Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken
Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken
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zum Thema „Jugend braucht Perspektiven“. Hier übernahm Thürmann<br />
sogar <strong>die</strong> Funktion des stellvertretenden Versammlungsleiters. Zudem ist<br />
er Stützpunktleiter der JN Treptow-Köpenick.<br />
Weiterhin in Schöneweide wohnhaft sind auch <strong>die</strong> NeonaziaktivistInnen<br />
Kaled Hassan, Uwe Dreisch, Anja Hahn, Deborah Lück (vormals aus Königs<br />
Wusterhausen), Schein-Aussteiger Marco Oemus und bis zu seinem<br />
Haftantritt der mehrfach verurteilte Schläger René Theobald.<br />
Dass <strong>die</strong>se hohe personelle Dichte von mehr oder minder organisierten<br />
Neonazis auch vor Ort nicht nur durch Propaganda deutlich wird, zeigt<br />
sich immer wieder beim alljährlichen „Fest für Demokratie“ am Bahnhof<br />
Schöneweide. Allerdings nimmt <strong>die</strong> Qualität rechter Gegenaktivitäten<br />
mit den Jahren spürbar ab. Waren 2005 und 2006 noch angemeldete<br />
Gegenkundgebungen durchgeführt worden, reduzierten sich 2007 <strong>die</strong><br />
Aktivitäten <strong>auf</strong> das Ausspähen der BesucherInnen und VeranstalterInnen<br />
durch Sebastian Schmidtke und andere „Freien Kräfte“. Ähnlich verhielt<br />
es sich 2008. Allerdings führten zusätzlich Andreas Thürmann, Bengt<br />
Bolle und 14 weitere Neonazis eine geschlossene Veranstaltung in der<br />
Neonazi-Kneipe Ostend durch.<br />
Zudem bescheinigen <strong>die</strong> Ergebnisse der Abgeordnetenhauswahl 2006<br />
Schöneweide mit bis zu 14,4 Prozent Stimmenanteile eine hohe NPD-<br />
Wählerdichte. Diese wurde nur noch durch den Ortsteil Altglienicke<br />
getoppt, in dessen Stimmbezirk 326 19,8 Prozent der WählerInnen bei<br />
der NPD ihr Kreuz machten. Hier sind vermehrt Neonazi-Aufkleber und<br />
-Sprühereien zu finden. Verantwortlich für das hohe Aufkommen von Neonazi-Propaganda<br />
ist hier in erster Linie <strong>die</strong> Clique um Marcel Königsberger,<br />
der hauptsächlich im angrenzenden Rudow politisch aktiv ist.<br />
Infrastruktur<br />
Extrem rechte Infrastruktur im Bezirk hat seit der letzten Ausgabe der<br />
„<strong>Fight</strong>-<strong>Back</strong>“ eine wechselvolle Geschichte hinter sich.<br />
Bereits im August 2006 schloss der Neonaziladen Parzifal (Marienstraße/<br />
Ortsteil Ober-Schöneweide) nach einer lediglich einjährigen Verk<strong>auf</strong>sphase<br />
überraschend. Betrieben wurde das Geschäft von Alexander Willibald<br />
Bahls, Inhaber waren Phillip Schlaffer und Ingo Kn<strong>auf</strong> aus Wismar. Nach<br />
der spontanen Räumung und Schließung des Geschäfts überfiel Bahls am<br />
5. Oktober 2006 zusammen mit zwei weiteren Tätern Schlaffer in dessen<br />
Wohnung. Bahls wurde deswegen im <strong>Mai</strong> 2007 zu einer mehrjährigen<br />
Haftstrafe verurteilt. Der Laden blieb geschlossen.<br />
Im November 2007 eröffnete in Baumschulenweg das Bekleidungsgeschäft<br />
Landskamp (Baumschulenstraße), das exklusiv <strong>die</strong> damals neue<br />
Marke Erik and Sons vertrieb. Diese arbeitet ganz ähnlich wie Thor Steinar<br />
mit zweideutiger nordischer Symbolik. So ist im Logo von Erik and Sons<br />
<strong>die</strong> Naudhiz-Rune verarbeitet, <strong>die</strong> unter anderem für „Widerstand“ steht.<br />
Der Vertrieb erfolgt aus Königs Wusterhausen. Geschäftsführer ist hier<br />
Udo Siegmund, der früher als Mitarbeiter <strong>die</strong> Webseite von Thor Steinar<br />
betreut hat und im Zusammenhang mit einem Neonazi-Konzert 2005 in<br />
Schweden <strong>auf</strong>fiel. Anfänglich wurde Erik and Sons ausschließlich über diverse<br />
Neonazi-Versände angeboten, mittlerweile ist <strong>die</strong> Marke aber fester<br />
Bestandteil im NPD-eigenen Deutsche Stimme-Versand. Ende Dezember<br />
war es jedoch schon aus mit dem neuen rechten Bekleidungsgeschäft in<br />
Baumschulenweg. Der Laden war nicht angemeldet und wurde <strong>auf</strong> Veranlassung<br />
des Gewerbeamtes geschlossen.<br />
Mitarbeiter im Landskamp Thomas Markgraf „Monty“<br />
Paul Barrington Andreas Thürmann<br />
fight.back Nr.4 - <strong>2009</strong><br />
