete in § 17 Abs. 9 <strong>und</strong> <strong>für</strong> Neubaugebiete in § 17<br />
Abs. 10.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 75<br />
3.4.1 Maße der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten in der DDR<br />
Die in der DDR verwendeten Maße der Einwohnerdichte unterscheiden sich von<br />
den in 2.1.2 erläuterten Maßen der Brutto- <strong>und</strong> Nettowohndichten. Als Bezugsbasis<br />
<strong>für</strong> die Effektivität der Flächennutzung wird hier in erster Linie die Gesamtfläche<br />
eines Wohngebiets gewählt. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist die Einwohnerdichte, die<br />
sich als Quotient der geplanten Einwohnerzahl <strong>und</strong> der Gesamtfläche eines Wohngebiets<br />
ergibt, das zentrale <strong>Dichte</strong>maß (BAUAKADEMIE DER DDR 1982, 14f.).<br />
Aufgr<strong>und</strong> der <strong>für</strong> die sozialistischen Wohnkomplexe vorgesehenen umfangreichen<br />
Ausstattung mit gesellschaftlichen Einrichtungen umfasst die Gesamtfläche des<br />
Wohngebiets mehr als das westdeutsche Bruttowohnbauland. Hinzu kommen vor<br />
allem die bebauten <strong>und</strong> unbebauten Flächen <strong>für</strong> die gesellschaftlichen Einrichtungen<br />
des Wohngebiets wie Schulen, Vorschuleinrichtungen oder <strong>für</strong> umfangreichere<br />
Sportplatzanlagen (BAUAKADEMIE DER DDR 1982, 14). 16<br />
Ein in der DDR gebräuchliches <strong>Dichte</strong>maß war die Wohndichte, als Verhältnis der<br />
Einwohnerzahl eines Wohngebiets <strong>und</strong> der Fläche des Wohnbaulands. Dabei umfasst<br />
das Wohnbauland die bebauten Flächen der Wohngebäude sowie die in unmittelbarer<br />
Umgebung der Wohnung befindlichen zugehörigen Flächen <strong>und</strong> Anlagen<br />
<strong>für</strong> die Erholung, das Spielen der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen, <strong>für</strong> hauswirtschaftliche<br />
Zwecke <strong>und</strong> die Wege <strong>und</strong> Bereiche der Fußgänger (BAUAKADEMIE DER DDR 1982,<br />
16). Diese Definition entspricht weitestgehend der Definition des Nettowohnbaulands,<br />
das allerdings darüber hinaus die auf den privaten Gr<strong>und</strong>stücken befindlichen<br />
Flächen <strong>für</strong> den ruhenden Verkehr beinhaltet.<br />
Die Flächenkategorie des Wohnbereichs erweitert das Wohnbauland um die wohnungsnahen<br />
Erschließungsflächen <strong>für</strong> den fließenden <strong>und</strong> ruhenden Verkehr (befahrbare<br />
Gehwege, Mischverkehrsflächen, Anliegerstraßen, Radbahnen, Parkstreifen<br />
<strong>und</strong> Parkplätze sowie gegebenenfalls bebaute Flächen von Anlagen des ruhenden<br />
Verkehrs). In Bezug auf den Wohnbereich wird das <strong>Dichte</strong>maß des Bebauungsverhältnisses<br />
verwendet, das den Quotienten aus der Summe der bebauten<br />
Fläche zur Bezugsfläche des Wohnbereichs bezeichnet, <strong>und</strong> Aufschluss über den<br />
Freiflächenanteil gibt (MINISTERRAT DER DDR 1986, 10f.).<br />
Abbildung 19 <strong>und</strong> Tabelle 9 illustrieren den Vergleich der in der BRD gebräuchlichen<br />
<strong>und</strong> <strong>für</strong> Gesamtdeutschland übernommenen <strong>Dichte</strong>maße mit den <strong>Dichte</strong>maßen der<br />
DDR. Deutlich wird der stärkere Bezug der <strong>Dichte</strong>maße der DDR auf das Gesamtgebiet,<br />
das auch umfangreiche Bauflächen <strong>für</strong> gesellschaftliche Einrichtungen vorsah,<br />
während diese in den west-/gesamtdeutschen <strong>Dichte</strong>maßen nur zu geringeren<br />
Teilen Berücksichtigung finden <strong>und</strong> als Flächen <strong>für</strong> Folgereinrichtungen nicht Bestandteil<br />
des Bruttowohnbaulands sind.<br />
16 Bestandteil des Bruttowohnbaulands sind neben dem Nettowohnbauland <strong>und</strong> den gebietsinternen<br />
Erschließungsflächen auch die überwiegend dem Bezugsgebiet dienenden<br />
Grünflächen sowie Spiel- <strong>und</strong> Sportplätze. Entsprechend den Ausführungen in 2.1.2 wird<br />
<strong>für</strong> überwiegende Wohngebiete von einem Anteil des Nettowohnbaulands am Bruttowohnbauland<br />
von 70 % ausgegangen.
76 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 19: Flächenkategorien <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>maße der BRD <strong>und</strong> der DDR im Vergleich<br />
(Eigene Darstellung)<br />
Bruttowohnbauland:<br />
Bruttowohndichte<br />
Nettowohnbauland:<br />
Nettowohndichte<br />
<strong>Dichte</strong>maße BRD <strong>Dichte</strong>maße DDR<br />
Flächen <strong>für</strong><br />
Folgeeinrichtungen<br />
Fließender Verkehr<br />
Gemeinsame<br />
Zubehörflächen<br />
Ruhender Verkehr<br />
Bebaute<br />
Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />
Unbebaute<br />
Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />
Gesamtfläche des<br />
Wohngebiets:<br />
Einwohnerdichte<br />
Wohnbereich:<br />
Bebauungsverhältnis<br />
Wohnbauland:<br />
Wohndichte<br />
Flächen <strong>für</strong><br />
gesellschaftliche<br />
Einrichtungen<br />
Sportplatzanlagen<br />
Vegetationsflächen<br />
Fließender Verkehr<br />
Ruhender Verkehr<br />
Bebaute<br />
Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />
Unbebaute<br />
Gr<strong>und</strong>stücksfläche<br />
Tabelle 9: Flächenbilanzen des Wohngebiets der BRD <strong>und</strong> der DDR im Vergleich<br />
(Eigene Berechnung nach BAUAKADEMIE DER DDR 1976, 29) 17<br />
Flächenbilanz BRD Flächenbilanz DDR<br />
Flächen <strong>für</strong> Folgeeinrichtungen 25 %<br />
Fließender Verkehr <strong>und</strong><br />
Gemeinsame Zubehörflächen<br />
25 %<br />
Nettowohnbauland 50 %<br />
Flächen <strong>für</strong> gesellschaftliche<br />
Einrichtungen<br />
20 %<br />
Sportplatzanlagen 12,5 %<br />
Vegetationsfläche 7,5 %<br />
Verkehrsfläche 25 %<br />
Wohnbauland 35 %<br />
3.4.2 Die 16 Gr<strong>und</strong>sätze des Städtebaus <strong>und</strong> die Idee des sozialistischen<br />
Wohnkomplexes<br />
Nach Kriegsende fand im Osten Deutschlands ein offener Diskurs über Architektur<br />
<strong>und</strong> Städtebau statt, mit einer Vielfalt verschiedener Planungsvorstellungen. Darunter<br />
waren auch solche Vorstellungen, die dem <strong>für</strong> die BRD übernommenen Konzept<br />
der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt entsprachen, dessen Gr<strong>und</strong>züge bereits<br />
vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelt worden waren (FÜRST et al. 1996, 82; KADATZ<br />
1997, 35ff.). Mit der Gründung der DDR im Jahr 1949 allerdings endete diese Vielfalt<br />
unterschiedlicher Architekturauffassungen (KADATZ 1997, 38).<br />
In den 1950 durch einen Ministerratsbeschluss verabschiedeten „16 Gr<strong>und</strong>sätzen<br />
des Städtebaus“ wurden eindeutige Ziele <strong>für</strong> die Gestaltung der sozialistischen<br />
Stadtzentren im Gegenpol zur kapitalistischen Stadt festgesetzt (KADATZ 1997, 41).<br />
In Bezug auf das Leitbild der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt wurde in den 16<br />
17 Gr<strong>und</strong>lage dieser Flächenbilanz ist die in Tabelle 11 aufgezeigte Flächenbilanz. Entsprechend<br />
der in 2.1.2 angegebenen Definition werden dem Nettowohnbauland zugeordnet<br />
das Wohnbauland <strong>und</strong> die Flächen <strong>für</strong> den ruhenden Verkehr. Dem Bruttowohnbauland<br />
werden ergänzend zugeordnet die Flächen <strong>für</strong> den fließenden Verkehr, <strong>für</strong> den Fußgängerbereich,<br />
<strong>für</strong> die Vegetationsflächen an Verkehrsanlagen sowie <strong>für</strong> Tummelplätze. Alle<br />
weiteren Flächen werden anhand der Definitionen <strong>und</strong> vorliegenden Flächenbilanzen<br />
nicht als dem Bruttowohnbauland zugehörig interpretiert.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 77<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen des Städtebaus dem Modell der Gliederung gefolgt. So heißt es im<br />
Gr<strong>und</strong>satz 5:<br />
„Der Stadtplanung zugr<strong>und</strong>e gelegt werden müssen das Prinzip des Organischen<br />
<strong>und</strong> die Berücksichtigung der historisch entstandenen Struktur der Stadt<br />
bei Beseitigung ihrer Mängel.“ (16 Gr<strong>und</strong>sätze des Städtebaus zitiert nach HE-<br />
WITT et al. 1993, 440 <strong>und</strong> REINBORN 1996, 218).<br />
Eine deutliche Abkehr erfolgt allerdings von der Idee der Auflockerung (JONAS 2006,<br />
169). Propagiert wird ein klares Bekenntnis zu städtischen Strukturen. So heißt es in<br />
Gr<strong>und</strong>satz 12:<br />
„Die Stadt in einen Garten zu verwandeln ist unmöglich. Selbstverständlich<br />
muss <strong>für</strong> eine ausreichende Begrünung gesorgt werden. Aber der Gr<strong>und</strong>satz ist<br />
nicht umzustoßen: in der Stadt lebt man städtischer; am Stadtrand oder außerhalb<br />
der Stadt lebt man ländlicher.“ (16 Gr<strong>und</strong>sätze des Städtebaus zitiert nach<br />
REINBORN 1996, 218f.).<br />
In Gr<strong>und</strong>satz 13 wird die vielgeschossige Bauweise gegenüber der ein- <strong>und</strong> zweigeschossigen<br />
Bauweise als wirtschaftlicher <strong>und</strong> städtischer hervorgehoben (REINBORN<br />
1996, 219).<br />
Die Möglichkeiten zur uneingeschränkten Verwirklichung des sozialistischen Wohnkomplexes<br />
wurden 1950 mit dem Aufbaugesetz geschaffen, das mit dem sozialistischen<br />
Bodenrecht einen Städtebau vom Reißbrett ermöglichte, nahezu unabhängig<br />
von der Berücksichtigung jeglicher Eigentumsverhältnisse (FÜRST et al. 1996, 83;<br />
HEWITT et al. 1993, 442).<br />
3.4.3 Industrialisierung <strong>und</strong> Verdichtung des Bauens<br />
(1950er <strong>und</strong> 1960er Jahre)<br />
In den 1950er <strong>und</strong> 1960er Jahren wurde die Idee des sozialistischen Wohnkomplexes<br />
als Planungseinheit eines Wohngebiets mit einer festgelegten Ausstattung mit<br />
Schule, Kindergarten <strong>und</strong> Versorgungseinrichtungen des täglichen Bedarfs präzisiert<br />
(FÜRST et al. 1996, 93). Ab Mitte der 1950er Jahre wurde in Folge zunehmender<br />
ökonomischer Zwänge <strong>und</strong> der anhaltenden Wohnungsnot ein Schwerpunkt auf<br />
die Industrialisierung des Bauens gelegt. Die Struktur der Wohngebiete wurde zunehmend<br />
durch die „Kranideologie“ bestimmt, mit einer linearen Struktur, die die<br />
rationellste Auslastung der Baukräne ermöglichte (KADATZ 1997, 49ff.). Dabei wurde<br />
auf zentraler Ebene eine Typenprojektierung vorgenommen. Entsprechend der sozialistischen<br />
Idee sollte über einheitliche Wohnungsgr<strong>und</strong>risse mit normierten Wohnungsgrößen<br />
eine Gleichheit der Wohnbedingungen hervorgehoben <strong>und</strong> gleichzeitig<br />
die Möglichkeit der Kosteneinsparung im Wohnungsbau genutzt werden (HUNGER<br />
1994, 596).<br />
Im Verlaufe der Zeit konnte dabei eine Zunahme der Größendimensionierung des<br />
sozialistischen Wohnkomplexes festgestellt werden. Galt noch in der Mitte der<br />
1950er Jahre ein Quartier von 4.000 bis 5.000 Einwohnern als Einzugsbereich einer<br />
Gr<strong>und</strong>schule, wurden hier<strong>für</strong> bereits Anfang der 1960er Jahre 20.000 Einwohner<br />
angenommen.<br />
Ab Mitte der 1960er Jahre wurden Versuche unternommen, der von der Fachöffentlichkeit<br />
kritisierten Monotonie der sozialistischen Wohnformen durch eine größere<br />
Vielfalt städtebaulicher Formen entgegenzutreten <strong>und</strong> durch dichtere Bebauung
78 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
mehr Urbanität zu erreichen (HUNGER 1994, 601). <strong>Dichte</strong>werte dieser Phase der<br />
zunehmenden Industrialisierung des Bauens streuen in den 1950er Jahren zwischen<br />
200 <strong>und</strong> 400 Einwohnern je ha (KADATZ 1997, 51). Tabelle 10 zeigt <strong>Dichte</strong>kennziffern<br />
von Wohngebieten der 1960er Jahre. Zu berücksichtigen ist, dass sich<br />
die Einwohnerdichten auf die Gesamtfläche des Wohngebiets beziehen <strong>und</strong> nicht<br />
auf die Größe des Netto- oder Bruttowohnbaulands. Geht man entsprechend der<br />
Werte in Tabelle 9 von einem Anteil des Nettowohnbaulands von 50 % an der Gesamtfläche<br />
des Wohngebiets aus, ergeben sich Werte der doppelten Einwohnerdichten<br />
von 540 bis 730 Einwohnern je ha Nettowohnbauland.<br />
Tabelle 10: <strong>Dichte</strong>kennziffern von Wohngebieten der 1960er Jahre<br />
(BAUAKADEMIE DER DDR 1975, 40f.)<br />
Baugebiet<br />
Halle-Neustadt<br />
(Wohnkomplex 2)<br />
Erfurt Johannesplatz<br />
Jena Lobeda-West<br />
Bauzeit 1965-1968 1965-1972 1966-1975<br />
Anzahl der Wohnungen 6.735 3.000 5.654<br />
Anzahl der Einwohner 20.000 8.100 21.732<br />
Gesamtfläche des Gebiets in ha 73,85 22,0 80<br />
Einwohnerdichte 271 365 270<br />
Entsprechende Ziele formuliert auch GABER (1965, 12) in seiner Dissertation „Die<br />
Wechselwirkungen zwischen Einwohnerdichte <strong>und</strong> Wohndichte“ mit dem Ziel einer<br />
Einwohnerdichte von 300 Einwohnern je ha Gesamtfläche des Wohngebiets, entsprechend<br />
einer Nettowohndichte von 600 Einwohnern je ha Nettowohnbauland.<br />
3.4.4 Extensiver Großsiedlungsbau (1970-1989)<br />
Mit Beginn der Ära Honecker wurde 1971 die Phase des extensiven Großsiedlungsbaus<br />
eingeläutet. So sieht der Beschluss des 8. Parteitags der SED von 1971 vor,<br />
die Wohnungsfrage als soziales Problem bis 1990 zu lösen. Darin wurde von 1971<br />
bis 1975 ein Neubau von 500.000 Wohneinheiten <strong>und</strong> von 1976 bis 1990 von<br />
3.000.000 Wohneinheiten angestrebt, die in Form von extensiven Großsiedlungen<br />
<strong>für</strong> 60.000 bis 100.000 Menschen errichtet werden sollten (KADATZ 1997, 63).<br />
Es entstand der Zwang zu einer immer rationelleren Bereitstellung von Wohnungen,<br />
ausgedrückt durch immer schärfer bemessene Richtwerte. Die in mäander- <strong>und</strong><br />
kurvenförmigen Bebauungen errichteten randstädtischen Wohnbaugebiete wurden<br />
zunehmend größer <strong>und</strong> immer dichter bebaut (HALLER 2002, 34; HUNGER 1994,<br />
606; KADATZ 1997, 63). Ziel war eine möglichst geringe Flächeninanspruchnahme<br />
<strong>für</strong> den Wohnungsbau (HUNGER 1994, 606f.; KADATZ 1997, 65).<br />
Folgerichtig wird eine hohe <strong>Dichte</strong> in den offiziellen Planungsdokumenten des Wohnungsbaus<br />
als wesentliche Voraussetzung zur Erreichung einer rationellen Flächennutzung<br />
benannt. In den ‚Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>und</strong> Kennziffern <strong>für</strong> Wohngebiete von<br />
1972’ wird der Wert einer Einwohnerdichte von 321 Einwohnern je ha Gesamtfläche<br />
des Wohngebiets als maximal erzielbarer <strong>Dichte</strong>wert bei einer fünfgeschossigen<br />
Bebauung angegeben (BAUAKADEMIE DER DDR 1972, 63). Da diese <strong>Dichte</strong>werte nur<br />
unter optimalen Voraussetzungen erreicht werden könnten, sei in der Praxis daher<br />
ein Abschlag von der maximal erzielbaren Einwohnerdichte von 10 bis 15 % möglich.<br />
Diese reduzierte <strong>Dichte</strong> von 270 Einwohnern je ha Wohngebiet dürfe allerdings<br />
bei mehrgeschossiger Bebauung (fünf bis sechs Geschosse) nicht unterschritten<br />
werden, eine <strong>Dichte</strong> von 320 Einwohnern je ha sollte angestrebt werden (BAUAKA-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 79<br />
DEMIE DER DDR 1972, 65f.). Bezogen auf das westdeutsche <strong>Dichte</strong>maß der Einwohner<br />
je ha Nettowohnbauland entspricht dies <strong>Dichte</strong>werten von 540 bis 640 Einwohnern.<br />
Ab 1976 enthalten die Komplexrichtlinien <strong>für</strong> Wohngebiete die offiziellen Ziele <strong>für</strong> die<br />
Gestaltung der Wohngebiete. Tabelle 11 zeigt die 1976 definierten Richtwerte <strong>für</strong><br />
die einwohnerspezifischen Flächenanteile gesellschaftlicher Einrichtungen sowie<br />
Richtwerte der Einwohner- <strong>und</strong> Wohnflächendichte. Richtwerte des Flächenbedarfs<br />
sollten im Sinne einer rationellen Flächennutzung nicht überschritten, Richtwerte der<br />
<strong>Dichte</strong> nicht unterschritten werden (BAUAKADEMIE DER DDR 1976, 28). Die <strong>Dichte</strong>ziele<br />
schwankten je nach gewählter Bebauungsform zwischen 215 <strong>und</strong> 350 Einwohnern<br />
je ha des Wohngebiets, entsprechend 430 bis 700 Einwohnern je ha Nettowohnbauland.<br />
Tabelle 11: Richtwerte <strong>für</strong> Flächenbedarf <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>n (BAUAKADEMIE DER DDR 1976, 29)<br />
Kennziffer Einheit<br />
Anteil WE in vielgeschossigen<br />
Gebäuden <strong>und</strong> Wohnhochhäusern 1<br />
< 25% > 25%<br />
Wohnbauland m²/EW 13,0...17,5 9,0...13,5<br />
Flächen <strong>für</strong> gesellschaftliche Einrichtungen<br />
m²/EW 7,5…9,5 7,0…9,0<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Vorschuleinrichtungen<br />
Schulen<br />
<strong>für</strong> das gesellschaftliche Zentrum, den<br />
Fußgängerbereich <strong>und</strong> <strong>für</strong> Freizeitspiele<br />
m²/EW<br />
m²/EW<br />
m²/EW<br />
2,3…3,3<br />
2,4….2,9<br />
2,8….3,3<br />
2,3…3,3<br />
2,4…2,9<br />
2,3…2,8<br />
Flächen <strong>für</strong> Sportplatzanlagen <strong>und</strong> Tummelplätze m²/EW<br />
5,0<br />
5,0<br />
�<br />
�<br />
Sportplatzanlagen<br />
Tummelplätze<br />
m²/EW<br />
m²/EW<br />
4,0<br />
1,0<br />
4,0<br />
1,0<br />
Verkehrsflächen<br />
m²/EW 9,5...11,0 5,5...9,5<br />
�<br />
�<br />
ruhender Verkehr<br />
fließender Verkehr<br />
m²/EW<br />
m²/EW<br />
6,5...7,5<br />
3,0...3,5<br />
3,5...6,5<br />
2,0...3,0<br />
Vegetationsflächen am Wohngebietsrand vorwiegend<br />
an Verkehrsanlagen<br />
m²/EW 2,0...3,5 2,0...3,0<br />
Gesamtfläche<br />
m²/EW 37,0...46,5 28,5…40,0<br />
Einwohnerdichte<br />
Wohnflächendichte<br />
EW./ha<br />
m²WFl./ha<br />
270...215<br />
5.400...3.800<br />
350…250<br />
7.000…4.500<br />
1 Als vielgeschossige Gebäude gelten Gebäude mit mehr als sechs Geschossen.<br />
Die ‚Komplexrichtlinie <strong>für</strong> die städtebauliche Planung <strong>und</strong> Gestaltung von Neubauwohngebieten<br />
im Fünfjahrplanzeitraum 1981-1985’ hebt wie auch ihre Vorgänger<br />
erneut die Notwendigkeit eines rationellen Umgangs mit Bauland hervor:<br />
„Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden sind nicht vermehrbar. Die städtebauliche Planung der<br />
Wohngebiete hat deshalb gr<strong>und</strong>sätzlich so zu erfolgen, dass sehr rationell mit<br />
dem Bauland umgegangen wird <strong>und</strong> von Anfang an alle Möglichkeiten <strong>für</strong> eine<br />
effektive Flächennutzung <strong>und</strong> damit <strong>für</strong> einen minimalen Aufwand <strong>für</strong> die stadttechnische<br />
<strong>und</strong> verkehrstechnische Erschließung in den Wohngebieten ausgeschöpft<br />
wird.“ (BAUAKADEMIE DER DDR 1982, 14).<br />
An den 1976 angestrebten <strong>Dichte</strong>werten wird in der Komplexrichtlinie von 1981 bis<br />
1985 weitgehend festgehalten. Je nach Anteil der Wohneinheiten in vielgeschossigen<br />
Gebäuden werden Mindesteinwohnerdichten von 250 bis 300 Einwohnern je ha<br />
(500-600 Einwohner je ha Nettowohnbauland) <strong>und</strong> Mindestwohnflächendichten von
80 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
4.700 bis 5.700 m² Wohnfläche je ha angestrebt. Dabei wird, ebenso wie bisher,<br />
eine spezifische Wohnfläche von 19 m² je Einwohner zugr<strong>und</strong>e gelegt (BAUAKADE-<br />
MIE DER DDR 1982, 15ff.). Angestrebt wird, aus Gründen einer möglichst wirtschaftlichen<br />
Bereitstellung von Wohnungen, die Wohngebiete überwiegend in fünf- <strong>und</strong><br />
teilweise sechsgeschossiger Bauweise zu planen, mit Ausnahme der Errichtung von<br />
Wohnhochhäusern in der Hauptstadt <strong>und</strong> in ausgewählten Bezirksstädten (BAUAKA-<br />
DEMIE DER DDR 1982, 19).<br />
Tabelle 12: Orientierungswerte zur rationellen Nutzung des Baulands<br />
(Eigene Darstellung nach MINISTERRAT DER DDR 1986, 13, 86)<br />
Planungsfall<br />
Bebauungsverhältnis<br />
in % 1<br />
Bruttogeschossflächendichte<br />
in m² je ha<br />
Einwohner<br />
je ha<br />
Wohn-<br />
bereich 2<br />
Einwohner je<br />
ha Nettowohnbauland<br />
3<br />
1870 Ein- bis zweigeschossig 35-50 5.000-8.000 205-328 246-393<br />
Zwei- bis fünfgeschossig 30-45 7.000 -14.000 287- 574 344-689<br />
1870 -<br />
1918<br />
Drei bis fünfgeschossig,<br />
geschlossene Bebauung<br />
30-40 12.000-17.000 492-697 590- 836<br />
Vorwiegend fünf Geschosse,<br />
geschlossene Bebauung<br />
30-40 15.000-20.000 615-820 738-984<br />
Zwei- bis fünfgeschossig,<br />
offene Bebauung<br />
20-35 8.000-12.000 328-492 393-590<br />
1919 - Drei- bis fünfgeschossig mit<br />
1945 Sektionshäusern, innerstädtisch<br />
Ein- bis zweigeschossig,<br />
20-30 8.000-12.000 328-492 393-590<br />
Einfamilienhäuser am Stadtrand<br />
10-20 1.000 -4.000 41-164 49-197<br />
1946 -<br />
1955<br />
Drei- bis fünfgeschossig,<br />
geschlossene Quartiersform<br />
20-30 8.000-12.000 328-492 393- 590<br />
Vielgeschossige Bebauung 10-20 10.000-15.000 410-615 492-738<br />
1956 - Drei- bis fünfgeschossig,<br />
1965 Sektionshäuser in offener<br />
Bebauung<br />
15-20 6.000-10.000 246-410 295-492<br />
Ab Mehrgeschossige Bebau-<br />
1966 ung, Sektionshäuser in<br />
Neubauwohngebieten<br />
Vielgeschossige Bebauung,<br />
20-25 9.000-13.000 369-533 443-639<br />
Sektionshäuser in Neubauwohngebieten<br />
10-15 10.000-15.000 410-615 492-738<br />
1986 - Mehrgeschossige Bebauung Min. 20 Min. 9.000 369 443<br />
1990 Ein- bis zweigeschossig,<br />
Einfamilienhäuser<br />
Min. 20 Min. 2.000 82 98<br />
1 Das Bebauungsverhältnis bezeichnet den Quotienten aus der Summe der bebauten Flächen <strong>und</strong> der Bezugsfläche<br />
des Wohngebiets (MINISTERRAT DER DDR et al. 1986, 10).<br />
2 Eigene Berechnung bei der Annahme eines Verhältnisses von Wohnfläche zu Bruttogeschossfläche von<br />
1:1,3 <strong>und</strong> einer Wohnfläche von 18,8 m² je Einwohner (BAUAKADEMIE DER DDR 1979, 297).<br />
3 Entsprechend Tabelle 9 <strong>und</strong> Abbildung 19 macht der Wohnbereich 60 % des gesamten Wohngebiets <strong>und</strong><br />
das Nettowohnbauland 50 % des gesamten Wohngebiets aus. Die Nettowohndichte ergibt sich demnach als<br />
Einwohner je ha Wohnbereich multipliziert mit 6/5.<br />
In der Komplexrichtlinie <strong>für</strong> die städtebauliche Planung <strong>und</strong> Gestaltung von Wohngebieten<br />
im Zeitraum 1986 bis 1990 wird an dem Ziel einer Einwohnerdichte von<br />
250 bis 300 Einwohnern je ha Gesamtfläche des Wohngebiets (500-600 Einwohner<br />
je ha Nettowohnbauland) <strong>für</strong> den Neubau festgehalten. Bei einer Mindestwohnflächendichte<br />
von 4.700 m² je ha ergibt sich bei der Mindesteinwohnerdichte von 250<br />
Einwohnern je ha eine durchschnittliche Wohnfläche von 18,8 m² je Einwohner (MI-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 81<br />
NISTERRAT DER DDR 1986, 12). Neben diesen generellen Zielen <strong>für</strong> Neubauwohngebiete<br />
enthält die Komplexrichtlinie 1986 bis 1990 differenzierte <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong><br />
verschiedene Planungsfälle des Altbaus sowie <strong>für</strong> Planungsfälle der Erhaltung <strong>und</strong><br />
Ergänzung des Neubaus. <strong>Dichte</strong>ziele werden dabei jeweils bezogen auf den Wohnbereich,<br />
d. h. das Wohnbauland zuzüglich der Flächen <strong>für</strong> den ruhenden <strong>und</strong> fließenden<br />
Verkehr, genannt.<br />
Tabelle 12 zeigt eine breite Streuung der <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> verschiedene Baugebietstypen.<br />
Am geringsten (im Vergleich zu den westdeutschen Zielwerten dennoch<br />
hoch) sind mit bis zu 197 Einwohnern je ha Nettowohnbauland die <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong><br />
Einfamilienhäuser. Die höchsten <strong>Dichte</strong>ziele werden <strong>für</strong> die Nutzung des gründerzeitlichen<br />
Altbaus definiert, mit bis zu 984 Einwohnern je ha Nettowohnbauland. Die<br />
<strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> die mehrgeschossige Bebauung im Wohnungsneubau liegen zwischen<br />
443 <strong>und</strong> 639 Einwohner je ha Nettowohnbauland <strong>und</strong> liegen damit geringfügig<br />
über dem bisherigen Wert von bis zu 540. Auch die Zielwerte <strong>für</strong> den vielgeschossigen<br />
Wohnungsbau liegen mit 738 Einwohnern je ha Nettowohnbauland<br />
leicht über dem bisherigen Ziel von maximal 700.<br />
Eine immer weitere Erhöhung der Wohndichten im Neubau wurde in den 1980er<br />
Jahren vor dem Hintergr<strong>und</strong> zunehmender ökonomischer Zwänge vor allem durch<br />
eine weitere Rationalisierung der Wohnungsgr<strong>und</strong>risse erreicht. So wurde auf der<br />
<strong>für</strong> eine Dreizimmerwohnung mit 57 m² vorgesehenen Gr<strong>und</strong>fläche die ‚Ratio-4-<br />
Raum-Wohnung’ realisiert, auf der Gr<strong>und</strong>fläche einer bisherigen Zweizimmerwohnung<br />
wurde in den 1980er Jahren die ‚Ratio-3-Raum-Wohnung’ verwirklicht (HALLER<br />
2002, 30f.).<br />
Abbildung 20 zeigt einen zusammenfassenden Überblick der dargestellten <strong>Dichte</strong>ziele<br />
der DDR. Deutlich wird die weitgehende Konstanz der <strong>für</strong> den Neubau von<br />
Großsiedlungen in Plattenbauweise formulierten <strong>Dichte</strong>ziele um einen Wert von 600<br />
Einwohnern je ha Nettowohnbauland. Die starke Streuung der <strong>Dichte</strong>ziele des Ministerrats<br />
der DDR von 1986 resultiert aus der erstmaligen Formulierung von <strong>Dichte</strong>zielen<br />
<strong>für</strong> verschiedenste Baugebietstypen (s. Tabelle 12). <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> den<br />
Neubau streuen in den späten 1980er Jahren wie bereits erwähnt zwischen 443 <strong>und</strong><br />
738 Einwohnern je ha Nettowohnbauland <strong>und</strong> weisen somit gegenüber den bisherigen<br />
Zielen einen leichten Anstieg auf.<br />
Abbildung 20: <strong>Dichte</strong>ziele in der DDR (Eigene Darstellung)<br />
Einwohner je ha netto<br />
1.000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
Gaber 1965 Bauakademie<br />
der DDR 1972<br />
Bauakademie<br />
der DDR 1976<br />
Bauakademie<br />
der DDR 1982<br />
Ministerrat der<br />
DDR et al.<br />
1986
82 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Die konstant hohen <strong>Dichte</strong>ziele konnten nur auf der Gr<strong>und</strong>lage realisiert werden,<br />
dass durchgängig ein geringer individueller Wohnflächenkonsum von 18-19 m² angenommen<br />
wurde, während dieser Wert in der B<strong>und</strong>esrepublik von 23,8 m² je Einwohner<br />
im Jahr 1968 auf 35,5 m² im Jahr 1987 angestiegen war (s. Anhang III).<br />
3.5 Kompakte europäische Stadt versus disperse Zwischen-/Netzstadt<br />
– <strong>Dichte</strong>diskurs (ab 1990)<br />
Seit den 1990er Jahren tritt in Deutschland eine zunehmende Polarisierung der<br />
Raumentwicklung auf. Während gegen Ende der 1990er Jahre in den Agglomerationen<br />
der Wachstums- <strong>und</strong> Verdichtungsräume der Mangel an Wohnungen <strong>und</strong> Bauland<br />
fortbesteht (MICHAEL 1994, 4), zeichnet sich in Folge der rückläufigen Bevölkerungsentwicklung<br />
vor allem an peripheren Standorten Ostdeutschlands, aber zunehmend<br />
auch Westdeutschlands, ein Überangebot an Bauland <strong>und</strong> Wohnungen ab<br />
(FUHRICH 2004, 83ff.).<br />
Entsprechend der zunehmenden räumlichen Polarisierung wächst auch die Breite<br />
der im <strong>Dichte</strong>diskurs vertretenen Positionen. Es lassen sich keine allgemeingültigen<br />
handlungsleitenden Zielvorstellungen mehr feststellen. Zumeist vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
der Bemühungen um eine nachhaltige Stadtentwicklung werden Vor- <strong>und</strong> Nachteile<br />
der Verdichtung diskutiert, allerdings zunächst noch weitgehend vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
einer Wachstumsperspektive. Die Positionen pro <strong>und</strong> contra Verdichtung<br />
schlagen sich in den Diskussionen um die kompakte europäische Stadt der kurzen<br />
Wege einerseits <strong>und</strong> die disperse Zwischen- oder Netzstadt anderseits nieder (JES-<br />
SEN 1999, 497f.; KÜHN 1998, 506).<br />
„Die Kontroverse über die Leitbildpotenz des traditionellen europäischen Stadtmodells<br />
gegenüber dem der modernen Netz-Stadt durchzieht sämtliche Diskussionen<br />
über Städtebau <strong>und</strong> Stadtentwicklung <strong>und</strong> führt – je nach Position – zu<br />
unterschiedlichen städtebaulichen Gr<strong>und</strong>haltungen.“ (BECKER 1999, 459)<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> betrachtet der folgende Abschnitt zunächst die <strong>Dichte</strong>vorstellungen<br />
des Leitbilds der ‚kompakten europäischen Stadt’ (3.5.1). Danach werden<br />
die in der Diskussion um die ‚Zwischen- oder Netzstadt’ dargelegten Entdichtungsprozesse<br />
aufgezeigt <strong>und</strong> Ziele zum Umgang mit der dispersen Zwischenstadt genannt<br />
(3.5.2). Es wird auf Positionen eingegangen, die <strong>für</strong> einen Ausgleich dieser<br />
zunächst unvereinbar erscheinenden Zielvorstellungen <strong>und</strong> Entwicklungen plädieren<br />
(3.5.3). Abschließend werden die Dichtziele der 1990er Jahre zusammenfassend<br />
dargestellt (3.5.4) <strong>und</strong> die Regelungen der BauNVO von 1990 beschrieben (3.5.5).<br />
3.5.1 Kompakte europäische Stadt der kurzen Wege<br />
Im Rahmen der Diskussion um eine nachhaltige Stadtentwicklung hat das Leitbild<br />
der dichten <strong>und</strong> kompakten Stadt eine Renaissance erfahren. 18 Das Leitbild zielt auf<br />
eine Stadt der kurzen Wege mit minimalem Verkehr. Die kompakte Stadt wird als<br />
<strong>ökologische</strong> Alternative gegenüber einer weiteren Zersiedelung angesehen, ihr wird<br />
eine sozialintegrative Kraft zugeschrieben <strong>und</strong> der kommunalen Selbstbestimmung<br />
sowie der lokalen Öffentlichkeit wird eine hohe Bedeutung beigemessen (BOSE<br />
1997, 36f.; JESSEN 1999, 498; LOSKE 1996, 100).<br />
18 In seinem regionalen Pendant, der dezentralen Konzentration erhielt das Leitbild der<br />
kompakten europäischen Stadt Eingang in den Raumordnungspolitischen Orientierungsrahmen<br />
(siehe hierzu BMBau 1993, 115ff.; Bose 1997, 34f.).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 83<br />
Angestrebt wird die Begrenzung des Außenwachstums der Städte durch eine Innenentwicklung<br />
in Form einer qualifizierten Verdichtung (KÜHN 1998, 495). Eine<br />
hohe bauliche <strong>Dichte</strong> wird als wesentliches Merkmal des Leitbilds der kompakten<br />
Stadt angesehen, nicht zuletzt als Voraussetzung <strong>für</strong> Funktionsmischung <strong>und</strong> kurze<br />
Wege (BFLR 1996, 19f.; APEL et al. 2000, 57; LOSKE 1996, 100). Eine optimale<br />
Ausnutzung bereits besiedelter Flächen soll erreicht werden, indem bestehende<br />
<strong>Dichte</strong>vorgaben besser genutzt bzw. höhere <strong>Dichte</strong>werte zugelassen werden (FLA-<br />
CKE 2003, 97). Angestrebt wird nicht eine gleichmäßige Verdichtung <strong>und</strong> Funktionsmischung<br />
über das ganze Stadtgebiet, sondern eine differenzierte <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong><br />
Mischung, bei Erhalt <strong>und</strong> Stärkung der Zentren <strong>und</strong> der polyzentralen Strukturen der<br />
Subzentren (SANDER 1999, 477).<br />
Die Argumentation <strong>für</strong> eine Verdichtung beginnt zumeist bei der Kritik an den durch<br />
Suburbanisierungsprozesse zunehmend aufgelockerten Siedlungsstrukturen. Kritisiert<br />
wird vor allem der hohe Flächenverbrauch gering verdichteter Siedlungsformen.<br />
So stellt zum Beispiel die Studie ,Zukunftsfähiges Deutschland’ fest, dass in<br />
Siedlungen freistehender Einfamilienhäuser ca. 200 m² Nettowohnbauland je Einwohner<br />
beansprucht werden, was etwa dem dreifachen dessen entspricht, was bei<br />
flächensparenden verdichteten Einfamilienhäusern in Anspruch genommen wird<br />
(BUND, MISEREOR 1996, 112). Kritisiert wird die mit der gering verdichteten Siedlungsweise<br />
einhergehende Zerstörung der Freiflächen im Außenbereich, die als<br />
Ausgleichsflächen <strong>für</strong> ein ges<strong>und</strong>es Stadtklima benötigt werden (KRAU 1994, 217).<br />
Durch mit der Entdichtung <strong>und</strong> Entmischung einhergehende immer größere Entfernung<br />
zu Versorgungseinrichtungen <strong>und</strong> Arbeitsplätzen steigt die Abhängigkeit vom<br />
Pkw, da in dünner besiedelten Regionen keine Erschließung über den öffentlichen<br />
Personennahverkehr (ÖPNV) möglich ist (KRAU 1994, 216f.). Der Autoverkehr sei<br />
nicht nur Ursache, sondern auch Folge der aufgeblähten Siedlungsräume (MÖNNIN-<br />
GER 1994, 164).<br />
Dementsprechend werden die Vorteile der Verdichtung betont: Verdichtung ermögliche<br />
die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme im Außenbereich durch kompaktere<br />
Bebauung <strong>und</strong> damit die Erhaltung wichtiger Freiraumfunktionen (BFLR<br />
1996, 19; FLACKE 2003, 98; MICHAEL 1994, 6f.). Ebenso böten verdichtete Siedlungsformen<br />
die Chance der sparsamen Nutzung von Ressourcen durch effizientere<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung <strong>und</strong> eine bessere Erschließbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
(APEL et al. 2000, 62; BFLR 1996, 19; CHURCHMAN 1999, 398f.; FLACKE<br />
2003, 98; LOSKE 1996, 101)<br />
Auch wenn <strong>Dichte</strong> allein nicht automatisch zu Urbanität führe (KELLNER 1997, 67),<br />
so sei sie doch eine der zentralen Voraussetzungen urbaner Lebensweisen, in dem<br />
sie eine Vielfalt von Möglichkeiten, Angeboten <strong>und</strong> Gelegenheiten im Quartier schaffe.<br />
FELDTKELLER (2001, 34ff.) betont, dass durchaus eine unbefriedigte Nachfrage<br />
nach solchen urbanen Quartieren bestehe, da diese eine einfache Befriedigung der<br />
Alltagsbedürfnisse ermöglichten durch kurze Wege, Vielfalt des Austauschs <strong>und</strong><br />
Anregungen. Neben den vielfältigen Angeboten in fußläufiger Erreichbarkeit erlaubten<br />
dichtere Strukturen auch einen attraktiven ÖPNV, der wiederum die Möglichkeiten<br />
des Zugangs zu Angeboten verbessere (CHURCHMAN 1999, 400). Somit schlussfolgert<br />
MÖNNINGER:<br />
„<strong>Dichte</strong> ist nicht alles, aber ohne <strong>Dichte</strong> ist alles nichts.“ (MÖNNINGER 1994, 165)<br />
Demnach sei unstrittig, dass <strong>Dichte</strong>werte unter einer GFZ von 0,6 die Ausnahme<br />
bleiben sollten (AURICH 1997, 66). Die Maximaldichten <strong>und</strong> -größen <strong>für</strong> Neubauten
84 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
mit maximalen Geschossflächenzahlen <strong>für</strong> Wohngebiete von 1,2-1,6 bezeichnet<br />
MÖNNINGER (1994, 165) als „lächerlich“. Allerdings würden diese in den neuen geplanten<br />
Wohnquartieren der neunziger Jahre mit Werten von 0,4 bis 0,8 oder maximal<br />
1,2 häufig noch unterschritten. Damit ließen sich keinesfalls Stadtqualitäten von<br />
Gründerzeitvierteln oder Kernbereichen realisieren, die Geschossflächendichten von<br />
3,0 bis 4,0 erforderten (MÖNNIGER 1994, 165). In der Debatte um eine nachhaltige<br />
Stadtentwicklung werden allerdings auch geringere <strong>Dichte</strong>ziele genannt: Um eine<br />
flächenverschwenderische Bauweise vor allem beim Eigenheimbau in offener Bauweise<br />
zur vermeiden, würde eine Geschossflächenzahl von 0,7 ausreichen. Langfristig<br />
sei allerdings eine Ausschöpfung der in der BauNVO angegebenen Obergrenzen<br />
baulicher Nutzung anzustreben (FUHRICH 2004, 84). BOTT, VON HAAS<br />
(1996, 44f.) heben hervor, dass bezogen auf das Nettowohnbauland mindestens<br />
eine Geschossflächenzahl von 0,8 erforderlich ist, um eine ausreichende Versorgung<br />
mit sozialer Infrastruktur sowie eine Anordnung von ÖPNV-Haltepunkten in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit zu gewährleisten.<br />
Aktuelle Vorhaben kompakter europäischer <strong>und</strong> nachhaltiger Städte weisen unterschiedliche<br />
<strong>Dichte</strong>werte auf. Prominentes Beispiel ist das dichte <strong>und</strong> nutzungsgemischte<br />
Französische Viertel in Tübingen mit einer Geschossflächenzahl zwischen<br />
2,4 <strong>und</strong> 3,5 sowie einer <strong>Dichte</strong> von 140 Einwohnern plus Arbeitsplätzen bezogen auf<br />
1 ha Bruttobauland. Weitere Beispiele sind das Projekt Viktoria-Quartier in Berlin-<br />
Kreuzberg mit einer GFZ von ca. 3,0 <strong>und</strong> 285 Einwohnern plus Arbeitsplätzen, Zürich<br />
West mit einer GFZ zwischen 2,0 <strong>und</strong> 3,5 <strong>und</strong> 220 Einwohnern plus Arbeitsplätzen<br />
sowie die Essener Weststadt mit einer GFZ zwischen 3,0 <strong>und</strong> 5,0 <strong>und</strong> 160 Einwohnern<br />
plus Arbeitsplätzen je ha Bruttobauland (FELDTKELLER 2001, 20).<br />
Abbildung 21: Kompakte europäische Stadt am Beispiel von Freiburg Vauban<br />
(Fotos: Rößler)<br />
Zielbestimmend wurde das Leitbild der kompakten Stadt auch <strong>für</strong> zahlreiche Stadtentwicklungskonzepte<br />
westdeutscher Großstädte (SANDER 1999, 477). Zu nennen<br />
sind in diesem Zusammenhang auch die <strong>Dichte</strong>modelle westdeutscher Großstädte<br />
(HUTTER et al. 2004, 36ff.; WESTPHAL, HUTTER 2006, 77ff.) oder kommunale <strong>Dichte</strong>konzepte,<br />
deren Notwendigkeit <strong>für</strong> die Festsetzung ‚standortoptimaler Bauweisen’<br />
FUHRICH (2004, 84) betont. Der folgende Exkurs 2 illustriert die wesentlichen Dich-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 85<br />
teziele von <strong>Dichte</strong>modellen westdeutscher Großstädte am Beispiel von München,<br />
Heidelberg <strong>und</strong> Karlsruhe.<br />
Exkurs 2: <strong>Dichte</strong>modelle westdeutscher Großstädte<br />
Nach dem ersten <strong>Dichte</strong>modell in Hamburg von 1969 (siehe auch Exkurs 10), das vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> des Ziels einer integrierten Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsentwicklung erstellt wurde,<br />
haben einige westdeutsche Großstädte im Rahmen ihrer Leitbilddiskussionen kontinuierlich<br />
weitere <strong>Dichte</strong>konzepte erarbeitet. Diese Konzepte finden insbesondere Eingang in die<br />
Überarbeitung <strong>und</strong> Neuaufstellung von Flächennutzungsplänen, vor allem <strong>für</strong> die Bedarfsermittlung<br />
zusätzlicher Siedlungsflächen (APEL et al. 2000, 58). <strong>Dichte</strong>modelle als gesamtstädtische<br />
Pläne beinhalten räumlich differenzierte <strong>und</strong> quantifizierte <strong>Dichte</strong>zielwerte, zumeist<br />
angegeben als Zielwerte der Bebauungsdichte. Tabelle 13 gibt einen Überblick über<br />
die wesentlichen Inhalte der <strong>Dichte</strong>modelle der Städte Heidelberg, Karlsruhe <strong>und</strong> München.<br />
Während die Stadt Heidelberg <strong>Dichte</strong>ziele vorrangig aus der Sicht städtebaulicher Kriterien<br />
entwickelt, setzt Karlsruhe einen Fokus auf die Verdichtung der Siedlungsentwicklung entlang<br />
der Haltepunkte des ÖPNV. München berücksichtigt die ÖPNV-Erschließung, Nutzungsmischung<br />
<strong>und</strong> die Erfordernisse des Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutzes als maßgebliche<br />
Einflussfaktoren bei der Entwicklung von <strong>Dichte</strong>modellen (WESTPHAL, HUTTER 2006, 79ff.).<br />
Tabelle 13: <strong>Dichte</strong>ziele in <strong>Dichte</strong>modellen westdeutscher Großstädte<br />
(WESTPHAL, HUTTER 2006, 80)<br />
Faktoren / Ziele Heidelberg Karlsruhe München<br />
Berücksichtige<br />
Einflussfaktoren<br />
Bestimmung der<br />
Verdichtungseignung<br />
<strong>Dichte</strong>ziele<br />
� Funktionale Gliederung<br />
� Stadtstruktur/Stadtbild<br />
� Lagefaktoren<br />
� Stadt- <strong>und</strong> Siedlungsstrukturen<br />
� Bauweise: überwiegend<br />
geschlossen,<br />
überwiegend offen,<br />
überwiegend<br />
abweichend<br />
� 7 Klassen GRZ zwischen<br />
0,1 <strong>und</strong> 1,0<br />
� Maximale Traufhöhe in<br />
10 Klassen (6 m bis<br />
21 m)<br />
Grenzen kompakter europäischer Städte<br />
� Entfernung von einer<br />
ÖPNV-Haltestelle<br />
� Fahrtdauer in die<br />
Innenstadt<br />
� Anbindung an den ÖPNV<br />
� Nutzungsstruktur<br />
� Natur- <strong>und</strong> Landschaftsschutz<br />
� ÖPNV-Erschließung � ÖPNV-Erschließung<br />
� Stadt- <strong>und</strong> Siedlungsstruktur<br />
� Siedlungstyp A: 80<br />
Wohnungen je ha Bruttobauland,<br />
GFZ 1,2<br />
� Siedlungstyp B: 65<br />
Wohnungen je ha Bruttobauland,<br />
GFZ 1,0<br />
� Siedlungstyp C: 45<br />
Wohnungen je ha Bruttobauland,<br />
GFZ 0,6<br />
� Siedlungstyp D: 30<br />
Wohnungen je ha Bruttobauland,<br />
GFZ 0,6<br />
� <strong>Dichte</strong>klassen: GFZ 0,9-<br />
1,2; 1,2-1,6;1,6-2,4 im<br />
Einzugsbereich<br />
150- 600 m um U-/S-<br />
Bahnhaltestellen<br />
� Im Einzugsbereich von<br />
600 m um ÖPNV-<br />
Haltestellen 4 Gebietstypen<br />
besonderer Verdichtungseignung<br />
� Nutzungsmischung:<br />
Jeweils mindestens<br />
Anteil von 30% Wohnen<br />
bzw. gewerblicher<br />
Nutzung<br />
Neben den im Leitbild der kompakten europäischen Stadt hervorgehobenen Vorteilen<br />
der Verdichtung, werden auch deren Grenzen diskutiert. Als Nachteile höherer<br />
<strong>Dichte</strong> werden vor allem die <strong>ökologische</strong>n <strong>und</strong> sozialen Grenzen der Verdichtung<br />
von Stadtstrukturen angeführt. Begründet wird diese Kritik häufig mit den schlechten<br />
Erfahrungen der verdichteten Großsiedlungen der 1970er Jahre (BOSE 1997, 40).<br />
Grenzen einer weiteren Verdichtung würden durch die Erfordernisse des kleinräumigen<br />
Natur-, Umwelt- <strong>und</strong> Freiraumschutzes gesetzt (APEL et al. 2000, 62; HUTTER<br />
et al. 2004, 38ff.). Dies sind z. B. das Erfordernis einer Boden schonenden Sied-
86 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
lungsweise <strong>und</strong> damit eine Begrenzung der Versiegelung (LOSCH 1992, 95f.), die<br />
Erhaltung <strong>und</strong> Vernetzung klimawirksamer Freiflächen (FUHRICH 2004, 84) <strong>und</strong> ein<br />
<strong>ökologische</strong>r Ausgleich auf dem Baugr<strong>und</strong>stück selbst, unter anderen zur Sicherung<br />
stadtklimatisch wichtiger Kaltluftströme (SIEVERTS 1997a, 84).<br />
Ebenso könne die Wohnzufriedenheit durch übermäßige Verdichtung beeinträchtigt<br />
werden, aufgr<strong>und</strong> sozialer Grenzen zu hoher Bevölkerungsdichten (BFLR 1996, 19;<br />
APEL et al. 2000, 62; HUTTER et al. 2004, 10f.). Soziale Konsequenzen einer maximierten<br />
baulichen Verdichtung seien weiterhin eine mögliche Verteuerung von Baulandpreisen<br />
<strong>und</strong> Wohnungsmieten mit der Gefahr einer Verschärfung der sozialen<br />
Ungleichheit der Wohnungsversorgung (KÜHN 1998, 501). Städtische Problemgebiete,<br />
z. B. des Programms „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf – die<br />
soziale Stadt“, seien häufig Gebiete mit hoher baulicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> ungenügender<br />
Versorgung mit Grün- <strong>und</strong> Freiflächen (APEL et al. 2000, 68).<br />
Das Leitbild der kompakten <strong>und</strong> verdichteten Stadt wird vor allem aufgr<strong>und</strong> seiner<br />
mangelnden Umsetzbarkeit kritisiert, was sich insbesondere in den fortlaufenden<br />
Dispersionsprozessen an der städtischen Peripherie zeige (BECKER et al. 1999, 14;<br />
FÜRST et al. 1999, 77). Die Umsetzungsfähigkeit des Leitbilds hänge nicht allein von<br />
der räumlichen Planung ab, sondern von einem Zusammenwirken mit anderen Strategien,<br />
vor allem der Steuer-, Verkehrs-, Umwelt-, Rechts- <strong>und</strong> Wohnungspolitik<br />
(JESSEN 1999, 498).<br />
Daher komme die weitere Verfolgung dieses Leitbilds einer bloßen Beruhigung des<br />
Planergewissens gleich. Stattdessen gelte es vielmehr, die Realität der Auflösung<br />
der Städte <strong>und</strong> die Entwicklung von ‚Zwischenstädten’ anzuerkennen, <strong>und</strong> sich <strong>für</strong><br />
diese Räume, die durch eine wechselseitige Durchdringung von Siedlung <strong>und</strong> Freiraum,<br />
Stadt <strong>und</strong> Landschaft gekennzeichnet sind, neue Wahrnehmungsformen <strong>und</strong><br />
Handlungsspielräume zu erschließen (BECKER 1999, 459; KISTELLA 2000, 69; KÜHN<br />
1998, 495; SIEVERTS 1999, 35). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> entwickelte sich eine Diskussion<br />
um die Entstehung disperser <strong>und</strong> fragmentierter Stadtstrukturen, die mit der<br />
Zwischenstadt <strong>und</strong> der Netzstadt beschrieben werden.<br />
3.5.2 Disperse Siedlungsmodelle: Zwischenstadt <strong>und</strong> Netzstadt<br />
In Reaktion auf die oben genannte Kritik am Leitbild der kompakten europäischen<br />
Stadt entwickelten einige Autoren den Ansatz der „Zwischenstadt“ oder der „Netzstadt“,<br />
nicht als Leitbild oder Zieldefinition, sondern vielmehr als beschreibendes<br />
Modell <strong>und</strong> Analyserahmen fragmentierter <strong>und</strong> disperser Siedlungsstrukturen (STEIN<br />
2006, 70ff.). Sie nehmen aktuelle Tendenzen einer fortschreitenden Entdichtung<br />
<strong>und</strong> Suburbanisierung von Siedlungsstrukturen als Ausgangspunkt ihrer Überlegungen<br />
<strong>und</strong> erkennen damit die Grenzen der Verdichtung an (JESSEN 1999, 499ff.).<br />
Sieverts versteht die Zwischenstadt als „verstädterte Landschaft“ <strong>und</strong> „verlandschaftete<br />
Stadt“:<br />
„Es ist die Stadt zwischen den alten historischen Stadtkernen <strong>und</strong> der offenen<br />
Landschaft, zwischen dem Ort als Lebensraum <strong>und</strong> den Nicht-Orten der Raumüberwindung,<br />
zwischen den kleinen örtlichen Wirtschaftskreisläufen <strong>und</strong> der<br />
Abhängigkeit vom Weltmarkt.“ (SIEVERTS 1997b, 7).<br />
Zwischenstädte sind heterogene Landschaften mit sowohl städtischen als auch<br />
ländlichen Eigenschaften, bestehend aus einem Nebeneinander mehr oder weniger<br />
dichter Nutzungen <strong>und</strong> Bebauungsformen: Einfamilienhausgebieten, Gewerbegebie-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 87<br />
ten unterschiedlicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Mischung, aufgegebenen Nutzungen <strong>und</strong> verwilderten<br />
Brachen, Resten von Landwirtschaft <strong>und</strong> Natur, aber auch Diskotheken <strong>und</strong><br />
Billigmärkten (SIEVERTS 1997b, 15, 106).<br />
Die von Venturi verwendete Metapher der Netz-Stadt beschreibt die Herausbildung<br />
neuer netzförmiger <strong>und</strong> linearer Siedlungsstrukturen in Folge der Auflösung der auf<br />
ein Zentrum konzentrierten Siedlungsstrukturen in einer regionalen Stadtlandschaft.<br />
„An die Stelle der dualen Stadt – kompakt in der Mitte, ausgefranst an den<br />
Rändern – tritt eine neue, weniger kompakte Konfiguration mit entsprechend<br />
niedrigeren <strong>Dichte</strong>n. Vielleicht sollte man nicht mehr von De-Urbanisierung <strong>und</strong><br />
von neuen Vororten, sondern von der Suburbanisierung der alten Stadtkerne<br />
als Nebenerscheinung zur Bildung neuer netzförmiger, linearer Städte ausgehen.“<br />
(VENTURI 1999, 56).<br />
Als Ursache der Entstehung dieser dispersen <strong>und</strong> zunehmend peripheren Siedlungsformen<br />
werden vielfältige rationale Standortentscheidungen von Handel, Forschungseinrichtungen,<br />
Kultur- <strong>und</strong> Freizeiteinrichtungen aber auch öffentlichen<br />
Verwaltungen gesehen, die häufig nicht mehr mit der zentralörtlichen Gliederung<br />
übereinstimmen (ARING 2004, 114; SIEVERTS 1997b, 16). Ausschlaggebend seien<br />
interkommunales Konkurrenzdenken, ein Mangel an regionaler Kooperation <strong>und</strong><br />
kommunale Finanzknappheit (SIEVERTS 1997b, 19f.).<br />
Beschrieben wird ein kontinuierlicher Prozess der Entdichtung, in dessen Zug die<br />
verdichteten Städte Einwohner vor allem in Gebiete mit mittlerer bis geringer <strong>Dichte</strong><br />
verlieren (VENTURI 1999, 61). Die Folge sind Siedlungsstrukturen, die eine Wirtschaftlichkeit<br />
der Gr<strong>und</strong>versorgung gefährden, zumal aus Wirtschaftlichkeitserwägungen<br />
gestiegene Mindestgrößen von Einrichtungen einer abnehmenden Bevölkerungsdichte<br />
gegenüber stehen (SIEVERTS 1997b, 21ff., 86ff.).<br />
Sieverts geht, anders als die Verfechter der kompakten Stadt, davon aus, dass sich<br />
die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen <strong>und</strong> politischen Voraussetzungen<br />
gewandelt haben, <strong>und</strong> deshalb eine Neuerrichtung der kompakten Stadt nicht möglich<br />
sei (SIEVERTS 1997b, 29f.).<br />
Dennoch werden Ziele zum Umgang mit der Zwischenstadt entwickelt. In diesem<br />
Zusammenhang plädiert Sieverts <strong>für</strong> eine „moderate Verdichtung, wie sie sich etwa<br />
in der <strong>Dichte</strong> des eng gepackten Flachbaus, der Reihenhäuser mit kleinen Gr<strong>und</strong>stücken<br />
<strong>und</strong> des drei- bis viergeschossigen Wohnungsbaus darstellt. Eine maßvolle<br />
Verdichtung der Bebauung gerade in der Zwischenstadt etwa von einer Ausnutzungsziffer<br />
(Bruttogeschossfläche zu Gr<strong>und</strong>stück) von derzeit 0,2 bis 0,3 bei den<br />
üblichen freistehenden Einfamilienhäusern auf 0,4 bis 0,6 <strong>für</strong> Reihen- <strong>und</strong> Doppelhäuser<br />
würde – in Anbetracht der großen in Anspruch genommenen Bauflächen –<br />
zu einer sehr wirkungsvollen Halbierung des Baulandbedarfs führen, ohne die typischen<br />
besonders nachgefragten Wohnqualitäten zu schmälern.“ (SIEVERTS 1997b,<br />
41f.).<br />
Eine Geschossflächenzahl von 0,8 wird als Obergrenze <strong>für</strong> einen <strong>ökologische</strong>n<br />
Ausgleich auf dem Baugr<strong>und</strong>stück sowie <strong>für</strong> eine ausreichende Ausstattung mit sozialer<br />
Infrastruktur <strong>und</strong> Verkehrsanlagen angesehen (SIEVERTS 1997a, 83, 1997b,<br />
42).<br />
Kritisiert werden die Zwischen- <strong>und</strong> die Netzstadt als eine ungerechtfertigte Legitimation<br />
eines weiteren Flächenverbrauchs (KÜHN 2000, 21). Anstelle einer Hinnahme<br />
der siedlungsstrukturellen Tendenzen wird da<strong>für</strong> plädiert, die andauernde Sub-
88 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
urbanisierung <strong>und</strong> Neubauorientierung, durch eine Änderung der sie verursachenden<br />
Rahmenbedingungen in Wohnungs-, Steuer- <strong>und</strong> Verkehrspolitik einzudämmen<br />
(DROß 1996, 2.17; KURTH 2000, 108).<br />
3.5.3 Ausgleich zwischen Kompaktheit <strong>und</strong> Auflösung der Siedlungsstruktur?<br />
Entgegen diesen häufig unversöhnlich nebeneinander stehenden Positionen argumentieren<br />
einige Autoren <strong>für</strong> einen Ausgleich zwischen Kompaktheit <strong>und</strong> Auflösung,<br />
Verdichtung <strong>und</strong> Entdichtung (KÜHN 2000, 24). Angesichts derzeitig gegenläufiger<br />
Entwicklungstrends der Sub- <strong>und</strong> Desurbanisierung einerseits <strong>und</strong> der Reurbanisierung<br />
<strong>und</strong> Revitalisierung andererseits erscheine es nicht sinnvoll „die alte Debatte<br />
um die ‚dichte, steinerne Stadt’ versus ‚aufgelockerte, grüne Stadt’ in modernisierter<br />
Version – ‚kompakte, flächensparende Stadt’ versus ‚Zwischenstadt’ oder ‚Netz-<br />
Stadt’ – wiederzubeleben“ (KÜHN 1998, 506).<br />
Die Modelle sollten entsprechend ihrer Eignung gleichzeitig in unterschiedlichen<br />
Gebieten der Stadt genutzt werden, z. B. die kompakte Stadt bei der Wiedernutzung<br />
von Brachflächen (JESSEN 1999, 504). Es sollte ein Patchwork aus städtischen <strong>und</strong><br />
suburbanen Teilen gestaltet werden (FELDTKELLER 2001, 37ff.).<br />
Erforderlich ist hier<strong>für</strong> die Ermittlung eines aus sozialer <strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>r Sicht richtigen<br />
Maßes der Verdichtung (KÜHN 1998, 503). Die Aussagen hierzu sind jedoch<br />
widersprüchlich: HAPPE et al. (1994, 17) nennen als stadt<strong>ökologische</strong> Orientierungswerte,<br />
die sowohl <strong>ökologische</strong> Grenzen der Verdichtung als auch die Notwendigkeit<br />
einer flächen- <strong>und</strong> ressourcensparenden Siedlungsentwicklung berücksichtigen,<br />
Geschossflächenzahlen von 0,6 bis 1,0 <strong>für</strong> aufgelockerte Wohngebiete am<br />
Stadtrand <strong>und</strong> von 1,2 bis 2,4 <strong>für</strong> verdichtete, innenstadtnahe Wohn- <strong>und</strong> Mischgebiete.<br />
Unter Abwägung der Vor- <strong>und</strong> Nachteile der Verdichtung verweist KÜHN<br />
(1998, 502) darauf, dass durch den zusätzlichen Flächenverbrauch <strong>für</strong> Abstands-,<br />
Erschließungs- <strong>und</strong> Ausgleichsflächen bei sehr dichter Bebauung ab einer GFZ von<br />
1,0 die mögliche Flächenersparnis kompensiert werde. Vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass<br />
weder hochverdichtete innerstädtische Gebiete noch flächenaufwendige Einfamilienhausbebauungen<br />
dazu geeignet seien, die Ziele des Flächensparens <strong>und</strong> Bodenschonens<br />
zu realisieren, plädiert Losch <strong>für</strong> mittlere <strong>Dichte</strong>n einer GFZ von 0,7 <strong>und</strong><br />
<strong>für</strong> eine Steigerung der Flächeneffizienz des Einfamilienhausbaus. Weiterhin schlägt<br />
er eine Reduzierung des individuellen Wohnflächenkonsums auf 30 m² pro Person<br />
anstelle von 36 bis 40 m² vor (LOSCH 1992, 101). Aurich benennt einen Korridor<br />
einer GFZ von 0,7 bis 1,2 (AURICH 1997, 65).<br />
3.5.4 <strong>Dichte</strong>ziele der 1990er Jahre im Vergleich<br />
Die folgende Abbildung 22 stellt die <strong>Dichte</strong>ziele der 1990er Jahre vergleichend dar.<br />
Dabei wird deutlich, dass in den 1990er Jahren eine sehr breite Spanne formulierter<br />
<strong>Dichte</strong>ziele besteht, mit tendenziell sehr hohen <strong>Dichte</strong>zielwerten der kompakten<br />
europäischen Stadt <strong>und</strong> niedrigen Zielwerten, die <strong>für</strong> den Umgang mit der Zwischenstadt<br />
genannt werden. Allerdings streuen die <strong>Dichte</strong>ziele auch innerhalb der<br />
verschiedenen Ansätze zum Teil deutlich. Zielwerte von 200 Einwohnern je ha lassen<br />
sich sowohl dem Leitbild der kompakten europäischen Stadt als der Zielstellung<br />
des Ausgleichs von Kompaktheit <strong>und</strong> Auflösung zuordnen. Darin wird deutlich, dass<br />
Zielrichtung <strong>und</strong> deren Operationalisierung in einem quantifizierten Wert zum Teil<br />
auseinander fallen. Im Zuge der zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung sind<br />
auch Ziele der siedlungsstrukturellen Entwicklung immer weniger eindeutig.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 89<br />
Abbildung 22: <strong>Dichte</strong>ziele ab 1990 (Eigene Darstellung) 19<br />
3.5.5 Die BauNVO von 1990 – Zwischen Verdichtung <strong>und</strong> Auflockerung<br />
Die in § 17 Abs. 1 angegebenen Obergrenzen des Maßes baulicher Nutzung sind<br />
mit der BauNVO 1990 weitgehend aus der BauNVO 1977 übernommen worden.<br />
Eine Anhebung ergab sich bei Mischgebieten <strong>für</strong> die GRZ von 0,4 auf 0,6 <strong>und</strong> bei<br />
Kerngebieten wurde die GFZ von 2,4 auf 3,0 erhöht (KNAUP 1997, § 17 Tz 21). Die<br />
bisher in § 17, Abs. 7 BauNVO genannten Höchstmaße der baulichen Nutzung <strong>für</strong><br />
besondere Wohngebiete wurden in Tabellenwerte des § 17 Abs. 1 integriert.<br />
Tabelle 14: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach<br />
§ 17 Abs. 1 BauNVO 1990<br />
Baugebietstyp<br />
Reine Wohngebiete (WR),<br />
Allgem. Wohngebiete (WA)<br />
Gr<strong>und</strong>flächenzahl<br />
(GRZ)<br />
Geschossflächenzahl<br />
(GFZ)<br />
0,4 1,2<br />
Besondere Wohngebiete (WB) 0,6 1,6<br />
Kerngebiete (MK) 1,0 3,0<br />
Mit der BauNVO von 1990 erhält der Plangeber erstmals die Möglichkeit neben den<br />
in § 17 Abs. 1 angegebenen Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung<br />
auch ein Mindestmaß festzusetzen. Die Festsetzung eines Mindestmaßes allein ist<br />
allerdings nicht ausreichend, sondern kann nur in Kombination mit der Festsetzung<br />
eines Höchstmaßes erfolgen. Damit stellt die gleichzeitige Festsetzung von Höchst-<br />
<strong>und</strong> Mindestmaßen einen stärkeren Eingriff in die Eigentumsrechte des Planungsbetroffenen<br />
dar, der einer in der Begründung des Bebauungsplans darzulegenden<br />
besonderen städtebaulichen Rechtfertigung bedarf (KNAUP 1997, § 16 Tz 68).<br />
19 Da es sich bei der Zwischenstadt nicht um ein Leitbild sondern um eine Zustandsbeschreibung<br />
handelt, werden hier diejenigen Ziele genannt, die zum Umgang mit der Zwischenstadt<br />
entwickelt wurden.
90 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Mit der BauNVO 1990 wurden die Voraussetzungen <strong>für</strong> die Überschreitung der<br />
Höchstgrenzen des § 17 Abs. 1 sowohl <strong>für</strong> bereits überwiegend bebaute Gebiete als<br />
auch <strong>für</strong> Neubaugebiete verschärft. Mussten in der bisherigen Fassung der BauN-<br />
VO Überschreitungen durch besondere städtebauliche Gründe gerechtfertigt sein,<br />
müssen diese jetzt eine solche Überschreitung erfordern.<br />
„Erfordern in dem hier maßgeblichen Sinne liegt nicht schon dann vor, wenn die<br />
konkret beabsichtigte Überschreitung nach der örtlichen Situation (jedenfalls)<br />
städtebaulich vertretbar ist (…). Vielmehr ist die Feststellung notwendig, dann<br />
aber auch ausreichend, dass die mit Rücksicht auf die besonderen städtebaulichen<br />
Gründe geplante Maßnahme sonst, d.h. ohne vorgesehene Überschreitung,<br />
nicht verwirklicht werden kann.“ (KNAUP 1997, § 17 Tz 31)<br />
Eine weitere Änderung der BauNVO 1990 betrifft die Pflicht zum Ausgleich der<br />
Überschreitung der Höchstmaße baulicher Nutzung. Während sich diese Ausgleichspflicht<br />
vor 1990 auf die Sicherstellung der allgemeinen Anforderungen an<br />
ges<strong>und</strong>e Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsverhältnisse <strong>und</strong> die Befriedigung der Bedürfnisse des<br />
Verkehrs bezog, wurde die Ausgleichspflicht nach 1990 um den Ausgleich der nachteiligen<br />
Auswirkungen auf die Umwelt erweitert. Damit wird eine aus <strong>ökologische</strong>n<br />
Gründen restriktive Handhabung der Regelung angemahnt (KNAUP 1997, § 17 Tz<br />
24, 31).<br />
Auch <strong>für</strong> Gebiete, die bereits vor 1962 überwiegend bebaut waren, gilt nach der<br />
BauNVO 1990 die Pflicht zum Ausgleich der Überschreitungen durch Umstände <strong>und</strong><br />
Maßnahmen, die bisher nur <strong>für</strong> Neubaugebiete erforderlich waren. KNAUP (1997, §<br />
17 Tz 46) schlussfolgert aus dieser Regelung, das die Überschreitung der Obergrenzen<br />
des Maßes baulicher Nutzung in bereits bebauten Gebieten damit erschwert<br />
wird, da es zumeist nicht möglich sein wird, der Ausgleichspflicht in überwiegend<br />
bebauten Gebieten zu genügen.<br />
Somit spiegelt die BauNVO von 1990 den Konflikt zwischen Verdichtung <strong>und</strong> Auflockerung<br />
wider: Zum einen werden Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung<br />
zum Teil angehoben <strong>und</strong> Möglichkeiten zur Festsetzung von Mindestmaßen<br />
baulicher Nutzung geschaffen, zum anderen werden Möglichkeiten zur Überschreitung<br />
der Höchstmaße baulicher Nutzung eingeschränkt.<br />
3.6 Zwischenfazit: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht des<br />
Städtebaus<br />
Die Ausführungen zu den wesentlichen städtebaulichen Leitbildern <strong>und</strong> Modellen<br />
der Nachkriegszeit in West- <strong>und</strong> Ostdeutschland haben gezeigt, dass die Vorstellungen<br />
über angemessene <strong>Dichte</strong> zwischen den einzelnen Phasen stark variieren.<br />
Tabelle 15 <strong>und</strong> Abbildung 23 geben einen zusammenfassenden Überblick über die<br />
nach Ansätzen sortierten <strong>Dichte</strong>ziele.<br />
Die <strong>Dichte</strong>zielwerte sind sowohl als Geschossflächenzahlen als auch als Nettowohndichten<br />
in Einwohner je ha angegeben. Das Verhältnis zwischen den Geschossflächenzahlen<br />
<strong>und</strong> den Nettowohndichten ergibt sich über den Wert der je<br />
Einwohner in Anspruch genommenen Geschossfläche <strong>und</strong> damit über die individuelle<br />
Wohnflächeninanspruchnahme. 20<br />
20 Wohnfläche je Einwohner = Geschossfläche je Einwohner * 1,25 (KORDA 2005, 119).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 91<br />
Tabelle 15: Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele 1<br />
Leitbild Autor<br />
GFZ EW je ha netto<br />
Min. Max.<br />
m² WF<br />
je EW 2<br />
m² GF<br />
je EW Min. Max.<br />
Gegliedert <strong>und</strong> Göderitz et al. 1957 0,45 15 18,8 240<br />
aufgelockert Geberding-Wiese 1968<br />
Schmidt-Relenberg<br />
0,36 0,6 19,2 24,0 150 250<br />
1968 1,5 23,8 29,8 500<br />
Urbanität durch<br />
<strong>Dichte</strong><br />
Behutsam /<br />
ökologisch<br />
DDR 4<br />
Kompakt<br />
Ausgleich<br />
kompakt versus<br />
dispers<br />
Brakebusch 1969 1,3 2,0 25,3 31,6 400 640<br />
Pfeil 1972 1,7 26,7 33,4 500<br />
Krüger et al. 1972 1,5 26,7 33,4 449<br />
Gruen 19733 1,0 1,4 27,5 34,4 280 420<br />
Gassner 1978 0,5 0,8 31,1 38,9 129 206<br />
Müller-Ibold 1978 0,7 0,8 31,1 38,9 180 206<br />
Hecking et al. 1980 0,7 32,1 40,1 174<br />
BMBau 1986 0,7 35 43,8 160<br />
Gaber 1965 1,4 19 23,75 600<br />
Bauakademie 1972 1,3 1,5 19 23,75 540 640<br />
Bauakademie 1976 1,0 1,7 19 23,75 430 700<br />
Bauakademie 1982 1,2 1,4 19 23,75 500 600<br />
Ministerrat et al. 1986 0,6 2,3 18,8 23,5 250 984<br />
Mönninger 1994 3,0 4,0 36,8 46,0 652 870<br />
Stadt München 1995 0,9 1,6 32 40,0 225 400<br />
Bott, v. Haas 1996 0,8 38,1 47,6 168<br />
NVK 1999 0,6 1,2 39,9 49,9 120 241<br />
Feldtkeller 20013 1,0 2,0 41 51,3 196 399<br />
Fuhrich 2004 0,7 1,2 41,6 52,0 135 231<br />
Aurich 1997 0,7 1,2 38,7 48,4 145 248<br />
Bose 1997 0,8 1 38,7 48,4 165 207<br />
Happe 1994 0,6 2,4 36,8 46,0 130 522<br />
Kühn 1998 1,0 39,3 49,1 204<br />
Losch 1992 0,7 39,9 49,9 187<br />
Zwischenstadt Sieverts 1997b 0,4 0,6 38,7 48,4 83 124<br />
1 Fett markierte Werte verweisen auf die in den Quellen angegebenen Werte, sonstige Werte<br />
ergeben sich aus Umrechnungen.<br />
2 Interpolation nach Werten des statistischen B<strong>und</strong>esamts (s. Anhang III)<br />
3 Die Originalwerte sind angegeben als Einwohner je ha Bruttowohnbauland <strong>und</strong> umgerechnet<br />
mit dem Faktor *1,4<br />
4 Es erfolgte eine Umrechnung der Zielwerte der Einwohnerdichte der DDR auf die Nettowohndichte<br />
der BRD.<br />
Dabei lässt Abbildung 23 erkennen, dass, aufgr<strong>und</strong> der geringeren individuellen<br />
Wohnflächeninanspruchnahme von den 1950er Jahren bis zur Mitte der 1970er Jahre<br />
sowie durchgängig <strong>für</strong> die DDR, die Einwohnerdichten im Verhältnis zu den Geschossflächenzahlen<br />
vergleichsweise hoch sind. Mit der zunehmenden Wohnflächeninanspruchnahme<br />
können bei gleichbleibenden Geschossflächenzahlen immer<br />
geringere Einwohnerdichten erzielt werden. Dies zeigt sich besonders bei den <strong>Dichte</strong>zielen<br />
ab den 1990er Jahren.<br />
Insgesamt wird deutlich, dass die städtebaulichen <strong>Dichte</strong>ziele stark schwanken: Von<br />
den geringen <strong>Dichte</strong>n der gegliederten <strong>und</strong> aufgelockerten Stadt über die hohen<br />
angestrebten <strong>Dichte</strong>n der Urbanität durch <strong>Dichte</strong> zu den moderaten <strong>Dichte</strong>zielen der<br />
behutsamen Stadterneuerung <strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>n Stadt der 1980er Jahre. Dabei
92 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
scheint die Verfolgung extremer Verdichtung bzw. extremer Auflockerung jeweils<br />
eine Umkehr zum anderen Extrem hervorzurufen.<br />
Abbildung 23: Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele Überblick (Eigene Darstellung)<br />
Göderitz et al. 1957<br />
Schmidt-Relenberg 1968<br />
Brakebusch 1969<br />
Pfeil 1972<br />
Krüger et al. 1972<br />
Gruen 1973<br />
Gassner 1978<br />
Müller-Ibold 1978<br />
Hecking et al. 1980<br />
BMBau 1986<br />
Gaber 1965<br />
Bauakademie der DDR 1972<br />
Bauakademie der DDR 1976<br />
Bauakademie der DDR 1982<br />
Ministerrat der DDR et al. 1986<br />
Mönninger 1994<br />
Stadt München 1995<br />
NVK 1999<br />
Sander 1999<br />
Feldtkeller 2001<br />
Fuhrich 2004<br />
Aurich 1997<br />
Happe 1994<br />
Kühn 1998<br />
Losch 1992<br />
Sieverts 1997b<br />
0<br />
0<br />
0,5<br />
Gegliedert <strong>und</strong><br />
aufgelockert<br />
DDR<br />
Kompakte Stadt<br />
Zwischenstadt<br />
100<br />
200<br />
1<br />
Geschossflächenzahl<br />
Behutsam /<br />
Ökologisch<br />
300<br />
1,5<br />
400<br />
2<br />
Ausgleich<br />
kompakt v.<br />
dispers<br />
500<br />
2,5<br />
600<br />
Urbanität durch<br />
<strong>Dichte</strong><br />
700<br />
Einwohner je ha netto<br />
3<br />
800<br />
3,5<br />
900<br />
4<br />
1.000<br />
Geschossflächenzahl Einwohner je ha
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 93<br />
Nach diesen sich wechselseitig ablösenden Phasen angestrebter niedriger <strong>und</strong> hoher<br />
<strong>Dichte</strong>n existieren ab den 1990er Jahren Ziele der Verdichtung der kompakten<br />
Stadt parallel zu den mit der Zwischenstadt beschriebenen Tendenzen der Auflösung<br />
<strong>und</strong> Auflockerung.<br />
Ein Vergleich der <strong>Dichte</strong>ziele der BRD <strong>und</strong> der DDR zeigt, dass in den 1960er <strong>und</strong><br />
frühen 1970er Jahren in den beiden deutschen Staaten ähnliche <strong>Dichte</strong>ziele existierten.<br />
Während im Westen allerdings ab Mitte der 1970er Jahre eine deutliche Abkehr<br />
von den Zielen der Verdichtung erfolgte, wurden <strong>für</strong> die DDR Ziele einer weiteren<br />
Verdichtung formuliert. Aufgr<strong>und</strong> der durchgängig geringen individuellen Wohnflächeninanspruchnahme<br />
von 18 bis 19 m² je Einwohner zeigen sich <strong>für</strong> die DDR<br />
konstant hohe <strong>Dichte</strong>ziele.<br />
Dieser Vergleich der <strong>Dichte</strong>ziele der beiden deutschen Staaten verdeutlicht deren<br />
Abhängigkeit von den jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Zielsetzungen.<br />
Während in Westdeutschland der zunehmende gesellschaftliche Wohlstand<br />
eine Abkehr von Verdichtungszielen ermöglichte, zwang die andauernde Ressourcenknappheit<br />
in der DDR zu einer hohen Wirtschaftlichkeit der Bautätigkeit <strong>und</strong><br />
Erschließung <strong>und</strong> damit zu höheren <strong>Dichte</strong>n.<br />
Im Vergleich zu den stark schwankenden <strong>Dichte</strong>zielen des Städtebaus zeigen die in<br />
der Baunutzungsverordnung festgesetzten Obergrenzen des zulässigen Maßes<br />
baulicher Nutzung <strong>für</strong> Wohngebiete eine weitgehende Konstanz, wie Abbildung 24<br />
verdeutlicht.<br />
Abbildung 24: Obergrenzen des Maßes baulicher Nutzung <strong>und</strong> Nettowohndichten entsprechend<br />
der Baunutzungsverordnungen (Eigene Darstellung) 21<br />
Geschossflächenzahl<br />
1,8<br />
1,6<br />
1,4<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
1962 1968 1977 1990<br />
Wohngebiete GFZ Besondere Wohngebiete GFZ<br />
Wohngebiete EW je ha netto Besondere Wohngebiete EW je ha netto<br />
Allerdings konnten, aufgr<strong>und</strong> der zunehmenden individuellen Wohnflächeninanspruchnahme,<br />
in den Wohngebietstypen immer geringere Einwohnerdichten erzielt<br />
werden. So sank die in allgemeinen <strong>und</strong> reinen Wohngebieten erzielbare Netto-<br />
21 Die Einwohnerdichten ergeben sich anhand einer Umrechnung mit der zur jeweiligen Zeit<br />
gültigen individuellen Wohnflächeninanspruchnahme (zu Werten der Wohnflächeninanspruchnahme<br />
s. Anhang III; zu Umrechnungsformeln Abbildung 7).<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Einwohner je ha netto
94 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
wohndichte trotz der Anhebung des maximal zulässigen Nutzungsmaßes der GFZ<br />
von 1,0 auf 1,2 von 440 Einwohnern in 1962 auf 270 Einwohner in 1990 um 40 %.<br />
Selbst in den ab 1977 als neuen Baugebietstyp aufgenommenen besonderen<br />
Wohngebieten mit einer GFZ bis 1,6 konnte 1990 eine geringere Einwohnerdichte<br />
erzielt werden als 1962 in den allgemeinen <strong>und</strong> reinen Wohngebieten mit einer maximalen<br />
Geschossflächenzahl von 1,0. 22<br />
Die umfassende Darstellung der städtebaulichen <strong>Dichte</strong>ziele zeigt nicht nur die Variationsbreite<br />
der jeweiligen quantitativen Zielvorstellungen der <strong>Dichte</strong>, sondern<br />
ebenso die Vielfalt der Argumente <strong>für</strong> <strong>und</strong> wider Verdichtung bzw. Auflockerung. Die<br />
Diskussion verdeutlicht, dass diese Frage von vielfältigen Zielkonflikten begleitet<br />
wird. Jede Entwicklungsphase stellt dabei eine spezifische Siedlungsform in den<br />
Vordergr<strong>und</strong>, von der angenommen wird, dass sie den Zielkonflikt erfolgreich bewältigt.<br />
So setzt z. B. die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte Stadt auf das verdichtete Einfamilienhaus<br />
in geschlossener Bauweise <strong>und</strong> das Leitbild Urbanität durch <strong>Dichte</strong> auf<br />
einen verdichteten Geschosswohnungsbau. Je nach städtebaulichem Leitbild <strong>und</strong><br />
gesellschaftlicher Zielstellung werden die Argumente pro <strong>und</strong> contra Verdichtung<br />
früherer Phasen wieder aufgegriffen. So wird z. B. die bereits von GÖDERITZ et al.<br />
(1957) hervorgehobene reduzierte Flächenersparnis bei steigenden Geschosszahlen<br />
von GASSNER (1978) in ähnlicher Weise neu dargestellt. Daraus zeigt sich, dass<br />
auch bei der Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in Wohnquartieren schrumpfender<br />
Städte auf den historischen Diskurs zurückgegriffen werden sollte.<br />
Für alle Handlungsfelder gilt, dass sowohl Argumente <strong>für</strong> Verdichtung (<strong>und</strong> damit<br />
gegen Auflockerung) sowie gegen Verdichtung (<strong>und</strong> damit <strong>für</strong> Auflockerung) angeführt<br />
werden können. Erneut wird deutlich, dass die Frage nach angemessenen<br />
<strong>Dichte</strong>n keinesfalls einfach zu beantworten ist <strong>und</strong> bisher auch noch keine allgemeingültige<br />
Antwort erfahren hat. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> setzt sich Kapitel 5 intensiv<br />
mit Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in wesentlichen stadtplanerischen Handlungsfeldern<br />
auseinander.<br />
Tabelle 16 fasst die in den Diskussionen benannten Argumente pro Verdichtung /<br />
contra Auflockerung <strong>und</strong> umgekehrt zusammen.<br />
22 Der Baugebietstyp des besonderen Wohngebiets bietet ab 1977 die Möglichkeit zur Erhaltung<br />
höher <strong>Dichte</strong>n bei der Überplanung solcher Gebiete, die schon bis 1962 überwiegend<br />
bebaut waren.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 95<br />
Tabelle 16: Argumente Pro <strong>und</strong> Contra Verdichtung/Auflockerung<br />
Handlungsfeld<br />
Wohnen<br />
Flächeninanspruchnahme<br />
Ökologie<br />
Verkehr<br />
Soziales<br />
Versorgung /<br />
Infrastruktur<br />
Qualitäten des<br />
Umfelds<br />
Pro Verdichtung/<br />
Contra Auflockerung<br />
� Hochhäuser mit besserer<br />
Besonnung <strong>und</strong> vielfältigen<br />
Freiräumen<br />
Contra Verdichtung/<br />
Pro Auflockerung<br />
� Einfamilienhaus als geeignete Wohnform<br />
� Negative Auswirkungen des Hochhauses<br />
auf die Ges<strong>und</strong>heit<br />
� Beeinträchtigung der Wohnzufriedenheit<br />
durch Verdichtung<br />
� Flächensparen � Sinkende Flächenersparnis bei steigender<br />
Geschossigkeit <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong><br />
� Vermeidung fortschreitenden<br />
Landschaftsverbrauchs / fortschreitender<br />
Zerstörung von Freiflächen<br />
im Außenbereich<br />
� Ressourceneffiziente<br />
Siedlungsstrukturen<br />
� Ermöglichung kurzer Wege <strong>und</strong><br />
guter Erreichbarkeit des ÖPNV<br />
� Kritik an Zersiedelung, Verkehrszunahme<br />
<strong>und</strong> zunehmender<br />
Pkw-Abhängigkeit der aufgelockerten<br />
Stadt<br />
� Vielfalt sozialer Kontakte<br />
� Lebendige Quartiere mit<br />
sozialem Zusammenhalt der<br />
Nachbarschaft<br />
� Ausreichende Basis <strong>für</strong><br />
Versorgungseinrichtungen<br />
� Effiziente Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
� <strong>Dichte</strong>, Nutzungsmischung,<br />
Urbanität<br />
� Metropole Lebensstile<br />
� Boden schonen <strong>und</strong> vermeiden<br />
übermäßiger Versiegelung<br />
� Kleinräumiger Natur-, Umwelt- <strong>und</strong><br />
Freiraumschutz<br />
� Erhaltung <strong>und</strong> Vernetzung klimawirksamer<br />
Freiflächen<br />
� Ökologischer Ausgleich auf dem<br />
Baugr<strong>und</strong>stück selbst<br />
� Probleme der (ebenerdigen) Unterbringung<br />
des ruhenden Verkehrs<br />
� Zunehmende Verkehrs(lärm)belastung<br />
� Sicherung der Privatsphäre<br />
� Kritik an der Verschärfung der sozialen<br />
Ungleichheit der Wohnungsversorgung<br />
durch Verdichtung<br />
� Kumulation sozialer Probleme in<br />
verdichteten Gebieten<br />
� Möglichkeiten <strong>für</strong> alternative<br />
Versorgungskonzepte<br />
� Gestalterische Defizite<br />
� Unvereinbarkeit von Wohn- <strong>und</strong><br />
Arbeitsnutzungen
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 97<br />
4 <strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten<br />
Das folgende Kapitel befasst sich mit dem Prozess der <strong>Schrumpfung</strong> in ostdeutschen<br />
Städten sowie mit dem bisherigen planerischen Umgang damit. Viele ostdeutsche<br />
Städte sind derzeit von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffen, die zu einer<br />
Entdichtung ihrer Siedlungsstrukturen führen, ein Prozess der in Kapitel 4.1 näher<br />
erläutert wird. Als Reaktion auf diese Entwicklung enthalten aktuelle städtebauliche<br />
Leitbilder <strong>Dichte</strong>vorstellungen, die in Kapitel 4.2 diskutiert werden. Abschließend<br />
wird in Kapitel 4.3 das B<strong>und</strong>-Länder-Programm Stadtumbau Ost erläutert, welches<br />
unter anderem als Reaktion auf Entdichtungsprozesse den Rückbau <strong>und</strong> die Aufwertung<br />
von Wohngebieten in schrumpfenden Städten umfasst.<br />
4.1 Entdichtungsprozesse in schrumpfenden ostdeutschen Städten<br />
Seit 1990 haben sich in ostdeutschen Städten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse vollzogen,<br />
die zu einer Ausdünnung der Siedlungsstruktur geführt haben. Diese Entdichtungsprozesse<br />
haben im Wesentlichen zwei Ursachen: den anhaltenden Bevölkerungsrückgang<br />
einerseits <strong>und</strong> die gleichzeitige weitere Ausdehnung der Siedlungs- <strong>und</strong><br />
Verkehrsfläche andererseits (SIEDENTOP et al. 2003, 156). Somit erfolgt eine intraregionale<br />
Bevölkerungsumverteilung durch Suburbanisierungsprozesse bei insgesamt<br />
rückläufiger Bevölkerung (MÜLLER 2003, 30). Die Intensität <strong>und</strong> Ausprägung<br />
der ostdeutschen <strong>Schrumpfung</strong> ist stärker als diejenige, die sich in den letzten Jahrzehnten<br />
in altindustriellen oder peripheren Regionen der alten B<strong>und</strong>esländer (Ruhrgebiet,<br />
Saarland, Niedersachsen) vollzogen hat <strong>und</strong> die im Wesentlichen eine Folge<br />
intraregionaler Wanderungen war (BAUMANN et al. 2003, 6f.; KEIM 2001, 10).<br />
Nach einer einleitenden Bestimmung des Begriffs <strong>Schrumpfung</strong> (Kapitel 4.1.1) werden<br />
im Folgenden sowohl die Tendenzen der ostdeutschen Bevölkerungsentwicklung<br />
(Kapitel 4.1.2) als auch der Siedlungsflächenentwicklung (Kapitel 4.1.3) dargestellt.<br />
Abschließend werden daraufhin zusammenfassend die <strong>Dichte</strong>rückgänge in<br />
ostdeutschen Städten erläutert (Kapitel 4.1.4).<br />
4.1.1 Definition des Begriffs <strong>Schrumpfung</strong><br />
Der Bericht der Expertenkommission ‚Wohnungswirtschaftlicher Strukturwandel in<br />
den neuen B<strong>und</strong>esländern’ (ein Dokument in dem erstmals auf den <strong>Schrumpfung</strong>sprozess<br />
in Ostdeutschland hingewiesen wurde) versteht <strong>Schrumpfung</strong> als einen<br />
multidimensionalen Prozess der Auflösung bzw. des Verfalls städtischer Strukturen:<br />
„Ungelenkte Vorgänge der <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> des Verfalls zerstören das notwendige<br />
Gleichgewicht zwischen Bevölkerung, Wohnbauten <strong>und</strong> Verkehrssystemen<br />
sowie sämtlichen Elementen der privaten <strong>und</strong> öffentlichen Infrastruktur<br />
(Dienstleistungen, Handel, Ges<strong>und</strong>heit, Schulen, Kultur). Viele Städte drohen<br />
dadurch auseinander zu brechen. Sie zerfallen in Fragmente aus leeren Altbaugebieten,<br />
konsolidierten, in neuer Pracht wieder erstandenen Kernbereichen,<br />
halbleeren durch Abriss schrumpfende Plattenbausiedlungen (...)“ (PFEIF-<br />
FER et al. 2000, 3).<br />
Ursachen der <strong>Schrumpfung</strong> ostdeutscher Städte sind laut HANNEMANN (2000, 100)<br />
die Deindustrialisierungsprozesse im Zuge des ökonomischen Strukturbruchs nach<br />
der Wende, der demographisch bedingte, d. h. der durch den Geburtenrückgang<br />
verursachte Bevölkerungsrückgang <strong>und</strong> Prozesse der Suburbanisierung.
98 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
BÜRKNER (2001, 54) hebt die mulitkausale Verursachung hervor, indem er <strong>Schrumpfung</strong><br />
als einen zirkulär-kumulativen Prozess beschreibt, in dessen Verlauf sich Bevölkerungsverluste<br />
<strong>und</strong> ökonomische Krise gegenseitig verstärken:<br />
„Arbeitsplatzverluste <strong>und</strong> die Abwanderung von Fachkräften ziehen die Ausdünnung<br />
regionaler Qualifikationsbasen nach sich; durch Abwanderung <strong>und</strong><br />
Suburbanisierung anwachsende Wohnungsleerstände haben zunehmend<br />
räumlich-soziale Segregationen zur Folge; der Ab- <strong>und</strong> Rückbau sozialer <strong>und</strong><br />
technischer Infrastruktur geht häufig mit zusätzlichen regionalen Arbeitsplatzverlusten<br />
einher; wachsender Image- <strong>und</strong> Attraktivitätsverlust der Stadt sorgen<br />
<strong>für</strong> ausbleibende Investitionen <strong>und</strong> fortgesetzten ökonomischen Niedergang.“<br />
(BÜRKNER 2001, 54)<br />
Das BBR definiert <strong>Schrumpfung</strong> als einen multidimensionalen, systemischen Prozess,<br />
gekennzeichnet durch Arbeitsplatzrückgang, Bevölkerungsabnahme, Wanderungsverluste,<br />
hohe Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> geringe Wirtschafts- <strong>und</strong> Kaufkraft (GATZ-<br />
WEILER et al. 2006, 5). Als ausschlaggebend <strong>für</strong> die künftige Entwicklungsrichtung<br />
von <strong>Schrumpfung</strong> einerseits <strong>und</strong> Wachstum andererseits werden der wirtschaftliche<br />
Wandel <strong>und</strong> die Arbeitsplatzdynamik angesehen (GATZWEILER et al. 2006, 7).<br />
Diesen multidimensionalen Definitionen des <strong>Schrumpfung</strong>sbegriffs ist gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
zuzustimmen, allerdings ist <strong>für</strong> die Beschäftigung mit der <strong>Dichte</strong>entwicklung in<br />
schrumpfenden Städten vor allem der andauernde Bevölkerungsrückgang von Interesse,<br />
als Folge der demographischen Entwicklung mit einem Sterbefallüberschuss<br />
einerseits sowie der ökonomisch motivierten Binnenwanderung andererseits.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird <strong>Schrumpfung</strong> als ein Prozess verstanden, der – verursacht<br />
durch einen Rückgang von Bevölkerung – zu einer reduzierten <strong>Dichte</strong> gesellschaftlicher<br />
Aktivitäten führt <strong>und</strong> damit die Funktionsfähigkeit von Stadtstrukturen<br />
gefährdet (REUTHER 2002, 13). Häufig ist dieser Prozess verb<strong>und</strong>en mit einer weiteren<br />
flächenhaften Ausdehnung von Städten <strong>und</strong> einem deutlichen Überangebot an<br />
Flächen <strong>und</strong> Räumen in den Zentren der Städte (vgl. HANNEMANN 2000, 101ff.;<br />
REUTHER 2002, 14).<br />
Mit diesem, vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Analyse der <strong>Dichte</strong>entwicklung gesetzten Fokus<br />
auf den Bevölkerungsrückgang, d. h. die demographische <strong>Schrumpfung</strong> (MÜL-<br />
LER 2004, 5ff.), besteht ein starker Bezug zu Teilaspekten des demographischen<br />
Wandels. Im Kontext des demographischen Wandels werden darüber hinaus die<br />
Alterung der Bevölkerung <strong>und</strong> die Pluralisierung der Lebensstile behandelt (BER-<br />
TELSMANN STIFTUNG 2006, 8f.).<br />
4.1.2 Tendenzen der Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland<br />
Seit den 1990er Jahren vollzieht sich in Ostdeutschland <strong>und</strong> damit auch in den ostdeutschen<br />
Städten ein Bevölkerungsverlust, <strong>für</strong> den eine weitere Fortsetzung in die<br />
Zukunft prognostiziert wird. Im Folgenden werden sowohl Tendenzen der bisherigen<br />
als auch der künftigen Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland <strong>und</strong> in ostdeutschen<br />
Städten betrachtet.<br />
Bisherige Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland<br />
Seit 1990 ist der Anteil der Bevölkerung in den Neuen B<strong>und</strong>esländern an der deutschen<br />
Bevölkerung kontinuierlich rückläufig. Bedingt wird diese rückläufige Entwicklung<br />
einerseits durch natürliche Bevölkerungsverluste (hohe Sterbefallüberschüsse
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 99<br />
gegenüber der Zahl der Geburten) <strong>und</strong> andererseits durch Wanderungsverluste im<br />
Rahmen der Binnenwanderung.<br />
Abbildung 25 stellt die Bevölkerungsentwicklung in den Neuen B<strong>und</strong>esländern ohne<br />
Berlin von 1992 bis 2005 auf Landesebene dar. Aufgr<strong>und</strong> der Geburtenrückgänge<br />
nach der Wende ergab sich zu Beginn der 1990er Jahre ein deutlicher Sterbefallüberschuss,<br />
der wesentlich <strong>für</strong> den Bevölkerungsrückgang war. Neben diesem natürlichen<br />
Bevölkerungsverlust verloren die Neuen Länder Bevölkerung durch Binnenwanderung,<br />
die jedoch in den Jahren 1993 bis 1997 durch Außenwanderungsgewinne<br />
überkompensiert wurden. Damit ergab sich <strong>für</strong> diese Zeitspanne in der<br />
Gesamtbilanz der Wanderungen ein Wanderungsgewinn. Zunehmende Binnenwanderungsverluste<br />
<strong>und</strong> abnehmende Außenwanderungsgewinne führten ab 1998 wieder<br />
zu einer negativen Wanderungsbilanz, die seitdem einen zunehmenden Anteil<br />
an den Bevölkerungsrückgängen hat (vgl. auch GRÜNHEID 2006, 9f.). Dabei liegt die<br />
Problematik der Binnenwanderungsverluste mehr in ihrer Selektivität als in ihrer<br />
Größenordnung. So gehen den Neuen Ländern in hohem Umfang potenzielle Mütter<br />
<strong>und</strong> Väter verloren, so dass sich die negative Bevölkerungsentwicklung auch in die<br />
Zukunft fortschreiben wird (GRÜNHEID 2006, 66). Ab 2003 überwiegen die negativen<br />
Salden der natürlichen Bevölkerungsbilanz erneut, wenn auch nur leicht, die Wanderungsverluste.<br />
Insgesamt haben die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,<br />
Sachsen-Anhalt <strong>und</strong> Thüringen seit 1991 1,16 Mio. Einwohner verloren, entsprechend<br />
etwa 8 % ihrer Bevölkerung.<br />
Abbildung 25: Bevölkerungsentwicklung in den Neuen B<strong>und</strong>esländern (ohne Berlin)<br />
(Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDESAMT 2007, Zugriff am 31.01.07)<br />
60.000<br />
40.000<br />
20.000<br />
0<br />
-20.000<br />
-40.000<br />
-60.000<br />
-80.000<br />
-100.000<br />
-120.000<br />
-140.000<br />
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005<br />
Natürliche Bevölkerungsbilanz Wanderungsbilanz Bevölkerungsbilanz gesamt<br />
Der in Abbildung 25 dargestellte Bevölkerungsverlust variiert in den einzelnen B<strong>und</strong>esländern,<br />
wie Abbildung 26 verdeutlicht, die die indexierte Bevölkerungsentwicklung<br />
nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug auf das Basisjahr 1996 aufzeigt. Mit Ausnahme<br />
von Brandenburg, das bis zum Jahr 2000 zunächst von Wanderungsgewinnen profitieren<br />
konnte, verzeichnen alle ostdeutschen Länder einen deutlichen Bevölkerungsverlust.<br />
Im Gegensatz dazu erreichen die westdeutschen B<strong>und</strong>esländer, mit
100 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Ausnahme der altindustrialisierten Länder Bremen <strong>und</strong> Saarland sowie dem ebenfalls<br />
von Wanderungsverlusten betroffenen Berlin, einen Zuwachs ihrer Einwohner.<br />
Abbildung 26: Bevölkerungsentwicklung nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug auf das Basisjahr<br />
1996 mit Index = 100 (Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDESAMT 2007,<br />
Zugriff am 10.02.07)<br />
Index Bevölkerungsentwicklung<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
Baden-Württemberg<br />
Bayern<br />
Berlin<br />
Brandenburg<br />
Bremen<br />
Hamburg<br />
Hessen<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Niedersachsen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
2000 2004<br />
Auch auf der regionalen Ebene verlaufen differenzierte Prozesse des Bevölkerungsrückgangs.<br />
Während bis zur Mitte der 1990er Jahre eine dynamische Stadt-<br />
Umland-Wanderung dazu führte, dass der Bevölkerungsverlust der Kernstädte stärker<br />
ausfiel als derjenige in ländlich peripheren Räumen (SIEDENTOP et al. 2003,<br />
159), geht seit 1997 der Bevölkerungsverlust in den Kernstädten zurück, während<br />
zunehmend ländliche Räume sowie suburbane Kommunen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
erfasst werden (MÜLLER, SIEDENTOP 2004, 21). Ab 2000 gibt es im Osten<br />
nur noch wenige Wachstumsinseln wie Berlin, Dresden, Leipzig <strong>und</strong> die Thüringer<br />
Städtereihe. Zunehmend stimmt die in den 1990er Jahren vorzufindende Polarität<br />
<strong>Schrumpfung</strong> im Osten <strong>und</strong> Wachstum im Westen nicht mehr:<br />
„Wachstum <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> rücken räumlich immer enger zusammen, zwischen<br />
Regionen, innerhalb von Regionen <strong>und</strong> auch innerhalb der Städte.“<br />
(MÜLLER, SIEDENTOP 2004, 18)<br />
Im Zuge der zunehmenden Polarisierung der Raumentwicklung prägen sich die Bevölkerungsverluste<br />
auf städtischer <strong>und</strong> teilstädtischer Ebene zum Teil sehr viel<br />
stärker aus als auf der Landesebene, wie Exkurs 3 am Beispiel der Bevölkerungsentwicklung<br />
in Zwickau zeigt.<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Saarland<br />
Sachsen<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Schleswig-Holstein<br />
Thüringen
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 101<br />
Exkurs 3: Bevölkerungsentwicklung in Zwickau<br />
Die Stadt Zwickau hat im Zeitraum von 1989 bis 2002 ca. 15 % ihrer Einwohner verloren, die<br />
Zahl reduzierte sich von knapp 119.000 in 1989 auf knapp 101.000 im Jahr 2002. Für die<br />
Zukunft wird mit einer weiteren Fortsetzung des Bevölkerungsverlusts gerechnet. Anhand<br />
der 3. Regionalisierten Bevölkerungsprognose bis 2020 des Landes Sachsen <strong>für</strong> die Landkreise<br />
<strong>und</strong> kreisfreien Städte sowie anhand kommunaler Daten hat die Stadtverwaltung Zwickau<br />
eine Bevölkerungsprognose bis 2020 veröffentlicht. Demnach wird der Bevölkerungsverlust<br />
<strong>für</strong> den Zeitraum von 1989 bis 2020 insgesamt knapp 30 % betragen.<br />
Abbildung 27: Bevölkerungsentwicklung in Zwickau<br />
(Eigene Darstellung nach OBERBÜRGERMEISTERAMT DER STADT ZWICKAU 2007)<br />
Einwohner<br />
140.000<br />
120.000<br />
100.000<br />
80.000<br />
60.000<br />
40.000<br />
20.000<br />
0<br />
1989<br />
1991<br />
1993<br />
1995<br />
1997<br />
1999<br />
2001<br />
2003<br />
2005<br />
2007<br />
2009<br />
2011<br />
2013<br />
2015<br />
Einwohner Kumulierter Bevölkerungsverlust<br />
Noch stärker sind die Bevölkerungsverluste auf der teilstädtischen Ebene. So ist die Einwohnerzahl<br />
im vom Rückbau betroffenen Stadtteil Neuplanitz von 1993 bis 2005 um etwa<br />
45 % zurückgegangen. In den Plattenbausiedlungen Eckersbach E5I <strong>und</strong> E5II wurde durch<br />
gezielten Leerzug <strong>und</strong> Rückbau die Einwohnerzahl sogar um knapp 70 % reduziert (eigene<br />
Berechnung nach Angaben von ZEV 2006).<br />
Annahmen zur zukünftigen Bevölkerungsentwicklung in Ostdeutschland<br />
Zwar wird davon ausgegangen, dass sich die <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse im Osten<br />
Deutschlands verlangsamen, jedoch wird es hier weiterhin zu hohen Bevölkerungsverlusten<br />
kommen. Die 10. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen<br />
B<strong>und</strong>esamts geht <strong>für</strong> den Zeitraum zwischen 2001 <strong>und</strong> 2020 davon aus,<br />
dass den ostdeutschen Ländern (ohne Berlin) weitere 1,5 bis 2,0 Mio. Einwohner<br />
verloren gehen, dies entspricht einem anteiligen Rückgang von 11 % bis 14 %. Für<br />
die Zeitspanne von 2001 bis 2050 wird je nach Wanderungsannahmen von einem<br />
anteiligen Bevölkerungsverlust zwischen 35,3 % <strong>und</strong> 23,2 % ausgegangen (BANSE,<br />
EFFENBERGER 2006, 18). Das BBR geht in seiner Raumordnungsprognose <strong>für</strong> die<br />
Neuen Länder (inkl. Berlin) <strong>für</strong> den Zeitraum von 2003 bis zum Jahr 2020 von einem<br />
weiteren Bevölkerungsverlust von 1,3 Mio. Menschen aus (BUCHER et al. 2006, 21).<br />
Wesentliche Ursache dieses weiteren Bevölkerungsverlusts wird die geringe Zahl<br />
der Geburten sein. Der Geburtenrückgang wird sich nach 2020 noch beschleunigen,<br />
wenn die Generation der potenziellen Eltern durch die geburtenschwachen Jahrgänge<br />
der Nachwendezeit gestellt wird (BUCHER et al. 2006, 21).<br />
2017<br />
2019<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Kumulierter Bevölkerungsverlust in %
102 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Während somit <strong>für</strong> die Neuen Länder insgesamt der <strong>Schrumpfung</strong>sprozess bestimmend<br />
bleibt, kann in den suburbanen Räumen größerer Städte wie Berlin, Leipzig,<br />
Dresden, Halle <strong>und</strong> Rostock mit einem Bevölkerungswachstum gerechnet werden.<br />
In den alten Ländern wird bis 2020 noch von Bevölkerungsgewinnen von ca. 0,9<br />
Mio. Einwohnern ausgegangen, allerdings bei einer sich weiter fortsetzenden Spaltung<br />
in wachsende <strong>und</strong> schrumpfende Regionen (BUCHER et al. 2006, 20ff.).<br />
4.1.3 Tendenzen der Siedlungsflächenentwicklung in Ostdeutschland<br />
Gerade die Neuen Länder sind in jüngerer Zeit durch einen erheblichen Zuwachs<br />
der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen gekennzeichnet (DOSCH, BECKMANN 2003, 86).<br />
Abbildung 28 zeigt die Entwicklung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche nach B<strong>und</strong>esländern<br />
in Bezug auf das Basisjahr 1996, das mit 100 indexiert wurde. Mit Ausnahme<br />
von Thüringen liegt der Flächenzuwachs in den Neuen Ländern mit Werten<br />
zwischen 10 <strong>und</strong> 18 % weitestgehend über dem in den Alten Ländern.<br />
Abbildung 28: Entwicklung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche nach B<strong>und</strong>esländern in<br />
Bezug auf das Basisjahr 1996 mit Index = 100 (Eigene Darstellung nach Statistisches<br />
B<strong>und</strong>esamt 2007, Zugriff am 10.02.07)<br />
Index Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche__<br />
120<br />
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
Baden-Württemberg<br />
Bayern<br />
Berlin<br />
Brandenburg<br />
Bremen<br />
Hamburg<br />
Hessen<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Niedersachsen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
2000 2004<br />
Die regional stärkere Differenzierung des Flächenzuwachses wird in Abbildung 29<br />
deutlich. So streut der prozentuale Flächenzuwachs zwischen 1996 <strong>und</strong> 2000 in den<br />
sächsischen Kreisstädten zwischen 7 % in Plauen <strong>und</strong> 17 % in Görlitz.<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Saarland<br />
Sachsen<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Schleswig-Holstein<br />
Thüringen
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 103<br />
Abbildung 29: Prozentuale Veränderung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche von 1996<br />
bis 2000 in den kreisfreien Städten Sachsens (Gebietsstand 2000, eigene Darstellung<br />
nach Daten des statistischen Landesamts Sachsen)<br />
Veränderung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche in %_<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Chemnitz Dresden Görlitz Hoyerswerda Leipzig Plauen Zwickau<br />
4.1.4 <strong>Dichte</strong>rückgänge in Ostdeutschland<br />
Entsprechend den bisherigen Darstellungen zu den Rückgängen der Bevölkerung<br />
sowie zur Ausweitung der Siedlungsfläche vollzieht sich in Ostdeutschland seit 1989<br />
ein Rückgang der Siedlungsdichten. Im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen entkoppeln<br />
sich die Einwohner- von den Bebauungsdichten.<br />
Rückgang der Siedlungsdichten<br />
Die dargestellte Parallelität von Bevölkerungsrückgängen einerseits <strong>und</strong> fortlaufender<br />
Ausweitung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche andererseits führt zu einer massiven<br />
Entdichtung der ostdeutschen Siedlungsstrukturen. Abbildung 30 illustriert die<br />
Rückgänge der Siedlungsdichte in Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche<br />
von 1996 (Index = 100) bis 2004. Die <strong>Dichte</strong> hat sich in allen B<strong>und</strong>esländern verringert,<br />
in den Neuen jedoch stärker als in den Alten B<strong>und</strong>esländern. Spitzenreiter der<br />
Entdichtung ist Sachsen-Anhalt mit einem Rückgang der Siedlungsdichte von über<br />
20 %. Doch auch in Brandenburg, dem Land mit dem geringsten Rückgang der<br />
Siedlungsdichten in den Neuen B<strong>und</strong>esländern, verringert diese sich um knapp<br />
10 % im Zeitraum von 1996 bis 2004.<br />
Ebenso wie die Bevölkerungsrückgänge <strong>und</strong> die Zuwächse der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen<br />
zeigt auch die Entwicklung der Siedlungsdichten eine starke räumliche<br />
Streuung. Abbildung 31 <strong>und</strong> Tabelle 17 stellen die prozentuale Veränderung der<br />
Siedlungsdichten von 1996 bis 2000 am Beispiel der sächsischen kreisfreien Städte<br />
dar. Besonders stark sind die <strong>Dichte</strong>rückgänge dort, wo überdurchschnittliche Bevölkerungsrückgänge<br />
mit einer überdurchschnittlichen Ausweitung der Siedlungs-<br />
<strong>und</strong> Verkehrsflächen zusammentreffen. So hat sich in Görlitz die Siedlungsdichte<br />
um etwa 21 % verringert, in Folge einer Ausweitung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen<br />
um 17 % <strong>und</strong> eines Bevölkerungsrückgangs um 7 %. In Hoyerswerda ergibt<br />
sich der Rückgang der Siedlungsdichte um 22 % aus einem Bevölkerungsrückgang<br />
um 14 % <strong>und</strong> einer Zunahme der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche um 11 % (siehe<br />
auch Tabelle 17).
