06.12.2012 Aufrufe

DR. HERMANN FERSE

DR. HERMANN FERSE

DR. HERMANN FERSE

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>DR</strong>. <strong>HERMANN</strong> <strong>FERSE</strong><br />

Dr. Hermann Ferse, Landgerichtsdirektor in Essen,<br />

geb. 15.1.1881 in Gelsenkirchen als Sohn eines<br />

Ziegeleibesitzers<br />

und Ehefrau Minna Mikela -genannt Mimi -Ferse, geb.<br />

Goldschmidt<br />

geb. 20.3.1895 in Warburg<br />

deportiert am 10.11.1941 mit 128 Juden nach Minsk<br />

Kinder:<br />

Bernhard Kurt = Baruch Bar Din, geb. 3.1.1924,<br />

verheiratet mit Olga, Die Tochter Dalia lebt in Ramat<br />

Hashron /Israel , von ihr stammen einige Informationen<br />

und das Foto des Ehepaares Ferse aus Essen (undatiert)<br />

und Ruth Gawse, geb. Ferse, geb. 12.4.1922<br />

Dr. Hermann Ferse tritt 1909 als Gerichtsassessor in den Justizdienst ein, wird im Ersten<br />

Weltkrieg als Frontoffizier schwer verwundet und mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.<br />

Er wird in Essen am 1. April 1927 Direktor des Landgerichtes. Gustav Heinemann wird in<br />

seiner Zivilkammer 1924 Referendar und seit den späten 20er Jahren sein Freund.<br />

23. März 1933: Landgerichtspräsident Paul Heermann ordnet im vorauseilenden Gehorsam<br />

mehrwöchigen Zwangsurlaub an für alle jüdischen Richter und Staatsanwälte. Und er legt Dr.<br />

Ferse persönlich nahe, „sofort“ sein Urlaubsgesuch einzureichen , „da dies möglicherweise<br />

die politische Entwicklung als tunlich erscheinen lassen werde.“ ( Rede JM Müller -<br />

Piepenkötter am 17. Dezember 2007 im Oberlandesgericht Hamm ).<br />

Als ehemaliger Frontoffizier kann Ferse zwei Jahre am Amtsgericht weiterarbeiten.<br />

Im Dezember 1935 wird Ferse zwangsweise in den Ruhestand versetzt nach dem Gesetz über<br />

die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums.<br />

Vom 5. August 1935 sind die Eheleute Kurgäste in Willingen. Um 23 Uhr fallen Schüsse vor<br />

der Pension. Dr. Ferse wird am 18. August 1935 als Zeuge vernommen gegen die zwei<br />

Eindringlinge, die alle Kurgäste befragen, ob sie Juden seien. „Ich erklärte ihnen in sehr<br />

energischem Ton, dass ich Landgerichtsdirektor Dr. Ferse aus Essen sei und als friedlicher<br />

Kurgast hier meine Erholung suchen wolle.“<br />

Archiv Marburg www.digam.net


1938 reist das Ehepaar Ferse nach Palästina, kehrt aber sechs Wochen später zurück nach<br />

Essen, weil Hermann Ferse keine Arbeitsmöglichkeit für sich in Palästina sieht.<br />

Frühjahr 1939: Die Kinder Ruth (17 Jahre) und Bernhard (15 Jahre) emigrieren nach<br />

Palästina.<br />

29. März 1939: Im Polizeipräsidium Essen unterzeichnet Landgerichtsdirektor i. R. Dr.<br />

Hermann Israel Ferse, Hufelandstrasse 23 als Liquidator der GmbH Jüdisches Kinderheim<br />

einen Kaufvertrag über die Haus- und Grundbesitzung Peterstrasse 2 an das Deutsche Reich -<br />

Polizeiverwaltung (Kaufpreis 50.000 RM).<br />

2. Mai 1939: Eigentumsänderung im Grundbuch beim Amtsgericht in Anwesenheit von<br />

Landgerichtsdirektor Dr. Hermann Israel Ferse, Hufelandstrasse 23 als „Abwickler der Firma<br />

Jüdisches Kinderheim GmbH in Essen“.<br />

„Anfang November 1941 erhielten sie den Bescheid über ihre bevorstehende Deportation.<br />

Ferse war Mitglied des Vorstands der Jüdischen Gemeinde Essen. Er hatte sich freiwillig zu<br />

diesem Transport gemeldet, da befohlen war, dass ein jeder Transport von einem<br />

