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Lehrergehaltssysteme – ein internationaler Vergleich - ibw

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<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, November/Dezember 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

KURT SCHMID<br />

<strong>Lehrergehaltssysteme</strong> <strong>–</strong> <strong>ein</strong><br />

<strong>internationaler</strong> <strong>Vergleich</strong><br />

In der medialen Öffentlichkeit wird der Berufsstand der<br />

Lehrer meist unter den Aspekten Arbeitszeit bzw.<br />

Lehrergehälter wahrgenommen. Vorrangig wird dabei<br />

auf deren, im <strong>Vergleich</strong> zu anderen Beschäftigtengruppen,<br />

angeblich vorteilhafte Position bzw. „Sonderregelungen“<br />

verwiesen. Dieser Beitrag thematisiert die<br />

Gehaltsstrukturen der Lehrer im internationalen <strong>Vergleich</strong>.<br />

In wie weit unterscheidet sich das Gehaltssystem<br />

österreichischer LehrerInnen von jenen ihrer<br />

internationalen KollegInnen? Ein Folgeartikel in den<br />

nächsten <strong>ibw</strong>-Mitteilungen wird sich dem Thema<br />

„leistungsbezogene Gehaltsanteile“ für LehrerInnen,<br />

ebenfalls aus <strong>ein</strong>er internationalen Perspektive betrachtet,<br />

widmen.<br />

Das österreichische<br />

Lehrergehaltssystem<br />

Während der letzten 30 Jahre ist die Grundstruktur des<br />

österreichischen Lehrergehaltssystems im Wesentlichen<br />

unverändert geblieben. Grundsätzlich werden<br />

Lehrer entsprechend ihrer Qualifikation (formale<br />

Ausbildung) <strong>ein</strong>er Besoldungsgruppe zugeordnet. Die<br />

Gehaltshöhe bemisst sich aus dieser Einstufung und<br />

dem Dienstalter (gesetzlich garantierte Vorrückungen<br />

in zweijährigen Intervallen <strong>–</strong> Biennien; auch als Grundlaufbahn<br />

bezeichnet). Da k<strong>ein</strong>e formale Überprüfung/<br />

Evaluierung der Berufserfahrung durchgeführt wird,<br />

stellen die Biennien <strong>ein</strong>e „klassische“ Senioritätsentlohnung<br />