104 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 30: Entwicklung der Siedlungsdichte nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug auf das<br />
Basisjahr 1996 mit Index = 100 (Eigene Darstellung nach Daten von Statistisches<br />
B<strong>und</strong>esamt 2007, Zugriff am 06.02.07)<br />
Index Siedlungsdichte<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
80<br />
75<br />
Baden-Württemberg<br />
Bayern<br />
Berlin<br />
Brandenburg<br />
Bremen<br />
Hamburg<br />
Hessen<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Niedersachsen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
2000 2004<br />
Abbildung 31: Prozentuale Veränderung der Siedlungsdichte von 1996 bis 2000 in den<br />
kreisfreien Städten Sachsens (Gebietsstand 2000; Eigene Darstellung nach Daten des<br />
statistischen Landesamts Sachsen)<br />
Veränderung der Siedlungsdichte in %<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
-20<br />
-25<br />
Chemnitz Dresden Görlitz Hoyerswerda Leipzig Plauen Zwickau<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Saarland<br />
Sachsen<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Schleswig-Holstein<br />
Thüringen
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 105<br />
Tabelle 17: Veränderungen von Einwohnerzahlen, Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen<br />
sowie Siedlungsdichten von 1996 bis 2000 in den kreisfreien Städten Sachsens<br />
(Gebietsstand 2000; Eigene Berechnungen nach Daten des statistischen Landesamts<br />
Sachsen)<br />
Stadt<br />
Veränderung der<br />
Einwohnerzahl in %<br />
Veränderung der Siedlungs-<br />
<strong>und</strong> Verkehrsfläche in %<br />
Veränderung der<br />
Siedlungsdichte in %<br />
Chemnitz -8,0 8,4 -15,1<br />
Dresden -2,4 7,5 -9,2<br />
Görlitz -7,3 16,8 -20,7<br />
Hoyerswerda -13,7 10,8 -22,2<br />
Leipzig -3,3 9,6 -11,7<br />
Plauen -1,7 7,3 -8,4<br />
Zwickau -5,6 11,5 -15,3<br />
Auch auf kommunaler Ebene sind Bevölkerungsrückgänge einerseits <strong>und</strong> eine<br />
Ausweitung der Siedlungsfläche andererseits Gründe <strong>für</strong> den Rückgang der Siedlungsdichte.<br />
Während sich die Einwohnerzahl in der Stadt Leipzig von 1985 bis<br />
2001 um 21 % verringerte, nahm die Wohndichte (in Einwohner je ha Bruttowohnbauland)<br />
im gleichen Zeitraum wesentlich stärker ab <strong>und</strong> zwar um 50 % (s.<br />
Abbildung 32) (BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE 2004a, 86). Im Zeitraum von 1996 bis<br />
2000 erhöhte sich die Siedlungsflächeninanspruchnahme von 229 m² auf 259 m² je<br />
Einwohner <strong>und</strong> damit um 13 %. 23<br />
Abbildung 32: Entwicklung von Einwohnerzahl <strong>und</strong> Einwohnerdichte in Leipzig<br />
(eigene Darstellung nach BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE 2004a, 86)<br />
Einwohner<br />
600.000<br />
500.000<br />
400.000<br />
300.000<br />
200.000<br />
100.000<br />
0<br />
148<br />
Einwohner Einwohner je ha<br />
553.660<br />
438.000<br />
76<br />
1985 2001<br />
Entkoppelung von Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />
Im Zuge der Parallelität von Bevölkerungsrückgängen <strong>und</strong> Ausweitungen der Siedlungsflächen<br />
entkoppeln sich die Einwohnerdichten zunehmend von den Bebauungsdichten.<br />
In ostdeutschen Städten führen die Bevölkerungsrückgänge zu Leer-<br />
23 Dieser Wert wurde berechnet aufgr<strong>und</strong> von Daten des Statistischen Landesamts Sachsen<br />
nach dem Gebietsstand von 2000. Über vorangegangene Entwicklungen kann auf<br />
dieser Gr<strong>und</strong>lage keine Aussage getroffen werden, da die erste gesamtdeutsche Flächenerhebung<br />
nach Art der tatsächlichen Nutzung erst 1996 erfolgte.<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Einwohner je ha
106 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
ständen, die einen Rückgang der Einwohnerdichten bei zunächst (solange kein Abriss<br />
erfolgt) gleichbleibenden Bebauungsdichten verursachen. SCHILLER, SIEDENTOP<br />
(2005, 87) haben anhand eigener Berechnungen auf Basis empirischer Erhebungen<br />
in der Region Havelland-Fläming eine Entkoppelung von Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />
in Folge von Wohnungsleerständen nachgewiesen. So werden bei<br />
Leerständen von 50 %, die bereits in einigen Quartieren schrumpfender Städten<br />
vorgef<strong>und</strong>en werden, im Geschosswohnungsbau solche Einwohnerdichten erreicht,<br />
die sonst nur im Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbau vorliegen.<br />
Abbildung 33: Zusammenhang zwischen baulicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Einwohnerdichte bei<br />
verschiedenen Leerstandsszenarien (SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 87)<br />
Einwohnerdichte<br />
360<br />
320<br />
280<br />
240<br />
200<br />
160<br />
120<br />
80<br />
40<br />
0<br />
Ein-Zweifamilienhausbebauung (EFH) Mehrfamilienhausbebauung (MFH)<br />
0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2<br />
Geschossflächendichte<br />
Einwohnerdichte bei Vollbelegung<br />
Einwohnerdichte bei Leerstand der neuen B<strong>und</strong>esländer, 2000 (MFH ca. 12-25%, EFH 7-15%)<br />
Einwohnerdichte bei Extrem-Leerstandszenario (MFH 50%; EFH 20%)<br />
Erst durch einen – oftmals zeitlich verzögerten – Rückbau können Einwohner- <strong>und</strong><br />
Bebauungsdichten wieder in Einklang gebracht werden, allerdings auf einem insgesamt<br />
deutlich geringeren <strong>Dichte</strong>niveau. Damit ist die Kennziffer der Einwohnerdichte<br />
gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen bedeutsam. Sie erlaubt<br />
es, Aussagen zur Auslastung von Beständen <strong>und</strong> Quartieren zu treffen. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> ist zu prüfen, inwiefern die Einwohnerdichte als planerischer Maßstab<br />
<strong>und</strong> Zielgröße eingesetzt werden kann, wenn die bauliche <strong>Dichte</strong> aufgr<strong>und</strong> des<br />
Leerstands an Aussagekraft verliert (BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE 2004b, 61, 72).<br />
4.2 <strong>Dichte</strong>vorstellungen <strong>für</strong> schrumpfende Städte<br />
Die in Kapitel 3 ausführlich diskutierten städtebaulichen Leitbilder <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>ziele<br />
haben gemeinsam, dass sie sich auf Stadtentwicklung vorrangig unter Wachstumsbedingungen<br />
beziehen. Auch wenn bereits in den 1980er Jahren in Westdeutschland<br />
Zeichen einer stagnierenden Bevölkerungsentwicklung erkannt wurden (WIN-<br />
KEL 1989, 329ff.), ging man doch weitestgehend von einem weiteren Nutzungs- <strong>und</strong><br />
damit auch Flächenzuwachs aus, den es in geeigneter <strong>Dichte</strong> raumverträglich zu<br />
verorten galt. Gegenwärtig stehen Städte, vor allem in Ostdeutschland, allerdings<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen gegenüber. Zahlreiche ostdeutsche Städte sind derzeit<br />
gekennzeichnet durch die physische Reduktion von Bausubstanz „ohne Aussicht<br />
auf eine erneute bauliche Inanspruchnahme der betroffenen Flächen in vergleichbarer<br />
<strong>Dichte</strong>“ (REUTHER 2003, 575).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 107<br />
Angesichts der Unsicherheit über die künftige Entwicklung von Siedlungsstrukturen<br />
unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen fehlen bisher klare räumliche Leitbilder sowie<br />
Zielvorstellungen angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten (REUTHER<br />
2002, 12ff.). Die unter Wachstumsbedingungen formulierten <strong>Dichte</strong>vorstellungen<br />
<strong>und</strong> räumlichen Leitbilder mit ihrer Fokussierung auf die Verteilung weiterer Nutzungsansprüche<br />
im Raum eignen sich hierzu nur begrenzt. Zentrale Aufgabe von<br />
räumlichen Leitbildern <strong>für</strong> schrumpfende Städte ist es hingegen, Potenziale von<br />
rückläufigen Bevölkerungen <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen hervorzuheben sowie<br />
<strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> noch vorhandenes Wachstum gleichermaßen raumverträglich zu<br />
verteilen (FUHRICH 2003, 592, 2004, 90; OSWALT et al. o.J., 9).<br />
Die Bewältigung dieses Paradigmenwechsels von der wachsenden Stadt zur Stadt<br />
dauerhaft abnehmender <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Nutzungsintensität betrifft alle Bereiche der<br />
Stadtplanung. Er beginnt bei der Suche nach einer geeigneten Kommunikation des<br />
Problems z. B. mit Begriffen wie „Weniger ist mehr“, „Stadtlandschaft“ oder „Slim<br />
City“. Weiterhin sind bestehende Routinen des Denkens <strong>und</strong> Handels, baurechtliche<br />
Rahmenbedingungen, Instrumente <strong>und</strong> Methoden der Planung <strong>und</strong> nicht zuletzt das<br />
Selbstverständnis <strong>und</strong> die Rolle der Planenden zu hinterfragen. Neben diesen planerischen<br />
Aspekten sind weitere Rahmenbedingungen zu berücksichtigen wie die<br />
gesellschaftliche, politische <strong>und</strong> individuelle Akzeptanz der Probleme (FUHRICH<br />
2003, 598f.; OSWALT et al. o.J., 17; REUTHER 2003, 575).<br />
Dabei ist vor allem die Frage nach tragfähigen <strong>und</strong> angemessenen <strong>Dichte</strong>n von herausragender<br />
Bedeutung:<br />
„Schrumpfende Städte, eine kleiner werdende gesellschaftliche Verteilmasse im<br />
Raum, erfordert vor allem neue Interpretationen <strong>und</strong> Auseinandersetzungen mit<br />
dem Thema ‚Städtebauliche <strong>Dichte</strong>‘. Welche <strong>Dichte</strong> ist aus der Perspektive des<br />
kleinteiligen städtebaulichen Zusammenhangs notwendig/verträglich? Mehr Lebensqualität<br />
durch weniger <strong>Dichte</strong>?“ (GATZWEILER et al. 2003, 569f.)<br />
Es besteht die Aufgabe vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer immer kleinen werdenden Nachfrage<br />
nach Flächen Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen, indem die „zukünftige<br />
Rolle der verschiedenen Stadtlagen, Bereiche, Quartiere oder Wohnkomplexe“ definiert<br />
wird. „Dabei geht es um die Beobachtung, Einschätzung <strong>und</strong> räumliche Lenkung<br />
der städtebaulichen Entwicklung verschiedener Bestände <strong>und</strong> Nachfragen“,<br />
d. h. vor allem der „Wohnfunktion im Zusammenhang mit einem wirtschaftlich tragfähigen<br />
Betrieb der technischen <strong>und</strong> sozialen Infrastruktur“ (REUTHER 2002, 14).<br />
Bestandteil dieser Entwicklung wird ein Rückzug aus der Fläche <strong>und</strong> eine Rückwidmung<br />
nicht mehr benötigter Siedlungsflächen sein müssen (FUHRICH 2004, 90).<br />
In den bisher formulierten räumlichen Leitvorstellungen <strong>für</strong> schrumpfende Städte<br />
setzt sich die Polarität der Debatte der 1990er Jahre zwischen der Präferenz kompakter<br />
europäischer Städte versus disperser Siedlungsformen fort. In der Diskussion<br />
befinden sich verschiedene Leitbildansätze zur räumlichen Organisation der<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse:<br />
- Die Kontraktion auf einen verdichteten Kern (Kapitel 4.2.1),<br />
- die polyzentrale Konzentration der Fragmentierung (Kapitel 4.2.2),<br />
- die Perforation mit der Parallelität einer Aushöhlung der Stadtstruktur <strong>und</strong> einer<br />
Bewahrung verdichteter Kerne (Kapitel 4.2.3) sowie
108 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
- die Dispersion mit einer weitgehenden Ausdünnung der Siedlungsstrukturen<br />
(Kapitel 4.2.4).<br />
Diese Optionen der Entwicklung der <strong>Dichte</strong> in schrumpfenden Städten werden im<br />
Folgenden diskutiert, anhand von Exkursen beispielhaft illustriert <strong>und</strong> in Kapitel<br />
4.2.5 abschließend verglichen. Quantitative Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />
schrumpfenden Städten fehlen in diesen Leitbildansätzen bisher weitgehend. Mit<br />
der Erarbeitung solcher Zielwerte beschäftigen sich die Kapitel 5 bis 9.<br />
4.2.1 Kontraktion<br />
Entsprechend dem Leitbild der kompakten Stadt streben Zielvorstellungen der Kontraktion<br />
nach der Erhaltung eines tragfähigen städtischen Kerns, nach einem konsequenten<br />
Rückbau von außen nach innen <strong>und</strong> der Erhaltung hoher <strong>Dichte</strong> in einem<br />
innerstädtischen Zentrum <strong>und</strong> Versorgungsschwerpunkt. Darüber hinaus wird auf<br />
die Schaffung einer klaren Grenze zur Landschaft, nachhaltige Stadtstrukturen <strong>und</strong><br />
eine hohe Lebensqualität abgezielt. Beispiele <strong>für</strong> solche kontraktiven Zielvorstellungen<br />
sind das von FUHRICH (2003, 602f.) entworfene Szenario ‚Bad Schlankstadt’ (s.<br />
Exkurs 4) <strong>und</strong> das von LANG <strong>und</strong> TENZ (2003, 135) entworfene Konzept der ‚Lean<br />
City’ (s. Exkurs 5).<br />
Exkurs 4: Szenario Bad Schlankstadt<br />
In seinem Szenario von der Stadtverschlankung aus dem hässlichen Schrumpfhausen zum<br />
schönen Bad Schlankstadt zeigt FUHRICH (2003, 603) wie sich eine von Verfalls- <strong>und</strong><br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffene Stadt durch einen konsequenten Prozess der Stadtverschlankung<br />
zu einer kompakten Stadt mit hoher Lebensqualität entwickeln kann. Wesentliche<br />
Elemente dieses Prozesses sind der komplette Abriss einer von Bauschäden betroffenen<br />
Großwohnsiedlung, finanziert durch ein B<strong>und</strong>-Länderprogramm, sowie die Renaturierung<br />
der dadurch entstandenen Brachflächen. Durch ein Modellprojekt <strong>für</strong> differenzierte Recyclingverfahren<br />
erfährt das Bauhauptgewerbe einen Entwicklungsschub. Eine innerstädtische<br />
Brachfläche wird <strong>für</strong> die Anlage eines großen Sees genutzt, mit positiven Effekten <strong>für</strong><br />
das Stadtklima. Im weiteren Verlaufe wird das Urstromtal zurückgewonnen <strong>und</strong> die Stadtkante<br />
wieder zu einem klaren Übergang in die Landschaft ausgebildet. Die Stadt tritt der<br />
europäischen Bewegung zur „Slow City“ bei <strong>und</strong> Langsamkeit wird als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> nachhaltige<br />
Stadtentwicklung betont mit positiven Imageeffekten. Die Stadt übernimmt eine Vorreiterrolle<br />
im Aufgabenfeld der Stadtverschlankung, das von der Städtebauförderung anerkannt<br />
wird. Die Stadt entwickelt sich zu einer Ges<strong>und</strong>heitsstadt mit einem Schwerpunkt der<br />
gerontologischen Forschung <strong>und</strong> einer privaten Fachhochschule <strong>für</strong> Heilberufe. Weiterhin<br />
übernimmt sie Funktionen als Feriendomizil <strong>und</strong> Alterswohnsitz (FUHRICH 2003, 602).<br />
Exkurs 5: Lean City<br />
Die Lean City steht <strong>für</strong> eine Planungsphilosophie, die auf eine konsequente Nutzung der<br />
besonderen Entwicklungspotenziale unter Transformations- <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />
ausgerichtet ist. Wesentliche Voraussetzung ist die Erkenntnis, dass <strong>Schrumpfung</strong> kein vorübergehender,<br />
sondern ein dauerhafter Prozess ist, jedoch trotz aller mit ihm verb<strong>und</strong>enen<br />
Probleme vielfältige Möglichkeiten <strong>für</strong> eine qualitative, bestandsorientierte Stadtentwicklung<br />
bietet. Bei der Lean City handelt es sich nicht um ein klares räumliches Leitbild oder einen<br />
Maßnahmenkatalog, sondern vielmehr um eine gr<strong>und</strong>sätzliche Philosophie <strong>für</strong> die Planung<br />
unter <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Transformationsbedingungen. Wesentliche Bestandteile dieser<br />
Philosophie sind die Offenheit gegenüber <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen <strong>und</strong> ein aus deren Potenzialen<br />
resultierender positiver Zukunftsentwurf, integrative anstelle sektoraler Sichtweisen<br />
sowie eine kooperative Stadtentwicklung (LANG, TENZ 2003, 190).<br />
Dennoch beinhaltet die Idee der Lean City auch einige gr<strong>und</strong>sätzliche Aussagen zur Stadtstruktur,<br />
die im Wesentlichen mit den Leitideen der kompakten Stadt übereinstimmen, wenn<br />
auch einige Aussagen auf polyzentrale <strong>und</strong> damit fragmentierte Siedlungsstrukturen hinweisen,<br />
die im folgenden Kapitel 4.2.2 näher erläutert werden:
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 109<br />
Durch eine konsequente Innen- vor Außenentwicklung soll die Auflösung historisch gewachsener<br />
Stadtstrukturen vermieden werden. Angestrebt wird eine qualitative <strong>und</strong> nachfragegerechte<br />
Entwicklung des Bestands zur Ermöglichung alternativer Lebens-, Arbeits- <strong>und</strong> Bildungsmöglichkeiten.<br />
Dies beinhaltet auch die Verwirklichung freiraumbezogener, eigentumsfähiger<br />
Wohnformen innerhalb der Stadt. Nachfrageorientierter Neubau soll nur dann erfolgen,<br />
wenn keine Befriedigung der Nutzungsansprüche im Bestand möglich ist (LANG, TENZ<br />
2003, 142).<br />
Die Innenstadt soll das Zentrum der Stadt darstellen <strong>und</strong> gegenüber Zentren auf der grünen<br />
Wiese gestärkt werden. Abgestimmte Zentrenkonzepte dienen zur Sicherung von Versorgungsstandards<br />
sowie zur Erhaltung <strong>und</strong> Weiterentwicklung des Bestands. Für die Versorgung<br />
außerhalb der Innenstadt bestehen die Möglichkeiten der Herausbildung attraktiver<br />
Stadtteilzentren einerseits oder der Suche nach alternativen Versorgungsstrategien andererseits<br />
(LANG, TENZ 2003, 143).<br />
Wesentliches Merkmal der Lean City ist die Bestrebung zur Konzentration von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
<strong>und</strong> damit auch von Abrissmaßnahmen, da die negativen <strong>Schrumpfung</strong>sfolgen<br />
bei einer konzentrierten anstelle einer dispersen <strong>Schrumpfung</strong> als geringer angesehen<br />
werden (LANG, TENZ 2003, 164). Eine besondere Bedeutung erhält diese Konzentration der<br />
<strong>Schrumpfung</strong> bei der Minimierung der Aufwendungen <strong>für</strong> die Anpassung der technischen<br />
<strong>und</strong> sozialen Infrastruktur (LANG, TENZ 2003, 144).<br />
4.2.2 Fragmentierung<br />
Während die Zielvorstellung der Kontraktion das konsequente Reduzieren des<br />
Stadtkörpers auf einen tragfähigen Kern anstrebt, richtet sich die Fragmentierung<br />
zwar einerseits auf die Stärkung des innerstädtischen Zentrums, andererseits sind<br />
auch die teilstädtischen Subzentren in ihrer Funktionsfähigkeit zu erhalten. Daraus<br />
ergibt sich ein Stadtkörper bestehend aus tragfähigen Siedlungskernen, die –<br />
gleichsam Inseln oder Schollen – in einem durchgrünten Stadtgefüge liegen (FUH-<br />
RICH 2003, 601). Ein Beispiel einer solchen Zielvorstellung bietet das Schollenmodell<br />
Dessau, das in Exkurs 6 genauer beschrieben wird.<br />
Exkurs 6: Schollenmodell Dessau<br />
Das Schollenmodell Dessau zielt darauf ab, sowohl die Innenstadt als auch die teilstädtischen<br />
Subzentren in Funktion, Struktur <strong>und</strong> Gestalt zu stärken <strong>und</strong> aufzuwerten. Diese kompakten<br />
Strukturen sind in einer aufgelockerten Stadtlandschaft angesiedelt, in der das Gartenreich<br />
stärker in die Stadt eindringt. Wesentliche städtebauliche Prinzipien sind dabei Innen-<br />
vor Außenentwicklung <strong>und</strong> eine Stadtgliederung in Schollen. Die <strong>Schrumpfung</strong> der<br />
Wohnbereiche sollte von außen nach innen vollzogen werden. Verdichtete Bebauung ist<br />
allerdings einer Auflockerung zu unterziehen. Weiterhin wird eine starke Orientierung an der<br />
Landschaft angestrebt, durch Schaffung von Grünvernetzungen werden nicht mehr <strong>für</strong> Siedlungszwecke<br />
benötigte Flächen an die Landschaft zurückgegeben (STADT DESSAU et al.<br />
2003).<br />
4.2.3 Perforation<br />
Ähnlich der Zwischenstadt (SIEVERTS 1997b; siehe auch Kapitel 3.5.2) handelt es<br />
sich bei der perforierten Stadt zunächst um eine Zustandsbeschreibung. Im Rahmen<br />
der Diskussion der perforierten Stadt wurden jedoch auch einige Zielvorstellungen<br />
zum Umgang mit der schrumpfenden Stadt entwickelt.<br />
Als Zustandsbeschreibung steht die Perforation <strong>für</strong> einen Prozess der ungesteuerten<br />
<strong>und</strong> ungleichmäßigen Entdichtung von Stadtstrukturen bei Bevölkerungs- <strong>und</strong><br />
Nachfragerückgängen. Im Fortgang einer nicht mehr steuerbaren städtebaulichen<br />
Sukzession (REUTHER 2003, 581) entstehen Städte, deren ursprünglicher baulichräumlicher<br />
Nutzungszusammenhang ‚durchlöchert’ wird (DOEHLER 2003a, 6). Eine<br />
immer dünner werdende Nutzungsdecke steht einer immer größer werdenden bauli-
110 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
chen Hülle oder Fläche gegenüber, insbesondere wenn an den Stadträndern weiter<br />
neue Baugebiete entstehen (DOEHLER 2003b, 310). Die perforierte Stadt ist dadurch<br />
gekennzeichnet, dass Wachstum <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> häufig kleinteilig nebeneinander<br />
erfolgen. Es entsteht eine unmittelbare Nähe von robusten <strong>und</strong> subsistenten Kernen<br />
<strong>und</strong> stagnierenden, brachfallenden Gebieten mit schlechten Entwicklungsaussichten<br />
(LÜTKE DALDRUP 2003, 2).<br />
Exkurs 7: Handlungsoptionen <strong>für</strong> die perforierte Stadt am Beispiel von Leipzig<br />
Das Planungskonzept der „Perforierten Stadt“ hat seinen wesentlichen Ursprung in den Planungen<br />
der Stadt Leipzig, deren Vertreter gewissermaßen eine Vorreiterrolle in der frühzeitigen<br />
Auseinandersetzung mit <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen eingenommen haben (VOGLER 2003,<br />
96). Am Beispiel von Leipzig beschreibt LÜTKE DALDRUP (2001, 42) die Auflösung städtischer<br />
Blockstrukturen in ein „Stadtbild der hohlen Zähne“, die Entstehung eines durch Verdünnung<br />
der Nutzungen lockeren Stadtgewebes sowie das Einsickern patchworkartiger Peripheriestrukturen<br />
in die innere Stadt. Vor allem an den stadtbildprägenden Magistralen, die besonders<br />
durch Verkehrslärm belastet sind, entstehen Risse zwischen den konsolidierten Stadtschollen<br />
(LÜTKE DALDRUP 2001, 44).<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich wird auch in der perforierten Stadt Leipzig am Konzept einer nachhaltigen,<br />
kompakten, europäischen <strong>und</strong> sozial gemischten Stadt festgehalten. Ziel ist die Verbesserung<br />
der Konkurrenzfähigkeit innerstädtischer Quartiere durch eine Anreicherung ehemals<br />
dichter Quartiere mit ökologisch <strong>und</strong> sozial nutzbarem Freiraum. Allerdings gibt es innerhalb<br />
der Stadt Gebiete, die in ihrer gegenwärtigen baulichen Struktur nicht mehr zukunftsfähig<br />
sind <strong>und</strong> von der Stadt Leipzig als Umstrukturierungsgebiete bezeichnet werden. Für diese<br />
Bereiche gilt, dass eine Loslösung von herkömmlichen Leitbildvorstellungen erforderlich ist.<br />
„Die seit drei Jahrzehnten gepflegte städtebauliche Syntax von Baublock <strong>und</strong> behutsamer<br />
Ergänzung der tradierten Strukturen“ trägt in diesen städtischen Gebieten nicht mehr (LÜTKE<br />
DALDRUP 2001, 45).<br />
Während <strong>für</strong> Erhaltungsgebiete in Leipzig die Zielrichtung besteht, Blockstrukturen aktiv zu<br />
stützen <strong>und</strong> deren Innenbereiche zur Steigerung der Wohnqualität weitgehend zu begrünen,<br />
sollen in den Umstrukturierungsgebieten Strategien <strong>für</strong> einen differenzierten Einsatz von<br />
Umnutzung <strong>und</strong> Abriss entwickelt werden. Hier wird angestrebt erhaltbare Kerne zu stabilisieren,<br />
die von einem flexiblen <strong>und</strong> veränderbaren Stadtplasma umgeben sind. Leerstand<br />
<strong>und</strong> Rückzug sollen als Potenzial <strong>für</strong> neue kreative Nischen, Nutzungen <strong>und</strong> Freiräume aktiviert<br />
werden (LÜTKE DALDRUP 2001, 44).<br />
Für die Großsiedlungen gilt die Leitidee „Mehr Qualität durch weniger Häuser“, also eines<br />
Umbaus zu grünen Wohnsiedlungen am Stadtrand mit verringerter <strong>Dichte</strong> (LÜTKE DALDRUP<br />
2001, 44). Der Umbau der Platte wird aus zwei Komponenten bestehen der punktuellen<br />
Intervention in einzelnen Gebäuden <strong>und</strong> einer konzentrierten Umstrukturierung in den besonders<br />
hoch verdichteten Wohnkomplexen. Die Zielrichtung des Umbaus ist dabei von<br />
„außen nach innen“, um die „kompakte Stadt mit klaren Grenzen zur Landschaft zu festigen“<br />
(Lütke Daldrup 2001, 45).<br />
Mit diesen Ansätzen soll eine ungesteuerte Abwärtsspirale vermieden <strong>und</strong> zu einer hohen<br />
Lebensqualität in den verschiedenen Quartieren der schrumpfenden Stadt beigetragen werden<br />
(LÜTKE DALDRUP 2001, 45).<br />
Über eine Zustandsbeschreibung hinaus liefert der Begriff der perforierten Stadt<br />
auch einen „Ausblick“ (DOEHLER 2003a, 6): Als Entwicklungsimpuls sollte anerkannt<br />
werden, dass sich ein Großteil der in unseren Städten entstandenen Lücken nicht<br />
wieder füllen wird <strong>und</strong> es zu einer weiteren Auflösung des städtebaulichen <strong>und</strong> architektonischen<br />
Zusammenhangs kommen wird (DOEHLER 2003a, 6). In diesem<br />
Zusammenhang stellt LÜTKE DALDRUP (2001, 43) fest, dass angesichts der derzeitigen<br />
Rahmenbedingungen in ostdeutschen Städten „ein Loslösen von alten städtebaulichen<br />
Wachstums- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>vorstellungen unumgänglich ist.“ Die durch Abriss<br />
<strong>und</strong> Verfall entstehenden Brachen stellen nicht nur einen Missstand, sondern gleichermaßen<br />
eine Chance <strong>für</strong> die Steigerung der Lebensqualität in innerstädtische
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 111<br />
Strukturen dar, durch die Schaffung von Grün- <strong>und</strong> Freiräumen <strong>und</strong> die Integration<br />
neuer Wohn- <strong>und</strong> Eigentumsformen (LÜTKE DALDRUP 2001, 43ff.).<br />
4.2.4 Dispersion<br />
Als Zustandsbeschreibung stellt die Dispersion der Siedlungsentwicklung unter<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen eine Auflockerung <strong>und</strong> Ausweitung der Siedlungsstrukturen<br />
in doppelter Hinsicht dar:<br />
- erstens nehmen die Nutzungsintensitäten <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>n im Bebauungsbestand der<br />
Städte ab <strong>und</strong><br />
- zweitens dehnen sich die Städte durch die Neuansiedlung von Nutzungen geringer<br />
<strong>Dichte</strong> an den Siedlungsrändern gleichzeitig weiter flächenhaft aus.<br />
Leitvorstellungen einer dispersen Siedlungsentwicklung unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />
plädieren da<strong>für</strong>, anstelle einer planerischen Steuerung in Richtung einer<br />
Stabilisierung von Kernen höherer <strong>Dichte</strong> die Nutzungs- <strong>und</strong> Gestaltungspotenziale<br />
verringerter <strong>Dichte</strong>n auszuloten sowie auf deren aktive Inanspruchnahme hinzuwirken.<br />
Ein Beispiel eines solchen Leitbildansatzes bietet die Präriestadt von OSWALT<br />
et al. (o.J.), die im folgenden Exkurs 8 beschrieben wird.<br />
Exkurs 8: Präriestadt als Idee einer dispersen Siedlungsentwicklung in schrumpfenden<br />
Städten<br />
Ausgehend von der Entstehung einer neuen inneren Peripherie beschreiben Oswalt, Overmeyer<br />
<strong>und</strong> Schmidt die Präriestadt, als einen „Hybrid von extensivem Landschaftsraum (Prärie)<br />
<strong>und</strong> Stadt als kompakte Siedlungsform“ (OSWALT et al. o.J., 50). Diese Präriestadt ist<br />
gekennzeichnet durch eine kleinräumige Durchdringung verschiedener Bebauungs- <strong>und</strong><br />
Freiraumtypen, durch ein enges Nebeneinander von mehrgeschossigen Mietwohnhäusern,<br />
neuartigen Eigenheimen <strong>und</strong> agrarisch geprägten Freiräumen (OSWALT et al. o.J., 50). Durch<br />
diesen Kontrast zwischen intensiv <strong>und</strong> extensiv genutzten – oder auch dichten <strong>und</strong> entdichteten<br />
Siedlungsräumen – sollen spannungsreiche Räume entstehen, die mit ihrer Offenheit<br />
neue Nutzungen initiieren (OSWALT et al. o.J., 55).<br />
Die Gestaltungsphilosophie dieser Präriestadt ist das „Weniger ist mehr“ als Aufruf zu einer<br />
Reduktion auf das Wesentliche (OSWALT et al. o.J., 4). Ein Werkzeug des Stadtumbaus entsprechend<br />
der Präriestadt ist die „Extensivierung“, d. h. die Neubesetzung ehemals verdichteter<br />
innerstädtischer Räume mit Nutzungen geringer <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Intensität, z. B. durch agrarisch<br />
geprägte Freiräume, den Ersatz permanenter durch mobile <strong>und</strong> temporäre Infrastrukturen<br />
oder auch internetbasierte Dienste, temporäre Events sowie die flexible Vergabe leerstehenden<br />
Wohnraums an potenzielle Aneigner (OSWALT et al. o.J., 31f.). „Abreißen“ als<br />
Werkzeug soll <strong>für</strong> die Schaffung neuer Stadtstrukturen <strong>und</strong> neuer Wohntypen genutzt werden.<br />
„Umschichten“ zielt auf eine deutliche Verringerung der Nutzungsdichte z. B. durch<br />
Bauformen, die einen Hybrid zwischen Land- <strong>und</strong> Stadtleben darstellen (z. B. Hybride aus<br />
Einfamilienhaus <strong>und</strong> Scheune, oder Kleinsthäuser mit großer Gr<strong>und</strong>stücksfläche) (OSWALT<br />
et al. o.J., 41). Das „Einfrieren“ vorläufig nicht mehr benötigter Bausubstanz durch bautechnische<br />
Sicherung soll bei Objekten mit langfristigem Potenzial <strong>und</strong> hohem kulturellen Wert<br />
eine spätere Wiedernutzung ermöglichen. Werkzeuge wie „Binden“, das Mieter mit eigentumsähnlichen<br />
Rechten ausstattet oder „Stimulieren“, das eine Schaffung von Nischen <strong>für</strong><br />
spezifische Lebensstile initiieren soll, zielen darauf ab, neue Nutzungen, wenn auch deutlich<br />
geringerer <strong>Dichte</strong>, <strong>für</strong> schrumpfende Stadträume zu generieren (Oswalt et al. o.J., 44ff.).<br />
4.2.5 <strong>Dichte</strong>ziele der Leitbildansätze im Vergleich<br />
Die aufgezeigten Beispiele der in Diskussion befindlichen Leitbildansätze verdeutlichen,<br />
dass es bisher an konsistenten <strong>und</strong> ausgereiften städtebaulichen Leitbildern<br />
<strong>für</strong> schrumpfende Städte im Sinne der vor einem Wachstumshintergr<strong>und</strong> entwickelten<br />
städtebaulichen Leitbilder fehlt (s. Kapitel 3). Vielmehr handelt es sich bisher um<br />
theoretische Modelle, Planungsphilosophien oder kommunale Einzelbeispiele. Loka-
112 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
le, im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost entwickelte Leitbilder tragen zum<br />
Teil eher den Charakter von Wachstums- <strong>und</strong> Wettbewerbsstrategien (BMVBW<br />
2003, 22) als den eines eigentlich erforderlichen gesamtstädtischen Leitbilds zur<br />
Qualifizierung von Stadtstrukturen (BMVBS, BBR 2006, 68). Die Mehrzahl der am<br />
Stadtumbau Ost beteiligten Kommunen verfolgt Leitbilder der Kontraktion mit dem<br />
Ziel der Stärkung der Innenstädte. Allerdings bleibt bisher fraglich, ob dieses Ziel<br />
erfolgreich umgesetzt werden kann (BMVBS, BBR 2006, 43). So führt bisher auch<br />
die Mehrzahl der Kommunen eher einen dispersen oder punktuellen Rückbau durch<br />
(BMVBS, BBR 2006, 72).<br />
Die dargestellten Leitbildansätze zeigen eine große Bandbreite möglicher Entwicklungspfade<br />
der Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>verteilungen innerhalb schrumpfender<br />
Städte auf. Abbildung 34 stellt diese Vorstellungen zusammenfassend dar. <strong>Dichte</strong><br />
wird hier als Synthese einer hohen Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichte verstanden.<br />
- Die Kontraktion sieht ein steiles Abfallen der <strong>Dichte</strong> vom Zentrum zur Peripherie<br />
der Stadt vor, durch einen konsequenten Rückbau von außen nach innen <strong>und</strong><br />
damit die <strong>Schrumpfung</strong> auf einen tragfähigen Kern.<br />
- Die Fragmentierung sieht eine differenziertere <strong>Dichte</strong>entwicklung vor, entsprechend<br />
einer polyzentralen Siedlungsstruktur. Das Zentrum bleibt weiterhin Ort<br />
höchster <strong>Dichte</strong>, gefolgt von polyzentralen Subzentren mit ebenfalls höheren<br />
<strong>Dichte</strong>n. Die Bereiche zwischen diesen Subzentren sind durch weitaus geringere<br />
<strong>Dichte</strong>n gekennzeichnet.<br />
- Eine weitere Differenzierung erfahren die <strong>Dichte</strong>werte in der perforierten Stadt.<br />
Zwar wird weiterhin eine hohe <strong>Dichte</strong> des Zentrums angestrebt, ausgedünnte Bereiche<br />
rücken allerdings immer näher an das Zentrum heran. Aufgr<strong>und</strong> der Parallelität<br />
von wachsenden <strong>und</strong> schrumpfenden Stadtbereichen wechseln sich verdichtete<br />
<strong>und</strong> entdichtete Stadtbereiche in immer rascherer Folge ab.<br />
- Das Modell der Dispersion zeigt eine flächendeckende Verringerung der <strong>Dichte</strong>,<br />
mit geringen Schwankungen zwischen Bereichen geringer <strong>und</strong> sehr geringer<br />
<strong>Dichte</strong>.<br />
Ein Vergleich der verschiedenen Zielstellungen zeigt, dass keiner der Ansätze komplett<br />
vom Ziel der Bewahrung kompakter Strukturen abweicht. Selbst bei der Präriestadt<br />
handelt es sich um einen Hybrid aus „extensivem Landschaftsraum“ <strong>und</strong><br />
„Stadt als kompakter Siedlungsform“ (OSWALT et al. o. J., 50). Somit unterscheiden<br />
sich die Leitbildansätze vor allem im Hinblick auf ihre Körnigkeit, mit einem großräumigen<br />
kompakten verdichteten Kern <strong>und</strong> einer nach außen ausdünnenden Siedlungsstruktur<br />
bei der Kontraktion <strong>und</strong> einer kleinteiligen Durchdringung von Räumen<br />
unterschiedlicher Nutzungsintensität <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong> bei der Dispersion. Sowohl <strong>für</strong> die<br />
jeweiligen Qualitäten der Stadträume als auch <strong>für</strong> den erforderlichen Aufwand der<br />
Daseinsvorsorge ist jedoch gerade diese unterschiedliche Körnigkeit der Siedlungsstrukturen<br />
von Bedeutung.<br />
Die Auseinandersetzung mit städtebaulichen <strong>Dichte</strong>zielen <strong>für</strong> wachsende Städte hat<br />
gezeigt, dass die Verfolgung extremer Verdichtung einerseits <strong>und</strong> extremer Auflockerung<br />
andererseits stets zu einer Umkehr in eine entgegengesetzte Richtung geführt<br />
hat. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> scheinen die Leitbilder der Kontraktion <strong>und</strong> der<br />
Dispersion weniger geeignet, um <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse planerisch zu steuern.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 113<br />
Abbildung 34: Siedlungsstruktur <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>gradienten städtebaulicher Leitideen <strong>für</strong><br />
schrumpfende Städte (Eigene Darstellung)<br />
Ausgangslage<br />
Kontraktion<br />
Fragmentierung<br />
Perforation<br />
Dispersion<br />
<strong>Dichte</strong><br />
<strong>Dichte</strong><br />
<strong>Dichte</strong><br />
<strong>Dichte</strong><br />
<strong>Dichte</strong><br />
Entfernung vom Zentrum<br />
Entfernung vom Zentrum<br />
Entfernung vom Zentrum<br />
Entfernung vom Zentrum<br />
Entfernung vom Zentrum<br />
Neben der bisherigen Unentschiedenheit über geeignete qualitative Zielrichtungen<br />
der siedlungsstrukturellen Entwicklung in schrumpfenden Städten fehlen quantitative<br />
Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong> bisher nahezu gänzlich. Als einen möglichen Zielwert<br />
<strong>für</strong> gründerzeitliche Wohngebiete benannte das BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE<br />
(2004b, 63) je nach Baustruktur Zielwerte der Einwohnerdichte zwischen 140 <strong>und</strong><br />
270 Einwohner je ha Bruttowohnbauland, entsprechend 200 bis 380 Einwohnern je<br />
ha Nettowohnbauland. Dies entspricht den <strong>Dichte</strong>zielen der kompakten europäischen<br />
Stadt (s. Kapitel 3.5.1).<br />
Die Anforderungen an angemessene <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten variieren<br />
dabei stark, je nachdem welches städtebauliche Handlungsfeld betrachtet wird. Ge-
114 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
rade vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird die Notwendigkeit einer integrierten Betrachtungsweise<br />
bei Durchführung von Maßnahmen im Rahmen des Programms Stadtumbau<br />
Ost deutlich, das im Folgenden kurz erläutert wird.<br />
4.3 Das B<strong>und</strong>-Länder-Programm Stadtumbau Ost<br />
Das Programm Stadtumbau Ost ist Bestandteil der Städtebauförderung des B<strong>und</strong>es<br />
<strong>und</strong> der Länder. Das im August 2001 aufgestellte Programm zielt auf die Stärkung<br />
der Innenstädte, die Reduzierung des Angebotsüberhangs an Wohnraum <strong>und</strong> die<br />
Aufwertung vom Rückbau betroffener Städte (BMVBW 2002a, 1). Im Zeitraum von<br />
2002 bis 2009 werden im Rahmen des Programms durch B<strong>und</strong>, Länder <strong>und</strong> Gemeinden<br />
2,5 Mrd. € <strong>für</strong> Rückbau, Aufwertung, den Wettbewerb Stadtumbau Ost <strong>und</strong><br />
die Förderung der Wohneigentumsbildung in innerstädtischen Altbauquartieren zur<br />
Verfügung gestellt (BMVBS, BBR 2006, 12).<br />
4.3.1 Förderung von Rückbau <strong>und</strong> Aufwertung<br />
Wesentliche Säulen des Programms sind der Rückbau dauerhaft leerstehender<br />
Wohnungen zur Stabilisierung des Wohnungsmarkts sowie die Steigerung der Lebensqualität<br />
in von <strong>Schrumpfung</strong> betroffenen Städten durch Maßnahmen zur Aufwertung<br />
von Stadtquartieren (BMVBS, BBR 2006, 11). Die Mittel des Programms<br />
Stadtumbau Ost stehen je zur Hälfte <strong>für</strong> Rückbau <strong>und</strong> Aufwertung zur Verfügung<br />
(BMVBW 2002a, 2).<br />
Rückbau<br />
Die Rückbauförderung zielt auf eine Stabilisierung des Wohnungsmarkts. 24 Bestandteile<br />
der Rückbauförderung sind (VV-STÄDTEBAUFÖRDERUNG 2007, Artikel 6):<br />
- Aufwendungen <strong>für</strong> die Freimachung von Wohnungen,<br />
- die unmittelbaren Rückbaukosten (Abrisskosten), <strong>und</strong><br />
- Aufwendungen <strong>für</strong> die einfache Herrichtung des Gr<strong>und</strong>stücks zur Wiedernutzung<br />
<strong>und</strong> dazu insbesondere die Begrünung.<br />
In der Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung 2006 (VV-STÄDTEBAUFÖRDE-<br />
RUNG 2006, Artikel 6) wurde erstmals die stadtumbaubedingte Rückführung der<br />
städtischen Infrastruktur im Fördergebiet zu einem Fördertatbestand der Städtebauförderung.<br />
Förderfähig sind demnach Maßnahmen zur Rückführung sowohl der sozialen<br />
als auch der technischen Infrastruktur (s. Exkurs 22 in Kapitel 8.4.3).<br />
Aufwertung<br />
Die Aufwertungsförderung zielt auf eine Attraktivierung der ostdeutschen von<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffenen Städte. Die Verringerung der Wohnungsdichte<br />
soll <strong>für</strong> eine Verbesserung der Lebensqualität genutzt werden (PREIBISCH 2002, 17).<br />
Aufwertungsmaßnahmen werden analog zur Städtebauförderung mit je einem Drittel<br />
Förderquote von B<strong>und</strong>, Ländern <strong>und</strong> Kommunen gefördert (BMVBW 2002a, 2).<br />
24 An der Förderung des Rückbaus beteiligt sich der B<strong>und</strong> mit 30 € je m² rückgebauter<br />
Wohnfläche, mit einem variablen Länderanteil. Die maximale Förderquote des B<strong>und</strong>es<br />
beträgt 50 % (BMVBW 2002a, 2). Mit der Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung<br />
2007 erfolgt eine Differenzierung der Rückbauförderung von Wohnungen: Wohnungen<br />
mit weniger als sieben Geschossen werden künftig mit bis zu maximal 50 € je m² gefördert,<br />
Gebäude mit sieben <strong>und</strong> mehr Geschossen mit bis zu maximal 60 € je m² (BMVBS,<br />
BBR 2007, 12).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 115<br />
Zu den Aufwertungsmaßnahmen gehören (VV-STÄDTEBAUFÖRDERUNG 2007, Artikel<br />
6):<br />
- Die Erarbeitung (<strong>und</strong> Fortschreibung) von städtebaulichen Entwicklungskonzepten,<br />
- die Anpassung der städtischen Infrastruktur,<br />
- die Wieder- <strong>und</strong> Zwischennutzung der freigelegten Flächen,<br />
- die Verbesserung des Wohnumfelds,<br />
- die Aufwertung des vorhandenen Gebäudebestands sowie<br />
- sonstige <strong>für</strong> den Stadtumbau erforderliche Bau- <strong>und</strong> Ordnungsmaßnahmen.<br />
4.3.2 Wettbewerb Stadtumbau Ost <strong>und</strong> integrierte Entwicklungskonzepte<br />
Ziel des Wettbewerbs Stadtumbau Ost war die beschleunigte Erstellung von integrierten<br />
Stadtentwicklungskonzepten als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Förderung von Stadtumbaumaßnahmen<br />
(BMVBW 2002b, 2). Die Erstellung eines solchen integrierten Entwicklungskonzepts<br />
war Voraussetzung <strong>für</strong> die Vergabe der Fördermittel (BMVBW<br />
2002b, 2). Dadurch sollte gewährleistet werden, dass der Rückbau in einer stadtverträglichen<br />
Weise erfolgt (PREIBISCH 2002, 17).<br />
Seit der Novellierung des BauGB im Sommer 2004 können Kommunen auf der Basis<br />
eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts das Stadtumbaugebiet durch Beschluss<br />
festlegen (nach § 171b BauGB). Diese Festlegung von Stadtumbaugebieten<br />
<strong>und</strong> damit auch die Erstellung eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts ist seitdem<br />
die Voraussetzung zur Erlangung von Fördermitteln im Programm Stadtumbau<br />
Ost (BMVBS, BBR 2006, 16).<br />
Geforderte Inhalte der städtebaulichen Entwicklungskonzepte sind Leitvorstellungen<br />
<strong>für</strong> die Entwicklung der Gesamtstadt sowie ihrer Teilräume. Dies soll auf Basis von<br />
Prognosen zur Einwohner-, Wirtschafts- <strong>und</strong> Arbeitsmarktentwicklung sowie einer<br />
differenzierten Darstellung der aktuellen <strong>und</strong> künftigen Wohnungsmarktentwicklung<br />
erfolgen. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage sind Ziele <strong>für</strong> die gesamtstädtische Entwicklung sowie<br />
Schwerpunktbereiche des Stadtumbaus festzulegen (BMVBS, BBR 2006, 16).<br />
Einen Überblick über die geforderte inhaltliche Breite eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts<br />
gibt die „Arbeitshilfe zur Erstellung <strong>und</strong> Fortschreibung Städtebaulicher<br />
Entwicklungskonzepte des Landes Sachsen“ (SMI SACHSEN 2005, 4), die<br />
Fachkonzepte zu den Themen Städtebau <strong>und</strong> Denkmalpflege; Wohnen; Wirtschaft;<br />
Arbeitsmarkt, Handel <strong>und</strong> Tourismus; Verkehr <strong>und</strong> technische Infrastruktur; Umwelt;<br />
Kultur <strong>und</strong> Sport; Bildung <strong>und</strong> Erziehung; Soziales sowie Finanzen fordert.<br />
4.3.3 Ergebnisse aus der bisherigen Programmumsetzung<br />
Die B<strong>und</strong>estransferstelle Stadtumbau Ost hat 2006 einen Ersten Statusbericht zu<br />
Stand <strong>und</strong> Perspektiven der Programmumsetzung vorgelegt (BMVBS, BBR 2006),<br />
der im Folgenden herangezogen wird, um <strong>für</strong> diese Arbeit relevante Erkenntnisse<br />
aus der bisherigen Programmumsetzung darzulegen.<br />
Gesamtstädtische <strong>und</strong> integrierte Entwicklungskonzepte eingebettet in eine<br />
umfassende Stadtentwicklungspolitik<br />
Zentraler Anspruch des Programms Stadtumbau Ost ist die integrierte Bewältigung<br />
von Folgen des Bevölkerungsrückgangs in ostdeutschen Städten. Wesentliche
116 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Gr<strong>und</strong>lage zur Erreichung dieses Ziels ist ein gesamtstädtisches Leitbild der künftigen<br />
Stadtentwicklung (BMVBS, BBR 2006, 68).<br />
Dies erfordert eine Fortschreibung der städtebaulichen Entwicklungskonzepte. Wesentliche<br />
Anforderungen an eine solche Fortschreibung sind „Langfristigkeit der<br />
Prognosen sowie Realitätssinn <strong>und</strong> Ehrlichkeit im Hinblick auf die Zukunftsperspektive<br />
von Stadtquartieren, Instrumentenvielfalt <strong>und</strong> klare Prioritätensetzungen“<br />
(BMVBS, BBR 2006, 80).<br />
Insbesondere zeigte sich die Notwendigkeit zur Einbeziehung weiterer Sektoren <strong>und</strong><br />
damit auch der diese Sektoren vertretenden Akteure:<br />
„Die Erarbeitung der Stadtentwicklungskonzepte 2001/2002 in einem gemeinsamen<br />
Abstimmungsprozess mit den Wohnungsgesellschaften bzw. -genossenschaften<br />
war ein großer Fortschritt hinsichtlich der Integration wohnungswirtschaftlicher<br />
<strong>und</strong> städtebaulicher Interessenlagen in einem gemeinsamen<br />
Konzept. Der Stadtumbau ist jedoch darüber hinaus als gesamtstädtische<br />
stadtentwicklungspolitische Aufgabe zu verstehen, die deutlich über die Möglichkeiten<br />
des Programms Stadtumbau Ost hinaus reicht. Deshalb sollten in die<br />
Entwicklungskonzepte der Städte noch stärker sozioökonomische, soziale, bildungsbezogene,<br />
kulturelle oder <strong>ökologische</strong> Strategien der Regenerierung integriert<br />
werden <strong>und</strong> weitere Akteure aus dem ökonomischen <strong>und</strong> privaten Sektor<br />
an der Erarbeitung der Konzepte beteiligt werden.“ (BMVBS, BBR 2006, 80)<br />
Um zu einer integrierten Bewältigung von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen zu gelangen, ist<br />
darüber hinaus eine Verknüpfung mit Förderstrategien anderer Fachressorts wie<br />
z. B. Wirtschaft, Soziales, Bildung <strong>und</strong> Kultur erforderlich (BMVBS, BBR 2006, 82).<br />
Kombination von Rückbau <strong>und</strong> Aufwertung<br />
Der Schwerpunkt in der Umsetzung des Programms Stadtumbau Ost lag bisher, vor<br />
allem in den Ländern Sachsen <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt, auf dem Rückbau (BMVBS,<br />
BBR 2006, 69). Allein durch Rückbau können jedoch keine attraktiven <strong>und</strong> langfristig<br />
zukunftsfähigen Stadtquartiere gesichert werden.<br />
„Nur wenn der Rückbau in ein gesamtstädtisches Leitbild der Qualifizierung von<br />
Stadtstrukturen eingebettet wird, können daraus auch <strong>für</strong> die Bewohnerschaft in<br />
den Städten nachvollziehbare <strong>und</strong> positive Perspektiven erwachsen. Deutlicher<br />
formuliert: von neu entstehenden Grün- oder Brachflächen am Stadtrand gehen<br />
keine wirklichen Entwicklungsimpulse <strong>für</strong> die Stadtentwicklung aus. Diese müssen<br />
vielmehr durch Aufwertungsmaßnahmen in den zukunftsfähigen Stadtteilen<br />
geschaffen werden. Wenn der Stadtumbau vorrangig als Stadtrückbau verstanden<br />
wird, wird dies der Gr<strong>und</strong>intention des Programms nicht gerecht.“ (BMVBS,<br />
BBR 2006, 69)<br />
Zur Kombination von Rückbau <strong>und</strong> Aufwertung zählt auch die Entwicklung von Konzepten<br />
<strong>für</strong> die Nachnutzung frei werdender Flächen. Gerade in verdichteten innerstädtischen<br />
Gebieten ergibt sich dabei die Möglichkeit zur Schaffung neuer, bisher<br />
nicht möglicher Freiräume. Dies erfordert allerdings kreative Ansätze extensiver<br />
Nutzungsformen dieser Flächen ebenso wie Konzepte <strong>für</strong> die Finanzierung ihrer<br />
Unterhaltung (BMVBS, BBR 2006, 73).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 117<br />
Grenzen der Strategie des dispersen Rückbaus<br />
In vielen Kommunen wurde bisher der Ansatz eines dispersen Rückbaus oder Teilrückbaus<br />
einzelner Gebäude innerhalb bestehender Siedlungen verfolgt. Diese<br />
Strategie stößt allerdings an ihre Grenzen (BMVBS, BBR 2006, 72):<br />
- Durch diese fortgesetzte Ausdünnung der Siedlungsstruktur wird die Sicherung<br />
der Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Finanzierbarkeit der sozialen <strong>und</strong> stadttechnischen Infrastruktur<br />
zunehmend zu einem Problem.<br />
- Ebenso führt die kontinuierliche Auflockerung der Siedlungsstruktur zu einem<br />
Verlust des städtebaulichen Zusammenhangs, Auflockerung wird vermehrt als<br />
Durchlöcherung wahrgenommen.<br />
- Aus Sicht der Wohnungsunternehmen ist es erforderlich, zur Reduzierung der<br />
Leerstandskosten ein effektives Leerstandsmanagement zu betreiben <strong>und</strong> deshalb<br />
Leerstände zu konzentrieren.<br />
Schwerpunktgebiete: Plattenbaugebiete <strong>und</strong> innerstädtischer Altbau<br />
Bisher wurden vorrangig die in der DDR-Zeit errichteten Plattenbaugebiete als<br />
Schwerpunktgebiete des Programms Stadtumbau Ost festgelegt. Problemschwerpunkte<br />
zeigen sich allerdings auch in den innerstädtischen Altbaugebieten, so dass<br />
sich die weitere Umsetzung des Programms auch auf die zu erhaltenden Wohnbereiche<br />
in den Innenstädten konzentrieren soll. Gerade in innerstädtischen Altbaugebieten<br />
können Aufwertungsmaßnahmen dazu beitragen, zielgruppenspezifische<br />
Angebote <strong>für</strong> sich immer weiter ausdifferenzierende Nachfragergruppen auf dem<br />
Wohnungsmarkt bereitzustellen (BMVBS, BBR 2006, 69f.).<br />
Sicherung der langfristigen Tragfähigkeit von Stadtumbaumaßnahmen<br />
Wenn im Zuge von Stadtumbaumaßnahmen die Zukunftsfähigkeit der Bestände<br />
nicht realistisch eingeschätzt wird, kommt es zu Fehlinvestitionen, z. B. wenn Aufwertungsmaßnahmen<br />
in Beständen erfolgen, die kurze Zeit später wieder abgerissen<br />
werden. Stadtumbau darf vor diesem Hintergr<strong>und</strong> nicht nur aktuelle Wohnpräferenzen<br />
berücksichtigen, sondern muss künftige Veränderungen der Bevölkerungsstrukturen<br />
<strong>und</strong> deren Präferenzen mit in Betracht ziehen. Insbesondere in Plattenbaugebieten<br />
stehen Aufwertungsmaßnahmen unter dem Vorbehalt ihrer langfristigen<br />
Tragfähigkeit (BMVBS, BBR 2006, 74).<br />
Lösung von Zielkonflikten in einem kooperativen Prozess <strong>und</strong> Einbindung der<br />
Vertreter der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft<br />
Im Stadtumbauprozess tritt eine Vielzahl von Konflikten zwischen den beteiligten<br />
Akteuren auf. Es zeigt sich die Notwendigkeit „diese Zielkonflikte wahrzunehmen<br />
<strong>und</strong> in einem kooperativen Verfahren <strong>für</strong> die beteiligten Akteure zumutbare <strong>und</strong> an<br />
gemeinsamen strategischen, gesamtstädtischen Zielen ausgerichtete Lösungen zu<br />
entwickeln“ (BMVBS, BBR 2006, 75). Während es bisher erfolgreich gelungen ist,<br />
die institutionellen Wohnungsanbieter aktiv am Stadtumbauprozess zu beteiligen,<br />
fehlt es bisher an einer erfolgreichen Einbeziehung der Akteure aus dem Bereich<br />
der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft (BMVBS, BBR 2006, 76ff.).<br />
Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die weitere Arbeit<br />
Auch wenn die Rückführung der stadttechnischen Infrastruktur inzwischen ein Fördertatbestand<br />
der Städtebauförderung ist, besteht aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur nach wie vor die Notwendigkeit einer besseren Berücksichtigung im<br />
Stadtumbauprozess. Dies bezieht sich insbesondere auf das Erfordernis eines
118 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
kompakten anstelle eines dispersen Rückbaus sowie einer realistischen Einschätzung<br />
der langfristig tragfähigen Bestände. Jedoch kann der Stadtumbau nicht allein<br />
vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Sicherung tragfähiger <strong>und</strong> finanzierbarer Stadttechnik betrieben<br />
werden. Vielmehr ist eine integrierte gesamtstädtische Planung erforderlich,<br />
die vor allem auch Aspekte der Versorgung mit verkehrlicher <strong>und</strong> sozialer Infrastruktur,<br />
die Freiraumversorgung sowie die Nachfragegerechtigkeit des Wohnungsbestands<br />
berücksichtigt. Darüber hinaus wird deutlich, dass der Stadtumbau nicht nur<br />
auf die Plattenbaugebiete der DDR beschränkt werden kann, sondern ebenso andere<br />
städtische Gebiete mit einbeziehen sollte, wie insbesondere die Gebiete der<br />
gründerzeitlichen Blockbebauung.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 119<br />
5 Angemessene <strong>Dichte</strong>n aus Sicht stadtplanerischer<br />
Handlungsfelder<br />
<strong>Dichte</strong>werte (Bebauungsdichten <strong>und</strong> Einwohnerdichten) weisen Wechselwirkungen<br />
mit vielfältigen Handlungsfeldern der Stadtplanung auf wie Stadtgestaltung, Architektur,<br />
Umweltpsychologie, Verkehr, Wirtschaft, Ökologie, Soziologie <strong>und</strong> Anthropologie<br />
(CHURCHMAN 1999, 389). <strong>Dichte</strong> wird daher auch als interdisziplinäre Größe<br />
bezeichnet.<br />
Städtische <strong>Dichte</strong>n hängen zusammen mit Haus- <strong>und</strong> Siedlungstypen, der Sozialstruktur,<br />
Baukosten <strong>und</strong> Bodenwerten, dem Flächenverbrauch einer Siedlung, den<br />
stadt<strong>ökologische</strong>n Qualitäten sowie auch der Ressourcenintensität von Siedlungsstrukturen<br />
(CHURCHMAN 1999; GASSNER 1978, 1992; HAPPE et al. 1994, HOHENADL<br />
1977). Diese Aspekte wirken zwar in Stadtumbaustrategien hinein, werden jedoch<br />
nicht weiter betrachtet.<br />
Zwar bilden die Wechselwirkungen zwischen <strong>Dichte</strong>rückgängen <strong>und</strong> der stadttechnischen<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung den Schwerpunkt der Arbeit, doch können <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />
nicht allein aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur gesteuert<br />
werden, sondern erfordern eine integrierte Betrachtungsweise. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
wird ermittelt, wie sich die Kriterien aus Sicht der Stadttechnik zu Kriterien aus<br />
Sicht anderer stadtplanerischer Handlungsfelder verhalten, ob sie mit diesen Zielen<br />
übereinstimmen oder konkurrieren.<br />
Betrachtet werden dabei stadtplanerische Handlungsfelder, die im Stadtumbau Ost<br />
von besonderer Bedeutung sind <strong>und</strong> einen engen Bezug zu Fragen der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
aufweisen wie Verkehr, soziale Infrastruktur, Freiraumversorgung <strong>und</strong><br />
Wohnungsnachfrage. Tabelle 18 stellt die wesentlichen dichteabhängigen Faktoren<br />
dieser Handlungsfelder zusammenfassend dar.<br />
Tabelle 18: Handlungsfelder des Stadtumbaus <strong>und</strong> dichteabhängige Faktoren<br />
Handlungsfelder des Stadtumbaus <strong>Dichte</strong>abhängige Faktoren<br />
Verkehr (Kapitel 5.1)<br />
Soziale Infrastruktur (Kapitel 5.2)<br />
Freiraumversorgung (Kapitel 5.3)<br />
Wohnungsnachfrage (Kapitel 5.4)<br />
� Verkehrsaufwand <strong>und</strong> Autoabhängigkeit von Siedlungsstrukturen<br />
� Wirtschaftliche Tragfähigkeit <strong>und</strong> Qualität des ÖPNV<br />
� Bedarf an Verkehrserschließungsfläche<br />
� Tragfähigkeit <strong>und</strong> Dimensionierung in Abhängigkeit von der<br />
<strong>Dichte</strong> der Nachfrager<br />
� Erreichbarkeit von Angeboten <strong>und</strong> Einrichtungen<br />
� Freiraumversorgungsgrad<br />
� Erreichbarkeit von Freiräumen<br />
� Qualität der Freiraumgestaltung<br />
� Wohnform / Gebäudetyp<br />
� Wohnwünsche<br />
� Wohnungsnachfrage<br />
Im Gegensatz zur stadttechnischen Infrastruktur bestehen <strong>für</strong> diese Handlungsfelder<br />
Vorstellungen angemessener <strong>Dichte</strong>n unter Wachstumsbedingungen. Die in der<br />
Fachliteratur genannten <strong>Dichte</strong>zielwerte werden zusammengetragen, diskutiert <strong>und</strong><br />
anhand von Berechnungen <strong>und</strong> Annahmen in Bezug auf <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />
beispielhaft modifiziert. Betrachtet werden dabei, entsprechend der Zielsetzung der
120 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Arbeit, allein die Zusammenhänge zwischen den physischen <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> dem jeweiligen<br />
Handlungsfeld, weitere relevante Rahmenbedingungen wie zum Beispiel<br />
institutionelle Faktoren werden nicht berücksichtigt. Aufgr<strong>und</strong> des vielfältigen bereits<br />
vorhandenen Materials werden in diesem Bereich keine eigenen Erhebungen<br />
durchgeführt.<br />
Die Texte sind dabei einheitlich strukturiert. Als erstes werden die Zusammenhänge<br />
zwischen dem jeweiligen Handlungsfeld <strong>und</strong> den Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />
dargestellt, vor dem Hintergr<strong>und</strong> der üblichen – meist auf Wachstum orientierten<br />
– Sichtweise. In einem zweiten Teil werden die Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
auf das Handlungsfeld unter besonderer Berücksichtigung der verringerten<br />
Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten dargestellt. Abschließend werden – soweit<br />
dies anhand des aktuellen Forschungsstands möglich ist – qualitative <strong>und</strong> quantifizierte<br />
Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht des jeweiligen<br />
Handlungsfelds zusammengeführt. Dabei erfolgt eine Differenzierung anhand der<br />
<strong>für</strong> ostdeutsche Städte relevanten Stadtstrukturtypen.<br />
5.1 Verkehr<br />
Im Folgenden werden allgemein die Zusammenhänge zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Verkehrsaufwand<br />
dargestellt, um anschließend die Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong> in<br />
Ostdeutschland auf den Verkehr zu erläutern. Abschließend werden Kriterien zur<br />
Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des Verkehrs<br />
entwickelt, vor allem im Hinblick auf die Sicherung von Erreichbarkeiten <strong>und</strong><br />
von Mindeststandards <strong>für</strong> den ÖPNV.<br />
5.1.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Verkehrsaufwand<br />
Veränderungen der <strong>Dichte</strong> beeinflussen den Verkehrsaufwand. Im Folgenden wird<br />
der Kreislauf beschrieben, wie Ausweitung <strong>und</strong> Entdichtung der Siedlungsstruktur<br />
zu einem steigenden Verkehrsaufwand führen <strong>und</strong> umgekehrt. Anschließend wird<br />
die Bedeutung der baulichen <strong>Dichte</strong> <strong>für</strong> die Wirtschaftlichkeit des ÖPNV sowie <strong>für</strong><br />
den Bedarf an Erschließungsflächen erläutert.<br />
Kreislauf aus Entdichtung <strong>und</strong> Verkehrsaufwand<br />
Im Zuge der Ausweitung der Siedlungsflächen <strong>und</strong> damit der Entdichtung von Siedlungsstrukturen<br />
wird von einem sich selbst verstärkenden Kreislauf zwischen Verkehrswachstum<br />
infolge der Ausdehnung einerseits <strong>und</strong> gleichzeitiger Entdichtung<br />
der Siedlungsstruktur andererseits ausgegangen (s. Abbildung 35):<br />
- Der zunehmende private Autobesitz beeinflusst die Standortwahl von Haushalten<br />
<strong>und</strong> führt zu einer Ansiedlung von Wohnungen an geringer verdichten Standorten<br />
im Umland.<br />
- Daraus resultiert eine Ausweitung der Siedlungsflächen verb<strong>und</strong>en mit einer Entdichtung<br />
<strong>und</strong> funktionellen Entflechtung der Siedlungsstrukturen.<br />
- Dies wiederum führt zu einem höheren Verkehrsaufwand: zur Zunahme der Wegelängen,<br />
zu schlechteren Voraussetzungen Wege mit dem Umweltverb<strong>und</strong> 25 zu-<br />
25 Unter der Bezeichnung ‚Umweltverb<strong>und</strong>’ werden Fußgänger- <strong>und</strong> Radverkehr sowie der<br />
öffentliche Personennahverkehr zusammengefasst. Ziel des Umweltverb<strong>und</strong>s ist eine Integration<br />
dieser Verkehrsarten mit dem Ziel eine umweltfre<strong>und</strong>liche Alternative zum MIV<br />
herzustellen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 121<br />
rückzulegen <strong>und</strong> damit zu einer weiter steigenden Abhängigkeit vom Motorisierten<br />
Individualverkehr (MIV).<br />
- Ein vom Auto dominiertes Verkehrssystem fördert wiederum die Entwicklung Flächen<br />
verbrauchender <strong>und</strong> entmischter Siedlungsstrukturen, die zu einer weiteren<br />
Zunahme des Verkehrsaufwands führen (BUND, MISEREOR 1996, 75; DROß<br />
1997, 2.3; HOLZ-RAU 2001, 265).<br />
Abbildung 35: Kreislauf aus Entdichtung <strong>und</strong> Verkehrsaufwand (Eigene Darstellung)<br />
Steigerung des<br />
Verkehrsaufwands: Zunehmende<br />
Wegelängen, verringerte Nutzung<br />
des Umweltverb<strong>und</strong>s, steigende<br />
Abhängigkeit vom MIV<br />
Zunahme des individuellen Pkw-<br />
Besitzes, des Erschließungsaufwands<br />
<strong>und</strong> der Belastung<br />
durch den MIV<br />
Veränderung der Standortwahl zu<br />
Standorten niedrigerer <strong>Dichte</strong>n,<br />
Ausdehnung der Siedlungsfläche,<br />
Entdichtung, Auflösung zentraler<br />
Standorte<br />
KELLNER (1997, 68) geht davon aus, dass sich dieses Paradigma der funktionellen<br />
Entmischung <strong>und</strong> baulichen Entdichtung solange fortsetzt, wie sich die individuellen<br />
Kosten der Mobilität nicht gravierend ändern.<br />
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit des ÖPNV<br />
Derzeit wird der Zusammenhang zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> der Erschließung durch öffentliche<br />
Verkehrsmittel intensiv diskutiert, vor allem im Zusammenhang mit der Debatte<br />
um eine kompakte Stadt der kurzen Wege (zu diesem Leitbild siehe auch Kapitel<br />
3.5). Je nach Art des öffentlichen Verkehrsmittels, dessen Kapazität <strong>und</strong> Frequenz,<br />
sind <strong>für</strong> die wirtschaftliche Bedienung bestimmte Wohndichten im Fußgängereinzugsbereich<br />
der Haltestellen erforderlich. Daher ergibt sich die Forderung<br />
nach einer Verdichtung der Siedlungsstruktur an den Hauptlinien <strong>und</strong> Knotenpunkten<br />
des öffentlichen Nahverkehrs (AHRENS, HEINEMANN 2002, 65; APEL et al. 2000,<br />
58ff., 66; HOHENADL 1977, 163; HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 346). Als Vorteile zunehmender<br />
<strong>Dichte</strong>n im Hinblick auf eine umweltverträgliche Abwicklung des Verkehrs<br />
werden eine Verkürzung der zurückgelegten Wegelängen, eine Steigerung<br />
der Nutzung des ÖPNV sowie eine sinkende Abhängigkeit vom MIV angenommen.<br />
Diese sinkenden Verkehrsleistungen <strong>und</strong> -aufwendungen in Städten <strong>und</strong> Quartieren<br />
höherer <strong>Dichte</strong>n konnten, so SIEDENTOP et al. (2005, 35ff.) vielerorts nachgewiesen<br />
werden (s. z. B. APEL 1998, MARTI <strong>und</strong> HENZ 2001).<br />
Der Gedanke einer kompakten Stadt der kurzen Wege mit einer guten Erschließung<br />
durch den ÖPNV hat sowohl Eingang in die Entwicklung planerischer Leitbilder gef<strong>und</strong>en,<br />
wie das Modell der gerichteten <strong>Dichte</strong> von DROß <strong>und</strong> MICHAEL belegt (s.<br />
Exkurs 9), als auch in die Planungspraxis, mit dem wohl bekanntesten ÖPNVbasierten<br />
<strong>Dichte</strong>konzept, dem Hamburger <strong>Dichte</strong>modell (s. Exkurs 10).
122 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Exkurs 9: Das Modell der gerichteten <strong>Dichte</strong><br />
Das Konzept der gerichteten <strong>Dichte</strong>, das am Beispiel der Region München entwickelt wurde,<br />
zielt auf eine Verdichtung von verschiedenen Funktionen in Richtung zentraler Standorte wie<br />
Zentren <strong>und</strong> Schnellbahnhaltestellen, um so eine optimale Zuordnung von Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsstätten<br />
zu Versorgungsfunktionen <strong>und</strong> dem öffentlichen Verkehr sowie zu Erholungsflächen<br />
zu ermöglichen. „Das Modell gerichteter <strong>Dichte</strong> spricht einige der wesentlichen Merkmale<br />
von Urbanität an: Die Mehrfachnutzung von Flächen <strong>und</strong> Gebäuden (z. B. Straßenraum<br />
als Spiel- <strong>und</strong> Verkehrsfläche), kleinteilige Nutzungsmischung, hohe Nutzungsdichte<br />
<strong>und</strong> hohe Erlebnisdichte“ (DROß 1996, 2.1). Ziel des Modells ist es „neue urbane Räume zu<br />
schaffen, den Flächenverbrauch <strong>und</strong> die Zersiedlung einzudämmen, die durch den Verkehr<br />
erzeugten Emissionen zu verringern <strong>und</strong> den vermeintlichen <strong>und</strong> tatsächlichen Zwang zur<br />
Nutzung des privaten Pkws zu mindern“ (DROß 1996, 2.17). Im Vergleich zu einer ungebremsten<br />
Suburbanisierung weist das Modell gerichteter <strong>Dichte</strong> folgende Merkmale auf<br />
(DROß 1996, 2.4):<br />
� einen geringeren Verkehrsflächenverbrauch,<br />
� eine Orientierung der Wohnstandortwahl an der Qualität der Anbindung mit dem schienengeb<strong>und</strong>en<br />
öffentlichen Verkehr (SÖV),<br />
� eine Stärkung zentraler Standorte durch die Ansiedlung von Einzelhandel <strong>und</strong> anderen<br />
Einrichtungen an den SÖV-Knotenpunkten <strong>und</strong><br />
� eine höhere bauliche <strong>Dichte</strong>, die eine fußläufige Erreichbarkeit möglichst vieler Funktionen<br />
sichert.<br />
Anstelle einer monozentrischen Stadtstruktur mit einem Stadtzentrum werden mehrere<br />
Stadtzentren vorgesehen, um Verkehrsüberlastungen <strong>und</strong> starke Bodenpreisgefälle zu vermeiden<br />
(DROß 1996, 2.11). Besondere Vorteile dieses Modells gerichteter <strong>Dichte</strong> resultieren<br />
aus der Kombination höherer <strong>Dichte</strong>n mit einer horizontalen <strong>und</strong> vertikalen Nutzungsmischung,<br />
da somit Verkehr eingespart, gleichmäßiger verteilt <strong>und</strong> letztendlich auch Fläche<br />
eingespart werde (DROß 1996, 2.9).<br />
DROß (1996, 2.9) definiert <strong>für</strong> die Umsetzung des Modells der gerichteten <strong>Dichte</strong> auf Quartiersebene<br />
Mindestdichten der GFZ von 1,2 bis 1,5, um die Erschließung durch den Umweltverb<strong>und</strong><br />
zu ermöglichen. Dabei sollte die <strong>Dichte</strong> je nach Art der SÖV-Erschließung variieren<br />
<strong>und</strong> zu den Haltestellen hin wachsen, so dass <strong>für</strong> möglichst viele Nutzer kurze Wege zu den<br />
Haltestellen ermöglicht werden. 26 Für die Knotenpunkte der Stadtteilebene werden Geschossflächenzahlen<br />
von 2,0 bis 2,5 angestrebt <strong>und</strong> <strong>für</strong> gesamtstädtische, regionale oder<br />
überregionale Knotenpunkte Geschossflächenzahlen von über 2,5. Analog zum Hamburger<br />
<strong>Dichte</strong>modell von 1969 wird eine untere Grenze von 150 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland<br />
<strong>für</strong> die Tragfähigkeit der S-Bahn-Erschließung genannt.<br />
MICHAEL (1994, 31) operiert <strong>für</strong> das Modell gerichteter <strong>Dichte</strong> mit weitaus geringeren <strong>Dichte</strong>werten<br />
einer GFZ von 1,2 <strong>für</strong> Zone 1 (bis 300 m), von 0,8 <strong>für</strong> Zone 2 (300-600 m) <strong>und</strong> von<br />
0,4 <strong>für</strong> Zone 3 (600-1000 m). Für eine unterirdische Schnellbahn nimmt er eine GFZ von 1,4<br />
<strong>für</strong> Zone 1, von 1,0 <strong>für</strong> Zone 2 <strong>und</strong> von 0,5 <strong>für</strong> Zone 3 an.<br />
Die Umsetzbarkeit des Modells der gerichteten <strong>Dichte</strong> wird jedoch unter ceteris-paribus Bedingungen<br />
kritisch eingeschätzt. Laut DROß (1996, 2.14) ist das Modell nur anwendbar,<br />
wenn die Kosten des MIV sowie des Gütertransports per Lkw durch eine Internalisierung der<br />
Kosten drastisch steigen würden.<br />
26 Als fußläufige Erreichbarkeit wird dabei ein Radius von 300 m um die Haltestelle definiert,<br />
so dass sich zuzüglich eines Umwegefaktors von 1,25 eine maximale Fußwegeentfernung<br />
von 375 m ergibt (DROß 1996, 2.5).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 123<br />
Exkurs 10: Das Hamburger <strong>Dichte</strong>modell<br />
Zur Stärkung des im Entwicklungsmodell <strong>für</strong> Hamburg <strong>und</strong> das Umland von 1969 dargestellten<br />
Achsenkonzepts, das eine Konzentration der Siedlungsentwicklung entlang in das Umland<br />
reichender Entwicklungsachsen vorsah, wurde im Jahr 1969 <strong>für</strong> Hamburg ein <strong>Dichte</strong>modell<br />
entwickelt. Im Sinne einer integrierten Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsplanung liefert dieses<br />
<strong>Dichte</strong>modell einen Orientierungsrahmen <strong>für</strong> die im Einzugsbereich von Schnellbahnhaltestellen<br />
des radial auf die Hamburger City ausgerichteten S-Bahnnetzes anzustrebende bauliche<br />
<strong>Dichte</strong> (FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1980). Das Modell sieht eine konzentrische<br />
Verdichtung der Wohnbebauung um die Haltestellen von leistungsfähigen Schnellbahnlinien<br />
mit nach außen stufenweise fallenden Bebauungsdichten vor. Damit wird eine schnelle Erreichbarkeit<br />
der Haltestellen durch die Fahrgäste, eine schnelle Erreichbarkeit eines vielfältigen<br />
großstädtischen Angebots sowie die Gewährleistung verkehrswirtschaftlicher Erfordernisse<br />
eines hohen Fahrgastaufkommens angestrebt. An den Schnellbahnhaltestellen sollen<br />
dichte Wohngebiete hoher Lebensqualität entstehen (KRÜGER et al. 1972, 293).<br />
Als Obergrenze einer wohnbaulichen Nutzung wird eine GFZ von 1,5 angenommen. Diese<br />
bereits über die generellen Höchstwerte der BauNVO 1968 mit einer GFZ von 1,2 hinausgehende<br />
<strong>Dichte</strong> erfordere allerdings eine besondere städtebauliche <strong>und</strong> verkehrliche Lagegunst,<br />
sei nur im Einzelfall sinnvoll <strong>und</strong> nur bei einer Stapelung verschiedener Nutzungen<br />
möglich (KRÜGER et al. 1972, 294). Für das <strong>Dichte</strong>modell wird im Bereich der städtischen<br />
Achsen eine maximale Fußwegeentfernung von 600 m (entsprechend 8,5 min Fußweg), <strong>für</strong><br />
regionale Achsen von 700 m (entsprechend 10 min Fußweg) angenommen.<br />
Tabelle 19: Hamburger <strong>Dichte</strong>modell – Bereich städtischer Achsen<br />
(KRÜGER et al. 1972, 293)<br />
Zone<br />
Luftlinienentfernung<br />
zur Schnellbahnhaltestelle<br />
Fläche<br />
Obergrenzen<br />
der GFZ <strong>für</strong><br />
Wohngebiete<br />
mittlere GFZ<br />
maximal<br />
erreichbare<br />
Einwohnerzahl<br />
Kernzone bis 300 m 28 ha 1,5 1,3 3.500<br />
Mittelzone > 300-< 600 m 85 ha 1,2 0,9 14.500<br />
Randzone > 600 m variabel – ca. 0,3-0,6 variabel<br />
Im Jahr 1980 wurde das <strong>Dichte</strong>modell fortgeschrieben. Zwar wird weiter an dem Konzept der<br />
Verdichtung an den Haltestellen der Schnellbahn festgehalten, doch werden hierbei, analog<br />
zur vorherrschenden stadtplanerischen Diskussion in den 1980er Jahren (s. Kapitel 3.3),<br />
ausdrücklich die Grenzen der Verdichtung betont, die auch <strong>für</strong> diese Bereiche zu berücksichtigen<br />
seien: erhaltenswerte Siedlungs- <strong>und</strong> Sozialstrukturen, Belange des Umweltschutzes,<br />
die Bedeutung von Freiflächen <strong>für</strong> die Stadtqualität <strong>und</strong> die Wünsche der Wohnbevölkerung<br />
nach verschiedenen Wohnformen. Ferner seien nicht nur Wohnnutzungen innerhalb der<br />
Einzugsbereiche der Schnellbahnhaltestellen (600 m-Radius) zu verdichten, sondern es<br />
seien auch <strong>Dichte</strong>vorgaben <strong>für</strong> andere Nutzungen erforderlich. Somit werden <strong>für</strong> das Hamburger<br />
<strong>Dichte</strong>modell von 1980 differenziertere Ziele gesetzt, unterschieden nach den Baugebietstypen<br />
der BauNVO <strong>und</strong> nach <strong>Dichte</strong>typen niedriger, mittlerer <strong>und</strong> hoher <strong>Dichte</strong>n (s.<br />
Tabelle 20).<br />
Tabelle 20: <strong>Dichte</strong>ziele des Hamburger <strong>Dichte</strong>modells von 1980<br />
(FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 1980)<br />
Art der baulichen<br />
Nutzung<br />
<strong>Dichte</strong>typ 1:<br />
‚hohe <strong>Dichte</strong>’<br />
(innere Stadt)<br />
Maß der baulichen Nutzung (GFZ)<br />
<strong>Dichte</strong>typ 2:<br />
‚mittlere <strong>Dichte</strong>’<br />
(äußere Stadt)<br />
<strong>Dichte</strong>typ 3:<br />
‚niedrige <strong>Dichte</strong>’<br />
(äußere Stadt)<br />
Wohngebiete: allgemeine (WA),<br />
reine (WR), besondere (WB)<br />
1,0-1,2 0,7-0,9 0,4-0,6<br />
Mischgebiete (MI) 1,0-1,2 0,7-0,9 0,4-0,6<br />
Kerngebiete (MK) 1,5-2,4 1,0-1,5 0,6-0,8<br />
Gewerbegebiete (GE) 0,8-2,4 0,6-2,0 0,6-1,5
124 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Auch in der aktuellen Planungspraxis werden ÖPNV-basierte <strong>Dichte</strong>modelle entwickelt.<br />
So differenziert der Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbands Karlsruhe<br />
(NVK) in seinem Zielkonzept „ÖPNV <strong>und</strong> Siedlungsentwicklung“ die Bauflächen<br />
entsprechend ihrer Erreichbarkeit durch den ÖPNV <strong>und</strong> weist ihnen daraufhin<br />
Mindestdichten zu, die zwischen Geschossflächenzahlen von 0,4 <strong>und</strong> 1,1 liegen.<br />
Wohngebiete innerhalb eines Einzugsbereichs von 300 m Luftlinie um eine Stadtbahnhaltestelle<br />
sollten demnach mindestens eine GFZ von 1,0 <strong>und</strong> eine Wohnungsdichte<br />
von 65 Wohnungen je ha Bruttobauland aufweisen (NVK 1999, 117f.;<br />
HUTTER et al. 2004, 43). Das <strong>Dichte</strong>modell der Stadt München unterscheidet <strong>für</strong> den<br />
Einzugsbereich 150/600 m um U-/S-Bahnhaltestellen je nach Lage <strong>und</strong> Qualität der<br />
Gebiete drei <strong>Dichte</strong>klassen anhand der GFZ <strong>und</strong> zwar von 0,9 bis 1,2, von 1,2 bis<br />
1,6 <strong>und</strong> von 1,6 bis 2,4 (STADT MÜNCHEN 1995, 50; HUTTER et al. 2004, 45).<br />
In der Diskussion um tragfähige, kompakte <strong>und</strong> nachhaltige Städte werden auch<br />
kritische Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong> eine fußläufige Erreichbarkeit sowie<br />
<strong>für</strong> einen wirtschaftlichen, energieeffizienten <strong>und</strong> attraktiven öffentlichen Verkehr<br />
genannt: Unter einer <strong>Dichte</strong> von 100 Einwohnern je ha Bruttobauland sei eine wirtschaftliche<br />
Erschließung mit schienengeb<strong>und</strong>enen Massenverkehrsmitteln nur unter<br />
der Nutzung von Zubringerbussen möglich (BREITLING 1974, 66). APEL (1998, 67)<br />
nennt eine minimale <strong>Dichte</strong> von 20 bis 30 Wohnungen je ha Bruttobauland als Untergrenze<br />
<strong>für</strong> die Gewährleistung eines attraktiven <strong>und</strong> effizienten ÖPNV-Angebots.<br />
Nach MARTI, HENZ (2001, 8) gelten Geschossflächenzahlen von 0,3 bis 0,5 als kritischer<br />
Schwellenwert minimaler <strong>Dichte</strong> <strong>für</strong> einen wirtschaftlichen ÖPNV. Für den –<br />
nicht nur auf den ÖPNV bezogenen – gesamten Verkehrsaufwand setzen SIEDEN-<br />
TOP et al. (2006, 217) als Untergrenze eine <strong>Dichte</strong> von 20 Wohneinheiten je ha Bruttowohnbauland<br />
an, bei deren Unterschreitung der spezifische Verkehrsaufwand <strong>und</strong><br />
damit auch der Verkehrsenergieverbrauch stark ansteigt.<br />
BREITLING (1974, 56ff.) definiert als Erreichbarkeitsziel <strong>für</strong> Straßenbahn- sowie Bushaltestellen<br />
500 bis 800 m. Im Einzugsbereich einer Bushaltestelle sind bis zu 2.000<br />
Einwohner erforderlich, im Einzugsbereich einer Straßenbahnhaltestelle 5.000-<br />
7.000 Einwohner. Daraus ergeben sich, bei Annahme einer radialen Siedlungsstruktur,<br />
Einwohnerdichten von 15-40 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland <strong>für</strong> eine<br />
Bushaltestelle (entsprechend 20-60 Einwohnern je ha netto), <strong>und</strong> 39-139 Einwohnern<br />
je ha brutto <strong>für</strong> eine Straßenbahnhaltestelle (entsprechend 60-190 Einwohnern<br />
je ha netto). 27<br />
Die Möglichkeiten durch höhere <strong>Dichte</strong>n eine Minimierung des Verkehrsaufwands<br />
zu erzielen, werden allerdings auch bezweifelt. Es wird hervorgehoben, dass ÖPNVbasierte<br />
<strong>Dichte</strong>konzepte an der zunehmenden Dezentralisierung von Siedlungsstrukturen<br />
– verursacht unter anderem durch die Präferenzen der Bevölkerung zugunsten<br />
gering verdichteter Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> zur Nutzung des MIV – scheitern<br />
(HOHENADL 1977, 66, SIEDENTOP et al. 2005, 41f.). Neben der <strong>Dichte</strong> sind wei-<br />
27 Die erforderliche Bruttowohndichte (EW/ha brutto) im Einzugsbereich einer Bushaltestelle<br />
lässt sich bei Annahme einer radialen Siedlungsstruktur aus den Angaben zur maximalen<br />
Entfernung <strong>und</strong> zur erforderlichen Mantelbevölkerung im Einzugsbereich errechnen. Wird<br />
von einer radialen Siedlungsstruktur ausgegangen, ergibt sich der Radius (r) bei Annahme<br />
eines Umwegefaktors von 25 % als maximale Wegeentfernung ÷ 1,25. Zur Errechnung<br />
der erforderlichen Bruttowohndichte kann dann die folgende Formel verwendet<br />
werden:<br />
10.000<br />
EW/ha brutto = Mantelbevölkerung × r²π
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 125<br />
tere Einflussfaktoren auf den Verkehrsaufwand zu berücksichtigen wie die Größe<br />
eines Zentrums 28 oder sozio-ökonomische Einflussfaktoren des Mobilitätsverhaltens<br />
(z. B. Einkommen, Bildungsniveau) (HOLZ-RAU 2001, 268; SIEDENTOP et al. 2005,<br />
39). Auch können sich hohe <strong>Dichte</strong>n negativ auf die Verkehrsintensität eines Gebiets<br />
auswirken, z. B. durch eine Steigerung des Freizeitverkehrs (MARTI, HENZ<br />
2001, 8; SIEDENTOP et al. 2005, 40) oder durch Belastungsspitzen mit Verkehrsbehinderungen<br />
<strong>und</strong> längerem Zeitaufwand im Berufsverkehr (HEIDEMANN 1975; SIE-<br />
DENTOP et al. 2005, 42).<br />
Nutzungsgemischte <strong>und</strong> dichte Siedlungsstrukturen stellen damit zwar eine notwendige<br />
Bedingung <strong>für</strong> verkehrssparsames Handeln dar, allerdings werden – vor allem<br />
aufgr<strong>und</strong> weiter sinkender Raumwiderstände – diese Verkehrssparpotenziale dichter<br />
<strong>und</strong> nutzungsgemischter Siedlungsstrukturen immer weniger genutzt (HOLZ-RAU<br />
2001, 268). Gerade vor diesem Hintergr<strong>und</strong> können fiskalische Instrumente (z. B.<br />
Erhöhung der Mineralölsteuer) zu schnelleren Lösungen führen (SIEDENTOP et al.<br />
2005, 41).<br />
Bedarf an Verkehrserschließungsfläche<br />
Mit steigenden <strong>Dichte</strong>n verringert sich ebenfalls der spezifische Bedarf an Verkehrserschließungsflächen.<br />
Zwar ist der Anteil der Verkehrserschließungsfläche in<br />
gering verdichteten Gebieten niedriger, da sich in Baugebieten mit einem geringeren<br />
Maß baulicher Nutzung bessere Möglichkeiten <strong>für</strong> eine sparsame Verkehrserschließung<br />
bieten, allerdings nimmt der spezifische Verkehrserschließungsaufwand je<br />
Wohnung bzw. je Einwohner mit steigender <strong>Dichte</strong> ab (BUCHERT et al. 2004, 22;<br />
MENKHOFF et al. 1979, 63; MÜLLER et al. 1979, 142). Diesen Zusammenhang illustriert<br />
Tabelle 21.<br />
Tabelle 21: Flächenbedarf <strong>für</strong> den fließenden Verkehr in Wohngebieten in<br />
Abhängigkeit der Wohndichte (KORDA 2005, 121)<br />
Nettowohndichte<br />
EW/ha<br />
50<br />
100<br />
150-200<br />
300-350<br />
400<br />
GFZ<br />
0,2<br />
0,2-0,4<br />
0,3-0,8<br />
0,7-1,0<br />
1,0<br />
Flächenbedarf <strong>für</strong> fließenden internen Verkehr<br />
in % des Nettowohnbaulandes<br />
12<br />
13<br />
14<br />
15<br />
16<br />
in m²/ha in m²/EW<br />
1.072<br />
1.154<br />
1.228<br />
1.226-1.305<br />
1.380<br />
24,0<br />
13,0<br />
9,3-5,6<br />
4,8-4,3<br />
4,0<br />
Dieser sinkende spezifische Verkehrserschließungsaufwand bei steigender baulicher<br />
<strong>Dichte</strong> konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden (BUCHERT et al.<br />
2004, 22; MENKHOFF et al. 1979, 63ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 109). Abbildung 36<br />
veranschaulicht den typischen exponentiellen Zusammenhang zwischen Erschließungsaufwand<br />
<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong> am Beispiel des Verkehrserschließungsaufwands in m² je<br />
m² Geschossfläche. Ein überproportionaler Anstieg des Verkehrserschließungsflächenbedarfs<br />
wird daraufhin <strong>für</strong> eine Geschossflächendichte unterhalb von 0,4 konstatiert<br />
(BUCHERT et al. 2004, 22ff.).<br />
28 Laut MARTI, HENZ (2001, 8) sei die verkehrssparsamste Größe eines Zentrums 100.000<br />
bis 500.000 Einwohner in einem polyzentralen Siedlungsraum.
126 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 36: Spezifischer Verkehrserschließungsaufwand in<br />
m² je m² Geschossfläche in Abhängigkeit von der Geschossflächendichte<br />
(BUCHERT et al. 2004, 24 nach MENKHOFF et al. 1979, 67)<br />
m² je m² Geschossfläche<br />
1,6<br />
1,4<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4<br />
Geschossflächendichte<br />
Anhand einer schematischen Darstellung eines Wohngebiets von 1 ha weist SPEN-<br />
GELIN stark differierende Verkehrsflächenbedarfe von Siedlungsformen verschiedener<br />
<strong>Dichte</strong>n nach. So variiert die <strong>für</strong> die Erschließung einer Wohneinheit von 140 m²<br />
Bruttogeschossfläche erforderliche Verkehrsfläche zwischen 105 m² (entspricht<br />
12,6 %) <strong>für</strong> das freistehende Einfamilienhaus mit einer GFZ von 0,2 <strong>und</strong> 10 m² (entspricht<br />
6 %) <strong>für</strong> einen viergeschossigen Zweispänner mit einer GFZ von 0,96<br />
(SPENGELIN 1983, 170f.).<br />
Zu berücksichtigen ist ebenso der mit zunehmender <strong>Dichte</strong> steigende Bedarf an<br />
Flächen <strong>für</strong> den ruhenden Verkehr. Im Zuge der wachsender Schwierigkeiten der<br />
ebenerdigen Parkierung der privaten Pkw (wie bereits in Kapitel 3.3 als Grenze der<br />
Verdichtung genannt) wächst der Bedarf an technischen Lösungen wie automatischen<br />
Parkierungsanlagen (KRAU 1994, 220).<br />
MENKHOFF et al. (1979, 57) heben die Bedeutung von Alternativen zu ebenerdiger<br />
Stellplatzanordnung bei steigenden Maßen baulicher <strong>Dichte</strong> hervor. So hat die Untersuchung<br />
von 21 Demonstrativvorhaben ergeben, dass die GFZ bei ebenerdiger<br />
Stellplatzanordnung mit 0,45 etwa nur halb so hoch liegt wie bei gemischter, mehrgeschossiger<br />
Bebauung mit unterirdischer Unterbringung der Stellplätze <strong>und</strong> einer<br />
GFZ von 0,88-1,07. Je nach Wohnform kann die GFZ durch Unterbringung der<br />
Stellplätze in Tiefgaragen anstelle der ebenerdigen Unterbringung um 5 bis 22 %<br />
erhöht werden (MENKHOFF et al. 1979, 59). Laut BRAKEBUSCH (1969, 58ff.) ist eine<br />
ebenerdige Unterbringung von Stellplätzen zu Lasten der Freifläche oberhalb einer<br />
<strong>Dichte</strong> von 300 Einwohnern je ha, bei der bereits ein Drittel der Freifläche <strong>für</strong> Stellplätze<br />
beansprucht wird, nicht mehr möglich. SPENGELIN (1983, 170) führt aus, dass<br />
höhere <strong>Dichte</strong>n, die eine GFZ von 0,7 übersteigen, nur dann realisiert werden können,<br />
wenn die Unterbringung der Kraftfahrzeuge durch bautechnische Maßnahmen<br />
mit erheblichen Kosten unterstützt wird (SPENGELIN 1983, 170).<br />
APEL et al. (2000, 64f.) stellen fest, dass selbst bei Geschossflächenzahlen von 2,0<br />
noch qualitativ hochwertige Wohnverhältnisse mit einem wohnungsbezogenen Freiraum<br />
von 15 m² pro Person <strong>und</strong> 8 m² nachbarschaftsbezogenen Freiraum gewähr-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 127<br />
leistet werden, wenn der Pkw-Bestand 200 Pkw pro 1.000 EW nicht übersteigt. 29<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> betont MICHAEL (1994, 7), dass <strong>Dichte</strong>begrenzungen vielmehr<br />
<strong>für</strong> den Pkw-Bestand oder die Straßenverkehrsbelastungen gesetzt werden<br />
müssen.<br />
5.1.2 Verkehr <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse bleiben nicht ohne Auswirkungen auf den Verkehr. Der mit<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen verb<strong>und</strong>ene Bevölkerungsrückgang kann zu verringerter<br />
Nachfrage nach Verkehrsleistungen führen. Auch wenn <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />
eine Chance zur Reduzierung der Verkehrsbelastung durch den MIV bieten, so stellen<br />
Prozesse der Ausdünnung der Siedlungsstruktur vor allem <strong>für</strong> den ÖPNV eine<br />
Herausforderung dar.<br />
Rückgang der Nachfrage nach Verkehrsleistungen<br />
Aktuelle <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse in Ostdeutschland haben einen Einfluss auf die<br />
Nachfrage nach Verkehrsleistungen (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 342). Neben einem<br />
reinen Rückgang der Bevölkerung hat auch die Veränderung der Altersstruktur<br />
der Bevölkerung im Zuge des demographischen Wandels einen entscheidenden<br />
Einfluss auf den Verkehrsaufwand (WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW<br />
2004, 17). Im Zuge des demographischen Wandels ist, trotz einer steigenden spezifischen<br />
Mobilität <strong>und</strong> einer steigenden Verkehrsbeteiligung aller Altersklassen, künftig<br />
mit einer Abnahme des Personenverkehrsaufkommens <strong>und</strong> der Personenverkehrsleistungen<br />
zu rechnen. Verursacht wird diese Verringerung der Nachfrage zum<br />
einen durch eine Abnahme der Gesamtbevölkerung <strong>und</strong> zum anderen durch eine<br />
geringere Besetzung der mobileren Altersklassen, vor allem der Schüler <strong>und</strong> Berufstätigen<br />
(TOPP 2006, 87).<br />
Während <strong>für</strong> den MIV noch von einem weiteren Zuwachs ausgegangen wird, z. B.<br />
von einer Steigerung des Aufwands <strong>für</strong> Kfz-Fahrten um 5-10 % bis 2015 (AHRENS,<br />
HEINEMANN 2002, 63), wird <strong>für</strong> den ÖPNV ab 2003 mit einem permanenten Rückgang<br />
des Verkehrsaufkommens (d. h. der Anzahl der Fahrgäste) gerechnet, bis dieses<br />
im Jahr 2050 nur noch in etwa 20-25 % des Ausgangsniveaus beträgt (SOMMER<br />
2005, 9f.).<br />
In Folge der Abnahme der Bevölkerungs- <strong>und</strong> Nachfragerzahl <strong>und</strong> der räumlichen<br />
Entdichtung nehmen, vor allem im ÖPNV, die spezifischen Kosten <strong>und</strong> Belastungen<br />
pro Nutzer durch Verkehrsinfrastrukturen <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Erbringung von Verkehrsleistungen<br />
zu. Aufgr<strong>und</strong> von bestehenden Fixkosten können Leistungen nicht stufenlos<br />
angepasst werden, es kommt zu Kostenremanenzen (s. auch Kapitel 8.4.1).<br />
Gleichzeitig nimmt die Tragebevölkerung dieser zunehmenden Finanzierungslasten<br />
ab, so dass die Kosten pro Einwohner überproportional ansteigen. Mit der Verringerung<br />
<strong>und</strong> Alterung der Bevölkerung gehen Verluste <strong>für</strong> die öffentlichen Haushalte<br />
einher, so dass die öffentliche Finanzierung der Verkehrsinfrastrukturen zunehmend<br />
erschwert wird (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 341). So wird z. B. <strong>für</strong> das Land Sachsen<br />
vom 2002 bis 2020 allein aufgr<strong>und</strong> der Bevölkerungsentwicklung mit einem<br />
Rückgang des realen Steueraufkommens um r<strong>und</strong> ein Viertel gerechnet (BLÜMEL<br />
2006, 208). Hinzu kommen europarechtliche Einschnitte in die Finanzierung <strong>und</strong> ein<br />
Rückzug des Staates aus der Daseinsvorsorge (TOPP 2006, 87).<br />
29 In Berlin als deutscher Stadt mit dem geringsten Motorisierungsgrad betrug dieser 2005<br />
361 Pkw je 1.000 Einwohner (AMT FÜR STATISTIK BERLIN-BRANDENBURG 2007a, b).
128 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Somit stellt schon allein der finanzielle Bedarf zur Erhaltung der Verkehrsinfrastrukturen<br />
die Städte <strong>und</strong> Gemeinden vor enorme Herausforderungen der Rationalisierung<br />
<strong>und</strong> Effizienzsteigerung (AHRENS, HEINEMANN 2002, 63). Ein weiterer Kostenanstieg<br />
ergibt sich dann, wenn durch Siedlungsdispersion vorhandene Verkehrsinfrastrukturen<br />
<strong>und</strong> -leistungen ausgeweitet werden müssen (WISSENSCHAFTLICHER<br />
BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 15).<br />
Entdichtung als Chance zur Reduzierung der Belastung durch den MIV?<br />
In Kernstädten bieten Bevölkerungsrückgänge Chancen zur Verbesserung der<br />
Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität in stark verkehrsbelasteten Räumen (HOLZ-RAU, SCHEI-<br />
NER 2004, 345). Im Hinblick auf den MIV können Bevölkerungsrückgänge zu einem<br />
Abbau von Spitzenlasten <strong>und</strong> zu einem Teilrückbau von Straßenanlagen führen<br />
sowie eine bessere Organisation des ruhenden Verkehrs ermöglichen. Durch die<br />
leistungsgerechte Bündelung des Kfz-Verkehrs auf ein Minimalnetz können die Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> ruhiges Wohnen in der Stadt verbessert werden, vor allem wenn<br />
sie mit Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds auf dem Nebennetz einhergehen<br />
(AHRENS, HEINEMANN 2002, 64; WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM<br />
BMVBW 2004, 12).<br />
Allerdings können <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozesse auch aus Sicht des<br />
individuellen Autoverkehrs zu Nachteilen führen. So können die längeren Wege in<br />
der ausgedünnten <strong>und</strong> perforierten Stadt dazu führen, dass die durch den Bevölkerungsrückgang<br />
hervorgerufene Entlastung durch den Autoverkehr zum Teil wieder<br />
aufgefüllt wird (TOPP 2006, 90). Zwar sinkt bei geringen Einwohnerdichten der absolute<br />
Unterhaltungsaufwand <strong>für</strong> die Straßenverkehrsinfrastruktur, jedoch steigt der<br />
spezifische Aufwand pro Person (WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004,<br />
12).<br />
Entdichtung <strong>und</strong> demographischer Wandel als Herausforderung <strong>für</strong> den ÖPNV<br />
Wie bereits dargestellt wurde, ist von dem erwarteten Rückgang der Verkehrsnachfrage<br />
vor allem der ÖPNV betroffen. Zwar kann die Abnahme der Gesamtnachfrage<br />
im ÖPNV sowie die räumliche <strong>und</strong> zeitliche Flexibilisierung der Arbeitswelt den Abbau<br />
von gerade im Berufsverkehr auftretenden Spitzenlasten ermöglichen (TOPP<br />
2006, 87, WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 12f.), andererseits kann<br />
es sogar schon in den Kernstädten zu einer Unterauslastung des ÖPNV-Angebots<br />
kommen (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 345).<br />
Neben der Veränderung der Bevölkerungszahl erschweren dabei auch allgemeine<br />
gesellschaftliche Trends die Gewährleistung eines tragfähigen ÖPNV-Angebots:<br />
Suburbanisierungsprozesse führen zu entdichteten <strong>und</strong> entmischten Siedlungsstrukturen,<br />
die die Leistungsfähigkeit von Angeboten des ÖPNV einschränken (WISSEN-<br />
SCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 5ff.). Daneben erschwert eine zunehmende<br />
zeitliche Flexibilisierung der Verkehrsbeziehungen (z. B. durch veränderte<br />
Arbeitszeitmodelle) die Kalkulierbarkeit von Verkehrsbeziehungen (TOPP 2006, 87).<br />
Solche zunehmend tangentialen <strong>und</strong> räumlich flexibilisierten Verkehrsbeziehungen<br />
lassen sich nur noch schwer durch konventionelle Formen des ÖPNV wie S-Bahn,<br />
U-Bahn, Regionalbahn oder Regio-Stadtbahn bewältigen (WISSENSCHAFTLICHER<br />
BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 10).<br />
Die Zunahme der Motorisierung bei Frauen <strong>und</strong> Rentnern, die Zunahme der Kleinhaushalte<br />
sowie der Haushalte mit peripheren Wohnstandorten lassen eine Zunah-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 129<br />
me des MIV <strong>und</strong> eine Abnahme der Nachfrage nach Leistungen des ÖPNV erwarten<br />
(WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 11).<br />
Mit dem Rückgang der Zahl der Erwerbspersonen nimmt der Berufsverkehr ab, der<br />
heute trotz der Problematik von Spitzenlasten eine wesentliche tragende Säule des<br />
ÖPNV darstellt (TOPP 2006, 87). Die Verringerung der Fahrzeugauslastung mindert<br />
die Kostendeckung <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit, insbesondere des hochleistungsfähigen<br />
schienengeb<strong>und</strong>enen ÖPNV. Vor allem in peripheren <strong>und</strong> altindustrialisierten Räumen<br />
mit Entleerungstendenzen sowie Rückbauquartieren der Großwohnsiedlungen<br />
<strong>und</strong> Gründerzeitquartieren kann ein Rückbau der Verkehrsinfrastruktur bzw. eine<br />
Anpassung der Betriebsformen erforderlich werden, um Betriebs-, Unterhaltungs-<br />
<strong>und</strong> Erhaltungskosten zu reduzieren. Dies betrifft vor allem Großgefäße des ÖPNV<br />
(S-Bahn, Regionalbahn, Stadt-/Straßenbahn, Standardlinienbusse). Bei dem Erfordernis<br />
von Ersatzinvestitionen ist daher die Umstellung der Straßenbahn- <strong>und</strong><br />
Stadtbahnnetze auf Bus- <strong>und</strong> Stadtbussysteme zu prüfen (WISSENSCHAFTLICHER<br />
BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 15). Bindungsfristen von Fördermitteln erschweren eine<br />
solche Systemanpassung allerdings dort, wo Straßenbahnsysteme nach der Wende<br />
mit hohem Aufwand modernisiert <strong>und</strong> ausgebaut wurden (BLÜMEL 2006, 205).<br />
In ländlich peripheren Räumen bedeutet der mittel- <strong>und</strong> langfristige Rückgang der<br />
Schülerzahlen reale Einnahmeverluste <strong>und</strong> damit eine erhebliche Zunahme der<br />
spezifischen Kosten je Fahrgast, so dass es zu Einschränkungen der Angebotsqualität<br />
oder des gesamten Angebots kommt. Aufgr<strong>und</strong> der Ausdünnung der Kindergärten<br />
<strong>und</strong> Schulen ist mit einer Verlängerung der Ausbildungswege zu rechnen (HOLZ-<br />
RAU, SCHEINER 2004, 343f.).<br />
Bei einer Verschlechterung des Angebots, z. B. durch verlängerte Taktzeiten <strong>und</strong><br />
eingestellte Linienäste, besteht die Gefahr einer weiteren Verkehrsverlagerung zugunsten<br />
des MIV. Entdichtungsprozesse in peripheren Räumen können eine sich<br />
selbst verstärkende Wirkung entfalten, wenn in Folge des Nachfragerückgangs Mobilitätsangebote<br />
nach Art, Qualität oder Quantität eingeschränkt werden <strong>und</strong> somit<br />
die Attraktivität des Standortes weiter sinkt (TOPP 2006, 90; WISSENSCHAFTLICHER<br />
BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 2).<br />
Lösungen können hier wahrscheinlich nur durch alternative Bedienformen wie z. B.<br />
Bürgerbusse gef<strong>und</strong>en werden (AHRENS, HEINEMANN 2002, 65; WISSENSCHAFTLI-<br />
CHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 15f.). Um einen weiteren Umstieg der verbleibenden<br />
K<strong>und</strong>en auf den MIV zu vermeiden, sollte allerdings die Qualität des ÖPNV-<br />
Angebots soweit wie möglich gehalten werden (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 346).<br />
In ländlichen Räumen sehr geringer Bevölkerungsdichte (wie z. B. Nord-<br />
Brandenburg mit 20 EW/km²) sind jedoch bereits heute selbst flexible Angebote des<br />
ÖPNV wie Rufbus <strong>und</strong> Anruf-Sammeltaxi nicht mehr ohne massive öffentliche Zuschüsse<br />
realisierbar (TOPP 2006, 87). Für ges<strong>und</strong>heitlich eingeschränkte bzw. nicht<br />
über einen Pkw verfügende Menschen wird, in Folge von nicht vermeidbaren Einschränkungen<br />
im ÖPNV-Angebot, die Erreichbarkeit wichtiger Ziele wie Einzelhandel,<br />
medizinische Versorgung <strong>und</strong> Dienstleistungen zum Problem (HOLZ-RAU,<br />
SCHEINER 2004, 344).<br />
5.1.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus<br />
Sicht des Verkehrs<br />
Dargestellt werden zum einen qualitative Zielrichtungen der Verkehrsentwicklung<br />
<strong>und</strong> zum anderen quantifizierte Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden
130 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Städten aus Sicht des Verkehrs. Da vor allem der ÖPNV von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
betroffen ist, werden die Kriterien in erster Linie vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Sicherung<br />
von Mindeststandards der ÖPNV-Versorgung abgeleitet.<br />
Zielrichtung der Verkehrsentwicklung in schrumpfenden Städten – qualitative<br />
Kriterien<br />
Die dargestellten Auswirkungen von Bevölkerungsrückgängen <strong>und</strong> demographischem<br />
Wandel verdeutlichen, dass bei fortlaufender Entdichtung von Siedlungsstrukturen<br />
die Sicherung eines tragfähigen Mindestangebots im ÖPNV immer weniger<br />
gewährleistet werden kann. Gerade in schrumpfenden Städten mit exponentiell<br />
ansteigendem Verkehrsaufwand im ÖPNV ist damit vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Daseinsvorsorge<br />
die Erhaltung von Mindestdichten erforderlich, um einen wirtschaftlich<br />
tragfähigen ÖPNV zu sichern <strong>und</strong> damit die Zugangsmöglichkeiten aller Bevölkerungsgruppen<br />
zu Einrichtungen der Daseinsvorsorge zu gewährleisten. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> ist unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen vor allem eine Koordinierung der<br />
Siedlungs- <strong>und</strong> Standortentwicklung mit der Verkehrsinfrastruktur- <strong>und</strong> -angebotsplanung<br />
erforderlich, die eine Mindestdichte von Siedlungsstrukturen fördert (WIS-<br />
SENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 16). In Gebieten sehr geringer <strong>Dichte</strong>n<br />
hingegen sollte die Erreichbarkeit über alternative Bedienformen des ÖPNV gesichert<br />
werden (AHRENS, HEINEMANN 2002, 65).<br />
Zum siedlungsstrukturellen Ziel der Konzentration der Bebauung entlang der Achsen<br />
des leistungsfähigen schienengeb<strong>und</strong>enen ÖPNV <strong>und</strong> zur Schaffung kompakter<br />
durchmischter Strukturen besteht gerade in schrumpfenden Räumen „keine Alternative“,<br />
auch wenn diese Strategie in der Vergangenheit in ihrer Umsetzung nur eingeschränkt<br />
erfolgreich war (AHRENS, HEINEMANN 2002, 65).<br />
Innenentwicklung, z. B. durch kleinräumige Ergänzungen im Siedlungsbestand zur<br />
Vermeidung einer Abwanderung in die Peripherie, kann zu einer Stabilisierung der<br />
Nachfrage des ÖPNV beitragen (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 346) <strong>und</strong> somit helfen,<br />
Investitions- <strong>und</strong> Betriebskosten im ÖPNV zu reduzieren. Zudem trägt mit Nutzungsmischung<br />
verb<strong>und</strong>ene Innenentwicklung dazu bei, dass mehr Ziele zu Fuß<br />
<strong>und</strong> mit dem Fahrrad erreicht werden können. <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> nutzungsgemischte Quartiere<br />
erweisen sich als robust <strong>und</strong> krisenfest, sind weniger autoabhängig <strong>und</strong> ermöglichen<br />
Erreichbarkeit auch bei sinkendem Einkommen <strong>und</strong> steigenden Mobilitätskosten<br />
(TOPP 2006, 90f.).<br />
Bei Rückbau sollte sich der verbleibende Siedlungsbestand auf ÖPNV-Haltepunkte<br />
konzentrieren (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 346). Entdichtung durch Rückbau von<br />
Wohneinheiten sollte vor allem dort erfolgen, wo die ÖPNV-Erschließung ungünstig<br />
ist <strong>und</strong>/oder wo die Wohnqualität durch die Lärmbelastungen an Hauptverkehrsstraßen<br />
beeinträchtigt ist. Allerdings fallen Lärmbelastung durch Haupterschließungsstraßen<br />
<strong>und</strong> gute Erschließung durch einen leistungsfähigen ÖPNV häufig zusammen,<br />
so dass Lärmgutachten helfen sollten, verschiedene Rückbauvarianten zu<br />
bewerten (AHRENS, HEINEMANN 2002, 65).<br />
Auch wenn der Rückbau von Netzen zunächst Kosten verursacht, können über die<br />
mittelfristige Reduzierung des Ersatz- <strong>und</strong> Erhaltungsbedarf langfristig Kostenvorteile<br />
erzielt werden:<br />
„Kompakte <strong>und</strong> gemischte Strukturen sowie eine Abstimmung der Siedlungsentwicklung<br />
auf bestehende Verkehrsnetze weisen langfristige Kostenvorteile
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 131<br />
auf, die bei abnehmender <strong>und</strong> alternder Bevölkerung noch stärker ins Gewicht<br />
fallen werden“ (HOLZ-RAU, SCHEINER 2004, 347).<br />
Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des<br />
Verkehrs<br />
Tabelle 22 stellt nach Stadtstrukturtypen differenzierte <strong>und</strong> quantifzierte Kriterien<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des Verkehrs dar. Dabei<br />
wird Bezug genommen auf die wesentlichen Ziele einer Sicherung von Mindestdichten<br />
zur Gewährleistung eines tragfähigen <strong>und</strong> attraktiven ÖPNV-Angebots sowie<br />
zur Minimierung des Gesamtverkehrsaufwands.<br />
Die abgeleiteten Kriterien wurden <strong>für</strong> städtische Räume ermittelt <strong>und</strong> gehen davon<br />
aus, dass ein tragfähiges <strong>und</strong> attraktives ÖPNV-Angebot ein wesentlicher Bestandteil<br />
städtischer Qualität ist, den es zu sichern gilt. Natürlich sind, bei entsprechenden<br />
gesamtgesellschaftlichen Entscheidungen <strong>für</strong> eine deutliche Herabsenkung derzeitiger<br />
Standards oder <strong>für</strong> drastische Kostensteigerungen auch alternative Konzepte<br />
bei deutlich geringeren <strong>Dichte</strong>n denkbar. Gerade <strong>für</strong> ländliche Räume sind anstelle<br />
einer Sicherung der hier angegebenen Mindestdichten vielmehr Konzepte alternativer<br />
Versorgungsstrukturen zu diskutieren.<br />
Entsprechend der unterschiedlichen Ausgangsdichten <strong>und</strong> spezifischen Qualitäten<br />
der Stadtstrukturtypen werden <strong>für</strong> das ÖPNV-Angebot unterschiedliche Versorgungsstandards<br />
angenommen, die zu erhalten sind <strong>und</strong> die zu den jeweiligen Mindestdichten<br />
führen. Während z. B. <strong>für</strong> innerstädtische gründerzeitliche Blockbebauung<br />
sowie <strong>für</strong> dichte Großwohnsiedlungen in Plattenbauweise eine schienengeb<strong>und</strong>ene<br />
Erschließung erhalten werden sollte, ist <strong>für</strong> gering verdichtete Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebiete<br />
lediglich eine Erschließung durch den Busverkehr vorgesehen,<br />
die weitaus geringere <strong>Dichte</strong>n erfordert. Letztendlich ergeben sich <strong>für</strong> die verschiedenen<br />
Stadtstrukturtypen unterschiedliche Korridore angemessener <strong>Dichte</strong>n zur<br />
Sicherung eines tragfähigen ÖPNV, so sind <strong>für</strong> Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebiete<br />
Geschossflächenzahlen zwischen 0,1 <strong>und</strong> 0,4 vorzusehen (entspricht 20 bis 80<br />
Einwohner je ha Nettowohnbauland) <strong>und</strong> <strong>für</strong> die innerstädtische gründerzeitliche<br />
Blockbebauung Geschossflächenzahlen von 0,9 bis 1,2 (entsprechend 200 bis 260<br />
Einwohner je ha Nettowohnbauland).<br />
Da die <strong>Dichte</strong>angaben, auf die hier zurückgegriffen wird, vorrangig auf Studien beruhen,<br />
die vor dem Hintergr<strong>und</strong> von Wachstum erarbeitet wurden, erfolgt eine Anpassung<br />
an schrumpfende Städte. So werden bei Ableitung der <strong>Dichte</strong>ziele aus den<br />
zitierten <strong>Dichte</strong>modellen westdeutscher Großstädte die Klassen der höchsten <strong>Dichte</strong>werte,<br />
die vor einem kernstädtischen Hintergr<strong>und</strong> gesetzt wurden, ausgeblendet<br />
<strong>und</strong> vor allem <strong>Dichte</strong>zielwerte <strong>für</strong> Wohnbebauung mittlerer oder geringer <strong>Dichte</strong>n<br />
herangezogen.<br />
Zu berücksichtigen ist, dass diese <strong>Dichte</strong>n schwerlich allein durch siedlungsstrukturelle<br />
Maßnahmen gesichert werden können. Vielmehr scheint eine Ergänzung durch<br />
fiskalische Maßnahmen sinnvoll (SIEDENTOP et al. 2005, 41). Ebenso sollten verkehrsplanerische<br />
Handlungsansätze wie z. B. Telematik oder Förderung von Car-<br />
Sharing genutzt werden, um noch kurzfristig auftretende Nachfragespitzen abzufedern<br />
<strong>und</strong> eine weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bei abnehmender Bevölkerung<br />
zu vermeiden (AHRENS, HEINEMANN 2002, 66; HOLZ-RAU, SCHEINER 2004,<br />
347).