Veränderungen gab es auch im Kneipenmilieu. Der Berlinweit genutzte<br />
Treffpunkt Spreehexe, der seit Ende 20<strong>04</strong> größtenteils von Gästen aus<br />
dem Kameradschaftsspektrum frequentiert worden war und als Treffpunkt<br />
für gemeinsame Anfahrten zu Aktionen, allgemeiner Rückzugsraum<br />
für lokale Neonazis und Ausgangspunkt von rechten Übergriffen <strong>die</strong>nte,<br />
schloss im Jahr 2006 und wurde noch im Oktober versteigert.<br />
Spätestens seit Sommer 2007 gilt das Ostend am Kaisersteg in Nieder-<br />
Schöneweide (Hasselwerderstraße) als neuer bevorzugter Treffpunkt für<br />
Neonazis aus Treptow-Köpenick aber auch Rudow. Betrieben wird <strong>die</strong><br />
Kneipe von Rainer Hoffmann. Vermutlich im Juli 2007 fand in <strong>die</strong>ser ein<br />
Neonazi-Konzert im kleineren Rahmen statt, das neben örtlichen Neonazis<br />
wie Markus Loszczinsky auch von mehreren Rudower AktivistInnen<br />
besucht worden war. Zudem <strong>die</strong>nte <strong>die</strong> Kneipe als Anl<strong>auf</strong>punkt vor und<br />
nach rechten Aktionen und es fanden mehrere interne Veranstaltungen<br />
statt, zuletzt am 27. September 2008 als Andreas Thürmann als Verantwortlicher<br />
eine interne Gegenveranstaltung zum „Fest für Demokratie“ am<br />
Bahnhof Schöneweide durchführte. Seit Ende 2008 ist das Ostend jedoch<br />
geschlossen. Es ist unklar, ob es seine Pforten wieder öffnen wird.<br />
Ein weiterer beliebter Anl<strong>auf</strong>punkt für Neonazis ist <strong>die</strong> Kneipe Balla-Balla<br />
in der Spreestraße, ebenfalls in Nieder-Schöneweide.<br />
Seit einigen Monaten entwickelt sich <strong>die</strong> Kneipe Zum Henker in der B<strong>rücken</strong>straße<br />
zum Treffpunkt der Berliner Neonaziszene. Zunächst waren<br />
mehr Aufkleber sichtbar, es gab erste Beschwerden über volksverhetzende<br />
Parolen, <strong>die</strong> vom Publikum des Henkers gerufen wurden. Mittlerweile<br />
ist klar, dass es sich um einen Treffpunkt nicht nur der Schöneweider<br />
Neonazis handelt. Am 21. <strong>Mai</strong> <strong>2009</strong> (Himmelfahrt) fand im Henker<br />
eine Party statt, bei der Neonazis aus Neukölln, Marzahn-Hellersdorf,<br />
Lichtenberg, Treptow-Köpenick und Teltow-Fläming anwesend waren.<br />
Die Internetseite des Henkers ist <strong>auf</strong> Paul Barrington angemeldet. Der<br />
Treptower war für <strong>die</strong> Internetseite www.SS88.de verantwortlich, worfür er<br />
zu sieben Monaten Haft <strong>auf</strong> Bewährung verurteilt wurde und ist eng mit<br />
dem Neonazi Sebastian Dahl befreundet, der wegen Mordversuch eine<br />
5jährge Haftstrafe verbüsst (siehe Artikel „Knast und Justiz“). Außerdem<br />
war Barrington 2002 an einem Übergriff <strong>auf</strong> einen linken Jugendlichen in<br />
Potsdam beteiligt.<br />
Eine undurchschaubare Mischszene hat sich in Oberschöneweide um<br />
den Klub Dark7side in den Spreehöfen etabliert. Das Berliner Gremium<br />
MC Chapter Darkside wird von ehemaligen FAP-Aktivisten um u.a. Percy<br />
Sauer und Lars Burmeister dominiert. Der Neonazisänger Burmeister<br />
war Mitbetreiber des nunmehr geschlossenen Klub Asgard der u.a.<br />
Neonazi Konzerte organisierte und Sitz des Gremium Chapters war. Der<br />
Klub Dark7side bietet heute neben teils extrem rechter Metall-Musik und<br />
Rockertreffen auch „kieznahe Aktivitäten“, so ein Familiensommerfest<br />
wie das Spreehöfefest 2007.<br />
Als Betreiber des Klubs Darkside, trat hier offiziell das Musik - Design und<br />
Management (MDM) <strong>auf</strong>, bzw. ein Berlin Metal Thunder e.V. in Gründung.<br />
Man habe gar einen sozialarbeiterischen Anspruch und verkündet: „mit<br />
der tatkräftigen Unterstützung des Bikerklub‘s MC Gremium 7 sind wir<br />
bereit, <strong>die</strong>ses in unserem Kiez durchzuführen“. (Zitat: Dörferblick 2007).<br />
Ansprechpartner war hier Robert Lange und Conny Kittscher von MDM.<br />
Unter MDM trat eine gleichnamige Konzertagentur (mdm konzerte) bzw.<br />
Booking-Agentur (mdm berlin) <strong>auf</strong>. Skepsis ist hier für AntifaschistInnen<br />
Deborah Lück Anja Hahn Danny Leszinski Michael Koth<br />
Sebastian Schmidtke Markus Loszczinsky Alexander Meurer Kaled Hassan