dar.<br />

� Lehrer mit Beamtenstatus werden anhand ihrer<br />

formalen Ausbildung <strong>ein</strong>er sogenannten Verwendungsgruppe<br />

zugeteilt. Jede Verwendungsgruppe<br />

besteht aus Gehaltsstufen mit gesetzlich garantierten<br />

Vorrückungen. Zum Gehalt dieser Grundlaufbahn<br />

tritt sofort mit Übernahme hervorgehobener<br />

Verantwortung <strong>ein</strong>e angemessene Funktionszulage<br />

hinzu.<br />

� Vertragsbedienstete Lehrer werden ebenfalls anhand<br />

ihrer formalen Ausbildung sogenannten Ent-<br />

1<br />

lohnungsgruppen zugeordnet. Diese bestehen aus<br />

Entlohnungsstufen mit ebenfalls zweijährigen<br />

gesetzlich garantierten Vorrückungen.<br />

Die konkrete monetäre Ausgestaltung der Besoldungsgruppe<br />

sowie das Ausmaß der Biennen (Vorrückung in<br />

die nächsthöhere Gehalts- bzw. Entlohnungsstufe)<br />

variiert zwischen Lehrern mit Beamtenstatus und vertragsbediensteten<br />

Lehrern. Der Unterschied zwischen<br />

diesen beiden arbeitsrechtlichen Einstufungen ist auch<br />

hinsichtlich der Beschäftigungssicherheit (Kündigungsmöglichkeiten)<br />

bedeutend, wenngleich in der Realität<br />

auch Kündigungen von Vertragsbediensteten nur<br />

schwer durchzuführen sind.<br />

Eine Besonderheit des österreichischen Systems ist die<br />

Unterscheidung zwischen Bundes- und Landeslehrern 1 .<br />

Diese Unterscheidung korrespondiert überwiegend mit<br />

den beiden Ausbildungsvarianten für Lehrer (Ausbildung<br />

in Pädagogischen Akademien & Lehramtsprüfung<br />

=> „Landeslehrer“ versus universitäre Ausbildung<br />

& akademischer Abschluss => „Bundeslehrer“)<br />

2 . Gegenwärtig sind knapp 115.000 LehrerInnen<br />

(exklusive der LehrerInnen an land- u. forstwirtschaftlichen<br />

Schulen sowie der LehrerInnen an den berufsbildenden<br />

Pflichtschulen) beschäftigt. 65% (bzw. knapp<br />

75.000 LehrerInnen) sind LandeslehrerInnen (vgl.<br />

parlamentarische Korrespondenz 2003).<br />

1 LandeslehrerInnen sind die von den Ländern angestellten<br />

Lehrer an folgenden Schulen: allgem<strong>ein</strong> bildende Pflichtschulen<br />

(Volks-, Haupt-, Sonderschulen und Polytechnische<br />

Schulen), berufsbildende Pflichtschulen (kaufmännische,<br />

gewerbliche und hauswirtschaftliche Berufsschulen)<br />

sowie land- und forstwirtschaftliche Berufs- und<br />

Fachschulen.<br />

BundeslehrerInnen sind die vom Bund angestellten Lehrer<br />

(praktisch die Lehrer in der ABMHS <strong>–</strong> allgem<strong>ein</strong>- u.<br />

berufsbildende mittlere und höhere Schulen).<br />

2 „Überwiegend“ deshalb, da in der BMHS sowie den<br />

Berufsschulen der Zugang zum Lehrerberuf auch über<br />

andere Schienen erfolgen kann (berufsbegleitende<br />

Lehrerbildung in den fachpraktischen Gegenständen).


<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, November/Dezember 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

Der aktuelle Monatsbezug der Lehrer besteht aus dem<br />

Gehalt und allfälligen Zulagen (Vorrückungssystem<br />

mit Funktionszulagen). Zum Gehalt der Grundlaufbahn<br />

tritt sofort mit Übernahme hervorgehobener<br />

Verantwortung <strong>ein</strong>e Funktionszulage hinzu. Funktionen<br />

in diesem Zusammenhang sind nicht nur Managementfunktionen,<br />

sondern auch andere hoch bewertete<br />

Arbeitsplätze, die Spezialistenwissen erfordern. Die<br />

Höhe der Funktionszulage wird durch die Zuordnung<br />

des Arbeitsplatzes zu <strong>ein</strong>er der Funktionsgruppen<br />

(Arbeitsplatzwertigkeit) und durch die Funktionsstufe<br />

(an das Dienstalter anknüpfende Erfahrungskomponente)<br />

bestimmt. Nach wie vor besteht zu jeder Verwendungs-<br />

bzw. Entlohnungsgruppe <strong>ein</strong>e Zuordnung<br />

nach dem Vorbildungsprinzip.<br />

Das Besoldungsrecht der Beamten und Vertragsbediensteten<br />

kennt <strong>ein</strong>e Reihe von Nebengebühren.<br />

Dabei handelt es sich um Bezüge, die zeitliche<br />

Mehrleistungen (etwa in Form von Überstunden oder<br />

Journaldiensten) oder besondere Umstände des Dienstes<br />

(Gefahren, Erschwernisse) abgelten, weiters um<br />

Aufwandersätze (etwa für den Mehraufwand im<br />

Rahmen von Dienstreisen) oder um Leistungen mit<br />

Belohnungscharakter. Zur letzten Kategorie gehört die<br />

Belohnung 3 selbst, die nach Maßgabe vorhandener<br />

Mittel für besondere Leistungen oder aus sonstigen<br />

besonderen Anlässen gezahlt werden kann und die<br />

Jubiläumszuwendung, <strong>ein</strong>e Treueprämie für 25- bzw.<br />

40-jährige Dienste.<br />

Internationaler <strong>Vergleich</strong><br />

der Grundstrukturen<br />

der Lehrergehälter<br />

In den meisten OECD-Ländern werden Lehrer <strong>–</strong><br />

ähnlich dem österreichischen System <strong>–</strong> nach <strong>ein</strong>heitlichen<br />