132 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Tabelle 22: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des<br />
Verkehrs differenziert nach Stadtstrukturtypen<br />
Stadtstrukturtyp Qualitative <strong>Dichte</strong>kriterien EW je ha<br />
brutto<br />
Block<br />
(36,6 m² Wohnfläche<br />
je Einwohner) 1<br />
Platte<br />
(29,4 m² Wohnfläche<br />
je Einwohner)<br />
Zeile<br />
(32 m² Wohnfläche je<br />
Einwohner)<br />
Geschosswohnungsbau<br />
nach 1990<br />
(37,9 m² Wohnfläche<br />
je Einwohner)<br />
Ein- /Zweifamilienhäuser<br />
(40 m² Wohnfläche<br />
je Einwohner)<br />
Sicherung eines guten<br />
ÖPNV-Angebots in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
Quantitative <strong>Dichte</strong>kriterien 2<br />
EW je ha<br />
netto<br />
GFZ<br />
Quelle<br />
140-180 200-260 0,9-1,2 Synopse<br />
<strong>Dichte</strong>modelle 3<br />
(U-Bahn, Straßenbahn, Bus) Min. 100 140 0,6 BREITLING 1974<br />
In Großstädten<br />
S-Bahn-Anschluss Min. 150 210 1,0 DROß 1996<br />
Sicherung eines guten<br />
ÖPNV-Angebots in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
180-230 250-330 0,9-1,2 Synopse<br />
<strong>Dichte</strong>modelle<br />
Min. 100 140 0,5 BREITLING 1974<br />
In Großstädten<br />
S-Bahn-Anschluss Min. 150 210 0,8 DROß 1996<br />
Sicherung eines guten<br />
ÖPNV-Angebots in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
Sicherung eines guten<br />
ÖPNV-Angebots in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
120-160 180-230 0,7-0,9 Synopse<br />
<strong>Dichte</strong>modelle<br />
Min. 100 140 0,6 BREITLING 1974<br />
110-130 150-190 0,7-0,9 Synopse<br />
<strong>Dichte</strong>modelle<br />
Min. 100 140 0,7 BREITLING 1974<br />
40-70 60-110 0,3-0,5<br />
Minimierung des Verkehrserschließungsaufwands<br />
60 80<br />
min.<br />
0,4<br />
Anschluss an den<br />
Busverkehr 15-60 20-80 0,1-0,4<br />
Minimierung des Verkehrserschließungsaufwands<br />
46 65 0,3<br />
60 80 0,4<br />
MARTI, HENZ<br />
2001<br />
BUCHERT et al.<br />
2004<br />
Eig. Berechnungen<br />
nach<br />
BREITLING 1974<br />
SIEDENTOP et<br />
al. 2006<br />
BUCHERT et al.<br />
2004<br />
1 Zur individuellen Wohnflächeninanspruchnahme in verschiedenen Stadtstrukturtypen s. Anhang IV<br />
2 Auf die angegebene Quelle zurückgehende <strong>Dichte</strong>werte sind jeweils fett hervorgehoben, die anderen Werte<br />
wurden errechnet.<br />
3 Da es sich hier um <strong>Dichte</strong>zielkorridore <strong>für</strong> schrumpfende Städte handelt, werden die in den <strong>Dichte</strong>modellen<br />
vor einem kernstädtischen Hintergr<strong>und</strong> gesetzten höchsten <strong>Dichte</strong>klassen hier nicht berücksichtig. Verwendet<br />
werden die <strong>Dichte</strong>klassen <strong>für</strong> Wohngebiete von, je nach Stadtstrukturtyp, hoher bis niedriger <strong>Dichte</strong>.<br />
5.2 Soziale Infrastruktur<br />
Die Einwohnerdichte im Einzugsbereich von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur<br />
ist eine wichtige Größe <strong>für</strong> die Tragfähigkeit dieser Einrichtungen. Sinkende Einwohnerdichten<br />
in schrumpfenden Städten haben demzufolge Auswirkungen auf die<br />
Versorgung mit sozialer Infrastruktur. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> stellt der folgende Teil<br />
zunächst die allgemeinen Zusammenhänge zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Versorgung mit<br />
sozialer Infrastruktur dar, um anschließend die Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
auf diese Infrastrukturen aufzuzeigen. Abschließend werden Kriterien
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 133<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der sozialen Infrastruktur<br />
abgeleitet.<br />
5.2.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> soziale Infrastruktur<br />
Der wirtschaftliche Betrieb sozialer Einrichtungen erfordert eine bestimmte Nutzerzahl<br />
in ihrem Einzugsbereich. Daher bestehen enge Beziehungen zwischen der<br />
Einwohnerdichte in einem Gebiet <strong>und</strong> der Entfernung zur nächsten Einrichtung.<br />
Nach einer kurzen Begriffsdefinition werden diese Zusammenhänge im Folgenden<br />
anhand einiger ausgewählter Einrichtungen der sozialen Infrastruktur exemplarisch<br />
dargestellt. Dabei werden solche Einrichtungen der sozialen Infrastruktur betrachtet,<br />
die im Zuge des demographischen Wandels besonders von Rückgängen der Nutzerzahlen<br />
betroffen sind wie Schulen <strong>und</strong> Kindergärten.<br />
Definition des Begriffs der sozialen Infrastruktur<br />
Soziale Infrastruktur <strong>und</strong> Gemeinbedarf werden hier synonym verwendet. Dabei<br />
umfasst die soziale Infrastruktur ein weites Spektrum an Einrichtungen <strong>und</strong> Anlagen,<br />
mit denen die Kommunen die öffentliche Daseinsvorsorge <strong>für</strong> ihre Bürger gewährleisten<br />
wie Einrichtungen des Bildungswesens, des Ges<strong>und</strong>heitswesens sowie Sozialeinrichtungen,<br />
Kultureinrichtungen, Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung<br />
<strong>und</strong> Sicherheit sowie Erholungs-, Sport- <strong>und</strong> Freizeiteinrichtungen. Zur sozialen Infrastruktur<br />
können auch solche Einrichtungen zählen, die der Allgemeinheit gegen<br />
Gebühr zur Verfügung stehen oder ihrem Eigentümer einen wirtschaftlichen Nutzen<br />
erbringen, sofern an ihnen ein öffentliches Interesse besteht (SCHÖNING, BORCHARD<br />
1992, 44; ZAPF 2005, 1025).<br />
<strong>Dichte</strong> als Einflussgröße <strong>für</strong> die Dimensionierung <strong>und</strong> Erreichbarkeit sozialer<br />
Infrastruktur<br />
Herausragendes Merkmal <strong>für</strong> die Dimensionierung sowie Bestimmung der Standorte<br />
der sozialen Infrastruktureinrichtungen ist die Einwohnerzahl (ZAPF 2005, 1029) <strong>und</strong><br />
bei altersspezifischen Einrichtungen die Altersstruktur der Bevölkerung (SIEDENTOP<br />
et al. 2006, 69). Bei diesen alterspezifischen Angeboten erfolgt die Dimensionierung<br />
der Einrichtungen anhand von angenommenen Versorgungs-/Nutzungsquoten der<br />
entsprechenden Altersjahrgänge. Tabelle 23 zeigt am Beispiel des Kindergartens<br />
wesentliche Größen <strong>für</strong> die Dimensionierung einer Einrichtung der sozialen Infrastruktur.<br />
Tabelle 23: Größen <strong>für</strong> die Dimensionierung von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur:<br />
Beispiel Kindergarten (KOCH 2005, 201, 205; KORDA 2005, 122; SCHÖNING, BOR-<br />
CHARD 1992, 48; SCHRAMM et al. 1981, 61)<br />
Kriterium Wert<br />
Nutzer Kinder im Alter von 3 bis 6,5 Jahren<br />
Nutzerpotenzial<br />
70-90 % der Kinder bei einem Bevölkerungsanteil von 0,6 bis<br />
0,7 % je Altersjahrgang<br />
Mindesteinzugsbereich 2.000-3.000 Einwohner<br />
Betriebsgröße 15-25 Kinder pro Gruppe bei einer Gruppe je Altersjahrgang<br />
Erreichbarkeit 300 bis maximal 600 m<br />
Die Tragfähigkeit der Einrichtungen der sozialen Infrastruktur ergibt sich aus deren<br />
Dimensionierung <strong>und</strong> Verortung im Wechselspiel mit der aus betriebsorganisatorischer<br />
Sicht günstigen Einrichtungsgröße <strong>und</strong> der daraus resultierenden Mindest-
134 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
einwohnerzahl im Einzugsbereich, den aus Nutzersicht zumutbaren Entfernungen<br />
<strong>und</strong> der zielgruppenspezifischen Bevölkerungsdichte im Einzugsbereich der Einrichtungen<br />
(SCHRAMM et al. 1981, 50ff.). Hohe Einwohnerdichten ermöglichen, dass <strong>für</strong><br />
die Tragfähigkeit sozialer Infrastrukturen erforderliche Mindesteinwohnerzahlen innerhalb<br />
geringerer Entfernungen erzielt werden. Geringe Einwohnerdichten hingegen<br />
führen dazu, dass die Beibehaltung von günstigen Einrichtungsgrößen <strong>und</strong> daraus<br />
resultierenden Mindesteinwohnerzahlen weitere Entfernungen zur nächsten<br />
Einrichtung verursachen (BREITLING 1974, 66).<br />
Abbildung 37: Beziehungen zwischen Einwohnerdichten, Entfernung vom Zentrum<br />
<strong>und</strong> Einwohnerzahl (Eigene Darstellung in Anlehnung an BREITLING 1974, 65) 30<br />
Einwohner je ha<br />
1000<br />
100<br />
78<br />
100<br />
200<br />
300<br />
500<br />
10000<br />
1000<br />
2000<br />
30000<br />
3000<br />
50000<br />
5000<br />
100000<br />
10<br />
100 350<br />
Entfernung in m<br />
600 1000<br />
Gr<strong>und</strong>schule<br />
600 m<br />
10.000 Einwohner<br />
100 EW / ha<br />
Kindergarten<br />
350 m<br />
3.000 Einwohner<br />
78 EW / ha<br />
Abbildung 37 illustriert den Zusammenhang zwischen Einwohnerdichte, Entfernung<br />
vom Zentrum <strong>und</strong> erzielbarer Einwohnerzahl anhand eines Nomogramms. Bei der<br />
vereinfachenden Annahme einer radialen Siedlungsstruktur ergibt sich aufgr<strong>und</strong> des<br />
quadratischen Verhältnisses aus Radius <strong>und</strong> Flächeninhalt bei sinkenden Einwohnerdichten<br />
eine deutliche Steigerung der Entfernungen zu den Einrichtungen. Wird<br />
z. B. angestrebt, einen Kindergarten in einem Radius von 350 m um einen Wohnort<br />
31 bereitzustellen, <strong>und</strong> ist hierzu eine Mantelbevölkerung von 3.000 Einwohnern<br />
erforderlich, so ergibt sich eine Mindesteinwohnerdichte innerhalb des Radius von<br />
78 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland, <strong>und</strong> damit von etwa 110 Einwohnern je ha<br />
Nettowohnbauland 32 . Eine Gr<strong>und</strong>schule im Umkreis von 600 m (<strong>und</strong> damit in einer<br />
30 10.000<br />
EW/ha brutto = Mantelbevölkerung ×<br />
r²π<br />
31 Dies beträgt bei einem bei einem Umwegefaktor von 25 % einer Entfernung von 440 m.<br />
32 Innerhalb eines Radius von 350 m befinden sich nicht nur reine Wohnbaugr<strong>und</strong>stücke,
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 135<br />
maximalen Wegeentfernung von 750 m) erfordert, bei einer Mantelbevölkerung von<br />
10.000 Einwohnern, eine <strong>Dichte</strong> von 100 Einwohnern je ha Brutto- <strong>und</strong> damit 140<br />
Einwohnern je ha Nettowohnbauland.<br />
Exkurs 11: Modellrechnung zu Einwohnerdichten, Wegeentfernungen <strong>und</strong> Betriebsgrößen<br />
am Beispiel von Kindergärten<br />
Anhand aktueller Bevölkerungszahlen <strong>für</strong> das Land Sachsen im Jahr 2004 sowie der bereits<br />
zitierten Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte zur Dimensionierung von Kindergärten erfolgt eine<br />
Modellierung der Zusammenhänge zwischen Einwohnerdichten, erforderlichen Betriebsgrößen<br />
<strong>und</strong> der Wegeentfernung zwischen Wohnort <strong>und</strong> Einrichtung. Dabei wird eine radiale<br />
Siedlungsstruktur angenommen. In den Modellrechnungen in Tabelle 24 bis Tabelle 26 werden<br />
jeweils zwei der drei Größen entsprechend der Orientierungswerte konstant gehalten <strong>und</strong><br />
die resultierende dritte Größe errechnet.<br />
Geht man von den definierten Normen einer maximalen Wegeentfernung von 500 m sowie<br />
einer Gruppengröße von 25 Kindern je Altersjahrgang aus, ergeben sich je nach Nutzungsquote<br />
im Altersjahrgang erforderliche Einwohnerdichten im Einzugsbereich des Kindergartens<br />
von 76 bis 102 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland (entsprechend 106-142 Einwohner je ha<br />
Nettowohnbauland). Geht man hingegen von einer derzeit <strong>für</strong> Einfamilienhausgebiete typischen<br />
Einwohnerdichte von 28 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland (40 Einwohnern je ha<br />
Nettowohnbauland) aus, ergibt sich bei einer Beibehaltung der Gruppengröße von 25 Kindern<br />
eine Wegeentfernung von 2.500 bis 3.000 m. Bei einer Einwohnerdichte von 28 Einwohnern<br />
je ha Bruttowohnbauland <strong>und</strong> einer definierten maximalen Entfernung von 500 m wäre eine<br />
drastische Reduzierung der Gruppengröße auf 7-9 Kinder erforderlich.<br />
Tabelle 24: Erforderliche Bruttoeinwohnerdichten <strong>für</strong> die Versorgung mit Kindergartenplätzen bei maximaler<br />
Wegeentfernung von 500 m <strong>und</strong> Gruppengröße von 25 Kindern je Altersjahrgang (Eigene Berechnung)<br />
Altersjahrgang <br />
Absolut<br />
1<br />
% Gesamtbevölkerung<br />
Nutzungs-<br />
quote im<br />
Altersjahrgang 2<br />
Gruppen-<br />
größe 3<br />
Bevölkerung<br />
im Einzugs-<br />
bereich 5<br />
Max.<br />
Entfernung<br />
in m 4<br />
Radius<br />
in m 6<br />
Einwohner<br />
je ha<br />
brutto 7<br />
3-4 31.754 0,74 0,66 25 5.118 500 400 102<br />
4-5 32.667 0,76 0,86 25 3.824 500 400 76<br />
5-6 30.775 0,72 0,91 25 3.815 500 400 76<br />
Tabelle 25: Wegeentfernung zum Kindergarten bei Einwohnerdichte von 28 EW/ha(brutto) <strong>und</strong> Gruppengröße<br />
von 25 Kindern je Altersjahrgang (Eigene Berechnung)<br />
Alters-<br />
jahr-<br />
gang<br />
Absolut<br />
% Gesamtbevölkerung<br />
Nutzungs-<br />
quote im<br />
Altersjahrgang<br />
Gruppen-<br />
größe<br />
Bevölkerung<br />
im Einzugs-<br />
bereich<br />
Einwohner<br />
je ha<br />
brutto<br />
Radius<br />
in m<br />
Max.<br />
Entfernung<br />
in m<br />
3-4 31.754 0,74 0,66 25 5.118 28 2.396 2.995<br />
4-5 32.667 0,76 0,86 25 3.824 28 2.071 2.589<br />
5-6 30.775 0,72 0,91 25 3.815 28 2.069 2.586<br />
Tabelle 26: Gruppengröße je Altersjahrgang von Kindergartengruppen bei Einwohnerdichte von 28<br />
EW/ha(brutto) <strong>und</strong> maximaler Wegeentfernung von 500 m (Eigene Berechnung)<br />
Alters-<br />
jahr-<br />
gang<br />
Absolut<br />
% Gesamtbevölkerung<br />
Nutzungs-<br />
quote im<br />
Altersjahrgang<br />
Einwohner<br />
je ha<br />
brutto<br />
Radius<br />
in m<br />
Maximale<br />
Entfernung<br />
in m<br />
Bevölkerung<br />
im Einzugsbereich<br />
Gruppen-<br />
größe<br />
3-4 31.754 0,74 0,66 28 400 500 1.407 7<br />
4-5 32.667 0,76 0,86 28 400 500 1.407 9<br />
5-6 30.775 0,72 0,91 28 400 500 1.407 9<br />
1 Werte <strong>für</strong> das Land Sachsen im Jahr 2004 nach STATISTISCHES LANDESAMT SACHSEN (2005, 37ff.)<br />
2 Durchschnittswerte <strong>für</strong> Kinder vor ihrer Einschulung <strong>für</strong> die Jahre 1984 bis 2003 nach HABICH, NOLL 2006, 475<br />
3 Richtwert nach KORDA, 2005, 122<br />
4 Bevölkerung im Einzugsbereich = 100 * (Gruppengröße ÷ % der Gesamtbevölkerung * Nutzungsquote)<br />
5 Richtwert nach SCHÖNING, BORCHARD, 1992, 48<br />
6 Wird von einer radialen Siedlungsstruktur ausgegangen, ergibt sich der Radius bei Annahme eines Umwegefaktors von 25 % als maximale<br />
Wegeentfernung ÷ 1,25.<br />
7 EW/ha brutto = Mantelbevölkerung × (10.000 ÷ r²π)<br />
die Bestandteil das Nettowohnbaulands sind, sondern auch gemeinsame Zubehörflächen<br />
weshalb es sich um das Bruttowohnbauland handelt (zur Definition von Netto- <strong>und</strong> Bruttowohnbauland<br />
siehe Kapitel 2.1.2).
136 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Das Zusammenspiel zwischen Einwohnerdichte, Wegeentfernung <strong>und</strong> tragfähiger<br />
Betriebsgröße zeigt sich ebenso anhand der vereinfachten Modellrechnung in<br />
Exkurs 11 am Beispiel der Versorgung mit Kindergartenplätzen.<br />
Für die erforderlichen Einwohnerzahlen im Einzugsbereich von sozialen Infrastrukturen<br />
sowie maximale Entfernungen im Hinblick auf deren Erreichbarkeit wurden in<br />
den 1970er Jahren vielfältige Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte aufgelistet. Richtwerte<br />
entstammten Ländergesetzen, Rechtsverordnungen <strong>und</strong> kommunalen Satzungen.<br />
Orientierungswerte wurden von Fachverbänden erarbeitet (REINHARDT, TRUDEL<br />
1979, 37ff.; ZAPF 2005, 1029).<br />
Tabelle 27 zeigt <strong>für</strong> ausgewählte Gemeinbedarfseinrichtungen die erforderlichen<br />
Einwohnerdichten im Einzugsbereich von Einrichtungen, die sich ergeben, wenn die<br />
Einhaltung bestehender in der Fachliteratur angegebener Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte<br />
<strong>für</strong> die Mindesteinwohnerzahl im Einzugsbereich sowie <strong>für</strong> maximale Entfernungen<br />
angestrebt wird. Die angegebenen Werte werden dabei übernommen, es<br />
erfolgt zunächst keine Anpassung an aktuelle gesellschaftliche Gegebenheiten.<br />
Tabelle 27: Einzugsbereiche, maximale Entfernungen <strong>und</strong> erforderliche Einwohnerdichten<br />
ausgewählter Gemeinbedarfseinrichtungen (BORCHARD 1983, 183ff.; KORDA<br />
2005, 119ff.; REINHARDT, TRUDEL 1979, 37ff.; SCHÖNING, BORCHARD 1992, 44ff.)<br />
Einrichtung Einzugsbereich Entfernung in m Radius in m1 Einwohnerdichte in<br />
EW je ha (brutto) 2<br />
Kindergarten<br />
2.000-3.000 300-600 240-480 27-165<br />
< 2.000 (einzügig) unter 700 560 20<br />
Gr<strong>und</strong>schule<br />
4.000-7.000 (zweizügig)<br />
7.000-10.000 (vierzügig)<br />
40 -71<br />
71-102<br />
9.500 (zweizügig) 700-1.300 560-1.040 27-96<br />
Hauptschule 20.000 (vierzügig) max. 2.000<br />
59-203<br />
Realschule<br />
20.000-30.000 1.000-1.300 800-1.040 59-149<br />
Gymnasium<br />
20.000-40.000 1.000-1.300 800-1.040 59-199<br />
1 Bei Annahme eines Umwegefaktors von 25 % (DROß 1996, 2.5)<br />
2 EW/ha brutto = Mantelbevölkerung × (10.000 ÷ r²π)<br />
Tabelle 27 verdeutlicht, dass <strong>für</strong> eine Versorgung mit sozialer Infrastruktur entsprechend<br />
der in der Fachliteratur angegebenen Richtwerte zum Teil so hohe Einwohnerdichten<br />
erforderlich sind, wie sie nicht mehr in allen Siedlungsformen, vor allem<br />
nicht in gering verdichteten Einfamilienhausgebieten, gewährleistet werden können<br />
(zu typischen <strong>Dichte</strong>n verschiedener Wohnformen siehe auch Tabelle 35, S. 156).<br />
Die den Berechnungen zu Gr<strong>und</strong>e liegenden Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte werden<br />
heute weiterhin in Städtebaulehrbüchern angegeben (siehe z. B. KORDA 2005,<br />
119ff.; SCHÖNING, BORCHARD 1992, 44ff.), allerdings vor allem auch aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />
ausgebliebenen Anpassung an derzeitige soziale Verhältnisse <strong>und</strong> Lebensstile heftig<br />
kritisiert. Beanstandet werden unter anderem eine mangelnde Berücksichtigung<br />
der vielfältigen Einflussgrößen <strong>für</strong> den Bedarf bzw. das sozial wünschbare Angebot,<br />
eine mangelnde regionale <strong>und</strong> lokale Passfähigkeit sowie eine mangelnde Berücksichtigung<br />
von Qualitätsmerkmalen bei Nutzung rein quantitativer Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte<br />
(ZAPF 2005, 1029).<br />
So ist z. B. bei den angegebenen Werten der Mantelbevölkerung <strong>für</strong> Kindergärten<br />
<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen zu berücksichtigen, dass hier von deutlich höheren Anteilen der
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 137<br />
jeweiligen Kinderjahrgänge an der Gesamtbevölkerung ausgegangen wird. So nehmen<br />
REINHARDT, TRUDEL (1979, 43) auf der Gr<strong>und</strong>lage der damaligen Verhältnisse<br />
in Baden-Württemberg an, dass der prozentuale Anteil eines Geburtsjahrgangs an<br />
der Bevölkerung 1,13 % beträgt. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage definieren sie Orientierungswerte<br />
einer <strong>Dichte</strong> von 120 Einwohnern je ha Bruttowohnbauland <strong>für</strong> die Sicherstellung<br />
der fußläufigen Erreichbarkeit (350 m) des Kindergartens bei einer angenommen<br />
erforderlichen Mantelbevölkerung von 3.000 Einwohnern. In Sachsen werden<br />
<strong>für</strong> die derzeitigen Jahrgänge im Kindergartenalter allerdings nur noch Anteile von<br />
ca. 0,75 % der Gesamtbevölkerung erreicht (Eigene Berechnungen auf Gr<strong>und</strong>lage<br />
von Daten des STATISTISCHEN LANDESAMTS SACHSEN 2005, 37f.). Geht man wie<br />
REINHARDT <strong>und</strong> TRUDEL von einem Versorgungsgrad von 0,75 eines Jahrgangs sowie<br />
von einer Gruppengröße von 25 Kindern je Jahrgang aus, ergibt sich bei der<br />
aktuell deutlich geringeren Kinderdichte eine erforderliche Mantelbevölkerung von<br />
4.400 Einwohnern, während auch bei aktuellen Orientierungswerten noch von einer<br />
Mantelbevölkerung von 2.000-3.000 Einwohnern ausgegangen wird (KORDA 2005,<br />
122). Bei Beibehaltung des Ziels einer fußläufigen Erreichbarkeit in maximal 350 m<br />
Entfernung ist dementsprechend eine höhere Einwohnerdichte von 180 Einwohnern<br />
je ha Bruttowohnbauland erforderlich. Ebenso würde sich der von REINHARDT, TRU-<br />
DEL (1979, 44) formulierte Zielwert einer Einwohnerdichte von 100 Einwohnern je ha<br />
Bruttowohnbauland zur Gewährleistung der fußläufigen Erreichbarkeit (max. 700 m)<br />
einer vierzügigen Gr<strong>und</strong>schule mit einer Klassenstärke von 26 Schülern auf eine<br />
erforderliche Einwohnerdichte von 180 Einwohnern je ha erhöhen.<br />
Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die in Tabelle 27 aufgelisteten Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte<br />
derzeit bereits nicht eingehalten werden können, vor allem im gering<br />
besiedelten ländlichen Raum. So ermittelten SIEDENTOP et al. (2006, 82) anhand<br />
einer Modellrechnung <strong>für</strong> die Region Havelland-Fläming folgende status-quo-<br />
Verteilung der aktuellen Entfernungen zwischen Wohnung <strong>und</strong> Einrichtung (dargestellt<br />
am Beispiel Gr<strong>und</strong>schule).<br />
Tabelle 28: Ermittelte Entfernung zwischen Wohnung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schule in<br />
der Region Havelland-Fläming unter status-quo Bedingungen 2003<br />
(Modifizierte Darstellung nach SIEDENTOP et al. 2006, 82)<br />
Wohnort der Nachfrager Für 50% … Für 75%... Für 95%...<br />
(Gemeindetyp) … der Nachfrager ist die nächste Gr<strong>und</strong>schule nicht weiter entfernt als<br />
Gering verdichtet 2,5 km 4,4 km 7,3 km<br />
Moderat verdichtet 1,1 km 1,8 km 3,7 km<br />
Verdichtet 0,7 km 1,2 km 2,1 km<br />
Der vielfach genannte Orientierungswert einer maximalen Entfernung von 700 m bis<br />
zur nächsten Gr<strong>und</strong>schule (KORDA 2005, 123; REINHARDT, TRUDEL 1979, 44) kann<br />
demzufolge lediglich <strong>für</strong> 50 % der Nachfrager in den verdichteten Gemeinden der<br />
Region erreicht werden.<br />
5.2.2 Soziale Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />
Sowohl Bevölkerungsrückgänge als auch der demographische Wandel haben Auswirkungen<br />
auf die Tragfähigkeit von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur. Im Folgenden<br />
werden die generellen Auswirkungen dieser Prozesse beschrieben, der<br />
Anstieg der Pro-Kopf-Kosten bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n dargestellt sowie Tragfähigkeitsschwellen<br />
von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur diskutiert.
138 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> demographischem Wandel auf die soziale<br />
Infrastruktur<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Tragfähigkeit von<br />
Einrichtungen der sozialen Infrastruktur. Bei abnehmenden Bevölkerungszahlen <strong>und</strong><br />
Einwohnerdichten ist eine wachsende Diskrepanz der Versorgung unvermeidbar<br />
(SCHÖNING, BORCHARD 1992, 44; GUTSCHE 2006, 271). Anhaltende Bedarfsrückgänge<br />
führen zu steigenden Kosten <strong>für</strong> die Träger der Einrichtungen, zur Notwendigkeit<br />
der Schließung von Einrichtungsstandorten, der Ausdünnung des Versorgungsnetzes<br />
<strong>und</strong> damit zu einer verschlechterten Erreichbarkeit <strong>für</strong> die Nutzer. Damit<br />
verb<strong>und</strong>en kann ein Abwärtstrend der betroffenen Stadtteile durch einen Verlust<br />
von Standortattraktivität <strong>und</strong> gesellschaftlicher Stigmatisierung verb<strong>und</strong>en sein. In<br />
Folge von Bedarfsrückgängen ist es fraglich, ob auch in Zukunft flächenhafte Verteilmuster<br />
der Angebote mit Wohngebietsbezug aufrecht erhalten werden können<br />
(KOCH 2005, 200ff.; KOZIOL et al. 2005, 5). GUTSCHE (2006, 273) verweist auf die<br />
erhebliche Relevanz der Frage nach der zumutbaren Entfernung zu Infrastruktureinrichtungen,<br />
die vor allem bei der Schließung von Einrichtungen im suburbanen <strong>und</strong><br />
ländlichen Raum an Bedeutung gewinnt.<br />
Auf die soziale Infrastruktur wirkt sich weniger der Bevölkerungsrückgang an sich<br />
als vielmehr die veränderte Altersstruktur der Bevölkerung im Zuge des demographischen<br />
Wandels aus. So konnten SIEDENTOP et al. (2006, XIII) nachweisen, dass<br />
sich auch bei Betrachtung verschiedener Szenarien <strong>für</strong> die Region Havelland-<br />
Fläming die Gesamtkosten der untersuchten Infrastrukturbereiche (Schule, Kindertagesstätten,<br />
Pflege <strong>und</strong> Sport) bis 2020 kaum verändern werden. Allerdings komme<br />
es zu einer Verschiebung zwischen den Infrastrukturbereichen mit einem deutlichen<br />
Zuwachs im Pflegebereich von über 50 % <strong>und</strong> rückläufigen Gesamtkosten <strong>für</strong><br />
den Infrastrukturbereich Schule um etwa 15 % (SIEDENTOP et al. 2006, 183).<br />
Parallel zu den quantitativen Bedarfsrückgängen in Folge von Bevölkerungsrückgängen<br />
erfolgen auch qualitative Bedarfsänderungen. So steigen die Anforderungen<br />
an soziale Infrastrukturen in den Bereichen öffentliche Kinderbetreuung, Integration<br />
von Kindern aus Migrantenfamilien sowie bedarfsgerechte Versorgung der alternden<br />
Bevölkerung. Neue Aufgaben der Versorgung mit sozialer Infrastruktur entstehen<br />
auch dann, wenn im Zuge eines durch Überalterung der Gesellschaft hervorgerufenen<br />
Fachkräftemangels zunehmend Lösungen <strong>für</strong> die Vereinbarkeit von Kinderbetreuung<br />
<strong>und</strong> Erwerbstätigkeit gef<strong>und</strong>en werden müssen (BAUMGART 2006, 215).<br />
Diese Qualitätsanforderungen stellen die (vor allem öffentlichen) Träger sozialer<br />
Infrastrukturen vor besondere Herausforderungen (KOCH 2005, 200f.; ZAPF 2005,<br />
1030).<br />
Anstieg der Pro-Kopf-Kosten bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n<br />
Siedlungsstrukturen geringer <strong>Dichte</strong> verursachen zum Teil deutlich höhere spezifische<br />
Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung sozialer Infrastrukturen als verdichtete Siedlungen.<br />
In schrumpfenden Gebieten sind die spezifischen Kosten pro Kopf höher als in<br />
stabilen oder gar wachsenden Räumen. Besonders hoch sind die spezifischen Pro-<br />
Kopf-Kosten in gering verdichteten <strong>Schrumpfung</strong>sgebieten (SIEDENTOP et al. 2006,<br />
191). Diese hohen spezifischen Kosten erklären sich durch einen überdurchschnittlichen<br />
Anteil schlecht ausgelasteter Einrichtungen sowie einen hohen Anteil kleiner,<br />
weniger kosteneffizienter Einrichtungen (GUTSCHE 2006, 274).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 139<br />
Exkurs 12: Entwicklung der Kosten der sozialen Infrastruktur in der Region Havelland-<br />
Fläming (Trendszenario)<br />
Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Siedlungsentwicklung <strong>und</strong> Infrastrukturfolgekosten –<br />
Bilanzierung <strong>und</strong> Strategieentwicklung“ des BBR modellierten SIEDENTOP et al. (2006) am<br />
Beispiel der Planungsregion Havelland-Fläming unter anderem die Entwicklung der einwohnerspezifischen<br />
Kosten zur Bereitstellung der sozialen Infrastruktur. Bei der Region Havelland-Fläming<br />
handelt es sich um eine gering verdichtete Region mit einer polarisierten Entwicklung<br />
zwischen Bevölkerungsgewinnen in stärker verdichteten Gemeinden im Berliner<br />
Umland <strong>und</strong> Bevölkerungsverlusten in kleinen <strong>und</strong> ländlich geprägten Gemeinden (SIEDEN-<br />
TOP et al. 2006, XI). Dabei werden neun Gemeindetypen vergleichend betrachtet: die Gemeindetypen<br />
verdichtet, moderat verdichtet <strong>und</strong> gering verdichtet jeweils in den Ausprägungen<br />
schrumpfend, stabil <strong>und</strong> wachsend.<br />
Tabelle 29 verdeutlicht, anhand der Annahmen des Trendszenarios, dass zwischen der<br />
Entwicklung der Infrastrukturkosten z. T. deutliche Unterschiede zwischen den Gemeindetypen<br />
bestehen. Während in wachsenden Gemeinden mit städtischer Siedlungsstruktur die<br />
Kosten jeweils unterdurchschnittlich im Hinblick auf den regionalen Durchschnitt sind, überschreiten<br />
die Kosten in schrumpfenden Gemeinden mit lockerer Siedlungsstruktur den regionalen<br />
Durchschnitt. Entsprechend der unterschiedlichen siedlungsstrukturellen Abhängigkeit<br />
der verschiedenen Infrastrukturbereiche variiert die Größe der Spanne zwischen minimalen<br />
<strong>und</strong> maximalen Kosten erheblich. Eine hohe Reagibilität ergibt sich z. B. <strong>für</strong> den Infrastrukturbereich<br />
Sport <strong>und</strong> eine kaum spürbare Reagibilität, d. h. eine hohe Anpassungsfähigkeit<br />
<strong>für</strong> den Bereich Kindertagesstätten (SIEDENTOP et al. 2006, 202). Neben diesen unterschiedlichen<br />
Kostenreagibilitäten der Infrastrukturen sind auch regionale Entwicklungsbedingungen<br />
der Nachfrage nach den Infrastrukturbereichen ausschlaggebend <strong>für</strong> die spezifischen<br />
Kosten. So können die geringen regionalen Kostendifferenzen im Bereich Pflege vor<br />
allem durch die starken zu erwartenden Nachfragezunahmen zwischen 2002 <strong>und</strong> 2020 erklärt<br />
werden, die dazu führen, dass alle Pflegeeinrichtungen im unkritischen Auslastungsbereich<br />
arbeiten. Sportplätze hingegen waren bereits zu Beginn des Betrachtungszeitraums<br />
unterausgelastet, so dass sich gerade in gering verdichteten Räumen zusätzliche Nachfragerückgänge<br />
in extremen Kostensteigerungen niederschlagen, wenn ein erreichbares Angebot<br />
gesichert werden soll (GUTSCHE 2006, 279).<br />
Tabelle 29: Spannweite der Entwicklung der spezifischen Kosten <strong>für</strong> die Versorgung<br />
der Bevölkerung aus unterschiedlichen Gemeindetypen in der Region Havelland-<br />
Fläming mit sozialer Infrastruktur bei trendgemäßer Siedlungs- <strong>und</strong> Bevölkerungsentwicklung<br />
2020 (GUTSCHE 2006, 275)<br />
Spezifische Kosten pro Nachfrager (Trend 2020) 1<br />
...in schrumpfenden Gemeinden<br />
mit lockerer Siedlungsstruktur<br />
...in wachsenden Gemeinden mit<br />
städtischer Siedlungsstruktur<br />
Gr<strong>und</strong>schulen 124 % 90 %<br />
Schulen der Sek<strong>und</strong>arstufe I 125 % 84 %<br />
Kindertagesstätten 103 % 99 %<br />
Sportplätze 166 % 55 %<br />
Sporthallen 127 % 80 %<br />
Hallenbäder 109 % 88 %<br />
Vollstationäre Dauerpflege 102 % 99 %<br />
1) Spezifische Kosten von 100 % entsprechen dem regionalen Durchschnitt in 2020<br />
Die Abhängigkeit der Kosten von siedlungs- <strong>und</strong> bevölkerungsstrukturellen Entwicklungen<br />
ergibt sich aus den Eigenschaften der jeweiligen Infrastrukturen wie z. B.<br />
dem Verhältnis von Personalkosten zu Gebäudekosten, dem Anteil der Fixkosten<br />
oder den Mindestgrößen von Einrichtungen. Ein Kostenanstieg ist vor allem bei Infrastrukturen<br />
mit hoher Kostenremanenz (z. B. durch einen hohen Fixkostenanteil),<br />
mit kleinen Einzugsbereichen sowie mit einer hohen Mindestgröße im Verhältnis zur<br />
Anzahl der Nachfrager im Betrachtungsraum zu beobachten (SIEDENTOP et al. 2006,
140 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
202; GUTSCHE 2006, 276f.). Je nach den spezifischen Eigenschaften ergibt sich <strong>für</strong><br />
jeden Infrastrukturtyp ein unterschiedlicher Schwellenwert, ab dem aufgr<strong>und</strong> von<br />
Unterauslastung der Einrichtungen die spezifischen Kosten je Nachfrager steil ansteigen.<br />
Als anpassungsfähig im Hinblick auf siedlungs- <strong>und</strong> bevölkerungsstrukturelle<br />
Veränderungen erweist sich der Bereich Kindertagesstätten, als besonders wenig<br />
flexibel, aufgr<strong>und</strong> von hohen Mindestgrößen der Bereich Sportanlagen. Ein mittlere<br />
Anpassungsfähigkeit weisen die Infrastrukturbereiche Schule <strong>und</strong> Pflege auf (SIE-<br />
DENTOP et al. 2006, 202).<br />
Neben der Siedlungsstruktur bestimmen die Nachfrageentwicklung sowie die bisherige<br />
Auslastung (Angebotsüberhänge bzw. -defizite) die Kostenentwicklung sozialer<br />
Infrastrukturen. Ein starker Kostenanstieg zeigt sich besonders in Fällen stark zurückgehender<br />
Nachfrage sowie eines Angebotsüberhangs vor Beginn der Betrachtungsperiode<br />
(SIEDENTOP et al. 2006, 199).<br />
Tragfähigkeitsschwellen der sozialen Infrastruktur<br />
Soziale Infrastrukturen zeichnen sich, aufgr<strong>und</strong> einer hohen Flexibilität in der Leistungsbereitstellung,<br />
zunächst durch eine bessere Anpassfähigkeit bei Bevölkerungsrückgängen<br />
aus. Im Gegensatz zur leitungsgeb<strong>und</strong>enen technischen Infrastruktur<br />
besteht keine physische Verbindung zwischen Wohnstandorten <strong>und</strong> Nutzern, <strong>und</strong><br />
Nachfrager können auch bei der Schließung von Einrichtungen noch so lange versorgt<br />
werden, wie Einrichtungen in vertretbarer Entfernung erreichbar sind. Vor dem<br />
Hintergr<strong>und</strong> besserer Anpassungs- <strong>und</strong> Substitutionsmöglichkeiten werden bei Einrichtungen<br />
sozialer Infrastrukturen, im Zuge sozialpolitischer Verteilungskämpfe,<br />
allerdings auch häufiger Schließungsdebatten geführt (GUTSCHE 2006, 271f.).<br />
Die Kosten sozialer Infrastrukturen werden vor allem durch die Personalkosten bestimmt,<br />
die im Falle von <strong>Schrumpfung</strong> durch Personalabbau flexibler reduziert werden<br />
können als die in den Netzen <strong>und</strong> Anlagen der technischen Infrastrukturen enthaltenen<br />
Fixkosten (GUTSCHE 2006, 271f.). Daher lassen sich die spezifischen Kosten<br />
pro Nutzer bei Bevölkerungsrückgängen zunächst bis zu einer Schwelle weitgehend<br />
konstant halten. Innerhalb dieser Spanne können Bedarfsrückgänge ggf. noch<br />
dazu beitragen, dass die spezifischen Interessen der Nachfrager eine bessere Berücksichtigung<br />
finden (KOCH 2005, 200f.).<br />
KOZIOL et al. (2005, 4f.) gehen davon aus, dass aufgr<strong>und</strong> der hohen Flexibilität der<br />
sozialen Infrastruktur die Anpassung an sinkende Auslastungszahlen keinen flächenhaften<br />
Rückbau der Wohngebäude auf der Quartiersebene erfordere. Aufgr<strong>und</strong><br />
häufig stadtweiter oder auch stadtregionaler Einzugsbereiche würden sich z. B. sinkende<br />
Schülerzahlen nicht auf der Quartiersebene niederschlagen. Einrichtungen<br />
der sozialen Infrastruktur könnten durch Verkleinerung oder Schließung einzelner<br />
Einrichtungen flexibel an disperse städtische <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse angepasst<br />
werden.<br />
RINGEL, WEIDNER (2006, 20-52) modellieren die Auswirkungen verschiedener<br />
<strong>Schrumpfung</strong>svarianten in den Baustrukturtypen „Gründerzeit“, „Großwohnsiedlung“,<br />
„Wohnsiedlung 50-/60er Jahre“ <strong>und</strong> „Einfamilienhausgebiet“ <strong>und</strong> kommen zu<br />
dem Ergebnis, dass die sozialen Infrastrukturen (Schule u. Kindertagesstätte) in den<br />
meisten Fällen problemlos an die veränderten Entwicklung angepasst werden können.<br />
Probleme der Unterauslastung, die eine Schließung von Einrichtungen erfordern,<br />
ergeben sich demnach lediglich bei ungesteuerter <strong>Schrumpfung</strong> („Liegenlassen“)<br />
in gründerzeitlichen Strukturen, in Wohnsiedlungen der 1950er <strong>und</strong> 1960er<br />
Jahre sowie in Einfamilienhausgebieten. Für den Strukturtyp „Großwohnsiedlung“
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 141<br />
wird davon ausgegangen, dass, aufgr<strong>und</strong> eines Zuzugs sozial schwacher Familien,<br />
die Auslastung der Schulen <strong>und</strong> Kindertagesstätten stabil bei 55 % gehalten werden<br />
kann (RINGEL, WEIDNER 2006, 33).<br />
Für Havelland-Fläming konnte z. B. <strong>für</strong> Gr<strong>und</strong>schulen nachgewiesen werden, dass<br />
erst ab einer Auslastung von etwa 50 % die spezifischen Gesamtkosten pro Schüler<br />
deutlich ansteigen (GUTSCHE 2006, 272). Aus der Analyse von städtischen Einzelbeispielen<br />
folgern KOZIOL et al. (2005, 4f.), dass zumindest bis zu einem Rückgang<br />
der Schülerzahlen um etwa 40 % eine Anpassung der Pro-Kopf-Kosten möglich sei.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der landesgesetzlichen Vorgaben der Zweizügigkeit von Schulen könnten<br />
Unterauslastungen, die zu Schulschließungen führen, schon früher erreicht werden,<br />
z. B. im untersuchten Fallbeispiel Schwerin bereits bei einem Rückgang der Schülerzahlen<br />
um 32 %. Als Tragfähigkeitsschwelle von Kinderbetreuungseinrichtung<br />
wird eine Abnahme der Kinder im Alter von 0-10 Jahren um 60 % genannt, bis zu<br />
der die Stabilisierung der Pro-Kopf-Kosten bei Anpassungsstrategien gewährleistet<br />
werden könne (bei Beibehaltung der Norm von mindestens 2 Betreuungspersonen).<br />
In drei von fünf untersuchten Städten seien die Kinderzahlen im betrachteten Zeitraum<br />
bereits um 50 % zurückgegangen, so dass bei einem weiteren Rückgang der<br />
Kinderzahlen kritische Auslastungswerte bei einer Vielzahl von Einrichtungen erreicht<br />
würden.<br />
Um optimale Betriebsgrößen <strong>und</strong> ausreichende Auslastungen von Einrichtungen der<br />
sozialen Infrastruktur wie z. B. Schulen zu ermöglichen sowie zusätzlichen Aufwand<br />
<strong>für</strong> den Besuch dieser Einrichtungen zu vermeiden nennen HEZEL et al. (1983, 168)<br />
eine Geschossflächenzahl von 0,3 als untere Grenze der baulichen Verdichtung.<br />
5.2.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus<br />
Sicht der sozialen Infrastruktur<br />
Basierend auf der dargestellten Analyse werden als zusammenfassende Ergebnisse<br />
sowohl qualitative Ziele der Versorgung mit sozialer Infrastruktur in schrumpfenden<br />
Städten als auch nach Stadtstrukturtypen differenzierte quantifizierte Zielkorridore<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n aufgezeigt.<br />
Ziele der Versorgung mit sozialer Infrastruktur in schrumpfenden Städten –<br />
qualitative Kriterien<br />
Oberstes Ziel der Versorgung mit sozialer Infrastruktur ist, im Zuge der Daseinsvorsorge,<br />
die flächendeckende Gewährleistung eines Zugangs zu Einrichtungen der<br />
sozialen Infrastruktur. Gerade in Bereichen der Infrastrukturversorgung, in denen es<br />
aufgr<strong>und</strong> des demographischen Wandels zu einer Ausdünnung der Nutzerzahlen<br />
kommt, kann es im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen zu Kostensteigerungen,<br />
Schließung von Einrichtungen <strong>und</strong> damit einer erschwerten Erreichbarkeit durch die<br />
Nutzer kommen. BAUMGART (2006, 222) schlägt Prüfverfahren der Sozialverträglichkeit<br />
vor, um die Daseinsvorsorge auch bei <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Stadtumbauprozessen<br />
zu sichern.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind gerade in Stadtstrukturen, in denen ein städtisches<br />
Versorgungsangebot mit entsprechenden Erreichbarkeiten gesichert werden soll,<br />
ungesteuerte <strong>und</strong> disperse <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse zu vermeiden. Dies gilt vor allem<br />
<strong>für</strong> gründerzeitliche Gebiete, Zeilenbausiedlungen <strong>und</strong> städtische Einfamilienhausgebiete.
142 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
In gering verdichteten ländlichen Gebieten sollte allerdings nach alternativen Wegen<br />
der angemessenen Versorgung mit sozialer Infrastruktur gesucht werden. Bereits<br />
heute können in ländlichen Gebieten die in Form von Orientierungswerten festgelegten<br />
Entfernungsnormen nur <strong>für</strong> einen sehr kleinen Anteil der Nutzer gewährleitestet<br />
werden (SIEDENTOP et al. 2006, 82; vgl. Tabelle 28). Wie in Exkurs 11 gezeigt, können<br />
bei Kindergärten (<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen) die Standards der erforderlichen Mindestbetriebsgrößen<br />
reformiert oder auch weitere Entfernungen zur nächsten Einrichtung<br />
akzeptiert werden, allerdings mit den entsprechenden Konsequenzen der Kostensteigerungen.<br />
Diskutiert werden in diesem Zusammenhang Möglichkeiten zur Flexibilisierung von<br />
Angeboten z. B. durch ambulante Dienste von Sozialstationen. Durch diese mobilen<br />
Angebote kann zwar keine dauerhafte Präsenz vor Ort erreicht werden, jedoch eine<br />
Minimalversorgung sichergestellt werden. Das Internet bietet zusätzliche Möglichkeiten<br />
zur Abwicklung von Dienstleistungen der Verwaltung, die keine persönliche<br />
Ansprache erfordern wie z. B. Informationsdienste (ZAPF 2005, 1030). Zwischenlösungen<br />
<strong>und</strong> organisatorische Anpassungen wie z. B. Nutzungsüberlagerungen können<br />
die Möglichkeit bieten, auch bei Rückbau die Versorgungsqualität in einem höheren<br />
Maße zu gewährleisten <strong>und</strong> ggf. veränderten Nachfragestrukturen zu entsprechen<br />
(KOCH 2005, 208).<br />
Trotz dieser Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Angebote der sozialen Infrastrukturen,<br />
scheint es letztendlich zielführend, zur Sicherung einer Mindestausstattung<br />
des städtischen Raums die Einhaltung von Mindestdichten anzustreben, die im Folgenden<br />
benannt werden.<br />
Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der sozialen<br />
Infrastruktur<br />
Trotz der generellen Kritik an Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten <strong>für</strong> die Dimensionierung<br />
von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur wird betont, dass solche Werte<br />
auch gerade im Rahmen des Rückbaus von Bedeutung sind (ZAPF 2005, 1030),<br />
z. B. als sozial- sowie finanzpolitische Entfernungsnormen (GUTSCHE 2006, 273).<br />
Angesichts der dargelegten Zusammenhänge zwischen Entfernung, Mindesteinwohnerzahl<br />
<strong>für</strong> die Tragfähigkeit von Einrichtungen <strong>und</strong> Einwohnerdichte könnte<br />
auch, zumindest <strong>für</strong> städtische Gebiete, die Verständigung auf Mindestdichten eine<br />
Alternative darstellen, um die Finanzierbarkeit sozialer Infrastrukturen zu sichern.<br />
Je nach Stadtstrukturtyp mit seiner typischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> einem üblichen Ausstattungsstandard<br />
sind hierbei zunächst Ziele festzulegen, welche Ausstattungsstandards<br />
auch unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen zu erhalten sind. Diese Standards<br />
beinhalten das jeweilige Einrichtungsangebot, das in einem Strukturtyp erwartet<br />
wird, ebenso wie eine maximale Entfernung bis zur nächsten Einrichtung eines bestimmten<br />
Typs. Dabei wird gr<strong>und</strong>sätzlich von den Angebotsqualitäten städtischer<br />
Strukturen bei weitgehender Beibehaltung derzeitiger Versorgungsstrukturen ausgegangen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 143<br />
Tabelle 30: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der<br />
sozialen Infrastruktur differenziert nach Stadtstrukturtypen (Eigene Darstellung)<br />
Stadtstrukturtyp Ausstattung<br />
Block<br />
(36,6 m² Wohnfläche<br />
je Einwohner) 1<br />
Platte<br />
(29,4 m² Wohnfläche<br />
je Einwohner)<br />
Zeile<br />
(32 m² Wohnflache<br />
je Einwohner)<br />
Geschosswohnungsbau<br />
nach 1990<br />
(37,9 m² Wohnfläche<br />
je Einwohner)<br />
Ein- /<br />
Zweifamilienhäuser<br />
(40 m² Wohnfläche<br />
je Einwohner)<br />
Kindergarten in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
Gr<strong>und</strong>schule in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
(zweizügig)<br />
Entfernung<br />
2<br />
Quantitative <strong>Dichte</strong>kriterien<br />
EW je<br />
ha<br />
brutto 3<br />
EW je ha<br />
netto<br />
GFZ<br />
Quelle<br />
350 m 150 210 1,0 Eigene<br />
Berechnung 4<br />
700 m 80-100 110-140 0,5-0,6 Eigene<br />
Berechnung 5<br />
350 m 150 210 0,8 Eigene<br />
Berechnung4 Kindergarten in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
500 m 70 100 0,4 Eigene<br />
Gr<strong>und</strong>schule in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
(zweizügig)<br />
Kindergarten in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
Gr<strong>und</strong>schule in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
(zweizügig)<br />
Kindergarten in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
Gr<strong>und</strong>schule in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
(zweizügig)<br />
Vermeidung der<br />
Entstehung sozialer<br />
Kosten <strong>für</strong> den<br />
Gemeinbedarf<br />
Kindergarten in<br />
fußläufiger Erreichbarkeit<br />
Berechnung 4<br />
700 m 80-100 110-140 0,4-0,5 Eigene<br />
Berechnung 5<br />
500 m 70 100 0,4 Eigene<br />
Berechnung 4<br />
700 m 80-100 110-140 0,5-0,6 Eigene<br />
Berechnung 5<br />
500 m 70 100 0,5 Eigene<br />
Berechnung 4<br />
700 m 80-100 110-140 0,5-0,7 Eigene<br />
Berechnung 5<br />
- 40 60 0,3<br />
HEZEL et al.<br />
1983<br />
600 m 50 70 0,35 Eigene<br />
Berechnung 4<br />
1 Zur individuellen Wohnflächeninanspruchnahme in verschiedenen Stadtstrukturtypen s. Anhang IV<br />
2 Bei Annahme einer radialen Siedlungsstruktur sowie eines Umwegefaktors von 25 % ergibt sich der Radius <strong>für</strong><br />
die Berechnung der Einwohnerdichte als r = maximale Wegeentfernung ÷ 1,25<br />
3 EW/ha brutto = Mantelbevölkerung x (10.000 ÷ r² π)<br />
4 Ausgehend von einer Besetzung eines Kindergartenjahrgangs mit 0,75 % der Gesamtbevölkerung, einem<br />
Versorgungsgrad von 90 % <strong>und</strong> einer Gruppengröße von 25 Kindern.<br />
5 Ausgehend von einer Besetzung von 0,55 % bis 0,7 % des Altersjahrgangs, die der derzeitigen Besetzung in<br />
Sachsen entspricht (STATISTISCHES LANDESAMT SACHSEN 2005, 37f.), einem Versorgungsgrad von 0,95 je<br />
Gr<strong>und</strong>schuljahrgang (REINHARDT, TRUDEL 1979, 43f.) sowie einer Klassenstärke von 25 Kindern (KORDA 2005,<br />
123).<br />
Tabelle 30 zeigt einen solchen nach Stadtstrukturtypen differenzierten Ausstattungskatalog<br />
anhand der Beispiele Kindergärten <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen, die in Folge
144 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
des demographischen Wandels besonders von einem Rückgang der Nachfrager<br />
betroffen sind. Während z. B. in einem gründerzeitlichen Quartier die fußläufige Erreichbarkeit<br />
des nächsten Kindergartens innerhalb eines Umkreises von 350 m erwartet<br />
wird, kann diese Entfernung in einer Zeilenbausiedlung auch 500 m <strong>und</strong> in<br />
einem Einfamilienhausgebiet 700 m betragen. Auch wird in geringer verdichteten<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten nicht unbedingt von der fußläufigen Erreichbarkeit<br />
einer Gr<strong>und</strong>schule <strong>für</strong> alle Schüler ausgegangen. Geht man vereinfachend von<br />
einer radialen Siedlungsstruktur aus, lassen sich anhand der Mindestausstattung mit<br />
Einrichtungen, deren minimaler Betriebsgrößen sowie der maximalen Entfernungen<br />
die erforderlichen Einwohnerdichten <strong>und</strong> letztlich auch die daraus resultierenden<br />
Bebauungsdichten bei derzeitigen Wohnflächenansprüchen errechnen.<br />
Die angegebenen <strong>Dichte</strong>zielwerte verdeutlichen, dass die Einhaltung der angenommenen<br />
Ausstattungsstandards die Sicherung vergleichsweise hoher <strong>Dichte</strong>n<br />
auch unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen erfordern würde. Hervorzuheben ist allerdings<br />
auch, dass gerade bei der Versorgung mit sozialer Infrastruktur vielfältige Alternativen<br />
zur Sicherung dieser Mindestdichten bestehen.<br />
5.3 Freiraumversorgung<br />
Die Zusammenhänge zwischen Freiraumversorgung <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong> werden bisher vor<br />
allem vor dem Hintergr<strong>und</strong> von Wachstum <strong>und</strong> Obergrenzen der Verdichtung zur<br />
Gewährleistung einer ausreichenden Freiraumversorgung diskutiert. Daher ist anzunehmen,<br />
dass Entdichtungsprozesse zu einer Verbesserung der Freiraumversorgung<br />
beitragen. Werden die Folgen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen auf die Freiraumversorgung<br />
genauer betrachtet, ergeben sich Hinweise da<strong>für</strong>, dass ebenso Grenzen<br />
minimaler <strong>Dichte</strong> aus Sicht der Freiraumversorgung existieren, auch wenn sich diese<br />
bisher aufgr<strong>und</strong> mangelnder empirischer Erfahrungen nicht quantifizieren lassen.<br />
Die folgende Analyse ermöglicht die Ableitung von qualitativen Kriterien zur Verbesserung<br />
der Freiraumversorgung im Rahmen von Entdichtungsprozessen.<br />
5.3.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Freiraumversorgung<br />
Nach einer einleitenden Definition des Begriffs der Freiraumversorgung wird die<br />
Bedeutung der <strong>Dichte</strong> als Einflussfaktor der Freiraumversorgung diskutiert. Dabei<br />
werden private <strong>und</strong> halböffentliche Freiräume einerseits <strong>und</strong> öffentliche Freiräume<br />
andererseits behandelt. Sowohl der quantitative Freiraumversorgungsgrad als auch<br />
die Freiraumqualität werden differenziert nach Stadtstrukturtypen erläutert.<br />
Definition Freiraumversorgung<br />
Freiraumversorgung wird im Rahmen dieser Arbeit definiert als Versorgung der Bewohner<br />
mit zugänglichen, wohnungsnah erreichbaren <strong>und</strong> zur Erholung geeigneten<br />
Grün- <strong>und</strong> Freiflächen. Diese liegen im Siedlungsbereich, sind in der Regel durch<br />
Vegetation bestimmt <strong>und</strong> können <strong>für</strong> Freizeit, Erholung <strong>und</strong> Naturerleben genutzt<br />
werden (KLAFFKE 1995, 443). Zu den Grün- <strong>und</strong> Freiflächen zählen Gärten, Parks,<br />
Spielflächen, Kleingärten, Sportflächen sowie landschaftliche Erholungsflächen. Im<br />
Rahmen der Freiraumversorgung sind die besonderen Freiraumbedürfnisse verschiedener<br />
Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen, ebenso ein differenziertes<br />
System der Versorgung auf Nachbarschafts-, Wohngebiets-, Stadtteil-, Stadt- <strong>und</strong><br />
Stadtregionsebene. Freiräume übernehmen vielfältige Funktionen: stadt<strong>ökologische</strong><br />
Funktionen, stadtgliedernde Funktionen, Erholungsfunktionen, kulturelle <strong>und</strong> soziale<br />
Funktionen, ästhetische Funktionen <strong>und</strong> wirtschaftliche Funktionen. Daher sind sie
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 145<br />
nach einhelliger Meinung ein zentraler Faktor der Wohnqualität (GÄLZER 2001, 23ff.;<br />
NOHL 1993, 3ff.; NOHL, ZEKOM 1995, 9ff.; RITTER 1995, 317; SENSTADT BERLIN<br />
1996a, 06.03, 1).<br />
<strong>Dichte</strong> als Einflussfaktor der Freiraumversorgung<br />
Die Freiraumversorgung ist sowohl abhängig vom quantitativen Angebot an erholungsgeeigneten<br />
Freiräumen in fußläufiger Entfernung als auch von qualitativen<br />
Merkmalen wie deren Größe, Zugänglichkeit, Vielfältigkeit der Ausstattung <strong>und</strong> Gestaltung<br />
<strong>und</strong> deren Belastung durch Immissionen (HUTTER et al. 2004, 98).<br />
Die <strong>Dichte</strong> hat einen wesentlichen Einfluss auf die Freiraumversorgung. Dabei hängt<br />
die Freiraumversorgung in zweierlei Weise von der <strong>Dichte</strong> ab: Während die Bebauungsdichte<br />
wesentlich <strong>für</strong> das potenzielle Angebot an Grün- <strong>und</strong> Freiflächen ist, bestimmt<br />
die Einwohnerdichte die Nachfrage nach diesen Flächen.<br />
Daher kommt es gerade in verdichteten Wohngebieten zu einem Mangel an Freiflächen,<br />
da hier ein durch hohe Bebauungsdichten verursachter Freiflächenmangel mit<br />
einer hohen Nachfrage nach Freiräumen zusammen trifft (NOHL 1993, 7ff.; NOHL,<br />
ZEKOM 1995, 47).<br />
Private <strong>und</strong> halböffentliche Freiräume<br />
Private <strong>und</strong> halböffentliche Freiräume werden hier nicht eigentumsrechtlich, sondern<br />
im Hinblick auf ihre Nutzbarkeit definiert (RÖßLER 2003, 34). Demnach zählen zum<br />
privaten Freiraum die privaten Gärten der Einfamilienhaus- <strong>und</strong> Reihenhausbebauung<br />
sowie Dachgärten, Terrassen <strong>und</strong> Balkone (RICHTER 1981, 16). Halböffentliche<br />
oder auch gemeinschaftlich nutzbaren Freiräumen sind nur einem eingeschränkten<br />
Nutzerkreis zugänglich <strong>und</strong> gegenüber dem öffentlichen Raum klar abgegrenzt, wie<br />
z. B. Mietergärten <strong>und</strong> Höfe oder auch Freiräume, die sozialen Einrichtungen zugeordnet<br />
sind (RÖßLER 2003, 34; SELLE, SUTTER-SCHURR 1993, 35f.). Diese Freiräume<br />
sind Bestandteile der Gr<strong>und</strong>stücke des Wohnungsbaus <strong>und</strong> der sozialen Einrichtungen<br />
<strong>und</strong> damit Bestandteil des Nettowohnbaulands.<br />
Auf der Ebene des Nettowohnbaulands bestimmt die Gr<strong>und</strong>flächenzahl (GRZ) das<br />
Verhältnis zwischen überbauter <strong>und</strong> nicht überbauter Gr<strong>und</strong>stücksfläche. Die nicht<br />
bebaute Gr<strong>und</strong>stücksfläche steht – abzüglich der gr<strong>und</strong>stückseigenen Zuwege <strong>und</strong><br />
Einstellplätze – <strong>für</strong> private oder im Mietwohnungsbau auch <strong>für</strong> halböffentliche Freiräume<br />
zur Verfügung.<br />
Die Nachfrage nach diesen privaten oder halböffentlichen Freiräumen in unmittelbarer<br />
Wohnungsnähe wird bestimmt durch die Nettowohndichte. Bei gleichbleibender<br />
Bebauungsdichte <strong>und</strong> Geschosshöhe nimmt dabei die verfügbare Freifläche je Einwohner<br />
zu, wenn die Anteile der Wohnfläche <strong>und</strong> damit der Bruttogeschossfläche je<br />
Einwohner ebenfalls zunehmen. So stellte ALBERS bereits 1964 eine Diskrepanz in<br />
der Erfüllung der Bedürfnisse fest:<br />
„(...) wer in seiner Wohnung großzügige räumliche Verhältnisse besitzt, verfügt<br />
zugleich über einen entsprechend höheren Freiflächenanteil als der beengter<br />
Wohnende, obwohl dieser gerade wegen seines knappen Wohnflächenanteils<br />
der Freifläche um das Gebäude dringender bedarf.“ (ALBERS 1964, 46)<br />
Für die erforderlichen Mindestmaße privater Freifläche je Einwohner existieren verschiedene<br />
Orientierungswerte. ALBERS (1964, 48) sieht eine Freifläche von 10 bis<br />
12 m 2 als angemessen an, um ges<strong>und</strong>e Wohnverhältnisse zu ermöglichen. WEHR-
146 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
HEIT (2002, 93) nennt einen Zielwert von 11 bis 15 m² privatem Erholungsbereich je<br />
Einwohner. Der Leipziger Flächennutzungsplan von 1994 strebt eine Versorgung<br />
mit 11 m² privater Grünfläche je Einwohner an (WICKOP et al. 1998, 96).<br />
Abbildung 38 zeigt, welche Geschossflächenzahlen sich in Abhängigkeit von der<br />
Zahl der Vollgeschosse bei verschiedenen Zielwerten <strong>für</strong> die Freifläche je Einwohner<br />
erzielen lassen (bezogen auf das Nettowohnbauland). 33 Deutlich wird hier die<br />
Tendenz eines vermehrten Freiflächengewinns bei steigender Geschosszahl. Aufgr<strong>und</strong><br />
des bei gleicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> gleichem Motorisierungsgrad konstanten Verkehrsflächenanteils<br />
kommt der Flächengewinn durch Erhöhung der Stockwerkszahl<br />
mit steigender Geschosszahl vermehrt dem Freiflächengewinn zugute, so dass der<br />
Freiflächenanteil mit steigender Geschosszahl relativ stärker steigt (ALBERS 1964,<br />
44).<br />
Abbildung 38: Orientierungswerte <strong>für</strong> private Freiflächen, Zahl der Vollgeschosse <strong>und</strong><br />
erzielbare Geschossflächenzahlen (Eigene Darstellung in Anlehnung an ALBERS 1964,<br />
48)<br />
Zahl der Vollgeschosse____<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0 0.5 1 1.5 2<br />
GFZ<br />
10 m² FF + 20 m² SP je<br />
EW<br />
15 m² FF + 20 m² SP je<br />
EW<br />
Geht man von einer Freifläche von 15 m² je Einwohner <strong>und</strong> zusätzlich einem Flächenbedarf<br />
<strong>für</strong> Stellplätze von 20 m² je Einwohner aus 34 , zeigt sich, dass bei einer<br />
viergeschossigen Bebauung maximal eine GFZ von 1,1 erzielt werden kann. Würde<br />
bei einer viergeschossigen Bebauung eine höhere GFZ realisiert, könnte, aufgr<strong>und</strong><br />
des Anstiegs der Bruttogeschossflächen <strong>und</strong> damit eines Anstiegs der Einwohner,<br />
nicht mehr <strong>für</strong> jeden dieser Einwohner eine Freifläche von 15 m² <strong>und</strong> eine Stellplatzfläche<br />
von 20 m² je Einwohner gewährleistet werden. Selbst bei 10 Vollgeschossen<br />
könnte bei Einhaltung dieser Zielwerte eine GFZ von max. 1,3 erreicht werden. Zu<br />
berücksichtigen ist allerdings, dass mit zunehmender <strong>Dichte</strong>, z. B. ab einer GFZ von<br />
0,8, Stellplätze häufig nicht mehr ebenerdig untergebracht werden, so dass mit steigender<br />
<strong>Dichte</strong> von einem sinkenden einwohnerbezogenen Bedarf <strong>für</strong> Stellplatzflä-<br />
GZ * BGF/E<br />
33 GFZ = BGF/E+(GZ*FF/E)<br />
GZ = Zahl Vollgeschosse; BGF/E = Bruttogeschossfläche je EW, angenommen mit 52 m²<br />
(Wohnfläche je Einwohner von 41,6 m² * 1,25), FF/E: Freifläche je Einwohner (Formel<br />
nach ALBERS 1964, 48).<br />
34 Der Flächenbedarf je Stellplatz (inkl. Zuwege) beträgt 25 m². Für Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />
ist von 2 Stellplätzen <strong>und</strong> <strong>für</strong> eine Wohneinheit im Mehrfamilienhausbau von 1,5<br />
Stellplätzen auszugehen (BRAAM 1993, 250ff.). Bei einer angenommenen Wohnungsbelegungsziffer<br />
von 2,4 im Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhaus <strong>und</strong> von 2,0 im Mehrfamilienhausbau<br />
(Eigene Annahmen nach SIEDENTOP et al. 2006, 56; STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b)<br />
ergibt sich eine Stellplatzfläche je Einwohner von 19 bis 21 m².
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 147<br />
chen auszugehen ist. Bei entsprechender Unterbringung des ruhenden Verkehrs<br />
können bei Sicherung eines Freiflächenanteils je Einwohner von 15 m² durchaus<br />
höhere Geschossflächenzahlen erzielt werden (s. Abbildung 38).<br />
Öffentliche Freiräume<br />
Analog zu den privaten <strong>und</strong> halböffentlichen Freiräumen werden auch die öffentlichen<br />
Freiräume auf Basis ihrer Nutzbarkeit zugeordnet. Öffentliche Freiräume sind<br />
<strong>für</strong> die gesamte Bevölkerung zugängliche Freiräume wie allgemein öffentliche Freiräume<br />
(z. B. Stadtplätze, Parkanlagen) oder zweckgeb<strong>und</strong>ene öffentliche Freiräume<br />
(z. B. Sportstätten, Spielplätze, Friedhöfe, Kleingartenanlagen) (RICHTER 1981,<br />
14ff.).<br />
Für die Versorgung mit öffentlichen Freiräumen existieren verschiedene Richt- <strong>und</strong><br />
Orientierungswerte, die meist zurückgehen auf die Richtwerte der Konferenz der<br />
Gartenbauamtsleiter beim Deutschen Städtetag 1973. Freiraumversorgungsanalysen,<br />
z. B. in den Städten München, Berlin <strong>und</strong> Leipzig, ermitteln auf dieser Gr<strong>und</strong>lage<br />
die einwohnerspezifischen Versorgungsgrade mit Grün- <strong>und</strong> Freiflächen (s.<br />
Tabelle 31) (NOHL, ZEKOM 1995, 14ff.; 1996a, 06.05, S. 1; STADT LEIPZIG 2001, 39).<br />
Tabelle 31: Richtwerte <strong>für</strong> die Freiraumversorgung der Stadt Berlin<br />
(SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 1)<br />
Freiraumart Einzugsbereich Flächengröße Richtwert<br />
Wohnungsnaher Freiraum 500 Meter 0,5 ha 6 m²/Einwohner<br />
Siedlungsnaher Freiraum<br />
(Ortsteilpark)<br />
Siedlungsnaher Freiraum<br />
(Bezirkspark)<br />
1000 Meter 10 ha 7 m²/Einwohner<br />
1500 Meter 50 ha 7 m²/Einwohner<br />
Anhand der Einwohnerdichten im Einzugsbereich der Freiräume <strong>und</strong> der jeweiligen<br />
Richtwerte der Versorgung lässt sich ermitteln, ob ein ausreichender Freiraumversorgungsgrad<br />
in m² je Einwohner erreicht wird. Während bei Einrichtungen der sozialen<br />
Infrastruktur in den meisten Fällen eine Mindesteinwohnerzahl im Einzugsbereich<br />
dieser Einrichtungen erforderlich ist, um die wirtschaftliche Tragfähigkeit dieser<br />
Einrichtungen zu gewährleisten, zeigt sich bei Grün- <strong>und</strong> Freiflächen, dass zu hohe<br />
<strong>Dichte</strong>n im Einzugsbereich dieser Flächen zu deren Übernutzung führen können.<br />
Für den in Tabelle 31 angegebenen wohnungsnahen Freiraum einer Größe bis zu<br />
0,5 ha kann davon ausgegangen werden, dass dieser Freiraum Bestandteil des<br />
Bruttowohnbaulands ist. Abbildung 39 zeigt in Abhängigkeit von der Einwohnerdichte,<br />
welcher Grünflächenanteil am Bruttowohnbauland erforderlich ist, um <strong>für</strong> jeden<br />
Einwohner einen Versorgungsgrad von 6 m² wohnungsnahem Freiraum zu ermöglichen.<br />
35<br />
35 Dabei wird von einem Anteil des Nettowohnbaulands am Bruttowohnbauland von 70 %<br />
ausgegangen. Angenommen wird eine radiale Siedlungsstruktur.
148 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 39: Erforderlicher Grünflächenanteil am Bruttowohnbauland in Abhängigkeit<br />
der Einwohnerdichte (Eigene Darstellung)<br />
Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
0 5 10 15 20<br />
Grünflächenanteil in % des Bruttowohnbaulands<br />
Je nach Gestaltungsentwurf streuen die Anteile der Grünflächen am Bruttowohnbauland<br />
zwischen verschiedenen Wohnbauvorhaben erheblich. MENKHOFF et al.<br />
(1979, 18f.) ermittelten bei der Analyse von 21 Demonstrativbauvorhaben einen<br />
durchschnittlichen Grünflächenanteil von 12 % bei einer Streuung zwischen 7 % <strong>und</strong><br />
29 %. Der hier ermittelte durchschnittliche Grünflächenanteil von 12 % könnte bis zu<br />
einer Nettowohndichte von 285 Einwohnern je ha gewährleistet werden.<br />
Zur Beurteilung des Freiraumversorgungsgrads sind allerdings neben dem Verhältnis<br />
zwischen Fläche <strong>und</strong> Einwohnern im Einzugsbereich auch weitere Faktoren zu<br />
berücksichtigen. Neben dem potenziellen Einzugsbereich, der sich als Radius um<br />
die Grünfläche ergibt, sind <strong>für</strong> die reale Erreichbarkeit der Grün- <strong>und</strong> Freiflächen<br />
auch Barrieren der Erreichbarkeit zu berücksichtigen, wie z. B. Gleisanlagen oder<br />
Straßen mit einem hohen Verkehrsaufkommen (SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 3).<br />
Neben der Zahl der Einwohner ist auch die Bevölkerungsstruktur von Bedeutung,<br />
um die Nachfrage nach Freiräumen zu bestimmen. Zu berücksichtigen sind vor allem<br />
die Freiraumbedürfnisse von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen, älteren Menschen oder<br />
Menschen mit einem unterdurchschnittlichen Einkommensniveau. Nach Möglichkeit<br />
sollte eine räumlich differenzierte Analyse des städtischen Sozialgefüges durchgeführt<br />
werden, um einen Anhaltspunkt <strong>für</strong> diese Kriterien der Freiraumnachfrage zu<br />
gewinnen (HANISCH 1995, 16; HUTTER et al. 2004, 100).<br />
Freiraumversorgungsgrade von Stadtstrukturtypen<br />
Entsprechend der unterschiedlichen <strong>Dichte</strong>n der Stadtstrukturtypen unterscheidet<br />
sich auch deren quantitative Versorgung mit Freiräumen. Tabelle 32 zeigt die Freiraumversorgungsgrade<br />
verschiedener Stadtstrukturtypen. Dabei wird nach privaten<br />
<strong>und</strong> halböffentlichen Freiräumen einerseits <strong>und</strong> öffentlichen Freiräumen andererseits<br />
unterschieden. Deutlich wird, dass hohe Versorgungsdefizite vor allem in den<br />
verdichteten Stadtstrukturtypen bestehen, wo ein niedriges Freiraumangebot <strong>und</strong><br />
eine hohe Nachfragedichte zusammentreffen. Hohe Versorgungsdefizite bestehen<br />
im gründerzeitlichen Altbau vor allem in der geschlossenen Blockrandbebauung.<br />
Etwas besser ist die Versorgungssituation in der offenen Blockbebauung (SENSTADT<br />
BERLIN 1996a, 06.05, 5f.; WICKOP et al. 1998, 94ff.). Auch wenn in den Gebieten
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 149<br />
des in Plattenbauweise errichteten Geschosswohnungsbaus die Freiraumversorgung<br />
durch eine offene Gestaltung auf den ersten Blick besser erscheint, ergeben<br />
sich auch hier, vor allem in Folge hoher Einwohnerdichten, zum Teil erhebliche Versorgungsdefizite<br />
(WICKOP et al. 1998, 96; SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 6). Die<br />
Zeilenbebauung weist im Hinblick auf die quantitative Versorgung mit Freiräumen<br />
einen mittleren Versorgungsgrad auf (SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 5f.; WICKOP<br />
et al. 1998, 96). In gering verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten ergibt<br />
sich ein deutlicher Unterschied des Versorgungsgrads mit privaten <strong>und</strong> öffentlichen<br />
Freiräumen. Während <strong>für</strong> die privaten Freiräume ein sehr guter Versorgungsgrad<br />
erreicht wird, bestehen Defizite in der Versorgung mit öffentlichen Freiräumen<br />
(NOHL, ZEKOM 1995, 48; WICKOP et al. 1998, 96).<br />
Tabelle 32: Freiraumversorgungsgrade von Stadtstrukturtypen<br />
Stadtstrukturtyp<br />
Block<br />
Versorgung mit privaten <strong>und</strong><br />
halböffentlichen Freiräumen<br />
Hohe bis mittlere<br />
Versorgungsdefizite<br />
Versorgung mit öffentlichen<br />
Freiräumen<br />
Mittlere Versorgungsdefizite<br />
Zeile Mittlerer Versorgungsgrad Mittlerer Versorgungsgrad<br />
Platte<br />
Mittlere Versorgungsdefizite<br />
Hohe bis mittlere<br />
Versorgungsdefizite<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser Sehr guter Versorgungsgrad Mittlere Versorgungsdefizite<br />
Qualität der Freiraumversorgung von Stadtstrukturtypen<br />
Gerade in schrumpfenden Städten mit rückläufiger Einwohnerdichte ist die Freiraumversorgung<br />
weniger ein quantitatives als ein qualitatives Problem. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> werden einige qualitative Kriterien der Freiraumversorgung genannt <strong>und</strong><br />
nach Stadtstrukturtypen differenzierte Qualitätsdefizite analysiert sowie Gestaltungsziele<br />
aufgezeigt.<br />
Zur Beurteilung der Erholungseignung sind neben der Quantität der zur Verfügung<br />
stehenden Freiräume ebenso der Öffentlichkeitsgrad <strong>und</strong> die Aufenthaltsqualität der<br />
Freiräume zu berücksichtigen (STMI BAYERN 1990, 6f., 60). Idealerweise sollte das<br />
Wohnumfeld verschiedene ineinander übergehende Freiräume aufweisen, übergehend<br />
vom privaten über den halböffentlichen zum öffentlichen Bereich (STMI BAY-<br />
ERN 1990, 18). Wesentlich <strong>für</strong> die Erholungseignung von Freiräumen ist die Gestaltqualität<br />
der naturräumlichen <strong>und</strong> baulichen Ausstattung (STADT LEIPZIG 2001, 35)<br />
<strong>und</strong> das Fehlen von Belastungen (z. B. Lärm, Schadstoffe) (SENSTADT BERLIN<br />
1996a, 06.05, 1ff.).<br />
Ebenso wie die Quantität der Freiraumversorgung unterscheidet sich auch die Qualität<br />
der Freiraumversorgung in den einzelnen Stadtstrukturtypen wie Tabelle 33<br />
anhand der Qualitätsdefizite <strong>und</strong> Gestaltungsziele zeigt.
150 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Tabelle 33: Defizite der Freiraumqualitäten <strong>und</strong> Gestaltungsziele privater, halböffentlicher<br />
<strong>und</strong> öffentlicher Freiräume nach Stadtstrukturtypen<br />
(DOEHLER 2003c, 52, NOHL, ZEKOM 1995, 58; RITTER 1995, 321; SENSTADT BERLIN 1996a,<br />
06.05, 5f.; STADT LEIPZIG 2001, 63ff.; STMI 1990, 22, 45)<br />
Stadtstrukturtyp Defizite Gestaltungsziele<br />
Block<br />
Zeile<br />
Platte<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />
� Vielzahl von Nutzungskonkurrenzen<br />
mit hoher Belastung der Freiräume<br />
� Geringe Freizeit- <strong>und</strong> Erholungseignung<br />
� Schlechte stadt<strong>ökologische</strong> Qualität<br />
� Verbesserung der Versorgung durch Straßenbaumpflanzungen,<br />
Nutzung von Baulücken /<br />
Brachen, Hinterhofentkernungen<br />
� Nutzung der klaren Trennung zwischen<br />
öffentlichen <strong>und</strong> halböffentlichen Räumen<br />
� Monotone <strong>und</strong> anonyme Gestaltung � Zonierung <strong>und</strong> Schaffung attraktiver<br />
Parkanlagen<br />
� Schaffung attraktiver Mieter- <strong>und</strong> Vorgärten<br />
� Gestaltungsdefizite<br />
� Zerschneidungen durch<br />
Erschließungsflächen<br />
� Hoher Anteil versiegelter Flächen<br />
� Geringer <strong>ökologische</strong>r Wert<br />
� Geringer <strong>ökologische</strong>r <strong>und</strong> sozialer<br />
Wert der Freiräume<br />
� Zonierung, Nutzungszuordnung, raumbildende<br />
Vegetation<br />
� Entsiegelung <strong>und</strong> Verbesserung der<br />
<strong>ökologische</strong>n Qualität<br />
� Schaffung differenzierter Angebote <strong>für</strong><br />
verschiedene Nutzer- <strong>und</strong> Altersgruppen<br />
� Schaffung von Stadtplätzen mit<br />
Aufenthaltsqualitäten<br />
Freiräume in verdichteten innerstädtischen Altbaugebieten unterliegen einer hohen<br />
Belastung in Folge des hohen innerstädtischen Nutzungsdrucks (NOHL 1993, 1). In<br />
Folge der Kumulation quantitativer <strong>und</strong> qualitativer Belastungen zeichnen sich die<br />
Freiräume häufig durch eine geringe Freizeit- <strong>und</strong> Erholungseignung sowie eine<br />
geringe stadt<strong>ökologische</strong> Qualität aus (SENSTADT BERLIN 1996a, 06.05, 5f.). Ziel<br />
sollte es in diesem Gebietstyp sein, jede Möglichkeit zu nutzen die Erholungsqualität<br />
sowie die stadt<strong>ökologische</strong> Qualität zu verbessern, z. B. durch die Anpflanzung von<br />
Straßenbäumen oder die Schaffung von qualitätsvollen Freiräumen auf Baulücken<br />
<strong>und</strong> Stadtbrachen (STADT LEIPZIG 2001, 63ff.).<br />
Die Freiraumqualität der Zeilenbebauung wird häufig in Folge ihrer monotonen <strong>und</strong><br />
anonymen Gestaltung in Form eines reinen Abstandsgrüns kritisiert. Mit ihren kleinen<br />
überschaubaren Einheiten bilden die Sozialwohnanlagen der 1920er <strong>und</strong><br />
1930er Jahre das Potenzial zur Schaffung attraktiver Parklandschaften zwischen<br />
den Gebäudezeilen (DOEHLER 2003c, 52). Dies kann z. B. durch eine sorgfältige<br />
Gliederung <strong>und</strong> Zonierung sowie eine Schaffung attraktiver Sitz- <strong>und</strong> Spielbereiche<br />
sowie Bewohner-, Mieter- <strong>und</strong> Vorgärten erreicht werden (STMI BAYERN 1990, 22).<br />
Ebenso zeichnen sich die Freiräume der Großwohnsiedlungen industrieller Bauweise<br />
durch Gestaltungsdefizite <strong>und</strong> damit eine schlechte Nutzbarkeit <strong>für</strong> ihre Bewohner<br />
aus. Die Nutzbarkeit wird eingeschränkt durch erhöhte Anteile versiegelter Flächen<br />
<strong>für</strong> Verkehr, Wege, Stellplätze, eine Zerschneidung der Flächen durch Haupt-<br />
<strong>und</strong> Durchgangsstraßen <strong>und</strong> einen geringen Erholungs- <strong>und</strong> Aufenthaltswert sowie<br />
<strong>ökologische</strong>n Wert des reinen Abstandsgrüns (NOHL 1993, 1f.; WICKOP et al. 1998,<br />
95). Auch werden die Großwohnsiedlungen häufig durch solche Bevölkerungsgruppen<br />
bewohnt, die in besonderem Maße auf wohnungsnahe Freiräume angewiesen<br />
sind wie Kinder, alte Menschen <strong>und</strong> Einkommensschwache (NOHL, ZEKOM 1995, 12,<br />
58). Gestaltungsziele beziehen sich auf den Abbau von Gestaltungsdefiziten durch<br />
Zonierung, Nutzungsordnung <strong>und</strong> die Anpflanzung raumbildender Vegetation. Der<br />
Versiegelungsgrad sollte verringert sowie die <strong>ökologische</strong> Qualität verbessert wer-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 151<br />
den. Aufgr<strong>und</strong> der spezifischen Bewohnerschaft sind bei der Gestaltung die Nutzungsanforderungen<br />
der verschiedenen Bevölkerungs- <strong>und</strong> Altersgruppen zu berücksichtigen<br />
(STADT LEIPZIG 2001, 63ff.).<br />
Trotz der quantitativ sehr guten Ausstattung der Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebiete<br />
mit privaten Freiräumen wird <strong>für</strong> diesen Strukturtyp der geringe <strong>ökologische</strong> <strong>und</strong><br />
soziale Wert dieser Freiräume kritisiert (STMI BAYERN 1990, 45). Eine Möglichkeit<br />
zur Verbesserung der sozialen Qualität wird in der Schaffung von Stadtplätzen mit<br />
Aufenthaltsqualität gesehen (STADT LEIPZIG 2001, 63ff.).<br />
5.3.2 Freiraumversorgung <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong><br />
Rückläufige Einwohnerzahlen in ostdeutschen Städten führen zum Brachfallen ehemals<br />
baulich genutzter Flächen in bisher kaum gekanntem Ausmaß. Die städtebauliche<br />
Struktur ehemals hoch verdichteter Vorstädte lockert sich, erhält Risse <strong>und</strong><br />
Löcher. Im Rahmen eines Perforationsprozesses sickert die Peripherie in die Stadt<br />
ein, <strong>und</strong> zwar räumlich selektiv zunächst in die unattraktiven Lagen (DOEHLER<br />
2003c, 52f.). Entdichtungsprozesse bieten über freiwerdende Flächen ein Potenzial<br />
<strong>für</strong> die Freiraumversorgung. Gleichzeitig steht dem umfangreichen Flächenangebot<br />
eine sinkende Nachfrage gegenüber, die ein Risiko <strong>für</strong> die Qualität der Freiraumversorgung<br />
darstellt. Potenziale <strong>und</strong> Grenzen <strong>für</strong> die Freiraumversorgung in schrumpfenden<br />
Städten werden im Folgenden erläutert.<br />
Potenziale von Entdichtungsprozessen <strong>für</strong> die Freiraumversorgung<br />
Gerade <strong>für</strong> verdichtete Bebauungsstrukturen wie die Blockbebauung <strong>und</strong> den industriellen<br />
Geschosswohnungsbau bieten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse einhergehend mit<br />
einem Rückgang der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichte Potenziale zum Abbau bestehender<br />
Freiraumdefizite.<br />
Durch Anreicherung der ehemals dicht bebauten Quartiere mit ökologisch, funktional<br />
<strong>und</strong> sozial begründeten Freiräumen kann eine nachbessernde Freiraumversorgung<br />
erreicht werden im Sinne von „Mehr Grün, weniger <strong>Dichte</strong>, mehr Qualität“<br />
(DOEHLER 2003c, 53). Damit kann die Wettbewerbsfähigkeit innerstädtischer Gebiete<br />
auf dem Wohnungsmarkt sowie die in diesen Gebieten bestehende Lebensqualität<br />
gesteigert werden. Es besteht die Hoffnung einer Umkehr des Trends der Stadt-<br />
Umland-Wanderung, indem Bewohner durch eine attraktive Gestaltung der Freiräume<br />
<strong>für</strong> die Innenstädte zurückgewonnen werden (HUNGER et al. 2004, 5, 57;<br />
LÜTKE DALDRUP 2003, 61).<br />
Die erforderliche Neudefinition des Verhältnisses von Freiraum <strong>und</strong> gebautem<br />
Raum beinhaltet vielfältige Chancen zur Verbesserung der Wohnqualität. Insbesondere<br />
ergibt sich die Möglichkeit, die Beziehungen zwischen Wohnungen <strong>und</strong> Freiräumen<br />
in vielfältiger Weise neu zu gestalten: Rückbau des Geschosswohnungsbaus<br />
zu kleinen überschaubaren Einheiten in einer attraktiven Stadtparklandschaft<br />
<strong>und</strong> Schaffung vielfältiger Übergänge zwischen Stadt <strong>und</strong> Landschaft. Brachgefallene<br />
Flächen in schrumpfenden Städten bilden Nischen <strong>für</strong> eine Inanspruchnahme<br />
durch innovative Nutzungen (LÜTKE DALDRUP 2003, 65ff.).<br />
Im Sinne einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung besteht auch die Chance <strong>für</strong> eine<br />
Wiederherstellung von Landschaften als Gegentrend zur randstädtischen Flächeninanspruchnahme<br />
<strong>und</strong> somit <strong>für</strong> einen Gewinn an stadt<strong>ökologische</strong>r Qualität (HUN-<br />
GER et al. 2004, 7; LÜTKE DALDRUP 2003, 63ff.). Besondere Potenziale bestehen
152 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
dabei insbesondere <strong>für</strong> die Schaffung feinmaschiger Grünvernetzungen (HUNGER et<br />
al. 2004, 6).<br />
Grenzen der Freiraumversorgung in schrumpfenden Städten<br />
Ein Zuwachs an Brachen als potenziellen Freiräumen wird nicht unbegrenzt zu einem<br />
Zugewinn an Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität führen. Die durch Rückbau gewonnenen<br />
Flächen werden nicht automatisch zu nutzbaren Freiräumen, zunächst handelt<br />
es sich um Brachflächen, die einer – wenn auch möglicherweise einfachen – Gestaltung,<br />
Erschließung oder Aneignung bedürfen, um <strong>für</strong> die Bewohner zugänglich <strong>und</strong><br />
nutzbar zu werden (DOEHLER 2003c, 53f.). Eine Gestaltung wird allerdings nur erfolgen,<br />
wenn Nachfrage nach diesen Flächen besteht, die bei stark sinkenden Einwohnerdichten<br />
unter Umständen nicht mehr gegeben ist. Insbesondere die mit der<br />
Zahl der Einwohner sinkende finanzielle Ausstattung der Kommunen wirkt sich restriktiv<br />
auf die Gestaltungsmöglichkeiten bei Grün- <strong>und</strong> Freiflächen aus (HUNGER et<br />
al. 2004, 5).<br />
<strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozesse verteilen sich heterogen über das Stadtgebiet.<br />
So kann es städtische Teilgebiete geben, in denen Wachstum <strong>und</strong> Nachverdichtung<br />
erfolgen, verb<strong>und</strong>en mit einem Mangel an Freiräumen. In anderen Teilgebieten<br />
hingegen kann es zu extremen Entdichtungsprozessen <strong>und</strong> einem deutlichen<br />
Überangebot an Flächen kommen. Hier wird <strong>Schrumpfung</strong> mit einem Zuviel an Fläche,<br />
einem Zuviel an leeren Räumen gleichgesetzt (DOEHLER 2003c, 53; RICHTER<br />
1995, 322). Es entstehen also möglicherweise freie Flächen an den falschen Stellen,<br />
da zur Steigerung der Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität ein abgestuftes System von<br />
Freiräumen erforderlich ist, das auch eine ausreichende Freiraumversorgung in unmittelbarer<br />
Wohnungsnähe erfordert. Eine positive Gesamtbilanz der Freiraumversorgung<br />
auf städtischer Ebene ist hier nicht ausreichend (NOHL 1993, 48f.).<br />
Abbildung 40: Zugewinn an Freiraum oder bedrohende Leere?<br />
Abrissfläche im Dresdner Plattenbaugebiet Prohlis (Foto: Rößler)<br />
Erfahren die neu gewonnen Flächen keine entsprechende Gestaltung oder Aneignung,<br />
werden sie zu W<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Rissen im Stadtkörper. Rückbau, Abriss <strong>und</strong> eine<br />
Verringerung der <strong>Dichte</strong> werden als Verlust an Urbanität erlebt <strong>und</strong> nicht als ein<br />
Gewinn an Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität (HUNGER et al. 2004, 5f.). Bei einer stark verringerten<br />
Nutzungsintensität von Freiräumen kann das individuelle Sicherheitsempfinden<br />
abnehmen, in Folge eines Verlusts sozialer Kontrolle (RÖßLER 2007, 118).<br />
Insbesondere bei Freiräumen mit spezifischen Funktionen, die eine aufwändigere<br />
Gestaltung erfordern (z. B. Spiel- <strong>und</strong> Sportflächen), kann eine Verringerung der
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 153<br />
Einwohnerdichte <strong>und</strong> damit der Zahl der Nachfrager zu einer Verringerung der Zahl<br />
der Anlagen führen, verb<strong>und</strong>en mit einer Vergrößerung der Einzugsbereiche <strong>und</strong><br />
einer Verschlechterung der Erreichbarkeit (RÖßLER 2007, 118). So konnten SIEDEN-<br />
TOP et al. (2006, 192ff.) nachweisen, dass es gerade bei Sportanlagen (z. B. Sportplätzen,<br />
Freibädern, Hallenbädern) zu hohen Steigerungen der spezifischen Kosten<br />
bei Bevölkerungsrückgängen kommen kann.<br />
5.3.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus<br />
Sicht der Freiraumversorgung<br />
Schwellenwerte maximaler <strong>Dichte</strong>n, ab der die ausreichende Freiraumversorgung<br />
eines Gebiets nicht mehr gewährleistet werden kann, lassen sich näherungsweise<br />
über Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte der Freiraumversorgung bestimmen (s. Tabelle<br />
31). Diese im Rahmen von Freiraumversorgungsanalysen verwendeten Richt- oder<br />
Orientierungswerte sind ein sinnvolles Hilfsmittel, um eine Unterversorgung aufzuzeigen.<br />
Die dargestellten Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Freiraumversorgung<br />
lassen vermuten, dass ebenso Schwellen <strong>für</strong> minimale <strong>Dichte</strong>n existieren, ab der<br />
keine ausreichende Freiraumqualität mehr gewährleistet werden kann. Solche<br />
Schwellen ergeben sich zunächst <strong>für</strong> Freiräume spezifischer Funktionen, deren Gestaltung<br />
mit einem vergleichsweise hohen finanziellen Aufwand verb<strong>und</strong>en ist, der<br />
sich nur dann rechtfertigen lässt, wenn er durch eine ausreichende Nachfrage, d. h.<br />
Einwohnerdichte, gedeckt ist. Weiterhin ist anzunehmen, dass es Schwellen gibt, ab<br />
denen ein weiterer Zugewinn an Freiräumen von den Bewohnern als ein Überangebot<br />
an Fläche <strong>und</strong> somit als Leere erlebt wird. Da diese Schwellen auf dem Erleben<br />
<strong>und</strong> Empfinden der Bewohner basieren, das auch individuell sehr unterschiedlich<br />
sein kann, werden sie sich allerdings nur schwer ermitteln lassen, zumal hierzu bisher<br />
keine ausreichenden Erfahrungen bestehen.<br />
Abbildung 41: Entwicklung der Freiraumversorgung bei<br />
Entdichtung in Stadtstrukturtypen (Eigene Darstellung)<br />
Freiraumversorgung<br />
Freiraumversorgung<br />
Entdichtung<br />
Entdichtung<br />
Block Platte<br />
Freiraumversorgung<br />
Freiraumversorgung<br />
Entdichtung<br />
Zeile Einfamilienhaus<br />
Entdichtung<br />
Die dargelegten spezifischen Freiraumversorgungsgrade <strong>und</strong> Qualitäten der Freiräume<br />
lassen vermuten, dass sich Entdichtungsprozesse in den Stadtstrukturtypen
154 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
in unterschiedlicher Weise auf die Freiraumversorgung auswirken, wie in Abbildung<br />
41 dargestellt. Freiraumversorgung wird hier als eine Größe verstanden, die sich<br />
zum einen aus einem ausreichenden quantitativen Freiraumversorgungsgrad <strong>und</strong><br />
zum anderen aus einer hohen Qualität der Freiräume ergibt.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der hohen Versorgungsdefizite ist in den verdichteten Stadtstrukturtypen<br />
Block <strong>und</strong> Platte bei Entdichtung zunächst von einer Verbesserung der Freiraumversorgung<br />
auszugehen, wenn im Zuge von Aufwertungsmaßnahmen die frei werdenden<br />
Flächen zu qualitätvollen <strong>und</strong> nutzbaren Freiräumen entwickelt werden. Bei<br />
kontinuierlicher Entdichtung, die sich auch in flächenhaften Gebäudeabriss niederschlägt,<br />
wird allerdings ein Punkt erreicht, ab dem die Freiraumversorgung sich wieder<br />
verschlechtert, da der Flächenzugewinn zunehmend als Leere erlebt wird. Aufgr<strong>und</strong><br />
der ohnehin schon offenen Struktur der Plattenbaugebiete ist davon auszugehen,<br />
dass dieser Wert hier schneller erreicht wird als in Altbaugebieten. In Gebieten<br />
der Zeilenbebauung ist anzunehmen, dass sich diese Prozesse in geringerem<br />
Ausmaß vollziehen. Da die Ausgangssituation der Freiraumversorgung in Zeilengebieten<br />
besser einzuschätzen ist als in den verdichten Strukturtypen, verläuft die<br />
Kurve der Verbesserung der Freiraumversorgung weniger steil. Aufgr<strong>und</strong> der geringeren<br />
Einwohnerdichte ist der absolute Bevölkerungsverlust geringer, so dass<br />
ebenso die Kurve der Verschlechterung der Freiraumversorgung bei übermäßigem<br />
Bevölkerungsrückgang weniger steil verläuft. In Einfamilienhausgebieten kann die<br />
Freiraumversorgung bei Entdichtung aufgr<strong>und</strong> der guten Ausgangsituation <strong>und</strong> des<br />
Fehlens öffentlicher Freiräume kaum verbessert werden. Vielmehr ist anzunehmen,<br />
dass im Zuge eines Bevölkerungsrückgangs eine kontinuierliche geringfügige Verschlechterung<br />
der Freiraumversorgung erfolgen wird.<br />
Die bisherigen Ausführungen haben verdeutlicht, dass die Freiraumversorgung in<br />
schrumpfenden Städten weniger ein quantitatives als ein qualitatives Problem ist.<br />
Um durch die im Zuge des Stadtumbauprozesses vermehrt frei werdenden Flächen<br />
auch wirklich eine Verbesserung der Freiraumversorgung zu erreichen, ist es erforderlich,<br />
dass diese Flächen zu Freiräumen gewidmet, dauerhaft <strong>und</strong> bodenrechtlich<br />
gesichert werden <strong>und</strong> eine entsprechende Gestaltung erfahren.<br />
<strong>Dichte</strong>rückgänge wirken sich zudem in den verschiedenen Stadtstrukturtypen unterschiedlich<br />
auf die Freiraumversorgung aus. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> zeigt die folgende<br />
Tabelle 34 nach Stadtstrukturtypen differenziert die Potenziale, aber auch<br />
Risiken von Entdichtungsprozessen <strong>für</strong> die Freiraumversorgung. Da sich quantitative<br />
Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Freiraumversorgung in<br />
schrumpfenden ostdeutschen Städten bisher aufgr<strong>und</strong> mangelnder Erfahrungen<br />
nicht bestimmen lassen, handelt es sich hierbei um qualitative Kriterien, die es im<br />
Zuge der weiteren Ausgestaltung von Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten zu berücksichtigen gilt.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 155<br />
Tabelle 34: Potenziale <strong>und</strong> Risiken von Entdichtungsprozessen <strong>für</strong> die Freiraumversorgung<br />
nach Stadtstrukturtypen<br />
Stadtstrukturtyp<br />
Block<br />
Platte<br />
Zeile<br />
Ein- /Zweifamilienhäuser<br />
Potenziale von Entdichtungsprozessen <strong>für</strong> die<br />
Freiraumversorgung<br />
� Nutzung von Entdichtungsprozessen zur<br />
Erhöhung des Freiraumversorgungsgrads<br />
� Trennung halböffentlicher Höfe von öffentlichen<br />
Straßenräumen<br />
� Schaffung eines Angebots an privaten Freiräumen<br />
(Terrassen, Mietergärten, Freisitze)<br />
� Bepflanzungen zur Verbesserung der<br />
stadt<strong>ökologische</strong>n Qualität<br />
� Nutzung der Möglichkeiten zur Schaffung von<br />
Freiraumstrukturen mit geringem<br />
Erhaltungsaufwand<br />
� Nutzung von Entdichtungsprozessen zur<br />
Erhöhung des Freiraumversorgungsgrads<br />
� Nutzung von Rückbau-, Umbau-, <strong>und</strong> Aufwertungsmaßnahmen<br />
zur Verbesserung der Qualität<br />
der Freiraumgestaltung<br />
(z. B. Zonierung, Zuordnung, Nutzungsangebote)<br />
� Schaffung eines Angebots an privaten Freiräumen<br />
(Terrassen, Mietergärten, Freisitze)<br />
� Verbesserung der <strong>ökologische</strong>n Qualität der<br />
Grün- <strong>und</strong> Freiflächen<br />
� Nutzung der Möglichkeiten der Renaturierung bei<br />
Rückbau von außen nach innen<br />
� Nutzung von Rückbau-, Umbau-, <strong>und</strong> Aufwertungsmaßnahmen<br />
zur Verbesserung der Qualität<br />
der Freiraumgestaltung<br />
(z. B. Zonierung, Zuordnung, Nutzungsangebote)<br />
� Schaffung eines Angebots an privaten Freiräumen<br />
(z. B. Terrassen, Mietergärten)<br />
� Verbesserung der <strong>ökologische</strong>n Qualität der<br />
Grün- <strong>und</strong> Freiflächen<br />
� Rückgewinnung von Landschaft bei randstädtischen<br />
Gebieten<br />
5.4 Wohnungsnachfrage<br />
Risiken von Entdichtungsprozessen<br />
<strong>für</strong> die Freiraumversorgung<br />
� Entstehung großer Brachen ohne<br />
Gestaltung <strong>und</strong> Erschließung, die als<br />
Verlust der Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität<br />
empf<strong>und</strong>en werden<br />
� Ungünstige Zuordnung von<br />
freiwerdenden Flächen <strong>und</strong> Verdichtungsgebieten<br />
� Gestaltungsdefizite der freiwerdenden<br />
Flächen, vor allem bei größeren<br />
Flächen <strong>und</strong> stark sinkender Nachfrage<br />
sowie kommunaler Finanzkraft<br />
� Durch ungenügende räumliche<br />
Fassung, Zonierung der Flächen<br />
unklarer Öffentlichkeitsgrad (privat,<br />
halböffentlich, öffentlich)<br />
� Gestaltungsdefizite der freiwerdenden<br />
Flächen, vor allem bei größeren<br />
Flächen <strong>und</strong> stark sinkender<br />
Nachfrage<br />
� Durch ungenügende räumliche<br />
Zonierung der frei werdenden Flächen<br />
unklarer Öffentlichkeitsgrad<br />
(privat, halböffentlich, öffentlich)<br />
� Verstärkter Mangel an Freiräumen<br />
spezifischer Funktion wie Spiel- <strong>und</strong><br />
Sportflächen<br />
Wohnformen unterscheiden sich in ihren Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten, die<br />
wiederum Einfluss auf die Nachfrage verschiedener Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen<br />
nach diesen Wohnformen haben. Gerade in schrumpfenden Städten, in denen sich<br />
der Wohnungsmarkt immer stärker in Richtung eines Nachfragermarktes entwickelt,<br />
sind die Wohnwünsche der Nachfragergruppen von Bedeutung da<strong>für</strong>, welche Wohnformen<br />
in welcher <strong>Dichte</strong> nachgefragt werden <strong>und</strong> wo sich Leerstände konzentrieren<br />
werden.<br />
Damit können Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten nicht allein<br />
aus der Sicht der Tragfähigkeit der verkehrlichen, sozialen <strong>und</strong> stadttechnischen<br />
Infrastruktur entwickelt werden, sondern müssen gleichzeitig die Wohnwünsche der<br />
verschiedenen Nachfragergruppen berücksichtigen.
156 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Nach einer einleitenden Darstellung der <strong>Dichte</strong>n verschiedener Wohnbauformen<br />
beschäftigt sich dieses Kapitel mit aktuellen Tendenzen der Wohnungsnachfragen<br />
nach verdichteten <strong>und</strong> nach aufgelockerten Wohnformen, den dichtebezogenen<br />
Wohnwünschen verschiedener Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen sowie den Tendenzen<br />
der Entwicklung der Wohnungsnachfrage in schrumpfenden Städten. Abschließend<br />
werden Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht<br />
der Wohnungsnachfrage entwickelt. Diese beinhalten zum einen Gestaltungsanforderungen,<br />
die darauf gerichtet sind, die Wohnqualität in den verschiedenen Strukturtypen<br />
möglichst nachfragegerecht zu entwickeln. Zum anderen werden quantitative<br />
<strong>Dichte</strong>zielwerte aus Sicht spezifischer mit einem Stadtstrukturtyp verb<strong>und</strong>ener<br />
Wohnqualitäten aus der Diskussion städtebaulicher Leitbilder abgeleitet.<br />
5.4.1 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage<br />
Verschiedene Wohnbauformen weisen unterschiedliche <strong>Dichte</strong>n auf. Sowohl aktuelle<br />
Tendenzen der Wohnungsnachfrage als auch Wohnwünsche können danach<br />
differenziert werden, ob sie eher auf Wohnformen höherer oder geringerer <strong>Dichte</strong>n<br />
gerichtet sind. Dabei werden die variierenden Wohnwünsche verschiedener Bevölkerungsgruppen<br />
berücksichtigt, operationalisiert über Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen.<br />
<strong>Dichte</strong>n verschiedener Wohnbauformen<br />
Für den Wohnungsbau stehen unterschiedliche Hausformen zur Verfügung, die ihren<br />
Bewohnern je nach den persönlichen Wohnpräferenzen spezifische Vor- <strong>und</strong><br />
Nachteile bieten. Während z. B. freistehende Einfamilienhäuser einen direkten Zugang<br />
zum Außenraum aufweisen, bietet der Geschosswohnungsbau Vorteile geringerer<br />
Bau-, Gr<strong>und</strong>stücks-, <strong>und</strong> Erschließungskosten sowie eine größere Anonymität<br />
des Wohnens (SPENGELIN 1983, 158).<br />
Die Wohnbauformen unterscheiden sich dabei erheblich in ihren <strong>Dichte</strong>n (s. Tabelle<br />
35). Während städtebauliche Regelwerke <strong>für</strong> freistehende Einfamilienhäuser von<br />
<strong>Dichte</strong>werten ab einer GFZ von 0,3 <strong>und</strong> einer Nettowohndichte von 30 Einwohnern<br />
je ha ausgehen, können mit Terrassenhäusern <strong>Dichte</strong>werte bis zu einer GFZ von<br />
2,1 <strong>und</strong> einer Nettowohndichte von 600 Einwohnern je ha erreicht werden. Auch<br />
innerhalb einzelner Wohnbauformen schwanken erzielbare <strong>Dichte</strong>werte erheblich, je<br />
nach Gr<strong>und</strong>stücksgröße, Belegungsziffer <strong>und</strong> Wohnfläche je Einwohner.<br />
Tabelle 35: <strong>Dichte</strong>kennziffern verschiedener Wohnbauformen<br />
(Eigene Berechnung nach BRAAM 1993, 197; HEINZ 1983, 110ff.;<br />
KORDA 2005, 102ff.; NEUFERT 2005, 138; REINHARDT, TRUDEL 1979, 69ff.)<br />
Wohnbauform GRZ GFZ EW/ha (netto)<br />
Freistehendes Einfamilienhaus bis 0,4 0,3-0,6 30-90<br />
Doppelhaus 0,4 0,5-0,8 100-230<br />
Reihenhaus 0,4-0,6 0,4-0,9 150-250<br />
Atrium-/Gartenhofhaus 0,6 0,6-0,8 100-180<br />
Scheibenhäuser - 5 Geschosse 0,2 0,8-1,1 300-400<br />
Scheibenhäuser > 5 Geschosse 0,1 0,8-1,5 400-450<br />
Punkthäuser 0,03-0,2 0,6-1,2 180-450<br />
Terrassenhäuser 0,6-0,9 1,2-2,1 300-600
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 157<br />
Aktuelle Tendenzen der Wohnungsnachfrage<br />
Einen Anhaltspunkt über die derzeitige Struktur der Wohnungsnachfrage 36 in<br />
Deutschland bietet die Mikrozensus-Zusatzerhebung 2002 zum Bestand <strong>und</strong> zur<br />
Struktur der Wohneinheiten. Abbildung 42 zeigt die Verteilung der bewohnten<br />
Wohneinheiten nach Stadtstrukturtypen. Dabei zeigt sich, dass sich die realisierte<br />
Wohnungsnachfrage zum größten Teil auf Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser richtet<br />
(EFH/ZFH), allerdings noch mit deutlichen Differenzen zwischen dem früheren B<strong>und</strong>esgebiet<br />
mit 48,6 % <strong>und</strong> den Neuen Ländern mit 38,5 %. Im Gegenzug ist in den<br />
Neuen Ländern der Anteil der bewohnten Wohneinheiten im Mehrfamilienhausbau<br />
höher als im früheren B<strong>und</strong>esgebiet, vor allem im Altbau bis 1918 (mit 10,3 % im<br />
Vergleich zu 5,9 %). Auch in der Baualtersklasse von 1979 bis 1986, in der besonders<br />
hohe <strong>Dichte</strong>n der Wohnbebauung erreicht wurden, ist der Anteil der bewohnten<br />
Wohneinheiten in den Neuen Ländern höher (mit 12,9 % im Vergleich zu 6 %) (siehe<br />
auch Kapitel 3.4). Lediglich in der Baualtersklasse von 1949 bis 1978 ist der Anteil<br />
der bewohnten Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern in den Neuen Ländern<br />
geringer als im früheren B<strong>und</strong>esgebiet (22,2 % im Vergleich zu 29 %). Hervorzuheben<br />
ist, dass in den Neuen Ländern im Jahr 2002 noch 61,5 % der Wohnungsnachfrage<br />
in Mehrfamilienhäusern <strong>und</strong> damit in Stadtstrukturtypen höherer <strong>Dichte</strong> realisiert<br />
wurde.<br />
Abbildung 42: Wohneinheiten nach Stadtstrukturtypen<br />
(Eigene Darstellung nach STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b, 47ff.) 37<br />
Anteil an den bewohnten Wohneinheiten in %<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
EFH/ZFH MFH bis<br />
1918<br />
MFH 1919-<br />
1948<br />
MFH 1949-<br />
1978<br />
MFH 1979-<br />
1990<br />
Gesamtdeutschland<br />
West<br />
Ost<br />
MFH ab<br />
1991<br />
36 Zur Wohnungsnachfrage zählt nicht nur der Umzug in eine neue Wohnung sondern auch<br />
die dauerhafte Nachfrage nach einer bisherig bereits nachgefragten Wohnung (IWANOW,<br />
OERTEL 2004, 64).<br />
37 Die in Abbildung 42 verwendeten Stadtstrukturtypen orientieren sich an den Zeitschnitten<br />
des Mikrozensus (STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b), die sich von den in dieser Arbeit<br />
verwendeten Strukturtypen unterscheiden. MFH bis 1918 entspricht dabei dem Stadtstrukturtyp<br />
Altbau, MFH 1919-1948 dem Strukturtyp Zeile. MFH 1949-1978 entspricht<br />
zum Teil dem Typ Zeile (bis 1968) <strong>und</strong> zum Teil dem Typ Platte (ab 1969). MFH 1979-<br />
1990 ist dem Typ Platte zuzuordnen <strong>und</strong> MFH ab 1991 dem Geschosswohnungsbau<br />
nach 1990.