Vorstandsmitglied begleitet werden musste. Ungeachtet der Gefahr sucht Heinemann das<br />

Ehepaar Ferse am Vorabend des Transportes im Judenhaus Pettenkoferstr.38 auf. „...sein<br />

Freund Ferse „bat ihn, sich um seine ihm zustehenden Pensionszahlungen bis zu seiner<br />

Rückkehr, von der er überzeugt war, zu kümmern. Außerdem bat er Heinemann um eine<br />

Dynamo-Taschenlampe.“ ( Inge Deutschkron „Gustav Heinemann – Logik eines Lebens“ in<br />

Vorgänger Heft 1 /2005, S. 115)<br />

„Ihr Vater gehörte zum Vorstand der jüdischen Gemeinde. Ein Vorstandsmitglied hatte<br />

jeweils einen der Transporte zu begleiten. Als Ihre Eltern an die Reihe kamen, und ich mit<br />

ihnen am Vorabend des Abtransportes sprach, waren sie beide wohl von einer tiefen Bitternis<br />

erfüllt; aber doch der Meinung, dass sie eines Tages wieder zurückkommen würden. Ihr Vater<br />

bat mich auf Grund einer mir von ihm gegebenen schriftlichen Vollmacht, die ihm zustehende<br />

Pension als Landgerichtsdirektor an mich auszahlen zu lassen und für ihn bis zu seiner<br />

Rückkehr in Verwahr zu halten. In Wahrheit aber war es aber so, daß die Pensionszahlung mit<br />

demselben Augenblick aufhörte, wenn der Berechtigte Deutschland verließ. Ein anderer<br />

letzter Wunsch Ihres Vaters war, ihm eine Dynamo-Taschenlampe zu besorgen. Im übrigen<br />

waren Ihre Eltern bei meinem letzten Besuch mit dem Verpacken von Hausrat, Büchern und<br />

dergleichen beschäftigt...“ (Brief Heinemann 1950 an Bernhard Ferse = Baruch Bar Din in<br />

Israel, nach Bernd Schmalhausen „Jüdische Juristen in Essen 1933 - 1945, S. 26.).<br />

Der Transport ging am 10.November 1941 nach Minsk, möglicherweise wurden die Waggons<br />

aus Essen angekoppelt an den Transportzug mit Düsseldorfer Juden, der am gleichen Tag<br />

fuhr. Es gibt einen überlebenden Zeitzeugen: Günter Katzenstein in Stockholm hat den<br />

Transport aus Düsseldorf mitgemacht, berichtet von einem Personenzug, der mehrfach hielt<br />

u.a. in Warschau . Erst am Bahnhof Minsk wurden den Deportierten das Gepäck<br />

abgenommen. - Offenbar hatten die Deportierten wie das Ehepaar Ferse Gepäckstücke mit<br />

Büchern, Hausrat etc. mitnehmen können auf diesen Transport. -<br />

Die meisten Deportierten wurden ins „deutsche“ Ghetto in Minsk gebracht, eine mit<br />

Stacheldraht abgesperrte Zone innerhalb der großen Ghettos, andere direkt ins<br />

Vernichtungslager Maly-Trostenez bei Minsk.


In mehreren Vernichtungsaktionen wurden die Ghetto-Insassen ermordet. Massengräber sind<br />

der ehemalige jüdische Friedhof in der Suchajastrasse und die Yama = Grube im Zentrum der<br />

Stadt Minsk. Die Yama ist heute der zentrale Holocaust- Erinnerungsort, auf dem Friedhof<br />

stehen Steine, die an die Deportierten aus folgenden Städten erinnern: Aus Hamburg,<br />

Bremen, Düsseldorf, dem Raum Köln/Bonn, Berlin und Wien. Geplant sind Gedenksteine für<br />

die Opfer aus Frankfurt und Prag.<br />

Günter Katzenstein hat das Ghetto überlebt und wurde 1945 in Bergen-Belsen befreit vor<br />

seiner Auswanderung nach Stockholm / Schweden. Günter Katzenstein war schon zweimal in<br />

Minsk zur Einweihung des Steines der „Düsseldorfer“ und zum Jahrestag der Liquidierung<br />

des Ghettos 2004.<br />

Prof. Manfred Zabel (IBB Dortmund)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!