Besoldungsgruppen bezahlt, wobei das<br />

Gehalt von der Qualifikation (formaler Bildungsabschluss)<br />

und von der Berufserfahrung des Lehrers<br />

(gemessen an der Beschäftigungsdauer) abhängt.<br />

Diese Besoldungsgruppen werden meist auf zentraler<br />

oder regionaler Ebene festgelegt. Ausnahmen bilden<br />

Finnland, Schweden, die USA und das Ver<strong>ein</strong>igte<br />

Königreich, wo die Lehrergehälter auf lokaler Ebene<br />

3 Folgende Belohnungen sind möglich:<br />

� Belohnung aus Belohnungsaktionen (max. € 436/Jahr);<br />

� Belohnung für Mitglieder des Schulgem<strong>ein</strong>schaftsausschusses;<br />

� Belohnung für verpflichtende Klassenelternabende,<br />

2<br />

oder innerhalb <strong>ein</strong>es von höherer Stelle vorgegebenen<br />

Rahmens auf Schulebene ver<strong>ein</strong>bart werden (Klös und<br />

Weiß 2003).<br />

In fast allen Ländern wird über <strong>ein</strong> Gehaltsstufensystem<br />

die grundsätzliche Steigerung der Lehrergehälter<br />

während des Berufslebens festgelegt. Überwiegend<br />

werden lineare Steigerungsstufensysteme<br />

verwendet, lediglich in <strong>ein</strong>igen osteuropäischen Ländern<br />

gibt es auch sogenannte Matrixsysteme (in derartigen<br />

Systemen ergibt sich die Gehaltsstruktur <strong>ein</strong>es<br />

Lehrers aus der Kombination mehrerer, jedoch nicht<br />

mit<strong>ein</strong>ander korrelierter/zusammenhängender Komponenten).<br />

Darüber hinaus können Lehrer in nahezu allen<br />

OECD-Ländern diverse Zulagen und „sonstige finanzielle<br />

Zuschüsse“ (Reisekostenzuschüsse, Wohnzuschüsse,<br />

Zuschüsse für Studienmaterial etc.) erhalten.<br />

Leistungsbezogene Gehaltsbestandteile („Leistungsprämien“)<br />

sind nicht sehr verbreitet. In den Ländern, die<br />

derartige variable Gehaltsbestandteile vorsehen, machen<br />

diese in der Regel nur <strong>ein</strong>en sehr geringen Anteil<br />

des gesamten Lehrerentgelts aus.<br />

Einstiegsgehälter und<br />

Einkommensentwicklung<br />

in Abhängigkeit<br />

der Beschäftigungsdauer<br />

Einstiegsgehalt<br />

In den meisten Ländern liegen die Einstiegsgehälter<br />

der Lehrer unter dem durchschnittlichen Einkommen<br />

der Gesamtbevölkerung (Indikator BIP pro Kopf) <strong>–</strong><br />

Grafik 1. Nur in Australien, Belgien (nur der Sekundarbereich<br />

II), Dänemark, Deutschland (!), Griechenland,<br />

Korea, Mexiko, Portugal, Spanien, der Schweiz und der<br />

Türkei liegen sie darüber. Dies ist deshalb auch<br />

bemerkenswert, da die Lehrerpopulation doch höhere<br />

Qualifikationen (formale Bildungsabschlüsse) als der<br />

Durchschnitt der Gesamtbevölkerung aufweisen dürfte.<br />

In 11 Ländern gibt es (praktisch) k<strong>ein</strong>e Unterschiede<br />

bei den Einstiegsgehältern differenziert nach den<br />

Bildungsbereichen. Relativ geringe Unterschiede gibt<br />

es in 10 Ländern (inkl. Österreich), relativ große<br />

Unterschiede in 8 Ländern.


GRAFIK 1:<br />

Anfangsgehalt / BIP pro Kopf<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

Australien<br />

Quelle: OECD (2003); <strong>ibw</strong>-Berechnungen<br />

Gehaltsentwicklung<br />

während des Berufslebens<br />

<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, November/Dezember 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