158 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Wohnwünsche nach aufgelockerten <strong>und</strong> verdichteten Wohnformen<br />
Die Wohnungsnachfrage wird wesentlich bestimmt durch demographische Faktoren,<br />
Bevölkerungs- <strong>und</strong> Haushaltsstrukturen <strong>und</strong> ökonomische Einflussgrößen wie die<br />
Einkommensentwicklung <strong>und</strong> -verteilung <strong>und</strong> deren Relation zu den Wohnkosten<br />
<strong>und</strong> übrigen Preisen. Aufgr<strong>und</strong> der zunehmenden Pluralisierung der Gesellschaft<br />
gewinnen soziale Aspekte wie die zunehmende Ausdifferenzierung der Lebensstile<br />
an Bedeutung <strong>für</strong> die Wohnungsnachfrage. Ebenso zu berücksichtigen sind räumliche<br />
Determinanten der Wohnungsnachfrage wie das Arbeitsplatzangebot oder Präferenzen<br />
im Hinblick auf Siedlungsstruktur <strong>und</strong> Wohnumfeld (KÜHNE-BÜNING et al.<br />
2005, 139).<br />
Während auf angespannten Wohnungsmärkten die Realisierung von Wohnwünschen<br />
38 in Form einer marktwirksamen Wohnungsnachfrage weitestgehend durch<br />
das verfügbare Einkommen im Verhältnis zu den Wohnkosten bestimmt wird (KÜH-<br />
NE-BÜNING et al. 2005, 148), ist den Wohnwünschen der Nachfrager auf entspannten<br />
Wohnungsmärkten mit einem Angebotsüberhang ein höheres Gewicht beizumessen.<br />
„An angespannten Wohnungsmärkten spielt es keine Rolle, wenn Leute in Häusern<br />
leben, die sie nicht mögen. Aber wir müssen davon ausgehen, dass die<br />
Zahl der Nachfragemärkte steigt <strong>und</strong> damit auch die Bereitschaft <strong>und</strong> die Möglichkeit<br />
zum ‚Standort- <strong>und</strong> Markenwechsel’.“ (HENTSCHEL 2004, 52)<br />
Im Folgenden werden Wohnwünsche zunächst allgemein daraufhin betrachtet, ob<br />
sie eher mit aufgelockerten oder verdichteten Wohnformen vereinbar sind. Nachfolgend<br />
werden die Wohnwünsche differenzierter betrachtet, nach Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen.<br />
Tendenziell überwiegen Wohnwünsche nach aufgelockerten Wohnformen, sie<br />
werden in zahlreichen Umfragen von einer größeren Gruppe genannt. Das Einfamilienhaus<br />
wird z. B. je nach Umfrage von 66 % bis 80 % der Befragten bevorzugt<br />
(BÖLTKEN et al. 1999, 142; EMNID 1998, 18f.; GEHRKE 2003, 2). Das Einfamilienhaus<br />
erfüllt die gestellten Wünsche an die ideale Wohnform am besten, da es “mehr<br />
Wohnfläche, eine neuzeitliche Ausstattung, ein besseres Wohnumfeld, einen außerstädtischen<br />
Standort, das eigene kleine Haus” bietet (ZAPF 1982, 23). Etwa 60 %<br />
der Befragten bevorzugen die flächenintensiven Wohnlagen Land, Kleinstadt oder<br />
suburbaner Raum (BÖLTKEN et al. 1999, 145). Mit suburbanen Wohnlagen werden<br />
vor allem höhere Freiraumqualitäten verb<strong>und</strong>en: ein privater, abgeschirmter Garten,<br />
ein naturnahes emissionsfreies Wohnumfeld, aber auch ein besseres soziales Umfeld,<br />
wie z. B. Schulen mit einem höheren Leistungsniveau (DROST 2001, 34; HENT-<br />
SCHEL 2004, 50f.; EICHENER et al. 2002, 55).<br />
Ein wesentlicher mit dem Einfamilienhaus verb<strong>und</strong>ener Wunsch ist die individuelle<br />
Lebensgestaltung, die Erweiterung von Handlungsspielräumen <strong>und</strong> die Möglichkeit<br />
zur „Verdinglichung der eigenen Identität“ (SPENGELIN 1983, 166). Abbildung 43<br />
zeigt die Kategorisierung verschiedener Stadtstrukturtypen im Spannungsfeld von<br />
Individualität versus Uniformität einerseits <strong>und</strong> hoher versus niedriger <strong>Dichte</strong> andererseits.<br />
Während das freistehende Einfamilienhaus die höchste Individualität bei<br />
geringster <strong>Dichte</strong> bietet, mangelt es den verdichteten Strukturtypen an Individualität.<br />
38 Ein Wohnwunsch ist ein an der Vorstellung orientiertes Präferenzurteil <strong>für</strong> eine Wohnform<br />
(FLADE 1987, 75). Allerdings können Wohnwünsche zu Aussagen über die langfristige<br />
Entwicklung der Wohnungsnachfrage herangezogen werden (BÖLTKEN et al. 1999, 142).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 159<br />
Als Kompromiss wird hier von HÖFLER et al. (1983, 185), entsprechend der vorherrschenden<br />
Diskussion in den 1980er Jahren (s. Kapitel 3.3), der individualisierte verdichtete<br />
Flachbau angesehen, der sowohl eine angemessene <strong>Dichte</strong> als auch ein<br />
gewünschtes Maß an Individualität ermögliche (zu den <strong>Dichte</strong>vorstellungen der<br />
1980er Jahre siehe Kapitel 3.3). Dies entspricht auch aktuell gängigen Wohnpräferenzen.<br />
So konnte HENTSCHEL (2004, 50) nachweisen, dass der verdichtete Flachbau<br />
in Form von Gartenhofhäusern eine hohe Akzeptanz aufweist.<br />
Abbildung 43: Verbreitete Wohnformen im Feld von <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Individualität<br />
(HÖFLER et al. 1983, 185)<br />
Einfamilienhaus<br />
(freist.)<br />
Hohe Individualität<br />
Geringe <strong>Dichte</strong> Hohe <strong>Dichte</strong><br />
Reihenhaus<br />
UNERWÜNSCHTER<br />
BEREICH VON<br />
LÖSUNGEN<br />
Städt.<br />
Wohnungsbau der<br />
Vorkriegszeit<br />
Uniformität<br />
Individualisierter,<br />
verdichteter<br />
Flachbau<br />
ERWÜNSCHTER<br />
BEREICH VON<br />
LÖSUNGEN<br />
Massenwohnungsbau<br />
(Hochhaus)<br />
Neben diesen Wünschen nach aufgelockerten Wohnformen bestehen auch Wohnwünsche<br />
nach urbanen Qualitäten, deren wesentliche Voraussetzung eine entsprechende<br />
Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichte ist. Zu diesen Wünschen zählen z. B.<br />
Nutzungsmischung, ein gutes ÖPNV-Angebot, die Erreichbarkeit vielfältiger Angebote,<br />
soziale Heterogenität <strong>und</strong> Vielfalt sowie Erlebnisqualitäten <strong>und</strong> Kontaktmöglichkeiten<br />
(DANGSCHAT 2001, 216ff.; FELDTKELLER 2001, 38ff.; OPASCHOWSKI 2006,<br />
7; WEGE 2001, 13ff.). Im Zuge der Herausbildung neuer Formen der Wissensökonomie<br />
sowie zunehmender Frauenerwerbstätigkeit wird eine Nachfrage nach urbanen<br />
Quartieren betont, die neue städtische Wohn- <strong>und</strong> Arbeitsformen ermöglichen<br />
<strong>und</strong> durch kürzere Wege sowie ein reichhaltiges Dienstleistungsangebot dazu beitragen<br />
können, die Vereinbarkeit von Beruf <strong>und</strong> Familie zu erleichtern (CORDING<br />
2007, 43; LÄPPLE 2006, 6f.; SPELLERBERG, WILBERT 2006, 246).<br />
Aktuelle Wanderungsumfragen unter Haushalten, die aus der Kernstadt ins Umland<br />
abgewandert sind, belegen den Wunsch, eigentlich lieber in der Stadt verblieben zu<br />
sein (EICHENER et al. 2002, 57). Als Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> die Abwanderung ins Umland wurde<br />
genannt, dass in der Stadt keine den Wohnwünschen entsprechenden Wohnungsangebote<br />
zu akzeptablen Preisen vorhanden waren (ISMAIER 2002, 25). Als Wanderungsmotive<br />
werden neben persönlichen Gründen vor allem der Umzug ins Eigentum,<br />
der Wunsch im Grünen zu wohnen, der Wechsel in eine größere Wohnung,<br />
aber auch eine bessere Umweltqualität wie sauberere Luft oder weniger Lärm genannt.<br />
Allerdings sind dies planerisch beeinflussbare Qualitäten, die bei entsprechender<br />
Planung <strong>und</strong> Gestaltung durchaus auch in den Kernstädten in höherer Verdichtung<br />
als im Umland geschaffen werden können (HEITKAMP 2002, 167ff.). Dies<br />
gilt ebenso <strong>für</strong> andere Wohnwünsche, die häufig mit dem gering verdichteten Ein-
160 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
familienhaus gleichgesetzt werden wie Wohneigentum, individuelle Architektur <strong>und</strong><br />
Gestaltung, Sicherheit <strong>und</strong> hoher sozialer Status des Wohngebiets (HÄUßERMANN,<br />
SIEBEL 1996, 220; WESTPHAL 2000, 27).<br />
Tabelle 36 stellt vorherrschende Wohnwünsche <strong>und</strong> Umzugsmotive im Hinblick auf<br />
aufgelockerte <strong>und</strong> verdichtete Wohnformen zusammenfassend dar. Differenziert<br />
wird hierbei nach Wohnung, Lage <strong>und</strong> Wohnumfeld.<br />
Tabelle 36: Wohnwünsche nach aufgelockerten <strong>und</strong> verdichteten Wohnformen<br />
(Eigene Zusammenstellung nach BÖLTKEN et al. 1999, 144ff.; DANGSCHAT 2001, 216ff.;<br />
DROST 2001, 34; EICHENER et al. 2002, 57; EMNID 1998, 8, 18f.; FELDTKELLER 2001, 38ff.;<br />
GEHRKE 2003, 2f.; HENTSCHEL 2004, 50f.; STADT MÜNSTER 1995, 26; WEGE 2001, 13ff.;<br />
ZAPF 1982, 22f.)<br />
Merkmal Wohnwünsche nach Auflockerung Wohnwünsche nach <strong>Dichte</strong><br />
Wohnung /<br />
Gebäudetyp<br />
Lage<br />
Wohnumfeld<br />
� Wunsch nach dem Einfamilienhaus<br />
� Bevorzugung überschaubarer kleinteiliger<br />
Wohnformen <strong>und</strong> niedriggeschossiger<br />
Gebäude<br />
� Geringe Akzeptanz des Hochhauses<br />
� Große Wohnung mit Räumen <strong>für</strong> spezielle<br />
Funktionen<br />
� Hohe Präferenz <strong>für</strong> die Wohnlagen Land,<br />
Kleinstadt, suburbaner Raum, Umland der<br />
Großstädte<br />
� Privater Garten, freiraumbezogenes<br />
bodennahes Wohnen<br />
� Naturnahes, grünes, ruhiges, emissionsfreies<br />
Wohnumfeld mit Spielmöglichkeiten <strong>für</strong><br />
Kinder<br />
� Privatheit, Rückzugsmöglichkeiten,<br />
uneinsehbare Gr<strong>und</strong>stücksbereiche,<br />
Abgrenzung <strong>und</strong> Sichtschutz gegenüber<br />
Nachbarn<br />
Wohnwünsche von Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen<br />
� Präferenz <strong>für</strong> Dachgeschosswohnungen<br />
� Hohe Akzeptanz des Gartenhofhauses<br />
� Präferenzen <strong>für</strong> Wohnort Großstadt,<br />
Mittelstadt sowie die Kernstadt<br />
� Schnelle Erreichbarkeit vielfältiger Angebote<br />
wie Einkaufen, Kultur, soziale Infrastruktur<br />
<strong>und</strong> eine gute Anbindung an den ÖPNV<br />
� Nachfrage nach nutzungsgemischten Quartieren<br />
mit Möglichkeit der Kombination von<br />
Wohnen, Arbeit, Freizeit <strong>und</strong> Kultur<br />
� Suche nach einem urbanen Wohnumfeld<br />
mit Vielfalt, Integration, Lebendigkeit, baulicher<br />
<strong>Dichte</strong>, kultureller Vielfalt, Heterogenität<br />
<strong>und</strong> sozialen Kontakten<br />
In Folge der Individualisierung von Lebensmustern <strong>und</strong> Lebensstilen besteht in<br />
Deutschland eine vielfältig differenzierte Wohnungsnachfrage (BAUMGART 2006,<br />
215). Um Schlussfolgerungen zu ziehen, welche Wohnqualitäten unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />
zur Bereitstellung eines nachfragegerechten Wohnungsangebots<br />
gesichert oder geschaffen werden sollten, können die Nachfragergruppen anhand<br />
von Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen unterschieden werden.<br />
Haushaltstypen charakterisieren die Nachfrager anhand von Merkmalen wie Familienstand,<br />
Zahl <strong>und</strong> Alter der Haushaltsmitglieder, Phase im Familienzyklus, Einkommen<br />
<strong>und</strong> Stellung im Berufsleben (BANSE et al. 2001, 40ff.). Dabei ist das Alter<br />
neben dem Haushaltseinkommen <strong>und</strong> der Haushaltsgrößenentwicklung eine wichtige<br />
Einflussgröße, die durch die amtliche Statistik bereitgestellt wird (IWANOW, OER-<br />
TEL 2004, 57).<br />
Lebensstiltypen gehen über die in Haushaltstypen enthaltenen Informationen zu<br />
Familienstand <strong>und</strong> Haushaltsgröße hinaus <strong>und</strong> differenzieren die Wohnungsnachfrager<br />
anhand von Lebens- <strong>und</strong> Verhaltensweisen, Meinungen, Wissensbeständen,
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 161<br />
Werthaltungen, kulturellem Geschmack, Kleidungsstil, Freizeitverhalten aber auch<br />
Wohnstil (EICHENER et al. 2002, 74; KÜHNE-BÜNING et al. 2005, 146; SPELLERBERG<br />
2001, 278)<br />
Analysen der Wohnwünsche verschiedener Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen verdeutlichen,<br />
dass keinesfalls pauschal <strong>für</strong> alle Bevölkerungsgruppen von einer besseren<br />
Wohnqualität im gering verdichteten Wohnungsbau ausgegangen werden<br />
kann. Im Zuge der demographischen Entwicklung ist anzunehmen, dass die Bedeutung<br />
verdichteter Wohnungsstandorte mit einem guten Versorgungs- <strong>und</strong> Dienstleistungsangebot<br />
als geeigneter Wohnstandort <strong>für</strong> ältere Menschen, die an diesen<br />
Standorten ihre Nachfrage nach vielfältigen Dienstleistungen (Pflege, Betreuung,<br />
Unterhaltung, Reparaturen) erfüllen können, zunehmen wird (WISSENSCHAFTLICHER<br />
BEIRAT BEIM BMVBW 2004, 7). Damit Quartiere diese Funktionen erfüllen können,<br />
muss hier weiterhin eine Mindestdichte erhalten bleiben (s. Kapitel 5.2.3).<br />
Es zeigt sich auch, dass per se nur wenige Lebensstiltypen einen Wunsch nach<br />
größerer <strong>Dichte</strong> äußern, dies sind vor allem jüngere karriere- <strong>und</strong> freizeitorientierte<br />
Haushalte auf der Suche nach urbanen Lebensstilen sowie ältere Haushalte mit<br />
eher unterdurchschnittlichem Einkommen (SPELLERBERG 2001, 285; SCHNEIDER,<br />
SPELLERBERG 1999, 116ff.). Oft werden dichtere Bestände aber auch von solchen<br />
Bevölkerungsgruppen bewohnt, die Präferenzen nach geringer verdichteten Standorten<br />
äußern. Durch eine aktive Berücksichtigung der nachgefragten Wohnqualitäten<br />
dieser Lebensstilgruppen ist eine dauerhafte Nachfrage auch nach dichteren<br />
Wohnungsbeständen sicherzustellen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird im Folgenden<br />
dargestellt, <strong>für</strong> welche Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen sich die dichteren Wohnungsbestände<br />
der vor allem vom Stadtumbau betroffenen Stadtstrukturtypen<br />
„Block“ <strong>und</strong> „Platte“ eignen, <strong>und</strong> wie die Wohnqualitäten dieser Beständen <strong>für</strong> die<br />
entsprechenden Gruppen nachfragegerecht entwickelt werden können.<br />
Die verdichteten Altbaugebiete der Innenstädte sind ein geeigneter Wohnort <strong>für</strong><br />
Alleinlebende oder Alleinerziehende mit einem Wunsch nach preiswertem Wohnraum<br />
zur Miete <strong>und</strong> einer guten Ausstattung des Wohnumfelds mit Versorgungsangeboten,<br />
sozialer Infrastruktur <strong>und</strong> Dienstleistungen. Ebenso können Altbaugebiete<br />
urbane Lebensqualitäten bereitstellen (SCHNEIDER, SPELLERBERG 1999, 187f., 227).<br />
Als attraktiv erscheinen solche städtischen Quartiere ebenso <strong>für</strong> Menschen in der<br />
nachelterlichen Lebensphase auf der Suche nach einer R<strong>und</strong>-um-Versorgung am<br />
Wohnstandort (OPASCHOWSKI 2006, 8). Ältere Haushalts- <strong>und</strong> Lebensstiltypen fragen<br />
in kernstädtischen Gebieten kleine, preiswerte <strong>und</strong> altengerechte Wohnungen<br />
<strong>und</strong> eine gute Infrastruktur nach (SCHNEIDER, SPELLERBERG 1999, 188). Traditionell<br />
bürgerliche Altbaugebiete eignen sich ebenso <strong>für</strong> Familien. Eine Untersuchung in<br />
Dresden <strong>und</strong> Bonn zeigte, dass gründerzeitliche Gebiete derzeit vor allem von jungen<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweipersonenhaushalten, <strong>und</strong> in guten Wohnlagen auch von Familien<br />
bewohnt werden. Für diesen Haushaltstyp ist vor allem die Aufwertung des Wohnumfelds<br />
von Bedeutung (BANSE et al. 2004, 36ff.). Gerade innerstädtische Altbaugebiete<br />
sind bisher von solchen Lebensstiltypen bewohnt, die einen starken Wunsch<br />
nach dem Wohnen im suburbanen Einfamilienhaus äußern, <strong>und</strong> sich diesen<br />
Wunsch aufgr<strong>und</strong> eines überdurchschnittlichen Einkommens auch häufig erfüllen<br />
können (BÖLTKEN et al. 1999, 151; SCHNEIDER, SPELLERBERG 1999, 186f., 225f.).<br />
Damit verb<strong>und</strong>en ist die Gefahr eines weiteren Bevölkerungsverlustes in innerstädtischen<br />
Altbaugebieten. Um diese Gruppen zu halten, ist es erforderlich, die Möglichkeiten<br />
zur Eigentumsbildung zu verbessern <strong>und</strong> einfamilienhausähnliche Wohnformen<br />
in die Innenstadt zu integrieren (SPELLERBERG 2001, 282).
162 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
In Plattenbauweise errichtete Großwohnsiedlungen werden vorrangig von Rentnerhaushalten,<br />
jedoch auch weiterhin zu großen Anteilen von Familien mit Kindern<br />
bewohnt. BANSE et al. (2004, 38) gehen davon aus, dass diese Gebiete mit ihren<br />
vergleichsweise geringen Mieten <strong>und</strong> gut ausgestatteten Wohnungen auch in Zukunft<br />
wichtig <strong>für</strong> die Wohnungsversorgung sein werden. Allerdings sollte hierzu die<br />
Qualität des Wohnumfelds verbessert werden, z. B. durch die Gestaltung von Grün-<br />
<strong>und</strong> Freiflächen. Jüngere Haushaltsgründer mit geringeren Einkommen auf der Suche<br />
nach preisgünstigen <strong>und</strong> robusten Wohnungen mit guter Freizeit- <strong>und</strong> Dienstleistungsinfrastruktur<br />
sind eine weitere Nachfragergruppe, <strong>für</strong> die diese Großsiedlungen<br />
ein geeignetes Wohnungsangebot bereitstellen können (SCHNEIDER 2001,<br />
283f.).<br />
5.4.2 Entwicklung der Wohnungsnachfrage in ostdeutschen Städten<br />
Wohnungsmärkte in schrumpfenden Städten zeichnen sich durch besondere Merkmale<br />
aus, die im Folgenden erläutert werden. Anschließend werden die aktuelle<br />
Wohnungsnachfrage sowie Prognosen zur zukünftigen Entwicklung der Wohnungsnachfrage<br />
in ostdeutschen Städten dargestellt.<br />
Wohnungsmarkt unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse <strong>und</strong> demographischer Wandel wirken sich in Ostdeutschland<br />
in mehrfacher Weise auf den Wohnungsmarkt aus. In vielen Kommunen Ostdeutschlands<br />
sind die Bevölkerungsverluste so stark, dass trotz einer weiteren Verkleinerung<br />
der Haushalte die Zahl der Haushalte abnehmen wird (IWANOW 2003,<br />
70). Dies wird zu einer weiter sinkenden Nachfrage nach Wohnungen führen.<br />
Der massive Wohnungsleerstand in Ostdeutschland mit einer durchschnittlichen<br />
Leerstandquote von 16,2 % 39 im Jahr 2002 ist allerdings weniger auf den anhaltenden<br />
Bevölkerungsverlust als vielmehr auf die massive Ausweitung des Wohnungsangebots<br />
nach der Wende zurückzuführen. So wurden hier zwischen 1994 bis 1999<br />
742.000 neue Wohnungen gebaut (GDW 2005, 34ff., 218)<br />
Die veränderte Alters- <strong>und</strong> Haushaltsstruktur in Folge selektiver Wanderungsprozesse<br />
führt zu einem veränderten Nachfrageverhalten. Die Zahl älterer Haushalte<br />
nimmt zu, während diejenige der jüngeren <strong>und</strong> der Familienhaushalte abnimmt<br />
(IWANOW 2003, 70).<br />
Trotz der sich insgesamt weiter verringernden Nachfrage nach Wohnraum bleibt die<br />
Nachfrage nach Wohnungsneubau, vor allem nach Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern,<br />
erhalten (IWANOW 2003, 82f.). Damit entsteht das Paradox eines Wohnungsmarktes<br />
auf dem einerseits Wohnungen leer stehen, andererseits neugebaute Wohnungen<br />
am Markt nachgefragt werden (HEITKAMP 2002, 164).<br />
In Folge dieser besonderen Entwicklungsbedingungen existiert in den Neuen Ländern<br />
ein Nachfragermarkt, auf dem die Haushalte aufgr<strong>und</strong> des Wohnungsüberangebots<br />
<strong>und</strong> demzufolge einer höheren Wohnmobilität ihre Wohnwünsche wesentlich<br />
besser verwirklichen können (BANSE et al. 2004, 35; HEITKAMP 2002, 163; IWANOW,<br />
OERTEL 2004, 53; STEINFÜHRER 2004, 34). Damit beeinflussen die gegenwärtigen<br />
<strong>und</strong> künftigen Wohnpräferenzen der Haushalte maßgeblich, in welchen Bereichen<br />
sich Wohnungsleerstände konzentrieren <strong>und</strong> in welchen Stadtgebieten Entwicklungsperspektiven<br />
bestehen (IWANOW, OERTEL 2004, 65f.). Längst verschärft die<br />
39<br />
bezogen auf die Mitgliederunternehmen des B<strong>und</strong>esverbands deutscher Wohnungs- <strong>und</strong><br />
Immobilienunternehmen (GDW).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 163<br />
Konsumentensouveränität nicht nur den Wettbewerb zwischen den Stadtregionen,<br />
sondern zwischen den Stadtteilen (LÜTKE-DALDRUP 2000, 12). Die Qualität des<br />
Wohnungsbestands wird ein wesentliches Kriterium der Vermietbarkeit (BANSE et al.<br />
2004, 34).<br />
Bisherige Entwicklung der Wohnungsnachfrage in ostdeutschen Städten<br />
Der generelle Rückgang der Wohnungsnachfrage verteilt sich unterschiedlich auf<br />
die Bebauungs- <strong>und</strong> Stadtstrukturtypen (s. Abbildung 44). Von Wohnungsleerstand<br />
betroffen sind vor allem Strukturtypen höherer <strong>Dichte</strong>. Die höchsten Leerstände im<br />
ostdeutschen Wohnungsbestand im Jahr 2002 weisen die gründerzeitliche Blockbebauung<br />
im Baualter bis 1918 mit 26,4 % sowie die Zeilenbebauung (1918 bis 1948)<br />
mit 23,4 % auf. Gering verdichtete Bebauung im Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbau<br />
weist dagegen deutlich geringere Leerstände von 6,7 % auf. Zu erkennen ist die<br />
vielfach benannte Tendenz eines sinkenden Leerstandes im Altbau (von 32 % in<br />
1998 auf 26,4 % in 2002) <strong>und</strong> eines steigenden Leerstandes in den Großwohnsiedlungen<br />
des industriellen Wohnungsbaus vor allem in der Baualtersklasse von 1979<br />
bis 1990 mit einer Verdoppelung des Leerstands von 1998 bis 2002 von 9,4 % auf<br />
18,2 %. Erklärt werden kann diese Entwicklung zum einen durch die stetige Verbesserung<br />
des Sanierungszustands der gründerzeitlichen Bebauung sowie einen zunehmenden<br />
Leerzug des Plattenbaus zur Vorbereitung des Rückbaus (vgl. STADT<br />
LEIPZIG 2005, 14f.).<br />
Abbildung 44: Wohnungsleerstand in Ostdeutschland nach Baualtersklassen in %<br />
(BANSE, EFFENBERGER 2006, 16)<br />
Wohnungsleerstand in %<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
gesamt EZH MFH bis 1918 1919-1948 1949-1978 1979-1990 nach 1990<br />
Baualtersgruppen nur MFH<br />
April 1998<br />
April 2002<br />
Dieser allgemeine Trend einer kontinuierlich fortbestehenden Nachfrage nach Ein-<br />
<strong>und</strong> Zweifamilienhäusern (EZH), eines sinkenden Wohnungsleerstands im gründerzeitlichen<br />
Wohnungsbestand <strong>und</strong> eines steigenden Leerstands in den in Plattenbauweise<br />
errichteten Großsiedlungen kann auch auf kommunaler Ebene festgestellt<br />
werden, wie Exkurs 13 belegt.
164 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Exkurs 13: Entwicklung des Wohnungsleerstands in Leipzig<br />
Die Stadt Leipzig verzeichnet seit 2002 wieder einen leichten Bevölkerungsanstieg 40 <strong>und</strong><br />
konnte zwischen 2000 <strong>und</strong> 2004 bezogen auf den gesamten Wohnungsbestand einen<br />
Rückgang des Leerstands um 4 % verzeichnen. Es kann eine Differenzierung der Leerstandsentwicklung<br />
nach Stadtstrukturtypen festgestellt werden. Während der Wohnungsleerstand<br />
im gründerzeitlichen Wohnungsbestand um 49 % zurückgegangen ist, stieg er im<br />
industriellen Wohnungsbau der Baualtersklasse von 1949 bis 1990 um 67 % an. Im Zeitraum<br />
von 2001 bis 2004 wurden in Leipzig 3.970 Wohnungen zurückgebaut, davon zwei<br />
Drittel im Plattenbau <strong>und</strong> ein Drittel im Altbau (STADT LEIPZIG 2005, 46).<br />
Tabelle 37: Wohnungsbestand <strong>und</strong> Wohnungsleerstand in Leipzig nach Baualtersklassen<br />
(STADT LEIPZIG 2005, 15)<br />
Wohnungen<br />
mit<br />
Baualter<br />
Wohnungsbestand<br />
31.12.00 31.12.04<br />
Leerstand<br />
31.03.2000<br />
absolut<br />
Anteil<br />
am<br />
Bestand<br />
Leerstand<br />
31.12.2004<br />
absolut<br />
Anteil<br />
am<br />
Bestand <br />
absolut<br />
Veränderung<br />
03/2000-12/2004<br />
relativ Anteil<br />
Bis 1918 113.232 110.791 43.000 38% 22.000 20% -21.000 -49% -18,1%<br />
1919-1949 58.413 57.691 9.000 15% 11.000 19% 2.000 22% 3,7%<br />
1949-1990 101.057 98.887 9.000 9% 15.000 15% 6.000 67% 6,3%<br />
Seit 1991 42.999 48.989 1.500 3% 2.000 4% 5.000 33% 0,6%<br />
Insgesamt 315.701 316.358 62.500 20% 50.000 16% -12.500 -20% -4,0%<br />
Prognosen zur zukünftigen Entwicklung der Wohnungsnachfrage in ostdeutschen<br />
Städten<br />
Im Rahmen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen <strong>und</strong> demographischem Wandel ist <strong>für</strong> die<br />
Zukunft von einer weiteren Entdichtung des Wohnungsbestandes in Ostdeutschland<br />
auszugehen. In ihrem Basisszenario zur zukünftigen Entwicklung des ostdeutschen<br />
Wohnungsbestands bis 2050 41 gehen BANSE, EFFENBERGER (2006, 31ff.) im Vergleich<br />
zum Basisjahr 2001 <strong>für</strong> den Bestand an Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern von<br />
einer leichten Zunahme von 5 % bis 2050 aus, während bei Mehrfamilienhäusern<br />
ein deutlicher Rückgang der Bestände erwartet wird. Der stärkste Rückgang wird <strong>für</strong><br />
die Plattenbauten (Baujahre 1949-1990) angenommen mit einer Reduzierung auf<br />
etwa 40 % des ursprünglichen Bestands. Für die Wohnungen der 1920er/30er Jahre<br />
wird von einer Reduzierung auf 60 % <strong>und</strong> <strong>für</strong> die vor 1918 errichteten Gebäude auf<br />
70 % des ursprünglichen Bestands ausgegangen. Auch <strong>für</strong> die im Zeitraum von<br />
1990 bis 2000 errichteten Gebäude ist bis 2050 von einer Reduzierung der Bestände<br />
um knapp 10 % auszugehen, vor allem der dicht bebauten Mehrfamilienhausgebiete<br />
im Umland der Städte.<br />
Diese insgesamt <strong>für</strong> Ostdeutschland angenommene Entwicklung einer künftig weiteren<br />
Entdichtung der Wohnungsbestände zeigt sich auch bei Prognosen der Wohnungsnachfrageentwicklung<br />
auf kommunaler Ebene, wie Exkurs 14 verdeutlicht.<br />
40 Seit 2002 wächst die Bevölkerung in Leipzig wieder leicht um 0,4 % im Jahr 2002, 0,6 %<br />
in 2003 <strong>und</strong> 0,2 % in 2004 (STADT LEIPZIG 2005, 6f).<br />
41 Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> dieses Basisszenario ist die Variante 5 (mittlere Variante) der 10. Koordinierten<br />
Bevölkerungsvorausberechung des statistischen B<strong>und</strong>esamts (BANSE, EFFENBER-<br />
GER 2006, 31ff.).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 165<br />
Exkurs 14: Prognose der Wohnungsnachfrage in Bautzen<br />
Die Stadt Bautzen mit r<strong>und</strong> 43.000 Einwohnern im Jahr 2000 hat in der Zeitspanne zwischen<br />
1990 bis 2.000 r<strong>und</strong> 9.000 Einwohner (17 %) verloren. Im Jahr 2000 standen 13 %<br />
des Wohnungsbestands leer. Der Leerstand von insgesamt 3.150 Wohnungen konzentrierte<br />
sich zu 50 % in den Altbaugebieten <strong>und</strong> zu 40 % in der Großwohnsiedlung (IWANOW 2003,<br />
73ff.).<br />
Anhand zweier Szenarien prognostiziert IWANOW (2003, 77) differenziert nach Stadtstrukturtypen<br />
die künftige Entwicklung der Wohnungsnachfrage in Bautzen bis 2015.<br />
Das Leitbildszenario geht von abnehmenden Wanderungsverlusten bis zu einem ausgeglichenen<br />
Wanderungssaldo in 2010 <strong>und</strong> einem ab diesem Zeitpunkt positiven Wanderungssaldo<br />
in Folge der EU-Osterweiterung aus. Bis 2015 werden ein Bevölkerungsrückgang von<br />
8,9 % <strong>und</strong> ein Rückgang der Haushalte um 4,3 % erwartet. Das Status-quo-Szenario geht<br />
bis 2015 von einer Fortsetzung der bisherigen Wanderungsverluste aus <strong>und</strong> damit von einem<br />
Bevölkerungsverlust von 28,4 % <strong>und</strong> einem Rückgang der Haushalte um 25,2 %.<br />
Tabelle 38 zeigt die entsprechend der beiden Szenarien erwartete Entwicklung der Wohnungsnachfrage<br />
differenziert nach vier Stadtstrukturtypen. Beide Szenarien zeigen gleichermaßen,<br />
wenn auch in unterschiedlicher Intensität, eine weitere Ausweitung der Nachfrage<br />
nach Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern <strong>und</strong> eine weitere starke Verringerung der Nachfrage<br />
nach Wohnungen in der Großwohnsiedlung. Die Entwicklung der Nachfrage nach<br />
Wohnungen im Altbau hängt stark von der künftigen Bevölkerungsentwicklung ab. Bei abgeschwächtem<br />
Bevölkerungsrückgang ist hier ein leichter Anstieg der Nachfrage zu erwarten,<br />
bei weiterem Bevölkerungsrückgang entsprechend dem Status-quo ist auch in diesem<br />
Strukturtyp von einer starken Verringerung der Nachfrage auszugehen. Ähnlich stellt sich<br />
die Situation in der Zeilenbebauung dar, mit einer stagnierenden Nachfrage entsprechend<br />
dem Leitbildszenario <strong>und</strong> einem weiteren Rückgang der Nachfrage entsprechen dem Status-quo-Szenario.<br />
Tabelle 38: Nachfrageentwicklung in Bautzen im Zeitraum 2000 bis 2015<br />
(IWANOW 2003, 77)<br />
Bebauungsstrukturtyp<br />
Anzahl der im Bebauungsstrukturtyp<br />
wohnenden Haushalte<br />
im Jahr 2000<br />
Veränderungen der<br />
Wohnungsnachfrage bis 2015<br />
Anzahl leer<br />
stehender<br />
Wohnungen<br />
im Jahr 2000 Leitbildszenario<br />
Status-Quo-<br />
Szenario<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbebauung<br />
2.678 70 +1.127 HH + 307 HH<br />
Altbaugebiete 9.995 1.570 +151 HH -2.104 HH<br />
Zeilenbebauung bzw.<br />
kleines Plattenbaugebiet<br />
3.331 240 Ohne Veränderung -693HH<br />
Großes Plattenbaugebiet<br />
(Großwohnsiedlung)<br />
4.751 1.270 -2.160 HH -2.728 HH<br />
Gesamt 20.755 3.150 -917 HH -5.218HH<br />
Entsprechend der sich in beiden Szenarien abzeichnenden Entwicklung wird deutlich, dass<br />
Wohnungen im verdichteten Wohnungsbestand des Altbaus in Zukunft nur noch dann<br />
nachgefragt werden, wenn sie in hohem Maße den Wohnwünschen der Nachfrager entsprechen.<br />
Dies gilt in noch stärkerem Maße <strong>für</strong> den Wohnungsbestand in der Großwohnsiedlung,<br />
<strong>für</strong> den eine Doppelstrategie des Rückbaus einerseits <strong>und</strong> einer aktiven Vermietung<br />
andererseits, z. B. durch niedrige Mietpreise, zu entwickeln ist (IWANOW 2003, 79).<br />
5.4.3 Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus<br />
Sicht der Wohnungsnachfrage<br />
Aufgezeigt werden zum einen qualitative Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung, um<br />
eine hohe Nachfragegerechtigkeit des Wohnungsbestands zu sichern <strong>und</strong> zum anderen<br />
quantifizierte Zielwerte zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden<br />
Städten
166 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Ziele der <strong>Dichte</strong>entwicklung zur Sicherung der Nachfragegerechtigkeit des<br />
Wohnungsbestands<br />
Die Analyse der Entwicklung auf dem ostdeutschen Wohnungsmarkt hat gezeigt,<br />
dass in ostdeutschen Städten eine deutliche Tendenz zur Entdichtung des Wohnungsbestands<br />
besteht. Während gering verdichtete Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />
nach wie vor in hohem Maße nachgefragt werden, weisen Typen der verdichteten<br />
Bebauung hohe Leerstände auf. Mit dem sich abzeichnenden weiteren Fortzug aus<br />
den verdichteten Beständen bei gleichzeitigem Neubau von Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäusern<br />
sind verschiedene Probleme verb<strong>und</strong>en, die es zu vermeiden gilt: Die fortlaufende<br />
Entdichtung des Siedlungsbestands führt zu negativen Folgen <strong>für</strong> die Tragfähigkeit<br />
der sozialen, verkehrlichen <strong>und</strong> stadttechnischen Infrastruktur sowie zu<br />
einem höheren Flächen- <strong>und</strong> Ressourcenverbrauch.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> können Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden<br />
Städten nicht allein aus Sicht der Tragfähigkeit der verkehrlichen, sozialen <strong>und</strong> der<br />
im folgenden Kapitel behandelten stadttechnischen Infrastruktur definiert werden.<br />
Erfüllen die nach diesen Kriterien optimierten Wohngebiete die Wohnwünsche der<br />
Nachfrager nur unzureichend, wird es unter Beibehaltung derzeitiger Kostenstrukturen<br />
<strong>und</strong> fiskalischen Regelungen zu einem weiteren Fortzug aus diesen Gebieten<br />
kommen. Daher gilt es die Wohnqualität in den verschiedenen Stadtstrukturtypen so<br />
zu entwickeln, dass sie möglichst den Nachfragewünschen der relevanten Haushaltstypen<br />
<strong>und</strong> Lebensstilgruppen entsprechen. Tabelle 39 stellt <strong>für</strong> die Strukturtypen<br />
‚Block’ <strong>und</strong> ‚Platte’, die besonders von Nachfragerückgängen betroffen sind,<br />
Kriterien zur Verbesserung der Nachfragegerechtigkeit des Wohnungsbestands<br />
zusammen.<br />
Tabelle 39: Kriterien zur Verbesserung der Nachfragegerechtigkeit verdichteter Stadtstrukturtypen<br />
Stadtstrukturtyp Qualitätskriterien zur Verbesserung der Nachfragegerechtigkeit<br />
Block<br />
Platte<br />
� Aufwertung der Wohnumfelds, vor allem der Freiraumversorgung<br />
� Nutzungsmischung <strong>und</strong> urbane Qualitäten<br />
� Verbesserung der Möglichkeiten der Eigentumsbildung<br />
� Integration altengerechter Wohnformen<br />
� Sicherung eines niedrigpreisigen Mietwohnungssegments kleiner Wohnungen<br />
� Integration familiengerechten Wohnraums<br />
� Schaffung großer Wohnungen mit guter Ausstattung<br />
� Sicherung preiswerter, altersgerechter, kleiner Wohnungen mit guter Ausstattung<br />
� Bereitstellung von preiswerten Wohnungen <strong>für</strong> Haushaltsgründer mit geringem<br />
Einkommen<br />
� Schaffung von größeren Wohnungen mit guter Ausstattung<br />
� Sicherung einer guten Versorgungs- <strong>und</strong> Infrastrukturausstattung<br />
� Verbesserung der Freiraumqualität<br />
Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der<br />
Wohnungsnachfrage<br />
Quantitative Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Wohnungsnachfrage<br />
<strong>und</strong> der Wohnungsqualität können aus den <strong>Dichte</strong>zielen der Leitbilder der kompakten<br />
europäischen Stadt im Vergleich mit der dispersen Zwischen- oder Netzstadt
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 167<br />
abgeleitet werden (vgl. Tabelle 15). 42 Die von den Wohnungsnachfragern in Altbaugebieten<br />
nachgefragten Qualitäten richten sich vor allem auf die hohe Urbanität <strong>und</strong><br />
die vielfältigen Angebote, die diese Gebiete aufweisen. <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> diesen Stadtstrukturtyp<br />
können daher aus dem Leitbild der kompakten europäischen Stadt abgeleitet<br />
werden. In Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten nachgefragte Qualitäten beziehen<br />
sich eher auf suburbane Qualitäten, so dass diesem Strukturtyp die <strong>Dichte</strong>ziele<br />
der Zwischenstadt zugeordnet werden. Die <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> die Strukturtypen Zeile,<br />
Platte <strong>und</strong> Geschosswohnungsbau nach 1990 sind zwischen diesen beiden Extremen<br />
anzusiedeln. Für diese Strukturtypen werden daher diejenigen <strong>Dichte</strong>ziele gesetzt,<br />
die einen Ausgleich von Kompaktheit <strong>und</strong> Auflösung repräsentieren. Entsprechend<br />
der verschiedenen in den Stadtstrukturtypen bestehenden baulichen <strong>Dichte</strong>n<br />
(vgl. Tabelle 5) werden <strong>für</strong> die Mehrfamilienhäuser nach 1990 sowie <strong>für</strong> die Zeilenbebauung<br />
geringere <strong>Dichte</strong>zielwerte angenommen als <strong>für</strong> den Plattenbau.<br />
Abbildung 45: Stadtstrukturtypenspezifische <strong>Dichte</strong>zielwerte<br />
aus Sicht der Wohnqualität (Eigene Darstellung)<br />
Block<br />
Platte<br />
Zeile<br />
MFH 90+<br />
EFH<br />
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0<br />
Geschossflächenzahl (GFZ)<br />
Im Folgenden werden diese <strong>Dichte</strong>zielkorridore mit den aus Sicht der Handlungsfelder<br />
Verkehr, soziale Infrastruktur <strong>und</strong> Freiraumversorgung ermittelten Zielen verglichen.<br />
5.5 Zwischenfazit: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von<br />
Verkehr, sozialer Infrastruktur, Freiraumversorgung <strong>und</strong><br />
Wohnungsnachfrage<br />
Aus den Handlungsfeldern Verkehr, soziale Infrastruktur <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage<br />
ergeben sich unterschiedliche Zielwerte <strong>und</strong> Qualitätskriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n,<br />
die in den vorangegangenen Kapiteln der Arbeit ausführlich erläutert wurden.<br />
Abbildung 46 stellt die ermittelten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n differenziert<br />
nach Stadtstrukturtypen dar.<br />
42 Die hier angegebenen <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> die Stadtstrukturtypen orientieren sich an den aus<br />
der Literatur abgeleiteten <strong>Dichte</strong>zielen städtebaulicher Leitbilder, die in Tabelle 15 aufgelistet<br />
sind. Da es sich hier um <strong>Dichte</strong>kriterien <strong>für</strong> schrumpfende Städte handelt, werden<br />
die oberen <strong>Dichte</strong>zielwerte, z. B. von 3,0 bis 4,0 <strong>für</strong> die kompakte Stadt (MÖNNINGER<br />
1994, 165) sowie von 2,4 <strong>für</strong> einen Ausgleich zwischen kompakter <strong>und</strong> disperser Stadt<br />
(HAPPE et al. 1994, 17), hier nicht berücksichtigt.
168 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 46: <strong>Dichte</strong>zielwerte aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage<br />
<strong>für</strong> die Stadtstrukturtypen im Vergleich (Eigene Darstellung)<br />
Die angegebenen Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n resultieren aus den <strong>für</strong> die<br />
Stadtstrukturtypen angenommenen Ausstattungsstandards <strong>und</strong> Qualitäten aus Sicht<br />
der einzelnen Handlungsfelder, die in Tabelle 40 aufgelistet sind. So werden <strong>für</strong><br />
verdichtete Strukturtypen wie Block oder Platte bessere Erreichbarkeiten <strong>und</strong> höhere<br />
Ausstattungsstandards angenommen als <strong>für</strong> den gering verdichteten Strukturtyp<br />
der Einfamilienhausbebauung. Für verdichtete großstädtische Altbaugebiete wird<br />
z. B. von einer schienengeb<strong>und</strong>enen ÖPNV-Erschließung <strong>und</strong> <strong>für</strong> Einfamilienhausgebiete<br />
lediglich von einem Busanschluss ausgegangen.<br />
Aus Sicht der Freiraumversorgung lassen sich bisher keine quantifizierten <strong>Dichte</strong>zielwerte<br />
ermitteln, aufgr<strong>und</strong> deren stark subjektiver Wahrnehmung. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> enthält Tabelle 40 <strong>für</strong> diesen Bereich Ziele <strong>für</strong> die Entwicklung der angestrebten<br />
Qualitäten:<br />
- In den verdichteten Stadtstrukturtypen ist anzustreben, Entdichtungsprozesse <strong>für</strong><br />
eine Verbesserung von Freiraumversorgungsgrad <strong>und</strong> Gestaltungsqualität sowohl<br />
der privaten <strong>und</strong> halböffentlichen als auch der öffentlichen Freiräume zu<br />
nutzen.<br />
- In den Strukturtypen mittlerer <strong>Dichte</strong> wie Zeile <strong>und</strong> Geschosswohnungsbau nach<br />
1990 geht es vorrangig um eine Verbesserung der Gestaltqualität der öffentlichen<br />
Freiräume <strong>und</strong> eine verbesserte Versorgung mit privaten Freiräumen.<br />
- In gering verdichteten Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebieten ist auch unter<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen ein ausreichendes Angebot von Freiräumen spezifischer<br />
Funktionen, wie z. B. von Spiel- <strong>und</strong> Sportflächen, zu sichern. Dies kann<br />
nicht allein durch die Zunahme frei werdender Flächen erreicht werden, sondern<br />
bedarf einer aktiven Widmung <strong>und</strong> Gestaltung im Zuge von Aufwertungsmaßnahmen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 169<br />
Tabelle 40: Angenommene Ausstattungsstandards <strong>und</strong> Qualitäten der Stadtstrukturtypen<br />
(Eigene Darstellung)<br />
Strukturtyp<br />
Block<br />
Platte<br />
MFH<br />
90+<br />
Zeile<br />
EFH<br />
Verkehr Soziale Infrastruktur Wohnungsnachfrage Freiraumversorgung<br />
� Schienengeb<strong>und</strong>ener<br />
ÖPNV<br />
� Schienengeb<strong>und</strong>ener<br />
ÖPNV<br />
� Gutes ÖPNV-<br />
Angebot in fußläufiger<br />
Erreichbarkeit<br />
� Gutes ÖPNV-<br />
Angebot in fußläufiger<br />
Erreichbarkeit<br />
� Anschluss an den<br />
Busverkehr<br />
� Minimierung des<br />
Verkehrserschließungsaufwands<br />
� Kindergarten in<br />
350 m<br />
� Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig)<br />
in 700 m<br />
� Kindergarten in<br />
350-500 m<br />
� Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig)<br />
in 700 m<br />
� Kindergarten in<br />
500 m<br />
� Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig)<br />
in 700 m<br />
� Kindergarten in<br />
500 m<br />
� Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig)<br />
in 700 m<br />
� Kindergarten in<br />
600 m<br />
� Urbanes Wohnen � Erhöhter<br />
Freiraumversorgungsgrad<br />
� Verbesserte Gestaltungsqualität<br />
� Ausgleich zwischen<br />
urbanem <strong>und</strong> suburbanem<br />
Wohnen<br />
� Ausgleich zwischen<br />
urbanem <strong>und</strong> suburbanem<br />
Wohnen<br />
� Ausgleich zwischen<br />
urbanem <strong>und</strong> suburbanem<br />
Wohnen<br />
� Suburbanes<br />
Wohnen<br />
� Erhöhter<br />
Freiraumversorgungsgrad<br />
� Verbesserte Gestaltungsqualität<br />
� Verbesserte Gestaltungsqualität<br />
� Erhöhtes Angebot<br />
an privaten Freiräumen<br />
� Verbesserte Gestaltungsqualität<br />
� Erhöhtes Angebot<br />
an privaten<br />
Freiräumen<br />
� Sicherung von<br />
Freiräumen spezifischer<br />
Funktion<br />
(Spiel- <strong>und</strong><br />
Sportflächen)<br />
Ein Vergleich der Zielkorridore der angemessenen <strong>Dichte</strong>n kommt zu folgenden<br />
Ergebnissen:<br />
- Zunächst zeigen sich die bereits dargelegten Differenzen der Zielkorridore <strong>für</strong> die<br />
einzelnen Stadtstrukturtypen, mit den höchsten <strong>Dichte</strong>zielen <strong>für</strong> die gründerzeitliche<br />
Blockbebauung <strong>und</strong> den geringsten Zielen <strong>für</strong> Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser.<br />
Die verschiedenartigen Verhältnisse zwischen den Geschossflächenzahlen <strong>und</strong><br />
den Nettowohndichten resultieren aus den Unterschieden der individuellen<br />
Wohnflächeninanspruchnahme in den Stadtstrukturtypen. 43<br />
- Deutlich wird, dass aus Sicht des öffentlichen Verkehrs höhere <strong>Dichte</strong>n erforderlich<br />
sind als aus Sicht der sozialen Infrastruktur. Für den Strukturtyp Ein- <strong>und</strong><br />
Zweifamilienhäuser nähern sich diese Ziele an, da hier <strong>für</strong> den öffentlichen Verkehr<br />
von deutlich geringeren Versorgungsstandards ausgegangen wird.<br />
- Anders als die <strong>für</strong> den Verkehr <strong>und</strong> die soziale Infrastruktur ermittelten <strong>Dichte</strong>werte,<br />
die anhand von definierten Ausstattungsstandards errechnet wurden, resultieren<br />
die Zielkorridore <strong>für</strong> den Bereich Wohnen aus aktuellen städtebaulichen <strong>Dichte</strong>zielen<br />
<strong>und</strong> den mit ihnen assoziierten Lebensstilen. Diese Ziele wurden hauptsächlich<br />
vor dem Hintergr<strong>und</strong> von Wachstumsprozessen diskutiert. Damit ergeben<br />
sich <strong>für</strong> den Bereich Wohnen im Vergleich zu den Bereichen Verkehr <strong>und</strong><br />
43 Block: 36,6 m² je Einwohner; Platte: 29,4 m² je Einwohner; Zeile: 32 m² je Einwohner,<br />
Geschosswohnungsbau nach 1990: 37,9 m² je Einwohner; Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser:<br />
40 m² je Einwohner (s. Anhang IV).
170 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
soziale Infrastruktur weitestgehend höhere Zielkorridore, die <strong>für</strong> schrumpfende<br />
Städte einer Revision bedürfen.<br />
- Die Ziele aus den einzelnen Bereichen überschneiden sich in jedem Strukturtyp<br />
<strong>und</strong> somit ergeben sich Zielkorridore/Zielwerte, die aus Sicht aller Handlungsfelder<br />
als angemessen angesehen werden können. Dies sind <strong>für</strong> den Block eine<br />
Spanne der Geschossflächenzahlen von 0,6 bis 1,0, <strong>für</strong> die Platte von 0,5 bis<br />
0,8, <strong>für</strong> die Zeile von 0,6, <strong>für</strong> den Mehrfamilienhausbau nach 1990 von 0,6 bis<br />
0,7, <strong>und</strong> <strong>für</strong> Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausgebiete eine von 0,4.<br />
- Gerade <strong>für</strong> die gründerzeitliche Blockbebauung <strong>und</strong> die Siedlungen in Plattenbauweise<br />
bestehen zum Teil erhebliche Variationsbreiten in den Zielkorridoren<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n. Diese entsprechen den Variationsbreiten der regional<br />
unterschiedlichen Ausgangsdichten. Je nach regionaler Ausprägung variieren<br />
<strong>Dichte</strong>n der gründerzeitlichen Blockbebauung zwischen Geschossflächendichten<br />
von 0,8 in ostdeutschen Mittelstädten <strong>und</strong> 3,0 in großstädtischen Strukturen.<br />
Ausgangsdichten der Siedlungen in Plattenbauweise variieren zwischen Geschossflächendichten<br />
von 0,6 bis 1,6 (s. Tabelle 5). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind<br />
Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n entsprechend den regional unterschiedlichen<br />
Ausgangsdichten anzupassen.<br />
Hervorzuheben ist allerdings, dass nicht allein durch die Einhaltung dieser quantifizierten<br />
<strong>Dichte</strong>ziele eine hohe Wohn- <strong>und</strong> Lebensqualität in den Stadtstrukturtypen<br />
gewährleistet werden kann. So sind gerade aus Sicht der Handlungsfelder Freiraumversorgung<br />
<strong>und</strong> Wohnqualität auch Qualitätskriterien <strong>für</strong> die einzelnen Strukturtypen<br />
zu berücksichtigen, die ausführlich in Tabelle 34 <strong>und</strong> Tabelle 39 dargelegt<br />
sind.<br />
Insbesondere vor dem Hintergr<strong>und</strong> der in Ostdeutschland bestehenden Mietermärkte<br />
ist die Aufwertung von Wohngebieten von besonderer Bedeutung, um die langfristige<br />
Nachfrage nach Wohnungsbeständen zu sichern. Vor allem in verdichteten<br />
Strukturtypen sind vor diesem Hintergr<strong>und</strong> Maßnahmen zur Aufwertung des Wohnumfelds<br />
<strong>und</strong> zur Berücksichtigung der Wohnwünsche spezifischer Bevölkerungsgruppen<br />
(z. B. Haushaltsneugründer, Familien, Ältere) durchzuführen. Zur Erhöhung<br />
der Qualität von schrumpfenden Wohnquartieren kann auch eine aktive Gestaltung,<br />
Zonierung <strong>und</strong> Widmung der Freiräume beitragen.<br />
Die hier – auf Basis einer Literaturauswertung – dargelegten ausgewählten Kriterien<br />
zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n dienen im weiteren Verlauf der Arbeit als<br />
Gr<strong>und</strong>lage, um die im Folgenden entwickelten Kriterien aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur einzuordnen.<br />
Gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Notwendigkeit eines integrierten Stadtumbaus (s.<br />
Kapitel 4.3) ist es wesentlich zu ermitteln, mit welchen anderen stadtplanerischen<br />
Kriterien diejenigen aus Sicht der Stadttechnik übereinstimmen <strong>und</strong> zu welchen Gegensätze<br />
bestehen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 171<br />
C. <strong>Dichte</strong>, <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik<br />
Der zweite Hauptteil der Arbeit setzt sich vertiefend mit den Auswirkungen von<br />
<strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozessen auf die stadttechnische Infrastruktur<br />
auseinander. Hier<strong>für</strong> gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen ist die stadttechnische<br />
Infrastruktur aufgr<strong>und</strong> ihrer Liniengeb<strong>und</strong>enheit <strong>und</strong> ihrer hohen Fixkostenintensität<br />
besonders von <strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen. Zum anderen wurde die<br />
stadttechnische Infrastruktur trotz dieser besonderen Betroffenheit in den bisherigen<br />
Ansätzen des ‚Stadtumbau Ost’, die vor allem aus Sicht der Wohnungswirtschaft<br />
entwickelt wurden, eher vernachlässigt.<br />
Während sich, wie Kapitel 5 dieser Arbeit verdeutlicht, <strong>für</strong> andere Handlungsfelder<br />
der Stadtplanung wie z. B. Angebote des öffentlichen Nahverkehrs oder der sozialen<br />
Infrastruktur aus Werten in der Literatur Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n von Wohnquartieren ableiten lassen, ist dies <strong>für</strong> den Bereich der stadttechnischen<br />
Infrastruktur schwieriger, nicht zuletzt, weil sich <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />
erst bei kumulierten Bevölkerungsrückgängen <strong>und</strong> damit zeitversetzt auf die stadttechnische<br />
Infrastruktur niederschlagen.<br />
Daher existieren bisher so gut wie keine Erkenntnisse der Auswirkungen von<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen auf die Gesamtnetze <strong>und</strong> zentralen Anlagen der Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorgung. Probleme der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung unter <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
stehen erst an ihrem Anfang <strong>und</strong> es ist davon auszugehen, dass<br />
sich die Probleme in Zukunft verschärfen werden. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird in<br />
dieser Arbeit eine vertiefende Betrachtung des Handlungsfelds der stadttechnischen<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung durchgeführt, die neben einer Literatur- <strong>und</strong> Datenauswertung<br />
auch auf Experteninterviews 43 <strong>und</strong> Modellrechnungen zurückgreift (s. Kapitel 1.3.2<br />
zum methodischen Vorgehen).<br />
- Kapitel 6 erläutert einleitend die Bedeutung der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
in der Stadtplanung. Begriffe werden definiert <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen der Ver-<br />
<strong>und</strong> Entsorgung mit Trink- <strong>und</strong> Abwasser sowie Fernwärme erläutert.<br />
- Kapitel 7 stellt die wesentlichen Zusammenhänge zwischen der <strong>Dichte</strong> von Siedlungsstrukturen<br />
<strong>und</strong> deren stadttechnischer Ver- <strong>und</strong> Entsorgung dar.<br />
- Kapitel 8 beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
auf die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung. Um die Auswirkungen<br />
darzustellen, wird dabei auch auf eigene Modellrechnungen zurückgegriffen.<br />
- Abschließend werden in Kapitel 9 auf Basis der Ergebnisse der vorherigen Analysen<br />
sowie von eigenen Modellrechnungen Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
<strong>und</strong> Schwellenkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik abgeleitet.<br />
Ebenso werden Grenzen der Bestimmung <strong>und</strong> Anwendung von quantifizierten<br />
<strong>Dichte</strong>zielkorridoren diskutiert.<br />
43 Aus Datenschutzgründen wurden die Aussagen der Interviewpartner über eine Codierung<br />
anonymisiert. In einigen Fällen, in denen ein direkter Bezug zu Städten oder Unternehmen<br />
deutlich erkennbar ist, werden die Interviewpartner direkt zitiert. Für die jeweiligen<br />
Passagen wurde eine Veröffentlichungserlaubnis eingeholt.
172 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
6 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> Stadtplanung<br />
Mit ihrer Bedeutung <strong>für</strong> die Erschließung von Wohngebieten ist die stadttechnische<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ein wesentliches Handlungsfeld der Stadtplanung. Um diese<br />
Bedeutung der stadttechnischen Infrastruktur <strong>für</strong> die Stadtplanung zu erläutern,<br />
werden zunächst die Begriffe der stadttechnischen Infrastruktur <strong>und</strong> der stadttechnischen<br />
Erschließung geklärt (Kapitel 6.1). Merkmale der stadttechnischen Infrastruktur,<br />
die ursächlich <strong>für</strong> die besondere Betroffenheit bei <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen sind,<br />
werden ebenso dargelegt (Kapitel 6.2) wie die wesentlichen dichteabhängigen Dimensionierungsgrößen<br />
<strong>für</strong> die Trinkwasserver- <strong>und</strong> Abwasserentsorgung sowie die<br />
Fernwärmeversorgung (Kapitel 6.3).<br />
6.1 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> stadttechnische Erschließung<br />
Der Begriff der Infrastruktur bezeichnet die Gesamtheit aller materiellen, institutionellen<br />
<strong>und</strong> personellen Einrichtungen <strong>und</strong> Gegebenheiten, die als Gr<strong>und</strong>lage einer<br />
arbeitsteiligen Volkswirtschaft dienen (JOCHIMSEN 1995, 492f.). Dabei umfasst die<br />
materielle Infrastruktur alle Anlagen, Ausrüstungen <strong>und</strong> Betriebsmittel des Verkehrs-<br />
<strong>und</strong> Energiewesens, der Telekommunikation, der Konservierung der natürlichen<br />
Ressourcen sowie der Entsorgung. Die materielle Infrastruktur, von der die technische<br />
Infrastruktur ein Bestandteil ist, dient der Bereitstellung von Vorleistungen <strong>für</strong><br />
die Produktion sowie <strong>für</strong> die Konsumtion der Haushalte (D'ALLEUX 1995, 1036; JO-<br />
CHIMSEN 1995, 491).<br />
Indem Anlagen der technischen Infrastruktur die physischen Voraussetzungen <strong>für</strong><br />
eine Gr<strong>und</strong>stücksnutzung bilden, sind sie Bestandteil der Erschließung von Wohngebieten<br />
(SEELE 1995, 227; SIEDENTOP et al. 2006, 38). Mit Erschließung wird die<br />
Gesamtheit der öffentlichen <strong>und</strong> privaten Maßnahmen bezeichnet, die eine Gr<strong>und</strong>stücksnutzung<br />
entsprechend der städtebaulichen Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> baurechtlichen<br />
Vorschriften ermöglicht, insbesondere der Anschluss an das öffentliche Verkehrs-<br />
<strong>und</strong> Versorgungsnetz (GASSNER, THÜNKER 1992, 2). Während die technische Infrastruktur<br />
neben dem Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsnetz auch das Verkehrsnetz beinhaltet,<br />
bezeichnet die stadttechnische Infrastruktur die Ver- <strong>und</strong> Entsorgung mit den Medien<br />
Wasser, Abwasser, Gas, Fernwärme, Strom <strong>und</strong> Telekommunikation (HERZ et<br />
al. 2002, 50).<br />
Zu unterscheiden sind drei räumliche Ebenen der stadttechnischen Erschließung<br />
(GASSNER, THÜNKER 1992, 2ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 86ff.):<br />
1. Die Gr<strong>und</strong>stückserschließung mit ihren privaten Erschließungsanlagen,<br />
2. die innere Erschließung eines Wohngebiets mit den öffentlichen Erschließungsanlagen,<br />
die unmittelbar dem Wohngebiet bzw. Quartier zu Gute kommen <strong>und</strong><br />
3. die äußere Erschließung mit dem Anschluss an das übergeordnete Erschließungsnetz.<br />
<strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Entdichtungsprozesse haben, besonders auf der Ebene der<br />
inneren Erschließung, Folgen <strong>für</strong> die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung (SIEDEN-<br />
TOP et al. 2006, 86ff.), so dass diese Ebene im Fokus der Betrachtung steht. Jedoch<br />
sind gerade bei gleichmäßig über das gesamte Stadtgebiet verteilten <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
auch die Auswirkungen auf die Netze <strong>und</strong> Anlagen der äußeren<br />
Erschließung zu berücksichtigen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 173<br />
Tabelle 41: Ebenen <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Erschließung<br />
(Eigene Darstellung nach GASSNER, THÜNKER 1992, 2ff.)<br />
Erschließungsebene Anlagen der Erschließung<br />
Hausanschlussleitungen (Wasser, Abwasser, Energie, Wärme, Fernmeldeanlagen)<br />
Brunnen<br />
Private Erschließung Kleinkläranlagen<br />
Mülltonnenplätze<br />
Beleuchtung<br />
Innere Erschließung<br />
Äußere Erschließung<br />
Wasserversorgung<br />
Entwässerung<br />
Energieversorgung (Elektrizität, Gas, Wärme)<br />
Beseitigung fester Abfallstoffe<br />
Beleuchtung<br />
Fernmeldeanlagen<br />
Entwässerung (Transport, Reinigung)<br />
Wasserversorgung (Gewinnung, Aufbereitung, Speicherung, Transport)<br />
Energieversorgung (Elektrizität, Gas, Wärme)<br />
Beseitigung fester Abfallstoffe (Transport, Deponie, Verbrennung)<br />
Beleuchtung<br />
Fernmeldeanlagen<br />
Die innere Wohngebietserschließung liegt in der Verantwortlichkeit der Kommune.<br />
Die Baukosten der inneren Erschließung fallen zu Großen Teilen bei den Gr<strong>und</strong>stückseigentümern<br />
an, während sie bei der äußeren Erschließung hauptsächlich<br />
von der öffentlichen Hand getragen werden (GASSNER, THÜNKER 1992, 12; SIEDEN-<br />
TOP et al. 2006, 87). Kosten <strong>für</strong> die private Erschließung sind vollständig von den<br />
Bauherren zu tragen (GASSNER, THÜNKER 1992, 13).<br />
In Zeiten eines stabilen Wachstums wird die stadttechnische Infrastruktur kaum<br />
wahrgenommen, da sie durch ihre unterirdische Anordnung nicht im Blickfeld der<br />
Betrachtung liegt, stets verfügbar ist <strong>und</strong> flexibel an stadtplanerische Vorgaben anpassbar<br />
ist (SPRINGER 2005). Die mangelnde Wahrnehmung der unterirdischen Infrastrukturen<br />
setzt sich zunächst auch unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen fort. So<br />
standen bei bisherigen Diskussionen über die Tragfähigkeit von Infrastrukturen unter<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen vor allem soziale Infrastrukturen sowie alternative<br />
Bedienformen im ÖPNV im Vordergr<strong>und</strong> (siehe z. B. THRUN et al. 2003, 114). Die<br />
stadttechnische Erschließung wird bisher vor allem als reaktive der Siedlungsentwicklung<br />
nachgeordnete Planung betrieben <strong>und</strong> mögliche Bedarfsrückgänge <strong>und</strong><br />
daraus resultierende Notwendigkeiten eines Anlagenrückbaus werden bislang unzureichend<br />
berücksichtigt (SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 83; TIETZ 2006, 156).<br />
6.2 Merkmale der stadttechnischen Infrastruktur<br />
Die stadttechnische Infrastruktur ist durch wesentliche Eigenschaften gekennzeichnet,<br />
die eine besondere siedlungsstrukturelle Abhängigkeit sowie eine hohe Anfälligkeit<br />
gegenüber Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen bedingen.<br />
Es handelt sich um Systeme, deren Bereitstellung einen hohen Kapitalaufwand erfordern<br />
(D'ALLEUX 1995, 1036) <strong>und</strong> die eine geringe Kapitalproduktivität aufweisen<br />
(JOCHIMSEN 1995, 491). Ebenso handelt es sich bei der stadttechnischen Infrastruktur<br />
aufgr<strong>und</strong> der langfristigen Planungs- <strong>und</strong> Realisierungszeiträume (D'ALLEUX<br />
1995, 1036) sowie der langen Lebensdauer der Anlagen <strong>und</strong> vor allem der Netze,
174 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
z. B. von 80 bis zum Teil weit über 100 Jahren bei Abwassernetzen (FREUDENBERG,<br />
KOZIOl 2003, 54), um langfristige Investitionen (HERZ 2004, 8; JOCHIMSEN 1995,<br />
491).<br />
Zentrale Systeme der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ermöglichen häufig die<br />
Nutzung von economies of scale, d. h. bei einer großen Dimensionierung lassen<br />
sich die einzelnen Einheiten billiger produzieren (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 28).<br />
Aufgr<strong>und</strong> der hohen <strong>und</strong> langfristigen Kapitalbindung sowie der Kostenvorteile zentraler<br />
Systeme lassen sich Systeme der stadttechnischen Infrastruktur schwer an<br />
sich verändernde Bevölkerungs- <strong>und</strong> Siedlungsentwicklungen anpassen.<br />
Zudem erfordern zentrale Systeme der stadttechnischen Infrastruktur <strong>für</strong> ihre Funktionsfähigkeit<br />
eine Mindestgröße. Einzelne Systemteile funktionieren nur in Kombination<br />
mit anderen Systemkomponenten, z. B. vom Hausanschluss, über die innere<br />
Erschließung, die äußere Erschließung zu den zentralen Anlagen (JENSSEN, KARA-<br />
KOYUN 2005, 27). Aufgr<strong>und</strong> dieser technischen Unteilbarkeit (D'ALLEUX 1995, 1036;<br />
JOCHIMSEN 1995, 491) lassen sich die Systemkomponenten der stadttechnischen<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ebenfalls nicht flexibel an die Bevölkerungsentwicklung anpassen<br />
(TIETZ 2006, 167). Die Netzgeb<strong>und</strong>enheit der stadttechnischen Infrastrukturen<br />
verursacht darüber hinaus eine Immobilität der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
(SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 87).<br />
Ist die maximale Kapazität eines Infrastruktursystems erreicht, wird ein Ausbau des<br />
Systems erforderlich <strong>und</strong> es kommt zu Sprungkosten (GASSNER, THÜNKER 1992, 5;<br />
JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 28). Bevölkerungsrückgänge führen zu einer Unterauslastung<br />
der Systeme, bei extremen Rückgängen verb<strong>und</strong>en mit der Notwendigkeit<br />
betriebstechnischer <strong>und</strong> baulicher Anpassungsmaßnahmen. Ebenso wie eine Anpassung<br />
an wachsende Nachfrage kann auch eine Anpassung an sinkende Nachfrage<br />
nur in bestimmten Stufen erfolgen (HERZ et al. 2005, 10).<br />
6.3 Stadttechnische Erschließung mit Trinkwasser, Abwasser,<br />
Fernwärme<br />
Für eine nähere Betrachtung werden diejenigen Medien ausgewählt, die aufgr<strong>und</strong><br />
ihrer hohen siedlungsstrukturellen Abhängigkeit besonders von Bevölkerungs- <strong>und</strong><br />
<strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen sind. Besondere Schwierigkeiten der Anpassung an<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen bestehen bei der Trinkwasserversorgung, der Abwasserentsorgung<br />
sowie bei der Fernwärmeversorgung (FREUDENBERG, KOZIOL 2003,<br />
10; HERZ et al. 2002, 52; MARSCHKE 2004, 80; SIEDENTOP et al. 2006, 38ff.).<br />
Neben den oben beschriebenen Merkmalen führen bei der Trinkwasserversorgung<br />
sowie der Abwasserentsorgung Versorgungspflicht sowie Anschluss- <strong>und</strong><br />
Benutzungszwang dazu, dass die Versorgung auch bei extremer Ausdünnung der<br />
Siedlungsstrukturen aufrecht erhalten werden muss <strong>und</strong> erschweren damit eine flexible<br />
Anpassung an Bevölkerungsrückgänge (TIETZ 2006, 157). Ein weiterer Gr<strong>und</strong><br />
<strong>für</strong> die Beschäftigung mit den Medien Wasser <strong>und</strong> Abwasser sind die hohen öffentlichen<br />
sowie privaten Kosten der Trinkwasserver- sowie der Abwasserentsorgung<br />
(SEITZ 2002, 37; SIEDENTOP et al. 2006, 40f.).<br />
Anders als bei Trinkwasser <strong>und</strong> Abwasser besteht bei der Fernwärme keine Versorgungspflicht,<br />
so dass sich die Frage nach der Versorgung mit Fernwärme in erster<br />
Linie als Frage nach der Effizienz <strong>für</strong> den Versorger stellt. Diese Effizienz ist abhängig<br />
von einer ausreichenden Liniendichte, die dann vorliegt, wenn Versorger ihre<br />
Abnehmer frei wählen können <strong>und</strong> nur die großen Potenziale entlang des Leitungs-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 175<br />
netzes bedienen müssen (TIETZ 2006, 156f.). Gerade in den in besonderer Weise<br />
von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffenen ostdeutschen Großsiedlungen hat die<br />
Fernwärmeversorgung eine hohe Bedeutung <strong>für</strong> die Wärmeversorgung (SIEDENTOP<br />
et al. 2006, 40f.).<br />
Die beschriebenen Medien zeichnen sich durch einen unterschiedlichen <strong>Dichte</strong>bezug<br />
aus. Die Nachfrage nach der Trinkwasserver- <strong>und</strong> der Abwasserentsorgung<br />
hängt von der Zahl der angeschlossenen Einwohner im Anschlussgebiet ab (TIETZ<br />
2006, 158) <strong>und</strong> damit von der Einwohnerdichte. Die Nachfrage nach Wärme wird<br />
von der angeschlossenen Wohnfläche (TIETZ 2006, 158) <strong>und</strong> damit sowohl von der<br />
Einwohner- als auch der Bebauungsdichte bestimmt. Tabelle 42 stellt die betrachteten<br />
Merkmale der ausgewählten Medien zusammenfassend dar.<br />
Tabelle 42: Merkmale der betrachteten Medien der stadttechnischen Infrastruktur<br />
(Eigene Darstellung nach HERZ et al. 2002, 52; SIEDENTOP et al. 2006, 40; TIETZ 2006,<br />
158ff.)<br />
Medium Siedlungsstrukturelle<br />
Abhängigkeit<br />
Betroffenheit von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
Fixkostenanteil<br />
Anpassungsfähigkeit<br />
bei Auslastungsproblemen<br />
Öffentl.<br />
Pflichtaufgabe<br />
Bezug zur<br />
<strong>Dichte</strong><br />
Trinkwasser Hoch Hoch Sehr gering Ja Einwohnerdichte<br />
Abwasser Hoch Hoch Sehr gering Ja Einwohnerdichte<br />
Fernwärme Hoch Hoch Gering Nein<br />
Bebauungs- <strong>und</strong><br />
Einwohnerdichte<br />
Im Folgenden werden einzelne Systemkomponenten der Trinkwasserversorgung,<br />
der Abwasserentsorgung sowie der Fernwärmeversorgung genauer erläutert. Neben<br />
der allgemeinen Funktionsweise der Systeme werden dabei vor allem diejenigen<br />
Faktoren beschrieben, die <strong>für</strong> die Dimensionierung eine wesentliche Rolle spielen<br />
<strong>und</strong> über die im weiteren Verlauf der Arbeit ein Bezug zu Einwohner- oder Bebauungsdichten<br />
hergestellt wird. Innerhalb eines Stadtgebiets unterscheidet sich die<br />
stadttechnische Erschließung wesentlich nach der vorherrschenden Siedlungsstruktur,<br />
d. h. anhand der Stadtstrukturtypen mit ihren typischen Entstehungszeiten, dem<br />
Bauprinzip (Einzelbauweise, industrielle Bauweise) sowie der städtebaulichen Struktur<br />
<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong> (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 19; KOZIOL, WALTHER 2006, 260f.; SIE-<br />
DENTOP et al. 2006, 49). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird die stadtstrukturtypenspezifische<br />
Ausstattung mit den einzelnen Medien ebenfalls dargestellt.<br />
6.3.1 Trinkwasserversorgung<br />
Bestandteile der Trinkwasserversorgung sind die Wassergewinnung, -aufbereitung<br />
<strong>und</strong> -speicherung sowie der Transport des Wassers in Hauptleitungen <strong>und</strong> dessen<br />
Verteilung in einem Ortswassernetz (TIETZ 2007, 189). Da das Netz den Hauptteil<br />
von 65 % bis 80 % des Anlagevermögens der Versorgungsunternehmen ausmacht<br />
(SCHMIDT 2003, 17; SEYFRIED, AUSTERMANN-HAUN 1995, 1082) <strong>und</strong> ebenso unmittelbar<br />
von der siedlungsstrukturellen Entwicklung abhängig ist, steht die Dimensionierung<br />
der Netze <strong>und</strong> deren Abhängigkeit von der Siedlungsdichte im Folgenden<br />
im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Für die Wasserverteilung (<strong>und</strong> Abwasserentsorgung) unterscheidet man Verästelungsnetze,<br />
Ringnetze <strong>und</strong> vermaschte Netze (siehe Abbildung 47). Verästelungsnetze<br />
sind meist historisch gewachsen, haben eine sehr kostengünstige Netzstruk-
176 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
tur, sind aber auch sehr störanfällig. Bei Ringnetzen <strong>und</strong> vermaschten Netzen ist der<br />
Erschließungsaufwand deutlich höher, da<strong>für</strong> ist auch deren Anpassungsfähigkeit<br />
wesentlich größer (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 51; TIETZ 2007, 221).<br />
Abbildung 47: Netzformen der Wasserverteilung<br />
(Eigene Darstellung nach TIETZ 2007, 221)<br />
Verästelungsnetz Ringnetz Vermaschtes Netz<br />
Wesentlich <strong>für</strong> die Dimensionierung der Trinkwassernetze sind der Wasserverbrauch<br />
eines Gebiets sowie der Löschwasserbedarf. Der Wasserverbrauch eines<br />
Gebiets wird durch die Höhe des spezifischen Wasserverbrauchs pro Person bestimmt,<br />
der regional sehr unterschiedlich ausfällt (TIETZ 2007, 199) <strong>und</strong> derzeit in<br />
Ostdeutschland zwischen 88 l pro Person <strong>und</strong> Tag in Sachsen <strong>und</strong> 102 l pro Person<br />
<strong>und</strong> Tag in Mecklenburg-Vorpommern liegt. In Westdeutschland ist der Verbrauch<br />
mit einer Spanne von 118 l pro Person <strong>und</strong> Tag im Saarland bis 143 l in Schleswig-<br />
Holstein deutlich höher.<br />
Abbildung 48: Wasserabgabe an Haushalte <strong>und</strong> Kleingewerbe in Liter je Einwohner<br />
<strong>und</strong> Tag nach B<strong>und</strong>esländern<br />
(Eigene Darstellung nach STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2007)<br />
Baden-Württemberg<br />
Bayern<br />
Berlin<br />
Brandenburg<br />
Bremen<br />
Hamburg<br />
Hessen<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Niedersachsen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Saarland<br />
Sachsen<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Schleswig-Holstein<br />
Thüringen<br />
Deutschland<br />
80 85 90 95 100 105 110 115 120 125 130 135 140 145 150<br />
Liter je Einwohner <strong>und</strong> Tag<br />
Der Löschwasserbedarf beträgt in reinen <strong>und</strong> allgemeinen Wohngebieten bei mittlerer<br />
Gefahr der Brandausbreitung 96 m³ pro St<strong>und</strong>e <strong>und</strong> kann gerade in gering ver-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 177<br />
dichteten Bebauungsformen den Spitzenverbrauch überschreiten (BUCHERT et al.<br />
2004, Anhang I, S. 22ff.; TIETZ 2007, 208).<br />
Tabelle 43 gibt einen wesentlichen Überblick über die Dimensionierung <strong>und</strong> Netzformen<br />
von Trinkwassernetzen in verschiedenen Stadtstrukturtypen. Während der<br />
Nenndurchmesser in Stadtstrukturtypen geringerer <strong>Dichte</strong> kleiner ist, sind die Längen<br />
der Trinkwassernetze je Einwohner im Einfamilienhausbau deutlich größer als<br />
im Mehrfamilienhausbau.<br />
Tabelle 43: Dimensionierung von Trinkwassernetzen nach Stadtstrukturtypen<br />
(BUCHERT et al. 2004, Anhang 1, S. 22ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 106ff.)<br />
Strukturtyp Netzform Nenndurchmesser <strong>für</strong><br />
innere Erschließung 1<br />
Netzlänge je Einwohner<br />
in m<br />
Block Maschennetz DN 150 0,9-1,4<br />
Platte Maschennetz DN 200 0,6-1,3<br />
Zeile Maschennetz DN 200 0,8-1,7<br />
MFH nach 1990 Maschennetz DN 150 1,1-2,1<br />
EFH Ringnetz DN 80-100 2,1-7,1<br />
1 Der Nenndurchmesser (DN) ist der <strong>für</strong> die Bemessung von Rohrleitungen maßgebliche<br />
innere Durchmesser (BUCHERT et al. 2004, 155).<br />
Für die Trinkwasserversorgung gilt ein Anschluss- <strong>und</strong> Benutzungszwang, der in<br />
allen Gemeindeordnungen normiert ist, <strong>und</strong> es den Gemeinden ermöglicht per Satzung<br />
einen Anschluss an die Anlagen der Wasserversorgung <strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>stücke in<br />
ihrem Gemeindegebiet vorzuschreiben (TIETZ 2007, 220).<br />
Die Preisbildung des Wasserpreises wird durch die Kommualabgabengesetze<br />
(KAG) der Länder geregelt, in denen das Kostendeckungsprinzip (betriebswirtschaftliche<br />
Kosten der Leistungserstellung), das Äquivalenzprinzip (Angemessenheit,<br />
Verhältnismäßigkeit) <strong>und</strong> der Gleichheitsgr<strong>und</strong>satz (Leistungs-/Verursacherprinzip)<br />
als wesentliche Prinzipien der Tarifgestaltung genannt werden (MARSCHKE<br />
et al. 2006, 26).<br />
6.3.2 Abwasserentsorgung<br />
Die Abwasserentsorgung umfasst die Sammlung <strong>und</strong> den Transport von Abwasser<br />
sowie dessen Behandlung in (zentralen) Kläranlagen <strong>und</strong> die Einleitung der gereinigten<br />
Abwässer in natürliche Gewässer (TIETZ 2007, 227). Beim System der Abwasserentsorgung<br />
sind, neben der Topographie, vor allem auch die Siedlungsdichte<br />
sowie – damit zusammenhängend – Skaleneffekte beim Transport <strong>und</strong> der Behandlung<br />
großer Abwassermengen von hoher Bedeutung (TIETZ 2007, 229).<br />
Abgeleitet aus Umweltschutzzielen besteht in Deutschland nach wie vor das Ziel,<br />
den Anschlussgrad an die zentrale Abwasserentsorgung zu erhöhen (TIETZ 2007,<br />
229). Hierbei bestehen zwischen den B<strong>und</strong>esländern noch erhebliche Differenzen<br />
wie Abbildung 49 zeigt. Geringe Anschlussgrade herrschen dabei vor allem in den<br />
ostdeutschen Ländern vor (zwischen 82,6 % in Brandenburg <strong>und</strong> 91,5 % in Thüringen).
178 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 49: Anschlussgrad an die öffentliche Kanalisation nach B<strong>und</strong>esländern<br />
(Eigene Berechnung nach STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2006)<br />
Baden-Württemberg<br />
Bayern<br />
Berlin<br />
Brandenburg<br />
Bremen<br />
Hamburg<br />
Hessen<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Niedersachsen<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Saarland<br />
Sachsen<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Schleswig-Holstein<br />
Thüringen<br />
Deutschland<br />
80 85 90<br />
Anschlussgrad in %<br />
95 100<br />
Bei der Abwasserentsorgung von Wohngebieten setzt sich das Abwasser aus dem<br />
häuslichen Schmutzwasser <strong>und</strong> dem Regenwasser zusammen. Dabei kann davon<br />
ausgegangen werden, dass das Aufkommen an häuslichem Schmutzwasser dem<br />
Trinkwasserbedarf in etwa entspricht (BUCHERT et al. 2004, Anhang I, S. 31). In Abhängigkeit<br />
vom Versickerungsanteil vor Ort gelangen unterschiedlich hohe Anteile<br />
des Regenwassers in die Kanalisation. Diese Anteile werden über den Abflussbeiwert<br />
bestimmt, der je nach Oberfläche, Bebauungsart, Verbauungsgrad <strong>und</strong> Geländeneigung<br />
unterschiedlich ist (BUCHERT et al. 2004, Anhang I, S. 32f.; TIETZ 2007,<br />
243). Zusätzlich ist ein Anteil von 10 % Fremdwasser 44 zu berücksichtigen (FREU-<br />
DENBERG, KOZIOL 2003, 59).<br />
Für die Sammlung <strong>und</strong> den Transport des Abwassers unterscheidet man die Trennkanalisation,<br />
bei der Schmutzwasser <strong>und</strong> Niederschlagswasser getrennt abgeleitet<br />
werden, <strong>und</strong> die Mischkanalisation, bei der eine gemeinsame Ableitung der Abwässer<br />
erfolgt (TIETZ 2007, 257). Für Ostdeutschland wird von einem Anteil von 45 %<br />
Trennsystemen <strong>und</strong> 55 % Mischsystemen ausgegangen (BUCHERT et al. 2004, Anhang<br />
I, 53f.).<br />
Für die innere Erschließung von Wohngebieten entsprechen die Längen der Regenwasserkanäle<br />
in etwa denen der Schmutzwasserkanäle (SIEDENTOP et al. 2006,<br />
108). Aufgr<strong>und</strong> des unmittelbaren Bezugs zur Einwohnerdichte wird im Folgenden<br />
vor allem die Schmutzwasserentsorgung berücksichtigt.<br />
Tabelle 44 gibt die wesentlichen Parameter zur Dimensionierung von Abwassernetzen<br />
nach Stadtstrukturtypen an. Auch hier zeigen sich die höheren spezifischen<br />
Netzlängen in Stadtstrukturtypen geringerer <strong>Dichte</strong>n.<br />
44 Als Fremdwasser wird von außen in die Leitungen eindringendes Wasser bezeichnet.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 179<br />
Tabelle 44: Parameter zur Dimensionierung von Abwassernetzen nach Strukturtypen<br />
(BUCHERT et al. 2004, Anhang I, S. 33ff.; JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 48; SIEDENTOP et al.<br />
2006, 106ff.)<br />
Schmutzwasser<br />
Strukturtyp Abflussbeiwert Nenndurchmesser <strong>für</strong><br />
innere Erschließung<br />
Netzlänge je<br />
Einwohner in m<br />
Mischkanalisation /<br />
Regenwasser<br />
Nenndurchmesser <strong>für</strong><br />
innere Erschließung<br />
Block 0,7 DN 250 1,1-1,3 DN 500<br />
Platte 0,55 DN 250 0,6 -1,3 DN 500<br />
Zeile 0,5 DN 250 0,5- 1,5 DN 500<br />
MFH n. 1990 0,6 DN 250 1,3-1,9 DN 500<br />
EFH 0,35-0,45 DN 250 2,2-6,3 DN 350<br />
Ebenso wie bei der Trinkwasserversorgung gelten auch bei der Abwasserentsorgung<br />
sowohl der Anschluss- <strong>und</strong> Benutzungszwang als auch die Regeln der Preisgestaltung<br />
nach dem Kostendeckungsprinzip, dem Äquivalenzprinzip <strong>und</strong> dem Verhältnismäßigkeitsprinzip<br />
(JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 69).<br />
6.3.3 Fernwärmeversorgung<br />
Bei der Fernwärmeversorgung handelt es sich um eine leitungsgeb<strong>und</strong>ene Wärmeversorgung,<br />
bei der die Wärme über die Transportmedien Wasser oder Dampf in die<br />
zu beheizenden Gebäude transportiert wird. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung wird die<br />
Abwärme aus der Stromproduktion genutzt. Alternativ wird die Wärmeenergie in<br />
Heizkraftwerken unter Nutzung von Primärenergieträgern produziert (TIETZ 2007,<br />
120). Zunächst wird der Brennstoff im Heizwerk oder Heizkraftwerk zu Wärmeenergie<br />
umgewandelt <strong>und</strong> als Heißwasser oder Dampf über ggf. zwischengeschaltete<br />
Speicher <strong>und</strong> eine Fern- oder Nahwärmeleitung zum Verbraucher transportiert. Zwischen<br />
den Transportleitungen <strong>und</strong> den Verteilungsnetzen sind Übergabestationen<br />
integriert (TIETZ 2007, 120f.).<br />
Bei der Fernwärmeverteilung wird anhand der Anzahl der Leitungen zwischen Einleiter-,<br />
Zweileiter-, Dreileiter <strong>und</strong> Vierleitersystemen unterschieden (BLESL 2002, 50).<br />
Abbildung 50 zeigt ein typisches Vierleitersystem der Fernwärmeversorgung, wie es<br />
bei der Erschließung von Wohnbaugebieten der DDR Anwendung fand. Bei dieser<br />
indirekten Fernwärmeversorgung wird zwischen einem Primärkreislauf mit höheren<br />
Vor- <strong>und</strong> Rücklauftemperaturen <strong>und</strong> einem Sek<strong>und</strong>ärsystem mit geringeren Temperaturen<br />
unterschieden. Beide Systeme sind über einen Wärmetauscher verb<strong>und</strong>en.<br />
Wärme <strong>und</strong> Warmwasser werden über getrennte Leitungsnetze bereitgestellt, die<br />
jeweils über einen Vor- <strong>und</strong> einen Rücklauf verfügen.<br />
Bei Dreileitersystemen erfolgt ein gemeinsamer Rücklauf, bei einem Zweileitersystem<br />
erfolgt eine gemeinsame Versorgung mit Raumwärme <strong>und</strong> Brauchwasser, jeweils<br />
mit einem Vor- <strong>und</strong> Rücklauf (BLESL 2002, 50; DEUTSCHE BAUAKADEMIE ZU<br />
BERLIN 1972, 38).<br />
Beim System der direkten Einspeisung wird die Primärleitung direkt bis zu den<br />
Hausanschlussleitungen der Gebäude geführt <strong>und</strong> über eine Umwälzpumpe in die<br />
Hausnetze eingespeist. Dies ermöglicht einen Verzicht auf Heizumformerzentralen<br />
<strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>ärnetze (DEUTSCHE BAUAKADEMIE ZU BERLIN 1972, 41ff.).
180 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 50: Prinzip der indirekten Fernwärmeversorgung mit zwei Sek<strong>und</strong>ärkreisläufen<br />
(Eigene Darstellung nach DEUTSCHE BAUAKADEMIE ZU BERLIN 1972, 39)<br />
Wärmeerzeugungsanlage<br />
Primärkreislauf<br />
Umformer<br />
(Wärmeaustauscher)<br />
Sek<strong>und</strong>ärsystem<br />
Heizung<br />
Sek<strong>und</strong>ärsystem<br />
Warmwasser<br />
Verbraucher<br />
Heizung<br />
Verbraucher<br />
Warmwasser<br />
Im Zuge des Wärmetransportes in den Fernwärmeleitungen kommt es zu Wärmeverlusten,<br />
die vom Temperaturniveau des Dampfs bzw. Heißwassers <strong>und</strong> der Art<br />
<strong>und</strong> Dicke der Isolierung abhängen. Eine Anpassung an veränderte Wärmebedarfe<br />
kann zum einen durch eine Variation des Wassermassenstroms <strong>und</strong> zum anderen<br />
durch eine Veränderung der Temperaturspreizung zwischen Vor- <strong>und</strong> Rücklauftemperatur<br />
erreicht werden (BLESL 2002, 47).<br />
Die Dimensionierung von Fernwärmeversorgungssystemen erfolgt nach dem Wärmebedarf,<br />
der auch als Wärmebedarfsdichte einer Siedlung angegeben wird (s.<br />
Kapitel 7.1.2). Dieser ist starken jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen. 45 Anders<br />
als bei der Trinkwasserver- <strong>und</strong> der Abwasserentsorgung besteht bei der<br />
Fernwärmeversorgung meist kein Anschluss- <strong>und</strong> Benutzungszwang, auch wenn es<br />
den Gemeinden möglich ist, per Satzung diesen zu beschließen (TIETZ 2007, 122,<br />
149). Die Entscheidung über eine Fernwärmeversorgung unterliegt demnach vor<br />
allem Wirtschaftlichkeitskriterien. Bei reduzierter Wirtschaftlichkeit der Fern- oder<br />
Nahwärmeversorgung besteht die Gefahr, dass diese durch andere Versorgungssysteme<br />
mit einem höheren Ausstoß an CO2 <strong>und</strong> Luftschadstoffen ersetzt werden<br />
<strong>und</strong> die hohen Wirkungsgrade der Fernwärmeversorgung nicht mehr genutzt werden<br />
können (TIETZ 2007, 122).<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Abhängigkeit der Fernwärmeversorgung von einer hohen Liniendichte<br />
(TIETZ 2007, 157) sind nicht alle Stadtstrukturtypen gleichermaßen mit Fernwärme<br />
versorgt, wie Tabelle 45 verdeutlicht. Eine Fernwärmeversorgung findet im Osten<br />
Deutschlands vor allem in den in Plattenbauweise errichteten Großwohnsiedlungen<br />
statt.<br />
45 Die Kraft-Wärme-Kopplung, bei der aus Gründen der Erhöhung des Wirkungsgrads<br />
Strom <strong>und</strong> Wärme gleichzeitig produziert werden, zeichnet sich durch ein festes Verhältnis<br />
zwischen der abgegebenen elektrischen Leistung <strong>und</strong> der Wärmeleistung aus, so<br />
dass die Anlagen entweder nach dem Strom- oder dem Wärmebedarf ausgerichtet sind<br />
(TIETZ 2007, 124).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 181<br />
Tabelle 45: Ausstattung der Stadtstrukturtypen mit Fernwärmeversorgung<br />
(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 24; SIEDENTOP et al. 2006, 49)<br />
Stadtstrukturtyp Ausstattung mit Fernwärmeversorgung<br />
Block selten vorhanden in überformten Altbaugebieten<br />
Zeile Wohn- <strong>und</strong><br />
Werkssiedlungsbau<br />
i. d. R. nicht vorhanden<br />
Plattenbauwohnsiedlung überwiegend Fernwärme, teilweise dezentrale<br />
mit Zeilen<br />
Wärmeversorgung<br />
Platte Zeilen <strong>und</strong> Höfe<br />
(bis 1981)<br />
Fernwärme vorhanden (zum Teil mit Dampf betrieben)<br />
Höfe (bis 1990) Fernwärme vorhanden (i. d. R. mit Heißwasser betrieben)<br />
Geschosswohnungsbau nach 1990 i. d. R. nicht vorhanden<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser i. d. R. nicht vorhanden<br />
Zusammenfassend verdeutlichen die Ausführungen in Kapitel 6 die intensiven<br />
Wechselwirkungen zwischen Siedlungsentwicklung <strong>und</strong> der stadttechnischen Ver-<br />
<strong>und</strong> Entsorgung mit den Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme. Diese<br />
siedlungsstrukturelle Abhängigkeit resultiert vor allem aus der hohen Kapitalintensität<br />
<strong>und</strong> den langen Nutzungsdauern der Netze der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung.<br />
Die Trinkwasserver- <strong>und</strong> Abwasserentsorgung weisen, aufgr<strong>und</strong> des starken Bezugs<br />
zum individuellen Wasserverbrauch, eine Abhängigkeit von der Einwohnerdichte<br />
auf. Die Dimensionierung der Fernwärmeversorgung hingegen richtet sich<br />
nach dem Wärmebedarf <strong>und</strong> hängt somit in starkem Maße von der Bebauungsdichte<br />
der Siedlungsstrukturen ab.<br />
Im folgenden Kapitel 7 werden diese Zusammenhänge der stadttechnischen Erschließung<br />
mit den Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten vertiefend dargestellt.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 183<br />
7 Stadttechnische Infrastruktur <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong><br />
Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass gering verdichtete <strong>und</strong> disperse Siedlungsstrukturen<br />
mit einem höheren Infrastrukturaufwand verb<strong>und</strong>en sind als kompakte<br />
Siedlungsstrukturen höherer <strong>Dichte</strong> (BUCHERT et al. 2004, 24; MENKHOFF et<br />
al. 1979, 67; SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 83; SIEDENTOP et al. 2006, 106ff.). Eine<br />
flächendeckende leitungsgeb<strong>und</strong>ene Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in Gebieten geringer<br />
<strong>Dichte</strong> erfordert den höchsten Aufwand (TIETZ 2006, 156).<br />
Zwischen der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> dem Infrastrukturaufwand werden vor allem zwei wesentliche<br />
Zusammenhänge diskutiert, die im Folgenden genauer erläutert werden:<br />
- Bei geringerer <strong>Dichte</strong> steigt der spezifische Erschließungsaufwand, z. B. als<br />
Netzlänge der Medien der stadttechnischen Infrastruktur (Kapitel 7.1).<br />
- Bei geringerer <strong>Dichte</strong> steigen die spezifischen Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung<br />
wohngebietsbezogener Infrastrukturen (Kapitel 7.2).<br />
7.1 Siedlungsdichte <strong>und</strong> Erschließungsaufwand<br />
Zur Bestimmung des Erschließungsaufwands stehen verschiedene Indikatoren zur<br />
Verfügung. Dies ist <strong>für</strong> die Trinkwasserver- <strong>und</strong> die Abwasserentsorgung vor allem<br />
der Indikator der spezifischen Leitungslänge (Kapitel 7.1.1), die in direktem Zusammenhang<br />
zum mit der Erschließung verb<strong>und</strong>enen Materialaufwand steht (s. Exkurs<br />
15). Zur Bestimmung des Aufwands der Fernwärmeversorgung wird vor allem der<br />
Indikator der Wärmebedarfsdichte verwendet, der den Nutzwärmebedarf eines Siedlungsgebiets<br />
angibt (Kapitel 7.1.2).<br />
7.1.1 Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Trinkwasserversorgung<br />
Zwischen dem Erschließungsaufwand <strong>und</strong> der <strong>Dichte</strong> besteht der exponentielle Zusammenhang<br />
steigenden Aufwands bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n, der vielfach nachgewiesen<br />
wurde (BUCHERT et al. 2004, 24; MENKHOFF et al. 1979, 67; SIEDENTOP et al.<br />
2006, 106ff.).<br />
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Länge der Abwasser- <strong>und</strong> Trinkwassernetze<br />
Da die Länge der öffentlichen Kanalisation Bestandteil der Umweltstatistik des B<strong>und</strong>es-<br />
<strong>und</strong> der Länder ist, besteht in diesem Bereich eine gute Datenlage, so dass<br />
Zusammenhänge zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Erschließungsaufwand vor allem am Beispiel<br />
der Abwasserentsorgung illustriert werden können.<br />
Einen ersten Eindruck über den Zusammenhang zwischen der Siedlungsdichte <strong>und</strong><br />
den Netzlängen der Kanalisation in den B<strong>und</strong>esländern vermittelt Abbildung 51.<br />
Deutlich wird erneut der bereits beschriebene exponentielle Zusammenhang steigenden<br />
Erschließungsaufwands bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n. Während sich die Stadtstaaten<br />
Berlin <strong>und</strong> Hamburg bei hohen Siedlungsdichten von 4.000 bzw. 5.500 Einwohnern<br />
je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche durch spezifische Kanalnetzlängen<br />
von etwa 3 m je Einwohner auszeichnen, ist der Erschließungsaufwand in den gering<br />
verdichteten Flächenländern Niedersachsen <strong>und</strong> Schleswig-Holstein, bei einer<br />
Siedlungsdichte von 1.300 bis 1.500 Einwohnern je km², in etwa dreimal so hoch mit<br />
9 m je Einwohner. Vergleichsweise geringe Erschließungsaufwände mit 8 m Kanalisation<br />
je Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern <strong>und</strong> Brandenburg bei einer Sied-
184 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
lungsdichte von etwa 1.000 Einwohnern je km² sind eine Folge der geringen Anschlussgrade<br />
an die Kanalisation von unter 85 % (s. Abbildung 49).<br />
Abbildung 51: Siedlungsdichte <strong>und</strong> Länge der öffentlichen Kanalisation in Meter je<br />
Einwohner nach B<strong>und</strong>esländern in 2004 (STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER<br />
LÄNDER 2006)<br />
Kanalisation in m je Einwohner____<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
BB<br />
MV<br />
ST<br />
NI<br />
SH<br />
RP<br />
BY SL<br />
TH<br />
SN BW<br />
HE<br />
NW<br />
HB<br />
0<br />
0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000<br />
HH<br />
Siedlungsdichte in Einwohner je km²<br />
SEITZ (2002, 39) stellte die Längen des Kanalnetzes je Einwohner in den Kreisen<br />
der B<strong>und</strong>esländer Niedersachsen, Rheinland-Pfalz <strong>und</strong> Baden-Württemberg 1995 in<br />
einen Zusammenhang zur Bevölkerungsdichte (EW je km² des Gemeindegebiets).<br />
Dabei fand er heraus, dass der Erschließungsaufwand in ländlichen Kreisen bei<br />
Bevölkerungsdichten 46 von weniger als 120 Einwohnern je km² mit 9 m Kanalisation<br />
je Einwohner knapp doppelt so hoch ist, wie in städtischen Kreisen oder kreisfreien<br />
Städten mit Bevölkerungsdichten von mehr als 300 Einwohnern je km² <strong>und</strong> einer<br />
Netzlänge der Kanalisation von weniger als 5 m je Einwohner. Auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
einer regressionsanalytischen Untersuchung kommt er zu dem Schluss, „dass ein<br />
Anstieg der Bevölkerungsdichte um 1 % zu einem Rückgang der mittleren Kanallänge<br />
um ca. 0,3 % führt“ (SEITZ 2002, 41).<br />
Eine aktuelle Auswertung der Daten der Kreise <strong>und</strong> kreisfreien Städte der ostdeutschen<br />
Länder Brandenburg, Sachsen <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt <strong>für</strong> das Jahr 2004 kommt<br />
zu ähnlichen Ergebnissen. Die Spanne des Erschließungsaufwands ist gegenüber<br />
der Auswertung von SEITZ (2002, 39) größer <strong>und</strong> liegt zwischen 4 m je Einwohner<br />
bei einer Siedlungsdichte von 4.000 Einwohnern je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche<br />
<strong>und</strong> 14 m bei einer Siedlungsdichte von etwa 700 Einwohnern. Damit ist der<br />
Erschließungsaufwand in gering verdichteten Gebieten dreieinhalb Mal so hoch wie<br />
in verdichteten Räumen. Der spezifische Erschließungsaufwand der drei untersuchten<br />
ostdeutschen B<strong>und</strong>esländer liegt, mit 7,6 m durchschnittlicher Länge der öffentlichen<br />
Kanalisation je Einwohner, über dem B<strong>und</strong>esdurchschnitt von 6,5 m pro Einwohner<br />
im Jahr 2004.<br />
46 Das Maß der Bevölkerungsdichte gibt die Zahl der Einwohner je km² der Gesamtfläche<br />
einer administrativen Einheit an, die Siedlungsdichte die Zahl der Einwohner je km²<br />
Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche (s. Tabelle 3, Kapitel 2.1.2).<br />
BE
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 185<br />
Eine regressionsanalytische Auswertung der Daten in Anlehnung an SEITZ (2002,<br />
41, 125) kommt zu dem Ergebnis, dass im Zuge eines Anstiegs der Siedlungsdichte<br />
um 1 % der mittlere Erschließungsaufwand (in m Kanalisation je Einwohner) um<br />
0,5 % abnimmt. 47<br />
Abbildung 52: Siedlungsdichten <strong>und</strong> spezifische Netzlängen der Kanalisation je<br />
Einwohner nach Kreisen in Brandenburg, Sachsen <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt 2004<br />
(Eigene Berechnungen nach Daten der statistischen Landesämter)<br />
Kanalisation in m je Einwohner___<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
y = 12,032e -0,0003x<br />
R 2 2<br />
0<br />
= 0,6635<br />
0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 4.500<br />
Siedlungsdichte in Einwohner je km²<br />
Die <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung dargestellten Zusammenhänge gelten analog auch<br />
<strong>für</strong> die Trinkwasserversorgung. Auch hier gilt der exponentielle Zusammenhang<br />
47 Regressionsanalysen werden verwendet, um einen Zusammenhang zwischen einer zu<br />
erklärenden Variable y (hier: Länge des Kanalnetzes in m je Einwohner) <strong>und</strong> einer erklärenden<br />
Variable x (hier: Siedlungsdichte in Einwohner je km²) zu untersuchen (SEITZ<br />
2002, 122ff.).<br />
Bei einer Regressionsanalyse wird ein linearer Zusammenhang unterstellt. Um eine<br />
Regressionsanalyse <strong>für</strong> einen exponentiellen Zusammenhang durchführen zu können,<br />
werden die Daten zunächst logarithmiert. Damit können die Daten in einen näherungsweise<br />
linearen Zusammenhang gebracht werden.<br />
Die Regressionsgleichung lautet dann Log(y) = ßLog(x) + Konstante.<br />
ß gibt an, um wie viel Prozent sich die Variable y verändert, wenn der Wert der Variablen<br />
x um 1 % ansteigt (SEITZ 2002, 125).<br />
Für die hier untersuchten Daten ergibt sich folgende Regressionsgleichung:<br />
y = -0,5301x + 5,8365 bei N = 71.<br />
Dies bedeutet, dass die Länge des Kanalnetzes in m je Einwohner um 0,5 % zurückgeht,<br />
wenn die Siedlungsdichte um 1 % ansteigt.<br />
Eine Aussage zur Erklärungskraft der ermittelten Regressionsgraden trifft das Bestimmtheitsmaß<br />
R², das angibt, wie gut die Regressionsgleichung die untersuchten Daten erklärt,<br />
das heißt wie stark oder schwach die Werte um die Regressionsgrade streuen. R²<br />
liegt zwischen 0 <strong>und</strong> 1. Je höher R², umso höher ist die Erklärungskraft des Modells. Im<br />
Fall der dargestellten Analyse beträgt R² = 0,643. SEITZ (2002, 124) geht davon aus,<br />
dass <strong>für</strong> Untersuchungen von Querschnittsdaten auf der Ebene von Kreisen ein R² von ><br />
0,5 als sehr gut zu bewerten ist.<br />
Der T-Wert ist das Maß der statistischen Signifikanz des Ergebnisses <strong>und</strong> weist nach, ob<br />
ein statistisch gesicherter Zusammenhang zwischen den Variablen besteht (vgl. SEITZ<br />
2002, 125). Im Fall der dargelegten Regressionsanalyse konnte anhand des T-Werts ein<br />
statistisch gesicherter Zusammenhang zwischen Kanallänge <strong>und</strong> Siedlungsdichte nachgewiesen<br />
werden.
186 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
zwischen der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> der Netzlänge. Abbildung 53 stellt diesen Zusammenhang<br />
am Beispiel der Wasserversorgung in Erfurt dar. In einem städtischen Gebiet variieren<br />
die Netzlängen der Trinkwasserversorgung demnach zwischen 2 m je Einwohner<br />
in der Mehrfamilienhausbebauung <strong>und</strong> 6 m je Einwohner in lockerer Einfamilienhausbebauung.<br />
Abbildung 53: Abhängigkeit der Netzlänge der Wasserversorgung von der<br />
Siedlungsdichte am Beispiel der Landeshauptstadt Erfurt<br />
(SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 84 verändert nach SCHMIDT 2000)<br />
einwohnerspezifische Rohrnetzlänge<br />
(m/angeschlossener EW)<br />
7,0<br />
6,0<br />
5,0<br />
4,0<br />
3,0<br />
2,0<br />
1,0<br />
Haupt- <strong>und</strong> Versorgungsleitungen,<br />
Hausanschlüsse<br />
nur Hausanschlüsse<br />
20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Einwohnerdichte (Einwohner je Hektar Bruttowohnbauland)<br />
Differenzierung des Erschließungsaufwands nach Stadtstrukturtypen<br />
Der Erschließungsaufwand verschiedener Stadtstrukturtypen ist – neben weiteren<br />
Faktoren wie z. B. der Erschließungsform – abhängig von der <strong>Dichte</strong>. DOUBEK<br />
(2001, 41f.) ermittelte den in Abbildung 54 dargestellten Zusammenhang zwischen<br />
der <strong>Dichte</strong> (hier operationalisiert in Wohneinheiten je ha) <strong>und</strong> der durchschnittlichen<br />
Leitungslänge der netzgeb<strong>und</strong>enen Infrastrukturen je Wohneinheit. Dabei greift sie<br />
auf Strukturtypen zurück, die aus einer Analyse der realen Siedlungsstruktur in kleinen<br />
Gemeinden Österreichs abgeleitet wurden. Es zeigt sich ein zehnmal höherer<br />
spezifischer Erschließungsaufwand in Streusiedlungen im Vergleich zu städtischen<br />
Siedlungsstrukturen (DOUBEK 2001, 41f.).<br />
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Siedentop et al. (2006, 106 f.), die <strong>für</strong> die ländliche<br />
Fallstudienregion Havelland-Fläming den Zusammenhang zwischen der Netzlänge<br />
von Trink- <strong>und</strong> Schmutzwasser einerseits <strong>und</strong> der Geschossflächendichte<br />
andererseits nachweisen. Hier sind die Leitungslängen in gering verdichteten Siedlungsstrukturen<br />
bezogen auf einen Einwohner in der Regel sechs- bis siebenmal<br />
<strong>und</strong> in Extremfällen bis zehnmal größer als im Geschosswohnungsbau (s. Abbildung<br />
55).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 187<br />
Abbildung 54: <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> Leitungslängen nach Siedlungstypen<br />
(Eigene Darstellung nach DOUBEK 2001, 42)<br />
Leitungslänge je Wohneinheit in m<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Leitungslänge je Wohneinheit Wohneinheiten je ha<br />
Stadt Dorf kompakt Rand des<br />
Hauptorts<br />
Weiteres<br />
Umland<br />
Streusiedlung<br />
dynamisch<br />
Streusiedlung<br />
traditionell<br />
Abbildung 55: Länge der Schmutzwasserleitung in m je Einwohner nach<br />
Stadtstrukturtypen (Eigene Berechnungen nach SIEDENTOP et al. 2006, 107)<br />
Schmutzwasserleitung in m je<br />
Einwohner<br />
13<br />
12<br />
11<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Schmutzwasserleitung in m GFD<br />
Block Platte Zeile MFH 90+ EFH<br />
dicht<br />
EFH<br />
locker<br />
Streu Dorf<br />
Geringer sind die Unterschiede des stadtstrukturtypenspezifischen Erschließungsaufwands<br />
in Gebieten städtischer Prägung, wie Abbildung 56 verdeutlicht. Hier beträgt<br />
die Netzlänge eines locker bebauten Einfamilienhausgebiets das zwei- bis vierfache<br />
der Netzlänge eines Wohngebiets mit höherer baulicher <strong>Dichte</strong> (Eigene Berechnung<br />
nach BUCHERT et al. 2004, 31; Anh. I, 20; SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 84).<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
1,2<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0,0<br />
Wohneinheiten je ha<br />
Geschossflächendichte (GFD)
188 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 56: Länge der Schmutzwasserleitung in m je Einwohner nach Stadtstrukturtypen<br />
(Eigene Berechnung nach BUCHERT et al. 2004, 31; Anhang I, 22)<br />
Schmutzwasserleitung in m je<br />
Einwohner<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Schmutzwasserleitung in m GFD<br />
Block Platte Zeile MFH 90+ EFH dicht EFH<br />
doppel<br />
EFH locker<br />
Zu berücksichtigen ist allerdings, dass trotz des starken Einflusses der baulichen<br />
<strong>Dichte</strong> diese nicht allein ausschlaggebend <strong>für</strong> den Aufwand der inneren Erschließung<br />
ist. Der Erschließungsaufwand hängt darüber hinaus u. a. von Gr<strong>und</strong>stückszuschnitt<br />
<strong>und</strong> dem Erschließungssystem ab (BMBAU 1986, 117).<br />
Analog zum Zusammenhang zwischen den spezifischen Leitungslängen <strong>und</strong> dem<br />
Infrastrukturaufwand besteht auch zwischen der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> der Ressourceneffizienz<br />
der Erschließung ein starker Zusammenhang (SCHILLER 2007, 402ff.), wie der folgende<br />
Exkurs verdeutlicht.<br />
2,8<br />
2,6<br />
2,4<br />
2,2<br />
2<br />
1,8<br />
1,6<br />
1,4<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
Geschossflächendichte (GFD)
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 189<br />
Exkurs 15: <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stoffintensität der Erschließung<br />
Die spezifische Stoffintensität der Erschließung wächst exponentiell in Gebieten geringer<br />
baulicher <strong>Dichte</strong>. 48 Die Menge des verbauten Materials von Straßen <strong>und</strong> Rohrleitungen, das<br />
sogenannte Stofflager, ist in verdichteten Gebieten zwar insgesamt größer, bezogen auf die<br />
Geschossfläche liegt sie jedoch deutlich unterhalb der Menge der Baustoffe, die <strong>für</strong> die<br />
Erschließung gering verdichteter Einfamilienhausgebiete verwendet wird. Ein überproportionaler<br />
Anstieg der Stoffintensität ergibt sich unterhalb einer Geschossflächendichte von 0,5.<br />
Oberhalb einer Geschossflächendichte von 0,8 bestehen allerdings kaum noch Einsparmöglichkeiten<br />
im Hinblick auf das verbaute Material (SCHILLER 2002, 26f.), wie die folgende<br />
Abbildung 57 anhand der Baustoffmassen von Straßen <strong>und</strong> Rohrleitungen je Einwohner<br />
darstellt.<br />
Abbildung 57: Erschließungsbedingtes Stofflager je Einwohner in Abhängigkeit<br />
von der Geschossflächendichte (Eigene Berechnung nach SCHILLER 2002, 26) 49<br />
t je Einwohner<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />
Geschossflächendichte (GFD)<br />
HERZ et al. (2002, 51) gehen davon aus, dass das Stofflager der Infrastruktur von Einfamilienhausgebieten<br />
um das drei- bis fünffache größer ist als dasjenige kompakter Wohnformen.<br />
Auch steigt bei abnehmender <strong>Dichte</strong> der Anteil des erschließungsbedingten Materialstroms<br />
am Materialstrom eines Wohngebiets. Während der Materialstrom der Infrastruktur<br />
in verdichteten Wohnformen (z. B. Plattenbaugebieten) etwa 10 % (HERZ et al. 2002, 51)<br />
bis 20 % (SCHILLER 2007, 408) am gesamten Materialstrom des Wohngebiets ausmacht, so<br />
beträgt dieser Anteil in gering verdichteten Einfamilienhausgebieten 30 % (HERZ et al. 2002,<br />
51), 50 % (DEILMANN 2002, 96) <strong>und</strong> bis zu 70 % (SCHILLER 2002, 27). Analog zum Erschließungsaufwand<br />
ist auch der Materialstrom der Erschließung neben der <strong>Dichte</strong> von weiteren<br />
Faktoren abhängig wie z. B. den topographischen Gegebenheiten oder der Qualität der<br />
Infrastrukturplanung (SCHILLER 2007, 404).<br />
48 Der exponentielle Zusammenhang zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Verkehrserschließungsaufwand<br />
wurde bereits in Kapitel 5.1, Abbildung 36 dargestellt.<br />
49 Zwar werden die Materialaufwendungen der Infrastruktur mit 90 % vor allem durch den<br />
Straßenbelag bestimmt (DEILMANN 2002, 96), allerdings ist zu berücksichtigen, dass es<br />
bei Instandhaltungsmaßnahmen der stadttechnischen Infrastruktur durch den heute üblichen<br />
Einsatz neuer Schüttmaterialen auch zu erheblichen Stoffströmen kommt (DEIL-<br />
MANN et al. 2001, 184). Die Exponentialfunktionen <strong>für</strong> das Stofflager in Abhängigkeit von<br />
der <strong>Dichte</strong> der Medien Wasserversorgung, Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Straßenverkehrsinfrastruktur<br />
verlaufen weitestgehend parallel (s. HERZ et al. 2002, 51). Die Umrechnung<br />
erfolgte anhand der Annahmen zu durchschnittlichen Geschossflächen je Einwohner in<br />
Abhängigkeit von der GFZ (s. Anhang V).
190 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
7.1.2 Fernwärmeversorgung<br />
Eine wesentliche Messgröße zur Bestimmung des Aufwands <strong>für</strong> die Fernwärmeversorgung<br />
eines Gebiets ist die Wärmebedarfsdichte. Die Wärmebedarfsdichte ist<br />
diejenige Nutzwärmeleistung, die bei gegebenen klimatischen Verhältnissen erforderlich<br />
ist, um die Gebäudenutzfläche innerhalb eines Siedlungsgebiets auf einem<br />
konstanten vorbestimmten Innenraumtemperaturniveau zu halten. Die Wärmebedarfsdichte<br />
wird in Megawatt je km² angegeben (ROTH et al. 1980, 59ff., 98).<br />
Zur Ermittlung dieses Wärmeleistungsbedarfs wird ein Anschlusswert oder auch<br />
stündlicher Wärmebedarf ermittelt, der sich nach DIN 4701 aus dem Transmissionswärmeleistungsbedarf,<br />
d. h. dem Wärmeverlust eines Gebäudes durch die Gebäudeoberfläche<br />
zuzüglich des Lüftungswärmebedarfs errechnet (ROTH et al. 1980,<br />
59f.).<br />
Da der bei Auslegungstemperatur gemessene Wärmeleistungsbedarf in etwa 20 bis<br />
30 % unterhalb dieses berechneten Anschlusswerts liegt, ergibt sich die <strong>für</strong> die Bestimmung<br />
der Wärmebedarfsdichte ausschlaggebende Wärmehöchstleistung als<br />
Anschlusswert * 0,8 (ROTH et al. 1980, 62). Die Wärmebedarfsdichte, auch bezeichnet<br />
als Höchstlastwärmedichte, eines Gebiets ergibt sich nach RINGLER, SCHNEPF<br />
(1987, 346) somit als:<br />
Wärmebedarfsdichte = Anschlusswert in W/m² * zu beheizende Fläche in m² * 0,8<br />
Die Wärmebedarfsdichten unterscheiden sich erheblich in verschiedenen Siedlungsstrukturen.<br />
Für den Wärmebedarf eines Gebäudes ist, neben den klimatischen<br />
Verhältnissen, zum einen die Baualtersklasse mit ihren jeweiligen Wärmeschutzstandards<br />
ausschlaggebend. Zum anderen ist die Gebäudeform mit ihrem Oberflächen-Volumen-Verhältnis<br />
von Bedeutung (BLESL 2002, 15; ROTH et al. 1980, 59f.).<br />
Beide Merkmale sind Bestandteile der Stadtstrukturtypen. Abbildung 58 <strong>und</strong> Tabelle<br />
46 geben einen Überblick der Wärmebedarfsdichten verschiedener Stadtstrukturtypen.<br />
Abbildung 58: Höchstlastwärmedichte in MW/km² nach Strukturtypen (Werte ger<strong>und</strong>et<br />
nach BLESL 2002, 144; ROTH et al. 1980, 99ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 97; WINKENS 1994,<br />
325, 336ff.)<br />
EFH<br />
locker EFH dicht Dorfkern Reihe Zeile Platte Block<br />
Siedentop et al.<br />
Blesl<br />
Winkens 2000<br />
Winkens 1980<br />
Roth et al.<br />
Siedentop et al.<br />
Blesl<br />
Winkens 2000<br />
Winkens 1980<br />
Roth et al.<br />
Siedentop et al.<br />
Blesl<br />
Winkens 2000<br />
Winkens 1980<br />
Roth et al.<br />
Blesl<br />
Winkens 2000<br />
Winkens 1980<br />
Roth et al.<br />
Siedentop et al.<br />
Blesl<br />
Winkens 2000<br />
Winkens 1980<br />
Roth et al.<br />
Siedentop et al.<br />
Blesl<br />
Winkens 2000<br />
Winkens 1980<br />
Roth et al.<br />
Siedentop et al.<br />
Blesl<br />
Winkens 2000<br />
Winkens 1980<br />
Roth et al.<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
Höchstlastwärmedichte in MW/km²
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 191<br />
Tabelle 46: Höchstlastwärmedichte in MW/km² nach Strukturtypen<br />
(Werte ger<strong>und</strong>et nach BLESL 2002, 144; ROTH et al. 1980, 99ff.; SIEDENTOP et al. 2006,<br />
97; WINKENS 1994, 325, 336ff.)<br />
Siedlungsstrukturtyp<br />
ROTH et al. 1980 1 WINKENS 1994 2 BLESL 2002 3<br />
MW/km²<br />
Anz.<br />
Geb./km²<br />
MW/km²<br />
1980<br />
MW/km²<br />
2000<br />
Anz.<br />
Geb./km² MW/km²<br />
Anz.<br />
Geb./km²<br />
SIEDENTOP<br />
et al.<br />
2006 4<br />
MW/km<br />
EFH locker 7-14 400-800 4-5 2-3 138 11-12 766 5-11<br />
EFH dicht 14-27 800-1.600 19-23 12-16 1.143 18-19 1.257 11-21<br />
Dorfkern 14-27 800-1.600 19-23 12-15 1.089 21-26 1.555 11-21<br />
Reihenhaus 13-25 1.000-2.000 20-25 18-23 1.813 17-19 1.914 -<br />
Zeile 29-54 500-1.000 25-31 22-28 689 26-33 1.172-1.524 17-32<br />
Zeile dicht /<br />
Platte<br />
Blockbebauung <br />
Citybebauung<br />
28-56 360-820 38-48 34-43 536 37-44 661 17-32<br />
32-64 800 -1.600 36-44 28-35 1.004 39-49 1.484-1.541 19-38<br />
26-72 1.000-2.000 78-99 74-94 1.509 38-60 901 -<br />
Altstadt 72-144 2.000-4.000 67-83 61-76 3.552 38-53 2.293 -<br />
1 ROTH et al. (1980, 97ff.) modellieren die Wärmebedarfsdichten anhand von Siedlungstypen, die aufgr<strong>und</strong> von<br />
Berechnungen <strong>und</strong> Felduntersuchungen modellhafte Abbilder konkreter baulicher Situationen darstellen <strong>und</strong> durch<br />
wesentliche städtebauliche <strong>und</strong> wärmetechnische Daten bestimmt sind.<br />
2 WINKENS (1994, 323ff.) errechnet den Wärmebedarf von Siedlungstypen in einer Gr<strong>und</strong>variante, die den Wärmebedarf<br />
(Normanschlusswert) anhand des Näherungsverfahrens <strong>für</strong> die Wärmeschutzordnung 1977 ermittelt. In einer<br />
weiteren Variante wurde anhand der zu erwartenden Änderungen der Heizungsgewohnheiten sowie der zu<br />
erwartenden Energieeinsparungen der mutmaßliche Wärmebedarf der Siedlungstypen im Jahr 2000 berechnet.<br />
3 BLESL (2002, 136ff.) modelliert die Wärmebedarfsdichten verschiedener Siedlungstypen, indem den einzelnen<br />
Siedlungstypen Gebäudetypen in ihrer jeweils typischen Anzahl mit unterschiedlichen Verbrauchswerten (bestimmt<br />
über den Jahresheizwärmebedarf <strong>und</strong> die Nutzflächen) zugeordnet werden.<br />
4 SIEDENTOP et al. (2006, 96f.) bestimmen die Wärmebedarfsdichte von Siedlungsstrukturtypen auf der Basis von<br />
ROTH et al. (1980), nehmen aufgr<strong>und</strong> der umfangreichen Energiesparmaßnahmen der letzten 20 Jahre Korrekturfaktoren<br />
an von 0,6 <strong>für</strong> die Strukturtypen Block, Zeile <strong>und</strong> Platte <strong>und</strong> von 0,8 <strong>für</strong> die Strukturtypen der locker bebauten<br />
<strong>und</strong> verdichteten Einfamilienhäuser sowie den Strukturtyp Dorf.<br />
Während locker bebaute Einfamilienhausgebiete Höchstlastwärmedichten von 2 bis<br />
14 MW je km² aufweisen, beträgt diese bei gründerzeitlicher Blockbebauung zwischen<br />
19 <strong>und</strong> 64 MW je km². Zum Teil bestehen auch innerhalb eines Strukturtyps<br />
große Wertespannen der Wärmebedarfsdichten. Diese können vor allem durch die<br />
unterschiedlichen Annahmen zur Zahl der Gebäude je km² erklärt werden. So ergeben<br />
sich die großen Wertespannen der Wärmebedarfsdichten innerhalb eines Strukturtyps<br />
bei ROTH et al. (1980) vor allem durch die breite Spanne der Annahmen zur<br />
Anzahl der Gebäude je km² (s. Tabelle 46).<br />
Tendenziell kann, aufgr<strong>und</strong> der besseren Wärmedämmstandards über die Zeit, eine<br />
Abnahme der Wärmebedarfsdichten im Zeitverlauf festgestellt werden. So kann<br />
z. B. im Zuge der Altbausanierung die Wärmeleistungsdichte von 100 auf 50 Watt<br />
pro m² gesenkt werden (TIETZ 2006, 159). Es ist davon auszugehen, dass sich dieser<br />
Trend der Reduzierung des Raumwärmebedarfs in Zukunft noch weiter fortsetzen<br />
wird (INTERVIEW 2; TIETZ 2004, 28f.).<br />
Bei vielen Strukturtypen weichen die Werte von BLESL (2002), mit ihren im Vergleich<br />
zu WINKENS (1994) höheren Werten, jedoch von dieser Tendenz ab. Dies kann<br />
durch die bei BLESL deutlich höheren Annahmen zur Anzahl der Gebäude je km²<br />
erklärt werden.