Primarbereich<br />

Sekundarbereich I<br />

Sekundarbereich II<br />

Belgien<br />

Tschechische Rep.<br />

Deutliche Unterschiede gibt es zwischen den Ländern<br />

hinsichtlich der Steigerungsdynamik der Lehrergehälter<br />

während des Berufslebens (Indikator: Verhältnis des<br />

Höchstgehaltes bezogen auf das Anfangsgehalt). In<br />

der Tabelle 1 haben die Schulbereiche der Länder, die<br />

rot <strong>ein</strong>gefärbt sind, <strong>ein</strong> um mindestens zwei Drittel<br />

höheres Maximalgehalt <strong>–</strong> verglichen mit dem jeweiligen<br />

Anfangsgehalt. Die gelbe Formatierung zeigt die<br />

Schulbereiche der Länder, deren Höchstgehalt maximal<br />

um <strong>ein</strong> Drittel höher als das jeweilige Anfangs-<br />

Lehreranfangsgehalt / BIP pro Kopf<br />

3<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Deutschland<br />

Griechenland<br />

Ungarn<br />

Island<br />

Irland<br />

Italien<br />

Japan<br />

Korea<br />

Mexiko<br />

Niederlande<br />

Neuseeland<br />

Norwegen<br />

Portugal<br />

Slowakische Rep.<br />

Spanien<br />

Schweden<br />

Schweiz<br />

gehalt ist. Die orange Formatierung ist der Zwischenbereich,<br />

in dem das Höchstgehalt der Lehrer zwischen<br />

<strong>ein</strong>em und zwei Drittel höher als das Anfangsgehalt ist.<br />

Österreich gehört in die Kategorie jener Länder, deren<br />

Gehaltsschemata die stärkste implizite Einkommensdynamik<br />

zugrunde liegt (in etwa <strong>ein</strong>e Verdoppelung).<br />

Zusätzlich ist in der Tabelle auch noch die Anzahl der<br />

Berufsjahre ausgewiesen, bis man das Höchstgehalt<br />

erreicht. Hier gehört Österreich zur Kategorie der<br />

Länder, in denen erst sehr spät im Berufsleben das<br />

maximale Einkommen erzielt wird (erst nach 34<br />

Jahren).<br />

USA


TABELLE 1:<br />

<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, November/Dezember 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