192 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 59 zeigt den Zusammenhang zwischen Wärmebedarfsdichte <strong>und</strong> Geschossflächendichte.<br />
Die stärker verdichteten Stadtstrukturtypen gründerzeitliche<br />
Blockbebauung, Plattenbausiedlungen sowie Zeilenbebauung weisen deutlich höhere<br />
Wärmebedarfsdichten auf als die Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbebauungen geringerer<br />
<strong>Dichte</strong>. Ebenso wird deutlich, dass die Wärmebedarfsdichten aufgr<strong>und</strong> besserer<br />
Wärmedämmung zwischen 1980 <strong>und</strong> 2006 deutlich gesunken sind.<br />
Der Strukturtyp der Mehrfamilienhausbebauung nach 1990 zeichnet sich durch eine<br />
im Vergleich zur Bebauungsdichte geringere Wärmebedarfsdichte aus, da es sich<br />
durchgängig um Neubauten mit hohen Wärmedämmstandards handelt.<br />
Abbildung 59: Wärmebedarfsdichten <strong>und</strong> Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen<br />
(Eigene Darstellung nach ROTH et al. 1980, 99ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 97)<br />
7.2 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Kosten der stadttechnischen Infrastruktur<br />
7.2.1 Kostenverläufe von Infrastrukturen in Abhängigkeit von der<br />
<strong>Dichte</strong><br />
Die <strong>Dichte</strong> hat einen wesentlichen Einfluss auf die Kosten zur Bereitstellung von<br />
Infrastrukturen. Dabei steigen die spezifischen Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung wohngebietsbezogener<br />
Infrastrukturen mit abnehmender <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> sinken bei zunehmender<br />
<strong>Dichte</strong> (DOUBEK 2001, 41f.; SIEDENTOP et al. 2006, 24; SUTER et al. 2000,<br />
K-5). Betrachtet werden hier im Sinne einer volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise<br />
die gesamtgesellschaftlichen Kosten, die durch Siedlungsformen bestimmter <strong>Dichte</strong>n<br />
entstehen (vgl. HEZEL et al. 1983, 159). Die Kostenträgerschaft bei der stadttechnischen<br />
Infrastruktur wird nur exemplarisch betrachtet.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich bestehen drei mögliche Formen von Zusammenhängen zwischen der<br />
Einwohnerdichte <strong>und</strong> den Infrastrukturkosten, die sich in den einzelnen Infrastrukturbereichen<br />
unterschiedlich ausprägen (HOHENADL 1977, 109f.; SEITZ 2002, 17ff.):
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 193<br />
- In einigen Infrastrukturen können bei höheren Einwohnerdichten Kostenvorteile<br />
bei der Bereitstellung von Infrastrukturleistungen erzielt werden. Diese ‚economies<br />
of scale’ oder auch ‚economies of density’ ergeben sich, wenn Fixkosten<br />
der Infrastrukturen auf immer mehr Köpfe verteilt werden können. In diesem Falle<br />
nehmen die Infrastrukturkosten mit steigender <strong>Dichte</strong> kontinuierlich ab.<br />
- In anderen Infrastrukturbereichen steigen hingegen die Pro-Kopf-Kosten mit zunehmender<br />
<strong>Dichte</strong>, wenn sich bei einer Verdichtung der Einwohner Kostennachteile<br />
ergeben, z. B. durch Verkehrsprobleme oder negative Umwelteffekte.<br />
In diesem Fall spricht man von ‚diseconomies of scale’ oder auch ‚diseconomies<br />
of density’.<br />
- In einem dritten Fall sinken die Kosten bei steigender Siedlungsdichte bis zu einem<br />
Schwellenwert, steigen ab dieser Schwelle wieder an <strong>und</strong> stellen damit einen<br />
u-förmigen Kostenverlauf dar. Ein solcher Kostenverlauf resultiert daraus,<br />
dass zunächst economies of scale die Kostenfunktion dominieren, allerdings bei<br />
steigenden <strong>Dichte</strong>n Ballungskosten entstehen, die über die Fixkostendegression<br />
hinauswachsen.<br />
Abbildung 60: Kostenverläufe öffentlicher Infrastrukturen (nach SEITZ 2002, 19)<br />
Kosten<br />
Economies of<br />
density<br />
Diseconomies<br />
of density<br />
Bevölkerungsdichte<br />
U-Form<br />
Die Mehrzahl der im Folgenden noch erläuterten Untersuchungen geht <strong>für</strong> die stadttechnische<br />
Erschließung von ‚economies of density’ aus (DOUBEK 2001, 41; JENS-<br />
SEN, KARAKOYUN 2005, 64ff.; PECHER 1992, 648ff.; SUTER et al. 2000, K-4). Diese<br />
Annahme basiert auf der Feststellung, dass die Gesamtkosten der stadttechnischen<br />
Infrastruktur aufgr<strong>und</strong> der größeren Dimensionierung der Systeme <strong>und</strong> eines umfangreicheren<br />
Infrastrukturangebots in Gebieten hoher baulicher <strong>Dichte</strong> zwar höher<br />
sind, bei den einwohnerbezogenen Kosten jedoch deutliche Kostenvorteile verdichteter<br />
Siedlungsstrukturen festgestellt werden können (KOZIOL, WALTHER 2006, 268).<br />
SEITZ (2002, 21f.), der auch Gebiete sehr hoher <strong>Dichte</strong>n z. B. in den Stadtstaaten<br />
berücksichtigt, geht hingegen von einem u-förmigen Kostenverlauf aus.<br />
7.2.2 Infrastrukturkosten der inneren Erschließung verschiedener<br />
Siedlungsformen<br />
Auf der Bau- oder Wohngebietsebene mit der inneren Erschließung ist die <strong>Dichte</strong><br />
ein entscheidender Einflussfaktor <strong>für</strong> die Infrastrukturkosten (SCHILLER, SIEDENTOP<br />
2005, 84; SIEDENTOP et al. 2006, 23, 31; WEEBER, REES 1999, 23). Auch wenn auf<br />
der Ebene des Wohngebiets noch weitere Einflussfaktoren bestimmend <strong>für</strong> die Erschließungskosten<br />
sind (s. Tabelle 47), mindern diese nicht die Bedeutung siedlungsstruktureller<br />
Faktoren – <strong>und</strong> somit der <strong>Dichte</strong> (SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 86).<br />
Auf der Ebene der Stadt mit der äußeren Erschließung oder der Region sind hingegen<br />
andere Faktoren von höherer Bedeutung <strong>für</strong> die Infrastrukturkosten.
194 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Tabelle 47: <strong>Dichte</strong>abhängigkeit der Infrastrukturkosten auf verschiedenen räumlichen<br />
Ebenen (GASSNER, THÜNKER 1992, 11f.; SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 84)<br />
Ebene Infrastrukturkosten werden bestimmt durch...<br />
Wohngebiet<br />
(Innere Erschließung)<br />
Stadt<br />
(Äußere Erschließung)<br />
Region<br />
Städtebauliche <strong>Dichte</strong><br />
Konzeption der Bebauung<br />
Netzform der Erschließung<br />
Topographische <strong>und</strong> geologische Voraussetzungen<br />
Lage des Wohngebiets<br />
Anzahl der Wohneinheiten<br />
Ortsgröße<br />
Makrosiedlungsstrukur (Städtebauliche Kompaktheit)<br />
Bei der Analyse von Infrastrukturkosten dominieren bisher Untersuchungen auf der<br />
Quartiersebene, die nachgewiesen haben, dass höhere <strong>Dichte</strong>n geringere Infrastrukturkosten<br />
verursachen.<br />
HEZEL et al. (1983) untersuchten die sozialen Kosten unterschiedlicher Formen der<br />
Wohnbebauung. Als soziale Kosten werden dabei solche Kosten bezeichnet, die<br />
zwar dem Einzelnen einen Nutzen bringen, jedoch der Allgemeinheit angelastet<br />
werden (HEZEL et al. 1983, 159). Im Sinne einer volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise<br />
liegt der Schwerpunkt auf der Kostenentstehung unterschiedlicher Siedlungsformen<br />
<strong>und</strong> nicht auf der Kostenanlastung. Zum Zweck der Untersuchung wurden<br />
stark vereinfachte Modelle von vier Wohngebietstypen gebildet (HEZEL et al.<br />
1983, 160f.):<br />
- Das freistehende Einfamilienhaus in eingeschossiger Bauweise mit einer GFZ<br />
von 0,4,<br />
- das zweigeschossige Reihenhaus mit einer GFZ von 0,7,<br />
- der verdichtete Flachbau in Form des dreigeschossigen Reihenhauses mit einer<br />
GFZ von 1,0 <strong>und</strong><br />
- das sechsgeschossige Mehrfamilienhaus in Zeilenbauweise mit einer GFZ von<br />
1,3.<br />
Abbildung 61 zeigt eine vergleichende Bewertung der jährlichen volkswirtschaftlichen<br />
Kosten <strong>für</strong> die Wasserver- <strong>und</strong> die Abwasserentsorgung pro Wohneinheit dieser<br />
vier Siedlungsformen. Es erfolgt eine prozentuale Bewertung. Dabei werden die<br />
Kosten des freistehenden Einfamilienhauses, das in allen Bereichen die höchsten<br />
Kosten verursacht, mit 100 % gesetzt. Es besteht ein hohes siedlungsstrukturelles<br />
Kosteneinsparpotenzial <strong>für</strong> die leitungsgeb<strong>und</strong>ene Ver- <strong>und</strong> Entsorgung, z. B. von<br />
etwa 50 % des Reihenhauses gegenüber dem Einfamilienhaus. Im Geschosswohnungsbau<br />
können im Vergleich zum Einfamilienhaus bis zu zwei Drittel der Kosten<br />
eingespart werden.<br />
Anhand einer Analyse von Strukturtypen österreichischer Gemeinden ermittelte<br />
DOUBEK (2001, 41), dass <strong>für</strong> die Erschließung von Streusiedlungen im Vergleich zu<br />
kompakten Ortschaften in etwa fünfmal höhere Kosten entstehen. Das jährliche Einsparvolumen,<br />
das in Österreich allein bei der Basisinfrastruktur Straße, Wasser <strong>und</strong><br />
Kanalisation durch eine kostenbewusste Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung mobilisiert<br />
werden kann, wird auf etwa 145,3 Mio. Euro geschätzt (DOUBEK 2001, 41).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 195<br />
Abbildung 61: Jährliche Gesamtkosten verschiedener Siedlungsformen<br />
(Eigene Darstellung nach HEZEL et al. 2003, S. 166ff.)<br />
Jährliche Kosten pro Wohneinheit in %___<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
100 100<br />
47<br />
41<br />
26<br />
Wasserversorgung Abwasserentsorgung<br />
55<br />
48<br />
36<br />
Einfamilienhaus GFZ 0,4<br />
Reihenhaus GFZ 0,7<br />
verdichteter Flachbau GFZ 1,0<br />
Geschoßwohnungsbau GFZ 1,3<br />
SUTER et al. (2000, K-3f.) stellten mit Hilfe eines Normkostenmodells 50 basierend auf<br />
fünf Siedlungstypen <strong>und</strong> vier Ortstypen fest, dass die Investitions- <strong>und</strong> laufenden<br />
Infrastrukturkosten (<strong>für</strong> Trink- <strong>und</strong> Abwasser, Verkehr, Strom) im Reihenhaus um<br />
25 % geringer sind als im gering verdichteten Einfamilienhaus. Die Kosten <strong>für</strong> die<br />
Erschließung eines mehrgeschossigen Hochhauses sind um die Hälfte geringer als<br />
beim klassischen Einfamilienhaus.<br />
Die hier dargestellten Untersuchungen zeigen bei einem Vergleich der jeweils kostengünstigsten<br />
zur kostenaufwendigsten Siedlungsstruktur erhebliche Einsparmöglichkeiten<br />
von 50 % bis 80 % bei den Kosten der inneren Wohngebietserschließung.<br />
SIEDENTOP et al. (2006, 32) ermittelten im Rahmen einer umfangreichen internationalen<br />
Literaturauswertung Kosteneinsparmöglichkeiten zwischen weniger als 10 %<br />
<strong>und</strong> mehr als 80 %. Dabei ergibt sich bei empirischen Untersuchungen im Vergleich<br />
zu Untersuchungen, die auf Modellannahmen zurückgreifen, zumeist ein geringeres<br />
siedlungsstrukturelles Einsparpotenzial. JENSSEN, KARAKOYUN (2005, 60f.) ermitteln,<br />
ebenfalls anhand einer Auswertung verschiedener Studien, ein siedlungsstrukturelles<br />
<strong>und</strong> damit von der Einwohnerdichte abhängiges Einsparpotential von 35 % bis<br />
90 % der kosteneffizientesten gegenüber der kostenintensivsten Infrastrukturvariante.<br />
7.2.3 Infrastrukturkosten verschiedener Medien<br />
Aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Kostenstrukturen bei den Medien Abwasser <strong>und</strong><br />
Trinkwasser einerseits <strong>und</strong> Fernwärme andererseits erfolgt eine differenzierte Betrachtung<br />
<strong>für</strong> diese beiden Bereiche. Exkurs 16 betrachtet die Kostenträgerschaft<br />
50 Basis <strong>für</strong> die Ermittlung der Infrastrukturkosten bilden dabei fünf Siedlungstypen, <strong>für</strong> die<br />
anhand von Erschließungsplänen das Mengengerüst der Erschließung ermittelt wurde<br />
(z. B. Anzahl <strong>und</strong> Länge der Haus- <strong>und</strong> Quartierserschließung). Dieses Mengengerüst<br />
wurde mit Normkostensätzen <strong>für</strong> die Investitionskosten sowie <strong>für</strong> die laufenden Kosten<br />
aus Unterhalt <strong>und</strong> Betrieb multipliziert. Berücksichtigt werden die Quartierserschließung<br />
sowie anrechenbare Teile der Groberschließung (SUTER et al. 2000, K-2ff.).
196 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
der stadttechnischen Infrastrukturen <strong>und</strong> erläutert, inwiefern die Tarife der stadttechnischen<br />
Infrastrukturen die Kostenunterschiede in Abhängigkeit von der Siedlungsdichte<br />
berücksichtigen.<br />
Kosten der Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Trinkwasserversorgung<br />
Besonders <strong>für</strong> den Bereich der Abwasserentsorgung wird dem Zusammenhang<br />
zwischen Kosten <strong>und</strong> Siedlungsdichte eine große Bedeutung beigemessen (SEITZ<br />
2002, 37). Kosten der Abwasserentsorgung werden zu 70-80 % von den Unterhaltungs-<br />
<strong>und</strong> Investitionskosten des Kanalisationssystems <strong>und</strong> im Übrigen durch die<br />
Abwasseraufbereitung, also die Kläranlagen, verursacht (SEITZ 2002, 43f.; PECHER<br />
1992, 652.). Demnach stellt das Kanalnetz einen zentralen Kostenfaktor der Abwasserentsorgung<br />
dar (SEITZ 2002, 40).<br />
In dichter besiedelten Gebieten bestehen höhere Kapital- <strong>und</strong> Betriebskosten je<br />
Meter Kanalnetz, bedingt durch einen höheren Aufwand zur Verlegung <strong>und</strong> Unterhaltung<br />
der Leitungsnetze (REIDENBACH 1989, 98; SEITZ 2002, 46), dargestellt zum<br />
Beispiel in Tabelle 48. In Bezug auf die Kosten je Einwohner werden diese höheren<br />
Kosten allerdings durch die geringeren spezifischen Kanalnetzlängen in dichteren<br />
Siedlungsstrukturen überkompensiert (SEITZ 2002, 46).<br />
Tabelle 48: Kostenkennwerte <strong>für</strong> die Schmutzwasserentsorgung in €/m <strong>und</strong> Jahr<br />
(SIEDENTOP et al. 2006, 145ff.)<br />
Gemeindetyp<br />
Kostenart<br />
gering verdichtet moderat verdichtet verdichtet<br />
Kapitalkosten 10,7 12,8 14,9<br />
Betriebskosten bei Normalbetrieb 3,2 3,84 4,48<br />
Instandhaltung <strong>und</strong> Wartung 1,07 1,28 1,49<br />
Verwaltungskosten 1,07 1,28 1,49<br />
Gesamt 16,04 19,2 22,36<br />
Beim Bau <strong>und</strong> Betrieb von Kläranlagen können in dichter besiedelten Gebieten Skalenerträge<br />
realisiert werden, so dass je Einwohner eine geringere Fixkostenbelastung<br />
anfällt (REIDENBACH 1989, 98; SEITZ 2002, 40). Unter Verweis auf eine Studie<br />
des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Abwasserwirtschaft Halbach <strong>für</strong> das Thüringer Ministerium <strong>für</strong><br />
Landwirtschaft, Naturschutz <strong>und</strong> Umwelt stellt SEITZ (2002, 44) dar, dass die Investitionskosten<br />
<strong>für</strong> Kläranlagen je Einwohner in Gemeinden mit 20.000 Einwohnern um<br />
ca. 60 % höher sind als in Gemeinden mit 100.000 Einwohnern. Da die Kosten der<br />
Kläranlagen jedoch nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Kosten der Abwasserentsorgung<br />
ausmachen, fallen diese Effekte im Vergleich zur geringeren spezifischen<br />
Netzlänge kaum ins Gewicht (REIDENBACH 1989, 98).<br />
SEITZ geht auf der Basis der Auswertung ingenieurwissenschaftlicher Kostenstudien<br />
<strong>für</strong> die Betriebs- <strong>und</strong> Investitionskosten der Abwasserentsorgung pro Kopf von einem<br />
u-förmigen Verlauf aus, allerdings in einer asymmetrischen Form. Die höchsten<br />
Kosten weisen demnach sehr dünn besiedelte Regionen auf, die geringsten Kosten<br />
solche Regionen/Städte mit mittlerer Einwohnerzahl <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>. 51 In sehr großen<br />
Städten mit einer hohen Bevölkerungsdichte steigen die Kosten der Kanalisation<br />
wieder an, jedoch bei weitem nicht so stark wie in sehr dünn besiedelten Räumen,<br />
51 SEITZ betrachtet es als eine empirisch tragbare Hypothese, die Größe von Gemeinden<br />
<strong>und</strong> Kreisen mit der Bevölkerungsdichte gleichzusetzen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 197<br />
in denen die überdurchschnittlichen Streckenlängen ausschlaggebend <strong>für</strong> die hohen<br />
Kosten sind. Die leicht überdurchschnittlichen Kosten in großen <strong>und</strong> hoch verdichteten<br />
Städten resultieren aus höheren Bau- <strong>und</strong> Verlegungskosten, verursacht unter<br />
anderem durch die größeren Querschnitte der Leitungen (SEITZ 2002, 48).<br />
Abbildung 62: Schematische Darstellung der Kosten<br />
(Betriebs- <strong>und</strong> Investitionskosten) im Abwasserbereich (nach SEITZ 2002, 54)<br />
Kosten je<br />
Einwohner<br />
175 - 225 %<br />
extrem dünne<br />
Besiedelung<br />
100 %<br />
115 - 130 %<br />
extrem dichte<br />
Besiedelung<br />
JENSSEN, KARAKOYUN (2005, 56) ermitteln differenziert nach fünf Stadtstrukturtypen<br />
<strong>und</strong> drei Raumtypen die jährlichen Durchschnittkosten der Abwasserentsorgung je<br />
Wohneinheit. Demnach verursacht eine Wohneinheit im hoch verdichteten Mehrfamilienhaus<br />
in der Kernstadt fünfmal geringere Durchschnittskosten als eine Wohneinheit<br />
im gering verdichteten Einfamilienhaus. Der Vergleich des verdichteten Siedlungstyps<br />
in der Kernstadt mit der dispersen Einfamilienhausbebauung im ländlichen<br />
Raum ergibt demnach ein Einsparpotenzial von 85 % der kostenintensivsten<br />
gegenüber der kosteneffizientesten Bebauung (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 65). In<br />
Verbindung der Durchschnittskosten mit den Geschossflächenzahlen der Stadtstrukturtypen<br />
ergibt sich der typische exponentielle Kostenverlauf steigender Kosten<br />
mit sinkenden <strong>Dichte</strong>n (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 58).<br />
Abbildung 63: Durchschnittskosten der Abwasserentsorgung je Wohneinheit <strong>und</strong><br />
Jahr nach Geschossflächenzahl <strong>und</strong> Raumtyp<br />
(Eigene Darstellung nach JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 58)<br />
€ je Wohneinheit<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Kernstadt Suburbaner Raum Ländlicher Raum<br />
0<br />
0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />
Geschossflächenzahl (GFZ)
198 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Die unterschiedlichen in Abbildung 62 <strong>und</strong> Abbildung 63 dargestellten Kostenverläufe<br />
resultieren aus unterschiedlichen Ansätzen bei der Ermittlung der Kosten. Während<br />
SEITZ (2002, 46ff.) Daten zu Kosten der Abwasserentsorgung in Gemeinden<br />
verschiedener Größenklassen verwendet, modellieren JENSSEN <strong>und</strong> KARAKOYUN<br />
(2005, 44ff.) die Kosten der Abwasserentsorgung <strong>für</strong> verschiedene Siedlungstypen<br />
unter Verwendung typischer Durchschnittskosten. 52<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist die Argumentation von SEITZ (2002, 46ff.) bezüglich des uförmigen<br />
Kostenverlaufs nachvollziehbar. Allerdings spielen in schrumpfenden ostdeutschen<br />
Städten Kostenanstiege in Folge extremer Verdichtung keine Rolle, so<br />
dass hier generell von steigenden Kosten bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n auszugehen ist.<br />
Auch in der Trinkwasserversorgung stellt das Leitungsnetz mit 65 bis 80% den<br />
höchsten Anteil am Anlagevermögen dar (SCHMIDT 2003, 17) <strong>und</strong> auch hier besteht<br />
der exponentielle Zusammenhang steigender Kosten der Wasserverteilung durch<br />
das Rohrnetz bei sinkender Siedlungsdichte (SCHMIDT 2003, 185). Als diejenige<br />
<strong>Dichte</strong>, die die wirtschaftlichste Wasserversorgung ermöglicht, ermittelte SCHMIDT<br />
(2003, 169, 178f., 185) anhand einer Analyse der Wasserversorgungssysteme in<br />
Erfurt eine Bruttodichte von 6.431 Einwohnern je km² bei einer Länge der Haupt-<br />
<strong>und</strong> Versorgungsleitung von etwa 1,7 m <strong>und</strong> der Hausanschlussleitung von 0,6 m je<br />
Einwohner.<br />
Kosten der Fernwärmeversorgung<br />
Die Kosten der Fernwärmeversorgung setzen sich zusammen aus den Kosten der<br />
Wärmeerzeugung (Brennstoffkosten, Investitionskosten <strong>für</strong> Umwandlungsanlagen,<br />
Kosten <strong>für</strong> Anlagenbetrieb), den Kosten <strong>für</strong> den Wärmetransport <strong>und</strong> die Wärmeverteilung<br />
sowie häufig den Kosten <strong>für</strong> die Leistungsabrechnung (TIETZ 2007, 139f.).<br />
Bei der Kraft-Wärme-Kopplung lassen sich die Kosten der Wärmerzeugung nicht<br />
eindeutig von denen der Stromerzeugung trennen. Zudem steht die Fernwärmeversorgung<br />
in wirtschaftlicher Konkurrenz zu anderen Formen der Wärmeerzeugung<br />
(INTERVIEWS 3, 4). Daher wird <strong>für</strong> Fernwärme ein ‚anlegbarer’ Preis erhoben, der an<br />
die Preise der Wärmeversorgung mit anderen Systemen wie z. B. Öl oder Gas angelehnt<br />
wird (TIETZ 2007, 140; INTERVIEW 5).<br />
In der vorliegenden Untersuchung werden die Schwellen einer wirtschaftlichen<br />
Fernwärmeversorgung anhand der Wärmebedarfsdichten abgeleitet. Aufgr<strong>und</strong> von<br />
effizienteren Wärmeerzeugungstechniken sind diese in den letzten 20 Jahren analog<br />
zu den Rückgängen der Wärmebedarfsdichten gesunken, wie Abbildung 64 verdeutlicht.<br />
Wurde in den 1980er Jahre noch eine Grenze einer Höchstlastwärmedichte<br />
von 40 MW je km² <strong>für</strong> eine wirtschaftliche Fernwärmeversorgung genannt (RING-<br />
52 SEITZ (2002, 46) geht von einer Spannbreite der Längen der Kanalisation je Einwohner<br />
zwischen 2,4 <strong>und</strong> 8,3 m je Einwohner aus. Bei JENSSEN, KARAKOYUN (2005, 41, 54) ergeben<br />
sich – durch die Modellierung der Erschließungslängen der Siedlungstypen –<br />
deutlich breitere Spannen der Netzlängen zwischen 2,2 m je Einwohner <strong>für</strong> Quartiers-<br />
<strong>und</strong> Sammelkanäle im Strukturtyp große Mehrfamilienhäuser <strong>und</strong> 28,4 m beim Siedlungstyp<br />
freistehende Einfamilienhäuser. Somit werden bei JENSSEN, KARAKOYUN die<br />
höheren Kosten <strong>für</strong> die Verlegung des Kanalisationsnetzes in Strukturtypen höherer<br />
<strong>Dichte</strong> durch die geringeren einwohnerspezifischen Netzlängen überkompensiert. Bei<br />
SEITZ hingegen wirkt sich der Effekt der sehr hohen Kosten <strong>für</strong> die Verlegung des Kanalisationsnetzes<br />
in hoch verdichteten Großstädten mit über 500.000 Einwohnern – bei<br />
insgesamt geringeren Annahmen zu den Differenzen der einwohnerspezifischen Netzlängen<br />
– dahingehend aus, dass entsprechend seiner Annahmen die Kosten der Abwasserentsorgung<br />
in diesen hoch verdichteten Städten wieder ansteigen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 199<br />
LER, SCHNEPF 1987, 347), werden hier<strong>für</strong> derzeit nur noch 25 MW je km² angenommen<br />
(SIEDENTOP et al. 2006, 97).<br />
Die Darstellung von Wärmebedarfsdichten, Geschossflächendichten <strong>und</strong> Grenzen<br />
der wirtschaftlichen Fernwärmeversorgung in Abbildung 64 verdeutlicht, dass die<br />
Stadtstrukturtypen Block, Zeile <strong>und</strong> Platte gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>für</strong> eine wirtschaftliche<br />
Fernwärmeversorgung geeignet sind.<br />
Abbildung 64: Schwellen einer wirtschaftlichen Fernwärmeversorgung anhand der<br />
Wärmebedarfsdichten (Eigene Darstellung nach RINGLER, SCHNEPF 1987, 347; ROTH et<br />
al. 1980, 99ff.; SIEDENTOP et al. 2006, 97)<br />
Die Verteilungskosten ergeben sich anhand der spezifischen Leitungslängen je Abnehmer<br />
<strong>und</strong> sollten <strong>für</strong> einen wirtschaftlichen Betrieb einen Meter Leitungslänge je<br />
Wohnung nicht überschreiten. In Siedlungen des industriellen Wohnungsbaus der<br />
DDR beträgt die Leitungslänge in etwa 0,4 m je Wohneinheit (SIEDENTOP et al.<br />
2006, 96ff.). Abnehmende Wärmedichten führen zu höheren spezifischen Verteilungskosten<br />
(TIETZ 2007, 120f.).
200 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Exkurs 16: Kostenträgerschaft: <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Tarife der stadttechnischen Infrastruktur<br />
Die bisherigen Ausführungen belegen, dass Siedlungsstrukturen unterschiedlicher <strong>Dichte</strong><br />
unterschiedliche Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung verursachen. Diese Kostenunterschiede<br />
spiegeln sich allerdings bisher nicht in den einheitlichen Tarifen <strong>für</strong> die Ver<strong>und</strong><br />
Entsorgung wider (TIETZ 2006, 166). Demnach werden Kosten nicht verursachergerecht<br />
angelastet (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 71). Bewohner in kostengünstig zu erschließenden<br />
innerstädtischen <strong>und</strong> dichten Wohngebieten subventionieren somit über die Versorgungspreise<br />
die Einfamilienhausbesitzer im Umland (HERZ 2004, 17; HERZ et al. 2002, 59).<br />
„Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die relativ hohen Kosten besonders flächenzehrender<br />
Siedlungsformen ihren Nutznießern teilweise nur unvollständig in Rechnung<br />
gestellt werden, während die Bewohner verdichteter <strong>und</strong> daher kostengünstig zu<br />
erschließender städtischer Gebiete in einer Art Mischkalkulation mit zur Finanzierung<br />
aufwändigerer Siedlungsformen herangezogen werden.“ (BUNDESREGIERUNG 2004,<br />
211)<br />
Hinzu kommen Kostenentlastungen <strong>für</strong> gering verdichtete ländliche Räume. Da die Gebührendifferenz<br />
zwischen ländlichen <strong>und</strong> städtischen Regionen nicht die tatsächlichen Kostenunterschiede<br />
widerspiegelt, ist von einer großen direkten <strong>und</strong> indirekten Subventionierung<br />
der Abwasserentsorgung im ländlichen Raum auszugehen (SEITZ 2002, 55). Vor allem in<br />
Gemeinden mit geringer Einwohnerzahl erfolgt eine Bezuschussung der Investitionskosten<br />
der Abwasserentsorgung von bis zu 80 % (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 77).<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird zunehmend die Frage aufgeworfen, inwiefern ein räumlich<br />
nach Bebauungsdichten gestaffeltes Gebühren- <strong>und</strong> Preissystem dazu beitragen könnte,<br />
dass häufig sozial schwächere Bewohner verdichteter Bebauungsstrukturen nicht über ihre<br />
Zahlungen die Bewohner von Einfamilienhäusern subventionieren (HERZ et al. 2002, 59).<br />
Die fehlende Verursachergerechtigkeit der Kostenanlastung ist gerade vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen von Bedeutung, die zu einem weiteren Anstieg der Infrastrukturkosten<br />
führen werden <strong>und</strong> somit zu einer Verstärkung der Unverhältnismäßigkeit der Kostenanlastung<br />
beitragen können. Zudem zeigt sich, dass aktuelle Kostenstrukturen keine<br />
Anreize bieten, Siedlungsstrukturen höherer <strong>Dichte</strong>n zu sichern <strong>und</strong> somit einen Beitrag zur<br />
Stabilisierung oder gar Senkung der gesamtgesellschaftlichen Infrastrukturkosten zu leisten.<br />
Zusammenfassend verdeutlicht Kapitel 7, dass Aufwand <strong>und</strong> Kosten der stadttechnischen<br />
Erschließung in einem starken Zusammenhang mit der <strong>Dichte</strong> von<br />
Siedlungsstrukturen stehen.<br />
- So verursachen geringe Einwohnerdichten einen exponentiell höheren Erschließungsaufwand<br />
als höhere <strong>Dichte</strong>n. Dies ist verb<strong>und</strong>en mit einer entsprechend<br />
höheren Materialintensität der Siedlungsstrukturen.<br />
- Ebenso hängen die spezifischen Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung der stadttechnischen<br />
Versorgung in hohem Maße von der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichte ab.<br />
Gering verdichtete Siedlungsstrukturen sind mit deutlich höheren Kosten verb<strong>und</strong>en<br />
als solche Strukturen höherer <strong>Dichte</strong>n.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Zusammenhänge beschreibt Kapitel 8 die Auswirkungen<br />
von schrumpfungsbedingten <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die stadttechnische Infrastruktur.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 201<br />
8 Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Stadttechnik<br />
Aufgr<strong>und</strong> der dargelegten Zusammenhänge von <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Stadttechnik haben<br />
<strong>Dichte</strong>rückgänge im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen erhebliche Auswirkungen<br />
auf Aufwand, Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Kosten der Stadttechnik.<br />
- Sinkende <strong>Dichte</strong>n führen zu Verbrauchsrückgängen <strong>und</strong> damit zu einer Unterauslastung<br />
der stadttechnischen Infrastruktur (Kapitel 8.1).<br />
- Entsprechend des exponentiellen Zusammenhangs zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Erschließungsaufwand<br />
führen sinkende <strong>Dichte</strong>n ebenso zu einer Steigerung des<br />
spezifischen Erschließungsaufwands pro Kopf der verbleibenden Bevölkerung<br />
(Kapitel 8.2) sowie zu einer Steigerung der spezifischen Materialintensität (Exkurs<br />
19).<br />
- Übersteigt der <strong>Dichte</strong>rückgang ein kritisches Maß, gefährden Unterauslastungen<br />
die technische Funktionsfähigkeit der Netze <strong>und</strong> Anlagen der technischen Infrastruktur<br />
(Kapitel 8.3).<br />
- Sinkende Einwohnerdichten führen zu höheren einwohnerspezifischen Kosten <strong>für</strong><br />
Instandhaltung <strong>und</strong> Betrieb der stadttechnischen Infrastruktur sowie zu direkten<br />
Folgekosten des Stadtumbaus (Kapitel 8.4).<br />
- Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
unterscheiden sich je nach gewählter Stadtumbaustrategie sowie betroffenem<br />
Stadtstrukturtyp (Kapitel 8.5).<br />
8.1 Unterauslastung durch Verbrauchs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />
<strong>Dichte</strong>rückgänge führen zu Verbrauchsrückgängen bei den Medien der stadttechnischen<br />
Infrastruktur. Für den Bereich des Trink- <strong>und</strong> Abwassers sind Rückgänge der<br />
Einwohnerdichte maßgeblich, <strong>für</strong> den Bereich der Wärmenachfrage hingegen die<br />
Zahl der Leerstände <strong>und</strong> nach Rückbaumaßnahmen auch die geringere Bebauungsdichte.<br />
Die Bedeutung der Rückgänge <strong>für</strong> die Verbrauchsminderung wiegt besonders<br />
schwer, da in Ostdeutschland andere Faktoren zusätzliche Verbrauchsrückgänge<br />
verursachen. Dies sind z. B. die Sanierungstätigkeit im Bereich der Haustechnik, ein<br />
verändertes Verbraucherverhalten der Bewohner (z. B. Wasser sparen, Verbesserung<br />
der Wärmedämmung) sowie ein Wegbrechen der gewerblichen <strong>und</strong> industriellen<br />
Nachfrage (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 10; INTERVIEW 2; TIETZ 2006, 158).<br />
Die Nachfrage nach Trinkwasser (<strong>und</strong> damit auch der Abwasseranfall) ist nach der<br />
Wende aufgr<strong>und</strong> eines stärkeren Einsatzes wassersparender Armaturen <strong>und</strong> eines<br />
durch Preisanstieg veränderten Verbraucherverhaltens um etwa ein Drittel zurückgegangen.<br />
Während heute der Trinkwasserverbrauch in Ostdeutschland zwischen<br />
88 <strong>und</strong> 102 l pro Einwohner <strong>und</strong> Tag liegt (vgl. Abbildung 48), betrug er kurz vor der<br />
Wende noch 150 l. In der Erschließungsplanung der 1980er Jahre wurde gar mit<br />
Werten zwischen 200 l (HERZ et al. 2005) <strong>und</strong> 220 l (FREUDENBERG, KOZIOL 2003,<br />
56) gerechnet. So sind bereits heute bei einem Rückgang der Einwohnerdichte von<br />
r<strong>und</strong> 50 % die Trinkwasser- <strong>und</strong> Abwassernetze nur noch mit 20-25 % der Bemessungswassermenge<br />
ausgelastet (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 58).<br />
Gleiches gilt aufgr<strong>und</strong> verbesserter Wärmeschutzmaßnahmen auch <strong>für</strong> die Fernwärme.<br />
Hier vermindert ein Wohnungsleerstand von 30 % die Netzauslastung ge-
202 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
genüber der Dimensionierung um mehr als 50 % (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 10).<br />
Bereits ein disperser Leerstand bzw. Rückbau von 20 bis 40 % vermindert den<br />
Wärmeverbrauch um 50 % (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 60). Ausschlaggebend <strong>für</strong><br />
den Rückgang der Wärmenachfrage ist allerdings weniger der Leerstand, sondern<br />
vielmehr der Rückbau, da sich bei Leerstand der Raumwärmebedarf benachbarter<br />
Wohnungen um bis zu 20 % erhöht (TIETZ 2006, 159).<br />
Exkurs 17: Rückgang der Nachfrage nach stadttechnischen Medien in Cottbus<br />
Die Dimensionierung der Infrastrukturen in der Stadt Cottbus war bis 1990 auf einen Bevölkerungszuwachs<br />
bis auf 140.000 Einwohner ausgerichtet. Die Bevölkerung hat sich von<br />
1995 bis 2004 von 123.214 Einwohnern auf 105.309 Einwohner um 14,5 % verringert (STA-<br />
TISTISCHES BUNDESAMT 2007). Bis zum Jahr 2015 wird ein Rückgang auf 86.500 Einwohner<br />
prognostiziert.<br />
Im Zuge des Bevölkerungsrückgangs ist ein drastischer Rückgang der Nachfrage nach den<br />
Medien der stadttechnischen Infrastruktur zu verzeichnen. So ging der Anschlusswert der<br />
Fernwärme um 23 % zurück <strong>und</strong> damit stärker als der Bevölkerungsrückgang von 14,5 %.<br />
Gleichzeitig ist der Erschließungsaufwand durch einen Zuwachs der Netzlänge des Fernwärmenetzes<br />
um 38 % weiter angewachsen.<br />
Abbildung 65: Entwicklung der Fernwärmeversorgung in Cottbus<br />
(Fernwärmeversorgung GmbH zitiert nach EFFNERT 2005)<br />
Anschlusswert in MW<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Anschlusswert in MW Netzlänge in m<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
200.000<br />
180.000<br />
160.000<br />
140.000<br />
120.000<br />
100.000<br />
80.000<br />
60.000<br />
40.000<br />
20.000<br />
In einigen Cottbusser Plattenbaugebieten (Neu-Schmellwitz, Sachsendorf, Sandow, Ströbitz,<br />
Spremberger Vorstadt) hat sich der Fernwärmeabsatz aufgr<strong>und</strong> veränderter Haustechnik,<br />
veränderter Wärmedämmstandards <strong>und</strong> eines Wohnungsleerstands (bis zu 40 %) auf ca.<br />
40 % des Wertes von 1989 verringert (KOZIOL, WALTHER 2002, 3ff.).<br />
Auch <strong>für</strong> die Bereiche Trinkwasser <strong>und</strong> Abwasser kann ein deutlicher Verbrauchsrückgang<br />
verzeichnet werden. In den oben genannten Plattenbaugebieten beträgt der Rückgang des<br />
Trinkwasserverbrauchs bis 50 % der Bemessungsmenge, der Abwasseranfall sank aufgr<strong>und</strong><br />
des geringen Fremdwasseranteils auf ca. 50 % gegenüber dem Bemessungswert (KOZIOL,<br />
WALTHER 2002, 4ff.).<br />
Die Unterauslastung der stadttechnischen Infrastrukturen ist aufgr<strong>und</strong> der Parallelität<br />
von Einwohnerrückgang <strong>und</strong> verändertem Verbraucherverhalten zum Teil erheblich<br />
<strong>und</strong> hat gravierende Folgen <strong>für</strong> den funktionsfähigen <strong>und</strong> wirtschaftlichen Betrieb<br />
dieser Infrastrukturen sowie <strong>für</strong> die Preis- <strong>und</strong> Gebührenentwicklung (KOZIOL,<br />
WALTHER 2006, 259), da bereits heute die Infrastruktursysteme von Trinkwasser,<br />
Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme häufig nur noch zu 30 bis 40 % ausgelastet sind<br />
(MARSCHKE 2004, 79).<br />
0<br />
Netzlänge in m
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 203<br />
Die <strong>Dichte</strong>- <strong>und</strong> Verbrauchsrückgänge verteilen sich dabei nicht einheitlich über das<br />
Stadtgebiet, sondern erfordern eine differenzierte Betrachtung nach Ortsteilen, die<br />
bisher allerdings häufig ausbleibt (INTERVIEW 2). Die Exkurse 17 <strong>und</strong> 18 illustrieren<br />
aktuelle Verbrauchsrückgänge.<br />
Exkurs 18: Rückgang des Wärmeabsatzes in Zwickau 53<br />
Am Beispiel der Stadt Zwickau kann gezeigt werden, dass der Verbrauchsrückgang, hier<br />
illustriert am Beispiel des Fernwärmeabsatzes, den Bevölkerungsrückgang wesentlich übersteigen<br />
kann. Während die Bevölkerung von 1993 bis 2004 um 17 % zurückgegangen ist,<br />
betrug der Rückgang des Wärmeabsatzes 51 %. Neben dem Bevölkerungsrückgang sind<br />
somit weitere Faktoren ausschlaggebend. So ist die Bevölkerung gerade in den in Plattenbauweise<br />
erschlossenen Wohngebieten mit einer sehr effizienten Fernwärmeerschließung<br />
drastisch zurückgegangen. Im Zuge des Rückbaus erfolgt ein gezielter Leerzug dieser Gebiete.<br />
Hinzu kommt, dass einige Gebiete in Zwickau in den 1990er Jahren parallel durch<br />
eine Gasversorgung erschlossen wurden, so dass hier jetzt die Fernwärme in Konkurrenz<br />
zur Beheizung mit Gas steht. Als weitere Gründe <strong>für</strong> diesen drastischen Rückgang können<br />
auch ein Wegbrechen industrieller Großk<strong>und</strong>en sowie verbesserte Wärmedämmstandards<br />
angesehen werden (INTERVIEW SCHNEIDER, SPIELVOGEL).<br />
Abbildung 66: Entwicklung von Einwohnerzahl <strong>und</strong> Wärmeabsatz in Zwickau<br />
(Eigene Darstellung nach ZEV 2006)<br />
Anzahl Einwohner __<br />
120.000<br />
100.000<br />
80.000<br />
60.000<br />
40.000<br />
20.000<br />
0<br />
Bevölkerung (ohne Eingemeindungen) Wärmeabsatz in GWh<br />
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004<br />
8.2 Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands bei<br />
<strong>Schrumpfung</strong><br />
Entsprechend des in Kapitel 7.1 dargestellten Zusammenhangs eines exponentiell<br />
steigenden Erschließungsaufwands bei sinkender <strong>Dichte</strong> steigt der spezifische Erschließungsaufwand<br />
bei <strong>Dichte</strong>rückgängen im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen.<br />
Die Steigerung des Erschließungsaufwands lässt sich am besten anhand von Daten<br />
zur Länge der öffentlichen Kanalisation darstellen, die von den statistischen Landesämtern<br />
im Rahmen der Umweltstatistik bereitgestellt werden. Zur künftig zu erwartenden<br />
Entwicklung des Erschließungsaufwands im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>s-<br />
<strong>und</strong> Entdichtungsprozessen werden Modellrechnungen durchgeführt.<br />
53 Veröffentlichungserlaubnis erteilt am 16.08.2007.<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Wärmeabsatz in GWh
204 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
8.2.1 Bisherige Steigerungen des Erschließungsaufwands<br />
Einen ersten Anhaltspunkt <strong>für</strong> eine Steigerung des Erschließungsaufwands im Zuge<br />
bisheriger Entdichtungsprozesse liefern Abbildung 67 <strong>und</strong> Tabelle 49, die anhand<br />
der Daten der B<strong>und</strong>esländer die Entwicklung der Siedlungsdichten <strong>und</strong> des spezifischen<br />
Aufwands <strong>für</strong> die Kanalisation <strong>für</strong> die Jahre 2001 <strong>und</strong> 2004 darstellen. Erneut<br />
zeigt sich der exponentielle Zusammenhang eines steigenden spezifischen Erschließungsaufwands<br />
bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n.<br />
Abbildung 67: Siedlungsdichte <strong>und</strong> Länge der öffentlichen Kanalisation in Meter je<br />
Einwohner nach B<strong>und</strong>esländern 2001 <strong>und</strong> 2004 (ohne Niedersachsen, Thüringen) 54<br />
(Eigene Berechnungen nach STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2006)<br />
Kanalisation in m je Einwohner_____<br />
2004 2001<br />
y = 10,999e -0,0003x<br />
R 2 y = 10,474e = 0,9202<br />
-0,0003x<br />
R 2 9,0<br />
8,5<br />
8,0<br />
MV<br />
SH<br />
RP<br />
7,5<br />
7,0<br />
BB<br />
ST<br />
BY<br />
SL<br />
6,5<br />
SN BW<br />
6,0<br />
5,5<br />
HE<br />
5,0<br />
NW<br />
4,5<br />
4,0<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
HB<br />
= 0,9058 HH<br />
BE<br />
500 1.500 2.500 3.500 4.500 5.500<br />
Siedlungsdichte in Einwohner je km²<br />
Effekte der Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands zeigen sich vor<br />
allem in den von Bevölkerungsrückgängen betroffenen ostdeutschen Ländern, mit<br />
einer Steigerung des Erschließungsaufwands zwischen 6,5 % in Sachsen <strong>und</strong> 9,1 %<br />
in Sachsen-Anhalt. Die Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands resultiert<br />
aus einem Zusammenspiel von<br />
- Bevölkerungsrückgängen zwischen 1 % (Brandenburg) <strong>und</strong> 3,5 % (Sachsen-<br />
Anhalt),<br />
- Rückgängen der Siedlungsdichte zwischen 5,8 % (Sachsen) <strong>und</strong> 13,6 % (Sachsen-Anhalt)<br />
<strong>und</strong><br />
54 Die Daten <strong>für</strong> Niedersachsen werden als unplausibel eingeschätzt <strong>und</strong> resultieren wahrscheinlich<br />
aus einer genaueren Erhebung in 2004 im Vergleich zum Jahr 2001. Es wird<br />
als nicht realistisch beurteilt, das in Niedersachsen zwischen 2001 <strong>und</strong> 2004 31.513 km<br />
Kanalnetz neu errichtet wurden. Dies würde einem Aufwand von 350 m je neu angeschlossenen<br />
Einwohner entsprechen. Die Werte eines Anstiegs des Erschließungsaufwands<br />
um 22 % in Thüringen werden ebenfalls als unplausibel eingeschätzt. Es wird<br />
nicht <strong>für</strong> wahrscheinlich gehalten, dass bei einer vergleichsweise geringen Reduzierung<br />
der Siedlungsdichte (-4,5 %) <strong>und</strong> einer geringen Steigerung des Anschlussgrads (+1 %)<br />
eine Erhöhung der gesamten Kanalnetzlänge um 21 % innerhalb von 3 Jahren erfolgt ist.<br />
Daher werden die Daten <strong>für</strong> Niedersachsen <strong>und</strong> Thüringen in der Grafik nicht dargestellt.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 205<br />
- einer Erhöhung der Anschlussgrade zwischen 2,4 % (Sachsen) <strong>und</strong> 7,1 %<br />
(Brandenburg).<br />
Gerade eine Erhöhung des Anschlussgrads an die Kanalisation trägt zu einer Erhöhung<br />
des spezifischen Erschließungsaufwands bei, da in zunehmendem Maße auch<br />
dünn besiedelte Ortschaften mit einer höheren Entfernung zu den zentralen Netzen<br />
angeschlossen werden.<br />
Tabelle 49: Entwicklung von Siedlungsdichte, Länge der öffentlichen Kanalisation in<br />
Meter je Einwohner <strong>und</strong> Anschlussgrad nach B<strong>und</strong>esländern von 2001 bis 2004<br />
(Eigene Berechnung nach STATISTISCHE ÄMTER DES BUNDES UND DER LÄNDER 2006)<br />
B<strong>und</strong>esland<br />
EW je<br />
km²<br />
2001 2004 Veränderung von 2001-2004 in %<br />
m je<br />
EW<br />
Anschlussgrad<br />
in %<br />
EW je<br />
km²<br />
m je<br />
EW<br />
Anschlussgrad<br />
in %<br />
EW je<br />
km²<br />
m je<br />
EW<br />
Anschlussgrad<br />
Baden-Württ. 2.247 6,2 98,8 2.201 6,4 99 -2,1 3,1 0,2 1,1<br />
Bayern 1.679 6,9 94,4 1.636 7,2 95,5 -2,6 4,2 1,2 0,9<br />
Berlin 5.510 2,7 98,5 5.471 2,8 98,4 -0,7 3,6 -0,1 0,0<br />
Brandenburg 1.073 7,4 76,7 1.013 8,0 82,6 -5,9 7,5 7,1 -1,0<br />
Bremen 2.922 4,4 99,5 2.905 4,6 99,8 -0,6 4,3 0,3 0,5<br />
Hamburg 4.008 3,1 100,0 3.923 3,1 98,9 -2,2 0,0 -1,1 0,5<br />
Hessen 1.936 5,9 99,4 1.908 6,0 99,4 -1,5 1,7 0,0 0,3<br />
Mecklenbg.-V. 1.135 7,5 81,7 1.024 8,1 83,9 -10,8 7,4 2,6 -2,3<br />
Nordrhein-W. 2.526 5,0 96,7 2.453 5,2 97,2 -3,0 3,8 0,5 0,1<br />
Rheinland-Pf. 1.524 7,1 98,5 1.482 7,5 98,9 -2,8 5,3 0,4 0,3<br />
Saarland 2.107 7,0 99,1 2.044 7,3 99,1 -3,1 4,1 0,0 -1,0<br />
Sachsen 2.115 5,8 85,4 2.000 6,2 87,5 -5,8 6,5 2,4 -2,0<br />
Sachsen-An. 1.348 7,0 84,3 1.187 7,7 88,3 -13,6 9,1 4,5 -3,5<br />
Schleswig-H. 1.593 8,5 93,5 1.502 8,6 94,1 -6,1 1,2 0,6 0,9<br />
Deutschland 1.876 6,2 94,6 1.808 6,5 95,5 -3,8 4,6 0,9 0,1<br />
8.2.2 Modellrechungen zur zukünftigen Entwicklung des<br />
Erschließungsaufwands bei <strong>Schrumpfung</strong><br />
Die Steigerung des Erschließungsaufwands im Zuge fortgesetzter <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />
wird im Folgenden anhand von Modellrechnungen auf der Kreisebene,<br />
entsprechend der äußeren Erschließung, sowie der Quartiersebene, entsprechend<br />
der inneren Erschließung dargelegt. Exkurs 19 verdeutlicht, wie die Steigerung des<br />
Erschließungsaufwands mit einer Steigerung der Materialintensität der Erschließung<br />
einhergeht.<br />
Modellrechnung zur Entwicklung des Erschließungsaufwands bis 2020 am<br />
Beispiel sächsischer Kreise<br />
Anzunehmen ist, dass sich die hier dargestellten Effekte einer Steigerung des spezifischen<br />
Erschließungsaufwands im Zuge von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
auch in der Zukunft fortsetzen werden, wie Abbildung 68 am Beispiel ausgewählter<br />
Kreise illustriert. Die ausgewählten Kreise stehen <strong>für</strong> die typischen Fälle<br />
- einer Großstadt (Leipzig),<br />
- einer DDR-Industriestaat (Hoyerswerda) <strong>und</strong><br />
- eines ländlichen Kreises (Niederschlesischer Oberlausitzkreis).<br />
EW
206 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 68: Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation in Meter je Einwohner<br />
von 2001 bis 2020 in ausgewählten Kreisen Sachsens (Eigene Berechnungen) 55<br />
Kanalisation in m je Einwohner __<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
Niederschlesischer<br />
Oberlausitzkreis<br />
Hoyerswerda<br />
0<br />
0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000<br />
Siedlungsdichte in EW je km²<br />
Leipzig<br />
2001<br />
2004<br />
2020<br />
Abbildung 68 stellt den Zusammenhang zwischen der Siedlungsdichte <strong>und</strong> dem<br />
spezifischen Erschließungsaufwand, angegeben als Länge der Kanalisation in Meter<br />
je Einwohner, anhand der Kreisdaten <strong>für</strong> das Land Sachsen dar. Werte <strong>für</strong> 2020<br />
wurden prognostiziert. Basis der Bevölkerungszahlen ist Variante 2 der Regionalisierten<br />
Bevölkerungsprognose des Freistaates Sachsen 56 (STATISTISCHES LAN-<br />
DESAMT SACHSEN 2003, 35). Sowohl die Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche als auch die<br />
Länge des Kanalnetzes werden <strong>für</strong> 2020 konstant auf dem Wert von 2004 gehalten.<br />
Dargestellt wird damit allein der Effekt der Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands<br />
durch eine Verteilung des bestehenden Netzes auf immer weniger<br />
Nutzer.<br />
Bei einer weiteren Fortsetzung ungesteuerter <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse mit der zu<br />
erwartenden Zunahme der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche einerseits <strong>und</strong> der Kanalnetzlängen<br />
andererseits würde es zu einer stärkeren Steigerung des spezifischen<br />
Erschließungsaufwands kommen. Durch einen konsequenten Siedlungs- <strong>und</strong> damit<br />
auch Netzrückbau von den Rändern her kann der spezifische Erschließungsaufwand<br />
begrenzt werden.<br />
Das Beispiel Leipzig (s. Tabelle 50) steht <strong>für</strong> die typische Entwicklung in einer ostdeutschen<br />
Großstadt. Für die Zukunft erwartete Bevölkerungsrückgänge sind mit<br />
2,2 % gering, die Siedlungsdichte ist vergleichsweise hoch <strong>und</strong> der spezifische Erschließungsaufwand<br />
steigt von einem sehr geringen Niveau von 3,8 m geringfügig<br />
auf 4,1 m an. Der Anschlussgrad erhöht sich ebenfalls geringfügig.<br />
55 Verwendet wurden folgende Datenquellen (STATISTISCHES LANDESAMT SACHSEN 1997,<br />
1999, 2001, 2002, 2003). Die Daten wurden entsprechend der Gebietsstände zum<br />
31.12. des jeweiligen Jahres verwendet. Es wurde keine Bereinigung der Daten von<br />
1998 <strong>und</strong> 2001 auf den heutigen Gebietsstand vorgenommen, da es in diesem Zeitraum<br />
nur geringfügige Änderungen gegeben hat.<br />
56 Die regionalisierte Bevölkerungsprognose <strong>für</strong> den Freistaat Sachsen bis 2020 wird <strong>für</strong><br />
zwei Varianten errechnet. Dabei geht Variante 2 von einem geringeren Anstieg der Lebenserwartung<br />
<strong>und</strong> höheren Wanderungsverlusten aus als Variante 1. Variante 2 ist<br />
damit diejenige, die von einem stärkeren Bevölkerungsrückgang ausgeht (STATISTISCHES<br />
LANDESAMT SACHSEN 2003, 19ff.).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 207<br />
Tabelle 50: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation<br />
in der kreisfreien Stadt Leipzig 57<br />
Leipzig 2001 2004 2020 Veränderung<br />
2001-2020 in %<br />
Einwohner 493.052 498.491 482.300 -2,2<br />
Siedlungsdichte in Einwohner je km² 3.701 3.631 3.620 -2,2<br />
Einwohner mit Anschluss an Kanalisation 480.052 491.121 475.066 -1,0<br />
Anschlussgrad in % 97,4 98,5 98,5 1,1<br />
Kanalnetz gesamt in km 1.804,4 1.960 1.960 8,6<br />
Kanallänge je angeschlossenem Einwohner<br />
in m<br />
3,8 4,0 4,1 7,9<br />
Das Beispiel Hoyerswerda steht <strong>für</strong> eine DDR-Industriestadt, die im Zuge von<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen bereits einen hohen Anteil ihrer Einwohner verloren hat<br />
<strong>und</strong> in der sich dieser Trend des dramatischen Einwohnerverlusts auch in der Zukunft<br />
fortsetzten wird. Aufgr<strong>und</strong> vorangegangener Bevölkerungsrückgänge (bereits<br />
um gut ein Drittel bis 2001) 58 ist der Erschließungsaufwand <strong>für</strong> eine Stadt mit 7,5 m<br />
je Einwohner vergleichsweise hoch. Im Zuge des bis 2020 erwarteten weiteren Bevölkerungsrückgangs<br />
um gut 30 % würde sich der Erschließungsaufwand ohne<br />
Rückbaumaßnahmen um gut 70 % erhöhen. Um dies zu vermeiden, wird derzeit in<br />
Hoyerswerda im Zuge des Stadtumbaus eine intensive Kooperation mit den Trägern<br />
der stadttechnischen Infrastruktur praktiziert (BMVBS, BBR 2007, 64).<br />
Tabelle 51: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation in der<br />
kreisfreien Stadt Hoyerswerda 57<br />
Hoyerswerda Stadt 2001 2004 2020 Veränderung<br />
2001-2020 in %<br />
Einwohner 47.917 43.899 29.000 -39,5<br />
Siedlungsdichte in Einwohner je km² 2.844 2.569 1.721 -39,5<br />
Einwohner mit Anschluss an Kanalisation 44.735 41.920 27.695 -38,1<br />
Anschlussgrad in % 93,4 95,5 95,5 2,2<br />
Kanalnetz gesamt in km 336 356,2 356,2 6,0<br />
Kanallänge je angeschlossenem Einwohner<br />
in m<br />
7,5 8,5 12,9 72,0<br />
Das Beispiel des Niederschlesischen Oberlausitzkreises illustriert die Entwicklung<br />
von Siedlungsdichte <strong>und</strong> Erschließungsaufwand in einem ländlichen Kreis. Die<br />
Siedlungsdichte ist hier mit unter 1.000 Einwohnern bereits im Jahr 2001 sehr gering<br />
<strong>und</strong> wird entsprechend der Annahmen der Modellrechnungen bis 2020 infolge<br />
eines weiteren Bevölkerungsrückgangs von 24 % auch weiter in ebendiesem Umfang<br />
abnehmen. Gleichzeitig erfolgte zwischen den Jahren 2001 <strong>und</strong> 2004 eine<br />
überdurchschnittliche Ausweitung des Kanalnetzes um 17,3 % (sachsenweit 9,3 %)<br />
57 Daten zur Zahl der Einwohner mit Anschluss an die Kanalisation <strong>und</strong> zum Anschlussgrad<br />
an die Kanalisation in % basieren auf der Statistik zu Öffentlicher Wasserversorgung<br />
<strong>und</strong> Abwasserbeseitigung im Freistaat Sachsen (STATISTISCHES LANDESAMT SACH-<br />
SEN 2001, 30). Die Daten zur Öffentlichen Kanalisation in 2004 wurden als Sonderauswertung<br />
des Statistischen Landesamts Sachsen bezogen. Daten zu den Einwohnerzahlen<br />
stammen aus den Statistischen Jahrbüchern Sachsen des Statistischen Landesamts<br />
des Freistaates Sachsen. Bei Gegenrechnung der Daten ergeben sich geringfügige Ungenauigkeiten<br />
von maximal 4 %.<br />
58 Bereits im Zeitraum von 1990 bis 2001 hat die kreisfreie Stadt Hoyerswerda knapp 30 %<br />
ihrer Einwohner verloren (STATISTISCHES LANDESAMT SACHSEN 2007).
208 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
sowie eine überdurchschnittliche Erhöhung des Anschlussgrads um 6,3 % (sachsenweit<br />
2,4 %). Die Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands um 45 %<br />
resultiert in diesem ländlichen Kreis damit gleichermaßen aus einem Bevölkerungsrückgang<br />
sowie einem weiteren Anschluss peripherer Siedlungsteile mit einem vergleichsweise<br />
hohen Erschließungsaufwand an das zentrale Kanalnetz.<br />
Tabelle 52: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation<br />
im Niederschlesischen Oberlausitzkreis 57<br />
Niederschlesischer<br />
Oberlausitzkreis<br />
2001 2004 2020<br />
Veränderung<br />
2001-2020 in %<br />
Einwohner 103.469 98.391 78.600 -24,0<br />
Siedlungsdichte in Einwohner je km² 920 862 699 -24,0<br />
Einwohner mit Anschluss an Kanalisation 72.744 73.466 58.714 -19,3<br />
Anschlussgrad in % 70,3 74,7 74,7 6,3<br />
Kanalnetz gesamt in km 806,4 945,70 945,70 17,3<br />
Kanallänge je angeschlossenem Einwohner<br />
in m<br />
11,1 12,9 16,1 45,0<br />
Entwicklung des Erschließungsaufwands auf der Quartiersebene<br />
Der Zusammenhang zwischen einem Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgang <strong>und</strong> einer<br />
Zunahme des spezifischen Erschließungsaufwands zeigt sich in weit stärkerem Umfang<br />
auf der Quartiersebene, wo zum Teil bereits ein Bevölkerungsrückgang von<br />
50 % oder bei gezieltem Leerzug sogar bis zu 70 % zu verzeichnen ist (zur Einwohnerentwicklung<br />
in schrumpfenden Städten s. Kapitel 4.1.2).<br />
Abbildung 69: Spezifische Leitungslängen <strong>für</strong> Abwasser in Abhängigkeit von<br />
Bebauungsdichte <strong>und</strong> Wohnungsleerstand (SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 88)<br />
spezifische Leitungslänge<br />
(m/EW)<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbebauung (EFH) Mehrfamilienhausbebauung (MFH)<br />
0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2<br />
Vollbelegung des Wohnungsbestandes<br />
Geschossflächenzahl<br />
mittlerer Wohnungsleerstand in den neuen B<strong>und</strong>esländern, 2000 (MFH ca. 12-25%, EFH 7-15%)<br />
angenommene extreme Leerstandssituation (MFH 50%; EFH 20%)<br />
SCHILLER <strong>und</strong> SIEDENTOP (2005, 87f.) zeigen, dass bei einem Leerstand von 50 %<br />
im Geschosswohnungsbau eine spezifische Leitungslänge der Abwasserentsorgung
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 209<br />
von etwa 2,3 m pro Kopf erreicht wird, wie sie bei Vollbelegung nur im moderat verdichteten<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhausbau festgestellt werden kann (s. Abbildung 69).<br />
In Ostdeutland vollziehen sich Rückgänge der Einwohnerdichten vor allem im verdichteten<br />
Geschosswohnungsbau industrieller Bauweise. Damit geht die Infrastruktureffizienz<br />
in diesem besonders gut zu ver- <strong>und</strong> entsorgenden Stadtstrukturtyp verloren<br />
(SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 88). Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> zeigt Abbildung 70<br />
die Modellierung des Infrastrukturaufwands in einem typischen Gebiet des industriellen<br />
Wohnungsbaus in Plattenbauweise bei verschiedenen Stadtumbaustrategien.<br />
Der Infrastrukturaufwand wird operationalisiert als Meter Trinkwasserleitung je<br />
Einwohner <strong>für</strong> die innere Erschließung. 59<br />
Als Ausgangssituation wird ein 16 ha großes Plattenbaugebiet mit einer Geschossflächendichte<br />
von 1,5 <strong>und</strong> (bei einer durchschnittlichen Wohnfläche je Einwohner<br />
von 29,4 m²) mit einer Einwohnerzahl von 6.531 Einwohnern angenommen. Der<br />
spezifische Erschließungsaufwand beträgt hier 0,96 m je Einwohner. Die Varianten<br />
der Stadtumbaustrategien basieren auf den in Kapitel 4.2 dargestellten Leitbildansätzen<br />
des Stadtumbaus <strong>für</strong> schrumpfende Städte. 60<br />
Abbildung 70: Modellierung des Infrastrukturaufwands eines Plattenbaugebiets bei<br />
Bevölkerungsrückgang um 50 % (Eigene Berechnung auf der Gr<strong>und</strong>lage von Daten<br />
von BUCHERT et al. 2004, vgl. auch WESTPHAL 2006, 65)<br />
Ausgangssituation<br />
6.531 Einwohner<br />
16 ha<br />
Leitung TW: 6.240 m<br />
EW je ha: 408<br />
m je EW: 0,96<br />
Aufwand: 100%<br />
Kontraktion<br />
8 ha<br />
Leitung TW: 3.120 m<br />
EW je ha: 408<br />
m je EW: 0,96<br />
Aufwand: 100%<br />
Bevölkerungsrückgang 50%<br />
3.265 Einwohner<br />
Perforation<br />
16 ha<br />
Leitung TW: 6.240 m<br />
EW je ha: 204<br />
m je EW: 1,91<br />
Aufwand: 200%<br />
Dispersion<br />
24 ha<br />
Leitung TW: 8.820 m<br />
EW je ha: 136<br />
m je EW: 2,7<br />
Aufwand: 283%<br />
59 Die Modellierung basiert auf Daten von BUCHERT et al. (2004, 40), die charakteristische<br />
Netzlängen des Straßen-, Trinkwasser- <strong>und</strong> Abwassernetzes von Bebauungsleittypen<br />
bezogen auf den m² Geschossfläche verwenden, um die stofflichen Aufwendungen der<br />
inneren Wohngebietserschließung zu beschreiben. Die Modellierung wird <strong>für</strong> Annahmen<br />
des Gemeindetyps Kernstadt durchgeführt.<br />
60 Das Leitbild der Fragmentierung wird hier nicht berücksichtigt, da es als Leitbild <strong>für</strong> eine<br />
polyzentrale Siedlungsstruktur schwer auf der Quartiersebene dargestellt werden kann<br />
<strong>und</strong> sich auf dieser Ebene im Hinblick auf den Infrastrukturaufwand keine nennenswerten<br />
Unterschiede zur Perforation ergeben, vor allem nicht, wenn Siedlungsfragmente an<br />
den Endsträngen der Netze erhalten bleiben.
210 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Tabelle 53: Gr<strong>und</strong>lagendaten <strong>für</strong> die Modellierung des Infrastrukturaufwands<br />
(Eigene Berechnung nach BUCHERT et al. 2004)<br />
Merkmale Plattenbaugebiet<br />
Einfamilienhausgebiet<br />
(Dispersion)<br />
Datenquelle<br />
Geschossflächendichte 1,5 0,4 BUCHERT et al. 2004, 21, 38<br />
Geschossfläche je ha NWBL 15.000 4.000 Berechnet<br />
m Netzlänge / m² Geschossfläche 0,026<br />
BUCHERT et al. 2004,<br />
0,075<br />
Anh. 1, 20f.<br />
m Netzlänge je ha NWBL 390 300 Berechnet<br />
Wohnfläche je EW 29,4 40 s. Anhang IV<br />
Geschossfläche je EW 36,8 50 Wohnfläche je EW*1,25<br />
Einwohner je ha NWBL 408 80 Berechnet<br />
m Netzlänge je Einwohner 0,96 3,75 Berechnet<br />
Die verschiedenen Varianten der <strong>Schrumpfung</strong> auf Quartiersebene unterscheiden<br />
sich demnach deutlich im Hinblick auf den resultierenden Infrastrukturaufwand:<br />
- Die Variante der Kontraktion steht <strong>für</strong> einen konsequenten Rückbau von den<br />
Netzenden her <strong>und</strong> erlaubt somit, durch einen Rückbau der Netze proportional<br />
zum Einwohnerrückgang, eine Stabilisierung des spezifischen Infrastrukturaufwands.<br />
- Bei einer Perforation der Siedlungsstruktur müssen die Netze bei halbierter Bevölkerung<br />
hingegen vollständig erhalten bleiben, so dass sich der spezifische Infrastrukturaufwand<br />
verdoppelt.<br />
- Zusätzlich zu einem gleichmäßigen Bevölkerungsrückgang über das gesamte<br />
Gebiet wird bei der Variante der Dispersion davon ausgegangen, dass sich ein<br />
Anteil von 20 % der verbleibenden Einwohner in einem nahe gelegenen Einfamilienhausgebiet<br />
ansiedelt. Durch den zusätzlichen Erschließungsaufwand steigt<br />
der spezifische Erschließungsaufwand je Einwohner bei gleichbleibender Einwohnerzahl<br />
von 3.265 auf 283 %. Bei der Annahme, dass neu besiedelte Einfamilienhausgebiete<br />
in weiterer Entfernung vom bestehenden Netz <strong>und</strong> auch in<br />
deutlich geringeren <strong>Dichte</strong>n errichtet werden, kann der spezifische Infrastrukturaufwand<br />
noch deutlich stärker ansteigen.<br />
Exkurs 19 verdeutlicht, dass analog zum steigenden spezifischen Erschließungsaufwand<br />
auch die Materialintensität der Erschließung bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n exponentiell<br />
zunimmt.<br />
Die Modellrechungen <strong>für</strong> die Entwicklung des Erschließungsaufwands der äußeren<br />
<strong>und</strong> inneren Erschließung haben verdeutlicht, dass ungesteuerte <strong>Schrumpfung</strong>s-<br />
<strong>und</strong> Entdichtungsprozesse zu erheblichen Steigerungen des Erschließungsaufwands<br />
führen. Diese können bei sehr starken Bevölkerungsrückgängen <strong>und</strong> Formen<br />
disperser <strong>Schrumpfung</strong> bis zu 72 % auf der Kreisebene <strong>und</strong> sogar bis zu 180 % auf<br />
der Quartiersebene betragen. Zu besonders hohen Steigerungen des Erschließungsaufwands<br />
kommt es gerade auf der Quartiersebene in den Fällen, in denen<br />
zusätzlich zu einer gleichmäßigen Ausdünnung der Siedlungsstruktur noch weitere<br />
Baugebiete in Anspruch genommen werden, <strong>für</strong> die eine stadttechnische Erschließung<br />
erforderlich wird. Da sich, aufgr<strong>und</strong> des langfristigen Erhaltungsaufwands der<br />
stadttechnischen Infrastruktur, die heutige siedlungsstrukturelle Steuerung des<br />
Stadtumbaus langfristig auswirken wird, sollte im Zuge von Stadtumbaumaßnahmen<br />
eine Begrenzung des Infrastrukturaufwands berücksichtigt werden.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 211<br />
Exkurs 19: Steigerung des spezifischen Materialaufwands bei <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
Analog zum steigenden spezifischen Erschließungsaufwand bei sinkenden <strong>Dichte</strong>n steigt<br />
auch der spezifische Materialstrom, wie Abbildung 71 zeigt. In der Mehrfamilienhausbebauung<br />
(GFD 0,6-2,0) würde sich, bei einem angenommen extremen Leerstand von 50 %, der<br />
spezifische Materialstrom der Erschließung durch Straßen <strong>und</strong> Rohrleitungen je Einwohner<br />
verdoppeln. In der Einfamilienhausbebauung steigt die spezifische Baustoffmasse bei einem<br />
angenommenen geringeren Leerstand von 20 % relativ um 25 % an, absolut werden jedoch<br />
gerade in Bereichen sehr geringer <strong>Dichte</strong>n Steigerungen um bis zu 40 t je Einwohner erreicht.<br />
Abbildung 71: Anstieg des spezifischen Stofflagers der Erschließung je Einwohner bei<br />
Rückgang der Einwohnerdichten (Eigene Berechnungen nach Daten von SCHILLER<br />
2002, 26)<br />
t je Einwohner<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Vollbelegung Leerstand extrem (EFH 20%; MFH 50%)<br />
0<br />
0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />
EFH MFH<br />
Geschossflächendichte (GFD)<br />
Die Auswirkungen der Entdichtung auf die Stoffintensität der Erschließung sind vor allem<br />
deshalb von Bedeutung, weil der höchste Anteil der <strong>für</strong> die Infrastruktur verbauten Stoffe<br />
nicht <strong>für</strong> die Neuerschließung verwendet wird, sondern <strong>für</strong> die Instandhaltung.<br />
Bei der Entwicklung von Szenarien der Inanspruchnahme von Rohstoffen <strong>für</strong> das Bauen <strong>und</strong><br />
Wohnen in Deutschland bis 2025 konnte festgestellt werden, dass auch bei einem konsequent<br />
nachhaltigen Bauen <strong>und</strong> Wohnen noch ein erheblicher Rohstoffaufwand <strong>für</strong> die Erhaltung<br />
bereits bestehender Infrastruktur erforderlich ist. Dieser Aufwand kann auch gegenüber<br />
einem auf Trendfortschreibung basierenden Referenzszenario nicht reduziert werden. Während<br />
der Materialaufwand <strong>für</strong> den Neubau von Gebäuden im Nachhaltigkeitsszenario deutlich<br />
reduziert werden kann, steigt gleichzeitig der Materialaufwand zur Erhaltung der Infrastruktur<br />
von 45 % im Basisjahr auf nahezu 60 % im Jahr 2025 (SCHILLER 2007, 406). So ist<br />
der Materialaufwand <strong>für</strong> die zukünftige Instandhaltung der stadttechnischen Infrastruktur<br />
bereits in der heutigen Siedlungsstruktur festgeschrieben <strong>und</strong> wirkt weit in die Zukunft fort<br />
(BUCHERT et al. 2004, 116f.).<br />
8.3 Beeinträchtigung der technischen Funktionsfähigkeit<br />
Für den Betrieb von stadttechnischen Infrastrukturen ist zu unterscheiden zwischen<br />
Normalbetrieb, Betrieb bei Unterauslastung <strong>und</strong> Betrieb bei Überlastung. Führen<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse zu einer dauerhaften Unterauslastung, wird die technische<br />
Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur eingeschränkt.
212 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Dabei sind zwei Stufen der Unterauslastung zu unterscheiden:<br />
- Die erste Stufe, nach dem Erreichen einer ersten Funktionsschwelle, beschreibt<br />
einen Zustand, bei dem es zu Qualitätseinbußen <strong>und</strong> Funktionseinschränkungen<br />
kommt, die betriebstechnische Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit<br />
erfordern.<br />
- Bei einer zweiten Stufe der Unterauslastung, nach Erreichen einer 2. Funktionsschwelle,<br />
ist die Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Systeme soweit eingeschränkt,<br />
dass bauliche Maßnahmen <strong>und</strong> somit Investitionen erforderlich werden,<br />
um einen kompletten Funktionsausfall zu vermeiden (HERZ et al. 2002, 52; KOZI-<br />
OL, WALTHER 2006, 261; SIEDENTOP et al. 2006, 113).<br />
Die Funktionsfähigkeit von Trinkwasser- sowie Abwassernetzen ist vor allem von<br />
der Einwohnerdichte abhängig. Sinkt das Aufkommen von Trink- <strong>und</strong> Abwasser in<br />
den Netzen aufgr<strong>und</strong> von Verbrauchsrückgängen, reduziert sich die Fließgeschwindigkeit.<br />
- Bei Trinkwasser besteht dann aufgr<strong>und</strong> der längeren Verweildauer in den Netzen<br />
die Gefahr der Wiederverkeimung. Durch betriebstechnische Maßnahmen<br />
wie Nachchlorung in kritischen Bereichen, Druckstufenänderung <strong>und</strong> Rohrnetzspülungen<br />
kann die Funktionsfähigkeit aufrechterhalten werden. Eine 2. Funktionsschwelle,<br />
gleichbedeutend mit einem vollständigen Funktionsverlust, besteht<br />
nach aktuellen Erkenntnissen bei der Trinkwasserversorgung nicht (SIEDENTOP et<br />
al. 2006, 114). Ein Rückbau dauerhaft stillgelegter Netze ist hier allerdings sinnvoll.<br />
61<br />
- Bei Abwassernetzen kann es zu Ablagerungen, Geruchsbildung <strong>und</strong> Korrosion<br />
kommen. Rückgänge der Auslastung von Kläranlagen können ebenso zu Funktionsbeeinträchtigungen<br />
führen. Zur Vermeidung von Beeinträchtigungen sind<br />
häufigere Kanalreinigungen mögliche betriebstechnische Maßnahmen bei der<br />
Schmutzwasserentsorgung. Bauliche Maßnahmen mit hohem Investitionsaufwand<br />
umfassen vor allem die Querschnittsreduzierungen von Leitungen (FREU-<br />
DENBERG, KOZIOL 2003, 62; HERZ et al. 2002, 52; MARSCHKE 2004, 80).<br />
Bei der Fernwärmeversorgung steigen bei verringerter Wärmeabnahme die<br />
Transportwärmeverluste <strong>und</strong> es reduziert sich der Wirkungsgrad. Bei Dampfnetzen<br />
besteht bei zu geringer Wärmeabnahme die Gefahr eines vollständigen Funktionsverlusts<br />
(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 60). Bei der Fernwärmeversorgung ist bei<br />
geringeren Verbrauchsrückgängen zunächst eine Anpassung der Betriebsweise<br />
möglich, z. B. durch eine Absenkung der Vorlauftemperatur. Die 2. Funktionsschwelle<br />
mit der Erforderlichkeit baulicher Anpassungsmaßnahmen wird lediglich<br />
bei dampfbetriebenen Netzen erreicht (SIEDENTOP et al. 2006, 114). Eine Reduzierung<br />
von 4- auf 2-Leiter-Systeme, ein Umbau von Dampf- zu Heißwassernetzen,<br />
eine Umstellung von Indirekteinspeisung (mit Primär- <strong>und</strong> Sek<strong>und</strong>ärnetzen) auf Direkteinspeisung<br />
(nur Primärnetze) sowie ein Rückbau von Wärmeübergabestationen<br />
sind mögliche bauliche Anpassungsmaßnahmen (FREUDENBERG, KOZIOL 2003,<br />
62; Herz et al. 2002, 52; MARSCHKE 2004, 80).<br />
Bei baulichen Anpassungsmaßnahmen ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese<br />
nicht flexibel <strong>und</strong> parallel zu Bevölkerungs- <strong>und</strong> Verbrauchsrückgängen erfolgen<br />
können. Bedingt durch die hohen Investitionskosten, Mindestgrößen von Anlagen-<br />
61<br />
Tel. Auskunft von Jörg Walther, Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadttechnik der BTU Cottbus am<br />
09.07.07.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 213<br />
modulen sowie zusammenhängende Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsgebiete mit Versorgungspflicht<br />
können diese nur in Schritten oder Stufen durchgeführt werden (HERZ<br />
et al. 2005, 10; TIETZ 2006, 167). Auch ist ein Rückbau von Netzen <strong>und</strong> Erzeugungsanlagen<br />
erst dann möglich, wenn <strong>für</strong> verbleibende Aufgaben Ersatzlösungen<br />
gef<strong>und</strong>en wurden (TIETZ 2006, 167).<br />
Eine eindeutige quantitative Abgrenzung der Funktionsschwellen ist meist nicht<br />
möglich, da die Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Systeme, neben dem Grad<br />
der Auslastung, von weiteren Faktoren abhängt, wie z. B. der Art der Netzstruktur<br />
oder dem Gefälle der Leitungen. Zudem werden die Funktionsschwellen bei den<br />
einzelnen Medien bei unterschiedlichen Graden der Unterauslastung erreicht. Aufgr<strong>und</strong><br />
der Komplexität des Zusammenspiels verschiedener Faktoren bei den Auswirkungen<br />
von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen auf die stadttechnische Infrastruktur konnten<br />
bisher nicht <strong>für</strong> alle Medien eindeutige Funktionsschwellen bestimmt werden.<br />
Schwellen des Funktionsverlusts, die einen Umbau der Netze erforderlich werden<br />
lassen, sind vor allem bei der Schmutzwasserentsorgung von Bedeutung. In diesem<br />
Bereich stellt eine Auslastung von um die 50 % gegenüber dem Bemessungswert<br />
die Grenze <strong>für</strong> einen ablagerungsfreien Betrieb dar. Bei Unterschreitung einer Auslastung<br />
von 30 % in Bezug zum Bemessungswert droht ein vollständiger Funktionsverlust<br />
(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 59; KOZIOL, WALTHER 2002, 36). 62<br />
Tabelle 54: Funktionsschwellen, betriebstechnische <strong>und</strong> bauliche Anpassungsmaßnahmen<br />
bei Unterauslastung der stadttechnischen Infrastruktur (FREUDENBERG, KOZIOL<br />
2003, 61ff.; HERZ et al. 2002, 52f.; KOZIOL, WALTHER 2006, 261; LEHRSTUHL STADTBAUWE-<br />
SEN DER TU DRESDEN 2002a, b; MARSCHKE 2004, 80; SIEDENTOP et al. 2006, 113f.)<br />
Medien<br />
Schmutzwasser<br />
Trink-<br />
wasser<br />
Fernwärme <br />
Funktionsbeeinträchtigungen<br />
Ablagerungen, Geruchsbildung,<br />
Korrosion<br />
Unterauslastung der<br />
Kläranlagen<br />
Hygienische <strong>und</strong> korrosive<br />
Probleme durch<br />
lange Verweilzeiten in<br />
den Leitungen<br />
Steigende Transportwärmeverluste<br />
Sinkende Wirkungsgrade<br />
Hydraulische Probleme<br />
Stillstandskorrosion<br />
1. Funktionsschwelle 2. Funktionsschwelle<br />
Betriebstechnische<br />
Maßnahmen<br />
Nutriox bei Geruchsbelästigung<br />
Kanalreinigung<br />
Abschlagen von<br />
Trinkwasser in die<br />
Vorflut<br />
Nachchlorung in<br />
kritischen Bereichen<br />
Druckstufenänderung<br />
Rohrnetzspülungen<br />
Anpassung / Absenkung<br />
der Vorlauftemperatur<br />
bei Unterauslastung<br />
von<br />
50-70 %<br />
Umbau,<br />
Anpassung<br />
Querschnittsreduzierungen<br />
Spülschächte<br />
≈ 15 % Keine<br />
≈ 10 %<br />
bei Unterauslastung<br />
von<br />
70 %<br />
Nur bei Dampfnetzen:<br />
Umstellung von 4- auf 2-<br />
Leitersysteme<br />
Umbau von Dampf- zu Heißwassernetzen<br />
Umstellung auf Primärnetz/Primärparameter(Direkteinspeisung)<br />
Anpassung Wärmeübergabestationen<br />
62 Diese Werte wurden auf der Gr<strong>und</strong>lage von theoretischen Annahmen ermittelt <strong>und</strong> gelten<br />
nur <strong>für</strong> Leitungen, die im Mindestgefälle verlegt wurden. Ebenso wurden tageszeitlichen<br />
Schwankungen des Abwasseranfalls nicht berücksichtigt (Auskunft von Jörg Walther<br />
vom 16.07.07).
214 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Für die Trinkwasserversorgung werden betriebstechnische Maßnahmen ab einer<br />
Minderauslastung von 15% angenommen, basierend auf einer nicht repräsentativen<br />
Umfrage von Versorgungsunternehmen (LEHRSTUHL STADTBAUWESEN DER TU<br />
DRESDEN 2002). Bei der Fernwärmeversorgung sind Wirtschaftlichkeitsschwellen<br />
von größerer Bedeutung als Schwellen der technischen Funktionsfähigkeit. Ab einem<br />
Verbrauchsrückgang von 10 % können betriebstechnische Maßnahmen erforderlich<br />
werden (LEHRSTUHL FÜR STADTBAUWESEN DER TU DRESDEN 2002).<br />
Schwellen des Funktionsverlusts, die einen Umbau der Netze erforderlich werden<br />
lassen, sind vor allem bei der Schmutzwasserentsorgung von Bedeutung. In diesem<br />
Bereich stellt eine Auslastung von um die 50 % gegenüber dem Bemessungswert<br />
die Grenze <strong>für</strong> einen ablagerungsfreien Betrieb dar. Bei Unterschreitung einer Auslastung<br />
von 30 % in Bezug zum Bemessungswert droht ein vollständiger Funktionsverlust<br />
(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 59; KOZIOL, WALTHER 2002, 36).<br />
Tabelle 54 fasst Maßnahmen <strong>und</strong> angenommene Funktionsschwellen zusammen.<br />
Der folgende Exkurs zeigt beispielhaft, wie sich die Funktionsbeeinträchtigung infolge<br />
von Bevölkerungs-, <strong>Dichte</strong>- <strong>und</strong> Verbrauchsrückgängen in von <strong>Schrumpfung</strong> betroffenen<br />
Städten auf die stadttechnische Infrastruktur bereits ausgewirkt haben.<br />
Exkurs 20: Funktionsbeeinträchtigungen der stadttechnischen Infrastruktur am Beispiel<br />
der Stadt Cottbus<br />
In den Plattenbaugebieten der Stadt Cottbus hat sich der Fernwärmeabsatz auf ca. 40 %<br />
des Wertes von vor 1989 reduziert, Trinkwasserbedarf <strong>und</strong> Abwasseranfall sind auf etwa<br />
50 % gegenüber der Bemessungsmenge zurückgegangen (KOZIOL, WALTHER 2002, 4). Diese<br />
Rückgänge führen zu Funktionsbeeinträchtigungen, die betriebstechnische Maßnahmen<br />
erforderlich machen.<br />
Bei der Abwasserentsorgung kommt es zu Geruchsbelästigungen <strong>und</strong> steigenden Betriebskosten<br />
<strong>für</strong> die Kanalreinigung als Folge eines Rückgangs des Schmutzwasseranfalls <strong>und</strong><br />
den damit verb<strong>und</strong>enen erhöhten Ablagerungen (EFFNERT 2005; KOZIOL, WALTHER 2002,<br />
18). Auch erste Umbaumaßnahmen werden erforderlich, wie z. B. die Stilllegung einzelner<br />
Leitungen. Unklar sind jedoch die Auswirkungen auf das Gesamtnetz (EFFNERT 2005). Aufgr<strong>und</strong><br />
des Rückgangs der Nachfrage nach Trinkwasser erfolgen zum Teil Spülungen <strong>und</strong><br />
vereinzelt auch Sicherheitschlorungen, um die hygienische Qualität der Trinkwasserversorgung<br />
zu gewährleisten (KOZIOL, WALTHER 2002, 16).<br />
Ebenso sind in einigen Cottbusser Stadtteilen technische Probleme der mit Dampfnetzen<br />
betriebenen Fernwärmeversorgung aufgetreten. Eine Umrüstung in Heißwassernetze ist laut<br />
Aussagen der Fernwärmeversorgung Cottbus GmbH der Stadtwerke nicht zu finanzieren.<br />
Ebenso ergebe sich kaum Spielraum zur Erhöhung des Wärmepreises von 50 € je MWh<br />
(KOZIOL, WALTHER 2002, 20).<br />
8.4 Kostensteigerungen in Folge von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
Disperse Stadtstrukturen – wie sie häufig im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Stadtumbauprozessen<br />
entstehen – führen mittel- bis langfristig zu hohen Folgekosten <strong>für</strong><br />
die Bereitstellung <strong>und</strong> den Betrieb der stadttechnischen Infrastruktur. Der Umfang<br />
der Kostensteigerung wird wesentlich von der Entwicklung der <strong>Dichte</strong>n bestimmt.<br />
Schätzungen gehen davon aus, dass in etwa ein Drittel der stadttechnischen Folgekosten<br />
vermieden werden können, wenn beim Stadtumbau auf höhere <strong>Dichte</strong>n, optimale<br />
Standorte <strong>und</strong> eine räumliche Bündelung der Bautätigkeit geachtet wird<br />
(SPRINGER 2005). Besonders hoch fällt die Kostensteigerung hingegen dann aus,<br />
wenn Bevölkerungsrückgang <strong>und</strong> disperse Neubautätigkeit zusammentreffen.<br />
(JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 90).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 215<br />
Neben der <strong>Dichte</strong> sind vor allem die Höhe vorangegangener Investitionen in das<br />
Leitungsnetz <strong>und</strong> bisherige Abschreibungen <strong>für</strong> den Umfang der Steigerung der Pro-<br />
Kopf-Kosten verantwortlich (INTERVIEW 2; TIETZ 2006, 157). Weiterhin hängt die<br />
Entwicklung der Infrastrukturkosten wesentlich von den Investitionsstrategien der<br />
Unternehmen ab. Besonders hohe Kosten <strong>und</strong> Preise liegen bei Unternehmen vor,<br />
die vor Beginn der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse umfangreich in die Erneuerung der Netze<br />
<strong>und</strong> Anlagen investiert haben, so dass die bestehenden Systeme zu großen Teilen<br />
noch nicht abgeschrieben sind (INTERVIEWS 3; 4; 5). Ferner werden die Kosten<br />
bestimmt durch die Erschließungsform (z. B. hoher Aufwand bei kellerverlegten Leitungen),<br />
technische Voraussetzungen (z. B. Freispiegel- oder Druckleitungen, Einhaltungen<br />
des Mindestgefälles), geologische Verhältnisse <strong>und</strong> juristische Regelungen<br />
(z. B. der ‚Allgemeinen Bedingungen <strong>für</strong> die Versorgung’ (AVB)) (INTERVIEWS 2,<br />
3, 7; SPRINGER 2005).<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sbedingte Kostenerhöhungen werden bisher vor allem näherungsweise<br />
anhand von Modellen oder exemplarischen Untersuchungen bestimmt, da bisher<br />
nur begrenzt unternehmensinterne Daten oder Erhebungen vorliegen (KOZIOL, WAL-<br />
THER 2006, 262). Gerade in Bezug auf die Bereitstellung von Kostendaten zeigen<br />
Gemeinden <strong>und</strong> Entsorger bisher eine geringe Kooperationsbereitschaft (JENSSEN,<br />
KARAKOYUN 2005, 38). Laut Aussagen der Unternehmen fehlen bisher entsprechende<br />
Erkenntnisse zur zukünftigen Kostenentwicklung im Zuge des Stadtumbaus<br />
(INTERVIEW 1).<br />
Im Einzelnen sind folgende Effekte der Kostensteigerungen im Zuge von schrumpfungsbedingten<br />
<strong>Dichte</strong>rückgängen zu unterscheiden:<br />
- Infolge reduzierter Nutzerzahlen werden verbleibende Fixkosten auf die immer<br />
geringer werdende Zahl der verbleibenden Nutzer verteilt, so dass die spezifischen<br />
Kosten je Nutzer steigen. Man spricht hierbei von Kostenremanenzen<br />
(Kapitel 8.4.1).<br />
- Direkte Folgekosten von Stadtumbaumaßnahmen sind Kosten <strong>für</strong> betriebstechnische<br />
Maßnahmen, investive Kosten <strong>für</strong> Stilllegung, Rückbau <strong>und</strong> Netzanpassung<br />
sowie Buchwertverluste (Kapitel 8.4.2).<br />
- Die Summe der beschriebenen Kostenarten bilden die Gesamtfolgekosten von<br />
Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen. Die Kostensteigerungen im Zuge von<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen unterscheiden sich je nach der räumlichen Verteilung<br />
<strong>und</strong> Steuerung der Leerstandsentwicklung <strong>und</strong> der Verteilung des Rückbaus<br />
(Kapitel 8.4.3).<br />
8.4.1 Kostenremanenzen<br />
Im Zuge von Rückgängen der Einwohnerzahl <strong>und</strong> -dichte sind die Netze <strong>und</strong> Anlagen<br />
der stadttechnischen Infrastruktur an ehemals verdichteten Standorten immer<br />
weniger ausgelastet. Im Falle disperser Siedlungsentwicklung kommt ein zusätzlicher<br />
Erschließungsaufwand <strong>für</strong> die ins Umland gezogenen K<strong>und</strong>en hinzu. Im Verlauf<br />
dieses Prozesses steigen die Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
pro Kopf, da der hohe Anteil der Fixkosten (60-80 %) keine nachfrageproportionale<br />
Kostenreduktion erlaubt <strong>und</strong> demzufolge verbleibende Fixkosten auf immer weniger<br />
Nutzer verteilt werden (HERZ 2004, 17; SIEDENTOP et al. 2006, 13). Man spricht bei<br />
diesem Effekt von Kostenremanenzen.<br />
Vielfach wird davon ausgegangen, dass die Pro-Kopf-Kosten proportional zum Bevölkerungsrückgang<br />
<strong>und</strong> damit zum Rückgang der Einwohnerdichten steigen (HERZ
216 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
et al. 2002, 51; SIEDENTOP et al. 2006, 13; SPRINGER 2005), zum Teil wird von einem<br />
exponentiellen Kostenanstieg bei sinkenden Siedlungsdichten ausgegangen<br />
(HERZ 2004, 17).<br />
Ob der Anstieg der Pro-Kopf-Kosten bei einem Rückgang der Bevölkerungszahl <strong>und</strong><br />
-dichte eher linear oder exponentiell verläuft, hängt dabei vom Umfang des bisherigen<br />
Bevölkerungsrückgangs ab, wie Abbildung 72 verdeutlicht. Dargestellt wird der<br />
modellhafte Verlauf der Gesamtkosten sowie der Pro-Kopf-Kosten bei Bevölkerungsrückgang<br />
ausgehend von einem Fixkostenanteil von 70 %. Aus Gründen der<br />
Darstellbarkeit sind die beiden y-Achsen unterschiedlich skaliert:<br />
- Die prozentuale Entwicklung der Gesamtkosten ist von 0 bis 100 % skaliert,<br />
- der prozentuale Anstieg der einwohnerspezifischen Fixkosten von 0 bis 700 %.<br />
Im Zuge des Bevölkerungsrückgangs reduzieren sich die Gesamtkosten aufgr<strong>und</strong><br />
des hohen Fixkostenanteils von 70 % nur geringfügig, um 3 % je 10 % Bevölkerungsrückgang.<br />
Der prozentuale Anstieg der Pro-Kopf-Kosten verläuft zunächst linear<br />
<strong>und</strong> geht bei höheren Bevölkerungsrückgängen in einen exponentiellen Verlauf<br />
über. So erfolgt bis zu einem Bevölkerungsrückgang von 60 % in etwa eine Verdoppelung<br />
der einwohnerspezifischen Kosten, mit einer linearen Steigungsrate um ca.<br />
1,7. Danach steigt der Fixkostenanteil je Einwohner exponentiell an, so dass die<br />
prozentuale Steigerung der Pro-Kopf-Kosten bei einem Bevölkerungsrückgang von<br />
80 % bereits bei knapp 300 % liegt <strong>und</strong> bei einem Bevölkerungsrückgang von 90 %<br />
sogar bei 600 %.<br />
Abbildung 72: Modellhafter Verlauf der Gesamtkosten <strong>und</strong> Pro-Kopf-Kosten bei<br />
Bevölkerungsrückgang bei einem Fixkostenanteil von 70 % (Eigene Darstellung)<br />
Gesamtkosten in %<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Gesamtkosten in % Pro-Kopf-Kosten in %<br />
Gesamtkosten<br />
Pro-Kopf-Kosten<br />
0<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Bevölkerungsrückgang in %<br />
Die beschriebenen Kostenremanenzen machen bisher den Hauptteil der infrastrukturellen<br />
Folgekosten der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse aus, während die schrumpfungsbedingten<br />
Mehrausgaben <strong>für</strong> betriebstechnische <strong>und</strong> investive Maßnahmen nur einen<br />
geringen Anteil ausmachen (KOZIOL, WALTHER 2006, 268).<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
Pro-Kopf-Kosten in %
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 217<br />
8.4.2 Direkte Folgekosten des Stadtumbaus<br />
Die direkten Folgekosten des Stadtumbaus sind zum einen betriebstechnische Kosten,<br />
die durch eine Unterauslastung der stadttechnischen Systeme verursacht werden<br />
<strong>und</strong> zum anderen Kosten investiver Maßnahmen <strong>für</strong> Stilllegung, Rückbau <strong>und</strong><br />
Netzanpassungen. Hinzu kommen Restbuchwertverluste <strong>für</strong> nicht abgeschriebene<br />
Netze.<br />
Betriebstechnische Kosten infolge der Unterauslastung stadttechnischer<br />
Infrastrukturen<br />
Bei Unterauslastung von Netzen werden betriebstechnische Maßnahmen erforderlich.<br />
Diese führen zu zusätzlichen Kosten, z. B. <strong>für</strong> die Spülung von Trinkwasserleitungen<br />
oder <strong>für</strong> einen verstärkten Einsatz von Pumpen. Bisher bewegen sich diese<br />
Kosten im Umfang weniger Prozentpunkte der Gesamtkosten <strong>und</strong> werden daher<br />
noch als vernachlässigbar eingestuft (INTERVIEW 7), zumal sie sich nur in einzelnen<br />
Quartieren auswirken (INTERVIEW 2, SIEDENTOP et al. 2006, 210).<br />
Es ist jedoch davon auszugehen, dass (sofern kein Rückbau erfolgt) die Betriebskosten,<br />
in Zukunft zunehmen werden. So haben sich in der besonders vom Stadtumbau<br />
betroffenen Stadt Frankfurt (Oder) innerhalb von 10 Jahren die Betriebskosten<br />
der Abwasserentsorgung versechsfacht (SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 88).<br />
In Erscheinung treten Betriebskostensteigerungen infolge von Unterauslastung vor<br />
allem in Gebieten mit geringer Siedlungsdichte <strong>und</strong> starkem Bevölkerungsrückgang.<br />
In Gebieten mit hohem Wohnungsleerstand können bei Fortsetzung des Trends<br />
einer polarisierten Raumentwicklung die Betriebskostensteigungen bis 2020 bis zu<br />
einem Drittel betragen <strong>und</strong> damit bis zu 5 % der Gesamtkosten erreichen, wie Modellrechnungen<br />
von SIEDENTOP et al. (2006, 210) <strong>für</strong> die Region Havelland-Fläming<br />
belegen.<br />
Aus Sicht der Unternehmen ist es sinnvoll von Funktionsbeeinträchtigungen betroffene<br />
Leitungsabschnitte so lange wie möglich durch erhöhte Betriebskostenaufwendungen<br />
in ihrer Funktionsfähigkeit aufrecht zu erhalten, um vor möglichen baulichen<br />
Maßnahmen eine größere Klarheit über die langfristige Stabilität von Stadtteilen zu<br />
erlangen (KOZIOL, WALTHER 2002, 33).<br />
Kosten <strong>für</strong> Stilllegung, Rückbau <strong>und</strong> Netzanpassung<br />
Bei den unmittelbaren stadtumbaurelevanten Folgekosten <strong>für</strong> die stadttechnische<br />
Infrastruktur kann unterschieden werden zwischen Kosten <strong>für</strong> Stilllegungen, Kosten<br />
<strong>für</strong> Rückbau <strong>und</strong> Kosten <strong>für</strong> Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsmaßnahmen.<br />
Kosten <strong>für</strong> die dauerhafte Stilllegung beinhalten die Kosten <strong>für</strong> die Trennung vom<br />
Netz, den oberflächigen Rückbau von Komponenten sowie <strong>für</strong> die Verdämmung von<br />
Rohrleitungen (SIEDENTOP et al. 2006, 149). Kosten <strong>für</strong> die Stilllegung belaufen sich<br />
auf 20 € je m Trassenlänge bei Trinkwasser, Schmutzwasser <strong>und</strong> Fernwärme sowie<br />
bei 25 € je m Trassenlänge bei Regenwasser (KOZIOL, WALTHER 2006, 260).<br />
Die Kosten <strong>für</strong> den Rückbau umfassen darüber hinaus die Sicherung von Leitungen<br />
nach Außerbetriebnahme sowie das Ausheben, Verfüllen, Verdichten der Leitungsgräben<br />
<strong>und</strong> die Ergänzung des Aushubmaterials sowie der Rückbau der Leitungen<br />
<strong>und</strong> Komponenten (SIEDENTOP et al. 2006, 149). Bei Anpassung der Netzinfrastruktur<br />
an den Stadtumbau können zusätzlich Kosten <strong>für</strong> die Neuverlegung von<br />
Leitungen hinzukommen.
218 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Je nach Medien werden Rückbaukosten von 100 € je m Trasse (Trinkwasser,<br />
Schmutzwasser) bis 180 € je m (Fernwärme) angenommen (SIEDENTOP et al. 2006,<br />
150). Die Energie-Agentur-Sachsen-Anhalt geht <strong>für</strong> Plattenbaugebiete von Rückbaukosten<br />
von 20 € je m² Wohnfläche aus (HERZ et al. 2005, 11). Untersuchungen<br />
des Lehrstuhls Stadtbauwesen der TU Dresden am Beispiel von Dresden <strong>und</strong> Jena<br />
haben Rückbaukosten von 11 bis 15 € je m² Wohnfläche ermittelt. Kosten <strong>für</strong> den<br />
Rückbau oder Neuverlegung im Zuge von Stadtumbaumaßnahmen werden auf 15<br />
bis 25 € je m² Wohnfläche geschätzt (KOZIOL 2004, 79). KOZIOL, WALTHER (2002,<br />
50) ermittelten am Beispiel von Cottbus Kosten <strong>für</strong> die Anpassung der Stadttechnik<br />
im Stadtumbau von 25 bis 28 € je m² Wohnfläche als Summe der Kosten <strong>für</strong> Stilllegung,<br />
Rückbau <strong>und</strong> Anpassung (s. Tabelle 55).<br />
Tabelle 55: Kosten des Stadtumbaus <strong>für</strong> die Stadttechnik<br />
(Eigene Darstellung nach HERZ et al. 2005, 11; KOZIOL 2004, 79;<br />
KOZIOL, WALTHER 2002, 50, SIEDENTOP et al. 2006, 148ff.)<br />
Kostenart je m² Wohnfläche je m Trassenlänge<br />
Kosten <strong>für</strong> Stilllegung 20-25 €<br />
Kosten <strong>für</strong> Rückbau<br />
<strong>und</strong> Netzanpassung<br />
11-28 €<br />
100-180 €<br />
Gerade bei Kosten <strong>für</strong> Umbau <strong>und</strong> Anpassung von Netzen bestehen bisher Schwierigkeiten<br />
diese direkt dem durch den Bevölkerungsrückgang verursachten Stadtumbau<br />
zuzuordnen, da Umbau <strong>und</strong> Anpassung häufig im Zuge anderen Ersatz- oder<br />
Erneuerungsinvestitionen durchgeführt werden (INTERVIEW 1). Für die Zukunft ist<br />
allerdings von deutlich steigenden Umbaukosten auszugehen, wenn mit zunehmendem<br />
Fortgang des Einwohner- <strong>und</strong> Verbrauchsrückgangs auch Anpassungen an<br />
zentralen Einrichtungen wie Hauptsammlern, Pumpwerken <strong>und</strong> Kläranlagen sowie<br />
an Hauptverteilleitungen, Wasserwerken <strong>und</strong> Wärmeerzeugungsanlagen erforderlich<br />
werden. Wird infolge von Nachfragerückgängen eine komplette bauliche Erneuerung<br />
der Leitungen erforderlich, entstehen Sprungkosten, indem es zu einem Anstieg<br />
der Kapitalkosten um 100 % kommt. Diese Effekte treten allerdings nur <strong>für</strong><br />
einzelne Teile des Netzes auf <strong>und</strong> wirken sich bezogen auf das gesamte Quartiersnetz<br />
oder auch das gesamtstädtische Netz geringer aus (KOZIOL, WALTHER 2006,<br />
262). Aus Sicht der Stadttechnik ist also bei fortschreitendem Stadtumbau mit steigenden<br />
Kosten zu rechnen (KOZIOL, WALTHER 2002, 50).<br />
Ein hoher Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsbedarf ergibt sich vor allem in den Plattenbausiedlungen<br />
mit einem hohen Anteil an Versorgungsleitungen in den Gebäudekellern<br />
(LINDNER, BUHTZ 2006, 17). Der Umfang der Umbau- <strong>und</strong> Anpassungskosten hängt<br />
dabei maßgeblich von der gewählten Stadtumbaustrategie ab, wie auch Kapitel<br />
8.4.3 zu den Gesamtfolgekosten von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen <strong>für</strong> die<br />
Stadttechnik zeigt.<br />
Restbuchwertverluste<br />
Auch <strong>für</strong> die Restbuchwertverluste infolge einer vorzeitigen Abschreibung von Anlagen<br />
bei Stilllegung werden unterschiedliche Kostenwerte genannt. Die Energie-<br />
Agentur-Sachsen-Anhalt geht auch <strong>für</strong> die Restbuchwertverluste von 20 € je m²<br />
Wohnfläche aus (HERZ et al. 2005, 11). Auf der Basis von Untersuchungen in Dresden<br />
<strong>und</strong> Jena ermittelte der Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadttechnik an der TU Dresden hier geringere<br />
Werte im Umfang von 8 bis 12 € je m² Wohnfläche (Herz et al. 2005, 11f.) (s.<br />
Tabelle 56). Hohe Buchwertverluste treten vor allem dann auf, wenn eine frühzeitige
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 219<br />
Außerbetriebnahme von solchen Netzen <strong>und</strong> Anlagen erfolgt, die nach der Wende<br />
in erheblichem Umfang neu errichtet wurden (SPRINGER 2005). Der Umfang der<br />
Buchwertverluste hängt weiterhin davon ab, wie lange Leitungen noch liegengelassen<br />
<strong>und</strong> abgeschrieben werden können, wenn sie bereits abgetrennt sind (SPRIN-<br />
GER 2005).<br />
Tabelle 56: Restbuchwertverluste (HERZ et al. 2005, 11f.; KOZIOL, WALTHER 2002, 50)<br />
Kostenart je m² Wohnfläche je m Trassenlänge<br />
Restbuchwertverluste 8-20 € 40-210 €<br />
Der folgende Exkurs illustriert am Beispiel des Gebiets Turower Straße in Sachsendorf-Madlow<br />
in Cottbus, wie auf der Quartiersebene die direkten Folgekosten des<br />
Stadtumbaus steigen, wenn – anstelle einer aus Sicht der Stadttechnik sinnvollen<br />
Variante des konzentrierten Rückbaus – eine aus städtebaulicher Sicht bevorzugte<br />
Variante eines punktuellen Rückbaus verfolgt wird.<br />
Exkurs 21: Kostensteigerung durch mangelnde Berücksichtigung der Stadttechnik am<br />
Beispiel des Gebiets Turower Straße in Cottbus<br />
Das Gebiet Sachsendorf-Madlow war ehemals das größte Plattenbaugebiet des Landes<br />
Brandenburg mit 30.000 Einwohnern. Die Einwohnerzahl in diesem Gebiet ist bis 2005 auf<br />
15.000 Einwohner zurückgegangen. Demzufolge ist Sachsendorf-Madlow in Cottbus ein<br />
Schwerpunktgebiet des Stadtumbaus mit einem geplanten Rückbau von 5.000 Wohneinheiten<br />
(EFFNERT 2005).<br />
Eines der Rückbaugebiete ist das Gebiet Turower Straße mit ursprünglich 871 Wohneinheiten<br />
von denen 160 zurückgebaut wurden. Der Rückbau wurde vor allem aus Sicht des Städtebaus<br />
<strong>und</strong> der sozialen Stabilisierung des Quartiers betrieben, die auch zu einer Aufnahme<br />
des Projektes in die Projektdatenbank ‚Gute Beispiele’ der B<strong>und</strong>estransferstelle Stadtumbau<br />
Ost führte. Hervorgehoben werden hier vor allem die ganzheitliche Behandlung aller städtebaulich<br />
relevanten Anforderungen, eine bereite Öffentlichkeitsbeteiligung <strong>und</strong> eine Bündelung<br />
baulicher Maßnahmen mit gezielten Ansätzen zur sozialen Stabilisierung des Quartiers<br />
(BUNDESTRANSFERSTELLE STADTUMBAU OST 2006).<br />
Abbildung 73: Umbauplanung <strong>für</strong> das Gebiet Turower Straße (EFFNERT 2005)<br />
(links Ausgangssituation, rechts Situation nach Stadtumbau)<br />
Als weniger vorteilhaft kann der Rückbau in diesem Gebiet aus Sicht der Stadttechnik beurteilt<br />
werden. Der Rückbau einzelner Gebäudesegmente, in denen Netze <strong>und</strong> Anlagen zur<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung der verbleibenden Bereiche lagen, erforderte umfangreiche Neuverlegungen<br />
von Leitungen <strong>und</strong> Trafostationen, die zu hohen Umbaukosten führten. Die Kosten<br />
<strong>für</strong> die Leitungsverlegungen betrugen insgesamt 284.000 € <strong>für</strong> 120 Wohneinheiten <strong>und</strong> somit<br />
knapp 2.400 € je Wohneinheit (EFFNERT 2005) <strong>und</strong> liegen damit um 40 bis 60 % oberhalb<br />
der <strong>für</strong> Cottbus ermittelten durchschnittlichen Kosten von 1.500 bis 1.700 € je Wohneinheit<br />
<strong>für</strong> Rückbau- <strong>und</strong> Anpassungsmaßnahmen der stadttechnischen Infrastruktur (KOZIOL, WAL-<br />
THER 2002, 53).