Verhältnis des Höchstgehaltes zum Anfangsgehalt der Lehrer<br />

Jahre bis zum<br />

Primarbereich Sekundarbereich I Sekundarbereich II Höchstgehalt<br />

Australien 1,42 1,42 1,42 10<br />

Österreich 2,00 2,08 2,13 34<br />

Belgien (fläm.) 1,59 1,71 1,73 27<br />

Belgien (frz.) 1,64 1,73 1,76 27<br />

Tschechische Rep. 1,72 1,72 1,73 32<br />

Dänemark 1,13 1,13 1,42 8<br />

England 1,58 1,58 1,58 8<br />

Finnland 1,42 1,45 1,49 20<br />

Frankreich 1,98 1,89 1,89 34<br />

Deutschland 1,30 1,28 1,28 28<br />

Griechenland 1,46 1,46 1,46 33<br />

Ungarn 1,92 1,92 1,92 40<br />

Island 1,15 1,15 1,39 18<br />

Irland 1,83 1,76 1,76 22<br />

Italien 1,46 1,49 1,56 35<br />

Japan 2,41 2,41 2,48 31<br />

Korea 2,72 2,73 2,73 37<br />

Mexiko 2,18 2,15 14<br />

Niederlande 1,44 1,53 2,01 22<br />

Neuseeland 1,93 1,93 1,93 7<br />

Norwegen 1,23 1,23 1,23 28<br />

Portugal 2,67 2,67 2,67 26<br />

Schottland 1,60 1,60 1,60 11<br />

Slowakische Rep. 1,43 1,57 1,74 27<br />

Spanien 1,46 1,45 1,45 39<br />

Schweden 1,33 1,33 1,29 a<br />

Schweiz 1,57 1,56 1,51 24<br />

Türkei 1,73 1,80 27<br />

Ver<strong>ein</strong>igte Staaten 1,77 1,73 1,73 m<br />

Ländermittel 1,66 1,67 1,70 25<br />

Quelle: OECD (2003); <strong>ibw</strong>-Berechnungen<br />

Aus der Kombination Einkommenssteigerung (Höchstgehalt<br />

in Bezug zum Anfangsgehalt) und dem Zeitpunkt<br />

des Berufslebens, zu dem man das höchste Einkommen<br />

erzielt, lassen sich „hypothetische“ Einkommensprofile<br />

generieren. Diese Profile zeigen nicht<br />

die wirkliche Einkommensentwicklung auf (da ja die<br />

Gehälter infolge der Inflationsanpassungen sich verändern),<br />

sondern zeigen „nur“ die den Besoldungs-<br />

4<br />

schemata zugrundeliegende Einkommensdynamik (und<br />

die dadurch implizierte monetäre Anreizwirkung). Anhand<br />

der Grafiken 2a und b ist deutlich zu erkennen,<br />

dass die Gehaltsschemata der Ländern sehr unterschiedlich<br />

strukturiert sind. Innerhalb <strong>ein</strong>es Landes gibt<br />

es aber praktisch k<strong>ein</strong>e wesentlichen strukturellen<br />

Unterschiede der Gehaltsschemata zwischen den<br />

Schulbereichen.


GRAFIK 2a:<br />

Jahresgehalt in US-$<br />

70.000<br />

65.000<br />

60.000<br />

55.000<br />

50.000<br />

45.000<br />

40.000<br />

35.000<br />

30.000<br />

25.000<br />

20.000<br />

Quelle: OECD (2003); <strong>ibw</strong>-Berechnungen<br />

<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, November/Dezember 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

Hypothetische Einkommensprofile<br />

im Primarbereich<br />

15.000<br />

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39<br />

Berufsjahre<br />

5<br />

Australien<br />

Österreich<br />

Belgien (fläm.)<br />

Belgien (frz.)<br />

Dänemark<br />

England<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Deutschland<br />

Griechenland<br />

Irland<br />

Italien<br />

Japan<br />

Korea<br />

Niederlande<br />

Neuseeland<br />

Norwegen<br />

Portugal<br />

Schottland<br />

Spanien<br />

Schweden<br />

Schweiz<br />

Ver<strong>ein</strong>igte Staaten


GRAFIK 2b:<br />

Jahresgehalt in US-$<br />

70.000<br />

65.000<br />

60.000<br />

55.000<br />

50.000<br />

45.000<br />

40.000<br />

35.000<br />

30.000<br />

25.000<br />

20.000<br />

Quelle: OECD (2003); <strong>ibw</strong>-Berechnungen<br />

<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, November/Dezember 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

Tabelle 2 stellt anhand <strong>ein</strong>es groben Rasters <strong>ein</strong>e<br />

Länderzuordnung zu idealtypischen „Kategorien“ entlang<br />

der Dimensionen Einstiegsgehalt, Zeitpunkt zudem<br />

das höchste Gehalt erzielt wird, und Gehalt am<br />

Ende der Berufslaufbahn dar.<br />

Man erkennt, dass die Höhe des Anfangsgehaltes<br />

praktisch nicht korreliert ist, mit dem Zeitpunkt zudem<br />

das höchste Gehalt erzielt wird. Auch in Bezug auf die<br />

Höhe des Endgehaltes lässt sich k<strong>ein</strong> <strong>ein</strong>deutiger<br />

Zusammenhang mit dem Anfangsgehalt bzw. mit dem<br />

Zeitpunkt, zudem das höchste Gehalt erzielt wird,<br />

erkennen.<br />

Hypothetische Einkommensprofile<br />

in der Sekundarstufe I<br />

15.000<br />

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39<br />

Berufsjahre<br />

6<br />

Australien<br />

Österreich<br />

Belgien (fläm.)<br />

Belgien (frz.)<br />

Dänemark<br />

England<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Deutschland<br />

Griechenland<br />

Irland<br />

Italien<br />

Japan<br />

Korea<br />

Niederlande<br />

Neuseeland<br />

Norwegen<br />

Portugal<br />

Schottland<br />

Spanien<br />

Schweden<br />

Schweiz<br />

Ver<strong>ein</strong>igte Staaten<br />

Ländermittel<br />

Österreich hat relativ niedrige Einstiegsgehälter, liegt<br />

aber im oberen Bereich bei den Maximalgehältern<br />

(praktisch identisch mit Deutschland bei den Maximalbezügen;<br />

deutsche Lehrer haben aber deutlich höhere<br />

Einstiegsgehälter). Österreich weist damit <strong>ein</strong>e der<br />

höchsten Einkommensdynamiken auf. Nur in Japan<br />

und Korea steigen die Jahresgehälter im Zeitablauf<br />

noch stärker an. In der Schweiz ist <strong>ein</strong>e ähnlich ausgeprägte<br />

Einkommensdynamik zu beobachten, wenngleich<br />

dort die Lehrer durchgängig höher entlohnt sind.


TABELLE 2:<br />

<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, November/Dezember 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

Idealtypische Lehrergehaltsschemata (für die Sekundarstufe I) international<br />

Zeitpunkt des<br />

Land Anfangsgehalt Höchstgehalts Endgehalt<br />

Schweiz mittel hoch<br />

hoch<br />

Deutschland spät hoch<br />

Australien<br />

Ver<strong>ein</strong>igte Staaten<br />

früh<br />

mittel<br />

Dänemark niedrig<br />

Niederlande<br />

Korea<br />

Spanien<br />

Italien<br />

mittel<br />

mittel<br />

spät<br />

mittel<br />

hoch<br />

mittel<br />

Norwegen niedrig<br />

England mittel<br />

Neuseeland<br />

Schottland<br />

Schweden<br />

Portugal hoch<br />

Belgien (fläm.)<br />

Belgien (frz.)<br />

Irland<br />

Ländermittel<br />

Finnland<br />

Island<br />

Österreich<br />

Frankreich<br />

Japan<br />

Tschechische Rep.<br />

Griechenland<br />

Ungarn<br />

Slowakische Rep.<br />

Quelle: OECD (2003); <strong>ibw</strong>-Berechnungen<br />

niedrig<br />

Aus der vorhergehenden Darstellung der gesetzlichen<br />

(bzw. vertraglichen) Grundstrukturen der Lehrergehaltsschemata<br />

lässt sich aber <strong>ein</strong>e wichtige Schlussfolgerung<br />

ziehen. In vielen Ländern dürfte die hohe Bedeutung<br />

der Senioritätskomponente am gesamten<br />

Lehrergehalt eng in Zusammenhang mit der spezifischen<br />

Bewertungsproblematik (wie misst man die<br />

Leistung <strong>ein</strong>es Lehrers?) und den flachen schulischen<br />

Hierarchien stehen. Unter diesen Bedingungen ist es<br />

aus effizienzlohntheoretischer Sicht durchaus sinnvoll,<br />

Motivation durch Lohnsteigerungen in Abhängigkeit der<br />

Betriebszugehörigkeit zu „schaffen“. Der Effekt wird<br />

durch den sogenannten Teilausgleich erzielt, bei dem<br />

die Entlohnung zu Beginn des Arbeitsverhältnisses<br />

geringer <strong>–</strong> nach langer Betriebszugehörigkeit aber hö-<br />

7<br />

früh<br />

mittel<br />

spät<br />

niedrig<br />

mittel<br />

niedrig<br />

hoch<br />

niedrig<br />

her als das Produktivitätsniveau des Arbeitnehmers ist.<br />

Dass dies in zumindest <strong>ein</strong>igen Ländern der Fall s<strong>ein</strong><br />

dürfte, zeigt auch, das in vielen Fällen relativ (verglichen<br />

mit der Gesamtbevölkerung <strong>–</strong> vgl. Grafik 1)<br />

niedrige Einstiegsgehaltsniveau der Lehrer. Österreich<br />

kann hierfür als „Paradebeispiel“ herangezogen werden.<br />

Eine andere Sichtweise würde die in mehreren Ländern<br />

feststellbare hohe Einkommenssteigerungsdynamik der<br />

Lehrergehälter eher durch politische Argumente (starke<br />

Lehrer-Gewerkschaften) im Sinne partikulärer Interessensvertretung<br />

erklären. Auch hierfür kann Österreich,<br />

zumindest nach M<strong>ein</strong>ung etlicher Kommentatoren, als<br />

„Paradebeispiel“ dienen.