220 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
8.4.3 Gesamtfolgekosten von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
Vielfach wurde bereits nachgewiesen, dass disperse Formen von <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong><br />
Rückbau mit deutlich höheren Folgekosten verb<strong>und</strong>en sind, als ein konzentrierter<br />
oder kompakter Rückbau (INTERVIEW 3).<br />
Aufgr<strong>und</strong> unzureichender Datenlage wurden die Infrastrukturfolgekosten des Stadtumbaus<br />
bei Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen vor allem anhand verschiedener<br />
Szenarien <strong>und</strong> Modellrechnungen ermittelt. Dabei werden unterschiedliche mögliche<br />
Pfade der Siedlungsentwicklung zwischen einer dispersen oder verdichteten Siedlungsentwicklung<br />
berücksichtigt. Unterschieden werden kann hierbei zwischen verschiedenen<br />
räumlichen Betrachtungsebenen, d. h. einer Betrachtung der Infrastrukturfolgekosten<br />
auf regionaler, kommunaler <strong>und</strong> Quartiersebene.<br />
Infrastrukturfolgekosten auf regionaler Ebene<br />
Auf der regionalen Ebene untersuchten SIEDENTOP et al. 2006 die Entwicklung der<br />
Infrastrukturfolgekosten bis 2020 in einem Trend- <strong>und</strong> einem Nachhaltigkeitsszenario<br />
(s. Abbildung 74).<br />
Abbildung 74: Einfluss der Veränderung der Siedlungsdichte auf die spezifischen<br />
Kosten <strong>für</strong> die Bereiche Schmutzwasser, Trinkwasser <strong>und</strong> Straße auf Basis eines<br />
Trend- <strong>und</strong> eines Nachhaltigkeitsszenarios (SIEDENTOP et al. 2006, 217)<br />
Veränderung einwohnerspezifischer<br />
Kosten<br />
Veränderung einwohnerspezifischer<br />
Kosten<br />
-30% -25% -20% -15% -10% -5%<br />
Schmutzwasser Trinkwasser Straße<br />
y = -0,8876x + 0,0085<br />
Änderung der Siedlungsdichte<br />
R 2 = 0,9409<br />
y = -1,3946x + 0,0192<br />
Trendszenario<br />
R 2 = 0,8838<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
-10%<br />
-20%<br />
0%<br />
-20% -15% -10% -5% 0% 5% 10% 15%<br />
Änderung der Siedlungsdichte<br />
Schmutzwasser Trinkwasser Straße<br />
Nachhaltigkeitsszenario<br />
Während im Trendszenario die ausgeprägte intraregionale Polarisierung der Bevölkerungs-<br />
<strong>und</strong> Siedlungsentwicklung in die Zukunft fortgeschrieben wird, geht das<br />
Nachhaltigkeitsszenario von einer eher ausgeglichenen Bevölkerungs- <strong>und</strong> Sied-<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
-10%<br />
-20%
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 221<br />
lungsentwicklung aus. Wesentliche Elemente dieses Nachhaltigkeitsszenarios sind<br />
(SIEDENTOP et al. 2006, 171ff.):<br />
- eine begrenzte Flächeninanspruchnahme <strong>für</strong> Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrszwecke,<br />
- eine Stärkung gewachsener Zentren sowie<br />
- die Sicherung einer guten nahräumlichen Erreichbarkeit von Arbeitsplätzen, Versorgungsstätten<br />
<strong>und</strong> Infrastruktureinrichtungen.<br />
Eine Verfolgung des Nachhaltigkeitsszenarios reduziert die jährlichen infrastrukturellen<br />
Gesamtkosten <strong>für</strong> die stadttechnische Infrastruktur (Schmutzwasser, Regenwasser,<br />
Trinkwasser, Straßen, Fernwärme) um 15 % gegenüber dem Trendszenario<br />
(SIEDENTOP et al. 2006, 206).<br />
Bei einem Vergleich der Veränderung der Pro-Kopf-Kosten in Abhängigkeit der<br />
Entwicklung der Siedlungsdichte <strong>für</strong> beide Szenarien zeigt sich eindeutig, dass mit<br />
rückläufiger Siedlungsdichte die Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung technischer Infrastrukturleistungen<br />
steigen. Bei einem Rückgang der <strong>Dichte</strong> um ein Prozent wird von einem<br />
Kostenanstieg von mindestens einem Prozent ausgegangen. Der Vergleich<br />
des von einer höheren <strong>Dichte</strong> ausgehenden Nachhaltigkeitsszenario mit einem<br />
Steigerungswert 0,9 <strong>und</strong> des von geringeren <strong>Dichte</strong>n ausgehenden Trendszenario<br />
mit einer Steigerungsrate von 1,4 verdeutlicht, dass Bevölkerungsrückgänge in<br />
Siedlungsstrukturen geringer <strong>Dichte</strong> zu höheren Kostensteigerungen führen als in<br />
Strukturen höherer <strong>Dichte</strong>.<br />
Infrastrukturfolgekosten auf kommunaler Ebene<br />
SCHMIDT (2004) modelliert die infrastrukturellen Kosten des Stadtumbaus <strong>für</strong> die<br />
Kommune Johanngeorgenstadt im oberen Westerzgebirge, die mit einem Einwohnerrückgang<br />
von 9.000 Einwohnern im Jahr 1990 auf 6.000 Einwohner im Jahr 2002<br />
besonders von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffen ist. Langfristig wird ein Rückgang<br />
auf 4.000 Einwohner erwartet. Betrachtet werden vier mögliche Varianten der Siedlungsentwicklung:<br />
- Die ‚Status-Quo-Variante’ geht von einer ungesteuerten Leerstandsentwicklung<br />
ohne Rückbau aus.<br />
- Variante 1 ‚Konzentration der Siedlungsgebiete auf stadttechnisch günstigen Korridor’<br />
beinhaltet einen Rückbau von 1.400 Wohneinheiten größtenteils in den<br />
dünn besielten Stadtgebieten außerhalb des als stadttechnisch günstig ermittelten<br />
Korridors.<br />
- Variante 2 ‚Flächiger Rückbau Neustadt / Plattenbaugebiet Pulverturm’ geht von<br />
einem Rückbau von 2.100 Wohneinheiten aus. Zwar erfolgt der Rückbau vor allem<br />
in stadttechnisch günstig erschlossenen Gebieten, jedoch wird der Rückbau<br />
ganzer Netzteile ermöglicht.<br />
- Variante 3 ‚Rückbau nach Studie zur Siedlungs- <strong>und</strong> Freiraumentwicklung’ sieht<br />
einen gestreuten Rückbau von 1.400 Wohneinheiten vor, der eine polyzentrale<br />
Stadtstruktur entstehen lässt <strong>und</strong> ein geringes stadttechnisches Rückbaupotenzial<br />
bietet.<br />
Alle genannten Varianten gehen von einem Komplettrückbau des Fernwärmenetzes<br />
aus. Tabelle 57 stellt die Ergebnisse der Szenarien zusammenfassend dar. Zunächst<br />
wird deutlich, dass unabhängig davon, welche Variante gewählt wird, die<br />
Kosten <strong>für</strong> die Bereitstellung der Stadttechnik steigen werden, in Folge der Verteilung<br />
der verbleibenden Fixkosten auf immer weniger Nutzer. Allerdings unterscheiden<br />
sich die Varianten im Umfang der prognostizierten Kostensteigerungen:
222 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
- Der Kostenanstieg kann dann vergleichsweise gering gehalten werden, wenn ein<br />
umfangreicher Rückbau der stadttechnischen Infrastruktur möglich ist <strong>und</strong> somit<br />
der spezifische Infrastrukturaufwand begrenzt werden kann, wie das bei Variante<br />
1 <strong>und</strong> 2 angenommen wurde.<br />
- Variante 3, die eine geeignete Entwicklung aus Sicht des Städtebaus darstellt,<br />
verursacht im Vergleich zu den Varianten 1 <strong>und</strong> 2 um 8 bis 15 % höhere infrastrukturelle<br />
Kosten (SCHMIDT 2004, 113).<br />
- Die höchsten infrastrukturellen Kosten werden jedoch durch eine ungesteuerte<br />
<strong>Schrumpfung</strong> (Status-quo-Szenario) hervorgerufen mit 21 % höheren Kosten als<br />
bei der günstigsten Variante.<br />
Tabelle 57: Szenarien der stadttechnischen Kosten in Johanngeorgenstadt 2016<br />
(Eigene Darstellung nach SCHMIDT 2004, 108ff.)<br />
Szenario Medien Rückbaukosten Jahresgebühr alle Medien in %<br />
Status Quo<br />
Variante 1<br />
Variante 2<br />
Variante 3<br />
Trinkwasser 0<br />
Abwasser 0<br />
Alle Medien 0 138<br />
Trinkwasser 855.000<br />
Abwasser 540.000<br />
Alle Medien 1.800.000 121<br />
Trinkwasser 272.000<br />
Abwasser 250.000<br />
Alle Medien 1.000.000 114<br />
Trinkwasser 135.000<br />
Abwasser 50.000<br />
Alle Medien 400.000 131<br />
Infrastrukturelle Folgekosten des Stadtumbaus auf der Quartiersebene<br />
KOZIOL, WALTHER (2006) untersuchen die Kostenentwicklung auf der Quartiersebene<br />
im Hinblick auf verschiedene <strong>Schrumpfung</strong>sstrategien sowie Restwerte der Netze<br />
am Beispiel der Infrastrukturen der Schmutzwasserentsorgung <strong>und</strong> der Trinkwasserversorgung.<br />
Unterschieden werden drei Stadtumbaustrategien.<br />
- ‚Disperser Rückbau <strong>und</strong> Verfall’ beinhaltet eine ungesteuerte Leerstandsentwicklung,<br />
punktuellen Rückbau <strong>und</strong> einen vollständigen Erhalt des Netzes ohne<br />
Netzanpassung.<br />
- ‚Disperser Rückbau <strong>und</strong> Erneuerung von Infrastruktur’ steht <strong>für</strong> eine ungesteuerte<br />
Leerstandsentwicklung, punktuellen Rückbau <strong>und</strong> einen vollständigen Erhalt<br />
des Netzes sowie dessen baulicher Anpassung in einigen Abschnitten.<br />
- ‚Flächiger Rückbau’ zielt auf Leerstandsmanagement, einen flächigen Rückbau<br />
von Gebäuden <strong>und</strong> – soweit möglich – einen vollständigen Rückbau von Infrastrukturen.<br />
Da die Restwerte der Infrastrukturen ebenso einen starken Einfluss auf die<br />
schrumpfungsbedingten Folgekosten haben, werden die Annahmen zum Restwert<br />
differenziert in 50 % (typisch <strong>für</strong> die Plattenbaugebiete der 1970er <strong>und</strong> 1980er) <strong>und</strong><br />
0 % (typisch <strong>für</strong> die gründerzeitliche Blockbebauung).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 223<br />
Tabelle 58: Kostenentwicklung in Abhängigkeit der gewählten Stadtumbaustrategie<br />
(Eigene Darstellung nach KOZIOL, WALTHER 2006, 264ff.)<br />
Strategie<br />
Disperser<br />
Rückbau <strong>und</strong><br />
Verfall<br />
Disperser<br />
Rückbau <strong>und</strong><br />
Erneuerung<br />
von<br />
Infrastruktur<br />
Flächiger<br />
Rückbau<br />
Betriebskosten <br />
Kapitalkosten<br />
Restwert<br />
der Netze<br />
Wertberichtigung<br />
Vergleich der<br />
Kostenarten<br />
Anstieg Keine 0 % / 50 % Keine -<br />
Stabilisierung<br />
möglich<br />
ErfolgreicheBegrenzung<br />
des Betriebskostenanstiegs <br />
Kapitalkosten<br />
<strong>für</strong><br />
Netzerneuerung<br />
Hohe Kosten<br />
<strong>für</strong><br />
Rückbau<br />
0 % Keine<br />
50%<br />
Wertberichtigungen<br />
nicht<br />
abgeschriebener<br />
Netze<br />
0% Keine<br />
50%<br />
Hohe Kosten<br />
<strong>für</strong> Wertberichtigung<br />
Kapitalkosten +<br />
Kosten <strong>für</strong><br />
Wertberichtigungen<br />
><br />
Betriebskosten<br />
Hohe Einsparungen<br />
bei<br />
regulären Netzkosten<br />
> Kosten<br />
<strong>für</strong> Rückbau +<br />
Wertberichtigung<br />
Kumulierte<br />
Kosten<br />
Durchschnitt<br />
Hoch<br />
Gering<br />
Tabelle 58 zeigt eine zusammenfassende Übersicht der von KOZIOL <strong>und</strong> WALTHER<br />
modellierten Kostenentwicklungen verschiedener Stadtumbaustrategien. Die höchsten<br />
kumulierten Gesamtkosten ergeben sich <strong>für</strong> den Fall ‚Disperser Rückbau bei<br />
gleichzeitiger Erneuerung der Infrastruktur’, bei der im Zuge des <strong>Schrumpfung</strong>sprozesses<br />
eine partielle Erneuerung problematischer Netze erfolgt. Die Kapitalkosten –<br />
<strong>und</strong> im Falle nicht abgeschriebener Netze die Kapitalkosten plus die Wertberichtigungen<br />
– sind bei einem dispersen Rückbau so hoch, dass sie mögliche Betriebskosteneinsparungen<br />
übersteigen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> besteht bei dispersem<br />
Rückbau aus Sicht der Unternehmen kein ökonomischer Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> eine bauliche<br />
Anpassung der Netze auf Quartiersebene (KOZIOL, WALTHER 2006, 264).<br />
Am geringsten sind die kumulierten Gesamtkosten bei einem über 20 Jahre angenommenen<br />
gleichmäßigen Bevölkerungsrückgang bei der Strategie des flächenhaften<br />
Rückbaus. Hier sind die möglichen Einsparungen der jährlichen regulären Netzkosten<br />
größer als die durch den Rückbau entstehenden Kapitalkosten <strong>und</strong> Wertkorrekturen<br />
(KOZIOL, WALTHER 2006, 264). KOZIOL, WALTHER (2006, 266) gehen davon<br />
aus, dass bei konsequentem flächigem Rückbau die Pro-Kopf-Kosten der<br />
Schmutzwasserentsorgung stabilisiert werden können, während sie bei disperser<br />
<strong>Schrumpfung</strong> exponentiell ansteigen. Besonders hohe Kosteneinsparungen können<br />
erzielt werden, wenn durch ein Leerstandsmanagement ein konsequenter Leerzug<br />
<strong>und</strong> flächiger Rückbau innerhalb von fünf Jahren durchgeführt würde. Die Kostendämpfung<br />
kann hier vor allem durch die aufgr<strong>und</strong> des kürzeren Zeitraums möglichen<br />
Einsparungen bei den Bereitstellungskosten <strong>und</strong> hier vor allem bei den Kapitalkosten<br />
erzielt werden, die den höheren Restwert des Netzes am Ende des Betrachtungszeitraums<br />
übersteigen (KOZIOL, WALTHER 2006, 267).<br />
Neben der gewählten Stadtumbaustrategie hängen schrumpfungsbedingte Kostensteigerungen<br />
auch von dem betrachteten Stadtstrukturtyp ab. So liegt der Kostenanstieg<br />
im Falle disperser <strong>Schrumpfung</strong> ohne Netzanpassung in verdichteten Siedlungsstrukturen<br />
bei 3 % der jährlich anfallenden Gesamtkosten, im gering verdichteten<br />
Einfamilienhaus jedoch bei 5 %. Werden Funktionsschwellen unterschritten, so
224 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
dass eine bauliche Anpassung von Teilen des Netzes erforderlich wird, verdoppeln<br />
sich diese Kosten (KOZIOL, WALTHER 2006, 268).<br />
Insgesamt zeigt sich, dass durch eine auf die Sicherung kompakter <strong>und</strong> dichter<br />
Siedlungsstrukturen ausgerichtete Stadtumbaustrategie erhebliche infrastrukturelle<br />
Folgekosten von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen vermieden werden können.<br />
Studien haben gezeigt, dass mögliche Kosteneinsparungen relevante Größenordnungen<br />
von 15 % (SIEDENTOP et al. 2006, 206) bis 21 % (SCHMIDT 2004, 108ff.)<br />
erreichen können. Mit besonders hohen Kostensteigerungen infolge eines Rückgangs<br />
der Einwohnerdichten ist in Gebieten zu rechnen, in denen die <strong>Dichte</strong> bereits<br />
sehr niedrig ist, da hier die Pro-Kopf-Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
bereits höher sind. Ebenfalls zu hohen Kostensteigerungen kommt es in Gebieten<br />
in denen sich bereits ein erheblicher Bevölkerungsrückgang ereignet hat, da<br />
hier die exponentiellen Steigerungen der einwohnerspezifischen Fixkosten zum<br />
Tragen kommen.<br />
Auch wenn im Rahmen der Arbeit die gesamtgesellschaftlichen Folgekosten des<br />
Stadtumbaus <strong>und</strong> weniger die Kosten, die einzelnen Akteursgruppen entstehen,<br />
betrachtet werden, wird in Exkurs 22 die aktuelle Situation der Kostenträgerschaft<br />
stadtumbaubedingter Folgekosten betrachtet.<br />
Eine Minimierung der mittel- <strong>und</strong> langfristigen Folgekosten des Stadtumbaus kann,<br />
neben einer Stabilisierung der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten, insbesondere<br />
durch eine Optimierung der Reihenfolge des Rückbaus <strong>und</strong> ein gezieltes Leerstands-<br />
<strong>und</strong> Rückbaumanagement erreicht werden, das sich an den Netzstrukturen<br />
orientiert. So können Ver- <strong>und</strong> Entsorger kostenintensive Zwischenlösungen <strong>für</strong> den<br />
Neuanschluss von Gebäuden vermeiden, die <strong>für</strong> einen baldigen Abriss vorgesehen<br />
sind (INTERVIEW 1; KOZIOL, WALTHER 2006, 267; KOZIOL, WALTHER 2002, 33). Ein<br />
Beispiel <strong>für</strong> eine aus Sicht der Stadttechnik optimierte Rückbaureihenfolge liefert<br />
Exkurs 23.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 225<br />
Exkurs 22: Kostenträgerschaft stadtumbaubedingter Infrastrukturfolgekosten<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der dargestellten Kostensteigerungen in Folge von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
stellt sich die Frage, wie diese Kostensteigerungen refinanziert werden. Zunächst fallen die<br />
Kostensteigerungen bei den Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen an. Zur Refinanzierung der<br />
Kosten stehen unterstützend Mittel der Städtebauförderung zur Verfügung.<br />
Über den Aufwertungsteil des Programms ‚Stadtumbau Ost’ können Mittel <strong>für</strong> die Anpassung<br />
der städtischen Infrastruktur bereitgestellt werden (VV-STÄDTEBAUFÖRDERUNG 2005, 12f.).<br />
In der Praxis werden bisher allerdings nur in sehr geringem Umfang Mittel des Aufwertungsteils<br />
des Programms ‚Stadtumbau Ost’ eingesetzt (BMVBS, BBR 2006, 78), nicht zuletzt,<br />
weil hier<strong>für</strong> häufig nicht der kommunale Eigenanteil von einem Drittel der Fördermittel aufgebracht<br />
werden kann. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurden die Kosten <strong>für</strong> Rückbau, Stilllegung<br />
<strong>und</strong> Anpassung von Leitungsnetzen in Kooperation mit der Wohnungswirtschaft über die<br />
Rückbauförderung des Programms mitfinanziert, die je nach B<strong>und</strong>esland einem Pauschalbetrag<br />
von 60 bis 70 € je m² rückgebauter Wohnfläche entspricht (INTERVIEW 1). In einzelnen<br />
Fällen konnten allerdings die Netzanpassungen nicht mehr über das Stadtumbauprogramm<br />
finanziert werden (INTERVIEW 6). Ebenso wurde von den Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen<br />
hervorgehoben, dass diese Förderung nicht ausreicht, um erforderlich werdende Anpassungsmaßnahmen<br />
im Gesamtnetz zu refinanzieren (INTERVIEW 1).<br />
Seit 2006 ist die stadtumbaubedingte Rückführung der städtischen Infrastruktur in Fördergebieten<br />
des Stadtumbaus ein Fördertatbestand der Städtebauförderung (VV-STÄDTEBAU-<br />
FÖRDERUNG 2006, 15). Hierzu gehören solche Vorhaben, die auf Gr<strong>und</strong> des Stadtumbaus<br />
erforderlich sind, um die Funktionsfähigkeit sowohl technischer als auch sozialer Infrastruktur<br />
zu gewährleisten. Zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit zählen solche Maßnahmen,<br />
die dazu beitragen, dass dauerhaft verbleibende Wohngebäude weiterhin entsprechend der<br />
geltenden Vorschriften oder Standards versorgt werden können (BMVBS, BBR 2007, 12).<br />
Um die langfristige Tragfähigkeit der Maßnahmen zu gewährleisten, werden z. B. im Land<br />
Sachsen nur solche Vorhaben gefördert (KÖPPL 2006),<br />
- bei denen anhand eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts der unvermeidbare<br />
Rückbau nachgewiesen ist,<br />
- die im Zusammenhang mit einem flächenhaften Rückbau stehen <strong>und</strong><br />
- einer dauerhaften Lösung dienen.<br />
Der B<strong>und</strong> hat im Jahr 2006 zusätzlich 20 Mio. € zur Verfügung gestellt, die mindestens zur<br />
Hälfte <strong>für</strong> die Rückführung der städtischen Infrastruktur einzusetzen sind <strong>und</strong> im Übrigen <strong>für</strong><br />
Maßnahmen zur Aufwertung. Vorhaben zur Rückführung der städtischen Infrastruktur können<br />
bis zu 50 % als nicht rückzahlbarer Zuschuss gefördert werden, der jeweils zur Hälfte<br />
vom B<strong>und</strong> <strong>und</strong> vom Land bereitgestellt wird (BMVBS, BBR 2007, 23f.; KÖPPL 2006). Diese<br />
Förderung wird unverändert in die Städtebauförderrichtlinie von 2007 übernommen (VV-<br />
STÄDTEBAUFÖRDERUNG 2007, 16ff.).<br />
Die Unternehmen versuchen zunächst die Kostensteigerungen im Zuge des Stadtumbaus<br />
über Effizienzsteigerungen (SPRINGER 2005), Rückbauförderung (MARSCHKE 2004, 85) <strong>und</strong><br />
gezielte Rückbaumaßnahmen (HERZ et al. 2005) zu kompensieren. Dennoch ist davon auszugehen,<br />
dass bei anhaltenden <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen auch die privaten Verbraucher<br />
zunehmend die Infrastrukturfolgekosten des Stadtumbaus durch Gebührenanhebungen<br />
tragen werden (HERZ et al. 2005). Dabei geht der Lehrstuhl Stadtbauwesen der TU Dresden<br />
je nach Rückbauvariante <strong>und</strong> -umfang bis 2016 von einer Preissteigerung um 14-38 % (ohne<br />
Berücksichtigung des Inflationszuwachses) aus (MARSCHKE 2004, 85).
226 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Exkurs 23: Reduzierung der stadttechnische Kosten durch Optimierung der Rückbaureihenfolge<br />
am Beispiel von Erfurt Herrenberg 63<br />
In Erfurt Herrenberg konnte durch eine optimierte Stadtumbauplanung, die sich an den Notwendigkeiten<br />
der Fernwärmeversorgung orientiert, beim Rückbau eines Baublocks eine<br />
Reduzierung der Kosten von 75.000 € netto auf 4.000 € netto erreicht werden, wie Abbildung<br />
75 <strong>und</strong> Abbildung 76 zeigen. Wesentliche Elemente dieser Koordinierung des Stadtumbaus<br />
zwischen den Stadtwerken Erfurt, der Stadt Erfurt <strong>und</strong> zwei Erfurter Wohnungsbaugesellschaften<br />
waren eine Koordinierung der Abrisstermine der beiden Wohnungsbaugesellschaften,<br />
die Bildung von Bauabschnitten zur Vermeidung von Zwischenlösungen <strong>für</strong> die Versorgung<br />
<strong>und</strong> der Umzug eines Kindergartens an einen Alternativstandort. Für ein weiteres Gebiet,<br />
den Stadtteil Erfurt Roter Berg gelang es die Stadtumbaukosten durch eine Optimierung<br />
aus Sicht der stadttechnischen Versorgung (z. B. Abtrennung von der Fernwärmeversorgung<br />
<strong>und</strong> Ersatz durch eine Gasheizungsanlage) von 110.000 € auf 56.000 € zu halbieren (INTER-<br />
VIEW SPRINGER).<br />
Abbildung 75: Stadtumbauplanung Erfurt Herrenberg 08/2004 (INTERVIEW SPRINGER)<br />
Abbildung 76: Aus Sicht der Fernwärmeversorgung optimierte Stadtumbauplanung<br />
(INTERVIEW SPRINGER)<br />
63 Veröffentlichungserlaubnis erteilt am 15.08.07.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 227<br />
8.5 Einfluss von Stadtumbaustrategie <strong>und</strong> Stadtstrukturtyp auf die<br />
Kostenentwicklung<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Wechselwirkungen zwischen der <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> den stadttechnischen<br />
Folgekosten der <strong>Schrumpfung</strong> ist die Kostenentwicklung sowohl von der gewählten<br />
Stadtumbaustrategie abhängig als auch von der <strong>Dichte</strong> der betroffenen Siedlungsstruktur<br />
<strong>und</strong> damit von Stadtstrukturtyp <strong>und</strong> großräumiger Lage.<br />
Einfluss der Stadtumbaustrategie<br />
Wie bereits erläutert, unterscheiden sich die Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
auf die stadttechnische Infrastruktur je nach der gewählten Stadtumbaustrategie.<br />
Besonders hoch sind die Funktionsbeeinträchtigungen, Steigerungen der betriebstechnischen<br />
Aufwendungen <strong>und</strong> Kosten der Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsnotwendigkeiten<br />
wenn (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 27ff.; HERZ et al. 2002, 58)<br />
- im Zuge einer mehr oder weniger gleichmäßigen Ausdünnung der Siedlungsstruktur<br />
eine deutliche Abweichung von der ursprünglichen Bebauungsdichte erfolgt,<br />
- sich ein punktueller oder inselhafter Abriss einzelner Gebäude oder Gebäudeteile<br />
umgeben von verbleibender Bebauung vollzieht,<br />
- der Rückbau ungesteuert <strong>und</strong> ungeordnet geschieht <strong>und</strong><br />
- bei temporären Zwischennutzungen Unklarheit über die Nachnutzung besteht.<br />
Gesteuerte <strong>und</strong> konzentrierte Stadtumbaumaßnahmen hingegen können durch begrenzte<br />
Eingriffe in die Netzstruktur einen effizienteren Betrieb ermöglichen (HERZ et<br />
al. 2002, 58). Als günstig aus Sicht der Stadttechnik erweist sich ein systematischer<br />
Rückbau von den Strangenden der Netze her (KOZIOL, WALTHER 2002, 54f.). Allerdings<br />
ist bei einem konsequenten Rückbau von außen nach innen zu beachten,<br />
dass häufig neuere <strong>und</strong> aus erschließungswirtschaftlicher Sicht geplante Leitungen<br />
zurückgebaut werden (HERZ et al. 2002, 58).<br />
Entsprechend der in Kapitel 4.2 aufgezeigten Leitbildansätze <strong>für</strong> schrumpfende<br />
Städte werden drei gr<strong>und</strong>sätzliche Strategien des Stadtumbaus auf Quartiersebene<br />
unterschieden, deren Auswirkungen auf die stadttechnische Infrastruktur in Tabelle<br />
59 zusammenfassend dargestellt werden. 64<br />
64<br />
Auch in diesem Fall wird das Leitbild der Fragmentierung nicht berücksichtigt (s. Fußnote<br />
60).
228 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Tabelle 59: Auswirkungen verschiedener Stadtumbaustrategien<br />
(Eigene Darstellung nach FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 29ff.; HERZ et al. 2002, 57)<br />
Stadtumbaustrategie<br />
Kontraktion:<br />
Erhalt hoher<br />
<strong>Dichte</strong>n<br />
Perforation:<br />
Ungesteuerte<br />
Reduzierung<br />
der <strong>Dichte</strong><br />
Dispersion:<br />
Neue Siedlungsformen<br />
geringer <strong>Dichte</strong><br />
Merkmale<br />
- Konzentration an den Hauptachsen der<br />
Netze<br />
- Nachverdichtung zur besseren Auslastung<br />
vorhandener Infrastrukturen<br />
- Konsequenter Rückbau von außen nach<br />
innen<br />
- Bauliche Nachnutzung hoher <strong>Dichte</strong><br />
- Punktueller oder geschossweiser Rückbau<br />
- Abriss umgeben von verbleibender<br />
Bebauung<br />
- Dauerhafte oder temporäre freiraumbezogene<br />
Nachnutzungen bei Rückbau<br />
- Bauliche Nachnutzung deutlich geringerer<br />
<strong>Dichte</strong><br />
- Disperser Rückbau<br />
- Flächenhafte Ausdehnung der Siedlungsfläche<br />
mit Bebauungsformen geringerer<br />
<strong>Dichte</strong><br />
- Reduzierung der <strong>Dichte</strong> um mehr als<br />
50%<br />
Einfluss von Stadtstrukturtyp <strong>und</strong> großräumiger Lage<br />
Auswirkungen auf stadttechnische<br />
Infrastruktur<br />
- Vermeidung von Netzergänzungen oder<br />
Umverlegungen von Leitungen<br />
- Stilllegung von Netzteilen unproblematisch<br />
- Verringerte Netzlänge im Fall der Netzerneuerung<br />
- Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands<br />
- Steigerung der Materialintensität der Erschließung<br />
- Gefahr von Funktionsbeeinträchtigungen<br />
- Kostensteigerung<br />
- Langfristig: Hohe Kosten bei Netzerneuerung<br />
- Erreichen kritischer Funktionsschwellen<br />
- Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands<br />
- Steigerung der spezifischen Materialintensität<br />
der Erschließung<br />
- Hohe Kostensteigerungen<br />
- Langfristig: Sehr hohe Kosten bei Netzerneuerung<br />
Neben der Stadtumbaustrategie ist auch der jeweilige Stadtstrukturtyp <strong>für</strong> die Auswirkungen<br />
von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die stadttechnische Infrastruktur entscheidend.<br />
Besondere Probleme des Rückbaus ergeben sich bei größeren Gebieten des<br />
industriellen Wohnungsbaus der 1970er Jahre, die durch einen Sammelkanal/Leitungsgang<br />
erschlossen sind, bei dem die Leitungsführung durch die Gebäude<br />
erfolgt (HERZ et al. 2002, 55; INTERVIEW 6; KOZIOL, WALTHER 2002, 2).<br />
Diese Gebiete des industriellen Wohnungsbaus, die derzeit von besonderen Leerständen<br />
betroffen sind, wurden vor dem Hinblick möglichst effizienter Infrastrukturversorgung<br />
geplant. Gerade eine Ausdünnung der günstig zu versorgenden dichten<br />
Wohngebiete hat erhebliche negative Auswirkungen auf die Funktion <strong>und</strong> Effizienz<br />
der Infrastruktur (HERZ et al. 2005, 8). Somit muss die Stadttechnik auch beim<br />
Rückbau einen hohen Stellenwert haben (INTERVIEW 6). Der Abbruch einzelner Gebäudesegmente<br />
führt gerade in diesem Stadtstrukturtyp zu einem erhöhten Aufwand<br />
<strong>für</strong> die Umverlegung von Leitungen zur Trassensicherung. Deshalb ist in diesen<br />
Plattenbaugebieten ein Rückbau von den Endsträngen der Netze von besonderer<br />
Bedeutung (HERZ et al. 2002, 55; KOZIOL, WALTHER 2002, 54ff.).<br />
In Altbauquartieren der Blockbebauung hingegen kann, aufgr<strong>und</strong> des hohen Vermaschungsgrads<br />
der unterirdischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsnetze, eine bessere Anpassung<br />
an Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge erreicht werden (HERZ et al. 2002,<br />
54). In Stadtstrukturtypen geringer <strong>Dichte</strong>, wie der Einfamilienhausbebauung oder
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 229<br />
auch der Mehrfamilienhausbebauung nach 1990, erfolgt bei <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
schnell eine hohe absolute Steigerung des Infrastrukturaufwands, infolge des ohnehin<br />
bereits überproportional hohen Aufwands.<br />
Neben Stadtumbaustrategie <strong>und</strong> Stadtstrukturtyp ist weiterhin die großräumige Lage<br />
entscheidend <strong>für</strong> die Auswirkungen der <strong>Dichte</strong>rückgänge auf die stadttechnische<br />
Infrastruktur. Besonders von den <strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen ist die Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
geringer verdichteter Räume, da die Systeme hier infolge vorhandener<br />
Raumüberwindungswiderstände empfindlicher reagieren. Es ist zu erwarten, dass<br />
der <strong>für</strong> den funktionsfähigen Betrieb erforderliche Mindestbedarf unterschritten wird<br />
(TIETZ 2006, 163f.). Gerade in ländlichen Gebieten ist vor diesem Hintergr<strong>und</strong> mit<br />
einem drastischen Anstieg der infrastrukturellen Folgekosten zu rechnen (FRIEDRICH<br />
et al. 2003, 44f.).<br />
Zusammenfassend zeigt Kapitel 8, dass Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge erhebliche<br />
Auswirkungen auf die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung haben können:<br />
- In Kombination mit allgemeinen Verbrauchsrückgängen führen <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />
dazu, dass die Netze nur noch zu etwa 30 bis 40 % gegenüber dem Bemessungswert<br />
ausgelastet sind.<br />
- Der spezifische Erschließungsaufwand kann – so die Ergebnisse von Modellrechnungen<br />
– insbesondere bei disperser <strong>Schrumpfung</strong> auf Quartiersebene erheblich<br />
ansteigen, um bis zu 180 % bei einem Bevölkerungsrückgang von 50 %.<br />
- Bei einer Unterauslastung von etwa 70 % kann die technische Funktionsfähigkeit<br />
der Schmutzwasserentsorgung soweit eingeschränkt sein, dass bauliche Anpassungsmaßnahmen<br />
erforderlich werden.<br />
- <strong>Schrumpfung</strong>sbedingte <strong>Dichte</strong>rückgänge führen ebenso zu relevanten Steigerungen<br />
der Pro-Kopf-Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung. Die<br />
höchsten Kostensteigerungen verursachen disperse Formen der <strong>Schrumpfung</strong>,<br />
die auf regionaler oder gesamtstädtischer Ebene 15-20 % höhere Kostensteigerungen<br />
aufweisen können als eine konzentrierte <strong>Schrumpfung</strong>.<br />
Bei fortgesetzten Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen ist davon auszugehen, dass<br />
die Auswirkungen auf die stadttechnischen Infrastrukturen in Zukunft zunehmen<br />
werden, da – über die Quartierserschließung hinaus – in stärkerem Maße auch die<br />
zentralen Netze <strong>und</strong> Anlagen betroffen sein werden.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ergeben sich aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
spezifische Stadtumbauziele sowie Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n, die im<br />
folgenden Kapitel 9 entwickelt <strong>und</strong> diskutiert werden.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 231<br />
9 Stadtumbauziele <strong>und</strong> Schwellenkorridore minimaler<br />
<strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
Basierend auf den bisherigen Analysen werden im Folgenden Stadtumbauziele sowie<br />
Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n abgeleitet. Diese wurden vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
einer Optimierung der Stadtumbauplanungen aus Sicht der stadttechnischen<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung entwickelt. Wie die bisherigen Analysen verdeutlicht haben, ist<br />
die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in besonderer Weise von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
betroffen.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser besonderen Betroffenheit formulieren die Akteure der<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft spezifische Stadtumbauziele aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur, die auf eine Minimierung dieser Auswirkungen ausgerichtet<br />
sind. Diese Ziele, die anhand der aktuellen Diskussion in der Fachliteratur<br />
sowie vor allem anhand der Aussagen der Interviewpartner gewonnen wurden, werden<br />
in Kapitel 9.1 dargelegt <strong>und</strong> diskutiert.<br />
Auch wenn der Fokus der Arbeit eindeutig auf der Ableitung von materiellen <strong>Dichte</strong>zielen<br />
auf der Gr<strong>und</strong>lage der Analyse von Ursache-Wirkungs-Beziehungen liegt,<br />
werden an dieser Stelle die Interessen der Akteure der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft<br />
ansatzweise berücksichtigt. Dabei wird auf diejenigen Ziele eingegangen, die<br />
einen unmittelbaren Bezug zu materiellen Zielen der Siedlungsentwicklung haben.<br />
Auf Basis dieser Ziele können qualitative Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
angegeben <strong>und</strong> Ansätze <strong>für</strong> deren Einbindung in den Stadtumbauprozess aufgezeigt<br />
werden.<br />
Da <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse ein vergleichsweise junges Phänomen sind, bestehen<br />
bisher unzureichende Kenntnisse von Schwellenwerten minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht<br />
der stadttechnischen Infrastruktur. Aus den Interviews mit Akteuren der Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorgungswirtschaft hat sich ergeben, dass solche Schwellenwerte noch nicht<br />
benannt werden können bzw. als unternehmensinterne <strong>und</strong> kostenrelevante Daten<br />
nicht in die Öffentlichkeit gelangen. In der Literatur finden sich lediglich vereinzelte<br />
Schwellenwerte, bei deren Unterschreitung der Infrastrukturaufwand überproportional<br />
ansteigt.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> werden in Kapitel 9.2 Schwellenkorridore minimaler<br />
<strong>Dichte</strong>n mit Hilfe von Modellrechnungen ermittelt. Diese erstmals systematisch<br />
nach Stadtstrukturtypen differenzierten Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n stellen<br />
wissenschaftlich begründete Zielwerte dar, die den Akteuren des Stadtumbaus<br />
dazu dienen sollen, im Zuge der Stadtumbauplanungen angemessene <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong><br />
ihre Stadtumbaugebiete zu definieren. Neben den Schwellenkorridoren minimaler<br />
<strong>Dichte</strong>n werden zusätzlich Werte eines maximalen Bevölkerungsrückgangs angegeben<br />
aus denen sich lokal spezifische Zielwerte ermitteln lassen.<br />
Neben diesen qualitativen <strong>und</strong> quantifizierten Zielen werden in Kapitel 9.3 ebenso<br />
Grenzen von Schwellenwerten minimaler <strong>Dichte</strong> diskutiert, die sich sowohl auf die<br />
Bestimmung der Schwellenkorridore als auch auf deren Anwendbarkeit beziehen.<br />
9.1 Stadtumbauziele aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
Neben der Forderung nach einer stärkeren Berücksichtigung der stadttechnischen<br />
Belange im Stadtumbauprozess (Kapitel 9.1.1) beziehen sich die Ziele der Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorger auch gerade auf siedlungsstrukturelle Ziele des Stadtumbaus. Angestrebt
232 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
wird die Sicherung eines Mindestmaßes an Verdichtung, das einen flächenhaften<br />
Rückbau von außen nach innen erfordert (Kapitel 9.1.2). Gerade in dispers besiedelten<br />
Räumen sind Alternativen zu dieser kompakten <strong>Schrumpfung</strong> in Betracht zu<br />
ziehen, wie z. B. eine Umstellung auf dezentrale Versorgungsstrukturen (Kapitel<br />
9.1.3).<br />
9.1.1 Berücksichtigung der Stadttechnik im Stadtumbau<br />
Vielfach wird eine mangelnde Berücksichtigung der stadttechnischen Belange im<br />
Stadtumbau <strong>und</strong> eine vorrangige Steuerung des Stadtumbaus aus Sicht von wohnungswirtschaftlichen<br />
<strong>und</strong> städtebaulichen Lösungen kritisiert. Bei einer Dominanz<br />
der Rückbaukonzepte durch den Hochbau spiele die unterirdische Infrastruktur nur<br />
eine nachrangige Rolle (HERZ et al. 2005, 11). Besonders in der Anfangsphase des<br />
Stadtumbaus wurden weder stadttechnische Belange ausreichend einbezogen,<br />
noch wurden die Ver- <strong>und</strong> Entsorger als aktive Partner in den Prozess des Stadtumbaus<br />
eingeb<strong>und</strong>en (BMVBS, BBR 2007, 61; HERZ et al. 2002, 56f.; MARSCHKE et<br />
al. 2005, 37).<br />
Dies führt(e) häufig zu einem dispersen Schrumpfen <strong>und</strong> damit zu einer mangelnden<br />
Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> technischen Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Ver-<br />
<strong>und</strong> Entsorgung (BÖLITZ 2004, 66; FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 10). Langfristig<br />
können somit aus wohnungswirtschaftlicher <strong>und</strong> städtebaulicher Sicht günstige Lösungen<br />
zu einer Kostenbelastung führen, die Umsetzungsfähigkeit von Stadtumbaukonzepten<br />
wird gefährdet (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 14). Langfristig kann<br />
der Stadtumbau jedoch nur dann tragfähig sein, wenn funktionsfähige <strong>und</strong> bezahlbare<br />
stadttechnische Infrastrukturen gesichert werden (SPRINGER 2005).<br />
Zwar hat das Problembewusstsein der Stadtplaner <strong>für</strong> die Stadttechnik in jüngerer<br />
Zeit zugenommen (BMVBS, BBR 2007, 62f.; INTERVIEW 2; SCHILLER, SIEDENTOP<br />
2005, 90), <strong>und</strong> die Akteure der Stadttechnik werden zunehmend in Gespräche <strong>und</strong><br />
Entscheidungen eingeb<strong>und</strong>en (INTERVIEWS 1, 7). Auch wurde, reagierend auf die<br />
Kritik einer mangelnden Berücksichtigung der stadttechnischen Infrastruktur in den<br />
Förderprogrammen zum Stadtumbau Ost (SPRINGER 2005), der stadtumbaubedingte<br />
Rückbau der stadttechnischen Infrastruktur als Fördertatbestand in die Städtebauförderung<br />
aufgenommen (s. Exkurs 22). Allerdings erfolgt die Einbindung der<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft nicht immer rechtzeitig genug, um eine Kostenoptimierung<br />
aus Sicht der Ver- <strong>und</strong> Entsorger zu ermöglichen (BMVBS, BBR 2007, 62;<br />
INTERVIEWS 1, 5) <strong>und</strong> damit stadttechnische Probleme <strong>und</strong> Folgekosten von vornherein<br />
zu vermeiden (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 13; HERZ et al. 2002, 52).<br />
Aus Sicht der Ver- <strong>und</strong> Entsorger sind dabei vor allem langfristige Bevölkerungsprognosen<br />
sowie valide Konzepte der künftigen siedlungsstrukturellen Entwicklung<br />
erforderlich (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 13; INTERVIEWS 1, 2, 7). Von besonderer<br />
Bedeutung ist, dass dabei solide Entwicklungsannahmen getroffen werden <strong>und</strong> keine<br />
häufig unrealistischen ‚best-case’-Annahmen (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 15).<br />
Vielmehr sollte die ganze Bandbreite zwischen worst-case <strong>und</strong> best-case betrachtet<br />
werden (SPRINGER 2005).<br />
Der Prognosehorizont bis 2020 greift dabei aus Sicht der Versorgungswirtschaft zu<br />
kurz, da die Netze <strong>und</strong> Anlagen der technischen Infrastrukturen nicht auf 10 bis 15<br />
Jahre, sondern eher auf 30 bis 35 Jahre ausgelegt sind (INTERVIEWS 2, 7). Daher ist<br />
ein Planungshorizont mindestens bis 2040 erforderlich, der der Abschreibungsdauer<br />
der Infrastrukturnetze entspricht (KOZIOL, WALTHER 2002, 32). Bei Investitionen in<br />
die Anpassung von Netzen muss zumindest gewährleistet sein, dass die Quartiere
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 233<br />
über die Abschreibung der Anpassungsinvestitionen hinaus Bestand haben. Ein<br />
kurzfristiges Anpassen der Rückbaustrategie an den sich entwickelnden Leerstand<br />
erweist sich aus der Sicht der Versorger als sehr ungünstig (INTERVIEW 5).<br />
9.1.2 Rückbau von außen nach innen<br />
In Folge der starken Betroffenheit von <strong>Dichte</strong>rückgängen besteht aus Sicht der<br />
Stadttechnik beim Stadtumbau die Zielrichtung eines flächenhaften Rückbaus <strong>und</strong><br />
einer Sicherung ausreichender <strong>Dichte</strong>n. Dies kann sowohl durch eine koordinierte<br />
Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung als auch durch finanzielle Ansätze unterstützt<br />
werden.<br />
Sicherung der Verdichtung durch Rückbau von außen nach innen<br />
Betreiber der stadttechnischen Infrastruktur haben ein großes Interesse, die Ausdünnung<br />
ihrer Versorgungsgebiete zu verhindern (HERZ 2004, 17). Allerdings ist der<br />
hier<strong>für</strong> erforderlich flächenhafte Rückbau aus Sicht anderer Akteure mit Schwierigkeiten<br />
verb<strong>und</strong>en. Diese ergeben sich z. B. bei hochwertig sanierten Gebäuden am<br />
Siedlungsrand (LINDNER, BUHTZ 2006, 17) oder bei einem Verbleiben öffentlicher<br />
Einrichtungen, die auch weiter versorgt werden müssen, an den Endsträngen der<br />
Netze (INTERVIEW 6; KOZIOL, WALTHER 2002, 35). Die Umsetzung eines flächenhaften<br />
Rückbaus wird weiterhin behindert durch bestehende Eigentumsstrukturen<br />
(LINDNER, BUHTZ 2006, 17) <strong>und</strong> gegenläufige Handlungszwänge der Gr<strong>und</strong>stückseigentümer<br />
sowie der Wohnungswirtschaft (z. B. Verwertungsinteressen, Altschuldenentlastung,<br />
rechtliche <strong>und</strong> vertragliche Regelungen) (INTERVIEWS 1, 6).<br />
Trotz dieser anerkannten Probleme eines flächenhaften Rückbaus von den Netzenden<br />
besteht inzwischen weitgehend Einigkeit darüber, dass die Sicherung einer ausreichenden<br />
baulichen <strong>Dichte</strong> zur Gewährleistung der Effizienz der stadttechnischen<br />
Infrastruktur ein vorrangiges Ziel ist, das einem dispersen Rückbau auf jeden Fall<br />
vorzuziehen ist (KOZIOL, WALTHER 2006, 269; LINDNER, BUHTZ 2006, 17). Dabei sollten<br />
die folgenden Gr<strong>und</strong>sätze berücksichtigt werden:<br />
- Der Rückbau sollte von außen nach innen erfolgen, ausgehend von den Endsträngen<br />
der infrastrukturellen Netze (HERZ et al. 2005, 12; INTERVIEW 1; SCHIL-<br />
LER, SIEDENTOP 2005, 89).<br />
- Der Flächenabriss ist einem punktuellem Abriss vorzuziehen, zur Vermeidung<br />
disperser Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> zur Ermöglichung der kompletten Stilllegung<br />
der Infrastruktur (HERZ et al. 2005, 12; INTERVIEW 7; KOZIOL, WALTHER 2006,<br />
269).<br />
- Zur Sicherung einer hohen Liniendichte an den Hauptnetzachsen sollten kompakte<br />
Siedlungsschwerpunkte gewahrt <strong>und</strong> ggf. weiter verdichtet werden (INTER-<br />
VIEW 1, 6; TIETZ 2006, 164).<br />
- Bei städtebaulichen Umstrukturierungen sollten vorhandene Netze genutzt werden<br />
(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 15).<br />
- Neubauaktivitäten an mittel- <strong>und</strong> langfristig minderausgelasteten Netzen <strong>und</strong> in<br />
potenziellen Abrissgebieten sind zu vermeiden (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 15;<br />
SCHILLER, SIEDENTOP 2005, 89).<br />
- Standortentscheidungen sollten sich an der bestehenden Dimensionierung von<br />
Infrastrukturen orientieren, z. B. durch innerstädtische Baulandausweisungen
234 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
<strong>und</strong> Nachverdichtungen zur Sicherung einer Mindestauslastung von Netzen <strong>und</strong><br />
Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur (TIETZ 2006, 164f.).<br />
Koordinierte Stadtumbau- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung<br />
Um einen solchen flächenhaften Rückbau zu erreichen, ist eine koordinierte Stadtumbau-<br />
<strong>und</strong> Infrastrukturplanung erforderlich.<br />
Für die Raum- <strong>und</strong> Stadtplanung ergibt sich vor diesem Hintergr<strong>und</strong> die Forderung<br />
einer aus versorgungswirtschaftlicher Sicht rationellen Siedlungsplanung, die Veränderungen<br />
der Siedlungsdichte berücksichtigt <strong>und</strong> Fachplanungen sinnvoll im<br />
Raum koordiniert (FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 17; TIETZ 2006, 164). Diese Konzepte<br />
sind auf der Basis verschiedener Varianten zu ermitteln. Dabei sind, unter<br />
Einbindung der Ver- <strong>und</strong> Entsorger, auch die Auswirkungen der verschiedenen<br />
Stadtumbauvarianten mit ihren Rückbau- <strong>und</strong> Nachnutzungsoptionen auf die Infrastruktursysteme<br />
zu berücksichtigen (BÖLITZ 2004, 66; FREUDENBERG, KOZIOL 2003,<br />
13).<br />
TIETZ (2006, 170) bewertet die Erfolgsaussichten einer solchen stadtplanerischen<br />
Intervention als gut. Wesentliches Element dieser Planung ist eine frühzeitige Identifizierung<br />
von Flächen, die ohne größere Betriebsprobleme der stadttechnischen<br />
Infrastruktur rückgebaut werden können, ebenso wie von Flächen, auf denen durch<br />
gezielte Maßnahmen der Nachverdichtung die Funktionsfähigkeit der stadttechnische<br />
Systeme gesichert werden kann. Bei veränderten <strong>Dichte</strong>n ist zu prüfen, ob die<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung künftig besser in kleineren Einheiten erfolgen kann.<br />
Ein mögliches Instrument zur Erreichung einer diesen Ansprüchen gerecht werdenden<br />
koordinierten Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung ist die Definition erschließungsgünstiger<br />
Korridore (BÖLITZ 2004, 67; HERZ 2002), in denen hohe Siedlungsdichten<br />
gewährleistet werden sollten <strong>und</strong> in denen weitere langfristige Investitionen<br />
in die Ver- <strong>und</strong> Entsorgungssysteme sinnvoll sind. In Dispositionsgebieten hingegen<br />
sollte die Funktionsfähigkeit durch Zwischenlösungen auf niedrigem Niveau gesichert<br />
werden (BÖLITZ 2004, 67).<br />
MARSCHKE et al. (2005, 38ff.) schlagen die Erarbeitung eines infrastrukturellen Entwicklungsplans<br />
(ISEP) vor, um<br />
- divergente Entwicklungen von Stadtentwicklungsplanung <strong>und</strong> Infrastrukturentwicklung<br />
aufzuzeigen,<br />
- das wechselseitige Verständnis zwischen Planern <strong>und</strong> Technikern zu verbessern<br />
<strong>und</strong><br />
- durch gemeinsames Handeln Stadtumbaukonzepte sowohl aus Sicht der Stadtplanung<br />
als auch aus Sicht der Infrastrukturentwicklung zu optimieren.<br />
Im Rahmen dieser ISEPs sollen – auf Basis einer Bestandsanalyse sowie f<strong>und</strong>ierter<br />
gesamtstädtischer <strong>und</strong> teilstädtischer Bedarfsprognosen – infrastrukturell günstig<br />
erschlossene Bereiche aufgezeigt <strong>und</strong> die Entwicklungsaussagen der Stadtumbaukonzepte<br />
im Hinblick auf die Stadttechnik bewertet werden. Auch könnten potenzielle<br />
Rückbaugebiete aus Sicht der Stadttechnik ermittelt werden, z. B. dort, wo sich<br />
marode Netze mit einem hohen Investitionsbedarf <strong>und</strong> einem stark abnehmenden<br />
Absatz überlagern (MARSCHKE et al. 2005, 41).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 235<br />
Von besonderer Bedeutung ist eine stärkere Einflussnahme der Ver- <strong>und</strong> Entsorger<br />
auf die Reihenfolge des Rückbaus (INTERVIEWS 3, 4), zumal sie die Kosten des<br />
Stadtumbaus bisher weitestgehend selber tragen müssen (HERZ et al. 2005, 12).<br />
Im Interesse eines integrierten Stadtumbaus ergeben sich jedoch auch Verpflichtungen<br />
<strong>für</strong> die Akteure der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft.<br />
- Diese müssen sich aktiv <strong>und</strong> kontinuierlich in den Stadtumbauprozess einbringen.<br />
In diesem Kontext sollten kostengünstige Erschließungs- <strong>und</strong> Interimslösungen<br />
erarbeitet <strong>und</strong> die Erneuerungsstrategie an den Prozess des Stadtumbaus<br />
angepasst werden, um die Nutzung von Synergieeffekten zu ermöglichen<br />
(HERZ et al. 2002, 57).<br />
- Auch ergibt sich die Notwendigkeit der Stadtplanung fehlende Daten zu den Auslastungszuständen<br />
von Netzen bereitzustellen (INTERVIEW 6).<br />
Anzustreben ist weiterhin eine frühzeitige Kommunikation zwischen Wohnungswirtschaft<br />
<strong>und</strong> Stadttechnik unter Moderation der Kommunen (INTERVIEW 2). Mögliche<br />
Instrumente sind Arbeitsgruppen zur technischen Infrastruktur im Stadtumbauprozess,<br />
Arbeitshilfen oder auch Verträge zwischen den Akteuren des Stadtumbaus<br />
(LINDNER, BUHTZ 2006, 18).<br />
Eine weitere Voraussetzung <strong>für</strong> eine koordinierte Stadtumbau- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung<br />
ist die Mitwirkungsbereitschaft aller Wohnungseigentümer in den Stadtumbau-<br />
<strong>und</strong> Rückbaugebieten. So führt gerade in Gebieten eines flächenhaften Abrisses der<br />
Verbleib einzelner Gebäude, deren Eigentümer sich nicht am Stadtumbau beteiligen,<br />
zu einem erhöhten Aufwand <strong>für</strong> die Stadttechnik. Im Idealfall sollte ein Kompromiss<br />
zwischen den Interessen der Kommune, der Wohnungswirtschaft <strong>und</strong> der<br />
Versorgungswirtschaft erreicht werden, mit klaren Absprachen über die zeitliche <strong>und</strong><br />
räumliche Organisation von Umbau <strong>und</strong> Rückbau (BMVBS, BBR 2007, 63).<br />
Finanzielle Ansätze zur Unterstützung eines Rückbaus von außen nach innen<br />
Auch mit Hilfe finanzieller Ansätze (z. B. in der Tarifgestaltung oder Förderpolitik)<br />
kann ein flächenhafter Rückbau von außen nach innen unterstützt werden.<br />
Wie bereits dargelegt wurde, spiegeln die aktuellen Tarife der stadttechnischen Ver-<br />
<strong>und</strong> Entsorgung nicht die Kostendifferenzen der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in Stadtgebieten<br />
verschiedener <strong>Dichte</strong>n wider. Gerade im Zuge von weiteren <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
ist die gängige Abrechnungspraxis einheitlicher Tarife <strong>für</strong> Versorgungsgebiete unterschiedlicher<br />
<strong>Dichte</strong> zu hinterfragen (TIETZ 2006, 166). Vorgeschlagen wird z. B.<br />
die Entwicklung von Tarifzonenmodellen, die unterschiedliche Infrastrukturaufwände<br />
in Gebieten verschiedener <strong>Dichte</strong> berücksichtigen <strong>und</strong> sich positiv auf die Sicherung<br />
dichter <strong>und</strong> erschließungsgünstiger Gebiete auswirken (HERZ et al. 2005, 12;<br />
MARSCHKE 2004, 86, 2005, 29ff.). MARSCHKE et al. (2005, 30) gehen davon aus,<br />
dass sich eine verursachergerechte Kostenanlastung am besten durch ein raumbezogenes<br />
<strong>Dichte</strong>modell erreichen lässt, das den Erschließungsaufwand typischer,<br />
unterschiedlich dicht besiedelter Siedlungsstrukturen berücksichtigt.<br />
Angestrebt wird eine finanzielle Förderung infrastruktureller Rückbaumaßnahmen<br />
bei Nachweis einer zukünftigen Gebühren- <strong>und</strong> Preisstabilität (MARSCHKE 2004, 86),<br />
die seit 2006 mit der Aufnahme der Rückführung städtischer Infrastruktur als Fördertatbestand<br />
der Städtebauförderung gewährt wird. Zu vermeiden sind allerdings Förderungen<br />
nach dem Gießkannenprinzip (MARSCHKE 2004, 86). Um einer flächenhaften<br />
Förderung entgegen zu wirken, ist im Land Sachsen die Förderfähigkeit auf sol-
236 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
che Vorhaben beschränkt, die im Rahmen flächenhafter Rückbaumaßnahmen zur<br />
Bereitstellung dauerhafter Lösungen beitragen (KÖPPL 2006), was zu begrüßen ist.<br />
9.1.3 Dezentrale Versorgung als Alternative?<br />
Neben diesen primär auf eine Sicherung ausreichender <strong>Dichte</strong>n ausgerichteten<br />
Stadtumbaustrategien sind (gerade <strong>für</strong> ländliche Gebiete) andere Handlungsansätze<br />
denkbar. Während bisher hohe Versorgungsstandards <strong>und</strong> die Versorgungspflicht<br />
zur Gewährleistung eines Mindestmaßes an Verdichtung zwingen, können alternativ<br />
auch neue Maßstäbe <strong>für</strong> die Versorgungssicherheit <strong>und</strong> -qualität entwickelt werden.<br />
Vorgeschlagen wird z. B. ein Aufbrechen der Versorgungspflicht <strong>für</strong> die Versorgungswirtschaft.<br />
Gerade <strong>für</strong> Gebiete mit geringer <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> einer langfristig nicht<br />
tragbaren finanziellen Belastung der Infrastrukturversorgung ist die derzeit durch<br />
gültige Normen gesicherte Beibehaltung der höchsten Versorgungsqualität zu hinterfragen.<br />
Denkbar ist insbesondere, dass in ländlichen Räumen mit geringer <strong>Dichte</strong><br />
umfangreiche Sanierungen <strong>und</strong> Neuanschlüsse ausbleiben (MARSCHKE 2004, 86)<br />
<strong>und</strong> stattdessen eine Umstellung auf dezentrale Versorgungssysteme erfolgt.<br />
Die meist genannte Alternative zu einer auf Kontraktion <strong>und</strong> Sicherung von <strong>Dichte</strong>n<br />
ausgerichteten Stadtumbaustrategie ist eine zunehmende Systemumstellung zentraler<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgungssysteme auf dezentrale Systemlösungen (FREUDENBERG,<br />
KOZIOL 2003, 14f.; IÖR, IES 2004). So könnten Stadtumbauprozesse dazu genutzt<br />
werden, große Gesamtnetze in kleine Teilnetze aufzulösen <strong>und</strong> diesen entsprechende<br />
dezentrale Erzeugungs- <strong>und</strong> Behandlungsanlagen zuzuordnen. Unter bestimmten<br />
Bedingungen kann diese Differenzierung in Teilnetze trotz der beschriebenen<br />
‚economies of scale’ (s. Kapitel 7.2.1) zu insgesamt kostengünstigeren Lösungen<br />
führen (TIETZ 2006, 165) <strong>und</strong> ökologisch sinnvoll sein (IÖR, IES 2004).<br />
Exkurs 24: Ersatz der zentralen Fernwärmeversorgung durch dezentrale<br />
Nahwärmeanlagen in Zwickau 65<br />
Aufgr<strong>und</strong> des massiven Rückgangs des Fernwärmeabsatzes in Zwickau (s. Exkurs 18) kann<br />
die Fernwärmeversorgung hier nicht mehr wirtschaftlich als zentrale Versorgung betrieben<br />
werden. Bezogen auf das Gesamtnetz betragen die Wärmeverluste inzwischen 19 %. Umbau-<br />
<strong>und</strong> Anpassungsmaßnahmen sind seit 1999 erforderlich. Zu diesem Zeitpunkt war der<br />
Wärmeabsatz um etwa 40 % zurückgegangen. Anpassungsmaßnahmen beinhalten eine<br />
Umrüstung einiger Sek<strong>und</strong>ärnetze von 4-Leiter auf 2-Leiter-Systeme. Zudem wurde im Zuge<br />
der Netzanpassungsmaßnahmen die Errichtung von 22 Nahwärmeversorgungsanlagen notwendig.<br />
Verschiedene Untersuchungen anhand diverser Varianten haben ergeben, dass ein weiterer<br />
Betrieb der Fernwärmeversorgung über ein zentrales Netz in Anbetracht des rückläufigen<br />
Wärmebedarfs ökonomisch <strong>für</strong> die Zukunft nicht mehr tragfähig sein wird <strong>und</strong> mittel- bis<br />
langfristig eine fortgesetzte Umstellung auf dezentrale Versorgungslösungen erforderlich<br />
sein wird. Dabei werden die bestehenden Systeme solange wie möglich im Unterlastbereich<br />
weiter betrieben <strong>und</strong> Investitionen möglichst lange hinaus gezögert, um eine weitere Planungssicherheit<br />
über Bestands- <strong>und</strong> Rückbaugebiete im Rahmen des Stadtumbaus zu erhalten<br />
(INTERVIEW SCHNEIDER, SPIELVOGEL).<br />
Mögliche dezentrale Lösungen sind Nahwärmeinseln im Bereich der Wärmeversorgung<br />
oder Kleinkläranlagen bei der Abwasserentsorgung (FREUDENBERG, KOZIOL<br />
2003, 14). In Gebieten, die sehr starken Entdichtungsprozessen ausgesetzt sind,<br />
sollten vermehrt Möglichkeiten der Direkteinleitung von Abwässern <strong>und</strong> der Eigenversorgung<br />
mit Trinkwasser geprüft werden (TIETZ 2006, 166). Besonders bei der<br />
Wärmeversorgung können dezentrale Lösungen eine ökonomische Alternative zu<br />
65 Veröffentlichungserlaubnis erteilt am 16.08.2007.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 237<br />
einer zentralen Versorgung darstellen (TIETZ 2006,165f.), wie auch Exkurs 24 verdeutlicht.<br />
Der zunehmenden Nutzung dezentraler Systeme sind allerdings auch Grenzen gesetzt:<br />
- So sind bei der Abwasserentsorgung bestimmte naturräumliche Gegebenheiten<br />
die Voraussetzung <strong>für</strong> den Einsatz dezentraler Systeme (BÖLITZ 2004, S. 67).<br />
- Zu berücksichtigen ist auch, dass ein verstärkter Einsatz dezentraler Einzellösungen<br />
einer weiteren Zersiedlung <strong>und</strong> damit Entdichtung der Siedlungsstruktur<br />
Vorschub leisten könnte (IÖR, IES 2004, S. 4).<br />
- Aufgr<strong>und</strong> vielfältiger Vorschriften zur Sicherung der Trinkwasserqualität bestehen<br />
im Hinblick auf dezentrale Trinkwasserversorgungen so gut wie keine Handlungsmöglichkeiten<br />
(INTERVIEWS 1, 2).<br />
- Aus Wirtschaftlichkeitserwägungen der Ver- <strong>und</strong> Entsorger ist es sinnvoll, nicht<br />
mehr ausgelastete zentrale Systeme möglichst lange zu betreiben, um eine Systemumstellung<br />
auf dezentrale Systeme hinauszuzögern (INTERVIEW 1) <strong>und</strong> die<br />
Vorteile zentraler Systeme (z. B. höhere Wirkungsgrade der Fernwärmeversorgung)<br />
zu nutzen (INTERVIEW 2).<br />
Gerade <strong>für</strong> verdichtete städtische Räume sind zentrale Ver- <strong>und</strong> Entsorgungssysteme<br />
deshalb nach wie vor die ökonomisch <strong>und</strong> ökologisch effizienteste Alternative<br />
(IÖR, IES 2004).<br />
Im Zuge der zunehmenden Polarisierung der räumlichen Entwicklung sind Entscheidungen<br />
über angepasste Systeme der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung zukünftig in stärkerem<br />
Maße standortspezifisch, unter Berücksichtigung der regionalen oder städtischen<br />
Besonderheiten <strong>und</strong> der bestehenden sowie angestrebten <strong>Dichte</strong>n zu entwickeln.<br />
9.2 Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik<br />
Anhand der dargestellten Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die stadttechnische<br />
Infrastruktur wird geschlossen, dass Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n bestehen,<br />
bei deren Unterschreitung die Sicherung der technischen Funktionsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> die Finanzierbarkeit der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung einen unverhältnismäßig<br />
hohen Aufwand erfordern.<br />
Zur Bestimmung solcher Schwellenwerte fehlen bisher ausreichende Erfahrungswerte.<br />
Von den Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen konnten bisher keine Informationen<br />
bereitgestellt werden, auf deren Gr<strong>und</strong>lage eine direkte Ableitung von Schwellenwerten<br />
möglich war. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> werden Schwellenkorridore minimaler<br />
<strong>Dichte</strong>n anhand von Modellrechnungen ermittelt.<br />
Als Gr<strong>und</strong>lage der Modellrechnungen werden verschiedene Annahmen getroffen.<br />
Es wird davon ausgegangen, dass<br />
- derzeitige Versorgungsstrukturen einer zentralen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in städtischen<br />
Gebieten fortbestehen,<br />
- derzeitige Kostenstrukturen beibehalten werden <strong>und</strong><br />
- die Kosten der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung zwar ansteigen werden,<br />
dieser Kostenanstieg jedoch begrenzt wird.
238 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Um siedlungsstrukturellen Unterschieden Rechnung zu tragen, werden die Schwellenkorridore<br />
differenziert <strong>für</strong> die in ostdeutschen Städten relevanten Stadtstrukturtypen<br />
erarbeitet. Die Modellrechnungen basieren auf Daten zu typischen <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong><br />
Infrastrukturaufwänden der verschiedenen Strukturtypen. Die Gr<strong>und</strong>lagendaten der<br />
Modellierung werden in Kapitel 9.2.1 dargelegt <strong>und</strong> eingeschätzt.<br />
Auf der Basis der in Kapitel 8 aufgezeigten Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf<br />
die stadttechnische Infrastruktur ergeben sich verschiedene Grenzen in Bezug auf<br />
Aufwand, Finanzierbarkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur.<br />
Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage werden im Folgenden Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n aus<br />
Sicht der stadttechnischen Infrastruktur bestimmt:<br />
- <strong>Dichte</strong>rückgänge im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen führen zu einem Anstieg<br />
des Infrastrukturaufwands. Dabei kann – differenziert nach Stadtstrukturtypen –<br />
diejenige Schwelle bestimmt werden, ab der eine überproportionale Steigerung<br />
des Infrastrukturaufwands erfolgt (Kapitel 9.2.2).<br />
- Am stärksten von Funktionsbeeinträchtigungen ist die Schmutzwasserentsorgung<br />
betroffen, bei der eine Minderauslastung der Netze zu einem vollständigen<br />
Funktionsverlust führen kann. Diese Schwelle des Funktionsverlusts wird herangezogen,<br />
um Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der technischen<br />
Funktionsfähigkeit zu bestimmen (Kapitel 9.2.3).<br />
- Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n ergeben sich vor allem auch aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen.<br />
So können Funktionsverluste der stadttechnischen<br />
Infrastrukturen durch einen Umbau der Systeme <strong>und</strong> einen entsprechenden<br />
Einsatz von Investitionen weitestgehend aufgefangen werden. Dies würde<br />
allerdings zu unverhältnismäßig hohen Kosten der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung führen.<br />
Bezogen auf die Stadtumbaugebiete ist die ökonomische Tragfähigkeit der Wasserver-<br />
<strong>und</strong> -entsorgung dann gefährdet, wenn die quartiersbezogenen Kosten<br />
das quartiersbezogene Gebührenaufkommen überschreiten. Bei der Fernwärmeversorgung<br />
ergibt sich die ökonomische Tragfähigkeit anhand einer Wirtschaftlichkeitsgrenze,<br />
die anhand der Wärmebedarfsdichte angegeben werden kann<br />
(Kapitel 9.2.4).<br />
Abschließend werden die Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur in einer Synopse zusammenfassend dargestellt (9.2.5).<br />
Neben den Werten minimaler Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten, die stark von den<br />
in 9.2.1 gesetzten Gr<strong>und</strong>annahmen abhängen, werden dabei auch Schwellen eines<br />
maximalen Bevölkerungsrückgangs angegeben. Diese ermöglichen es auch bei von<br />
den Gr<strong>und</strong>annahmen abweichenden Ausgangswerten, Schwellenkorridore minimaler<br />
<strong>Dichte</strong> <strong>für</strong> verschiedene Stadtstrukturtypen zu bestimmen.<br />
9.2.1 Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellierung<br />
Die Gr<strong>und</strong>lagendaten <strong>für</strong> die Modellierung basieren auf zwei Studien, die sich intensiv<br />
mit Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten verschiedener Stadtstrukturtypen auseinandersetzen.<br />
Im Folgenden werden die aus diesen Studien gewonnen Daten zu<br />
<strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> Längen der Erschließungsnetze dargelegt <strong>und</strong> deren Validität bewertet.<br />
Daten der <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> der Längen der Erschließungsnetze<br />
SIEDENTOP et al. 2006 modellieren die Infrastrukturfolgekosten der Siedlungsentwicklung<br />
<strong>für</strong> die Region Havelland-Fläming. Annahmen zu Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />
werden anhand von Literaturangaben sowie eigenen Berechnungen
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 239<br />
zur Wohnungsdichte ermittelt. Dabei wird die durchschnittlich sehr geringe Siedlungsdichte<br />
in Brandenburg berücksichtigt (SIEDENTOP et al. 2006, 52ff.). Werte zu<br />
den Netzlängen der Infrastrukturen basieren auf empirischen Erhebungen in ausgewählten<br />
Beispielstädten in der Region (SIEDENTOP et al. 2006, 104). Siedlungstypen<br />
werden unterschieden auf Basis unterschiedlicher Verdichtungsgrade (gering<br />
verdichtet, moderat verdichtet, verdichtet) sowie Entwicklungsdynamiken (schrumpfend,<br />
stabil, wachsend) (SIEDENTOP et al. 2006, 50). Tabelle 60 gibt einen Überblick<br />
über die auf dieser Studie basierenden Gr<strong>und</strong>lagendaten <strong>für</strong> die weiteren Modellrechnungen.<br />
Anstelle einer detaillierten Unterscheidung der Siedlungstypen werden<br />
zur Vereinfachung Wertespannen angegeben, die das gesamte Spektrum der Siedlungstypen<br />
abdecken <strong>und</strong> geeignet sind, Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus<br />
Sicht der stadttechnischen Infrastruktur abzuleiten.<br />
Tabelle 60: Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellrechnungen nach SIEDENTOP et al.<br />
(2006, 52ff., 106ff.) (Eigene Darstellung <strong>und</strong> zum Teil eigene Berechnung)<br />
Stadtstrukturtyp<br />
GFD<br />
Wohnfläche je<br />
EW in m 2<br />
EW je ha<br />
m Schmutzwasserleitung<br />
je Einwohner<br />
m Trinkwasserleitung<br />
je Einwohner<br />
Block 0,8-1,0 30,0-34,7 184-267 1,1-1,3 0,9-1,2<br />
Platte 0,8-1,1 27,3-31,6 203-323 0,5-0,6 0,6-0,9<br />
Zeile 0,6-1,0 26,4-30,5 157-303 0,6-1,3 0,8-1,5<br />
MFH 90+ 0,5-0,7 31,8-36,8 109-176 1,3-2,1 1,1-1,6<br />
EFH dicht 0,3-0,4 37,9-41,4 58-84 2,2-3,0 2,1-2,9<br />
EFH locker 0,15-0,2 37,9-41,4 29-42 3,2-5,2 3,3-5,5<br />
Dorf 0,15-0,2 37,9-41,4 29-42 7,8-11,6 8,9-11,7<br />
Streu 0,1-0,2 37,9-41,4 19-42 3,6-8,0 4,1-9,0<br />
BUCHERT et al. (2004) nutzen Daten zur Bebauungsdichte, um die Stoffaufwendungen<br />
<strong>für</strong> die stadttechnische Erschließung von Wohngebieten zu modellieren. Diese<br />
werden nach Stadtstrukturtypen sowie den Raumtypen ‚Kernstadt’, ‚suburbaner<br />
Raum’ <strong>und</strong> ‚ländlicher Raum’ differenziert. Diese Daten basieren auf Angaben aus<br />
der Literatur sowie auf Berechnungen der Hilfsgröße der Wohnungsdichte (BU-<br />
CHERT et al. 2004, 25ff.). Längen der Erschließungsnetze werden anhand der Annahmen<br />
zur Erschließung von modellhaften Planquadraten errechnet (BUCHERT et<br />
al. 2004, 43ff.). Tabelle 61 zeigt eine zusammenfassende Darstellung der auf dieser<br />
Studie basierenden Gr<strong>und</strong>lagendaten <strong>für</strong> die weiteren Modellrechnungen.<br />
Tabelle 61: Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellrechnungen nach BUCHERT et al. (2004, 31,<br />
Anhang I 20ff.) (Eigene Darstellung <strong>und</strong> zum Teil eigene Berechnung)<br />
Stadt-<br />
strukturtyp<br />
GFD<br />
Wohnfläche 1<br />
je EW in m 2<br />
EW je ha<br />
m Schmutzwasserleitung<br />
je Einwohner<br />
m Trinkwasserleitung<br />
je Einwohner<br />
Block 1,2-2,5 36,6 262-546 1,19 1,4<br />
Platte 0,8-1,5 29,4 218-408 0,8-1,0 0,9-1,3<br />
Zeile 0,6-1,3 32,0 150-325 0,9-1,5 1,0-1,7<br />
MFH 90+ 0,5-1,2 37,9 106-253 1,0-1,9 1,2-2,1<br />
EFH dicht 0,4-0,7 37,6 85-149 2,2-3,1 2,5-3,5<br />
EFH doppel 0,3-0,5 37,6 64-106 2,7-3,6 3,1-4,1<br />
EFH locker 0,15-0,3 41,2 29-58 4,0-6,3 4,5-7,1<br />
1 Die nach Stadtstrukturtypen differenzierte Wohnflächeninanspruchnahme wurde auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage von Daten des Mikrozensus 2002 zur Wohnflächeninanspruchnahme in<br />
Wohngebäuden unterschiedlicher Alterklassen <strong>und</strong> Wohnungszahlen errechnet (Anhang<br />
IV).
240 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Bewertung der Gr<strong>und</strong>lagendaten<br />
Die gewählten Gr<strong>und</strong>lagendaten sind von zentraler Bedeutung <strong>für</strong> die erzielten Ergebnisse<br />
<strong>und</strong> werden vor diesem Hintergr<strong>und</strong> einer kritischen Einschätzung unterzogen.<br />
Zunächst ist hervorzuheben, dass sich die angegebenen <strong>Dichte</strong>werte auf eine Vollbelegung<br />
der beschriebenen Siedlungsstrukturen beziehen. Aktuelle Leerstände<br />
werden hierbei nicht berücksichtigt <strong>und</strong> werden im weiteren Verlauf der Modellrechnungen<br />
als Annahmen integriert. Während die Studie von SIEDENTOP et al. (2006)<br />
sowohl Annahmen zu Bebauungs- als auch zu Einwohnerdichten enthält, werden in<br />
der Studie von BUCHERT et al. (2004) lediglich Bebauungsdichten angegeben, die<br />
anhand von stadtstrukturtypenspezifischen Werten der individuellen Wohnflächeninanspruchnahme<br />
in Einwohnerdichten umgerechnet werden (s. Anhang IV).<br />
Ein Vergleich der <strong>Dichte</strong>werte der beiden Studien zeigt durchweg höhere <strong>Dichte</strong>annahmen<br />
in der Studie von BUCHERT et al. (2004). Dies ist bedingt durch die verschiedenen<br />
regionalen Kontexte mit einer ländlichen Siedlungsstruktur bei SIEDEN-<br />
TOP et al. (2006) <strong>und</strong> einer großstädtischen Siedlungsstruktur bei BUCHERT et al.<br />
(2004). Damit bilden die <strong>Dichte</strong>werte der Studien die beiden Extreme der möglichen<br />
Ausprägungen der <strong>Dichte</strong>n der betrachteten Stadtstrukturtypen.<br />
Eine besonders hohe Spanne der <strong>Dichte</strong>werte kann <strong>für</strong> den Strukturtyp der gründerzeitlichen<br />
Blockbebauung festgestellt werden, mit Geschossflächendichten von 0,8<br />
bis 2,5 <strong>und</strong> Einwohnerdichten zwischen 184 bis 546 Einwohner je ha netto. Diese<br />
Wertespannen entsprechen den empirisch festgestellten <strong>Dichte</strong>differenzen dieses<br />
Strukturtyps:<br />
- Die höchsten <strong>Dichte</strong>werte weisen dabei metropolitane Blockbebauungen auf,<br />
zum Beispiel die geschlossene Hinterhofbebauung in Berlin, die im Jahr 1996 eine<br />
Einwohnerdichte von durchschnittlich 549 Einwohnern je ha (SENSTADT BER-<br />
LIN 1996b) <strong>und</strong> in 2006 von 475 Einwohnern je ha aufwies (SENSTADT BERLIN<br />
2006).<br />
- Deutlich geringer sind bereits die aktuellen <strong>Dichte</strong>werte der gründerzeitlichen<br />
Bebauungsstruktur in ostdeutschen Großstädten, z. B. mit einer Einwohnerdichte<br />
von durchschnittlich 150 Einwohnern je ha brutto <strong>und</strong> damit 210 Einwohnern je<br />
ha netto in Leipzig <strong>und</strong> Dresden (BÜRO FÜR URBANE PROJEKTE 2004b, 64; MEINEL<br />
et al. 2007, 87). Berücksichtigt man bei den Leipziger <strong>und</strong> Dresdner Werten einen<br />
durchschnittlichen Wohnungsleerstand der gründerzeitlichen Blockbebauung<br />
von 20 % in Leipzig (STADT LEIPZIG 2005, 15) <strong>und</strong> 22 % in Dresden (LANDES-<br />
HAUPTSTADT DRESDEN 2007), würden sich hier bei Vollbelegung Einwohnerdichten<br />
von 260 bis 270 Einwohner je ha Nettowohnbauland ergeben.<br />
- Den unteren Teil des <strong>Dichte</strong>korridors beim Strukturtyp der Blockbebauung bilden<br />
ostdeutsche Klein- <strong>und</strong> Mittelstädte, wie sie in der Region Havelland-Fläming<br />
vorkommen, mit Geschossflächendichten zwischen 0,8 <strong>und</strong> 1,0 <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />
zwischen 180 <strong>und</strong> 260 Einwohnern je ha netto (SIEDENTOP et al. 2006,<br />
57).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 241<br />
Abbildung 77: Gründerzeitliche Blockbebauung in Berlin <strong>und</strong> Brandenburg an der<br />
Havel (Fotos: Dahme)<br />
Zur Bewertung der Angaben zu den Längen der Erschließungsnetze zeigt<br />
Abbildung 78 eine vergleichende Darstellung der spezifischen Netzlängen der<br />
Trinkwasserleitungen je Einwohner in Abhängigkeit von den Geschossflächendichten,<br />
die sich aus den jeweiligen Studien ergeben.<br />
Abbildung 78: Geschossflächendichten <strong>und</strong> spezifische Netzlänge der<br />
Trinkwasserleitungen (Eigene Berechnung <strong>und</strong> Darstellung auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage von SIEDENTOP et al. 2006, BUCHERT et al. 2004)<br />
m Trinkwasserleitung je Einwohner<br />
Siedentop et al. 2006 Buchert et al. 2004<br />
13<br />
12<br />
11<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6<br />
Geschossflächendichte (GFD)<br />
Deutlich werden erneut die bereits erläuterten höheren <strong>Dichte</strong>werte der Studie von<br />
BUCHERT et al. (2004). 66 Je nach Strukturtyp liegen die Werte um 8 bis 44 % höher<br />
als die Werte von SIEDENTOP et al. (2006), obwohl aufgr<strong>und</strong> der höheren <strong>Dichte</strong>n<br />
eigentlich ein geringerer spezifischer Erschließungsaufwand zu erwarten wäre. Aufgr<strong>und</strong><br />
ihrer empirischen Ermittlung werden die Daten von SIEDENTOP et al. (2006)<br />
als valider eingeschätzt <strong>und</strong> deshalb im Folgenden als zentrale Gr<strong>und</strong>lage der Modellbildung<br />
verwendet.<br />
66 Aufgr<strong>und</strong> der von BUCHERT et al. (2004) anhand von modellierten Planquadraten abgeleiteten<br />
Netzlängen ergibt sich bei gleichen <strong>Dichte</strong>werten tendenziell ein höherer spezifischer<br />
Erschließungsaufwand als auf Basis der von SIEDENTOP et al. (2006) empirisch<br />
ermittelten Werte.
242 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
9.2.2 Schwellenkorridore aus Sicht des Infrastrukturaufwands<br />
Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n werden bisher vor allem aus Sicht des gesamten<br />
Infrastrukturaufwands <strong>für</strong> die innere Wohngebietserschließung genannt, der neben<br />
der stadttechnischen auch die verkehrliche Erschließung umfasst. Als Schwellenwert<br />
wird dabei derjenige Punkt der exponentiellen Kurve des Zusammenhangs<br />
zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Infrastrukturaufwand benannt, ab dem der Infrastrukturaufwand<br />
überproportional ansteigt. Je nach getroffenen Annahmen variiert dieser Punkt<br />
leicht. Anhand einer Analyse des Stofflagers der Erschließung kommt SCHILLER<br />
(2002, 26f.) zu dem Schluss, dass der stoffbezogene Infrastrukturaufwand unterhalb<br />
einer Geschossflächendichte von 0,5 sehr stark ansteigt.<br />
Abbildung 79: Schwelle überproportional steigenden Infrastrukturaufwands<br />
(Eigene Darstellung nach Schiller 2002, 26)<br />
t/m² Geschossfläche<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />
Geschossflächendichte (GFD)<br />
SIEDENTOP et al. (2006, 217f.) ermittelten eine kritische Schwelle von 20 Wohneinheiten<br />
je ha Bruttowohnbauland, bei deren Unterschreitung die Kosten der inneren<br />
Erschließung je Wohneinheit (z. B. der Abwasserentsorgung) exponentiell ansteigen.<br />
Tabelle 62: Schwellenwerte zur Begrenzung des Infrastrukturaufwands (Eigene<br />
Darstellung auf der Gr<strong>und</strong>lage von SCHILLER 2002, 26f.; SIEDENTOP et al. 2006, 217f.) 1<br />
Quelle<br />
WE je<br />
ha brutto<br />
WE je<br />
ha netto<br />
Belegungsziffer<br />
EW je<br />
ha netto<br />
Schiller 2002 30 42 2,52 1063 0,5<br />
Siedentop et al.<br />
20 28 2,3<br />
2006<br />
4 64 0,325 1 Werte aus Quellenangaben sind fett dargestellt, andere Werte sind eigene Berechnungen<br />
2 Belegungsziffer von bewohnten Wohnungen in Wohngebäuden mit 1 <strong>und</strong> 2 Wohnungen in den Neuen<br />
Ländern <strong>und</strong> Berlin Ost nach Mikrozensus 2002 (STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b, 46)<br />
3 Bei Annahme einer Wohnfläche je Einwohner von 37,6 m² je Einwohner nach Mikrozensus (s. Anhang IV)<br />
4 Nach SIEDENTOP et al. 2006, 56 <strong>für</strong> den Gemeindetyp stabil<br />
5 Bei Annahme einer Wohnfläche von 39,6 m² je Einwohner nach SIEDENTOP et al. 2006, 56 <strong>und</strong> 59<br />
Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n werden bisher also vor allem als pauschaler<br />
Schwellenwert in Bezug auf die Gesamtheit aller Stadtstrukturtypen gesetzt. Sie<br />
GFD
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 243<br />
geben damit Mindestdichten <strong>für</strong> den gering verdichteten Einfamilienhausbau vor.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen stellt sich allerdings zunehmend<br />
die Frage, ob bei massiven Bevölkerungsrückgängen nicht auch bei Stadtstrukturtypen<br />
höherer <strong>Dichte</strong>n Schwellenwerte bestehen.<br />
Abbildung 80 verdeutlicht, dass sich die spezifischen Leitungslängen bei Bevölkerungsrückgang<br />
in verschiedenen Stadtstrukturtypen unterschiedlich entwickeln.<br />
Dargestellt wird die Entwicklung der spezifischen Leitungslängen der Trinkwasserleitung<br />
in m je Einwohner <strong>und</strong> der Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen<br />
bei Bevölkerungsrückgang. Jeder Punkt in der Grafik repräsentiert dabei einen Bevölkerungsrückgang<br />
von 10 %. Zu erkennen sind deutlich höhere Aufwandssteigerungen<br />
in den geringer verdichten Stadtstrukturtypen. So nimmt die spezifische<br />
Netzlänge der Trinkwasserversorgung im Strukturtyp Platte bei einem Bevölkerungsrückgang<br />
von 50 % von 0,73 m je Einwohner auf 1,46 m je Einwohner zu.<br />
Während die relative Steigerung einer Verdoppelung des Erschließungsaufwands<br />
bei Halbierung der Bevölkerung in allen Strukturtypen den gleichen Umfang einnimmt,<br />
ist die absolute Steigerung des spezifischen Erschließungsaufwands im<br />
Strukturtyp ‚Einfamilienhaus locker’ deutlich höher, mit einem Anstieg von 5,52 m je<br />
Einwohner auf 11,04 m je Einwohner.<br />
Abbildung 80: Steigerung der spezifischen Länge der Trinkwasserleitung je<br />
Einwohner bei Bevölkerungsrückgang (Eigene Berechnungen auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage von Daten von SIEDENTOP et al. 2006)<br />
m Trinkwasserleitung je Einwohner<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Schwellenwert nach<br />
Siedentop et al. 2006 (217f.):<br />
64 EW je ha netto<br />
0 50 100 150 200 250<br />
Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />
Block<br />
Platte<br />
Zeile<br />
MFH 90+<br />
EFH locker<br />
Dargestellt wird in der Abbildung ebenfalls der von SIEDENTOP et al. (2006, 217f.)<br />
ermittelte Schwellenwert der <strong>Dichte</strong> von 20 Wohneinheiten je ha Bruttowohnbauland<br />
(entsprechend einer Nettowohndichte von 64 Einwohnern je ha Nettowohnbauland),<br />
bei dessen Unterschreitung die Kosten der inneren Wohngebietserschließung exponentiell<br />
ansteigen. Dieser in der Literatur genannte minimale <strong>Dichte</strong>wert zur Vermeidung<br />
eines überproportionalen Infrastrukturaufwands wird im Rahmen dieser Arbeit<br />
als Untergrenze der <strong>Dichte</strong> aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur gesetzt.<br />
Während dieser Wert sinnvoll zur Begrenzung des spezifischen Infrastrukturaufwands<br />
im Einfamilienhausbau ist, verdeutlicht Abbildung 80 auch, dass bei den ver-
244 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
dichteteren Strukturtypen weitaus früher eine exponentielle Steigerung des spezifischen<br />
Erschließungsaufwands vorliegt. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> werden <strong>für</strong> diese<br />
Strukturtypen zur Begrenzung des Infrastrukturaufwands jeweils spezifische <strong>Dichte</strong>schwellenwerte<br />
gesetzt. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich der spezifische<br />
Infrastrukturaufwand (in m Trinkwasserleitung je Einwohner) innerhalb eines Strukturtyps<br />
nicht mehr als verdoppeln soll. Zur Begrenzung des Infrastrukturaufwands<br />
sollte der Bevölkerungsrückgang damit 50 % nicht überschreiten.<br />
Anhand dieser Zielsetzung sowie der in 9.2.1 beschriebenen Modellierungsdaten<br />
ergeben sich die in Tabelle 63, Abbildung 81 <strong>und</strong> Abbildung 82 aufgezeigten<br />
Schwellenkorridore der Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten.<br />
Zwar ist zur Bestimmung des Infrastrukturaufwands unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />
zunächst die Einwohnerdichte die entscheidende Größe, allerdings werden aufgr<strong>und</strong><br />
der Bedeutung <strong>für</strong> baurechtliche Festsetzungen ebenso Werte minimaler Geschossflächenzahlen<br />
angegeben. Diese wurden aus den minimalen Nettowohndichten<br />
anhand von Annahmen zur typischen individuellen Wohnflächeninanspruchnahme<br />
berechnet (s. Anhang IV). Damit entsprechen die angegebenen Geschossflächenzahlen<br />
denjenigen Bebauungsdichten, die bei den angenommenen Nettowohndichten<br />
dann erreicht werden, wenn ein vollständiger flächenhafter Rückbau<br />
leerstehender Wohngebäude erreicht wird. Geht man zudem von Wohnungsleerstand<br />
aus, so erhöhen sich die minimalen Geschossflächenzahlen entsprechend.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der unterschiedlichen Ausgangsdaten der beiden zu Gr<strong>und</strong>e gelegten<br />
Studien (siehe 9.2.1) ergeben sich <strong>für</strong> einzelne Strukturtypen zum Teil breite Zielkorridore<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n. Dies gilt insbesondere <strong>für</strong> den Strukturtyp ‚Block’ mit<br />
einem Korridor minimaler Geschossflächenzahlen zwischen 0,4 <strong>und</strong> 1,25 <strong>und</strong> Einwohnerdichten<br />
zwischen 92 <strong>und</strong> 273 Einwohnern je ha. Engere <strong>Dichte</strong>korridore ergeben<br />
sich <strong>für</strong> die Strukturtypen Zeile (GFZ 0,32-0,65; EW je ha 75-152), Mehrfamilienhäuser<br />
nach 1990 (GFZ 0,3-0,6; EW je ha 64-127), sowie <strong>für</strong> die verdichteten<br />
<strong>und</strong> locker bebauten Einfamilienhäuser (GFZ 0,3-0,35; EW je ha 64-74).<br />
Tabelle 63: Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n zur Begrenzung des spezifischen Infrastrukturaufwands<br />
(in m Trinkwasserleitung je Einwohner) (Eigene Berechnungen auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage von Daten von BUCHERT et al. 2004 <strong>und</strong> SIEDENTOP et al. 2006)<br />
Strukturtyp<br />
Eigene Berechnungen nach<br />
BUCHERT et al. 2004<br />
Eigene Berechnungen nach<br />
SIEDENTOP et al. 2006<br />
EW je ha GFZ EW je ha GFZ<br />
Block 131-273 0,6-1,25 92-134 0,4-0,5<br />
Platte 109-204 0,4-0,75 102-162 0,4-0,55<br />
Zeile 75-163 0,3-0,65 79-152 0,3-0,5<br />
MFH 90+ 64-127 0,3-0,6 64-88 0,3-0,35<br />
EFH >64-74 >0,32-0,35 >64 >0,3
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 245<br />
Abbildung 81: Korridore minimaler Einwohnerdichten zur Begrenzung des spezifischen<br />
Infrastrukturaufwands (in m Trinkwasserleitung je Einwohner)<br />
(Eigene Darstellung)<br />
Einwohner je ha netto<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Siedentop et al. 2006 Buchert et al. 2004<br />
Schwellenwert nach Siedentop et al.<br />
2006, (217f.): min. 64 EW je ha netto<br />
Block Platte Zeile MFH 90+ EFH<br />
Abbildung 82: Korridore minimaler Geschossflächenzahlen zur Begrenzung<br />
des spezifischen Infrastrukturaufwands (in m Trinkwasserleitung je Einwohner)<br />
(Eigene Darstellung)<br />
Geschossflächenzahl (GFZ)<br />
1,6<br />
1,4<br />
1,2<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0,0<br />
Siedentop et al. 2006 Buchert et al. 2004<br />
Schwellenwert nach Siedentop et al.<br />
2006 (217f.): min. GFZ 0,32<br />
Block Platte Zeile MFH 90+ EFH<br />
9.2.3 Schwellenkorridore aus Sicht der technischen Funktionsfähigkeit<br />
Schwellen der technischen Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
ergeben sich, wenn bei Unterauslastung der stadttechnischen Infrastruktur<br />
infolge von Verbrauchs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen zur Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen<br />
Betriebs betriebstechnische Maßnahmen erforderlich werden <strong>und</strong> ein<br />
vollständiger Funktionsverlust eintritt, der bauliche Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsmaßnahmen<br />
erfordert.
246 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Dabei wird davon ausgegangen, dass Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n im Hinblick<br />
auf die technische Funktionsfähigkeit erst dann erreicht werden, wenn es zu<br />
einem vollständigen Funktionsverlust kommt. Dies ist <strong>für</strong> die Schmutzwasserentsorgung<br />
der Fall, bei der ab einer Unterauslastung von 70 % die Funktionsfähigkeit<br />
soweit eingeschränkt ist, dass Netzanpassung <strong>und</strong> -umbau erforderlich werden<br />
(FREUDENBERG, KOZIOL 2003, 59). Die Trinkwasserversorgung hingegen kann allein<br />
durch betriebstechnische Maßnahmen aufrecht erhalt werden. Bei der Fernwärmeversorgung<br />
lassen sich Schwellen minimaler <strong>Dichte</strong>n vor allem anhand der Wärmebedarfsdichten<br />
bestimmen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> werden Schwellenkorridore aus<br />
Sicht der technischen Funktionsfähigkeit im Folgenden <strong>für</strong> die Schmutzwasserentsorgung<br />
bestimmt.<br />
Da der Schmutzwasseranfall pro Kopf in etwa dem Trinkwasserverbrauch je Einwohner<br />
entspricht <strong>und</strong> dieser sich seit der Wende drastisch verringert hat, ist die<br />
Kanalisation bereits unabhängig vom Bevölkerungsrückgang von Unterauslastungen<br />
betroffen. So sind die Schmutzwassernetze allein durch den Rückgang des<br />
spezifischen Trinkwasserverbrauchs auf 90 l pro Person <strong>und</strong> Tag 67 im Vergleich<br />
zum Auslegungswert von 220 l 68 pro Person <strong>und</strong> Tag deutlich unterausgelastet (siehe<br />
Abbildung 83).<br />
Abbildung 83: Schwellenwert der Einwohnerdichte <strong>für</strong> den Strukturtyp Platte anhand<br />
der Mindestauslastung der Schmutzwassernetze von 30 %<br />
(Eigene Berechnung nach SIEDENTOP et al. 2006) 69<br />
Auslastung Schmutzwasserleitung in %___<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Auslastung der Schmutzwasserleitung bei Bevölkerungsrückgang<br />
Minderauslastung durch Rückgang des Trinkwasserverbrauchs von 220l<br />
auf 90l pro Person <strong>und</strong> Tag<br />
Schwelle minimaler Einwohnerdichte<br />
bei Mindestauslastung der<br />
Schmutzwassernetze von 30 %<br />
Fremdwasseranteil 10%<br />
0 50 100 150 200 250<br />
Einwohner je ha netto<br />
67 Dabei erfolgt eine Orientierung an den derzeit geringsten Verbräuchen um die 90 l je<br />
Einwohner <strong>und</strong> Tag, die in den B<strong>und</strong>esländern Sachsen, Sachsen-Anhalt <strong>und</strong> Thüringen<br />
gemessen werden (s. Abbildung 48).<br />
68 In der DDR wurde <strong>für</strong> Orte mit mehr als 20.000 Einwohnern von einem täglichen<br />
Schmutzwasseranfall von durchschnittlich 220 l je Einwohner <strong>und</strong> Tag ausgegangen<br />
(Pörschmann 1972, 523).<br />
69 Werte <strong>für</strong> den Strukturtyp Platte, Gemeindetyp gering verdichtet schrumpfend.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 247<br />
Abbildung 83 illustriert am Beispiel des Stadtstrukturtyps ‚Platte’, wie anhand der<br />
technischen Funktionsschwelle einer Mindestauslastung der Schmutzwassernetze<br />
von 30 % ein Schwellenwert der minimalen Einwohnerdichte ermittelt werden kann.<br />
Aus der Einwohnerdichte des Stadtstrukturtyps, dem angenommen Schmutzwasseranfall,<br />
aktuellen Verbrauchsrückgängen <strong>und</strong> Annahmen zum Bevölkerungsrückgang<br />
lässt sich die Auslastung der Schmutzwasserleitungen bei verschiedenen Einwohnerdichten<br />
darstellen. Dabei entspricht jeder Punkt auf der Funktion einem Einwohnerrückgang<br />
von 10 %. Anhand der Daten von SIEDENTOP et al. 2006 <strong>für</strong> den Stadtstrukturtyp<br />
Platte beträgt die Einwohnerdichte 203 Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />
als Ausgangswert. Aufgr<strong>und</strong> des Rückgangs des spezifischen Trinkwasserverbrauchs<br />
/ Schmutzwasseranfalls von 220 l pro Person <strong>und</strong> Tag auf 90 l sind die<br />
Schmutzwassernetze bei dieser Einwohnerdichte zu 46 % ausgelastet, wenn man<br />
von einem Fremdwasseranteil von 10 % ausgeht. Im Zuge eines angenommenen<br />
Bevölkerungsrückgangs sinkt der Auslastungswert weiter, bis auf 10 % Fremdwasseranteil<br />
bei einer vollständigen Aufgabe der Wohnnutzung. Bei 114 Einwohnern je<br />
ha Nettowohnbauland sind die Schmutzwassernetze, bei den hier angenommenen<br />
Ausprägungen des Strukturtyps Platte, nur noch zu 30 % ausgelastet.<br />
Dies entspricht einem Bevölkerungsrückgang von 44 %, der im Hinblick auf die<br />
Funktionsfähigkeit der Schmutzwasserableitung nicht überschritten werden sollte.<br />
Auf Basis des maximalen Bevölkerungsrückgangs von 44 % lassen sich <strong>Dichte</strong>schwellen<br />
<strong>für</strong> die anderen Stadtstrukturtypen berechnen (s. Abbildung 84). Da die<br />
Auslastung im Vergleich zur Dimensionierung der Leitungen zu Zeiten der DDR ermittelt<br />
wird, werden hier nur diejenigen Stadtstrukturtypen betrachtet, die bereits vor<br />
der Wende in nennenswertem Umfang existierten.<br />
Abbildung 84: Auslastung der Schmutzwassernetze nach Stadtstrukturtypen<br />
(Eigene Berechnung <strong>und</strong> Darstellung auf der Basis von Siedentop et al. 2006) 70<br />
Auslastung Schmutzwasserleitung in % __<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Minderauslastung durch Rückgang des Trinkwasserverbrauchs<br />
von 220l auf 90l pro Person <strong>und</strong> Tag<br />
Fremdwasseranteil von 10 %<br />
0 50 100 150 200 250<br />
Einwohner je ha netto<br />
70 Gemeindetyp gering verdichtet schrumpfend.<br />
Block<br />
Platte<br />
Zeile<br />
EFH dicht
248 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Anhand der Annahmen zur Wohn- <strong>und</strong> Geschossfläche je Einwohner (s. Kapitel<br />
9.2.1) lassen sich diesen Einwohnerdichten entsprechende minimale Geschossflächenzahlen<br />
errechnen (unter Annahme einer kompakten Siedlungsstruktur <strong>und</strong> einer<br />
Vollbelegung der Wohnungen).<br />
Tabelle 64 zeigt zusammenfassend die Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus<br />
Sicht der Sicherung einer Mindestauslastung der Schmutzwassernetze von 30 %.<br />
Diese Werte verhalten sich analog zu den Schwellenwerten aus Sicht der Minimierung<br />
des Infrastrukturaufwands (siehe Abbildung 81, Tabelle 62), liegen allerdings<br />
um 12 % höher.<br />
Der Berechnung der Schwellenkorridore liegt die Annahme zu Gr<strong>und</strong>e, dass die<br />
Netze zunächst entsprechend ihrer Dimensionierung voll ausgelastet waren. Waren<br />
die Netze ursprünglich auf weiteren Zuwachs ausgelegt <strong>und</strong> werden diese schon am<br />
Minimum gefahren, wie dies z. B. bei einigen nach der Wende nicht mehr fertig gestellten<br />
Plattenbaugebieten der Fall ist, werden Grenzen der Funktionsfähigkeit sehr<br />
viel schneller erreicht (INTERVIEWS 1, 7). Wenn die Netze zum Beispiel bereits zu<br />
Beginn der Betrachtungsperiode <strong>für</strong> 20 % mehr Bevölkerung dimensioniert waren,<br />
wird der Schwellenwert einer Auslastung des Netzes von 30 % bereits bei einem<br />
Bevölkerungsrückgang um 30 % erreicht.<br />
Tabelle 64: Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n anhand der Mindestauslastung der Schmutzwassernetze<br />
von 30 % (Eigene Berechnungen auf der Gr<strong>und</strong>lage von Daten von BU-<br />
CHERT et al. 2004 <strong>und</strong> SIEDENTOP et al. 2006)<br />
Strukturtyp<br />
Eigene Berechnungen nach<br />
BUCHERT et al. 2004<br />
Eigene Berechnungen nach<br />
SIEDENTOP et al. 2006<br />
EW je ha GFZ EW je ha GFZ<br />
Block 147-307 0,67-1,40 103-150 0,45-0,56<br />
Platte 122-228 0,45-0,84 114-182 0,45-0,62<br />
Zeile 84-183 0,34-0,73 88-170 0,34-0,56<br />
EFH dicht 48-83 0,22-0,39 33-47 0,17-0,23<br />
9.2.4 Schwellenkorridore aus Sicht der Wirtschaftlichkeit<br />
Quartiersbezogene Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der ökonomischen<br />
Tragfähigkeit der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ergeben sich zum einen,<br />
wenn quartiersbezogen eine Kostenunterdeckung besteht (KOZIOL, WALTHER 2006,<br />
261). Dies wird im Folgenden am Beispiel der Schmutzwasserentsorgung ausführlicher<br />
erläutert, gilt jedoch analog auch <strong>für</strong> die Trinkwasserversorgung. Zum anderen<br />
ergeben sich Schwellenwerte der ökonomischen Tragfähigkeit dann, wenn vergleichbare<br />
Systemalternativen geringere Kosten aufweisen (KOZIOL, WALTHER 2006,<br />
261). Dies ist insbesondere bei der Fernwärmeversorgung der Fall, die wirtschaftlich<br />
in Konkurrenz zu anderen Formen der Wärmeversorgung steht.<br />
Wann die Schwellen einer ökonomisch nicht mehr tragfähigen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung<br />
erreicht werden, hängt dabei auch vom verfolgten Anspruch an die Wirtschaftlichkeit<br />
ab. Bei einer Orientierung an den auf dem Kapitalmarkt üblicherweise zu erzielenden<br />
Renditen werden diese Schwellen deutlich schneller erreicht, als wenn die Ver-<br />
<strong>und</strong> Entsorgung als kommunale Aufgabe verstanden wird, bei der es in erster Linie<br />
um die Sicherung der erforderlichen Reinvestitionen geht (INTERVIEW 2).
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 249<br />
Quartiersbezogene Kostenunterdeckung<br />
KOZIOL, WALTHER (2006) gehen bei Modellrechnungen auf der Quartiersebene <strong>für</strong><br />
den Bereich Schmutzwasserentsorgung davon aus, dass der Schwellenwert der<br />
ökonomischen Tragfähigkeit dann erreicht wird, wenn der quartiersbezogene Saldo<br />
aus Aufwand <strong>und</strong> Gebührenaufkommen die Kostendeckung unterschreitet. 71 Für die<br />
Variante „Disperse <strong>Schrumpfung</strong> ohne Erneuerung der Netze“ ergibt sich ab einem<br />
Einwohnerrückgang von 75 % eine quartiersbezogene Kostenunterdeckung, bei<br />
abgeschriebenen Netzen sogar erst bei einem Einwohnerrückgang von 85 %. Erfolgt<br />
bei einer dispersen <strong>Schrumpfung</strong> allerdings eine teilweise Erneuerung der Netze,<br />
so muss bei noch nicht abgeschriebenen Netzen bereits ab einem Einwohnerrückgang<br />
von 55 % mit einer Kostenunterdeckung gerechnet werden, bei abgeschriebenen<br />
Netzen etwa ab einem Bevölkerungsrückgang von 70 %. Durch einen<br />
flächenhaften Rückbau kann fast bis zur vollständigen Abwicklung des Quartiers<br />
eine Kostendeckung erhalten bleiben (KOZIOL, WALTHER 2006, 267). Es wird davon<br />
ausgegangen, dass Stadtumbauprozesse bisher vermehrt dispers <strong>und</strong> mit Teilerneuerungen<br />
der Netze durchgeführt wurden, so dass die in der folgenden Tabelle<br />
65 angegebenen Schwellenkorridore von einem maximalen Bevölkerungsrückgang<br />
von 55 % in Bezug auf den Bemessungswert ausgehen, bei dessen Überschreitung<br />
eine quartiersbezogene Kostenunterdeckung anzunehmen ist.<br />
Tabelle 65: Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der quartiersbezogenen Kostenunterdeckung<br />
der Schmutzwasserentsorgung (Eigene Berechnungen auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
von Daten von BUCHERT et al 2004 <strong>und</strong> SIEDENTOP et al. 2006)<br />
Strukturtyp<br />
Eigene Berechnungen nach<br />
BUCHERT et al. 2004<br />
Eigene Berechnungen nach<br />
SIEDENTOP et al. 2006<br />
EW je ha GFZ EW je ha GFZ<br />
Block 118-246 0,54-1,13 83-120 0,36-0,45<br />
Platte 98-184 0,36-0,68 91-145 0,36-0,50<br />
Zeile 68-146 0,27-0,59 71-136 0,27-0,45<br />
MFH 90+ 48-114 0,23-0,54 49-79 0,23-0,32<br />
EFH 29-67 0,14-0,32 26-38 0,14-0,18<br />
Wettbewerbsfähigkeit der Fernwärmeversorgung<br />
Gerade auf dem Wärmemarkt hat die Liberalisierung zu einem verschärften Wettbewerb<br />
geführt, gekennzeichnet durch häufig parallele Versorgung mit Fernwärme<br />
<strong>und</strong> Gas. Eine wirtschaftliche Fernwärmeversorgung erfordert eine hohe Liniendichte,<br />
gemessen auch in Wärmebedarfsdichten. Anhand der Zusammenführung von<br />
Geschossflächendichten <strong>und</strong> Wärmebedarfsdichten von Stadtstrukturtypen sowie<br />
der Grenzen einer wirtschaftlichen Fernwärmeversorgung lassen sich Rückschlüsse<br />
auf Mindestbebauungsdichten ziehen, die <strong>für</strong> eine wirtschaftliche Fernwärmeversorgung<br />
erforderlich sind (s. Abbildung 85).<br />
71 Ausgehend von einem Abwasserpreis von 4 € je m³, einem quartiersnetzrelevanten Gebührenanteil<br />
von 40 % <strong>und</strong> einer Schmutzwassermenge von 30 m³ je Einwohner <strong>und</strong><br />
Jahr.
250 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 85: Schwellenwerte minimaler Bebauungsdichten aus Sicht der Wirtschaftlichkeit<br />
der Fernwärmeversorgung (Eigene Darstellung nach RINGLER, SCHNEPF 1987,<br />
347; ROTH 1980, 99ff; SIEDENTOP et al. 2006, 97)<br />
Die Stadtstrukturtypen der Einfamilienhausbebauung sowie der Mehrfamilienhausbebauung<br />
nach 1990 eignen sich demnach aufgr<strong>und</strong> der geringen Wärmebedarfsdichten<br />
nicht <strong>für</strong> eine wirtschaftliche Fernwärmeversorgung. In den Strukturtypen<br />
Block, Platte sowie Zeile sollte mindestens eine Geschossflächenzahl von 0,7 erreicht<br />
werden, um eine wirtschaftliche Fernwärmeversorgung zu ermöglichen. Erfolgt<br />
in einem Stadtgebiet eine parallele Versorgung mit anderen Wärmeträgern sind<br />
entsprechend höhere <strong>Dichte</strong>n zu erzielen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird als Schwellenwert<br />
einer wirtschaftlichen Fernwärmeversorgung auch eine Geschossflächenzahl<br />
von 1,0 genannt (HERZ 2006, 7; TIETZ 2006, 160).<br />
Demnach werden Schwellen der ökonomischen Tragfähigkeit der Fernwärmeversorgung<br />
im Vergleich zu den anderen Medien schnell erreicht. In Stadtstrukturen,<br />
die sich bezogen auf die Strukturtypen Block, Platte <strong>und</strong> Zeile eher am unteren<br />
Rand der angegebenen <strong>Dichte</strong>korridore (siehe Kapitel 9.2.1) bewegen, sind diese<br />
Schwellen bereits ohne jeden Bevölkerungsrückgang unterschritten. Aufgr<strong>und</strong> der<br />
besonders hohen Wärmedämmstandards werden bei einem hohen Anteil von Neubauten,<br />
wie beim Stadtstrukturtyp der Mehrfamilienhausbebauung nach 1990, auch<br />
bei einer GFD von 0,7 keine Wärmebedarfsdichten mehr erzielt, die eine wirtschaftliche<br />
Fernwärmeversorgung ermöglichen.<br />
Demnach ist im Zuge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen damit zu rechnen, dass gerade<br />
das System einer zentralen Fernwärmeversorgung mit seinen besonders hohen<br />
Wirkungsgraden in Frage gestellt wird. Um einen Ersatz dieser Wärmeversorgung<br />
durch deutlich weniger ressourceneffiziente Formen der Wärmeversorgung zu vermeiden<br />
(TIETZ 2006, 157), ist ein Ersatz zentraler Fernwärmversorgung durch dezentrale<br />
Nahwärmelösungen (s. Exkurs 24) anzustreben.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 251<br />
9.2.5 Synopse der Schwellenkorridore<br />
Tabelle 66 fasst die vorhergehend ermittelten Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n<br />
aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur zusammen. Gr<strong>und</strong>sätzlich wurden drei<br />
verschiedene Sichtweisen eingenommen, um diese Schwellenkorridore zu ermitteln:<br />
1. die Begrenzung des spezifischen Infrastrukturaufwands,<br />
2. die Sicherung der technischen Funktionsfähigkeit sowie<br />
3. die Gewährleistung der ökonomischen Tragfähigkeit der stadttechnischen Ver-<br />
<strong>und</strong> Entsorgung.<br />
Diese Sichtweisen wurden, auf Basis der Untersuchung der Auswirkungen von<br />
<strong>Dichte</strong>rückgängen auf die stadttechnische Infrastruktur, durch verschiedene Kriterien<br />
operationalisiert, wie in der zweiten Spalte von Tabelle 66 dargestellt.<br />
Dabei ergeben sich bei einigen Kriterien pauschale Schwellenbereiche, aus anderen<br />
Kriterien ergeben sich deutlich breitere <strong>Dichte</strong>korridore, die sich zudem in den einzelnen<br />
Stadtstrukturtypen sehr unterschiedlich ausprägen.<br />
Ein pauschaler Zielwert ergibt sich aus dem Kriterium zur Begrenzung des Infrastrukturaufwands<br />
durch mindestens 20 Wohneinheiten je ha Bruttobauland. Allerdings<br />
gilt dieser Wert nur <strong>für</strong> die Stadtstrukturtypen Einfamilienhäuser sowie Mehrfamilienhäuser<br />
nach 1990, in den anderen Strukturtypen bestehen höhere Schwellenwerte<br />
minimaler <strong>Dichte</strong>n (s. hierzu die Erläuterungen in Kapitel 9.2.2). Ein ebenfalls<br />
pauschaler <strong>Dichte</strong>korridor von Geschossflächenzahlen von 0,7 bis 1,0 ergibt<br />
sich <strong>für</strong> die Sicherung einer wettbewerbsfähigen Fernwärmversorgung (siehe Kapitel<br />
9.2.4).<br />
Bei den weiteren Kriterien erfolgt eine nach Stadtstrukturtypen differenzierte Ermittlung<br />
von Schwellenkorridoren minimaler <strong>Dichte</strong>n, die auf Basis der in Kapitel 9.2.1<br />
aufgezeigten Gr<strong>und</strong>lagendaten berechnet werden. Zu berücksichtigen ist bei diesen<br />
Zielkorridoren, dass Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n anhand der regional stark<br />
variierenden Ausgangsdichten anzupassen sind. Dabei spiegeln die unteren Grenzen<br />
der <strong>Dichte</strong>korridore ländliche Ausprägungen der jeweiligen Stadtstrukturtypen<br />
<strong>und</strong> die oberen Grenzen deren urbane Gestalt wider. Suburbane <strong>Dichte</strong>n befinden<br />
sich in der Mitte der jeweiligen <strong>Dichte</strong>korridore.<br />
Neben den Schwellenkorridoren bieten die Angaben zu maximalen Bevölkerungsrückgängen<br />
(s. Spalte 3 in Tabelle 66) eine Basis <strong>für</strong> einzelfallspezifische Ermittlungen<br />
von Schwellenkorridoren minimaler Einwohner- <strong>und</strong> auch Bebauungsdichten.<br />
Generell kann festgestellt werden, dass die Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit<br />
der stadttechnischen Infrastruktur unter den angenommenen Ausgangsbedingungen<br />
bis zu Bevölkerungsrückgängen von 40 bis 50 % in Bezug zum Bemessungswert<br />
der stadttechnischen Systeme weitestgehend gesichert werden kann.<br />
Je nach Ausgangsbedingung können die Schwellen minimaler <strong>Dichte</strong>n jedoch auch<br />
deutlich früher erreicht werden:<br />
- Gerade bei gering verdichteten Siedlungsstrukturen erfolgt, aufgr<strong>und</strong> des ohnehin<br />
bereits hohen einwohnerspezifischen Erschließungsaufwands, schnell eine<br />
sehr hohe absolute Steigerung des Infrastrukturaufwands.<br />
- Funktionsschwellen werden bereits bei deutlich geringeren Bevölkerungsrückgängen<br />
erreicht, wenn die Netze bereits vor Beginn der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse<br />
nicht entsprechend ihrer Dimensionierung ausgelastet waren.
252 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
- Bei der Fernwärmeversorgung werden Wirtschaftlichkeitsschwellen bei geringen<br />
Bebauungsdichten fast ohne jeden Bevölkerungsrückgang <strong>und</strong> Wohnungsrückbau<br />
erreicht, insbesondere, wenn eine parallele Wärmeversorgung mit Gas<br />
vorliegt.<br />
Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass sich auch bei quartiersbezogenen dispersen<br />
Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen von unter 50 % bereits Funktionsbeeinträchtigungen<br />
<strong>und</strong> Kostensteigerungen infolge von Kostenremanenzen sowie zusätzlichen<br />
Betriebskosten ergeben. Erfolgen diese <strong>Dichte</strong>rückgänge nicht nur innerhalb einzelner<br />
Stadtquartiere, sondern über einen größeren Teil des Stadtgebiets, kann dies zu<br />
erheblichen Kostensteigerungen führen. Dabei sind die Folgewirkungen kumulierter<br />
<strong>Dichte</strong>rückgänge über das gesamte Gebiet einer Stadt <strong>für</strong> die zentralen Netze der<br />
äußeren Erschließung sowie die zentralen Anlagen bisher ungeklärt.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des Ziels einer integrierten Steuerung des Stadtumbaus sollte<br />
deshalb eine Stabilisierung der <strong>Dichte</strong>n (deutlich) oberhalb der hier angegebenen<br />
Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n erfolgen. Bei einer flächendeckenden Unterschreitung<br />
der Schwellenwerte sind Systemänderungen zu erwägen, insbesondere<br />
eine Umstellung von zentralen auf dezentrale Systeme.<br />
Tabelle 66: Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
(Eigene Darstellung)<br />
Begründung der<br />
Schwellenwerte<br />
Begrenzung des<br />
Infrastrukturaufwands<br />
Technische<br />
Funktionsfähigkeit<br />
Ökonomische<br />
Tragfähigkeit<br />
Kriterium<br />
Max. Verdoppelung des<br />
spezifischen Erschließungsaufwands<br />
Mindestens 20 WE<br />
je ha brutto<br />
Mindestauslastung der<br />
Schmutzwassernetze<br />
von 30 %<br />
Quartiersbezogene<br />
Kostendeckung<br />
Wettbewerbsfähige<br />
Fernwärmeversorgung<br />
Maximaler Bevölkerungsrückgang<br />
(in Bezug zum<br />
Bemessungswert)<br />
Stadtstrukturtyp<br />
Schwellenwerte nach<br />
Stadtstrukturtypen<br />
EW je ha<br />
netto<br />
GFZ<br />
Block 90-270 0,4-1,3<br />
50 %<br />
Platte<br />
Zeile<br />
100-200<br />
80-160<br />
0,4-0,8<br />
0,3-0,7<br />
MFH 90+ 60-130 0,3-0,6<br />
Keine Angabe, da MFH 90+ >60 >0,3<br />
pauschale Schwellen<br />
der Bebauungsdichte EFH >60 >0,3<br />
Block 100-310 0,5-1,4<br />
44 %<br />
Platte<br />
Zeile<br />
110-230<br />
80-170<br />
0,5-0,8<br />
0,3-0,7<br />
EFH 30-80 0,2-0,4<br />
Block 80-250 0,4-1,1<br />
Platte 90-180 0,4-0,7<br />
55 % Zeile 70-150 0,3-0,6<br />
MFH 90+ 50-110 0,2-0,5<br />
EFH 30-70 0,1-0,3<br />
Keine Angabe, da Block 150-220 0,7-1,0<br />
pauschale Schwellen<br />
der Bebauungsdichte<br />
Platte<br />
Zeile<br />
190-270<br />
180<br />
0,7-1,0<br />
0,7
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 253<br />
9.3 Grenzen von Schwellenkorridoren<br />
Im vorangegangen Kapitel wurde deutlich, dass sich Schwellenkorridore minimaler<br />
<strong>Dichte</strong>n im Hinblick auf Aufwand, Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> ökonomische Tragfähigkeit<br />
der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung bestimmen lassen. Allerdings sind diese<br />
Schwellenkorridore mit Grenzen konfrontiert. Dies sind zum einen Grenzen bei der<br />
Ermittlung der Schwellenkorridore, wie<br />
- eine mangelnde Verfügbarkeit der erforderlichen stadttechnischen Daten oder<br />
- fehlende Kenntnisse zum jeweiligen Gewicht dichtebezogener <strong>und</strong> von der <strong>Dichte</strong><br />
unabhängiger Einflussfaktoren.<br />
Zum anderen bedürfen die Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik<br />
einer Abwägung mit anderen gesellschaftlichen <strong>und</strong> stadtplanerischen Belangen.<br />
Erforderlich sind<br />
- eine Einbettung in gesamtgesellschaftliche Entscheidungsprozesse, in denen<br />
auch Alternativen zur Sicherung von Mindestdichten diskutiert werden <strong>und</strong><br />
- eine Abwägung mit den Belangen anderer Handlungsfelder des Stadtumbaus.<br />
Mangelnde Datentransparenz <strong>und</strong> -verfügbarkeit<br />
Die Gewinnung von Schwellenwerten minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur wurde durch eine eingeschränkte Datenverfügbarkeit erschwert.<br />
So konnten Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen keine Erfahrungswerte zu Schwellen<br />
der Funktions- <strong>und</strong> Tragfähigkeit von Netzen <strong>und</strong> Anlagen unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />
zur Verfügung stellen (INTERVIEWS 1, 2, 5, 7). Hier<strong>für</strong> können folgende<br />
mögliche Gründe angeführt werden:<br />
- Ver- <strong>und</strong> Entsorger betrachten, vor allem im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit, in<br />
erster Linie das Gesamtnetz <strong>und</strong> unterscheiden nicht nach verschiedenen Stadtstrukturen.<br />
Daher fehlen räumlich differenzierte Daten unterhalb der Ebene des<br />
Versorgungsgebiets.<br />
- Die Infrastrukturfolgekosten des Stadtumbaus werden bisher hauptsächlich punktuell<br />
im Hinblick auf die Umbau- <strong>und</strong> Rückbaukosten innerhalb der Stadtumbaugebiete<br />
betrachtet (INTERVIEW 7). Hierzu liegen auch einzelne Modellrechnungen<br />
vor. Welche Auswirkungen Aufkommens- <strong>und</strong> Verbrauchsrückgänge auf das Gesamtnetz<br />
haben werden, entzieht sich bisherigen Erfahrungen, da sich die kumulierte<br />
Wirkung verschiedener Stadtumbaumaßnahmen auf die Gesamtnetze erst<br />
zeitverzögert zeigen wird (INTERVIEWS 1, 7).<br />
- Daten zu Absatzrückgängen <strong>und</strong> möglichen Kosten- <strong>und</strong> Preissteigerungen sind<br />
sensible Unternehmensdaten <strong>und</strong> können von den Ver- <strong>und</strong> Entsorgern daher<br />
nicht zur Verfügung gestellt werden (INTERVIEW 1).<br />
Die in dieser Arbeit dargestellten Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden<br />
Städten können aufgr<strong>und</strong> der eingeschränkten Datenbasis nicht den Anspruch<br />
allgemeingültiger Werte erheben, sondern bilden einen Gr<strong>und</strong>stein, an den künftig<br />
zu ermittelnde Werte anknüpfen können. Die aus der Datenbasis gewonnenen Werte<br />
stehen allerdings in einem plausiblen Zusammenhang, so dass sich die Validität<br />
der Schlussfolgerungen erhöht. Mit Hilfe der in der Arbeit dargestellten Ansätze zur<br />
Annäherung an Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur lassen sich problemlos weitere Schwellenwerte ermitteln, sobald
254 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
räumlich differenzierte Werte zu Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten <strong>und</strong> zu Längen<br />
der Leitungsnetze vorliegen.<br />
Bedeutung weiterer Einflussfaktoren<br />
Die technische Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> wirtschaftliche Tragfähigkeit der stadttechnischen<br />
Infrastruktur unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen wird nicht allein durch die<br />
<strong>Dichte</strong>entwicklung bestimmt. Zu berücksichtigen ist, dass neben der <strong>Dichte</strong> weitere<br />
Einflussfaktoren entscheidend <strong>für</strong> den Infrastrukturaufwand sind:<br />
- Dies sind technische Einflussfaktoren wie z. B. die Netzform der Erschließungsnetze.<br />
Die örtlichen Gelände-, Untergr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasserverhältnisse sind<br />
bestimmend <strong>für</strong> die technische Ausgestaltung der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsnetze<br />
(z. B. Freispiegel- oder Druckleitungen) <strong>und</strong> damit ebenfalls entscheidend <strong>für</strong> den<br />
jeweiligen Infrastrukturaufwand (GASSNER, THÜNKER 1992, 11f.).<br />
- Unterauslastungen, die betriebstechnische oder bauliche Anpassungsmaßnahmen<br />
erfordern, resultieren nicht allein aus <strong>Dichte</strong>rückgängen, sondern werden<br />
gleichermaßen durch allgemeine Verbrauchsrückgänge, z. B. infolge verbesserter<br />
technischer Standards mit verursacht. Wie schnell es zu Unterauslastungen<br />
der Systeme der stadttechnischen Infrastruktur kommt, hängt darüber hinaus von<br />
der ursprünglichen Auslastung der Netze bei Vollbelegung des Quartiers ab. Kritische<br />
Schwellen der Unterauslastung werden schneller erreicht, wenn die Netze<br />
bereits vor Beginn der <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse nicht vollständig ausgelastet waren.<br />
- Auch wenn eine auf Stabilisierung höherer <strong>Dichte</strong>n ausgerichtete Stadtumbaustrategie<br />
mit geringeren Infrastrukturfolgekosten verb<strong>und</strong>en ist, so hängen die<br />
Folgekosten des Stadtumbaus <strong>für</strong> die Stadttechnik von weiteren Faktoren ab.<br />
Entscheidend ist hierbei vor allem die Reihenfolge, in der Gebäude vom Netz<br />
genommen <strong>und</strong> rückgebaut werden. Wesentlich zur Reduzierung der Kosten ist<br />
damit die Planung der Abrissreihenfolge in einer Art <strong>und</strong> Weise, die den Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorgungsunternehmen ermöglicht, die stadttechnische Infrastruktur schrittweise<br />
abzuklemmen <strong>und</strong> stillzulegen sowie aufwendige Zwischenlösungen zu<br />
vermeiden. Kostenaufwendige Zwischenlösungen liegen dann vor, wenn neue<br />
Leitungen <strong>für</strong> die Ver- <strong>und</strong> Entsorgung solcher Gebäude verlegt werden müssen,<br />
die kurze Zeit später abgerissen werden (LINDNER, BUHTZ 2006, 18).<br />
- Auch eine frühzeitige <strong>und</strong> realistische Planung der künftigen Siedlungsentwicklung,<br />
die es den Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen ermöglicht langfristig gültige<br />
Entscheidungen, z. B. über zu verlegende Leitungsquerschnitte zu treffen, kann<br />
helfen, die Infrastrukturfolgekosten des Stadtumbaus zu senken. Um Planungssicherheit<br />
<strong>für</strong> die Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen zu gewährleisten, sollten zumindest<br />
Kerngebiete, in denen kein Abriss vorgesehen wird, <strong>und</strong> Dispositionsgebiete,<br />
in denen sich der Abriss konzentrieren wird, festgelegt werden (LINDNER,<br />
BUHTZ 2006, 18).<br />
Infrastrukturaufwand <strong>und</strong> -kosten unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen ergeben sich<br />
folglich aus einem komplexen Geflecht von Wirkungsbeziehungen <strong>und</strong> hängen jeweils<br />
von den spezifischen Bedingungen im Einzelfall ab. Festzuhalten ist allerdings,<br />
dass unter ceteris-paribus-Bedingungen dichtere Stadtstrukturen jeweils zu<br />
einem geringeren Infrastrukturaufwand führen.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 255<br />
Notwendigkeit der Einbettung in gesamtgesellschaftliche<br />
Entscheidungsprozesse<br />
Entscheidungen über Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n können nicht unabhängig<br />
von gesellschaftspolitischen Entscheidungen über erwünschte Siedlungsformen,<br />
Standards der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung <strong>und</strong> als angemessen betrachteten Kosten der<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung getroffen werden. Werden die Vorteile gering verdichteter/disperser<br />
Siedlungsstrukturen gesamtgesellschaftlich als so hoch eingeschätzt,<br />
dass da<strong>für</strong> deutlich höhere Kosten der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in Kauf genommen<br />
werden, sind deutlich geringere <strong>Dichte</strong>schwellen vorstellbar als diejenigen, die in<br />
dieser Arbeit angegeben sind. Eine Senkung derzeitiger Standards der Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorgung würde geringere <strong>Dichte</strong>n bei stabilen Kosten ermöglichen.<br />
<strong>Dichte</strong>schwellen wurden in dieser Arbeit vor dem Hintergr<strong>und</strong> formuliert, bisherige<br />
Versorgungsstandards bei moderaten Kostensteigerungen beizubehalten. Die angegebenen<br />
Schwellenwerte fungieren als Wenn-Dann-Werte. Wenn diese Schwellenwerte<br />
unterschritten werden, dann sind Strukturänderungen erforderlich. Diese<br />
können sich entweder auf siedlungsstrukturelle Ansätze mit dem Ziel der Sicherung<br />
höherer <strong>Dichte</strong>n beziehen oder auf Ansätze ohne Bezug zur Siedlungsstruktur, wie<br />
z. B. die Änderung von Versorgungsstandards oder Änderungen der Kostenstrukturen.<br />
In diesem Kontext ist auch ein zunehmender Ersatz zentraler Ver- <strong>und</strong> Entsorgungssysteme<br />
durch dezentrale Lösungen denkbar. Aus Gründen der Notwendigkeit<br />
ressourceneffizienter Siedlungsstrukturen sollte allerdings ein Mindestmaß an<br />
Verdichtung gesichert werden.<br />
Berücksichtigung weiterer Handlungsfelder des Stadtumbaus<br />
Auch wenn der Stadtumbau mit erheblichen Folgekosten <strong>für</strong> die stadttechnische<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung verb<strong>und</strong>en sein kann, so ist es keinesfalls sinnvoll, den Stadtumbau<br />
allein aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur zu steuern. So bestehen<br />
auch Zielvorstellungen, die im Widerspruch zu den stadttechnischen Zielen stehen.<br />
Dies gilt z. B. im Hinblick auf eine ausreichende Freiraumversorgung oder das Angebot<br />
von Wohnformen geringerer <strong>Dichte</strong>n, die von vielen Bevölkerungsgruppen<br />
bevorzugt werden.<br />
Der Stadtumbau ist – so die Zwischenevaluierungen des Programms ‚Stadtumbau<br />
Ost’ (s. Kapitel 4.3) – als interdisziplinäre Aufgabe zu verstehen, bei deren Erfüllung<br />
vielfältige stadtplanerische Belange zu berücksichtigen sind. Ebenso ist den in dieser<br />
Arbeit nicht analysierten Handlungslogiken der verschiedenen am Stadtumbau<br />
beteiligten Akteursgruppen Rechnung zu tragen.<br />
Neben den aus Sicht der Stadttechnik ermittelten Kriterien zur Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n sind somit die in Kapitel 5 aus Sicht weiterer stadtplanerischer<br />
Handlungsfelder (Verkehr, soziale Infrastruktur, Freiraumversorgung, Wohnungsnachfrage)<br />
abgeleiteten Kriterien von besonderer Bedeutung. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
werden in der folgenden Ergebnisdarstellung die Kriterien angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n aus Sicht der Stadttechnik in Beziehung zu diesen Kriterien aus Sicht anderer<br />
stadtplanerischen Handlungsfelder gesetzt.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 257<br />
D. Ergebnisse<br />
Die bisherigen Analysen haben gezeigt, dass <strong>Dichte</strong> eine wichtige stadtplanerische<br />
Größe ist, die auch eingesetzt werden kann, um Aussagen zur ökonomischen <strong>und</strong><br />
<strong>ökologische</strong>n Tragfähigkeit sowie technischen Funktionsfähigkeit stadttechnischer<br />
Infrastrukturen in schrumpfenden Städten zu treffen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> können<br />
die in dieser Arbeit ermittelten Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
in Wohnquartieren schrumpfender Städte einen sinnvollen Beitrag zur Steuerung<br />
von Stadtumbauprozessen in Ostdeutschland leisten <strong>und</strong> dazu beitragen, dass die<br />
Belange der Stadttechnik hierbei eine stärkere Berücksichtigung erfahren.<br />
Kapitel 10 enthält mit den qualitativen <strong>und</strong> quantifizierten Kriterien zur Bestimmung<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten die zentralen Ergebnisse der<br />
Arbeit.<br />
- <strong>Dichte</strong>ziele aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur werden denjenigen aus<br />
Sicht anderer stadtplanerischer Handlungsfelder gegenübergestellt, um Widersprüche<br />
einerseits <strong>und</strong> Synergien andererseits zu erörtern.<br />
- In Steckbriefen werden die Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n <strong>für</strong><br />
verschiedene Stadtstrukturtypen zusammengefasst.<br />
Kapitel 11 fasst die Ergebnisse in Thesen zusammen, die die Bedeutung der <strong>Dichte</strong><br />
als Planungsgröße im Stadtumbau hervorheben, gerade im Hinblick auf die Sicherung<br />
einer technisch funktionsfähigen sowie wirtschaftlich <strong>und</strong> ökologisch tragfähigen<br />
stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung.<br />
In Kapitel 12 werden die Ergebnisse der Arbeit in Form eines Ausblicks in einen<br />
weiteren Kontext gestellt, indem Möglichkeiten <strong>für</strong> deren praktische Anwendung<br />
erläutert, Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Zielgruppen der Arbeit (Stadtplaner, Ver-<br />
<strong>und</strong> Entsorger, Wissenschaftler) formuliert <strong>und</strong> der weitere Forschungsbedarf aufgezeigt<br />
werden.<br />
10 Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />
Wohnquartieren schrumpfender Städten<br />
10.1 Stadttechnische <strong>und</strong> stadtplanerische Kriterien im Vergleich<br />
10.1.1 Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
stimmen zum Teil mit Zielrichtungen aus Sicht der anderen stadtplanerischen Handlungsfelder<br />
überein, unterscheiden sich jedoch auch von diesen.<br />
Eine übereinstimmende Zielrichtung ergibt sich <strong>für</strong> die stadttechnische Infrastruktur<br />
<strong>und</strong> den Verkehr. Zur Minimierung des Aufwands der stadttechnischen sowie der<br />
verkehrstechnischen Erschließung ist eine Kontraktion der Siedlungsentwicklung auf<br />
die Hauptnetz- <strong>und</strong> Haupterschließungsachsen der Infrastrukturen anzustreben, mit<br />
der Sicherung einer entsprechenden Liniendichte. Dementsprechend sollte die<br />
<strong>Schrumpfung</strong> in Richtung eines kompakten Kerns oder in Richtung einzelner fragmentierter<br />
Kerne, die über kompakte Achsen verb<strong>und</strong>en sind, erfolgen.<br />
Auch die soziale Infrastruktur erfordert innerhalb ihres Einzugsbereichs Mindesteinwohnerdichten,<br />
um eine umfassende <strong>und</strong> finanzierbare Ausstattung mit Einrichtungen<br />
aufrecht zu erhalten. Da allerdings, anders als bei der stadttechnischen (<strong>und</strong>
258 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
verkehrstechnischen) Infrastruktur, keine Bindung an Leitungs- oder Liniennetze<br />
besteht, kann eine angemessene Versorgung mit sozialer Infrastruktur sowohl bei<br />
einer Kontraktion auf einen städtischen Kern als auch bei einer polyzentralen Siedlungsstruktur<br />
in Form einer Fragmentierung in mehrere städtische Zentren <strong>und</strong> Subzentren<br />
gewährleistet werden.<br />
Im Gegensatz zu den auf eine Sicherung von Mindestdichten ausgerichteten Zielen<br />
aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur ergeben sich aus Sicht der Freiraumversorgung<br />
<strong>und</strong> der Wohnungsnachfrage bei einer Auflockerung der Siedlungsstrukturen<br />
zunächst Vorteile, wenn auch hier Grenzen der Entdichtung bestehen.<br />
Die Entstehung von fragmentierten <strong>und</strong> perforierten Siedlungsstrukturen kann,<br />
durch ein kleinräumiges Nebeneinander von Wohnnutzung <strong>und</strong> Freiräumen, zunächst<br />
zu einer Verbesserung der Freiraumversorgung beitragen. Bei Entstehung<br />
zunehmend disperser Siedlungsstrukturen hingegen werden frei werdende Flächen<br />
zunehmend als Leere <strong>und</strong> nicht mehr als Zugewinn erlebt. Auch entstehen, im Zuge<br />
knapper werdender Finanzmittel, Probleme der Sicherung einer hohen Freiraumgestaltungsqualität<br />
sowie eines Angebots von Freiräumen mit spezifischen Funktionen.<br />
Die Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung im Hinblick auf die Bereitstellung eines<br />
nachfragegerechten Wohnungsangebots weisen eine breite Streuung auf. Dies entspricht<br />
den unterschiedlichen Wohnpräferenzen verschiedener Bevölkerungs- <strong>und</strong><br />
Nachfragergruppen. Auch wenn sich in jüngerer Zeit vermehrt Tendenzen zur Präferenz<br />
städtischer <strong>und</strong> verdichteter Wohnformen mit ihren vielfältigen Angeboten zeigen,<br />
bevorzugen weite Bevölkerungsgruppen Wohnformen geringerer <strong>Dichte</strong>n.<br />
Grenzen der Entdichtung bestehen dort, wo aufgr<strong>und</strong> fortgeschrittener Dispersion<br />
der Zugang zu Angeboten der Versorgung zunehmend erschwert wird.<br />
Abbildung 86: Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten aus<br />
Sicht verschiedener Handlungsfelder (Eigene Darstellung)<br />
Leitbilder der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
<strong>für</strong> schrumpfende Städte<br />
Kontraktion<br />
Fragmentierung<br />
Perforation<br />
Dispersion<br />
<strong>Dichte</strong><br />
<strong>Dichte</strong><br />
<strong>Dichte</strong><br />
<strong>Dichte</strong><br />
Entfernung vom Zentrum<br />
Entfernung vom Zentrum<br />
Entfernung vom Zentrum<br />
Entfernung vom Zentrum<br />
Stadttechnik<br />
Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
aus Sicht von…<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Freiraumversorgung<br />
Wohnungsnachfrage
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 259<br />
Abbildung 86 zeigt zusammenfassend die Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung aus<br />
Sicht der betrachteten Handlungsfelder. Dies erfolgt vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer<br />
großstädtischen Betrachtungsweise. Ziele der <strong>Dichte</strong>entwicklung aus Sicht der<br />
stadttechnischen Infrastruktur stehen demzufolge in einem Widerspruch zu den Zielen<br />
anderer Handlungsfelder <strong>und</strong> hierbei insbesondere zu Zielen der Freiraumversorgung<br />
<strong>und</strong> der Bereitstellung eines nachfragegerechten Wohnungsangebots.<br />
Fragmentierte <strong>und</strong> polyzentrale Siedlungsstrukturen bieten in Großstädten die besten<br />
Möglichkeiten, Ziele aller Bereiche gleichermaßen zu erfüllen. Gerade in Klein-<br />
<strong>und</strong> Mittelstädten ist auch eine Kontraktion auf einen städtischen Kern mit einer<br />
nach außen abfallenden <strong>Dichte</strong> eine denkbare Alternative, um den Ansprüchen aller<br />
Handlungsfelder gerecht zu werden.<br />
10.1.2 Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten<br />
In dieser Arbeit wurde das Ziel verfolgt, neben den bereits dargelegten qualitativen<br />
Kriterien vor allem auch quantifizierte Zielwerte zur Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n zu erarbeiten. Abbildung 87 bietet eine zusammenfassende Darstellung der<br />
ermittelten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten, die im<br />
Folgenden einem Vergleich unterzogen werden. Die Zielkorridore werden zum einen<br />
als Nettowohndichten angegeben, anhand derer sich Aussagen zur Nachfrage nach<br />
<strong>und</strong> zur Auslastung von Infrastrukturen treffen lassen. Zum anderen werden Werte<br />
der Geschossflächenzahl aufgezeigt, da diese maßgeblich <strong>für</strong> die baurechtlichen<br />
Festsetzungen sind.<br />
Bei einem Vergleich der Zielkorridore ist zunächst zu berücksichtigen, dass die<br />
Zielwerte <strong>für</strong> die einzelnen Bereiche auf unterschiedliche Weise ermittelt wurden:<br />
- Die Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen In-<br />
frastruktur wurden anhand von maximalen Verbrauchs- <strong>und</strong> Bevölkerungsrückgängen<br />
errechnet <strong>und</strong> weisen damit einen Bezug zu minimalen Einwohnerdichten<br />
auf. Für die Fernwärme ergibt sich anhand des Wärmebedarfs ein Bezug zur<br />
Bebauungsdichte.<br />
- Die Zielkorridore <strong>für</strong> die Bereiche Verkehr <strong>und</strong> soziale Infrastruktur basieren<br />
auf Annahmen zu minimalen Ausstattungsstandards, die auch in schrumpfenden<br />
Städten nicht unterschritten werden sollten.<br />
- Zielwerte <strong>für</strong> den Bereich Wohnen basieren auf den städtebaulichen <strong>Dichte</strong>zielen<br />
<strong>für</strong> wachsende Städte, die jeweils Lebensvorstellungen verschiedener Nachfragergruppen<br />
repräsentieren.
260 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Abbildung 87: Vergleich der stadtstrukturtypenspezifischen Zielkorridore minimaler<br />
<strong>Dichte</strong>n aus Sicht von stadttechnischer Infrastruktur, Verkehr,<br />
sozialer Infrastruktur <strong>und</strong> Wohnungsnachfrage (Eigene Darstellung)<br />
Stadttechnik<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Wohnen<br />
Stadttechnik<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Wohnen<br />
Stadttechnik<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Wohnen<br />
Stadttechnik<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Wohnen<br />
Stadttechnik<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Wohnen<br />
0<br />
0<br />
50<br />
Geschossflächenzahl (GFZ)<br />
0,5<br />
100<br />
EFH<br />
150<br />
1<br />
200<br />
MFH 90+<br />
250<br />
Zeile<br />
1,5<br />
300<br />
Platte<br />
350<br />
2<br />
400<br />
450<br />
Einwohner je ha Nettowohnbauland<br />
Block<br />
2,5<br />
500<br />
Geschossflächenzahl Einwohner je ha Nettowohnbauland
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 261<br />
Der Vergleich der Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n führt zu folgenden Ergebnissen:<br />
- Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
sind tendenziell niedriger als Ziele aus Sicht des Verkehrs. Dies kann mit den<br />
hohen Kosten des ÖPNV begründet werden.<br />
- Tendenziell erfordert die Sicherung einer funktionsfähigen <strong>und</strong> ökonomisch tragfähigen<br />
stadttechnischen Erschließung höhere <strong>Dichte</strong>n als die Sicherung der<br />
Versorgung mit sozialer Infrastruktur. In Stadtstrukturtypen geringerer <strong>Dichte</strong>n<br />
nähern sich die Werte aus Sicht der sozialen Infrastruktur allerdings den Werten<br />
<strong>für</strong> die stadttechnische Infrastruktur an <strong>und</strong> übertreffen diese zum Teil sogar<br />
(z. B. <strong>für</strong> den Strukturtyp der Mehrfamilienhausbebauung nach 1990). Ausschlaggebend<br />
<strong>für</strong> die hohen <strong>Dichte</strong>werte der Stadttechnik <strong>für</strong> die Strukturtypen<br />
Platte <strong>und</strong> Zeile ist insbesondere das <strong>für</strong> diese Bebauungsformen angenommene<br />
Ziel der Sicherung einer wirtschaftlich tragfähigen Fernwärmeversorgung. Bei Ersatz<br />
der Fernwärmeversorgung durch andere Wärmeformen würden sich die<br />
<strong>Dichte</strong>ziele aus Sicht von sozialer Infrastruktur <strong>und</strong> Stadttechnik in diesen Strukturtypen<br />
annähern.<br />
- Die Annahme, dass die aufgr<strong>und</strong> vielfältiger Faktoren von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
besonders betroffene stadttechnische Infrastruktur höhere <strong>Dichte</strong>n erfordert<br />
als die im Hinblick auf die Angebotsgestaltung flexiblere soziale Infrastruktur<br />
kann somit nicht generell bestätigt werden. Dies gilt zumindest, wenn auch in<br />
Siedlungsstrukturtypen geringer <strong>Dichte</strong> von einer Beibehaltung derzeitiger Versorgungsformen<br />
<strong>und</strong> Standards der sozialen Infrastruktur ausgegangen wird. In<br />
Bezug auf die Möglichkeiten Versorgungsstandards flexibel zu modifizieren ist<br />
die soziale Infrastruktur jedoch anpassungsfähiger als die netzgeb<strong>und</strong>ene stadttechnische<br />
Infrastruktur.<br />
- <strong>Dichte</strong>ziele, die vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines nachfragegerechten Wohnungsangebots<br />
ermittelt wurden, sind deutlich höher als Ziele aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur. Ziele <strong>für</strong> den Bereich Wohnen wurden anhand der städtebaulichen<br />
<strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> wachsende Städte abgeleitet. Gerade das <strong>für</strong> die Blockbebauung<br />
angenommene Leitbild der kompakten europäischen Stadt berücksichtigt<br />
neben dem Ziel einer hohen Nachfragegerechtigkeit des Wohnungsbestands<br />
auch das Ziel einer ressourceneffizienten Siedlungsstruktur, so dass sich besonders<br />
hohe Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n ergeben. Solche <strong>Dichte</strong>n sind in<br />
schrumpfenden Städten jedoch kaum zu gewährleisten <strong>und</strong> bedürfen deshalb einer<br />
Revision.<br />
- Für die einzelnen Strukturtypen bestehen unterschiedlich breite Spannen der<br />
Zielkorridore, die weitestgehend den in der Realität vorgef<strong>und</strong>enen <strong>Dichte</strong>differenzen<br />
der jeweiligen Strukturtypen entsprechen. Gerade <strong>für</strong> den Strukturtyp der<br />
gründerzeitlichen Blockbebauung ergibt sich – aufgr<strong>und</strong> der lageabhängig sehr<br />
unterschiedlichen Ausgangsdichten – eine erhebliche Breite des Zielkorridors.<br />
- Für jeden Strukturtyp zeigen sich Wertespannen bzw. Werte, die einen Überschneidungsbereich<br />
der Zielkorridore aus Sicht der verschiedenen Handlungsfelder<br />
darstellen. Dies sind Geschossflächendichten von 0,6 bis 1,0 <strong>für</strong> den Strukturtyp<br />
Block, von 0,7 bis 0,8 <strong>für</strong> den Strukturtyp Platte, von 0,6 <strong>für</strong> die Strukturtypen<br />
Zeile <strong>und</strong> Geschosswohnungsbau nach 1990 <strong>und</strong> von 0,4 <strong>für</strong> die Einfamilienhausbebauung.
262 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
10.2 Stadtstrukturtypenspezifische Kriterien<br />
Die folgenden Übersichten zeigen die nach Stadtstrukturtypen differenzierten Kriterien<br />
zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n. Die Kriterien wurden auf Basis der<br />
Annahme ermittelt, dass derzeitige Standards der Stadttechnik, des ÖPNV, der sozialen<br />
Infrastruktur, der Freiraumversorgung <strong>und</strong> der Nachfragegerechtigkeit des<br />
Wohnungsangebots auch in Zukunft beibehalten werden. Die Zielwerte beruhen auf<br />
aktuellen Werten der individuellen Wohnflächeninanspruchnahme in verschiedenen<br />
Stadtstrukturtypen (s. Anhang IV) <strong>und</strong> der Altersstruktur der Bevölkerung.<br />
Angegeben werden, nach den Gr<strong>und</strong>daten des Stadtstrukturtyps, zunächst qualitative<br />
Kriterien im Sinne von Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung. Ebenso werden die<br />
quantifizierten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n als Werte der Nettowohndichten<br />
<strong>und</strong> der Geschossflächenzahlen angegeben, unterschieden nach Handlungsfeldern<br />
<strong>und</strong> Zielkriterien. Neben den Kriterien aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur<br />
werden, zu einer besseren Einordnung, auch die Kriterien aus Sicht der anderen<br />
betrachteten Handlungsfelder aufgezeigt.<br />
Die Zielkorridore sind nicht als normative Zielwerte zu verstehen, sondern als wissenschaftlich<br />
f<strong>und</strong>ierte Gr<strong>und</strong>lage, die es im Rahmen lokaler Planungen auf Basis<br />
der lokalspezifischen Gegebenheiten anzupassen gilt, zum Beispiel im Rahmen<br />
kommunaler <strong>Dichte</strong>modelle sowie der Flächennutzungs- <strong>und</strong> Bebauungsplanung.<br />
Dabei ist zu beachten, dass die unteren Wertebereiche jeweils eher ländlichen/kleinstädtischen<br />
Ausprägungen der Stadtstrukturtypen <strong>und</strong> die oberen Wertebereiche<br />
großstädtischen Räumen entsprechen. Dies ist insbesondere <strong>für</strong> den<br />
Strukturtyp der gründerzeitlichen Blockbebauung zu berücksichtigen, bei dem erhebliche<br />
<strong>Dichte</strong>differenzen zwischen der kleinstädtischen <strong>und</strong> großstädtischen Ausprägung<br />
bestehen.<br />
Die dargelegten Zielkorridore dienen auch dazu, einen bestehenden Handlungsbedarf<br />
aufzuzeigen, nämlich wenn bestehende <strong>Dichte</strong>n im unteren Bereich bzw. unterhalb<br />
der angegebenen Wertespannen liegen. Im Falle einer solchen Unterschreitung<br />
der <strong>Dichte</strong>schwellen sind entweder siedlungsstrukturelle Maßnahmen zur Sicherung<br />
ausreichender <strong>Dichte</strong>n zu ergreifen oder bestehende Versorgungsstandards<br />
<strong>und</strong> -strukturen zu modifizieren.<br />
Die angegebenen <strong>Dichte</strong>werte beziehen sich dabei weniger auf die einzelnen<br />
Gr<strong>und</strong>stücke, sondern vielmehr auf die durchschnittlichen <strong>Dichte</strong>werte aller Nettowohnbaulandflächen<br />
eines abgegrenzten Wohnquartiers im Einzugsbereich der<br />
jeweiligen Angebote <strong>und</strong> Einrichtungen der stadttechnischen Infrastruktur, des Verkehrs<br />
<strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 263<br />
Strukturtyp Altbau in traditioneller Blockstruktur (Block)<br />
Geschossflächendichte (Ausgangswert) 0,8-2,5<br />
Einwohner je ha netto (Ausgangswert) 180-540<br />
Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 72 36,6 m²<br />
Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
Stadttechnische<br />
Infrastruktur<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Freiraumversorgung<br />
Wohnungsnachfrage<br />
Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
- Vermeidung von Flächenabriss<br />
- Bewahrung kompakter Siedlungsschwerpunkte zur Bewahrung hoher Liniendichten<br />
- Innerstädtische Baulandausweisung, Nachnutzung <strong>und</strong> Nachverdichtung zur<br />
Sicherung der Auslastung stadttechnischer Infrastrukturen<br />
- Nutzung von Entdichtung zur Verbesserung der Wohnqualität durch Minimierung<br />
der Lärmbelastung<br />
- Nachverdichtung, Innenentwicklung, kleinräumige Ergänzungen im Bestand zur<br />
Sicherung einer Mindestnachfrage im ÖPNV<br />
- Sicherung kompakter Siedlungsstrukturen an den ÖPNV-Haltepunkten<br />
- Beibehaltung eines hohen Standards der Versorgung mit Einrichtungen der<br />
sozialen Infrastruktur in guter Erreichbarkeit durch Sicherung von Mindestdichten<br />
- Nutzung von Entdichtungsprozessen zur Verbesserung der Freiraumversorgung:<br />
Straßenbaumpflanzungen, Schaffung privater Freiräume, Beibehaltung<br />
der Trennung von halböffentlichen Höfen <strong>und</strong> öffentlichen Straßenräumen<br />
- Sicherung von Nutzungsmischung <strong>und</strong> urbanen Qualitäten durch ausreichende<br />
<strong>Dichte</strong>n<br />
- Aufwertung des Wohnumfelds durch Verbesserung der Freiraumversorgung<br />
Sektor Kriterium GFZ EW je ha netto<br />
Begrenzung des Infrastrukturaufwands 0,4-1,3 90-270<br />
Stadttechnische<br />
Mindestauslastung der Schmutzwassernetze<br />
von 30 %<br />
0,7-1,4 100-310<br />
Infrastruktur<br />
Quartiersbezogene Kostendeckung<br />
(Schmutzwasser, Trinkwasser)<br />
0,4-1,1 80-250<br />
Wettbewerbsfähige Fernwärmeversorgung 0,7-1,0 150-220<br />
Verkehr<br />
Hochwertiges ÖPNV-Angebot in fußläufiger<br />
Erreichbarkeit<br />
0,6-1,2 140-260<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Kindergarten in fußläufiger Erreichbarkeit (350 m)<br />
Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig) in fußläufiger Erreichbarkeit<br />
1,0<br />
0,5-0,6<br />
210<br />
110-140<br />
Wohnungsnachfrage Urbanes Wohnen 0,6-2,0 130-440<br />
72<br />
Zur durchschnittlichen Wohnflächeninanspruchnahme in den jeweiligen Stadtstrukturtypen<br />
s. Anhang IV.
264 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Strukturtyp Großwohnsiedlung in Plattenbauweise (Platte)<br />
Geschossflächendichte (Ausgangswert) 0,8-1,5<br />
Einwohner je ha netto (Ausgangswert) 200-400<br />
Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 29,4 m²<br />
Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
Stadttechnische<br />
Infrastruktur<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Freiraumversorgung<br />
Wohnungsnachfrage<br />
Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
- Rückbau von außen nach innen, ausgehend von den Endsträngen der Netze<br />
- Flächenabriss anstelle von punktuellem Abriss<br />
- Vermeidung von Neubauaktivitäten an mittel- <strong>und</strong> langfristig minderausgelasteten<br />
Netzen <strong>und</strong> in potenziellen Abrissgebieten<br />
- Bewahrung kompakter Siedlungsschwerpunkte an den Hauptnetzachsen<br />
- Bei Rückbau Konzentration des Siedlungsbestands an ÖPNV-Haltepunkten<br />
- Sicherung eines hochwertigen <strong>und</strong> gut erreichbaren ÖPNV-Angebots<br />
- Beibehaltung eines hohen Standards der Versorgung mit Einrichtungen der<br />
sozialen Infrastruktur in guter Erreichbarkeit durch Sicherung von Mindestdichten<br />
- Nutzung von Rückbau-, Umbau- <strong>und</strong> Aufwertungsmaßnahmen zur Verbesserung<br />
des Freiraumversorgungsgrads <strong>und</strong> der Qualität der Freiraumgestaltung<br />
(z. B. bessere Zonierung in private, halböffentliche <strong>und</strong> öffentliche Flächen, klare<br />
Nutzungszuweisungen, Schaffung privater Freiräume)<br />
- Nutzung eines Rückbaus von außen nach innen <strong>für</strong> Renaturierung<br />
- Verbesserung der stadt<strong>ökologische</strong>n Qualität von Freiräumen<br />
- Sicherung preiswerter, kleiner (altengerechter) Wohnungen<br />
- Bereitstellung preiswerter Wohnungen <strong>für</strong> Haushaltsneugründer<br />
Sektor Kriterium GFZ EW je ha netto<br />
Begrenzung des Infrastrukturaufwands 0,4-0,8 100-200<br />
Stadttechnische<br />
Mindestauslastung der Schmutzwassernetze<br />
von 30 %<br />
0,5-0,8 110-230<br />
Infrastruktur<br />
Quartiersbezogene Kostendeckung<br />
(Schmutzwasser, Trinkwasser)<br />
0,4-0,7 90-150<br />
Wettbewerbsfähige Fernwärmeversorgung 0,7-1,0 190-270<br />
Verkehr<br />
Hochwertiges ÖPNV-Angebot in fußläufiger<br />
Erreichbarkeit<br />
0,5-1,2 140-330<br />
Kindergarten in fußläufiger Erreichbarkeit (350-500 m) 0,4-0,8 100-210<br />
Soziale Infrastruktur Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig) in fußläufiger Erreichbarkeit<br />
(700 m)<br />
0,4-0,5 110-140<br />
Wohnungsnachfrage Wohnen zwischen Urbanität <strong>und</strong> Suburbanität 0,7-1,2 190-330
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 265<br />
Strukturtyp Wohnbebauung in Zeilenform (Zeile)<br />
Geschossflächendichte (Ausgangswert) 0,6-1,3<br />
Einwohner je ha netto (Ausgangswert) 160-320<br />
Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 32 m²<br />
Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
Stadttechnische<br />
Infrastruktur<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Freiraumversorgung<br />
Wohnungsnachfrage<br />
Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
- Nachverdichtung zur Sicherung der Auslastung von Netzen<br />
- Sicherung kompakter Siedlungsschwerpunkte an den Hauptnetzachsen<br />
- Sicherung kompakter Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> Nachverdichtung an den Haltepunkten<br />
des ÖPNV<br />
- Sicherung von Mindestdichten zur Ermöglichung einer infrastrukturellen Gr<strong>und</strong>versorgung<br />
in fußläufiger Erreichbarkeit<br />
- Verbesserung des Freiraumversorgungsgrads im Zuge von Rückbaumaßnahmen<br />
- Nutzung von Aufwertungsmaßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Freiraumgestaltung<br />
(z. B. bessere Zonierung in private, halböffentliche <strong>und</strong> öffentliche<br />
Flächen, klare Nutzungszuweisungen, Schaffung privater Freiräume)<br />
- Verbesserung der stadt<strong>ökologische</strong>n Qualität von Freiräumen<br />
- Sicherung familiengerechten Wohnraums mit guter Ausstattung<br />
- Sicherung preiswerter, altengerechter, kleiner Wohnungen mit guter Ausstattung<br />
Sektor Kriterium GFZ EW je ha netto<br />
Begrenzung des Infrastrukturaufwands 0,3-0,7 80-160<br />
Stadttechnische<br />
Mindestauslastung der Schmutzwassernetze<br />
von 30 %<br />
0,3-0,7 80-160<br />
Infrastruktur<br />
Quartiersbezogene Kostendeckung<br />
(Schmutzwasser, Trinkwasser)<br />
0,3-0,5 70-150<br />
Wettbewerbsfähige Fernwärmeversorgung 0,7 180<br />
Verkehr ÖPNV-Angebot in fußläufiger Erreichbarkeit 0,6-0,9 140-230<br />
Kindergarten in fußläufiger Erreichbarkeit (500 m) 0,4 100<br />
Soziale Infrastruktur Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig) in fußläufiger Erreichbarkeit<br />
(700 m)<br />
0,5-0,6 110-140<br />
Wohnungsnachfrage Wohnen zwischen Urbanität <strong>und</strong> Suburbanität 0,6-1,0 150-250
266 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Strukturtyp Geschosswohnungsbau nach 1990 (MFH 90+)<br />
Geschossflächendichte (Ausgangswert) 0,5-1,2<br />
Einwohner je ha netto (Ausgangswert) 120-160<br />
Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 37,9 m²<br />
Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
Stadttechnische<br />
Infrastruktur<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Freiraumversorgung<br />
Wohnungsnachfrage<br />
Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
- Schaffung <strong>und</strong> Sicherung kompakter Siedlungsschwerpunkte an den<br />
Hauptnetzachsen<br />
- Vermeidung von Neubau an mittel- <strong>und</strong> langfristig minderausgelasteten Netzen<br />
<strong>und</strong> in potenziellen Abrissgebieten<br />
- Bei Neubau: Berücksichtigung des weiteren technischen Fortschritts <strong>und</strong><br />
künftiger Bedarfsrückgänge bei der Dimensionierung der Netze <strong>und</strong> Anlagen<br />
- Sicherung kompakter Siedlungsstrukturen durch Nachverdichtung an den<br />
Haltepunkten des ÖPNV<br />
- Sicherung von Mindestdichten zur Ermöglichung einer infrastrukturellen Gr<strong>und</strong>versorgung<br />
in fußläufiger Erreichbarkeit<br />
- Sicherung eines hohen Freiraumversorgungsgrads <strong>und</strong> einer hohen<br />
Gestaltungsqualität der Freiräume<br />
- Klare Zonierung in private, halböffentliche <strong>und</strong> öffentliche Freiräume<br />
- Angebot von Wohnformen zwischen Urbanität <strong>und</strong> Suburbanität<br />
- Sicherung gr<strong>und</strong>legender städtischer Versorgungs- <strong>und</strong> Freizeitangebote<br />
Sektor Kriterium GFZ EW je ha netto<br />
Stadttechnische<br />
Infrastruktur<br />
Begrenzung des Infrastrukturaufwands<br />
Quartiersbezogene Kostendeckung<br />
(Schmutzwasser, Trinkwasser)<br />
0,3-0,6<br />
0,2-0,65<br />
60-130<br />
50-110<br />
ÖPNV-Angebot in fußläufiger Erreichbarkeit 0,3-0,9 60-190<br />
Verkehr Vermeidung eines überproportionalen<br />
Verkehrserschließungsaufwands<br />
0,4 80<br />
Kindergarten in fußläufiger Erreichbarkeit (500 m) 0,5 100<br />
Soziale Infrastruktur Gr<strong>und</strong>schule (zweizügig) in fußläufiger Erreichbarkeit<br />
(700 m)<br />
0,5-0,7 110-140<br />
Wohnungsnachfrage Wohnen zwischen Urbanität <strong>und</strong> Suburbanität 0,6-1,0 130-210
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 267<br />
Strukturtyp Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser (EFH)<br />
Geschossflächendichte (Ausgangswert) 0,15-0,7<br />
Einwohner je ha netto (Ausgangswert) 30-140<br />
Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner 40 m²<br />
Zielrichtung der <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
Stadttechnische<br />
Infrastruktur<br />
Verkehr<br />
Soziale Infrastruktur<br />
Freiraumversorgung<br />
Wohnungsnachfrage<br />
Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
- Nachverdichtung zur Sicherung der Auslastung von Netzen<br />
- Orientierung von Standortentscheidungen an der bestehenden Dimensionierung<br />
von stadttechnischen Infrastrukturen<br />
- Vermeidung weiter Entfernungen zur äußeren Erschließung<br />
- Vermeidung von Neubau an mittel- <strong>und</strong> langfristig minderausgelasteten Netzen<br />
<strong>und</strong> in potenziellen Abrissgebieten<br />
- Bei Neubau: Berücksichtigung des weiteren technischen Fortschritts <strong>und</strong><br />
künftiger Bedarfsrückgänge bei der Dimensionierung der Netze <strong>und</strong> Anlagen<br />
- Sicherung eines Zugangs zu Einrichtungen der Daseinsvorsorge durch ÖPNV-<br />
Anbindung<br />
- Bei sehr geringer <strong>Dichte</strong> Gewährleistung der ÖPNV-Anbindung über alternative<br />
Bedienformen<br />
- Vermeidung überproportionaler Steigerungen des spezifischen<br />
Verkehrsaufwands <strong>und</strong> des spezifischen Verkehrsflächenbedarfs<br />
- Sicherung eines Zugangs zu Einrichtungen der sozialen Infrastruktur<br />
- Bei sehr geringer <strong>Dichte</strong> im ländlichen Raum Entwicklung alternativer Versorgungskonzepte<br />
- Vermeidung überproportionaler Kostensteigerungen zur Bereitstellung des<br />
Angebots<br />
- Schaffung von öffentlichen Freiräumen<br />
- Sicherung eines Angebots an Freiräumen spezifischer Funktionen<br />
(z. B. Sportplätze)<br />
- Suburbanes Wohnen<br />
- Sicherung von Mindestdichten individueller Wohnbauformen zur Ermöglichung<br />
einer infrastrukturellen Gr<strong>und</strong>ausstattung<br />
Sektor Kriterium GFZ EW je ha netto<br />
Begrenzung des Infrastrukturaufwands >0,3 >60<br />
Stadttechnische Mindestauslastung der Schmutzwassernetze 0,2-0,4 30-80<br />
Infrastruktur Quartiersbezogene Kostendeckung<br />
(Schmutzwasser, Trinkwasser)<br />
0,1-0,3 30-70<br />
Anschluss an den Busverkehr 0,1-0,4 20-80<br />
Verkehr Vermeidung eines überproportionalen<br />
Verkehrserschließungsaufwands<br />
0,4 80<br />
Kindergarten in fußläufiger Erreichbarkeit (600 m) 0,35 70<br />
Soziale Infrastruktur Vermeidung überproportionaler Kosten des<br />
Gemeinbedarfs<br />
0,3 60<br />
Wohnungsnachfrage Suburbanes Wohnen 0,4-0,6 80-120
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 269<br />
11 Bedeutung von stadttechnischen <strong>Dichte</strong>zielen <strong>für</strong> die<br />
Steuerung des Stadtumbaus<br />
Nachdem in Kapitel 10 mit den qualitativen <strong>und</strong> quantifizierten Kriterien zur Bestimmung<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n die zentralen Ergebnisse der Arbeit dargelegt wurden,<br />
erfolgt nun eine Diskussion <strong>und</strong> Einordnung dieser Ergebnisse in Form von Thesen.<br />
Hierzu wird die Bedeutung der Zielkriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der<br />
Stadttechnik <strong>für</strong> die Steuerung des Stadtumbaus hervorgehoben bevor in Kapitel 12<br />
ein Ausblick im Hinblick auf die Verwendung <strong>und</strong> Weiterentwicklung der Ergebnisse<br />
gegeben wird.<br />
DIE AUFFASSUNGEN ÜBER ANGEMESSENE DICHTEN SIND GEPRÄGT DURCH JEWEILS<br />
VORHERRSCHENDE RAHMENBEDINGUNGEN UND ZIELE<br />
Die Frage nach der angemessenen <strong>Dichte</strong> lässt sich schwer pauschal beantworten.<br />
Insbesondere hängt die als angemessen angesehene <strong>Dichte</strong> stark von den jeweiligen<br />
Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Zielvorstellungen ab, die sich insbesondere in der<br />
bevorzugten Wohnform niederschlagen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird die Diskussion<br />
über angestrebte <strong>Dichte</strong>n auch häufig emotional geführt.<br />
Die Analyse städtebaulicher <strong>Dichte</strong>vorstellungen nach dem Zweiten Weltkrieg hat<br />
verdeutlicht, dass sich die Ziele extremer Verdichtung oder Auflockerung stets abwechselten,<br />
<strong>und</strong> die forcierte Verfolgung einer der beiden Ansätze stets zu einer<br />
massiven Umkehr der Zielvorstellungen geführt hat. Während diese gegensätzlichen<br />
Strömungen zunächst in Phasen aufeinander folgten – mit der gering verdichteten<br />
aufgelockerten <strong>und</strong> gegliederten Stadt über die massive Verdichtung der Urbanität<br />
durch <strong>Dichte</strong> zurück zu den moderaten <strong>Dichte</strong>n der behutsamen Stadterneuerung<br />
– bestehen seit den 1990er Jahren Zielsetzungen der Verdichtung der kompakten<br />
europäischen Stadt <strong>und</strong> die sich vollziehende Entdichtung der Zwischen-<br />
oder Netzstadt parallel nebeneinander.<br />
Zielvorstellungen angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten sind in diese<br />
langjährige Debatte einzubetten. Bisher fehlt es allerdings an geeigneten Leitbildern<br />
<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>zielen <strong>für</strong> schrumpfende Städte. Basierend auf den bisherigen Erfahrungen<br />
sollte dabei weder eine extreme Verdichtung noch eine extreme Auflockerung<br />
verfolgt werden.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der starken Wechselwirkungen zwischen <strong>Dichte</strong>zielen <strong>und</strong> gesellschaftlichen<br />
Vorstellungen kann die Wissenschaft nur Gr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> die Bestimmung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n liefern. Die letztendliche Entscheidung über die verfolgte <strong>Dichte</strong><br />
hingegen lässt sich nur auf lokaler Ebene in einer gesellschaftlichen <strong>und</strong> politischen<br />
Auseinandersetzung treffen.<br />
DIE STEUERUNG DES STADTUMBAUS AUS SICHT DER STADTTECHNISCHEN INFRASTRUK-<br />
TUR ERFORDERT AUSSAGEN NICHT NUR ZU BEBAUUNGS- SONDERN AUCH ZU EINWOH-<br />
NERDICHTEN<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozesse schlagen sich zunächst in einer Reduzierung der Einwohnerdichten<br />
nieder, während die Bebauungsdichten bei einem Leerstand ohne Abriss<br />
zunächst konstant bleiben.<br />
Gerade in schrumpfenden Städten sind Angaben zu Einwohnerdichten von besonderer<br />
Bedeutung, da anhand dieser Daten Aussagen zum Auslastungsgrad der Net-
270 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
ze <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur (sowie der verkehrstechnischen<br />
<strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur) getroffen werden können. Stadtplanerische Festsetzungen<br />
in Bebauungsplänen hingegen werden über die Geschossflächenzahlen <strong>und</strong><br />
damit die Bebauungsdichte getroffen.<br />
Die Steuerung des Stadtumbaus aus Sicht der Stadttechnik erfordert demnach die<br />
Berücksichtigung sowohl von Einwohnerdichten (Nettowohndichte in Einwohner je<br />
ha Nettowohnbauland) als auch von Bebauungsdichten (Geschossflächendichten<br />
/ Geschossflächenzahlen).<br />
EINE DIFFERENZIERUNG VON DICHTEZIELEN NACH STADTSTRUKTURTYPEN TRÄGT DER<br />
HETEROGENITÄT RÄUMLICHER STRUKTUREN RECHNUNG<br />
Heterogenität ist ein wesentliches Merkmal städtischer Strukturen. Dementsprechend<br />
variieren die Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten über das Stadtgebiet. Eine<br />
Differenzierung nach Stadtstrukturtypen, die wesentliche Merkmale der Bebauungs<strong>und</strong><br />
Erschließungsstrukturen sowie typische <strong>Dichte</strong>n abbilden, trägt dieser Heterogenität<br />
räumlicher Strukturen Rechnung. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sollten Zielsetzungen<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n nach Stadtstrukturtypen differenziert werden, was in<br />
dieser Arbeit <strong>für</strong> den Bereich der Stadttechnik erstmals systematisch erfolgt. Ebenso<br />
ist die großräumige Lage zu berücksichtigen <strong>und</strong> nach <strong>Dichte</strong>n im städtischen, suburbanen<br />
<strong>und</strong> ländlichen Raum zu unterscheiden. Dies gilt insbesondere <strong>für</strong> den<br />
Strukturtyp der gründerzeitlichen Blockbebauung, in dem je nach regionaler Lage<br />
sehr starke <strong>Dichte</strong>differenzen bestehen.<br />
ZIELRICHTUNGEN DER DICHTEENTWICKLUNG SOWIE QUANTIFIZIERTE ZIELWERTE ANGE-<br />
MESSENER DICHTEN AUS SICHT DER STADTTECHNISCHEN INFRASTRUKTUR LIEFERN EINE<br />
WICHTIGE ENTSCHEIDUNGSGRUNDLAGE FÜR STADTUMBAUPROZESSE<br />
Aufgr<strong>und</strong> der hohen Fixkostenintensität, technischer Unteilbarkeiten <strong>und</strong> der Leitungsgeb<strong>und</strong>enheit<br />
ist die stadttechnische Ver- <strong>und</strong> Entsorgung in besonderem Maße<br />
von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen betroffen. Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n aus<br />
Sicht der stadttechnischen Infrastruktur liefern dabei wichtige Orientierungswerte,<br />
um kritische Schwellen überproportionaler Steigerungen des Erschließungsaufwands,<br />
Verluste der technischen Funktionsfähigkeit sowie Schwellen der ökonomischen<br />
Tragfähigkeit aufzuzeigen.<br />
Die Anwendung aufeinander abgestimmter quantifizierter <strong>und</strong> qualitativer Kriterien<br />
zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n entspricht dabei den aktuellen Tendenzen<br />
zum Umgang mit Zielkriterien, wie z. B. im Rahmen der indikatorengestützten Erfolgskontrolle<br />
des Forschungsfelds „Städte der Zukunft“.<br />
BEI EINER UNGESTEUERTEN ENTDICHTUNG SCHRUMPFENDER STÄDTE SIND DERZEITIGE<br />
STANDARDS DER VER- UND ENTSORGUNG MIT TRINKWASSER, ABWASSER UND FERN-<br />
WÄRME WEDER FINANZIERBAR, NOCH ÖKOLOGISCH TRAGFÄHIG<br />
Auch wenn die <strong>Dichte</strong> von Siedlungsstrukturen nicht allein entscheidend <strong>für</strong> die Kosten<br />
der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ist, so hat sich doch gezeigt, dass<br />
unter ceteris-parisbus-Bedingungen eine kompakt schrumpfende Stadt kostengünstiger<br />
ist.<br />
- <strong>Dichte</strong> städtische Strukturen sind robust <strong>und</strong> können einen Bevölkerungsrückgang<br />
zunächst abfedern, auch wenn es bereits bei geringeren <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
zu Kostensteigerungen kommt. Wird der Schwellenwert eines Bevölkerungsrück-
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 271<br />
gangs von etwa 40 bis 50 % in Bezug zum Bemessungswert überschritten,<br />
kommt es jedoch zu massiven Kostensteigerungen. Problematisch sind <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />
vor allem in Siedlungsstrukturen geringer <strong>Dichte</strong>, da hier bereits ohnehin<br />
ein hoher spezifischer Infrastrukturaufwand besteht, der bei weiteren <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
schnell auf sehr hohe Werte ansteigt.<br />
- Im Zuge einer weiteren demographischen <strong>Schrumpfung</strong> werden sich die Kostensteigerungen<br />
disperser <strong>Schrumpfung</strong> weiter verschärfen. Aktuelle Konzepte, die<br />
auf hohe Lebensqualität bei geringer <strong>Dichte</strong> setzen, stehen somit unter dem Vorbehalt<br />
der Finanzierbarkeit <strong>und</strong> – vor dem Hintergr<strong>und</strong> der hohen Materialintensität<br />
stadttechnischer Infrastrukturen – auch unter dem Vorbehalt <strong>ökologische</strong>r<br />
Tragfähigkeit.<br />
- Modellrechungen haben ergeben, dass der einwohnerspezifische Aufwand der<br />
stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung bei disperser <strong>Schrumpfung</strong> um das Zwei-<br />
bis Dreifache höher ist als bei einer kompakten <strong>Schrumpfung</strong>, verb<strong>und</strong>en mit entsprechenden<br />
Kostensteigerungen sowie Steigerungen der Materialintensität. Auf<br />
Basis einer regressionsanalytischen Auswertung wurde geschätzt, dass bei einem<br />
Rückgang der Einwohnerdichte um 1 % der Erschließungsaufwand um bis<br />
zu 0,5 % ansteigt. Eine perforierte <strong>Schrumpfung</strong> in Stadtumbaugebieten kann 40-<br />
60 % höhere Kosten <strong>für</strong> Rückbau <strong>und</strong> Anpassung der stadttechnischen Infrastruktur<br />
verursachen, wie das Beispiel des Gebiets Turower Straße in Cottbus<br />
zeigt. Eine Auswertung von Modellrechnungen zur Entwicklung der stadttechnischen<br />
Gesamtfolgekosten von Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen hat gezeigt,<br />
dass disperse <strong>Schrumpfung</strong> zu etwa 15-20 % höheren Kosten führen kann als<br />
eine konzentrierte <strong>Schrumpfung</strong> von außen nach innen.<br />
Derzeitige Kostenstrukturen der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung berücksichtigen<br />
die Differenzen der Infrastrukturkosten von Siedlungsformen unterschiedlicher<br />
<strong>Dichte</strong> nicht. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> kann sich eine weitere Ausdünnung der Siedlungsstrukturen<br />
als sozial ungerecht erweisen, da die Bewohner verdichteter Gebiete<br />
die steigenden Kosten der Entdichtung über nicht verursachergerechte Infrastrukturtarife<br />
mit finanzieren.<br />
STADTUMBAU ERFORDERT EINE BESONDERE BERÜCKSICHTIGUNG DER STADTTECHNI-<br />
SCHEN INFRASTRUKTUR, KANN JEDOCH NICHT ALLEIN AUS SICHT DER STADTTECHNIK<br />
BETRIEBEN WERDEN<br />
Wie dargestellt können bei Missachtung der Belange der stadttechnischen Infrastruktur<br />
im Stadtumbau zum Teil gravierende Folgekosten entstehen. Gerade vor<br />
dem Hintergr<strong>und</strong> der langfristigen Folgekosten siedlungsstruktureller Entscheidungen,<br />
die durch den künftigen Erhaltungsaufwand der Gebäude <strong>und</strong> Infrastrukturen<br />
verursacht werden, ist bereits heute eine bestmögliche Reduzierung dieser Folgekosten<br />
anzustreben. Dies kann insbesondere durch eine kostensensitive Siedlungsplanung<br />
erreicht werden, die eine Neuausweisung <strong>und</strong> -erschließung von Baugebieten<br />
auf der Grünen Wiese so weit wie möglich vermeidet.<br />
Stadtumbauprozesse können jedoch nicht allein vor dem Hintergr<strong>und</strong> der Optimierung<br />
der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung betrieben werden. Während die<br />
Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung aus Sicht von Verkehr <strong>und</strong> sozialer Infrastruktur<br />
weitestgehend mit den Zielen aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur übereinstimmen,<br />
gibt es auch entgegenstehende Belange, die gleichermaßen berücksichtigt<br />
werden müssen. Gerade im Hinblick auf eine ausreichende Freiraumversorgung<br />
sowie ein nachfragegerechtes Wohnungsangebot bestehen ebenso gute Ar-
272 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
gumente <strong>für</strong> stärker aufgelockerte Siedlungsstrukturen. So führt eine alleinige Optimierung<br />
der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung nicht zu langfristig tragfähigen<br />
Strukturen, wenn dabei nicht Wohnqualitäten geschaffen werden, nach denen eine<br />
dauerhafte Nachfrage besteht. Dies ist gerade in schrumpfenden Städten mit einem<br />
Nachfragerwohnungsmarkt von Bedeutung.<br />
ZWISCHEN VERTRETERN DER STADTPLANUNG, DER VER- UND ENTSORGUNGSWIRT-<br />
SCHAFT UND DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT IST EIN INTENSIVER AUSTAUSCH ERFORDER-<br />
LICH<br />
Wie bereits dargestellt, bestehen aus Sicht der verschiedenen Handlungsfelder unterschiedliche<br />
<strong>und</strong> zum Teil auch gegensätzliche Zielvorstellungen. Langfristig tragfähige<br />
Lösungen <strong>für</strong> einen integrierten Stadtumbau können nur dann entwickelt<br />
werden, wenn die Zielvorstellungen aus Sicht der verschiedenen Handlungsfelder<br />
ausreichend in die Stadtumbauprozesse einfließen.<br />
Dies erfordert einen intensiven Austausch zwischen Vertretern der Stadtplanung,<br />
der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft sowie der Wohnungswirtschaft. Für Vertreter<br />
der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft ist dabei von besonderer Bedeutung, dass sie<br />
möglichst frühzeitig in die Stadtumbauplanung eingeb<strong>und</strong>en werden.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 273<br />
12 Ausblick: Praktische Anwendung, Handlungsempfehlungen<br />
<strong>und</strong> Forschungsbedarf<br />
12.1 Anwendungsmöglichkeiten <strong>für</strong> Stadtplaner, Ver- <strong>und</strong> Entsorger<br />
<strong>und</strong> Wissenschaftler<br />
STADTPLANER KÖNNEN DIE ERMITTELTEN KRITERIEN ALS GRUNDLAGE FÜR DIE ER-<br />
STELLUNG LOKALSPEZIFISCHER DICHTEMODELLE NUTZEN<br />
Für Stadtplaner bieten die nach Stadtstrukturtypen differenzierten Kriterien zur Bestimmung<br />
angemessener <strong>Dichte</strong>n eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Erstellung lokaler <strong>Dichte</strong>modelle.<br />
Als informelle Planungsinstrumente auf der strategischen Ebene treffen<br />
<strong>Dichte</strong>modelle, die bisher vor allem in der Flächennutzungsplanung westdeutscher<br />
Großstädte Anwendung fanden, räumlich differenzierte Zielaussagen zu angestrebten<br />
<strong>Dichte</strong>korridoren von Bestands- <strong>und</strong> Neubaugebieten.<br />
Um von den stadtstrukturspezifischen Kriterien zu einem lokalen <strong>Dichte</strong>modell zu<br />
gelangen, genügt jedoch keine pauschale Übertragung der jeweiligen Zielwerte.<br />
Vielmehr sollten zunächst <strong>für</strong> jedes Stadtgebiet anhand dessen besonderer Potenziale<br />
<strong>und</strong> Defizite Zielprioritäten formuliert werden.<br />
- Auch <strong>für</strong> ein <strong>und</strong> denselben Stadtstrukturtyp können, je nach spezifischer Ausgangssituation,<br />
unterschiedliche Entwicklungsprioritäten bestehen. In Großwohnsiedlungen<br />
in Plattenbauweise zum Beispiel liegt der Fokus oftmals auf der Sicherung<br />
der technischen Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> der ökonomischen Tragfähigkeit<br />
der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung, so dass ein konzentrierter Rückbau<br />
von den Netzenden angestrebt wird. Allerdings kann in einigen Gebieten dieses<br />
Strukturtyps auch die Nutzung der Entdichtung zur Verbesserung der Freiraumversorgung<br />
sowie zur Qualitätsverbesserung des Wohnungsangebots im Vordergr<strong>und</strong><br />
stehen.<br />
- Festlegungen von Zielprioritäten beinhalten auch Entscheidungen darüber, welche<br />
Bestandteile des stadttechnischen Systems (aber auch der Angebote des öffentlichen<br />
Verkehrs <strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur) unbedingt zu erhalten sind,<br />
weil sie <strong>für</strong> unverzichtbar gehalten werden oder weil in ihnen größere Kapitalmengen<br />
geb<strong>und</strong>en sind. Mit Hilfe der in dieser Arbeit dargestellten Kriterien <strong>und</strong><br />
Ansätze lassen sich Mindestdichten im Einzugsbereich der stadttechnischen<br />
Netze <strong>und</strong> Anlagen bestimmen.<br />
Stehen die Zielprioritäten <strong>für</strong> die jeweiligen Stadtgebiete fest, können die stadttechnischen<br />
<strong>Dichte</strong>kriterien unter Einbeziehung der Kriterien anderer stadtplanerischer<br />
Handlungsfelder genutzt werden, um lokalspezifische <strong>Dichte</strong>ziele zu formulieren.<br />
Neben den quantifizierten Zielkorridoren sollten hierbei auch die qualitativen Kriterien<br />
Berücksichtigung finden. Je nach zentralörtlicher Lage, Stadtgröße <strong>und</strong> Lage<br />
innerhalb der Stadt müssen <strong>Dichte</strong>ziele ortsspezifisch angepasst werden. Hierbei ist<br />
von den Ausgangsdichten des jeweiligen Gebiets vor dem Bevölkerungsrückgang<br />
auszugehen. Solche <strong>Dichte</strong>modelle <strong>für</strong> schrumpfende Städte können dabei auch<br />
Eingang in die Erstellung von städtebaulichen Entwicklungskonzepten nach § 171b<br />
BauGB finden.
274 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
STADTPLANER SOWIE VER- UND ENTSORGER KÖNNEN MIT HILFE DER ERMITTELTEN KRI-<br />
TERIEN DIE BERÜCKSICHTIGUNG VON STADTTECHNISCHEN BELANGEN IM STADTUMBAU<br />
STÄRKEN<br />
Stadttechnische Belange wurden bisher im Stadtumbau unzureichend berücksichtigt.<br />
Bei der Dimensionierung von Netzen <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur<br />
operiert die Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft bisher mit Größen, die sich<br />
nicht unmittelbar in stadtplanerische Zusammenhänge übertragen lassen.<br />
Die ermittelten Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der<br />
stadttechnischen Infrastruktur übersetzen wesentliche stadttechnische Dimensionierungsgrößen<br />
in die stadtplanerisch relevanten Größen der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten.<br />
Damit bilden diese Kriterien eine Gr<strong>und</strong>lage da<strong>für</strong>, dass Erfordernisse<br />
der stadttechnischen Ver- <strong>und</strong> Entsorgung einen stärkeren Eingang in die Stadtumbauplanungen<br />
finden können.<br />
FÜR WISSENSCHAFTLER WIRD DIE FRAGE NACH DER ANGEMESSENEN DICHTE IN DEN<br />
KONTEXT DER SCHRUMPFUNG UND DER STADTTECHNIK GESTELLT<br />
<strong>Dichte</strong> ist eine Planungsgröße mit langer Tradition. Auch wenn es bereits wissenschaftliche<br />
Beiträge zum angemessenen Grad der Verdichtung gab, fehlte es bisher<br />
an einer umfangreichen Aufarbeitung. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Frage<br />
nach der angemessenen <strong>Dichte</strong> in den neuen Kontext der schrumpfenden Städte<br />
gestellt.<br />
Aus Sicht des Verkehrs <strong>und</strong> der sozialen Infrastruktur lagen bereits Ziele angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n in der wissenschaftlichen Literatur vor, die in dieser Arbeit im Hinblick<br />
auf <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse angepasst wurden. Insbesondere <strong>für</strong> den Bereich der<br />
Wohnungsnachfrage hat sich gezeigt, dass die <strong>für</strong> wachsende Städte entwickelten<br />
Ziele einer weiteren Revision bedürfen.<br />
Für die Stadttechnik hingegen werden erstmals systematisch nach Stadtstrukturtypen<br />
differenzierte Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n ermittelt. Die Kenntnis der Ursache-Wirkungs-Beziehungen<br />
zwischen der <strong>Dichte</strong> von Siedlungsstrukturen <strong>und</strong> deren<br />
stadttechnischer Ver- <strong>und</strong> Entsorgung wurde damit gestärkt.<br />
Die dargelegten Ansätze zur Ermittlung minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen<br />
Infrastruktur bieten eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> eine weitere wissenschaftliche Methodenentwicklung<br />
sowie <strong>für</strong> weitere empirische Forschung.<br />
12.2 Handlungsempfehlungen <strong>für</strong> die Zielgruppen Stadtplaner, Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorger <strong>und</strong> Wissenschaftler<br />
WISSENSCHAFTLER UND STADTPLANER SOLLTEN BESTEHENDE RICHT- UND ORIENTIE-<br />
RUNGSWERTE DER PLANUNG AN VERÄNDERTE RAHMENBEDINGUNGEN INFOLGE VON<br />
SCHRUMPFUNGSPROZESSEN UND DEMOGRAPHISCHEM WANDEL ANPASSEN<br />
Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte der Planung sollten an veränderte Bevölkerungszahlen<br />
<strong>und</strong> -strukturen angepasst werden.<br />
- Für die Stadttechnik besteht eine Notwendigkeit zur Anpassung bestehender<br />
Richtwerte <strong>und</strong> Versorgungsstandards vor allem im Hinblick auf den gering verdichteten<br />
ländlichen Raum, in dem derzeitige Versorgungsstandards nur bei unverhältnismäßig<br />
hohen Kosten aufrecht erhalten werden können.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 275<br />
- Gerade Zielwerte <strong>für</strong> das Angebot sozialer Infrastrukturen sind im Hinblick auf<br />
den demographischen Wandel anzupassen. So wird <strong>für</strong> einen Kindergarten nach<br />
wie vor von einer erforderlichen Mantelbevölkerung von 2.000 bis 3.000 Einwohnern<br />
ausgegangen. Legt man die aufgr<strong>und</strong> des demographischen Wandels verringerten<br />
Anteile eines Kindergartenjahrgangs an der Gesamtbevölkerung zu<br />
Gr<strong>und</strong>e, ergibt sich hingegen eine notwendige Mantelbevölkerung von über<br />
4.000 Einwohnern. Damit sind im Einzugsbereich eines Kindergartens höhere<br />
Einwohnerdichten erforderlich, wenn gleiche Entfernungsstandards beibehalten<br />
werden sollen.<br />
Während Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte der Planung im Zuge der Abkehr von der<br />
integrierten Entwicklungsplanung lange Zeit kritisiert wurden, zeigt sich in jüngerer<br />
Zeit eine erneute Hinwendung zu quantifizierten Zielwerten. Eine Anpassung der<br />
Orientierungswerte an neue gesellschaftliche Rahmenbedingungen kann daher einen<br />
wichtigen Beitrag zur Festlegung solcher Zielsetzungen leisten. Diese Anpassung<br />
von Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten ist sowohl Aufgabe der Wissenschaft, die<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen aufzeigen sollte, als<br />
auch der Planungspraxis, deren Aufgabe es ist, die Anwendbarkeit in der praktischen<br />
Planung zu gewährleisten.<br />
WISSENSCHAFTLER, STADTPLANER UND VER- UND ENTSORGER MÜSSEN DIE FRAGE<br />
NACH MINIMALEN DICHTEN AUS SICHT DER STADTTECHNISCHEN INFRASTRUKTUR IN EI-<br />
NEN GESAMTGESELLSCHAFTLICHEN ENTSCHEIDUNGSPROZESS EINBRINGEN<br />
Wenn derzeitige Standards der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung sowie Qualitäten städtischer<br />
Lebensweisen bei moderaten Kostensteigerungen aufrecht erhalten werden sollen,<br />
bestehen keine Alternativen zur Sicherung von Mindestdichten. Die in der Arbeit<br />
dargelegten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten stellen<br />
Minimaldichten dar, deren Unterschreitung entweder siedlungsstrukturelle Maßnahmen<br />
zur Sicherung ausreichender <strong>Dichte</strong>n oder eine Anpassung von Standards<br />
<strong>und</strong> Kosten erfordert.<br />
Wenn allerdings derzeitige Standards zur Disposition gestellt oder deutlich höhere<br />
Kosten in Kauf genommen werden, dann sind Siedlungsstrukturen sehr geringer<br />
<strong>Dichte</strong> denkbar. Diese Entscheidung kann jedoch weder von Seiten der Planungspraxis<br />
noch von Seiten der Planungswissenschaft getroffen werden, sondern bedarf<br />
gesamtgesellschaftlicher Entscheidungsprozesse. Aufgr<strong>und</strong> der langfristigen Folgewirkungen<br />
siedlungsstruktureller Entscheidungen sind diese zügig zu treffen.<br />
Dabei sind nicht nur Zielsetzungen <strong>für</strong> städtische Strukturen zu diskutieren, sondern<br />
ebenso solche <strong>für</strong> ländliche Gebiete, <strong>für</strong> die – aufgr<strong>und</strong> der ohnehin sehr hohen<br />
spezifischen Infrastrukturaufwände – verstärkt Konzepte dezentraler Versorgung in<br />
Betracht zu ziehen sind.<br />
STADTPLANER AUS WISSENSCHAFT UND PRAXIS STEHEN VOR DER AUFGABE LEITBIL-<br />
DER UND DICHTEZIELE FÜR SCHRUMPFENDE STÄDTE ZU ENTWICKELN UND UMZUSETZEN<br />
Auf der Gr<strong>und</strong>lage der angesprochenen gesamtgesellschaftlichen Entscheidungen<br />
sind von Seiten der Planungspraxis <strong>und</strong> -wissenschaft tragfähige städtebauliche<br />
Leitbilder <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>ziele zu entwickeln. Bisher bestehen <strong>für</strong> mögliche siedlungsstrukturelle<br />
Entwicklungspfade in schrumpfenden Städten allenfalls erste Ideen,<br />
während ausgereifte städtebauliche Leitbilder <strong>und</strong> quantifizierte <strong>Dichte</strong>ziele fehlen.<br />
Die in dieser Arbeit dargelegten Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
bilden eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die weitere Entwicklung solcher Zielvorstellungen.
276 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
Zur Umsetzung der <strong>Dichte</strong>ziele ist zunächst deren Einbindung in die formelle Bauleitplanung<br />
erforderlich:<br />
- So können die <strong>Dichte</strong>ziele lokaler <strong>Dichte</strong>modelle nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB<br />
als allgemeine Maße baulicher Nutzung in den Flächennutzungsplänen festgesetzt<br />
werden.<br />
- Eine weitere Konkretisierung der <strong>Dichte</strong>ziele erfolgt dann in der Bebauungsplanung<br />
mit der Festsetzung des Maßes baulicher Nutzung als GFZ nach § 9 Abs. 1<br />
Nr. 1 BauGB. Im Zuge der Bebauungsplanung ist dabei zu berücksichtigen, dass<br />
die <strong>Dichte</strong>ziele nicht auf jedem einzelnen Gr<strong>und</strong>stück einzuhalten sind, sondern<br />
den Durchschnitt der <strong>Dichte</strong>n aller Nettowohnbaulandflächen des Baugebiets<br />
repräsentieren.<br />
Ziele angemessener <strong>Dichte</strong>n können allerdings nicht allein über stadtplanerische<br />
Maßnahmen realisiert werden. So stehen derzeit z. B. nicht verursachergerechte<br />
Kostenanlastungen der stadttechnischen Infrastruktur aber auch der Mobilität einer<br />
Sicherung von Mindestdichten entgegen. Die entwickelten Ziele können nur bei einer<br />
gleichzeitigen Anpassung der fiskalischen Rahmenbedingungen sowie der Förderbedingungen<br />
erreicht werden. Hierzu gehört auch eine entsprechende Städtebauförderung.<br />
So sollten im Zuge der Förderung der Rückführung stadttechnischer<br />
Infrastrukturen nicht solche Maßnahmen gefördert werden, die mittel- <strong>und</strong> langfristig<br />
zu hohen gesamtgesellschaftlichen Folgekosten führen, wie z. B. kostenintensive<br />
Zwischenlösungen. Hier sind die Regelungen zur Förderung in Sachsen zu begrüßen,<br />
die nur dauerhafte Lösungen in solchen Gebieten zulassen, die flächenhaft<br />
zurückgebaut werden.<br />
EINE INTEGRIERTE STEUERUNG DES STADTUMBAUS ERFORDERT DATENVERFÜGBARKEIT<br />
UND -TRANSPARENZ VON SEITEN ALLER AKTEURE<br />
Für eine integrierte Steuerung des Stadtumbaus stehen, aufgr<strong>und</strong> mangelnder Datentransparenz<br />
<strong>und</strong> -verfügbarkeit, bisher unzureichende Informationen zur Verfügung.<br />
- Der Stadtplanung fehlt es bisher an ausreichenden Informationen zu den tatsächlichen<br />
Folgekosten des Stadtumbaus sowie zur Auslastung der Netze.<br />
- Ver- <strong>und</strong> Entsorger werden umgekehrt häufig nur sehr kurzfristig über geplante<br />
Rückbaumaßnahmen informiert, so dass sie die Folgekosten des Stadtumbaus<br />
nur schwer durch langfristige Netzplanungen minimieren können. Gerade Ver-<br />
<strong>und</strong> Entsorger sind aufgr<strong>und</strong> der Langfristigkeit von Infrastrukturinvestitionen auf<br />
frühzeitige <strong>und</strong> langfristig gültige Informationen zum geplanten Rückbau angewiesen.<br />
Eine integrierte Steuerung des Stadtumbaus erfordert somit eine höhere Datentransparenz<br />
von Seiten aller beteiligten Akteure.<br />
12.3 Erkenntnisgewinn <strong>für</strong> westdeutsche Städte<br />
Auch wenn die Arbeit sich mit angemessenen <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden ostdeutschen<br />
Städten beschäftigt, so sind die Erkenntnisse auch <strong>für</strong> westdeutsche Städte<br />
interessant, da ein großer Teil dieser Städte in Zukunft ebenso von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
betroffen sein wird.
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 277<br />
DIE VIELFÄLTIGEN FOLGEWIRKUNGEN ZUKÜNFTIG ZU ERWARTENDER SCHRUMPFUNGS-<br />
PROZESSE IN WESTDEUTSCHEN STÄDTEN SIND FRÜHZEITIG IN DER SIEDLUNGSPLANUNG<br />
ZU BERÜCKSICHTIGEN<br />
Auch <strong>für</strong> westdeutsche Städte gilt, dass unter ceteris-paribus-Bedingungen eine<br />
dichtere Stadt eine kostengünstigere Ver- <strong>und</strong> Entsorgung ermöglicht. Im Hinblick<br />
auf die Langfristigkeit heutiger siedlungsstruktureller Entscheidungen, die einen<br />
maßgeblichen Einfluss auf die künftige Finanzierbarkeit stadttechnischer (sowie<br />
verkehrstechnischer <strong>und</strong> sozialer) Infrastrukturen haben, sind frühzeitig solche Pfade<br />
der Siedlungsentwicklung einzuschlagen, die eine Sicherung angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n ermöglichen.<br />
Entsprechend den in dieser Arbeit dargelegten Erkenntnissen sollte weder eine absolute<br />
Verdichtung noch eine Ausdünnung der Siedlungsstruktur angestrebt werden.<br />
Vielmehr geht es um die Sicherung solcher <strong>Dichte</strong>n, die einerseits eine langfristige<br />
Finanzierbarkeit von Infrastrukturen gewährleisten <strong>und</strong> andererseits auch eine ausreichende<br />
Freiraumversorgung sowie die Befriedigung von Wohnwünschen nach<br />
geringeren <strong>Dichte</strong>n ermöglichen.<br />
Gerade in westdeutschen Städten, die kurzfristig noch eine Phase des Wachstums<br />
erfahren, bevor sie in einen <strong>Schrumpfung</strong>sprozess eintreten, ist von besonderer<br />
Bedeutung, die künftige Ausweitung <strong>und</strong> Ausdünnung der Siedlungsfläche zu vermeiden.<br />
Hierzu sollte auf Neuausweisungen von Bauland auf der Grünen Wiese<br />
weitestgehend verzichtet werden.<br />
FÜR STADTPLANER UND VER- UND ENTSORGER IN WESTDEUTSCHEN STÄDTEN ZEIGT<br />
SICH DIE HERAUSRAGENDE BEDEUTUNG EINER KOORDINIERTEN SIEDLUNGS- UND<br />
INFRASTRUKTURPLANUNG<br />
Gerade unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen kann die stadttechnische Erschließung<br />
nicht mehr als eine der Siedlungsentwicklung nachgeordnete Planung betrieben<br />
werden.<br />
- Um unverhältnismäßig hohe Aufwands- <strong>und</strong> Kostensteigerungen der stadttechnischen<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgung zu vermeiden, ist auch in westdeutschen Städten eine<br />
ungesteuerte Ausdünnung der Siedlungsstruktur an den Hauptnetzachsen der<br />
stadttechnischen Infrastruktur zu vermeiden.<br />
- Zukünftige teilstädtische Bevölkerungsrückgänge sind frühzeitig bei der Dimensionierung<br />
der Netze <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur zu berücksichtigen.<br />
So zeigt sich auch <strong>für</strong> westdeutsche Städte die Notwendigkeit, frühzeitig eine koordinierte<br />
Siedlungs- <strong>und</strong> Infrastrukturplanung zu betreiben, um spätere Kosten- <strong>und</strong><br />
Aufwandssteigerungen vorab zu vermeiden.<br />
12.4 Weiterer Forschungsbedarf<br />
Prozesse der <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> der Ausdünnung der Siedlungsstruktur sind komplex<br />
<strong>und</strong> stehen in Wechselwirkung mit zahlreichen planerischen Handlungsfeldern.<br />
Aufgr<strong>und</strong> dieser hohen Komplexität sind bisher nicht alle Folgewirkungen dieser<br />
Prozesse geklärt, geschweige denn in der Planungspraxis berücksichtigt. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> ergibt sich eine Vielzahl weiterer Forschungsbedarfe.<br />
Während bei der Bewältigung der stadttechnischen Folgewirkungen der Stadtumbauprozesse<br />
auf der Quartiersebene bereits Erfahrungen bestehen, fehlen Erkennt-
278 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
nisse im Hinblick auf die Auswirkungen auf zentrale Netze <strong>und</strong> Anlage bisher vollständig.<br />
Diese werden erst zeitversetzt <strong>und</strong> bei kumulierter <strong>Schrumpfung</strong> im gesamten<br />
Stadtgebiet deutlich. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> formulierte Springer als Vertreter<br />
der Stadtwerke Erfurt den folgenden Forschungsbedarf:<br />
„Auch <strong>für</strong> die technische Infrastruktur fehlen derzeit geeignete Modelle, die<br />
eine Minderauslastung von Systemen, das Nichterreichen technischer <strong>und</strong><br />
wirtschaftlicher Nutzungsdauern, das Auftreten von Sprungkosten, Verbrauchsprognosen<br />
in Abhängigkeit von Bevölkerungsentwicklung <strong>und</strong> Siedlungsdichte<br />
<strong>und</strong> weiterer Faktoren vernetzt berücksichtigen <strong>und</strong> dies in ausreichend<br />
kleinräumiger Differenzierung mit variablen Zeithorizonten betrachten.<br />
Deshalb sind Forschungsprojekte erforderlich, um diese fehlenden (auf<br />
<strong>Schrumpfung</strong> orientierten) Modelle zu entwickeln.“ (SPRINGER 2005)<br />
Dies erfordert eine weitere Fortsetzung der bereits begonnenen Forschungsbemühungen<br />
zur Entwicklungen von Modellen zur Beschreibung der technischen, ökonomischen<br />
<strong>und</strong> <strong>ökologische</strong>n Folgewirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen:<br />
- Hierzu gehören z. B. genaue Netzsimulationen der Auslastungszustände <strong>und</strong><br />
Funktionsstörungen bei unterschiedlichen Varianten der Bevölkerungs- <strong>und</strong><br />
Leerstandsentwicklung im Stadtgebiet. Ziel solcher Simulationen ist die Bewertung<br />
der Auswirkungen verschiedener Stadtumbauvarianten auf die zentralen<br />
Netze <strong>und</strong> Anlagen der Stadttechnik. Die Modelle sollten in der Lage sein, einen<br />
langfristigen Zeithorizont abzudecken sowie teilstädtische Differenzen, z. B. auf<br />
Basis von Stadtstrukturtypen, zu berücksichtigen.<br />
- Aufgr<strong>und</strong> der Notwendigkeit Stadtumbauprozesse integriert zu vollziehen, sind<br />
neben primär auf die Stadttechnik bezogenen Modellen auch solche zu entwickeln,<br />
die ebenso Folgewirkungen auf andere planerische Handlungsfelder<br />
Rechnung tragen. Damit sollten die gesamtgesellschaftlichen Konsequenzen<br />
verschiedener betrachteter Varianten der Siedlungsentwicklung aufgezeigt werden<br />
können. Bei Bestrebungen den Stadtumbau aus Sicht der Stadttechnik zu<br />
optimieren, ist ebenso die Entwicklung der Wohnungsnachfrage einzubeziehen,<br />
z. B. im Rahmen von Wohnungsnachfrageprognosen.<br />
- Allerdings sind auch die Grenzen von Modellen zu berücksichtigen. So sind diese<br />
nicht in der Lage, künftige Entwicklungen genau abzubilden. Ihre Aufgabe liegt<br />
vielmehr darin, die erforderlichen Diskussionsgr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> die Abwägung geeigneter<br />
Pfade der Siedlungsentwicklung bereitzustellen, negative Entwicklungspfade<br />
aufzuzeigen <strong>und</strong> somit dazu beizutragen, nachteilige Entwicklungen von<br />
vorneherein zu vermeiden.<br />
Neben der Modellierung der künftigen Folgewirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
sind auch die realen Folgewirkungen von Stadtumbaumaßnahmen in Zukunft genau<br />
zu beobachten, insbesondere im Hinblick auf die Stadttechnik. Hierzu ist ein detailliertes<br />
Monitoring der stadttechnischen Folgewirkungen des Stadtumbaus<br />
durchzuführen (SPRINGER 2005). Dabei sollten insbesondere solche Indikatoren<br />
Verwendung finden, die sowohl einen Bezug zu den Dimensionierungsgrößen der<br />
stadttechnischen Infrastruktur als auch zur stadtplanerischen Erschließung aufweisen,<br />
wie z. B. die Netzlänge in m je Einwohner. Bestehende Ansätze, wie zum Beispiel<br />
die starke Berücksichtigung der Stadttechnik im Rahmen des Monitorings des<br />
Stadtumbaus Ost in Thüringen, sind fortzusetzen <strong>und</strong> auszubauen. Durch ein solches<br />
Monitoring sollten bisher unzureichend vorliegende Daten gewonnen werden,<br />
mit deren Hilfe die in dieser Arbeit anhand von Modellrechnungen abgeleiteten
<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 279<br />
Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n einer empirischen Prüfung unterzogen werden<br />
können.<br />
Ein weiterer Forschungsbedarf besteht ebenso im Hinblick auf die Wechselwirkungen<br />
zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> stadtplanerischen Handlungsfeldern in schrumpfenden<br />
Städten. Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass <strong>Dichte</strong> ein wichtiger Indikator<br />
zur Bewertung von Siedlungsstrukturen ist, ebenso wie eine Planungsgröße mit<br />
deren Hilfe Entwicklungsziele festgesetzt werden können. Neben den hier dargelegten<br />
Zusammenhängen zwischen <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Handlungsfeldern der Stadtplanung<br />
bestehen weitere Wechselbeziehungen, die vor dem Hintergr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
einer weiteren Analyse bedürfen. Dies sind z. B. die Auswirkungen<br />
von Entdichtungsprozessen auf die stadt<strong>ökologische</strong> Qualität, auf die Entwicklung<br />
von Bodenwerten <strong>und</strong> auf Prozesse der sozialen Segregation. Im Zuge der aktuellen<br />
Diskussion um den Klimawandel ist neben der langfristigen Finanzierbarkeit von<br />
Siedlungsstrukturen auch deren Ressourceneffizienz von besonderer Bedeutung.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind die Zusammenhänge zwischen der <strong>Dichte</strong> von Siedlungsstrukturen<br />
<strong>und</strong> deren Ökoeffizienz einer intensiven Betrachtung zu unterziehen.<br />
Eine wesentliche Zukunftsaufgabe der Forschung liegt darin, den Paradigmenwechsel<br />
von einer wachstums- zu einer schrumpfungsorientierten Planung zu<br />
begleiten. Noch sind bestehende Orientierungswerte, Planungsphilosophien,<br />
-leitbilder <strong>und</strong> -instrumente sowie die Ausbildung von Planern weitestgehend durch<br />
Wachstumsvorstellungen geprägt. Auch wenn mit der Aufnahme des Stadtumbaus<br />
in § 171a bis d des BauGB bereits ein wichtiger Schritt zur Berücksichtigung von<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen geleistet wurde, so ist das generelle Planungsverständnis<br />
noch stark von Wachstumsgedanken geprägt. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sind Orientierungswerte,<br />
städtebauliche Leitbilder <strong>und</strong> Planungsinstrumente <strong>für</strong> schrumpfende<br />
Städte fortzuentwickeln, in Kooperation zwischen Wissenschaft <strong>und</strong> Planungspraxis.<br />
In Zukunft ist mit einer weiteren Polarisierung der Raumentwicklung in stark verdichtete<br />
Agglomerationsräume einerseits <strong>und</strong> ländliche Räume sehr geringer <strong>Dichte</strong>n<br />
anderseits zu rechnen. Wachsende <strong>und</strong> schrumpfende Räume werden nebeneinander<br />
existieren. Daher können nicht mehr <strong>für</strong> alle Gebiete einheitliche Ziele <strong>und</strong><br />
Standards gesetzt werden. Insbesondere im Hinblick auf die stadttechnische Ver-<br />
<strong>und</strong> Entsorgung sind regional differenzierte Standards zu entwickeln. Hierzu gehören<br />
Modifizierungen von Versorgungsstandards <strong>und</strong> die Nutzung dezentraler Ver-<br />
<strong>und</strong> Entsorgung in ländlichen Gebieten geringer <strong>Dichte</strong>. Eng verb<strong>und</strong>en mit der Frage<br />
nach regional differenzierten Versorgungsstandards ist auch die Frage nach Modellen<br />
der verursachergerechten Anlastung von Infrastrukturkosten. Bewohner verdichteter<br />
Strukturen sollten nicht länger die zusätzlichen Infrastrukturkosten in Gebieten<br />
geringer <strong>Dichte</strong> mitfinanzieren müssen.<br />
Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach der Umsetzung von Zielen angemessener<br />
<strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten. Obwohl eine Vielzahl der am Programm<br />
‚Stadtumbau Ost’ beteiligten Städte Leitbilder der Kontraktion <strong>und</strong> damit der Sicherung<br />
verdichteter Strukturen anstrebt, vollzieht sich auch hier die <strong>Schrumpfung</strong> weitestgehend<br />
dispers. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ist eine genaue Analyse derjenigen<br />
Faktoren erforderlich, die einem kompakten Rückbau entgegenstehen. Als häufige<br />
Begründung werden hier<strong>für</strong> entgegenstehende Interessen, insbesondere von Akteuren<br />
der Wohnungswirtschaft, genannt. Auf Gr<strong>und</strong>lage einer genauen Analyse der<br />
Ziele <strong>und</strong> Handlungslogiken verschiedener am Stadtumbau beteiligter Akteure sind<br />
Widersprüche <strong>und</strong> Synergien zu identifizieren. Weiterhin sollten Verfahren, Anreize
280 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
<strong>und</strong> Instrumente ermittelt werden, die dazu beitragen können, dass die Interessen<br />
im Hinblick auf einen integrierten <strong>und</strong> aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sinnvollen<br />
Stadtumbau in Einklang gebracht werden können.
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 281<br />
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282 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />
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Deutschland, Ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Entwicklung. Studie<br />
des Wuppertal <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Klima, Umwelt, Energie. Basel, Boston, Berlin: Birkhäuser.<br />
B<strong>und</strong>esregierung (2004): Perspektiven <strong>für</strong> Deutschland. Unsere Strategie <strong>für</strong> eine nachhaltige<br />
Entwicklung. Berlin: Selbstverlag der B<strong>und</strong>esregierung.<br />
B<strong>und</strong>estransferstelle Stadtumbau Ost (2006): Projektdatenbank „Gute Beispiele“: Cottbus<br />
Sachsendorf-Madlow: Quartier Turower Straße. http://www.stadtumbau-ost.info/<br />
Zugriff am 28.10.2006.<br />
Burberg, Paul-Helmuth; Wieneke, Günter (1989): Infrastrukturversorgung bei rückläufiger<br />
Bevölkerungsdichte unter besonderer Berücksichtigung der Mobilität von Bevölkerung<br />
<strong>und</strong> Infrastruktureinrichtungen - Eine Auswertung der relevanten Literatur. Beiträge<br />
der Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung 115. Hannover: Verlag<br />
der ARL.<br />
Bürkner, Hans-Joachim (2001): <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> Alltagskultur: Blinde Flecken im Stadtumbau-Diskurs.<br />
In: Keim, Karl-Dieter (Hrsg.): Regenerierung schrumpfender Städte -<br />
zur Umbaudebatte in Ostdeutschland. REGIO transfer 1. Erkner, 41-67.<br />
Büro <strong>für</strong> urbane Projekte (2004a): Die perforierte Stadt. In: Stadt Leipzig; empirica; Büro <strong>für</strong><br />
urbane Projekte (Hrsg.): Leipzig 2030. Forschungsbericht im Rahmen des Ideen-
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 285<br />
wettbewerbs Stadt 2030. Gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Bildung <strong>und</strong> Forschung.<br />
Leipzig, 85-92.<br />
Büro <strong>für</strong> urbane Projekte (2004b): GIS-Modell, Verortung. In: Stadt Leipzig; empirica; Büro<br />
<strong>für</strong> urbane Projekte (Hrsg.): Leipzig 2030. Forschungsbericht im Rahmen des<br />
Ideenwettbewerbs Stadt 2030. Gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Bildung <strong>und</strong><br />
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Churchman, Arza (1999): Disentangling the Concept of Density. In: Journal of Planning Literature,<br />
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Cools, Marion; Gnest, Holger; Fürst, Dietrich (2002): Parametrische Steuerung - ein neuer<br />
Steuerungsmodus <strong>für</strong> die Raumplanung? In: Raumforschung <strong>und</strong> Raumordnung, 3-<br />
4/2002, 219-231.<br />
Cording, Elke (2007): <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Wohnen. In: Planerin, 01/07, 42-43.<br />
D'Alleux, Jürgen (1995): Ver- <strong>und</strong> Entsorgung. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong><br />
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Dangschat, Jens S. (2001): Ein Kommentar: Leben statt Wohnen? In: Feldtkeller, Andreas<br />
(Hrsg.): Städtebau: Vielfalt <strong>und</strong> Integration, Neue Konzepte <strong>für</strong> den Umgang mit<br />
Stadtbrachen. Stuttgart, München: Deutsche Verlags-Anstalt, 214-220.<br />
Deilmann, Clemens (2002): Nachhaltigkeit der Wohnungsbestandsentwicklung aus stofflichenergetischer<br />
<strong>und</strong> funktionaler Perspektive. Mit Vielfalt, Luxus <strong>und</strong> Überschuss zur<br />
Nachhaltigkeit. In: Deilmann, Clemens (Hrsg.): Zukunft – Wohngebiet. Entwicklungslinien<br />
<strong>für</strong> städtische Teilräume. Berlin: VWF (Verlag <strong>für</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Forschung),<br />
93-106.<br />
Deilmann, Clemens; Iwanow, Irene; Schiller, Georg (2001): Ökologische Effekte der Bestandsentwicklung<br />
bei rückläufiger Wohnungsnachfrage - Szenarien 2015 <strong>für</strong> die<br />
Stadt Bautzen. In: Keim, Karl-Dieter (Hrsg.): Regenerierung schrumpfender Städte -<br />
zur Umbaudebatte in Ostdeutschland. REGIO transfer 1. Erkner, 173-192.<br />
Deutsche Bauakademie zu Berlin: <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Städtebau <strong>und</strong> Architektur, Autorenkollektiv<br />
(1972): Stadttechnische Erschließung von Wohngebieten, Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Empfehlungen.<br />
Schriftenreihe der Bauforschung, Reihe Städtebau <strong>und</strong> Architektur 41. Berlin.<br />
Doehler, Marta (2003a): Die perforierte Stadt – Chaos oder Methode? In: Deutsches Architektenblatt,<br />
04/2003, 6-7.<br />
Doehler, Marta (2003b): Die steuernden Kräfte: Planer <strong>und</strong> Ästheten? In: vhw FW, 6/2003,<br />
308-311.<br />
Doehler, Marta (2003c): Freie Räume, leere Räume - der öffentliche Raum im städtischen<br />
Strukturwandel. In: Informationen zur Raumentwicklung, 1-2/2003, 51-54.<br />
Doehler, Marta; Schiffers, Bertram; Grzesiak, Michael (2002): Konzeptioneller Stadtteilplan<br />
Leipziger Osten, Planungshandbuch "Den Stadtumbau gestalten". Im Auftrag der<br />
Stadt Leipzig. Leipzig.<br />
Dosch, Fabian; Beckmann, Gisela (2003): Stand <strong>und</strong> Perspektiven der Siedlungsflächenentwicklung.<br />
In: BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung) (Hrsg.): Bauland-<br />
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Doubek, Claudia (2001): Die Kosten der Zersiedlung. In: Raum, 43/Oktober 2001, 40-45.
286 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />
Droß, Michael (1996): Gerichtete <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Funktionsmischung - neue Urbanität? In: Herrmann,<br />
M.; Steierwald, M. (Hrsg.): Leitbild Urbanität - "Leitbild vom Leben in der<br />
Stadt", Ergebnisse des Workshops V Kommunikation <strong>und</strong> Verkehr. Akademie <strong>für</strong><br />
Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg, Arbeitsbericht Nr. 63, Oktober<br />
1996. Stuttgart, 2.1-2.17.<br />
Drost, Hathumar (2001): Wohneigentumsinteressenten - Neue "Investoren" <strong>für</strong> innerstädtische<br />
Bestandsgebiete. In: Die Wohnungswirtschaft, 12/2001, 30-35.<br />
Durth, Werner (1990): Entwicklungslinien in Architektur <strong>und</strong> Städtebau. In: B<strong>und</strong>esministerium<br />
<strong>für</strong> Raumordnung, Bauwesen <strong>und</strong> Städtebau; B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> innerdeutsche<br />
Beziehungen in Zusammenarbeit mit B<strong>und</strong> Deutscher Architekten; B<strong>und</strong>esarchitektenkammer;<br />
Deutsches Architekturmuseum (Hrsg.): Ideen, Orte, Entwürfe: Architektur<br />
<strong>und</strong> Städtebau in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland. Berlin: Ernst & Sohn,<br />
11-41.<br />
Effnert, Ute (2005): Infrastruktur – Zukunft der Kommunen, Stadttechnik im Umbruch, Beispiel<br />
Cottbus. Vortrag in Vorbereitung auf die abgesagte ISW-Fachtagung Infrastruktur<br />
17.-18. November 2005 in Darmstadt. Cottbus.<br />
Eichener, Volker; Schauerte, Martin; Klein, Kerstin (2002): Zukunft des Wohnens - Perspektiven<br />
<strong>für</strong> die Wohnungs- <strong>und</strong> Immobilienwirtschaft in Rheinland <strong>und</strong> Westfalen. Zukunft<br />
des Wohnens 1. Bochum.<br />
EMNID (1998) (Hrsg.): Kosten- <strong>und</strong> flächensparendes Bauen, Ergebnisse einer repräsentativen<br />
Bevölkerungsbefragung. Bielefeld.<br />
Feldtkeller, Andreas (2001) (Hrsg.): Städtebau: Vielfalt <strong>und</strong> Integration, Neue Konzepte <strong>für</strong><br />
den Umgang mit Stadtbrachen. Stuttgart, München: Deutsche Verlags-Anstalt.<br />
Fickert, Hans Carl; Fieseler, Herbert (1969): Baunutzungsverordnung, Kommentar zur Verordnung<br />
über die bauliche Nutzung der Gr<strong>und</strong>stücke mit ergänzenden Rechts- <strong>und</strong><br />
Verwaltungsvorschriften. 2. durchgesehene <strong>und</strong> ergänzte Auflage. Neue Kommunale<br />
Schriften 3. Köln: Deutscher Gemeindeverlag.<br />
Flacke, Johannes (2003): Mehr Stadt - Weniger Fläche, Informationssystem nachhaltige<br />
Flächennutzung. Ein Instrument zur Förderung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung.<br />
Forschungen zur Deutschen Landesk<strong>und</strong>e 251. Flensburg.<br />
Flade, Antje (1987): Wohnen psychologisch betrachtet. Bern, Stuttgart, Toronto: Verlag<br />
Hans Huber.<br />
Freie <strong>und</strong> Hansestadt Hamburg: Baubehörde Landesplanungsamt (1980): <strong>Dichte</strong>modell<br />
Hamburg. Hamburg.<br />
Freudenberg, Dieter; Koziol, Matthias (2003): Anpassung der technischen Infrastruktur beim<br />
Stadtumbau, Arbeitshilfe. ISW-Schriftenreihe: Fachbeiträge zu Stadtentwicklung <strong>und</strong><br />
Wohnen im Land Brandenburg 2/2003. Frankfurt Oder.<br />
Friedrich, Manfred; Herrmann, Sylvia; Klama, Katrin; Schmidt, Catrin; Uhlig, Lothar Hartmut<br />
(2003): Regionalentwicklung in Westsachsen im Spannungsfeld zwischen <strong>Schrumpfung</strong>s-<br />
<strong>und</strong> Wachstumsprozessen. In: Müller, Bernhard; Siedentop, Stefan (Hrsg.):<br />
<strong>Schrumpfung</strong> - Neue Herausforderungen <strong>für</strong> die Regionalentwicklung in Sachsen/Sachsen-Anhalt<br />
<strong>und</strong> Thüringen; Räumliche Konsequenzen des demographischen<br />
Wandels Teil 1. Arbeitsmaterial der ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong><br />
Landesplanung) 303. Hannover: Verlag der ARL, 25-46.
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 287<br />
Fuhrich, Manfred (2001): Indikatorengestützte Erfolgskontrolle in der Stadtentwicklung -<br />
praktische Erfahrungen in den Modellstädten. Arbeitspapier des B<strong>und</strong>esamts <strong>für</strong><br />
Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung 2/2001. Bonn.<br />
Fuhrich, Manfred (2003): Stadt retour - Dimensionen <strong>und</strong> Visionen zur schlanken Stadt. In:<br />
Informationen zur Raumentwicklung, 10-11/2003, 589-604.<br />
Fuhrich, Manfred (2004): Kapitel III: Innenentwicklung vor Außenentwicklung - Erfahrungen<br />
aus dem Forschungsfeld "Städte der Zukunft". In: BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen<br />
<strong>und</strong> Raumordnung) (Hrsg.): Bauland- <strong>und</strong> Immobilienmarktberichte, Ausgabe 2004.<br />
Bonn, 81-93.<br />
Fuhrich, Manfred; Dosch, Fabian; Pahl-Weber, Elke; Zillmann, Kerstin (2004): Kompass <strong>für</strong><br />
den Weg zur Stadt der Zukunft. B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung im<br />
Auftrag des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen. Bonn.<br />
Fürst, Dietrich; Hader, Günter; Harder, Kaija; Tieke, Daniela; Knieling, Jörg; Schmidt, Claudia<br />
(1996): Leitbilder in der Stadt- <strong>und</strong> Raumplanung von 1930 bis 1996. Beiträge<br />
zur Räumlichen Planung, Schriftenreihe des Fachbereichs Landschaftsarchitektur<br />
<strong>und</strong> Umweltentwicklung der Universität Hannover 48. Hannover.<br />
Fürst, Franz; Himmelbach, Ursus; Potz, Petra (1999): Leitbilder der räumlichen Stadtentwicklung<br />
im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert - Wege zur Nachhaltigkeit? Berichte aus dem <strong>Institut</strong> <strong>für</strong><br />
Raumplanung 41. Dortm<strong>und</strong>.<br />
Gaber, Sayed (1965): Die Wechselwirkungen zwischen Einwohnerdichten <strong>und</strong> Wohndichten,<br />
ein Beitrag zum Problem der rationellen Planung <strong>und</strong> Bebauung von Wohngebieten.<br />
Dissertation, Technische Universität Dresden. Dresden.<br />
Gälzer, Ralph (2001): Grünplanung <strong>für</strong> die Städte: Planung, Entwurf, Bau <strong>und</strong> Erhaltung.<br />
Stuttgart: Eugen Ulmer GmbH & Co.<br />
Gassner, Edm<strong>und</strong> (1978): Die Grenzen der Verdichtung bei Wohnbaugebieten. In: Borchard,<br />
Klaus; Weiß, Erich (Hrsg.): Aus Verantwortung <strong>für</strong> die Gestaltung unserer Umwelt,<br />
ausgewählte Beiträge von Edm<strong>und</strong> Gassner. Schriftenreihe des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Städtebau,<br />
Bodenordnung <strong>und</strong> Kulturtechnik der Universität Bonn: Beiträge zu Städtebau<br />
<strong>und</strong> Bodenordnung 12. Bonn, 93-119.<br />
Gassner, Edm<strong>und</strong>; Thünker, Heinrich (1992): Die technische Infrastruktur in der Bauleitplanung.<br />
2. erweiterte Auflage. Berlin.<br />
Gatzweiler, Hans-Peter; Kuhlmann, Petra; Meyer, Katrin; Milbert, Antonia; Pütz, Thomas;<br />
Schlömer, Claus; Schürt, Alexander (2006): Herausforderungen deutscher Städte<br />
<strong>und</strong> Stadtregionen, Ergebnisse aus der laufenden Raum- <strong>und</strong> Stadtbeobachtung des<br />
BBR zur Entwicklung der Städte <strong>und</strong> Stadtregionen in Deutschland. BBR-Online-<br />
Publikationen, 8/2006. Bonn.<br />
Gatzweiler, Hans-Peter; Meyer, Katrin; Milbert, Antonia (2003): Schrumpfende Städte in<br />
Deutschland? Fakten <strong>und</strong> Trends. In: Informationen zur Raumentwicklung, 10-<br />
11/2003, 557-574.<br />
GdW (B<strong>und</strong>esverband deutscher Wohnungs- <strong>und</strong> Immobilienunternehmen) (2005): Wohnungswirtschaftliche<br />
Daten <strong>und</strong> Trends 2005/2006, Zahlen <strong>und</strong> Analysen aus der<br />
Jahresstatistik des GdW. Berlin.<br />
Geberding-Wiese, Irene (1968): <strong>Dichte</strong>werte <strong>und</strong> Freiflächenzahl im Städtebau. Dissertation,<br />
Fakultät <strong>für</strong> Bauwesen, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen.<br />
Aachen.
288 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />
Gehrke, Wilhelm (2003): Welche Wohnwünsche beeinflussen den Stadtumbau? 2. Wohnungspolitischer<br />
Kongress Niedersachsen "Städte im Abseits? - Der Umbau als<br />
Chance", 05.11.2003. Hannover.<br />
Giseke, Undine; Renker, Ursula (1998): Wieviel Grün braucht die Stadt? In: Stadt + Grün,<br />
8/1998, 560-563.<br />
Gläser, Jochen; Laudel, Grit (2004): Experteninterviews <strong>und</strong> qualitative Inhaltsanalyse als<br />
Instrumente rekonstruierender Untersuchungen. Wiesbaden: VS (Verlag <strong>für</strong> Sozialwissenschaften).<br />
Göderitz, Johannes; Rainer, Roland; Hoffmann, Hubert (1957): Die gegliederte <strong>und</strong> aufgelockerte<br />
Stadt. Archiv <strong>für</strong> Städtebau <strong>und</strong> Landesplanung. Tübingen: Verlag Ernst Wasmuth.<br />
Gruen, Victor (1973): Das Überleben der Städte - Wege aus der Umweltkrise: Zentren als<br />
urbane Brennpunkte. Wien, München, Zürich: Verlag Fritz Molden.<br />
Grünheid, Evelyn (2006): Die demographische Lage in Deutschland 2005. In: Zeitschrift <strong>für</strong><br />
Bevölkerungswissenschaft, Nr. 1/Jg. 31, 3-104.<br />
Gutsche, Jens-Martin (2006): Soziale Infrastrukturen: Anpassungsfähigkeit <strong>und</strong> Remanenzkosten<br />
bei Nachfrageveränderungen, Modellrechnungen <strong>für</strong> die Planungsregion Havelland-Fläming.<br />
In: Informationen zur Raumentwicklung, 5/2006, 271-280.<br />
Habich, Roland; Noll, Heinz-Herbert (2006) (Hrsg): Datenreport 6 des Statistischen B<strong>und</strong>esamts<br />
in Zusammenarbeit mit WZB (Wissenschaftszentrum Berlin) <strong>und</strong> ZUMA (Zentrum<br />
<strong>für</strong> Umfragen, Methoden <strong>und</strong> Analysen). Teil II: Objektive Lebensbedingungen<br />
<strong>und</strong> subjektives Wohlbefinden im vereinten Deutschland. Berlin, Mannheim.<br />
Haller, Christoph (2002): Leerstand im Plattenbau, Ausmaß - Ursachen - Gegenstrategien,<br />
edition stadt <strong>und</strong> region 4. Berlin: Leue Verlag.<br />
Hanisch, Jochen (1995): Wegweiser <strong>für</strong> die Innenentwicklung. In: Garten <strong>und</strong> Landschaft.<br />
6/1995, 14-17.<br />
Hannemann, Christine (2000): Zukunftschance <strong>Schrumpfung</strong> – Stadtentwicklung in Ostdeutschland<br />
– eine Skizze. In: Hager, Frithjof; Schenkel, Werner (Hrsg.): <strong>Schrumpfung</strong>en:<br />
Chancen <strong>für</strong> ein anderes Wachstum. Ein Diskurs der Natur- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften.<br />
Berlin et al.: Springer, 99-105.<br />
Happe, Michael; Hinzen, Ajo; Pieper, Heinz; Davids, Peter; Terfrüchte, Friedhelm (1994):<br />
Grünbuch Planung - Bausteine <strong>für</strong> die Planungspraxis in Nordrhein-Westfalen, ILS<br />
(<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Landes- <strong>und</strong> Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-<br />
Westfalen) im Auftrag des MSV (Ministeriums <strong>für</strong> Stadtentwicklung <strong>und</strong> Verkehr des<br />
Landes Nordrheinwestfalen). Dortm<strong>und</strong>.<br />
Häußermann, Hartmut; Siebel, Walter (1996): Soziologie des Wohnens. Eine Einführung in<br />
Wandel <strong>und</strong> Ausdifferenzierung des Wohnens. Gr<strong>und</strong>lagentexte Soziologie. Weinheim,<br />
München: Juventa Verlag.<br />
Hecking, Georg; Knauss, Erich; Seitz, Ulrich (1980): Wohnungsversorgung <strong>und</strong> Siedlungsflächenverbrauch.<br />
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Heidemann, Claus (1975): Städtebauliche Verdichtung, Theoriegeleitete Untersuchungen<br />
zum Problem der städtebaulichen Verdichtung. Materialien zur Landes- <strong>und</strong> Stadtentwicklungsforschung<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen. Dortm<strong>und</strong>.
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 289<br />
Heinz, Harald (1983): Entwerfen im Städtebau. Daten, Richtwerte, Rechtsgr<strong>und</strong>lagen, Planungsablauf.<br />
Wiesbaden, Berlin: Bauverlag GmbH.<br />
Heitkamp, Thomas (2002): Motivlagen der Stadt-Umland-Wanderung <strong>und</strong> Tendenzen der<br />
zukünftigen Wohnungsnachfrage In: Informationen zur Raumentwicklung, 3/2002,<br />
163-171.<br />
Hentschel, Armin (2004): Daran führt kein Weg vorbei: Qualitätsmaßstäbe <strong>für</strong> den Stadtumbau.<br />
In: Die Wohnungswirtschaft, 1/2004, 49-52.<br />
Herz, Raim<strong>und</strong> K. (2002): Stadtumbau Ost bei sinkendem Wasser- <strong>und</strong> Energieverbrauch,<br />
Probleme <strong>und</strong> Lösungsansätze mit den Versorgungsunternehmen. Ringvorlesung<br />
Raumwissenschaftliches Kompetenzzentrum Dresden am 11. Dezember 2002.<br />
Dresden.<br />
Herz, Raim<strong>und</strong> K. (2004): Szenarien der Stadtentwicklung <strong>und</strong> ihre Auswirkungen auf die<br />
technischen Infrastruktursysteme. In: Herz, Raim<strong>und</strong> K. (Hrsg.): Stadtumbau <strong>und</strong><br />
Anpassung der Wärmeversorgungssysteme. 5. Kolloquium Stadtbauwesen des<br />
Lehrstuhls Stadtbauwesen, Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität<br />
Dresden am 30. Januar 2004. Dresdner Beiträge zum Stadtbauwesen. Dresden,<br />
7-18.<br />
Herz, Raim<strong>und</strong> K. (2006): Buried Infrastructure in Shrinking Cities. Paper presented at the<br />
International Symposium at Technische Universität Dresden “Coping with City Shrinkage<br />
and Demographic Change – Lessons from aro<strong>und</strong> the Globe”, 30.-31. März<br />
2006. Dresden.<br />
Herz, Raim<strong>und</strong> K.; Marschke, Lars; Schmidt, Torsten (2005): Stadtumbau <strong>und</strong> Stadttechnik,<br />
Teil 1: Ursachen <strong>und</strong> Folgen <strong>für</strong> die Stadttechnik. In: wwt - Das Praxismagazin <strong>für</strong><br />
Entscheidungen im Trink- <strong>und</strong> Abwassermanagement, 10/2005, 8-12.<br />
Herz, Raim<strong>und</strong> K.; Werner, Matthias; Marschke, Lars (2002): Anpassung der technischen<br />
Infrastruktur. In: BMVBW (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen)<br />
(Hrsg.): Fachdokumentation zum B<strong>und</strong>eswettbewerb "Stadtumbau Ost" - Expertisen<br />
zu städtebaulichen <strong>und</strong> wohnungswirtschaftlichen Aspekten des Stadtumbaus.<br />
Bonn, 50-60.<br />
Hewitt, Kenneth; Nutz, Manfred; Nipper, Josef (1993): Städte nach dem Krieg, Aspekte des<br />
Wiederaufbaus in Deutschland. In: Geographische R<strong>und</strong>schau, Nr. 7/8/Jg. 45, 438-<br />
445.<br />
Hezel, Dieter; Höfler, Horst; Kandel, Lutz; Linhardt, Achim (1983): Vergleichende Analyse<br />
der sozialen Kosten unterschiedlicher Siedlungsformen. In: BMBau (B<strong>und</strong>esministerium<br />
<strong>für</strong> Raumordnung, Bauwesen <strong>und</strong> Städtebau) (Hrsg.): Kosten- <strong>und</strong> flächensparendes<br />
Bauen - Kurzfassungen. Schriftenreihe "Städtebauliche Forschung" 03.097.<br />
Bonn, 157-171.<br />
Hillebrecht, Rudolf (1962): Städtebau <strong>und</strong> Stadtentwicklung. In: Archiv <strong>für</strong> Kommunalwissenschaften,<br />
1/1962, 41-64.<br />
Höfler, Horst; Kandel, Lutz; Linhardt, Achim; Rohm, Walter (1983): Analyse des Einflusses<br />
geltender öffentlich-rechtlicher Normen <strong>und</strong> Vorschriften auf Verwirklichungsmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Kosten von 1-3 geschossigen, verdichteten individualisierten Bauformen,<br />
Kurzfassung des Ergebnisberichtes. In: BMBau (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Raumordnung<br />
Bauwesen <strong>und</strong> Städtebau) (Hrsg.): Kosten- <strong>und</strong> flächensparendes Bauen,<br />
Kurzfassungen. Schriftenreihe "Städtebauliche Forschung" 03.097. Bonn, 181-209.
290 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />
Hohenadl, Karl (1977): Die <strong>Dichte</strong> in städtischen Wohngebieten, eine Erörterung der städtebaulichen<br />
Argumente zur Bestimmung optimaler <strong>Dichte</strong>werte. Dissertation, Fachbereich<br />
Wirtschaftswissenschaften, Universität Regensburg. Regensburg.<br />
Holz-Rau, Christian (2001): Verkehr <strong>und</strong> Siedlungsstruktur – eine dynamische Gestaltungsaufgabe.<br />
In: Raumforschung <strong>und</strong> Raumordnung, 4/2001, 264-275.<br />
Holz-Rau, Christian; Scheiner, Joachim (2004): Verkehrsplanung <strong>und</strong> Mobilität im Kontext<br />
der demographischen Entwicklung. In: Straßenverkehrstechnik, 7/2004, 341-348.<br />
Hübner, Herbert (1969): Richtwerte <strong>und</strong> Werturteile. In: Bauwelt, 51-52/1969, 270-272.<br />
Hunger, Bernd (1994): Die Bedeutung großer Neubaugebiete in der Wohnungs- <strong>und</strong> Städtebaupolitik<br />
der DDR - historischer Rückblick. In: Informationen zur Raumentwicklung,<br />
9/1994, 595-609.<br />
Hunger, Bernd; Weidemüller, Dagmar; Westermann, Stephan; Giseke, Undine; Hübner,<br />
Sven; Simons, Maria; Bacherer, Till; Schmidt, Simone; Rohland, Detlef; Berschiek,<br />
Solvej (2004): Zwischennutzung <strong>und</strong> neue Freiflächen, Städtische Lebensräume der<br />
Zukunft. Ein Projekt des Forschungsprogramms der "Projektplanung Aufbau Ost"<br />
des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>esamtes<br />
<strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung. Berlin.<br />
Hutter, Gérard; Westphal, Christiane; Siedentop, Stefan; Janssen, Gerold; Müller, Bernhard;<br />
Vormann, Michael; Ewringmann, Dieter (2004): Handlungsansätze zur Berücksichtigung<br />
der Umwelt-, Aufenthalts- <strong>und</strong> Lebensqualität im Rahmen der Innenentwicklung<br />
von Städten <strong>und</strong> Gemeinden - Fallstudien. UBA-Texte 41/2004. Berlin.<br />
Ismaier, Florian (2002): Strukturen <strong>und</strong> Motive der Stadt-Umland-Wanderung – Trends in<br />
westdeutschen Verdichtungsräumen. In: Schröter, Frank (Hrsg.): Städte im Spagat<br />
zwischen Wohnungsleerstand <strong>und</strong> Baulandmangel, RaumPlanung spezial 4, 1/2002.<br />
Dortm<strong>und</strong>, 19-29.<br />
Iwanow, Irene (2003): Szenarien zur Wohnungsnachfrageentwicklung in ostdeutschen<br />
Kommunen <strong>und</strong> Regionen. In: Hutter, Gérard; Iwanow, Irene; Müller, Bernhard<br />
(Hrsg.): Demographischer Wandel <strong>und</strong> Strategien der Bestandsentwicklung in Städten<br />
<strong>und</strong> Regionen. IÖR-Schriften 41. Dresden, 69-85.<br />
Iwanow, Irene; Eichhorn, Daniel (2002a): Kommunale Wohnungsnachfrage, Rechenprogramm<br />
<strong>für</strong> die Prognose der Nachfrage. In: Stadtforschung <strong>und</strong> Statistik, 2/2002, 25-<br />
32.<br />
Iwanow, Irene; Eichhorn, Daniel (2002b): Szenarien zur kommunalen Wohnungsnachfrageentwicklung<br />
In: Die Wohnungswirtschaft, 2/2002, 33-35.<br />
Iwanow, Irene; Oertel, Holger (2004): Wohnmobilität in Dresden <strong>und</strong> ihre Folgen <strong>für</strong> die teilstädtischen<br />
Wohnungsmärkte. In: Killisch, Winfried (Hrsg.): Aktuelle Beiträge zur<br />
Stadt- <strong>und</strong> Wohnungsmarktentwicklung in Dresden. Dresdner Geographische Beiträge<br />
9/2004. Dresden, 53-85.<br />
Jakubowski, Peter (2006): Stadt ohne Infrastruktur heißt Stadt ohne Zukunft. Zur Agenda<br />
kommunaler Infrastrukturpolitik. In: Informationen zur Raumentwicklung, 5/2006,<br />
237-248.<br />
Janssen, Solveigh (2000): Flächensparende <strong>und</strong> kostengünstige Verkehrserschließung von<br />
Wohngebieten <strong>und</strong> Stadtquartieren. Veröffentlichungen des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Verkehrswirtschaft,<br />
Straßenwesen <strong>und</strong> Städtebau der Universität Hannover 29. Hannover.
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 291<br />
Jenssen, Till; Karakoyun, Ercan (2005): Einfluss von Siedlungsstruktur <strong>und</strong> Siedlungsentwicklung<br />
auf Infrastrukturkosten dargestellt am Beispiel der Abwasserentsorgung.<br />
Diplomarbeit, Fakultät Raumplanung, Universität Dortm<strong>und</strong>. Dortm<strong>und</strong>.<br />
Jessen, Johann (1999): Stadtmodelle im europäischen Städtebau – Kompakte Stadt <strong>und</strong><br />
Netz-Stadt. In: Becker, Heidede; Jessen, Johann; Sander, Robert (Hrsg.): Ohne<br />
Leitbild? - Städtebau in Deutschland <strong>und</strong> Europa, 2. unveränderte Auflage. Stuttgart:<br />
Karl Krämer Verlag <strong>und</strong> Wüstenrot Stiftung, 489-504.<br />
Jochimsen, Reimut (1995): Infrastruktur. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung)<br />
(Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover, 490-497.<br />
Jonas, Carsten (2006): Die Stadt <strong>und</strong> ihr Gr<strong>und</strong>riss, Zu Form <strong>und</strong> Geschichte der deutschen<br />
Stadt nach Entfestigung <strong>und</strong> Eisenbahnanschluss. Tübingen, Berlin: Ernst Wasmuth<br />
Verlag.<br />
Kadatz, Hans-Joachim (1997): Städtebauliche Entwicklungslinien in Mittel- <strong>und</strong> Osteuropa,<br />
DDR, Tschechoslowakei <strong>und</strong> Ungarn nach dem Zweiten Weltkrieg. REGIO Beiträge<br />
des IRS 12. Erkner: <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Regionalentwicklung <strong>und</strong> Strukturplanung.<br />
Keim, Karl-Dieter (2001): Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungsprogramm zur Regenerierung der<br />
ostdeutschen Städte. In: Keim, Karl-Dieter (Hrsg.): Regenerierung schrumpfender<br />
Städte – zur Umbaudebatte in Ostdeutschland. REGIO transfer Band 1. Erkner, 9-<br />
39.<br />
Kellner, Andreas (1997): Stadtentwicklungsplanung <strong>für</strong> Hamburg Billwerder-Allermöhe. In:<br />
Magistrat der Stadt Frankfurt am Main: Dezernat Planung – Amt <strong>für</strong> kommunale Gesamtentwicklung<br />
<strong>und</strong> Stadtplanung (Hrsg.): Planung <strong>und</strong> Entwicklung neuer Stadtteile,<br />
Internationaler Frankfurter Städtebau-Diskurs. Deutsches Architektur-Museum,<br />
22.-23. Mai 1997. Frankfurt am Main, 67-72.<br />
Kistella, Irene (2000): Die europäische Stadt ein Erfolgsmodell ohne Zukunft. In: Kistella,<br />
Irene; Kurth, Detlef; Wagner, Maria T. (Hrsg.): Städtebau ...dem Ort, der Zeit, den<br />
Menschen verpflichtet. Dortm<strong>und</strong>er Beiträge zur Raumplanung 100. Dortm<strong>und</strong>:<br />
Dortm<strong>und</strong>er Vertrieb <strong>für</strong> Bau- <strong>und</strong> Planungsliteratur, 69-74.<br />
Klaffke, Kaspar (1995): Grün- <strong>und</strong> Freiflächen. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong><br />
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Klotz, Arnold; Frey, Otto (1997): Städtebauliche <strong>Dichte</strong> im Spannungsfeld von Planungskonzepten<br />
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der Stadt Frankfurt am Main: Dezernat Planung – Amt <strong>für</strong> kommunale Gesamtentwicklung<br />
<strong>und</strong> Stadtplanung (Hrsg.): Planung <strong>und</strong> Entwicklung neuer Stadtteile, Internationaler<br />
Frankfurter Städtebau-Diskurs. Deutsches Architektur-Museum, 22.-23.<br />
Mai 1997. Frankfurt am Main, 80-82.<br />
Knaup, Hans (1997): Kommentar zur Baunutzungsverordnung, begründet von Hans Knaup<br />
fortgeführt von Gustav-Adolf Stange. 8., völlig neu bearbeitete <strong>und</strong> erweiterte Auflage<br />
1997. Düsseldorf: Werner-Verlag.<br />
Koch, Katharina (2005): Soziale Infrastruktur im Kontext städtischer <strong>Schrumpfung</strong>, Räumliche<br />
Ordnungskonzepte 2015 <strong>für</strong> Kindergärten <strong>und</strong> Altenpflegeheime in Bremerhaven.<br />
In: Raumforschung <strong>und</strong> Raumordnung, 3/2005, 199-209.
292 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />
Köppl, Michael (2006): Förderung der Rückführung städtischer Infrastruktur. Vortrag auf dem<br />
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Korda, Martin (1999): Müller/Korda Städtebau, 4. neubearbeitete Auflage. Stuttgart, Leipzig:<br />
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Korda, Martin (2005) (Hrsg.): Städtebau, Technische Gr<strong>und</strong>lagen, 5. neubearbeitete Auflage.<br />
Stuttgart, Leipzig, Wiesbaden.<br />
Koziol, Matthias; Walther, Jörg (2002): Stadtumbaukonzept Cottbus, Teil Stadttechnik, Bericht.<br />
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Koziol, Matthias (2004): Folgen des demographischen Wandels <strong>für</strong> die kommunale Infrastruktur.<br />
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Koziol, Matthias; Walther, Jörg (2006): Ökonomische Schwellenwerte bei der Rücknahme<br />
von technischer Infrastruktur in der Stadt In: Informationen zur Raumentwicklung,<br />
5/2006, 259-269.<br />
Koziol, Matthias; Walther, Jörg; Pahl-Weber, Elke; Marsch, Stephanie; Bauer, Uta (2005):<br />
Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die Rücknahme von Infrastruktur. Gutachten im Rahmen<br />
des ExWoSt-Forschungsfelds "Stadtquartiere im Umbruch" (Arbeitspaket C). BBR-<br />
Online-Publikation, September 2005. Bonn.<br />
Krau, Ingrid (1994): Innenentwicklung contra Außenentwicklung - <strong>ökologische</strong>s Dilemma. In:<br />
Informationen zur Raumentwicklung, 3/1994, 215-222.<br />
Kromrey, Helmut (2002): Empirische Sozialforschung. 10. Auflage. Opladen: Verlag Leske +<br />
Budrich.<br />
Krüger, Till; Rathmann, Peter; Utech, Joachim (1972): Das Hamburger <strong>Dichte</strong>modell. In:<br />
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Kühn, Manfred (1998): Stadt in der Landschaft – Landschaft in der Stadt. In: Informationen<br />
zur Raumentwicklung, 7-8/1998, 495-507.<br />
Kühn, Manfred (2000): Vom Ring zum Netz? Siedlungsstrukturelle Modelle zum Verhältnis<br />
von Großstadt <strong>und</strong> Landschaft in der Stadtregion. In: DISP, 143, 18-25.<br />
Kühne-Büning, Lidwina; Nordalm, Volker; Steveling, Lieselotte (2005): Gr<strong>und</strong>lagen der Wohnungs-<br />
<strong>und</strong> Immobilienwirtschaft, vormals "Lehrbuch der Wohnungswirtschaft". 4.<br />
überarbeitete <strong>und</strong> erweiterte Auflage. Frankfurt am Main.<br />
Kurth, Detlef (2000): Soziale Stadt versus Zwischenstadt – Stadtpflege als Zukunftsaufgabe<br />
<strong>für</strong> den Städtebau. In: Kistella, Irene; Kurth, Detlef; Wagner, Maria T. (Hrsg.): Städtebau<br />
...dem Ort, der Zeit, den Menschen verpflichtet. Dortm<strong>und</strong>er Beiträge zur<br />
Raumplanung 100. Dortm<strong>und</strong>: Dortm<strong>und</strong>er Vertrieb <strong>für</strong> Bau- <strong>und</strong> Planungsliteratur,<br />
105-111.<br />
Landeshauptstadt Dresden: Kommunale Statistikstelle (2007): Dresdner Zahlen aktuell. 13.<br />
Jahrgang. Dresden.<br />
Lang, Thilo; Tenz, Eric (2003): Von der schrumpfenden Stadt zur Lean City, Prozesse <strong>und</strong><br />
Auswirkungen der Stadtschrumpfung in Ostdeutschland <strong>und</strong> deren Bewältigung.<br />
Dortm<strong>und</strong>: Dortm<strong>und</strong>er Vertrieb <strong>für</strong> Bau- <strong>und</strong> Planungsliteratur.<br />
Läpple, Dieter (2006): Eine Renaissance der Stadt <strong>und</strong> die Segmentierung der Stadtgesellschaft.<br />
In: wohnb<strong>und</strong>-informationen, 1/2006, 6-7.
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Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadtbauwesen der TU Dresden (2002a): Ergebnisse der Befragung von Wasserversorgungsunternehmen.<br />
01-tw-22.08.02.pdf unter http://www.tu-dresden.de/stadtbau/<br />
Zugriff am 10.07.07.<br />
Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadtbauwesen der TU Dresden (2002b): Ergebnisse der Befragung von Unternehmen<br />
der Fernwärme. 04-fw-22.08.02.pdf unter http://www.tudresden.de/stadtbau/<br />
Zugriff am 10.07.07.<br />
Lichtenberger, Elisabeth (1998): Stadtgeographie: Begriffe, Konzepte, Modelle, Prozesse.<br />
Leipzig.<br />
Lindner, Margit; Buhtz, Martina (2006): Technische Infrastruktur bei Abriss. In: B<strong>und</strong>esBau-<br />
Blatt, 11/2006, 16-20.<br />
Losch, Siegfried (1992): Sparsame <strong>und</strong> schonende Flächeninanspruchnahme - ein unerfülltes<br />
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Loske, Reinhard (1996): Die <strong>Dichte</strong> als Chance, Ein Essay zu den Konturen zukunftsfähiger<br />
Stadtentwicklung. In: Raumforschung <strong>und</strong> Raumordnung, 2-3/1996, 98-102.<br />
Lütke Daldrup, Engelbert (2001): Die perforierte Stadt. Eine Versuchsanordnung. In: Bauwelt,<br />
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Lütke Daldrup, Engelbert (2003): Die "perforierte Stadt" - neue Räume im Leipziger Osten.<br />
In: Informationen zur Raumentwicklung, 1-2/2003, 55-67.<br />
Lütke Daldrup, Engelbert (2000): Neue Qualitäten durch Stadtumbau. In: RaumPlanung,<br />
100, 12-13.<br />
Marschke, Lars (2004): Stadttechnik im Stadtumbauprozess: Probleme <strong>und</strong> Lösungsansätze.<br />
In: Herz, Raim<strong>und</strong> K. (Hrsg.): Stadtumbau <strong>und</strong> Anpassung der Wärmeversorgungssysteme.<br />
5. Kolloquium Stadtbauwesen des Lehrstuhls Stadtbauwesen, Fakultät<br />
Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden am 30. Januar 2004.<br />
Dresdner Beiträge zum Stadtbauwesen. Dresden, 79-86.<br />
Marschke, Lars; Schmidt, Torsten; Guillemenet, Aurélie (2005): Stadtumbau <strong>und</strong> Stadttechnik,<br />
Teil 2: Der infrastrukturelle Entwicklungsplan (ISEP) – ein Beitrag der Stadttechnik<br />
zur integrierten Stadtentwicklungsplanung. In: wwt – Das Praxismagazin <strong>für</strong> Entscheidungen<br />
im Trink- <strong>und</strong> Abwassermanagement, 11-12/2005, 37-41.<br />
Marschke, Lars; Schmidt, Torsten; Schneider, Gregor (2006): Stadumbau <strong>und</strong> Stadttechnik,<br />
Teil 3: Langfristige Preis- <strong>und</strong> Gebührenentwicklung <strong>und</strong> Optionen <strong>für</strong> die Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorger. In: wwt – Das Praxismagazin <strong>für</strong> Entscheidungen im Trink- <strong>und</strong> Abwassermanagement,<br />
01/2006, 27-32.<br />
Marti, Peter; Henz, Hans-Rudolf (2001): Verkehr <strong>und</strong> Raumordnung: Huhn <strong>und</strong> Ei? In: Infoheft<br />
RP, 1-2/2001, 7-10.<br />
Meadows, Dennis (1972): Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage<br />
der Menschheit. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt.<br />
Meinel, Gotthard; Herold, Hendrik; Hecht, Robert; Schiller, Georg (2007): Automatische Ableitung<br />
von stadtstrukturellen Gr<strong>und</strong>lagendaten in einem Geographischen Informationssystem.<br />
Abschlussbericht, FOPS 73.0323/2004 im Auftrag des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
<strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Stadtentwicklung. IÖR (<strong>Leibniz</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>ökologische</strong><br />
Raumentwicklung). Dresden.
294 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />
Menkhoff, Herbert; Blum, Askan; Bendisch, Egbert; Wente, Ewald (1979): Städtebauliche<br />
Verdichtung <strong>und</strong> ihre Bewertung, Querschnittsuntersuchung von Demonstrativbauvorhaben.<br />
Versuchs- <strong>und</strong> Vergleichsbauten <strong>und</strong> Demonstrativmaßnahmen 01.067.<br />
Bonn-Bad Godesberg.<br />
Michael, Richard (1994): Verdichtung <strong>und</strong> gerichtete <strong>Dichte</strong> als zentrales Anliegen einer<br />
ressourcenorientierten Raumplanung, Untersuchung am Beispiel der Region München.<br />
Studien zur Raumplanung. Lehrstuhl <strong>für</strong> Raumforschung, Raumordnung <strong>und</strong><br />
Landesplanung Technische Universität München: Studien zur Raumplanung. München.<br />
Ministerrat der DDR; Ministerium <strong>für</strong> Bauwesen (1986) (Hrsg.): Komplexrichtlinie <strong>für</strong> die städtebauliche<br />
Planung <strong>und</strong> Gestaltung von Wohngebieten im Zeitraum 1986-1990. Berlin.<br />
Mönninger, Michael (1994): Die Angst vor der <strong>Dichte</strong>, Städtebau in den neunziger Jahren. In:<br />
Dezernat Planung der Stadt Frankfurt am Main (Hrsg.): Region. Die Zukunft des<br />
Städtischen: Frankfurter Beiträge 5. Frankfurt, New York: Campus Verlag, 163-168.<br />
Müller, Bernhard (2003): Regionalentwicklung unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen In: Raumforschung<br />
<strong>und</strong> Raumordnung, 1-2/2003, 28-42.<br />
Müller, Bernhard (2004): Demographischer Wandel <strong>und</strong> die Folgen <strong>für</strong> die Städte – Einführung<br />
<strong>und</strong> Übersicht. In: DfK (Deutsche Zeitschrift <strong>für</strong> Kommunalwissenschaften),<br />
1/2004, 5-13.<br />
Müller, Bernhard; Siedentop, Stefan (2004): Wachstum <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> - Trends, Perspektiven<br />
<strong>und</strong> Herausforderungen <strong>für</strong> die räumliche Planung <strong>und</strong> Entwicklung. In: Deutsche<br />
Zeitschrift <strong>für</strong> Kommunalwissenschaften (DfK), I/2004, 14-32.<br />
Müller, Wolfgang; Bischof, Wolfgang; Ehlgötz, Rolf; Wessels, Kurt; Klagge, Hans-Joachim<br />
(1979): Städtebau - Technische Gr<strong>und</strong>lagen, 3. überarb. u. erw. Auflage. Stuttgart:<br />
Teubner.<br />
Müller-Ibold, Klaus (1978): Realisierungsprobleme höher verdichteter Wohngebiete. In:<br />
Bauwelt, 24/1978, 131-133.<br />
Neufert, Ernst (2005): Neufert Bauentwurfslehre, 38. vollständig überarbeitete <strong>und</strong> aktualisierte<br />
Auflage, begründet von Ernst Neufert, weitergeführt von Johannes Kister. Im<br />
Auftrag der Neufert-Stiftung <strong>und</strong> mit Unterstützung des Gropius-<strong>Institut</strong>s der Hochschule<br />
Anhalt in Zusammenarbeit mit Mathias Brockhaus, Matthias Lohmann, Patricia<br />
Merkel <strong>und</strong> Thomas Dietzsch. Wiesbaden: Vieweg.<br />
Nohl, Werner (1993): Kommunales Grün in der ökologisch orientierten Stadterneuerung,<br />
Handbuch <strong>und</strong> Beispielsammlung. Studien des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Medienforschung <strong>und</strong><br />
Urbanistik München 19. München.<br />
Nohl, Werner; Zekom, Sabine (1995): Erholungsrelevante Freiflächenversorgung <strong>für</strong> das<br />
Stadtgebiet. Perspektive München, Schriftenreihe zur Stadtentwicklung C1. München.<br />
NVK (Nachbarschaftsverband Karlsruhe) (1999): Flächennutzungsplan 2010. Vorentwurf<br />
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Oberbürgermeisteramt der Stadt Zwickau (2007): 3. Regionalisierte Bevölkerungsprognose<br />
bis 2020, Dokumentation.<br />
http://www.zwickau.de/wirtschaft/seko/bevoelkerungsentwicklung.htm<br />
Zugriff am 12.02.07.
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 295<br />
Opaschowski, Horst W. (2006): Zukunft findet Stadt! Abschied vom urbanen Pessimismus.<br />
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Oswalt, Phillip; Overmeyer, Klaus; Schmidt, Holger (o.J.): Weniger ist mehr, Experimenteller<br />
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Pahl-Weber, Elke; Bleck, Rüdiger; Goerke, Peter; Siemonsen, Brigitte; Fiebig, Thomas<br />
(2000): Neues Wohnen im Bestand. Pilotprojekt "Potenziale <strong>und</strong> Strategien <strong>für</strong> die<br />
Stadt der Zukunft" im Rahmen des Experimentellen Wohnungs- <strong>und</strong> Städtebaus<br />
(ExWost), "Städte der Zukunft". Münster.<br />
Pauleit, Stephan (1998): Das Umweltwirkgefüge städtischer Siedlungsstrukturen, Darstellung<br />
des städtischen Ökosystems durch eine Strukturtypenkartierung zur Bestimmung<br />
von Umweltqualitätszielen <strong>für</strong> die Stadtplanung. Landschaftsökologie Weihenstephan<br />
12. Freising: Fre<strong>und</strong>e der Landschaftsökologie Weihenstephan.<br />
Pauleit, Stephan; Duhme, Friedrich (1999): Stadtstrukturtypen - Bestimmung der Umweltleistungen<br />
von Stadtstrukturtypen <strong>für</strong> die Stadtplanung. In: RaumPlanung, 84, 33-44.<br />
Pecher, R. (1992): Abwassergebühr - Quo vadis? In: Korrespondenz Abwasser, 5/1992,<br />
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Pfeiffer, Ulrich; Simons, Harald; Porsch, Lucas (2000): Wohnungswirtschaftlicher Strukturwandel<br />
in den neuen B<strong>und</strong>esländern. Bericht der Kommission im Auftrag des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
<strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen.<br />
Pfeil, Elisabeth (1972): Großstadtforschung, Entwicklung <strong>und</strong> gegenwärtiger Stand, 2. neubearbeitete<br />
Auflage. Veröffentlichung der Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung<br />
65. Hannover: Gebrüder Jänecke Verlag.<br />
Pörschmann, H. (1972) (Hrsg.): Bautechnische Berechnungen <strong>für</strong> Ingenieure, 9. Auflage.<br />
Leipzig: BSB B.G. Teubner Verlagsgesellschaft.<br />
Preibisch, Wolfgang (2002): Stadtumbau Ost – ein neues Instrument moderner Städtebaupolitik<br />
beginnt den Praxistest. In: B<strong>und</strong>esBauBlatt, 5/2002, 16-19.<br />
Rainer, Roland (1968): Sinn <strong>und</strong> Grenzen städtebaulicher Verdichtung. In: Ahuis, Helmut<br />
Wilhelm; Müller, Wolfgang Hans; Schulz, Hans Lothar; Schuster, Gottfried (Hrsg.):<br />
Johannes Göderitz zum 80. Geburtstag am 24. Mai 1968, Eine raumplanerische<br />
Kommentation. Stuttgart: Karl Krämer Verlag, 12-17.<br />
Reidenbach, Michael (1989): Die Erhaltung der städtischen Infrastruktur: Analysen - Finanzbedarf<br />
- Strategien. Schriften des Deutschen <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> Urbanistik 79. Stuttgart,<br />
Berlin, Köln: Kohlhammer.<br />
Reinborn, Dietmar (1996): Städtebau im 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert. Stuttgart, Berlin, Köln:<br />
Kohlhammer.<br />
Reinhardt, Walter; Trudel, Helmut (1979): Wohndichte <strong>und</strong> Bebauungsformen, Praktische<br />
Entscheidungshilfen <strong>für</strong> die kommunale Planung. Veröffentlichung der Forschungsgemeinschaft<br />
Bauen <strong>und</strong> Wohnen (FBW) 113. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt.<br />
Reuther, Iris (2002): Leitbilder <strong>für</strong> den Stadtumbau. In: BMVBW (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr,<br />
Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen); BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung)<br />
(Hrsg.): Fachdokumentation zum B<strong>und</strong>eswettbewerb "Stadtumbau Ost", Expertisen<br />
zu städtebaulichen <strong>und</strong> wohnungswirtschaftlichen Aspekten des Stadtumbaus<br />
in den neuen Ländern. Bonn, 12-24.
296 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />
Reuther, Iris (2003): Learning from the East? Über die Suche nach Leitbildern zum Stadtumbau.<br />
In: Informationen zur Raumentwicklung, 10-11/2003, 575-588.<br />
Richter, Gerhard (1995): Trends im Freizeitverhalten, Ansprüche an kommunale Freiräume<br />
<strong>für</strong> Freizeit <strong>und</strong> Erholung. In: Stadt + Grün, 5/1995, 318-324.<br />
Richter, Gerhard (1981) (Hrsg.): Handbuch Stadtgrün. Landschaftsarchitektur im städtischen<br />
Freiraum. München et al.: BLV Verlagsgesellschaft.<br />
Ringel, Johannes; Weidner, Silke (2006): Zukunftsentwürfe zwischen „Stabilisieren, Liegenlassen,<br />
Nischen/Nester <strong>und</strong> Renaturierung“ – Szenarien <strong>und</strong> Modellrechnungen zur<br />
Entwicklung von Quartieren im Stadtumbau. Zwischenbericht. ExWoSt-<br />
Forschungsfeld „Stadtquartiere im Umbruch“, Arbeitsbaustein D. Leipzig.<br />
Ringler, Harald; Schnepf, Thomas (1987): Ausbau <strong>und</strong> Erneuerung des Gas- <strong>und</strong> Fernwärmenetzes<br />
im Rahmen des örtlichen Energieversorgungskonzeptes der Stadt Karlsruhe.<br />
In: Universität Karlsruhe, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Städtebau <strong>und</strong> Landesplanung (Hrsg.): Erneuerung<br />
städtischer Infrastruktur. Karlsruhe: Selbstverlag, 337-364.<br />
Ritter, Ernst-Hasso (1995): Freiraum. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung)<br />
(Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover: Verlag der ARL,<br />
315-319.<br />
Rößler, Stefanie (2003): Kriterien <strong>für</strong> den Stadtumbau aus Sicht der Freiraumplanung. Untersuchung<br />
anhand von Beispielprojekten. Diplomarbeit, Technische Universität<br />
Dresden, Fakultät Architektur, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Landschaftsarchitektur, Lehr- <strong>und</strong> Forschungsgebiet<br />
Freiraumplanung. Dresden.<br />
Rößler, Stefanie (2007): Aktuelle Herausforderungen <strong>für</strong> die Freiraumplanung in schrumpfenden<br />
Städten. In: Dettmar, Jörg; Werner, Peter (Hrsg.): CONTUREC: Schriftenreihe<br />
des Kompetenznetzwerkes Stadtökologie, 2/2007. Darmstadt, 117-127.<br />
Roth, Ueli; Häubi, Fritz; Albrecht, Joachim; Bischoff, Mathias; Deucher, Annemarie; Harder,<br />
Lucius; Langraf, Beatrice; Pape, Gisela (1980): Wechselwirkungen zwischen der<br />
Siedlungsstruktur <strong>und</strong> Wärmeversorgungssystemen. Bonn.<br />
Salin, Edgar (1960): Urbanität. In: Der Städtetag, 7/1960, 328-332.<br />
Sander, Robert (1999): Funktionsmischung - ein Baustein <strong>für</strong> die zukunftsfähige Stadt. In:<br />
Becker, Heidede; Jessen, Johann; Sander, Robert (Hrsg.): Ohne Leitbild? – Städtebau<br />
in Deutschland <strong>und</strong> Europa, 2. unveränderte Auflage. Stuttgart: Karl Krämer<br />
Verlag <strong>und</strong> Wüstenrot Stiftung, 475-488.<br />
Schiller, Georg (2002): Erschließungsaufwand <strong>für</strong> Wohngebiete – Ansatzpunkte <strong>für</strong> Ressourcenschonung.<br />
In: B<strong>und</strong>esBauBlatt, 12/2002, 26-27.<br />
Schiller, Georg (2007): Urban Infrastructure – Challenges for Resource Efficiency in the<br />
Building Stock. In: Building Reasearch & Information, 35/2007, 399-411.<br />
Schiller, Georg; Siedentop, Stefan (2005): Infrastrukturfolgekosten der Siedlungsentwicklung<br />
unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen. In: DISP, 160, 83-93.<br />
Schmidt, Dietmar (2003): Trends, Benchmarks <strong>für</strong> die Rehabilitation <strong>und</strong> Bewertung von<br />
Wasserversorgungssytemen dargestellt am Beispiel der Landeshauptstadt Erfurt.<br />
Erfurt.<br />
Schmidt, Torsten (2004): Johanngeorgenstadt: Stadttechnische Infrastrukturanpassung bei<br />
Rückbau. In: Herz, Raim<strong>und</strong> K. (Hrsg.): Stadtumbau <strong>und</strong> Anpassung der Wärmeversorgungssysteme.<br />
5. Kolloquium Stadtbauwesen des Lehrstuhls Stadtbauwesen,
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 297<br />
Fakultät Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden am 30. Januar<br />
2004. Dresdner Beiträge zum Stadtbauwesen. Dresden, 99-113.<br />
Schmidt-Relenberg, Norbert (1968): Soziologie <strong>und</strong> Städtebau. Versuch einer systematischen<br />
Gr<strong>und</strong>legung. Beiträge zur Umweltplanung. Stuttgart, Bern: Karl Krämer Verlag.<br />
Schneider, Nicole; Spellerberg, Annette (1999): Lebensstile, Wohnbedürfnisse <strong>und</strong> räumliche<br />
Mobilität. Opladen: Leske & Budrich.<br />
Schöning, Claus Georg (1968): Art <strong>und</strong> Maß der baulichen Nutzung. In: Ahuis, Helmut Wilhelm;<br />
Müller, Wolfgang Hans; Schulz, Hans Lothar; Schuster, Gottfried (Hrsg.): Johannes<br />
Göderitz zum 80. Geburtstag am 24. Mai 1968, Eine raumplanerische Kommentation.<br />
Stuttgart: Karl Krämer Verlag, 17-20.<br />
Schöning, Claus Georg; Borchard, Klaus (1992): Städtebau im Übergang zum 21. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />
Stuttgart: Karl Krämer Verlag.<br />
Schramm, Werner; Wortmann, Wilhelm; Mair, Gerhard (1981): Infrastrukturversorgung im<br />
ländlichen Raum, Analysen zur normativen Betriebsgrößen <strong>und</strong> Erreichbarkeitsbedingungen<br />
in Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte. Beiträge der ARL (Akademie<br />
<strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung) 53. Hannover: Hermann Schroedel<br />
Verlag.<br />
Schultz, Barbara; Keiner, Marco; Schmid, Willy A. (2002): Indikatorengestütztes Controlling<br />
der Richtplanung in der Schweiz. In: Raumforschung <strong>und</strong> Raumordnung, 5-6/2002,<br />
366-376.<br />
Seele, Walter (1995): Erschließung. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung)<br />
(Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung. Hannover: Verlag der ARL, 227-<br />
232.<br />
Seitz, Helmut (2002): Der Einfluss der Bevölkerungsdichte auf die Kosten der öffentlichen<br />
Leistungserstellung. Schriften zum Öffentlichen Recht 899. Berlin: Duncker &<br />
Humblot.<br />
Selle, Klaus; Sutter-Schur, Heidi (1993): Der gemeinschaftlich nutzbare Freiraum. Raum<br />
zum „Wohnen in der Stadt“? In: Selle, Klaus (Hrsg.): Freiräume <strong>für</strong> Gemeinschaften<br />
in der Stadt. Hannover, Dortm<strong>und</strong>: Dortm<strong>und</strong>er Vertrieb <strong>für</strong> Planungsliteratur.<br />
SenStadt Berlin (Senatsverwaltung <strong>für</strong> Stadtentwicklung Berlin) (1996a): Umweltatlas, Band<br />
3. Erste Gesamtberliner Ausgabe, Berlin.<br />
SenStadt Berlin (Senatsverwaltung <strong>für</strong> Stadtentwicklung Berlin) (1996b): Umweltatlas Berlin,<br />
aktualisierte <strong>und</strong> erweiterte Ausgabe, Karte 06.06 Einwohnerdichte (Ausgabe 1996).<br />
Berlin. http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/d606_4.htm<br />
Zugriff am 27.07.07.<br />
SenStadt Berlin (Senatsverwaltung <strong>für</strong> Stadtentwicklung Berlin) (2006): Umweltatlas Berlin,<br />
aktualisierte <strong>und</strong> erweiterte Ausgabe, Karte 06.06 Einwohnerdichte (Ausgabe 2006).<br />
Berlin. http:/www.stadentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlast/db505_4.htm<br />
Zugriff am 27.07.07.<br />
SenStadt Berlin (Senatsverwaltung <strong>für</strong> Stadtentwicklung Berlin) (2007): Digitaler Umweltatlas<br />
Berlin: 06.07 Stadtstruktur,<br />
http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/dc607_03.htm#lk10<br />
Zugriff am 24.06.07.
298 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />
Seyfried, Carl; Austermann-Haun, Ute (1995): Wasserver- <strong>und</strong> Entsorgung. In: ARL (Akademie<br />
<strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung) (Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung.<br />
Hannover: Verlag der ARL, 1078-1086.<br />
Siedentop, Stefan; Kausch, Steffen; Einig, Klaus; Gössel, Jörg (2003): Siedlungsstrukturelle<br />
Veränderungen im Umland der Agglomerationsräume. BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen<br />
<strong>und</strong> Raumordnung) Forschungen Heft 114. Bonn.<br />
Siedentop, Stefan; Kausch, Steffen; Guth, Dennis; Stein, Axel; Wolf, Ulrike; Lanzendorf,<br />
Martin; Harbich, Ronny; Hesse, Markus (2005): Mobilität im suburbanen Raum.<br />
Neue verkehrliche <strong>und</strong> raumordnerische Implikationen des räumlichen Strukturwandels.<br />
Forschungsvorhaben 70.716 im Rahmen des Forschungsprogramms Stadtverkehr<br />
des BMVBW (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen). Abschlussbericht.<br />
Dresden, Berlin/Erkner, Leipzig.<br />
Siedentop, Stefan; Schiller, Georg; Koziol, Matthias; Walther, Jörg; Gutsche, Jens-Martin<br />
(2006): Siedlungsentwicklung <strong>und</strong> Infrastrukturfolgekosten – Bilanzierung <strong>und</strong> Strategieentwicklung.<br />
Forschungsvorhaben im Auftrag des BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen<br />
<strong>und</strong> Raumordnung), Endbericht. BBR-Online-Publikationen 3/2006. Dresden,<br />
Cottbus, Hamburg.<br />
Sieverts, Thomas (1997a): Einige Anmerkungen zum Thema "<strong>Dichte</strong>". In: Magistrat der<br />
Stadt Frankfurt am Main: Dezernat Planung - Amt <strong>für</strong> kommunale Gesamtentwicklung<br />
<strong>und</strong> Stadtplanung (Hrsg.): Planung <strong>und</strong> Entwicklung neuer Stadtteile, Internationaler<br />
Frankfurter Städtebau-Diskurs. Deutsches Architektur-Museum, 22.-23. Mai<br />
1997. Frankfurt am Main, 83-86.<br />
Sieverts, Thomas (1997b): Zwischenstadt - zwischen Ort <strong>und</strong> Welt, Raum <strong>und</strong> Zeit, Stadt<br />
<strong>und</strong> Land. Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg.<br />
Sieverts, Thomas (1999): Was leisten städtebauliche Leitbilder? In: Becker, Heidede; Jessen,<br />
Johann; Sander, Robert (Hrsg.): Ohne Leitbild? – Städtebau in Deutschland<br />
<strong>und</strong> Europa, 2. unveränderte Auflage. Stuttgart: Karl Krämer Verlag <strong>und</strong> Wüstenrot<br />
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SMI Sachsen (Freistaat Sachsen, Staatsministerium des Innern) (2005): Arbeitshilfe zur<br />
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Sommer, Carsten (2005): Gehen dem ÖPNV die Fahrgäste aus? In: Der Nahverkehr,<br />
5/2005, 8-11.<br />
Spellerberg, Annette (2001): Lebensstile <strong>und</strong> Wohnprofile: Trends, Einige empirische Bef<strong>und</strong>.<br />
In: Schader-Stiftung (Hrsg.): wohn:wandel, Szenarien, Prognosen, Optionen<br />
zur Zukunft des Wohnens. Darmstadt: Schader-Stiftung, 276-286.<br />
Spellerberg, Annette; Wilbert, Katrin (2006): Wohnwünsche von IT-Beschäftigten als Motor<br />
der Reurbanisierung? Ergebnisse zweier empirischer Untersuchungen in Bonn <strong>und</strong><br />
Kaiserslautern. In: RaumPlanung, 129, 243-247.<br />
Spengelin, Friedrich (1983): Wohnung <strong>und</strong> Wohnumgebung. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung<br />
<strong>und</strong> Landesplanung) (Hrsg.): Gr<strong>und</strong>riss der Stadtplanung. Hannover: Curt<br />
R. Vincentz Verlag, 144-179.<br />
Springer, Frank (2005):Unterirdische Technische Infrastruktur - ein Störfaktor im Stadtumbauprozess?<br />
Unveröffentlichtes Manuskript.
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 299<br />
SRU (Sachverständigenrat <strong>für</strong> Umweltfragen) (1998) (Hrsg.): Umweltgutachten, Umweltschutz:<br />
Erreichtes sichern - Neue Wege gehen, Kurzfassung.<br />
www.umweltrat.de/02gutach/downlo02/umweltg/UG_1998_kf.pdf<br />
Zugriff am 20.10.2006.<br />
Stadt Dessau; Stadtbüro Hunger; Stiftung Bauhaus Dessau (2003): B<strong>und</strong>eswettbewerb<br />
"Stadtumbau Ost": Wettbewerbsbeitrag Dessau. Dessau.<br />
Stadt Leipzig: Dezernat <strong>für</strong> Stadtentwicklung <strong>und</strong> Bau, Stadtplanungsamt (2005): Kleinräumiges<br />
Monitoring des Stadtumbaus in Leipzig, Monitoringbericht 2005. Leipzig.<br />
Stadt Leipzig, Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport; Grünflächenamt (2001): Landschaftsplan<br />
der Stadt Leipzig. Leipzig.<br />
Stadt München, Referat <strong>für</strong> Stadtplanung <strong>und</strong> Bauordnung (1995): München kompakt, urban,<br />
grün. Neue Wege der Siedlungsentwicklung. Perspektive München, Schriftenreihe<br />
zur Stadtentwicklung C2. München.<br />
Stadt Münster (1995): Wohnungsbau <strong>und</strong> Eigenheimbau, Wohnwünsche von Wohnungssuchenden<br />
<strong>und</strong> Bauwilligen. Münster.<br />
Statistische Ämter des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder (2006): Gemeinsames Datenangebot: Umwelt<br />
– öffentliche Abwasserbeseitigung. http://www.statistik-portal.de/Statistik-<br />
Portal/de_jb10_jahrtabu3.asp<br />
Zugriff am 24.11.2006.<br />
Statistische Ämter des B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der Länder (2007): Gemeinsames Datenangebot: Umwelt<br />
– Wasserabgabe der öffentlichen Wasserversorgung. http://www.statistikportal.de/Statistik-Portal/de_jb10_jahrtabu2.asp<br />
Zugriff am 18.06.07.<br />
Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2004a) (Hrsg.): Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche nach Art der tatsächlichen<br />
Nutzung 2004, Erläuterungen <strong>und</strong> Eckzahlen. Serie Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft,<br />
Fischerei. Wiesbaden.<br />
Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2004b) (Hrsg.): Bautätigkeit <strong>und</strong> Wohnungen, Mikrozensus-<br />
Zusatzerhebung 2002: Bestand <strong>und</strong> Struktur der Wohneinheiten, Wohnsituation der<br />
Haushalte, Fachserie 5 / Heft 1. Wiesbaden.<br />
Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2006): Genesis-online – Das statistische Informationssystem.<br />
https://www-genesis.destatis.de/genesis/online/logon<br />
Zugriff am 28.10.2006.<br />
Statistisches B<strong>und</strong>esamt (2007): Genesis-online – Das statistische Informationssystem.<br />
https://www-genesis.destatis.de/genesis/online/logon<br />
Zugriff am 23.02.2007.<br />
Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (1997): Statistisches Jahrbuch Sachsen<br />
1997. 6. Jahrgang. Kamenz.<br />
Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (1999): Statistisches Jahrbuch Sachsen<br />
1999. 8. Jahrgang. Kamenz.<br />
Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2001): Öffentliche Wasserversorgung<br />
<strong>und</strong> Abwasserbeseitigung im Freistaat Sachsen 2001. Statistische Berichte Q I 1 -<br />
3j/01. Kamenz.<br />
Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2002): Statistisches Jahrbuch Sachsen<br />
2002. 11. Jahrgang. Kamenz.
300 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />
Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2003): Regionalisierte Bevölkerungsprognose<br />
<strong>für</strong> den Freistaat Sachsen bis 2020. Gebietsstand 1. Januar 2003. Sonderheft.<br />
1/2003. Kamenz.<br />
Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2005): Statistisches Jahrbuch Sachsen<br />
2005. 14. Jahrgang. Kamenz.<br />
Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen (2007): Bevölkerung des Freistaates<br />
Sachsen am 31. Dezember 1990, 1995, 2000 <strong>und</strong> 2003 bis 2005 nach kreisfreien<br />
Städten <strong>und</strong> Landkreisen.<br />
http://www.statistik.sachsen.de/21/02_02/02_02_01_tabelle.asp<br />
Zugriff am 26.06.07.<br />
Steidle-Schwahn, Anna; Hoffmann, Martina (2005): Erholung in öffentlichen Freiräumen,<br />
Kriterien <strong>für</strong> die Entwicklung <strong>und</strong> Erhaltung von Qualität. In: Stadt + Grün, 1/2005,<br />
45-50.<br />
Stein, Ursula (2006): Lernende Stadtregion. Verständigungsprozesse über Zwischenstadt.<br />
Band 9 der Reihe Zwischenstadt herausgegeben von Thomas Sieverts. Wuppertal:<br />
Verlag Müller + Busmann.<br />
Steinführer, Annett (2004): Wohnstandortentscheidungen <strong>und</strong> städtische Transformation –<br />
Vergleichende Fallstudien in Ostdeutschland <strong>und</strong> Tschechien. Stadtforschung aktuell<br />
99. Wiesbaden: VS (Verlag <strong>für</strong> Sozialwissenschaften).<br />
Suter, Stefan; Müller, André; Sommer, Heini; Kramer, David (2000): Siedlungsentwicklung<br />
<strong>und</strong> Infrastrukturkosten, Schlussbericht im Auftrag von B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Raumentwicklung,<br />
Staatssekretariat <strong>für</strong> Wirtschaft, Amt <strong>für</strong> Gemeinden <strong>und</strong> Raumordnung des<br />
Kantons Bern. Ecoplan, Wirtschafts- <strong>und</strong> Umweltstudien. Bern.<br />
Thrun, Thomas; Winkler-Kühlken, Bärbel; Hübler, Karl-Hermann (2003): Anpassungsstrategien<br />
<strong>für</strong> ländliche/periphere Regionen mit starkem Bevölkerungsrückgang in den<br />
neuen Ländern. 2. Zwischenbericht. IfS (<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Stadtforschung <strong>und</strong> Strukturpolitik<br />
GmbH), BBR (B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung): Modellvorhaben der<br />
Raumordnung, Berlin.<br />
Tietz, Hans-Peter (2004): Der Raumwärmemarkt im Wandel. In: Herz, Raim<strong>und</strong> K. (Hrsg.):<br />
In: Herz, Raim<strong>und</strong> K. (Hrsg.): Stadtumbau <strong>und</strong> Anpassung der Wärmeversorgungssysteme.<br />
5. Kolloquium Stadtbauwesen des Lehrstuhls Stadtbauwesen, Fakultät<br />
Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dresden am 30. Januar 2004.<br />
Dresdner Beiträge zum Stadtbauwesen. Dresden, 19-34.<br />
Tietz, Hans-Peter (2006): Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Netzinfrastruktur.<br />
In: Gans, Paul; Schmitz-Veltin, Ansgar (Hrsg.): Demographische Trends in<br />
Deutschland – Folgen <strong>für</strong> Städte <strong>und</strong> Regionen. ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung<br />
<strong>und</strong> Landesplanung): Räumliche Konsequenzen des demographischen Wandels 6.<br />
Hannover, 155-171.<br />
Tietz, Hans-Peter (2007): Systeme der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung. Funktionen <strong>und</strong> räumliche<br />
Strukturen. Wiesbaden: B.G. Teubner Verlag.<br />
Topp, Hartmut H. (2006): Demographischer Wandel <strong>und</strong> Verkehr: Wirkungen <strong>und</strong> Konsequenzen.<br />
In: Internationales Verkehrswesen, 3/2006, 85-91.<br />
Venturi, Marco (1999): Leitbilder? Für welche Städte? In: Becker, Heidede; Jessen, Johann;<br />
Sander, Robert (Hrsg.): Ohne Leitbild? – Städtebau in Deutschland <strong>und</strong> Europa, 2.<br />
unveränderte Auflage. Stuttgart: Karl Krämer Verlag <strong>und</strong> Wüstenrot Stiftung, 55-70.
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 301<br />
Vogler, Sascha (2003): Leitbildanalyse Stadtumbau Ost. Darlegung der entwicklungsplanerischen<br />
Methodik <strong>und</strong> Erörterung von Zielkonzeptionen zur Begegnung des <strong>Schrumpfung</strong>sprozesses<br />
in Ostdeutschland. Diplomarbeit, <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Stadt- <strong>und</strong> Regionalplanung<br />
Technische Universität Berlin. Berlin.<br />
Weeber, Hannes; Rees, Michael (1999): Kostenfaktor Erschließungsanlagen. Bauforschung<br />
<strong>für</strong> die Praxis. Stuttgart.<br />
Wege, Joachim (2001): Wohnwandel: Lebensräume <strong>für</strong> morgen schaffen. In: Die Wohnungswirtschaft,<br />
10/2001, 12-16.<br />
Wehrheit, Martina (2002): Monitoring einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Dortm<strong>und</strong>er Beiträge<br />
zur Raumplanung 113. Dortm<strong>und</strong>: Vertrieb <strong>für</strong> Bau- <strong>und</strong> Planungsliteratur.<br />
Westphal, Christiane (2000): Der Wunsch nach dem Einfamilienhaus. Umweltpsychologische<br />
Analyse eines verbreiteten Wohntraums <strong>und</strong> Leitlinien <strong>für</strong> flächensparende<br />
Wohnformen als Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Diplomarbeit, Fakultät<br />
Raumplanung, Universität Dortm<strong>und</strong>. Dortm<strong>und</strong>.<br />
Westphal, Christiane (2006): Density as a tool to guide urban shrinking processes concerning<br />
technical infrastructures? In: Graduiertenkolleg ‘Perspectives on Urban Ecology’<br />
(Hrsg.): UECB 2006, 3 rd International Conference on Urban Ecology in Berlin, 15/16 th<br />
September 2006, Proceedings. Berlin.<br />
Westphal, Christiane; Hutter, Gérard (2006): <strong>Dichte</strong>modelle <strong>und</strong> ihre Integration in kommunale<br />
Strategien <strong>für</strong> eine qualitative Innenentwicklung. In: Genske, Dieter D.; Huch,<br />
Monika; Müller, Bernhard (Hrsg.): Fläche – Zukunft – Raum. Strategien <strong>und</strong> Instrumente<br />
<strong>für</strong> Regionen im Umbruch. Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong><br />
Geowissenschaften 37. Hannover, 77-90.<br />
Wickop, Evelyne; Böhm, Peter; Eitner, Katrin; Breuste, Jürgen (1998): Qualitätszielkonzept<br />
<strong>für</strong> Stadtstrukturtypen am Beispiel der Stadt Leipzig, Entwicklung einer Methodik zur<br />
Operationalisierung einer nachhaltigen Stadtentwicklung auf der Ebene von Stadtstrukturen.<br />
Leipzig.<br />
Wiechmann, Thorsten; Hutter, Gérard (2008): Die Planung des Unplanbaren – Was kann die<br />
Raumplanung von der Strategieforschung lernen? In: Dangschat, Jens; Breitfuss,<br />
Andrea, Frey, Oliver; Hamedinger, Alexander (Hrsg.): Strategieorientierte Planung<br />
im kooperativen Staat. Wiesbaden: VS Verlag <strong>für</strong> Sozialwissenschaften, 102-121.<br />
Winkel, Rainer (1989): Infrastruktur in der Stadt- <strong>und</strong> Regionalplanung. Eine Untersuchung<br />
der Einflussfaktoren <strong>und</strong> Rahmenbedingungen. Frankfurt am Main, New York: Campus<br />
Verlag.<br />
Winkens, H.-P. (1994): Fernwärmespeicherung, -transport <strong>und</strong> -verteilung, IKARUS: Instrumente<br />
<strong>für</strong> Klimagas-Reduktionsstrategien, Teilprojekt 4 "Umwandlungssektor". Jülich.<br />
Wissenschaftlicher Beirat beim BMVBW (B<strong>und</strong>esministerium <strong>für</strong> Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen)<br />
(2004): Demographische Veränderungen – Konsequenzen <strong>für</strong> Verkehrsinfrastrukturen<br />
<strong>und</strong> Verkehrsangebote. In: Zeitschrift <strong>für</strong> Verkehrswissenschaft,<br />
Nr.1/Jg. 75, 1-24.<br />
Zapf, Katrin (1982): Das Häuschen im Grünen. In: Zeitungskolleg Wohnen, Basistexte, Tübingen:<br />
Deutsches <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Fernstudien, 22-23.
302 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis<br />
Zapf, Katrin (2005): Soziale Infrastruktur. In: ARL (Akademie <strong>für</strong> Raumforschung <strong>und</strong> Landesplanung)<br />
(Hrsg.): Handwörterbuch der Raumordnung, 4. neu bearbeitete Auflage.<br />
Hannover, 1025-1031.<br />
ZEV (Zwickauer Energie-Versorgung GmbH) (2006): Bevölkerungsentwicklung in den rückbaubetroffenen<br />
Stadtteilen Eckersbach E1-E5 <strong>und</strong> Neuplanitz. Zusammenstellung<br />
von Daten auf der Gr<strong>und</strong>lage des Einwohner- <strong>und</strong> Standesamts, Sachgebiet Statistik<br />
<strong>und</strong> Wahlen der Stadt Zwickau. Zwickau.
Literatur- <strong>und</strong> Quellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 303<br />
Gesetze <strong>und</strong> Verordnungen<br />
BauGB (Baugesetzbuch): Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.<br />
September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes<br />
vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316).<br />
BauNVO 1962 (Baunutzungsverordnung 1962): Verordnung über die bauliche Nutzung der<br />
Gr<strong>und</strong>stücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO), Inkrafttreten am 1.08.1962<br />
(BGBl. I, S.429).<br />
BauNVO 1968 (Baunutzungsverordnung 1968): Verordnung über die bauliche Nutzung der<br />
Gr<strong>und</strong>stücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO), Inkrafttreten am 1.1.1969 (BGBl<br />
I, S. 1237, ber. BGBl. 1969 I, S. 11).<br />
BauNVO (Baunutzungsverordnung 1977): Verordnung über die bauliche Nutzung der<br />
Gr<strong>und</strong>stücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO), Inkrafttreten am 1.10. 1977<br />
(BGBl. I, S. 1763).<br />
BauNVO (Baunutzungsverordnung 1990): Verordnung über die bauliche Nutzung der<br />
Gr<strong>und</strong>stücke (Baunutzungsverordnung – BauNVO) in der Fassung der Bekanntmachung<br />
vom 23. Januar 1990 (BGBl. I, S. 132), zuletzt geändert durch Art. 3. Investitionserleichterungs-<br />
<strong>und</strong> Wohnbaulandgesetz vom 22.04.1993 (BGBl. I, S. 466).<br />
VV-Städtebauförderung (2005): Verwaltungsvereinbarung über die Gewährung von Finanzhilfen<br />
des B<strong>und</strong>es an die Länder nach Artikel 104 a Absatz 4 des Gr<strong>und</strong>gesetztes<br />
zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen (VV-Städtebauförderung 2005) vom 13.<br />
Januar 2005 / 5. April 2005.<br />
VV-Städtebauförderung (2006): Verwaltungsvereinbarung über die Gewährung von Finanzhilfen<br />
des B<strong>und</strong>es an die Länder nach Artikel 104 a Absatz 4 des Gr<strong>und</strong>gesetzes zur<br />
Förderung städtebaulicher Maßnahmen (VV-Städtebauförderung 2006) vom 03. Juli<br />
2006 / 20. September 2006.<br />
VV-Städtebauförderung (2007): Verwaltungsvereinbarung über die Gewährung von Finanzhilfen<br />
des B<strong>und</strong>es an die Länder nach Artikel 104 b des Gr<strong>und</strong>gesetzes zur Förderung<br />
städtebaulicher Maßnahmen (VV-Städtebauförderung 2007) vom 13. Februar<br />
2007 / 25. Mai 2007.
Abbildungsverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 305<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit 32<br />
Abbildung 2: Methodisches Vorgehen 34<br />
Abbildung 3: Der <strong>Dichte</strong>begriff in der Stadtplanung 38<br />
Abbildung 4: Bevölkerungs- <strong>und</strong> Siedlungsdichten nach B<strong>und</strong>esländern 2004 44<br />
Abbildung 5: Wohnungsbelegungsziffer nach Art des Wohngebäudes <strong>und</strong> Eigentumsform <strong>für</strong><br />
Neue Länder <strong>und</strong> Berlin Ost 45<br />
Abbildung 6: Wohnfläche je Einwohner nach Art des Wohngebäudes <strong>und</strong> Eigentumsform <strong>für</strong><br />
Neue Länder <strong>und</strong> Berlin Ost 45<br />
Abbildung 7: Beziehungen zwischen <strong>Dichte</strong>größen 46<br />
Abbildung 8: Zusammenhang zwischen Geschossflächendichte <strong>und</strong> Nettowohndichte in<br />
Abhängigkeit der Wohnfläche pro Person 47<br />
Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Nettowohnungsdichte <strong>und</strong> Nettowohndichte in<br />
Abhängigkeit der Wohnungsbelegungsziffer 48<br />
Abbildung 10: Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen nach Gemeindetypen 56<br />
Abbildung 11: Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen nach Gemeindetypen 57<br />
Abbildung 12: Kontrastierende Lebensvorstellungen: Freistehendes Einfamilienhaus <strong>und</strong><br />
verdichteter Wohnungsbau 59<br />
Abbildung 13: Die Berliner Bauordnung von 1925: „Je größer das Haus, desto kleiner das<br />
Gr<strong>und</strong>stück“ 60<br />
Abbildung 14: Erzielbare Flächengewinne durch Geschosshäufung 62<br />
Abbildung 15: Erzielbare Einwohnerdichten entsprechend der Berliner Bauordnung 1925<br />
sowie der BauNVO 1962 64<br />
Abbildung 16: Urbanität durch <strong>Dichte</strong> am Beispiel des Märkischen Viertels in Berlin 66<br />
Abbildung 17: <strong>Dichte</strong>ziele Urbanität durch <strong>Dichte</strong> 67<br />
Abbildung 18: <strong>Dichte</strong>ziele im Rahmen der behutsamen Stadterneuerung <strong>und</strong> der<br />
<strong>ökologische</strong>n Stadt 73<br />
Abbildung 19: Flächenkategorien <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>maße der BRD <strong>und</strong> der DDR im Vergleich 76<br />
Abbildung 20: <strong>Dichte</strong>ziele in der DDR 81<br />
Abbildung 21: Kompakte europäische Stadt am Beispiel von Freiburg Vauban 84<br />
Abbildung 22: <strong>Dichte</strong>ziele ab 1990 89<br />
Abbildung 23: Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele 92<br />
Abbildung 24: Obergrenzen des Maßes baulicher Nutzung <strong>und</strong> Nettowohndichten<br />
entsprechend der Baunutzungsverordnungen 93<br />
Abbildung 25: Bevölkerungsentwicklung in den Neuen B<strong>und</strong>esländern (ohne Berlin) 99<br />
Abbildung 26: Bevölkerungsentwicklung nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug auf das Basisjahr 1996 100<br />
Abbildung 27: Bevölkerungsentwicklung in Zwickau 101<br />
Abbildung 28: Entwicklung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug
306 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Abbildungsverzeichnis<br />
auf das Basisjahr 1996 102<br />
Abbildung 29: Prozentuale Veränderung der Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche von 1996 bis<br />
2000 in den kreisfreien Städten Sachsens 103<br />
Abbildung 30: Entwicklung der Siedlungsdichte nach B<strong>und</strong>esländern in Bezug auf das<br />
Basisjahr 1996 104<br />
Abbildung 31: Prozentuale Veränderung der Siedlungsdichte von 1996 bis 2000 in den<br />
kreisfreien Städten Sachsens 104<br />
Abbildung 32: Entwicklung von Einwohnerzahl <strong>und</strong> Einwohnerdichte in Leipzig 105<br />
Abbildung 33: Zusammenhang zwischen baulicher <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Einwohnerdichte bei<br />
verschiedenen Leerstandsszenarien 106<br />
Abbildung 34: Siedlungsstruktur <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>gradienten städtebaulicher Leitideen <strong>für</strong><br />
schrumpfende Städte 113<br />
Abbildung 35: Kreislauf aus Entdichtung <strong>und</strong> Verkehrsaufwand 121<br />
Abbildung 36: Spezifischer Verkehrserschließungsaufwand in m² je m² Geschossfläche in<br />
Abhängigkeit von der Geschossflächendichte 126<br />
Abbildung 37: Beziehungen zwischen Einwohnerdichten, Entfernung vom Zentrum <strong>und</strong><br />
Einwohnerzahl 134<br />
Abbildung 38: Orientierungswerte <strong>für</strong> private Freiflächen, Zahl der Vollgeschosse <strong>und</strong><br />
erzielbare Geschossflächenzahlen 146<br />
Abbildung 39: Erforderlicher Grünflächenanteil am Bruttowohnbauland in Abhängigkeit<br />
der Einwohnerdichte 148<br />
Abbildung 40: Zugewinn an Freiraum oder bedrohende Leere? Abrissfläche im Dresdner<br />
Plattenbaugebiet Prohlis 152<br />
Abbildung 41: Entwicklung der Freiraumversorgung bei Entdichtung in Stadtstrukturtypen 153<br />
Abbildung 42: Wohneinheiten nach Stadtstrukturtypen 157<br />
Abbildung 43: Verbreitete Wohnformen im Feld von <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> Individualität 159<br />
Abbildung 44: Wohnungsleerstand in Ostdeutschland nach Baualtersklassen in % 163<br />
Abbildung 45: Stadtstrukturtypenspezifische <strong>Dichte</strong>zielwerte aus Sicht der Wohnqualität 167<br />
Abbildung 46: <strong>Dichte</strong>zielwerte aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur <strong>und</strong><br />
Wohnungsnachfrage <strong>für</strong> die Stadtstrukturtypen im Vergleich 168<br />
Abbildung 47: Netzformen der Wasserverteilung 176<br />
Abbildung 48: Wasserabgabe an Haushalte <strong>und</strong> Kleingewerbe in Liter je Einwohner <strong>und</strong> Tag<br />
nach B<strong>und</strong>esländern 176<br />
Abbildung 49: Anschlussgrad an die öffentliche Kanalisation nach B<strong>und</strong>esländern 178<br />
Abbildung 50: Prinzip der indirekten Fernwärmeversorgung mit zwei Sek<strong>und</strong>ärkreisläufen 180<br />
Abbildung 51: Siedlungsdichte <strong>und</strong> Länge der öffentlichen Kanalisation in Meter je Einwohner<br />
nach B<strong>und</strong>esländern in 2004 184<br />
Abbildung 52: Siedlungsdichten <strong>und</strong> spezifische Netzlängen der Kanalisation je Einwohner<br />
nach Kreisen in Brandenburg, Sachsen <strong>und</strong> Sachsen-Anhalt 2004 185<br />
Abbildung 53: Abhängigkeit der Netzlänge der Wasserversorgung von der Siedlungsdichte
Abbildungsverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 307<br />
am Beispiel der Landeshauptstadt Erfurt 186<br />
Abbildung 54: <strong>Dichte</strong>n <strong>und</strong> Leitungslängen nach Siedlungstypen 187<br />
Abbildung 55: Länge der Schmutzwasserleitung in m je Einwohner nach Stadtstrukturtypen 187<br />
Abbildung 56: Länge der Schmutzwasserleitung in m je Einwohner nach Stadtstrukturtypen 188<br />
Abbildung 57: Erschließungsbedingtes Stofflager je Einwohner in Abhängigkeit von der<br />
Geschossflächendichte 189<br />
Abbildung 58: Höchstlastwärmedichte in MW/km² nach Strukturtypen 190<br />
Abbildung 59: Wärmebedarfsdichten <strong>und</strong> Geschossflächendichten von Stadtstrukturtypen 192<br />
Abbildung 60: Kostenverläufe öffentlicher Infrastrukturen 193<br />
Abbildung 61: Jährliche Gesamtkosten verschiedener Siedlungsformen 195<br />
Abbildung 62: Schematische Darstellung der Kosten (Betriebs- <strong>und</strong> Investitionskosten) im<br />
Abwasserbereich 197<br />
Abbildung 63: Durchschnittskosten der Abwasserentsorgung je Wohneinheit <strong>und</strong> Jahr nach<br />
Geschossflächenzahl <strong>und</strong> Raumtyp 197<br />
Abbildung 64: Schwellen einer wirtschaftlichen Fernwärmeversorgung anhand der<br />
Wärmebedarfsdichten 199<br />
Abbildung 65: Entwicklung der Fernwärmeversorgung in Cottbus 202<br />
Abbildung 66: Entwicklung von Einwohnerzahl <strong>und</strong> Wärmeabsatz in Zwickau 203<br />
Abbildung 67: Siedlungsdichte <strong>und</strong> Länge der öffentlichen Kanalisation in Meter je Einwohner<br />
nach B<strong>und</strong>esländern 2001 <strong>und</strong> 2004 (ohne Niedersachsen, Thüringen) 204<br />
Abbildung 68: Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation in Meter je Einwohner<br />
von 2001 bis 2020 in ausgewählten Kreisen Sachsens 206<br />
Abbildung 69: Spezifische Leitungslängen <strong>für</strong> Abwasser in Abhängigkeit von<br />
Bebauungsdichte <strong>und</strong> Wohnungsleerstand 208<br />
Abbildung 70: Modellierung des Infrastrukturaufwands eines Plattenbaugebiets bei<br />
Bevölkerungsrückgang um 50 % 209<br />
Abbildung 71: Anstieg des spezifischen Stofflagers der Erschließung je Einwohner bei<br />
Rückgang der Einwohnerdichten 211<br />
Abbildung 72: Modellhafter Verlauf der Gesamtkosten <strong>und</strong> Pro-Kopf-Kosten bei<br />
Bevölkerungsrückgang bei einem Fixkostenanteil von 70 % 216<br />
Abbildung 73: Umbauplanung <strong>für</strong> das Gebiet Turower Straße 219<br />
Abbildung 74: Einfluss der Veränderung der Siedlungsdichte auf die spezifischen Kosten<br />
<strong>für</strong> die Bereiche Schmutzwasser, Trinkwasser <strong>und</strong> Straße auf Basis eines<br />
Trend- <strong>und</strong> eines Nachhaltigkeitsszenarios 220<br />
Abbildung 75: Stadtumbauplanung Erfurt Herrenberg 08/2004 226<br />
Abbildung 76: Aus Sicht der Fernwärmeversorgung optimierte Stadtumbauplanung 226<br />
Abbildung 77: Gründerzeitliche Blockbebauung in Berlin <strong>und</strong> Brandenburg an der Havel 241<br />
Abbildung 78: Geschossflächendichten <strong>und</strong> spezifische Netzlänge der Trinkwasserleitungen 241<br />
Abbildung 79: Schwelle überproportional steigenden Infrastrukturaufwands 242
308 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 80: Steigerung der spezifischen Länge der Trinkwasserleitung je Einwohner bei<br />
Bevölkerungsrückgang 243<br />
Abbildung 81: Korridore minimaler Einwohnerdichten zur Begrenzung des spezifischen<br />
Infrastrukturaufwands 245<br />
Abbildung 82: Korridore minimaler Geschossflächenzahlen zur Begrenzung des<br />
spezifischen Infrastrukturaufwands 245<br />
Abbildung 83: Schwellenwert der Einwohnerdichte <strong>für</strong> den Strukturtyp Platte anhand der<br />
Mindestauslastung der Schmutzwassernetze von 30 % 246<br />
Abbildung 84: Auslastung der Schmutzwassernetze nach Stadtstrukturtypen 247<br />
Abbildung 85: Schwellenwerte minimaler Bebauungsdichten aus Sicht der Wirtschaftlichkeit<br />
der Fernwärmeversorgung 250<br />
Abbildung 86: Zielrichtungen der <strong>Dichte</strong>entwicklung in schrumpfenden Städten aus Sicht<br />
verschiedener Handlungsfelder 258<br />
Abbildung 87: Vergleich der stadtstrukturtypenspezifischen Zielkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n<br />
aus Sicht von stadttechnischer Infrastruktur, Verkehr, sozialer Infrastruktur<br />
<strong>und</strong> Wohnungsnachfrage 260
Tabellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 309<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle I: Zielwerte angemessener <strong>Dichte</strong>n aus Sicht von Verkehr, sozialer Infrastruktur<br />
<strong>und</strong> Wohnungsnachfrage 14<br />
Tabelle II: Quantifizierte Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n in<br />
Wohnquartieren schrumpfender Städte aus Sicht der Stadttechnik 18<br />
Table I: Target values of adequate densities in shrinking cities from the point of view of<br />
transport, social facilities and housing demand 23<br />
Table II: Corridors of minimum densities for housing in shrinking cities from the point of<br />
view of public utilities 24<br />
Tabelle 1: Expertengruppen <strong>und</strong> Interviewpartner 35<br />
Tabelle 2: Ausgewählte Maße der Bebauungsdichte nach räumlichen Ebenen 42<br />
Tabelle 3: Ausgewählte Maße der Einwohnerdichte nach räumlichen Ebenen 43<br />
Tabelle 4: Bevölkerungsdichten, Siedlungsdichten sowie Anteil der Siedlungs- <strong>und</strong><br />
Verkehrsflächen nach B<strong>und</strong>esländern 44<br />
Tabelle 5: Stadtstrukturtypik 55<br />
Tabelle 6: Erzielbare Einwohnerdichten (netto) gemäß der Berliner Bauordnungen<br />
von 1897 <strong>und</strong> 1925 60<br />
Tabelle 7: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1<br />
BauNVO 1962 63<br />
Tabelle 8: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1<br />
BauNVO 1968 68<br />
Tabelle 9: Flächenbilanzen des Wohngebiets der BRD <strong>und</strong> der DDR im Vergleich 76<br />
Tabelle 10: <strong>Dichte</strong>kennziffern von Wohngebieten der 1960er Jahre 78<br />
Tabelle 11: Richtwerte <strong>für</strong> Flächenbedarf <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>n 79<br />
Tabelle 12: Orientierungswerte zur rationellen Nutzung des Baulands 80<br />
Tabelle 13: <strong>Dichte</strong>ziele in <strong>Dichte</strong>modellen westdeutscher Großstädte 85<br />
Tabelle 14: Höchstgrenzen des Maßes der baulichen Nutzung nach § 17 Abs. 1 BauNVO 1990 89<br />
Tabelle 15: Städtebauliche <strong>Dichte</strong>ziele 91<br />
Tabelle 16: Argumente Pro <strong>und</strong> Contra Verdichtung/Auflockerung 95<br />
Tabelle 17: Veränderungen von Einwohnerzahlen, Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsflächen sowie<br />
Siedlungsdichten von 1996 bis 2000 105<br />
Tabelle 18: Handlungsfelder des Stadtumbaus <strong>und</strong> dichteabhängige Faktoren 119<br />
Tabelle 19: Hamburger <strong>Dichte</strong>modell – Bereich städtischer Achsen 123<br />
Tabelle 20: <strong>Dichte</strong>ziele des Hamburger <strong>Dichte</strong>modells von 1980 123<br />
Tabelle 21: Flächenbedarf <strong>für</strong> den fließenden Verkehr in Wohngebieten in Abhängigkeit der<br />
Wohndichte 125<br />
Tabelle 22: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht des Verkehrs<br />
differenziert nach Stadtstrukturtypen 132
310 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Tabellenverzeichnis<br />
Tabelle 23: Größen <strong>für</strong> die Dimensionierung von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur:<br />
Beispiel Kindergarten 133<br />
Tabelle 24: Erforderliche Bruttoeinwohnerdichten <strong>für</strong> die Versorgung mit Kindergartenplätzen<br />
bei maximaler Wegeentfernung von 500 m <strong>und</strong> Gruppengröße von 25 Kindern<br />
je Altersjahrgang 135<br />
Tabelle 25: Wegeentfernung zum Kindergarten bei Einwohnerdichte von 28 EW/ha (brutto)<br />
<strong>und</strong> Gruppengröße von 25 Kindern je Altersjahrgang 135<br />
Tabelle 26: Gruppengröße je Alterjahrgang von Kindergartengruppen bei Einwohnerdichte<br />
von 28 EW/ha (brutto) <strong>und</strong> maximaler Wegeentfernung von 500 m 135<br />
Tabelle 27: Einzugsbereiche, maximale Entfernungen <strong>und</strong> erforderliche Einwohnerdichten<br />
ausgewählter Gemeinbedarfseinrichtungen 136<br />
Tabelle 28: Ermittelte Entfernung zwischen Wohnung <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schule in der Region<br />
Havelland-Fläming unter status-quo Bedingungen 2003 137<br />
Tabelle 29: Spannweite der Entwicklung der spezifischen Kosten <strong>für</strong> die Versorgung der<br />
Bevölkerung aus unterschiedlichen Gemeindetypen in der Region<br />
Havelland-Fläming mit sozialer Infrastruktur bei trendgemäßer Siedlungs- <strong>und</strong><br />
Bevölkerungsentwicklung 2020 139<br />
Tabelle 30: Kriterien angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten aus Sicht der sozialen<br />
Infrastruktur differenziert nach Stadtstrukturtypen 143<br />
Tabelle 31: Richtwerte <strong>für</strong> die Freiraumversorgung der Stadt Berlin 147<br />
Tabelle 32: Freiraumversorgungsgrade von Stadtstrukturtypen 149<br />
Tabelle 33: Defizite der Freiraumqualitäten <strong>und</strong> Gestaltungsziele privater, halböffentlicher <strong>und</strong><br />
öffentlicher Freiräume nach Stadtstrukturtypen 150<br />
Tabelle 34: Potenziale <strong>und</strong> Risiken von Entdichtungsprozessen <strong>für</strong> die Freiraumversorgung<br />
nach Stadtstrukturtypen 155<br />
Tabelle 35: <strong>Dichte</strong>kennziffern verschiedener Wohnbauformen 156<br />
Tabelle 36: Wohnwünsche nach aufgelockerten <strong>und</strong> verdichteten Wohnformen 160<br />
Tabelle 37: Wohnungsbestand <strong>und</strong> Wohnungsleerstand in Leipzig nach Baualtersklassen 164<br />
Tabelle 38: Nachfrageentwicklung in Bautzen im Zeitraum 2000 bis 2015 165<br />
Tabelle 39: Kriterien zur Verbesserung der Nachfragegerechtigkeit verdichteter<br />
Stadtstrukturtypen 166<br />
Tabelle 40: Angenommene Ausstattungsstandards <strong>und</strong> Qualitäten der Stadtstrukturtypen 169<br />
Tabelle 41: Ebenen <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Erschließung 173<br />
Tabelle 42: Merkmale der betrachteten Medien der stadttechnischen Infrastruktur 175<br />
Tabelle 43: Dimensionierung von Trinkwassernetzen nach Stadtstrukturtypen 177<br />
Tabelle 44: Parameter zur Dimensionierung von Abwassernetzen nach Strukturtypen 179<br />
Tabelle 45: Ausstattung der Stadtstrukturtypen mit Fernwärmeversorgung 181<br />
Tabelle 46: Höchstlastwärmedichte in MW/km² nach Strukturtypen 191<br />
Tabelle 47: <strong>Dichte</strong>abhängigkeit der Infrastrukturkosten auf verschiedenen räumlichen Ebenen 194<br />
Tabelle 48: Kostenkennwerte <strong>für</strong> die Schmutzwasserentsorgung in €/m <strong>und</strong> Jahr 196
Tabellenverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 311<br />
Tabelle 49: Entwicklung von Siedlungsdichte, Länge der öffentlichen Kanalisation in Meter je<br />
Einwohner <strong>und</strong> Anschlussgrad nach B<strong>und</strong>esländern von 2001 bis 2004 205<br />
Tabelle 50: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation in der<br />
kreisfreien Stadt Leipzig 207<br />
Tabelle 51: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation in der<br />
kreisfreien Stadt Hoyerswerda 207<br />
Tabelle 52: Entwicklung von Siedlungsdichten <strong>und</strong> Netzlängen der Kanalisation im<br />
Niederschlesischen Oberlausitzkreis 208<br />
Tabelle 53: Gr<strong>und</strong>lagendaten <strong>für</strong> die Modellierung des Infrastrukturaufwands 210<br />
Tabelle 54: Funktionsschwellen, betriebstechnische <strong>und</strong> bauliche Anpassungsmaßnahmen<br />
bei Unterauslastung der stadttechnischen Infrastruktur 213<br />
Tabelle 55: Kosten des Stadtumbaus <strong>für</strong> die Stadttechnik 218<br />
Tabelle 56: Restbuchwertverluste 219<br />
Tabelle 57: Szenarien der stadttechnischen Kosten in Johanngeorgenstadt 2016 221<br />
Tabelle 58: Kostenentwicklung in Abhängigkeit der gewählten Stadtumbaustrategie 223<br />
Tabelle 59: Auswirkungen verschiedener Stadtumbaustrategien 228<br />
Tabelle 60: Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellrechnungen nach SIEDENTOP et al. 239<br />
Tabelle 61: Gr<strong>und</strong>lagendaten der Modellrechnungen nach BUCHERT et al. 239<br />
Tabelle 62: Schwellenwerte zur Begrenzung des Infrastrukturaufwands 242<br />
Tabelle 63: Korridore minimaler <strong>Dichte</strong>n zur Begrenzung des spezifischen<br />
Infrastrukturaufwands 244<br />
Tabelle 64: Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n anhand der Mindestauslastung der<br />
Schmutzwassernetze von 30 % 248<br />
Tabelle 65: Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der quartiersbezogenen<br />
Kostenunterdeckung der Schmutzwasserentsorgung 249<br />
Tabelle 66: Schwellenkorridore minimaler <strong>Dichte</strong>n aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur 252
Abkürzungsverzeichnis IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 313<br />
Abkürzungsverzeichnis<br />
AVB Allgemeine Bedingungen <strong>für</strong> die Versorgung<br />
AW Abwasser<br />
AWL Abwasserleitung<br />
BA Bauabschnitt<br />
BauNVO Baunutzungsverordnung (siehe Literaturverzeichnis)<br />
BBR B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> Bauwesen <strong>und</strong> Raumordnung<br />
BGF Bruttogeschossfläche<br />
BWBL Bruttowohnbauland<br />
DDR Deutsche Demokratische Republik<br />
DIN Deutsche Industrienorm<br />
EFH Einfamilienhaus<br />
EW Einwohner<br />
EZH Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser<br />
FF Freifläche<br />
FW Fernwärme<br />
GE Gewerbegebiet<br />
GF Geschossfläche<br />
GFD Geschossflächendichte<br />
GFZ Geschossflächenzahl<br />
GWh Gigawattst<strong>und</strong>en<br />
GZ Zahl der Vollgeschosse<br />
ha Hektar<br />
hab Hektar Bruttowohnbauland<br />
han Hektar Nettowohnbauland<br />
HH Haushalt<br />
ISEP Infrastruktureller Entwicklungsplan<br />
KAG Kommunalabgabengesetz<br />
km² Quadratkilometer<br />
Lkw Lastkraftwagen<br />
m Meter<br />
m² Quadratmeter<br />
MFH Mehrfamilienhaus<br />
MFH 90+ Stadtstrukturtyp Mehrfamilienhaus nach 1990<br />
min. mindestens<br />
MIV Motorisierter Individualverkehr<br />
MI Mischgebiet<br />
MK Kerngebiet<br />
MW Megawatt<br />
NVK Nachbarschaftsverband Karlsruhe<br />
NWBL Nettowohnbauland<br />
ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr<br />
Pkw Personenkraftwagen<br />
r Radius<br />
SÖV Schienengeb<strong>und</strong>ener öffentlichen Verkehr<br />
SP Stellplatz<br />
SW Schmutzwasser<br />
SWL Schmutzwasserleitung<br />
t Tonne<br />
TW Trinkwasser<br />
TWL Trinkwasserleitung<br />
Tz Teilziffer<br />
WA allgemeines Wohngebiet<br />
WE Wohneinheit<br />
WR reines Wohngebiet<br />
ZEV Zwickauer Energie-Versorgung GmbH<br />
ZFH Zweifamilienhaus
Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 315<br />
Anhang I: Geführte Interviews<br />
Name <strong>Institut</strong>ion Datum, Ort<br />
Gunnar Braun Geschäftsführer der VKU-<br />
Landesgruppe Sachsen<br />
Ute Effnert Amt <strong>für</strong> Stadtentwicklung <strong>und</strong><br />
Stadtplanung Cottbus<br />
Jürgen Friese Geschäftsführer der VKU-<br />
Landesgruppe Brandenburg<br />
Prof. Dr.-Ing. Matthias Koziol,<br />
Jörg Walther<br />
Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadttechnik,<br />
BTU Cottbus<br />
Lars Marschke Lehrstuhl <strong>für</strong> Stadtbauwesen,<br />
Fakultät Bauingenieurwesen<br />
Technische Universität<br />
Dresden<br />
Günter Spielvogel,<br />
Kerstin Schneider<br />
Zwickauer Energie-<br />
Versorgung GmbH (ZEV)<br />
10.01.2006, Leipzig<br />
02.11.2005, Cottbus<br />
02.11.2005, Cottbus<br />
15.09.2005, Cottbus<br />
04.10.2005, Dresden<br />
15.02.2006, Zwickau<br />
Frank Springer Stadtwerke Erfurt 11.11.2005, Erfurt<br />
Prof. Dr.-Ing.<br />
Hans-Peter Tietz<br />
Lehrstuhl Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorgungssysteme,<br />
Fakultät Raumplanung,<br />
Universität Dortm<strong>und</strong><br />
05.11.2005,<br />
Dortm<strong>und</strong>
Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 317<br />
Anhang II: Interviewleitfäden<br />
Interviewleitfaden Wissenschaftler<br />
Erklärung zur Zielstellung des Interviews:<br />
Im Rahmen meines Promotionsvorhabens beschäftige ich mich derzeit mit Kriterien,<br />
um angemessene Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten <strong>für</strong> schrumpfende ostdeutsche<br />
Städte zu definieren.<br />
Die Bebauungsdichte ist der Ausdruck <strong>für</strong> das Verhältnis von Bebauung zu Fläche.<br />
<strong>Dichte</strong>maße sind Geschossflächenzahl, Geschossflächendichte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>flächenzahl.<br />
Die Einwohnerdichte beschreibt das Verhältnis von Bevölkerung zu Fläche.<br />
<strong>Dichte</strong>maße sind Siedlungsdichte (Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche),<br />
Bruttowohndichte (Einwohner pro ha Bruttowohnbauland) sowie Nettowohndichte<br />
(Einwohner pro ha Nettowohnbauland).<br />
Untersuchungsgegenstand sind städtische Gebiete, die von (starken) <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
<strong>und</strong> damit von Rückgängen der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />
betroffen sind.<br />
Neben der Berücksichtigung der Wohnqualität spielt bei der Bestimmung von Kriterien<br />
<strong>für</strong> angemessene <strong>Dichte</strong>n die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit der technischen Infrastruktur<br />
eine herausragende Rolle. Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit der technischen Infrastruktur<br />
sind über Wirtschaftlichkeit, technische Funktionsfähigkeit sowie Umweltverträglichkeit<br />
operationalisiert. Aufgr<strong>und</strong> der besonderen siedlungsstrukturellen<br />
Abhängigkeit werden Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung sowie Fernwärmeversorgung<br />
betrachtet.<br />
I. <strong>Dichte</strong>abhängige Funktionsparameter der technischen Infrastruktur<br />
1. Welche Parameter zur Dimensionierung von Anlagen <strong>und</strong> Netzen der technischen<br />
Infrastruktur haben einen Bezug zur Zahl der angeschlossenen Nachfrager<br />
(Einwohnerdichte) <strong>und</strong> Wohnungen (Bebauungsdichte) (z. B. Leitungslänge,<br />
Verbrauch/Aufkommen)?<br />
⇒ Trinkwasserversorgung<br />
⇒ Abwasserentsorgung<br />
⇒ Fernwärmeversorgung<br />
II. Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit<br />
der technischen Infrastruktur<br />
Erläuterung zu Fragenblock II:<br />
Anhand bisheriger Literaturauswertungen werden folgende Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
auf die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit der technischen Infrastruktur unterschieden:<br />
⇒ Wirtschaftlichkeit: Zunahme von spezifischen Pro-Kopf-Kosten der Infrastrukturbereitstellung;<br />
Abnahme der Gesamtwirtschaftlichkeit der Infrastruktur<br />
⇒ Funktionsfähigkeit: Abnahme der technischen Funktionsfähigkeit (z. B. Qualitätsminderung<br />
Trinkwasser, Funktionsstörungen, Funktionsausfall)<br />
⇒ Umweltverträglichkeit: Zunahme des Erschließungsaufwands (Materialaufwand,<br />
Ressourcenverbrauch); Zunahme von Umweltgefahren / Umweltrisiken<br />
(z. B. durch Einsatz von Chemikalien, Gefährdung des Gr<strong>und</strong>wassers durch<br />
Korrosion der Leitungen); Abnahme der Wirkungsgrade<br />
2. Sind aus Ihrer Sicht weitere Auswirkungen von Bedeutung?
318 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />
III. Wirtschaftlichkeit der technischen Infrastruktur<br />
Erläuterung zu Fragenblock III:<br />
In der Literatur wird davon ausgegangen, dass gerade eine punktuelle/disperse Verringerung<br />
der <strong>Dichte</strong> in ehemals verdichteten Gebieten zu besonders hohen Folgekosten<br />
führt.<br />
3. Verfügen Sie über empirische Ergebnisse aus städtischen Gebieten, in denen<br />
bereits heute oder in Zukunft die Wirtschaftlichkeit der technischen Infrastruktur<br />
gefährdet ist/gefährdet sein wird? Durch welche Stadtstrukturen/<strong>Dichte</strong>n sind<br />
diese Gebiete gekennzeichnet?<br />
4. Verfügen Sie über empirische oder modelltheoretische Ergebnisse zur Kostenentwicklung<br />
bei <strong>Dichte</strong>rückgängen?<br />
⇒ Fixkosten (je Einwohner/je Leitungslänge)<br />
⇒ Verteilung der Fixkosten auf Nutzer<br />
⇒ Betriebskosten (je Einwohner/je Leitungslänge)<br />
⇒ Anstieg der Betriebskosten durch Unterauslastung der technischen Infrastruktur<br />
⇒ Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsaufwendungen (je Leitungslänge/je Wohnfläche)<br />
⇒ Restbuchwerte<br />
⇒ Preisentwicklung (je Einwohner/je Wohnfläche)<br />
5. In welchen Teilen der Stadt / Stadtstrukturtypen treten diese Kosten besonders<br />
häufig auf?<br />
6. Von welcher Entwicklung der Kosten <strong>und</strong> Preise in der Zukunft gehen Sie aus?<br />
IV. Technische Funktionsfähigkeit der technischen Infrastruktur<br />
Erläuterung zu Fragenblock IV:<br />
In der Literatur wird von zwei Funktionsschwellen technischer Infrastrukturen ausgegangen,<br />
einer ersten, ab deren Unterschreitung betriebstechnische Maßnahmen<br />
erforderlich werden <strong>und</strong> einer zweiten, die zu einem vollständigen Betriebsausfall<br />
führt. Laut aktueller Literatur liegt die erste Funktionsschwelle bei einem<br />
Verbrauchsrückgang von 20-25% <strong>und</strong> die zweite Funktionsschwelle bei einem<br />
Verbrauchsrückgang von 50%. Als zweite Funktionsschwelle genannt werden <strong>für</strong><br />
Abwasser eine Auslastung < 25-30% <strong>und</strong> <strong>für</strong> Fernwärme ein maximaler Leerstand/Rückbau<br />
von 20%-40%.<br />
7. Können Sie zu diesen Schwellenwerten noch konkretere Aussagen treffen, differenziert<br />
<strong>für</strong> Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung, Fernwärmeversorgung?<br />
Wenn nein, wie lassen sich diese Schwellenwerte ermitteln?<br />
8. Welche Anlagen/Anlagenteile oder Netze/Netzteile der Trinkwasserversorgung,<br />
Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Fernwärmeversorgung reagieren im Hinblick auf ihre<br />
Funktionsfähigkeit besonders empfindlich auf Rückgänge der Nachfrage(r)<br />
(Einwohnerdichte) / der angeschlossenen Wohnungen (Bebauungsdichte)?<br />
9. Verfügen Sie über empirische Ergebnisse darüber, in welchen städtischen Gebieten<br />
oder Stadtstrukturtypen diese Funktionsschwellen bereits heute erreicht<br />
werden? In welchen Gebieten ist in Zukunft von einem Erreichen dieser Funktionsschwellen<br />
auszugehen?
Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 319<br />
V. Umweltverträglichkeit der technischen Infrastruktur<br />
Erläuterung zu Fragenblock V:<br />
Anhand bisheriger Recherchen gehe ich davon aus, dass sich <strong>Dichte</strong>rückgänge in<br />
folgender Weise negativ auf die Umweltverträglichkeit der technischen Infrastruktur<br />
auswirken:<br />
⇒ Verringerung der Wirkungsgrade der Netze <strong>und</strong> Anlagen<br />
⇒ Zusätzlicher Ressourcenverbrauch (z. B. Trinkwasserverbrauch <strong>für</strong> Netzspülungen;<br />
höherer Materialaufwand je verbrauchter Einheit)<br />
⇒ Zusätzlicher Einsatz umweltgefährdender Stoffe (z. B. um Trinkwasserqualität<br />
zu sichern, um Funktionsfähigkeit von Netzen <strong>und</strong> Anlagen zu sichern)<br />
⇒ Umweltrisiken (z. B. Gefährdung des Gr<strong>und</strong>wassers durch Korrosion von Leitungen)<br />
10. Bestehen aus Ihrer Sicht weitere negative Auswirkungen auf die Umweltverträglichkeit<br />
der technischen Infrastruktur infolge von <strong>Dichte</strong>rückgängen?<br />
11. Verfügen Sie über empirische Untersuchungsergebnisse zu den genannten<br />
Auswirkungen?<br />
12. Verfügen Sie über Erkenntnisse zum Anstieg der Netzlänge je angeschlossenem<br />
Einwohner oder je angeschlossener Wohnung infolge von <strong>Dichte</strong>rückgängen<br />
(als Indikator <strong>für</strong> das Materialvolumen der Erschließung)?<br />
VI. Schwellenwerte minimaler <strong>Dichte</strong>n<br />
Erläuterung zu Fragenblock VI:<br />
Infrastrukturexperten beurteilen die Wirtschaftlichkeit, Funktionsfähigkeit <strong>und</strong> Umweltverträglichkeit<br />
der technischen Infrastruktur anhand von vielfältigen Kriterien, die<br />
keinen direkten Bezug zur Einwohner- oder Bebauungsdichte haben (z. B. minimale<br />
Fließgeschwindigkeit, maximale Verweildauer in den Netzen, maximaler Fixkostenanteil<br />
je Nutzer usw.).<br />
Von Interesse sind <strong>für</strong> diese Arbeit Schwellenwerte, die einen klaren <strong>Dichte</strong>bezug<br />
aufweisen. So ist z. B. die Leitungslänge je Einwohner/Wohnung/Geschossfläche<br />
eine Größe, die sowohl einen direkten Bezug zur Einwohner- bzw. Bebauungsdichte<br />
hat, als auch maßgeblich <strong>für</strong> die Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> den Materialaufwand der<br />
städtischen Infrastruktur ist. Weitere Schwellenwerte mit <strong>Dichte</strong>bezug sind z. B. Aufkommen/Verbrauch<br />
je ha, Anzahl der Nachfrager/Wohnungen je ha sowie die Wärmebedarfsdichte.<br />
13. Gibt es kritische Schwellenwerte des Bevölkerungsrückgangs bzw. der Zahl der<br />
angeschlossenen Wohnungen, ab denen die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit der<br />
Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung <strong>und</strong> Fernwärmeversorgung gefährdet<br />
wird?<br />
⇒ Wirtschaftlichkeit (Gesamtwirtschaftlichkeit der Siedlungsstruktur)<br />
⇒ Technische Funktionsfähigkeit (1. <strong>und</strong> 2. Funktionsschwelle)<br />
⇒ Umweltverträglichkeit (minimaler Ressourcenverbrauch, maximale Wirkungsgrade)<br />
14. Sind diese Schwellenwerte <strong>für</strong> Stadtstrukturtypen zu differenzieren? In welchen<br />
Stadtstrukturtypen werden diese Schwellenwerte bereits heute regelmäßig erreicht?<br />
In welchen Gebietstypen ist künftig mit einem Erreichen dieser Schwellenwerte<br />
zu rechnen?
320 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />
VII. <strong>Dichte</strong>ziele <strong>für</strong> den Stadtumbau<br />
Erläuterung zu Fragenblock VII:<br />
In der Fachdiskussion wurden bereits Stadtumbauziele mit <strong>Dichte</strong>bezug formuliert,<br />
z. B. Rückbau von außen nach innen, die Vermeidung von baulicher Nachnutzung<br />
mit geringerer <strong>Dichte</strong> sowie die Vermeidung eines Bevölkerungsrückgangs von über<br />
50%.<br />
15. Wie sollten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse Ihrer Meinung nach gesteuert werden, um<br />
die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit der technischen Infrastruktur zu gewährleisten?<br />
16. Welche Zwischenlösungen sind erforderlich, um die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit<br />
der technischen Infrastruktur unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen sicherzustellen?<br />
17. Unter welchen Bedingungen ist Ihrer Meinung nach der Einsatz von dezentralen<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsanlagen sinnvoll? Welche Formen dezentraler Anlagen<br />
sind bei <strong>Dichte</strong>rückgängen geeignet?<br />
18. Werden Belange der Stadttechnik Ihrer Meinung nach inzwischen ausreichend<br />
im Stadtumbau berücksichtigt?<br />
19. Was sind Ihre Wünsche im Hinblick auf den weiteren Umgang mit technischer<br />
Infrastruktur beim Stadtumbau?<br />
VIII. Empfehlung weiterer Ansprechpartner<br />
20. Können Sie weitere Ansprechpartner <strong>für</strong> Interviews zum Thema Effizienz <strong>und</strong><br />
Tragfähigkeit der technischen Infrastruktur unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />
empfehlen (z. B. aus Versorgungsunternehmen, Verbänden der Versorgungswirtschaft)?<br />
21. Können Sie Städte nennen, in denen Sie die Berücksichtigung der technischen<br />
Infrastruktur beim Stadtumbau als beispielhaft bezeichnen würden?
Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 321<br />
Interviewleitfaden Verbandsvertreter<br />
Erklärung zur Zielstellung des Interviews:<br />
Im Rahmen meines Promotionsvorhabens beschäftige ich mich derzeit mit Kriterien,<br />
um angemessene Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten <strong>für</strong> schrumpfende ostdeutsche<br />
Städte zu definieren.<br />
Die Bebauungsdichte ist der Ausdruck <strong>für</strong> das Verhältnis von Bebauung zu Fläche.<br />
<strong>Dichte</strong>maße sind Geschossflächenzahl, Geschossflächendichte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>flächenzahl.<br />
Die Einwohnerdichte beschreibt das Verhältnis von Bevölkerung zu Fläche.<br />
<strong>Dichte</strong>maße sind Siedlungsdichte (Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche),<br />
Bruttowohndichte (Einwohner pro ha Bruttowohnbauland) sowie Nettowohndichte<br />
(Einwohner pro ha Nettowohnbauland).<br />
Untersuchungsgegenstand sind städtische Wohngebiete, die von (starken)<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen <strong>und</strong> damit von Rückgängen der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />
betroffen sind.<br />
Als Raumplanerin nehmen <strong>für</strong> mich, neben Kriterien zur Berücksichtigung der<br />
Wohnqualität, Kriterien der Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen<br />
Infrastruktur eine herausragende Rolle ein. Aufgr<strong>und</strong> der besonderen siedlungsstrukturellen<br />
Abhängigkeit werden die leitungsgeb<strong>und</strong>enen Medien Trinkwasserversorgung,<br />
Abwasserentsorgung sowie Fernwärmeversorgung betrachtet.<br />
I. Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Effizienz <strong>und</strong> Tragfähigkeit<br />
der technischen Infrastruktur<br />
1. Welche Folgen haben aus Ihrer Sicht <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge auf die<br />
in der Landesgruppe Sachsen organisierten kommunalen Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen<br />
(Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme)?<br />
2. Wie haben sich Absatz <strong>und</strong> Aufkommen bei den Medien Trinkwasser, Abwasser<br />
<strong>und</strong> Fernwärme in Ihren Mitgliedsunternehmen vor dem Hintergr<strong>und</strong> von<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen entwickelt?<br />
II. Wirtschaftlichkeit der technischen Infrastruktur<br />
3. Verfügen Sie über Daten aus Ihren Mitgliedsunternehmen / aus Ihrer Stadt zur<br />
Kostenentwicklung bei <strong>Dichte</strong>rückgängen (wenn möglich differenziert nach<br />
Stadtteilen oder Bebauungstypen wie z. B. Großwohnsiedlung, Altbau, Einfamilienhäuser)?<br />
⇒ Fixkosten (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />
⇒ Betriebskosten (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />
⇒ Anstieg der Betriebskosten durch Unterauslastung der technischen Infrastruktur<br />
⇒ Netzlängen (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />
⇒ Preisentwicklung (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />
⇒ Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsaufwendungen (je Leitungslänge/je Wohnfläche)<br />
⇒ Verlust von Restbuchwerten<br />
4. Können Sie einen Schwellenwert des Bevölkerungs-/<strong>Dichte</strong>rückgangs definieren,<br />
ab dem die Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit den Medien Trinkwasser,<br />
Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme nicht mehr gewährleistet ist oder die Preise ein aus<br />
Ihrer Sicht angemessenes Maß übersteigen?<br />
5. Von welcher Entwicklung der Kosten <strong>und</strong> Preise in der Zukunft gehen Sie aus?
322 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />
III. Technische Funktionsfähigkeit der technischen Infrastruktur<br />
6. Sind in Ihren Mitgliedsunternehmen infolge des Bevölkerungsrückgangs <strong>für</strong> die<br />
Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme bereits betriebstechnische<br />
Maßnahmen (z. B. Spülungen, Chlorungen) erforderlich, um die Funktionsfähigkeit<br />
der Netze <strong>und</strong> Anlagen bzw. die Qualität der Medien zu gewährleisten? In<br />
welchen Gebietstypen (z. B. Großwohnsiedlung, Altbau, Einfamilienhaus) ist<br />
dies der Fall? Durch welchen Verbrauchsrückgang sind die betroffenen Gebiete<br />
gekennzeichnet?<br />
7. Inwiefern kommt es in Ihren Mitgliedsunternehmen infolge des Verbrauchs-,<br />
Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgangs <strong>für</strong> die Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong><br />
Fernwärme zu einem vollständigen Funktionsverlust der Netze <strong>und</strong> Anlagen? In<br />
welchen Gebietstypen (z. B. Großwohnsiedlung, Altbau, Einfamilienhaus) ist<br />
dies der Fall? Durch welchen Verbrauchsrückgang sind die betroffenen Gebiete<br />
gekennzeichnet?<br />
8. Verfügen Sie über Daten darüber, ab welchem Verbrauchs-, Bevölkerungs- <strong>und</strong><br />
<strong>Dichte</strong>rückgang die zentralen Funktionsparameter der stadttechnischen Medien<br />
nicht mehr eingehalten werden können?<br />
⇒ Trinkwasser: z. B. maximale Verweildauer in den Netzen<br />
⇒ Abwasser: z. B. minimale Fließgeschwindigkeiten<br />
⇒ Fernwärme: z. B. minimale Wirkungsgrade aus wirtschaftlicher Sicht<br />
IV. Ziele <strong>für</strong> den Stadtumbau aus Sicht der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen<br />
9. Wie sollten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse Ihrer Meinung nach gesteuert werden, um<br />
die Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
zu gewährleisten?<br />
10. Unter welchen Bedingungen ist Ihrer Meinung nach der Einsatz von dezentralen<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsanlagen sinnvoll? Welche Formen dezentraler Anlagen<br />
sind bei <strong>Dichte</strong>rückgängen auch in städtischen Gebieten geeignet?<br />
11. Werden Belange der Stadttechnik Ihrer Meinung nach inzwischen ausreichend<br />
im Stadtumbau berücksichtigt?<br />
V. Empfehlung weiterer Ansprechpartner<br />
12. Können Sie weitere geeignete Ansprechpartner zum Thema Wirtschaftlichkeit<br />
<strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />
empfehlen?<br />
⇒ Städte / Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen mit einem beispielhaften Umgang<br />
mit Fragen der Stadttechnik im Rahmen des Stadtumbaus<br />
⇒ Städte / Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen, die in besonderem Maße von<br />
Verbrauchs-, Bevölkerungs- <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen sind
Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 323<br />
Interviewleitfaden Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen<br />
Erklärung zur Zielstellung des Interviews:<br />
Im Rahmen meines Promotionsvorhabens beschäftige ich mich derzeit mit Kriterien,<br />
um angemessene Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten <strong>für</strong> schrumpfende ostdeutsche<br />
Städte zu definieren.<br />
Die Bebauungsdichte ist der Ausdruck <strong>für</strong> das Verhältnis von Bebauung zu Fläche.<br />
<strong>Dichte</strong>maße sind Geschossflächenzahl, Geschossflächendichte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>flächenzahl.<br />
Die Einwohnerdichte beschreibt das Verhältnis von Bevölkerung zu Fläche.<br />
<strong>Dichte</strong>maße sind Siedlungsdichte (Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche),<br />
Bruttowohndichte (Einwohner pro ha Bruttowohnbauland) sowie Nettowohndichte<br />
(Einwohner pro ha Nettowohnbauland).<br />
Untersuchungsgegenstand sind städtische Wohngebiete, die von (starken)<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen <strong>und</strong> damit von Rückgängen der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />
betroffen sind.<br />
Als Raumplanerin nehmen <strong>für</strong> mich, neben Kriterien zur Berücksichtigung der<br />
Wohnqualität, Kriterien der Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen<br />
Infrastruktur eine herausragende Rolle ein. Aufgr<strong>und</strong> der besonderen siedlungsstrukturellen<br />
Abhängigkeit werden die leitungsgeb<strong>und</strong>enen Medien Trinkwasserversorgung,<br />
Abwasserentsorgung sowie Fernwärmeversorgung betrachtet.<br />
I. Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf die Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong><br />
Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
1. Bitte nennen Sie einige gr<strong>und</strong>sätzliche Daten zur Fernwärmeversorgung durch<br />
die ZEV:<br />
⇒ Zahl der K<strong>und</strong>en<br />
⇒ Absatz<br />
⇒ Netzlängen (je K<strong>und</strong>e, je verbrauchter Einheit)<br />
2. Welche Auswirkungen haben aus Ihrer Sicht <strong>Schrumpfung</strong> <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgänge<br />
<strong>für</strong> die ZEV (Fernwärme)?<br />
3. Welchen Bedarfsrückgang bei der Nachfrage nach Fernwärme verzeichnet die<br />
ZEV seit 1990? In welchem Ausmaß ist dieser Bedarfsrückgang auf den Bevölkerungsrückgang<br />
zurückzuführen? Lässt sich dieser Bedarfsrückgang <strong>für</strong> das<br />
Stadtgebiet räumlich differenzieren?<br />
4. Mit welchem Bedarfsrückgang rechnen Sie in Zukunft <strong>für</strong> die ZEV (Fernwärme)?
324 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />
II. Wirtschaftlichkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
5. Verfügen Sie <strong>für</strong> die ZEV über Daten zur Kostenentwicklung der Fernwärmeversorgung<br />
bei <strong>Dichte</strong>rückgängen (wenn möglich differenziert nach Stadtteilen oder<br />
Bebauungstypen wie z. B. Großwohnsiedlung, Altbaugebiet, Einfamilienhausgebiet)?<br />
⇒ Fixkosten (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />
⇒ Betriebskosten (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />
⇒ Anstieg der Betriebskosten durch Unterauslastung der stadttechnischen Infrastruktur<br />
⇒ Netzlängen (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />
⇒ Preisentwicklung (je K<strong>und</strong>e/je Wohnfläche)<br />
⇒ Umbau- <strong>und</strong> Anpassungsaufwendungen (je Leitungslänge/je Wohnfläche)<br />
⇒ Verlust von Restbuchwerten<br />
6. Wie werden bei der ZEV die Tarife <strong>für</strong> die Fernwärmeversorgung kalkuliert?<br />
7. Welche Kosten entstehen der ZEV <strong>für</strong> den Bau bzw. den Betrieb je m Leitungslänge<br />
(Fernwärme)?<br />
8. Von welcher Entwicklung der Kosten <strong>und</strong> Preise in der Zukunft gehen Sie <strong>für</strong> die<br />
ZEV aus?<br />
9. Gibt es in Ihrer Stadt Gebiete, die sich bereits heute oder in naher Zukunft nicht<br />
mehr wirtschaftlich versorgen lassen? In welchen Gebietstypen (z. B. Großwohnsiedlung,<br />
Altbaugebiet, Einfamilienhausgebiet) ist dies der Fall? Durch welchen<br />
Verbrauchsrückgang sind die betroffenen Gebiete gekennzeichnet?<br />
10. Können Sie einen Schwellenwert des Verbrauchs-/Bevölkerungs-<br />
/<strong>Dichte</strong>rückgangs benennen, ab dem die Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit<br />
Fernwärme nicht mehr gewährleistet ist oder die Preise ein aus Ihrer Sicht angemessenes<br />
Maß übersteigen?<br />
III. Technische Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
11. Sind bei der ZEV infolge von <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Stadtumbauprozessen bei der<br />
Fernwärmeversorgung bereits betriebstechnische Maßnahmen erforderlich, um<br />
die Funktionsfähigkeit der Netze <strong>und</strong> Anlagen bzw. die Qualität der Medien zu<br />
gewährleisten? In welchen Gebietstypen (z. B. Großwohnsiedlung, Altbaugebiet,<br />
Einfamilienhausgebiet) ist dies der Fall? Durch welchen Verbrauchsrückgang<br />
sind die betroffenen Gebiete gekennzeichnet?<br />
12. Inwiefern kommt es bei der ZEV infolge von <strong>Schrumpfung</strong>s- <strong>und</strong> Stadtumbauprozessen<br />
bei der Fernwärmeversorgung zu einem vollständigen Funktionsverlust<br />
der Netze <strong>und</strong> Anlagen? In welchen Gebietstypen (z. B. Großwohnsiedlung,<br />
Altbaugebiet, Einfamilienhausgebiet) ist dies der Fall? Durch welchen<br />
Verbrauchsrückgang sind die betroffenen Gebiete gekennzeichnet?<br />
13. Verfügen Sie <strong>für</strong> die ZEV über Daten darüber, ab welchem Verbrauchs-, Bevölkerungs-<br />
<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgang zentrale Funktionsparameter der Fernwärmeversorgung<br />
nicht mehr eingehalten werden können (z. B. minimale Wirkungsgrade<br />
aus wirtschaftlicher Sicht)?
Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 325<br />
IV. Ziele <strong>für</strong> den Stadtumbau aus Sicht der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen<br />
14. Wie sollten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse Ihrer Meinung nach gesteuert werden, um<br />
die Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
zu gewährleisten?<br />
15. Unter welchen Bedingungen ist Ihrer Meinung nach der Einsatz von dezentralen<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsanlagen sinnvoll? Welche Formen dezentraler Anlagen<br />
sind bei <strong>Dichte</strong>rückgängen auch in städtischen Gebieten geeignet?<br />
16. Werden Belange der Stadttechnik Ihrer Meinung nach ausreichend im Stadtumbau<br />
berücksichtigt?<br />
17. Was sind Ihre Wünsche im Hinblick auf den weiteren Umgang mit stadttechnischer<br />
Infrastruktur beim Stadtumbau?<br />
V. Empfehlung weiterer Ansprechpartner<br />
18. Können Sie weitere Ansprechpartner <strong>für</strong> Interviews zum Thema Wirtschaftlichkeit<br />
<strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur unter <strong>Schrumpfung</strong>sbedingungen<br />
empfehlen (z. B. aus Wissenschaft, Stadtplanung, Ver- <strong>und</strong><br />
Entsorgungsunternehmen, Verbänden der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungswirtschaft)?
326 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />
Interviewleitfaden Stadtplanung<br />
Erklärung zur Zielstellung des Interviews:<br />
Im Rahmen meines Promotionsvorhabens beschäftige ich mich derzeit mit Kriterien,<br />
um angemessene Bebauungs- <strong>und</strong> Einwohnerdichten <strong>für</strong> schrumpfende ostdeutsche<br />
Städte zu definieren.<br />
Die Bebauungsdichte ist der Ausdruck <strong>für</strong> das Verhältnis von Bebauung zu Fläche.<br />
<strong>Dichte</strong>maße sind Geschossflächenzahl, Geschossflächendichte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>flächenzahl.<br />
Die Einwohnerdichte beschreibt das Verhältnis von Bevölkerung zu Fläche.<br />
<strong>Dichte</strong>maße sind Siedlungsdichte (Einwohner je km² Siedlungs- <strong>und</strong> Verkehrsfläche),<br />
Bruttowohndichte (Einwohner pro ha Bruttowohnbauland) sowie Nettowohndichte<br />
(Einwohner pro ha Nettowohnbauland).<br />
Untersuchungsgegenstand sind städtische Wohngebiete, die von (starken)<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen <strong>und</strong> damit von Rückgängen der Einwohner- <strong>und</strong> Bebauungsdichten<br />
betroffen sind.<br />
Als Raumplanerin nehmen <strong>für</strong> mich, neben Kriterien zur Berücksichtigung der<br />
Wohnqualität, Kriterien der Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen<br />
Infrastruktur eine herausragende Rolle ein. Aufgr<strong>und</strong> der besonderen siedlungsstrukturellen<br />
Abhängigkeit werden die leitungsgeb<strong>und</strong>enen Medien Trinkwasserversorgung,<br />
Abwasserentsorgung sowie Fernwärmeversorgung betrachtet.<br />
I. Auswirkungen von <strong>Dichte</strong>rückgängen auf Stadtentwicklung <strong>und</strong> Stadttechnik<br />
1. Welche Stadtgebiete in Cottbus sind besonders stark von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen<br />
<strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>rückgängen betroffen (Stadtstrukturtypen z. B. Altbau, Wohn- <strong>und</strong><br />
Werksiedlungsbau, Zeilenbebauung der 1950er bis 1970er Jahre, Großwohnsiedlung,<br />
Ein- <strong>und</strong> Zweifamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser nach 1990)? Welches<br />
Ausmaß an <strong>Dichte</strong>rückgängen (Einwohnerdichte / Bebauungsdichte) lässt<br />
sich in diesen Gebieten feststellen?<br />
2. Welche Auswirkungen haben diese <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse aus Ihrer Sicht auf<br />
die Medien der stadttechnischen Infrastruktur (Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong><br />
Fernwärme)?<br />
3. Ist Ihnen (z. B. durch Gespräche mit Ver- <strong>und</strong> Entsorgern, Fachexperten) bekannt,<br />
ob sich aufgr<strong>und</strong> von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen einige Gebiete in Cottbus<br />
nicht mehr wirtschaftlich ver- <strong>und</strong> entsorgen lassen? Wenn ja, durch welche<br />
städtebaulichen Strukturen sind diese Gebiete gekennzeichnet?<br />
4. Verfügen Sie über Erkenntnisse darüber, in welchen Gebieten der Stadt Cottbus<br />
den Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen besonders hohe Kosten infolge von<br />
<strong>Schrumpfung</strong>sprozessen entstehen? Durch welche städtebaulichen Strukturen<br />
sind diese Gebiete gekennzeichnet?<br />
5. Ist Ihnen (z. B. durch Gespräche mit Ver- <strong>und</strong> Entsorgern, Fachexperten) bekannt,<br />
ob infolge von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen in einigen Gebieten in Cottbus<br />
die Funktionsfähigkeit der Netze <strong>und</strong> Anlagen der stadttechnischen Infrastruktur<br />
gefährdet ist?
Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 327<br />
II. Ziele <strong>für</strong> den Stadtumbau<br />
6. Welche städtebaulichen Leitbilder verfolgt die Stadt Cottbus im Rahmen des<br />
Stadtumbaus?<br />
7. Was sind die Ziele der Stadt Cottbus im Hinblick auf künftige <strong>Dichte</strong>entwicklung<br />
(z. B. Konzentration <strong>und</strong> Verdichtung im Stadtkern, Konzentration <strong>und</strong> Verdichtung<br />
in Stadtteilzentren, Entdichtung <strong>und</strong> Dispersion, konzentrierter Rückbau<br />
von außen nach innen)? Anhand welcher Kriterien (z. B. Wohnqualität, Freiraumqualität,<br />
Versorgungsstruktur, Tragfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur)<br />
werden diese Ziele festgesetzt?<br />
8. Wie sollten <strong>Schrumpfung</strong>sprozesse Ihrer Meinung nach gesteuert werden, um<br />
die Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Funktionsfähigkeit der stadttechnischen Infrastruktur<br />
zu gewährleisten?<br />
III. Berücksichtigung der Stadttechnik im Stadtumbau<br />
9. Inwiefern werden die Medien der stadttechnischen Infrastruktur (Trinkwasser,<br />
Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme) bei der Festlegung genereller Stadtumbauziele der<br />
Stadt Cottbus berücksichtigt? Welche Rolle spielen diese Medien bei konkreten<br />
Projektplanungen?<br />
10. Was sind derzeit zentrale Probleme im Hinblick auf die Berücksichtigung der<br />
Belange der Stadttechnik im Rahmen des Stadtumbaus?<br />
11. Werden im Rahmen von Stadtumbauplanungen die Auswirkungen dieser Planungen<br />
auf Kosten der Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen – <strong>und</strong> damit auch auf<br />
die Preise <strong>für</strong> die Medien Trinkwasser, Abwasser <strong>und</strong> Fernwärme – berücksichtigt?<br />
12. Gibt es im Rahmen der Stadtumbauplanungen eine Zusammenarbeit zwischen<br />
dem Stadtplanungsamt Cottbus <strong>und</strong> den Stadtwerken Cottbus / der BTU Cottbus?<br />
13. Wie werden Belange der stadttechnischen Infrastruktur im Rahmen von Stadtumbauplanungen<br />
mit anderen Belangen abgewogen?<br />
14. Können Sie Beispiele <strong>für</strong> Stadtumbauplanungen nennen, die aufgr<strong>und</strong> der besonderen<br />
Betroffenheit der stadttechnischen Infrastruktur revidiert wurden?<br />
(z. B. aufgr<strong>und</strong> zu hoher Kosten <strong>für</strong> Ver- <strong>und</strong> Entsorgungsunternehmen, aufgr<strong>und</strong><br />
von Problemen der technischen Funktionsfähigkeit der Netze <strong>und</strong> Anlagen)<br />
15. Können Sie aus Sicht der stadttechnischen Infrastruktur <strong>und</strong>/oder aus stadtplanerischer<br />
Sicht Schwellenwerte eines maximalen Bevölkerungs-/<strong>Dichte</strong>rückgangs<br />
nennen?
Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 329<br />
Anhang III: Entwicklung der Wohnflächeninanspruchnahme<br />
je Einwohner von 1968 bis 2002<br />
Individuelle Wohnflächen- <strong>und</strong> Geschossflächeninanspruchnahme 1)<br />
(Eigene Berechnungen nach Daten des Statistischen B<strong>und</strong>esamts)<br />
Jahr<br />
Wohnfläche je<br />
Einwohner<br />
Geschossfläche je<br />
Einwohner2) Quelle<br />
1968 23,8 29,8 Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungszählung<br />
1969 25,3 31,6 Interpolation<br />
1970 24,5 30,7 Interpolation<br />
1971 26,0 32,5 Interpolation<br />
1972 26,7 33,4 Interpolation<br />
1973 27,5 34,3 Interpolation<br />
1974 28,2 35,2 Interpolation<br />
1975 28,9 36,1 Interpolation<br />
1976 29,6 37,1 Interpolation<br />
1977 30,4 38,0 Interpolation<br />
1978 31,1 38,9 1 % Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungsstichprobe<br />
1979 31,6 39,5 Interpolation<br />
1980 32,1 40,1 Interpolation<br />
1981 32,6 40,7 Interpolation<br />
1982 33,1 41,3 Interpolation<br />
1983 33,5 41,9 Interpolation<br />
1984 34,0 42,5 Interpolation<br />
1985 34,5 43,2 Interpolation<br />
1986 35,0 43,8 Interpolation<br />
1987 35,5 44,4 Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungszählung<br />
1988 35,6 44,5 Interpolation<br />
1989 35,7 44,7 Interpolation<br />
1990 35,9 44,8 Interpolation<br />
1991 36,0 45,0 Interpolation<br />
1992 36,1 45,1 Interpolation<br />
1993 36,2 45,3 1 % Gebäude- <strong>und</strong> Wohnungsstichprobe<br />
1994 36,8 46,0 Interpolation<br />
1995 37,4 46,8 Interpolation<br />
1996 38,1 47,6 Interpolation<br />
1997 38,7 48,4 Interpolation<br />
1998 39,3 49,1 Mikrozensus-Zusatzerhebung<br />
1999 39,9 49,8 Interpolation<br />
2000 40,5 50,6 Interpolation<br />
2001 41,0 51,3 Interpolation<br />
2002 41,6 52,0 Mikrozensus-Zusatzerhebung<br />
1)<br />
Bis 1992 <strong>für</strong> das Frühere B<strong>und</strong>esgebiet, ab 1993 <strong>für</strong> Gesamtdeutschland<br />
2)<br />
Die Geschossfläche je Einwohner ergibt sich als Wohnfläche je Einwohner multipliziert mit 1,25 (KORDA<br />
2005, 119)
Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 331<br />
Anhang IV: Wohnflächeninanspruchnahme je Einwohner<br />
in verschiedenen Stadtstrukturtypen auf Basis<br />
von Daten des Mikrozensus<br />
Die individuelle Wohnflächeninanspruchnahme in m² je Einwohner unterscheidet<br />
sich nach Stadtstrukturtypen. Im Folgenden wird diese Größe auf Basis der Daten<br />
der Mikrozensus-Zusatzerhebung ‚Bestand <strong>und</strong> Struktur der Wohneinheiten’ abgeleitet.<br />
Die Werte wurden berechnet <strong>für</strong> die Neuen B<strong>und</strong>esländer <strong>und</strong> Berlin (Ost).<br />
Anzahl der Wohneinheiten (STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b, 49)<br />
Baualter 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />
Bis 1900 304 263 183 76 24<br />
1901 - 1918 118 121 172 161 51 6<br />
1919 - 1948 392 248 309 233 23 9<br />
1949 - 1978 246 117 243 836 105 265<br />
1979 - 1986 137 36 46 330 84 167<br />
1987 - 1990 48 12 16 122 43 31<br />
1991 - 2000 333 110 150 187 82 47<br />
> 2000 19 7 7 10<br />
Insgesamt 1.597 914 1.126 1.955 412 525<br />
Wohnfläche in 10.000 m² (STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b, 49)<br />
Baualter 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />
Bis 1900 3.184 2.155 1.310 530 145 23<br />
1901 - 1918 1.286 1.008 1.269 1.098 331 37<br />
1919 - 1948 3.977 1.929 2.021 1.398 129 52<br />
1949 - 1978 2.534 938 1.520 4.806 553 1.463<br />
1979 - 1986 1.554 320 301 1.997 443 923<br />
1987 - 1990 557 108 105 738 230 166<br />
1991 - 2000 4.204 1.035 1.128 1.417 533 281<br />
> 2000 237 65 49 66 28 8<br />
Wohnfläche je Person in m² (STATISTISCHES BUNDESAMT 2004b, 49)<br />
Baualter 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />
Bis 1900 43 38 36 38,1 36,3 34<br />
1901 - 1918 42,3 38,2 36,3 36,2 39,2 38,2<br />
1919 - 1948 41,1 36,6 33,6 34,5 37,8 36,7<br />
1949 - 1978 42,5 37,9 31,2 30,8 32,7 31,8<br />
1979 - 1986 39,5 36,5 31,5 28,3 30,7 30,8<br />
1987 - 1990 36,9 32,8 32,9 28 30,2 31,7<br />
1991 - 2000 40,3 38,8 35,9 39,8 37,8 39,1<br />
> 2001 40,7 41,4 38,3 33,2 37,3 40,6<br />
Einwohner (Eigene Berechnung)<br />
1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />
Bis 1900 740.465 567.105 363.889 139.108 39.945 6.765<br />
1901 - 1918 304.019 263.874 349.587 303.315 84.439 9.686<br />
1919 - 1948 967.640 527.049 601.488 405.217 34.127 14.169<br />
1949 - 1978 596.235 247.493 487.179 1.560.390 169.113 460.063<br />
1979 - 1986 393.418 87.671 95.556 705.654 144.300 299.675<br />
1987 - 1990 150.949 32.927 31.915 263.571 76.159 52.366<br />
1991 - 2000 1.043.176 266.753 314.206 356.030 141.005 71.867<br />
> 2001 58.231 15.700 12.794 19.880 7.507 1.970
332 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Anhang<br />
Wohnfläche in 10.000 m² nach Stadtstrukturtypen (Eigene Berechnung)<br />
Fläche 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />
Bis 1900<br />
1901 - 1918<br />
Block: 4.743<br />
1919 - 1948<br />
1949 - 1978<br />
1979 - 1986<br />
1987 - 1990<br />
1991 - 2000<br />
> 2001<br />
EFH<br />
locker:<br />
17.533<br />
EFH<br />
dicht:<br />
7.558<br />
Zeile: 11.942<br />
Platte: 4.903<br />
MFH 90+: 3.510<br />
Einwohner nach Stadtstrukturtypen (Eigene Berechnung)<br />
Einwohner 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />
Bis 1900<br />
1901 - 1918<br />
Block: 1.296.732<br />
1919 - 1948<br />
1949 - 1978<br />
1979 - 1986<br />
1987 - 1990<br />
1991 - 2000<br />
> 2001<br />
EFH<br />
locker:<br />
4.254.133<br />
EFH<br />
dicht:<br />
2.008.573<br />
Zeile: 3.731.747<br />
Platte: 1.669.195<br />
MFH 90+: 925.259<br />
Durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner nach Stadtstrukturtypen<br />
(Eigene Berechnung)<br />
WF/EW 1 WE 2 WE 3 - 6 WE 7 - 12 WE 13 - 20 WE < 21 WE<br />
Bis 1900<br />
1901 - 1918<br />
Block: 36,6 m²<br />
1919 - 1948<br />
1949 - 1978<br />
1979 - 1986<br />
1987 - 1990<br />
1991 - 2000<br />
> 2001<br />
EFH<br />
locker:<br />
41,2 m²<br />
EFH dicht<br />
37,6 m²<br />
Zeile: 32,0 m²<br />
Platte: 29,4 m²<br />
MFH 90+: 37,9 m²
Anhang IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 333<br />
Anhang V: Wohnflächeninanspruchnahme je Einwohner<br />
in Abhängigkeit von der Geschossflächendichte<br />
Die individuelle Wohnflächeninanspruchnahme variiert in Abhängigkeit von der Geschossflächendichte.<br />
Die Werte in der folgenden Tabelle wurden geschätzt auf Basis<br />
der Daten der Mikrozensus-Zusatzerhebung ‚Bestand <strong>und</strong> Struktur der Wohneinheiten’<br />
(Statistisches B<strong>und</strong>esamt 2004b, 49) sowie der Daten von Siedentop et<br />
al. (2006, 55f.). Die Schätzung wurde durchgeführt <strong>für</strong> die Wohnflächeninanspruchnahme<br />
in den Neuen B<strong>und</strong>esländern.<br />
GFD<br />
WF je EW<br />
in m²<br />
0,1 41<br />
0,2 40<br />
0,3 40<br />
0,4 39<br />
0,5 39<br />
0,6 38<br />
0,7 37<br />
0,8 36<br />
0,9 35<br />
1 34,5<br />
1,1 34<br />
1,2 33,5<br />
1,3 33<br />
1,4 32,5<br />
1,5 32<br />
1,5 31,5<br />
> 1,7 31