Zusätzliche Komponenten<br />

des Lehrergehaltes<br />

<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, November/Dezember 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

Die bisherigen Aussagen bezogen sich auf die<br />

gesetzlich bzw. vertraglich festgelegten Gehaltsstrukturen.<br />

In allen OECD-Ländern wird das Lehrergehalt<br />

aber noch durch zusätzliche Komponenten be<strong>ein</strong>flusst,<br />

die unabhängig von der Beschäftigungsdauer<br />

der Lehrer sind.<br />

� Zulagen zum Grundgehalt:<br />

In nahezu allen OECD-Ländern können Lehrer diverse<br />

Zulagen erhalten (vgl. Tabelle 1 im Anhang). Am<br />

häufigsten sind Zulagen für die Übernahme von Verwaltungsfunktionen<br />

zusätzlich zur Lehrverpflichtung.<br />

Eine finanzielle Belohnung für herausragende Unterrichtsleistungen<br />

gibt es in <strong>ein</strong>em Drittel der Länder. Nur<br />

in der tschechischen Republik und im UK sind sie<br />

etwas Alltägliches. In <strong>ein</strong>igen Fällen basieren Gehaltszulagen<br />

auf von höherer Stelle festgelegten fixen<br />

Kriterien, in anderen hat die Schule selbst <strong>ein</strong>en<br />

Ermessungsspielraum. Darüber hinaus sagt die r<strong>ein</strong>e<br />

Anzahl an möglichen Zulagen nichts über die monetäre<br />

Bedeutung der Zulagen (ihren Anteil am Gesamtgehalt<br />

<strong>ein</strong>es Lehrers) aus. Leider gibt es diesbezüglich nur<br />

sehr spärliche Informationen. In Finnland, Japan,<br />

Spanien, der Tschechischen Republik und den USA<br />

liegen die Zulagen zwischen 15 und 30% für Primarlehrer<br />

und 25 bis 80% für Lehrer der Sekundarstufe II<br />

(allgem<strong>ein</strong>bildende Schulen) 4 .<br />

� Lehrerfortbildung als Einflussfaktor des Lehrergehalts<br />

In den meisten Staaten werden die Fortbildungsaktivitäten<br />

von Lehrern nur bei der Beförderung als <strong>ein</strong><br />

mögliches Bewertungskriterium herangezogen (d.h. sie<br />

sind oftmals <strong>ein</strong> notwendiges, jedoch k<strong>ein</strong> hinreichendes<br />

Kriterium der Beförderung). Lediglich formale<br />

Höherqualifizierung weist meistens <strong>ein</strong>en engeren Be-<br />

4 OECD 2000. Länder mit <strong>ein</strong>em ausgebauten Zulagensystem<br />

(welches auch monetär <strong>ein</strong>en nennenswerten<br />

Anteil der Lehrergehälter umfasst) sollten dann aber <strong>ein</strong>e<br />

eher geringere Senioritätskomponente aufweisen. Setzt<br />

man die Indikatoren der Gehaltsschemata in Beziehung<br />

zur Anzahl der möglichen Zulagen, dann zeigt sich<br />

jedoch, dass k<strong>ein</strong> <strong>ein</strong>deutiger Zusammenhang festgestellt<br />

werden kann. So hat beispielsweise Finnland zwar nur<br />

relativ moderate Lehrergehälter bei gleichzeitig relativ<br />

vielen Zulagen. Im Gegensatz dazu hat aber die Schweiz<br />

mit ihren sehr hohen Lehrergehältern (und der sehr ausgeprägten<br />

Einkommenssteigerungsdynamik) ebenfalls relativ<br />

viele Zulagen. Ohne präzisere Daten zur monetären<br />

Bedeutung der Zulagen lassen sich jedoch hinsichtlich der<br />

hier aufgeworfenen Fragestellung k<strong>ein</strong>e relevanten<br />

Aussagen treffen.<br />

8<br />

zug zu Beförderungsmöglichkeiten (Gehalt und berufliche<br />

Stellung) auf. Die wenigen Länder, in denen Fortbildung<br />

<strong>ein</strong>en direkten Bezug zum Lehrergehalt hat,<br />

sind Spanien, Portugal, Luxemburg, Schottland, die<br />

Niederlande sowie die USA.<br />

Zusammengefasst kann also festgehalten werden,<br />

dass das österreichische Lehrergehaltsschema in s<strong>ein</strong>er<br />

grundsätzlichen Ausgestaltung denjenigen der<br />

meisten anderen Länder entspricht: Zuordnung zu<br />

<strong>ein</strong>er Besoldungsgruppe aufgrund der Vorbildung des<br />

Lehrers in Kombination mit Senioritätsentlohnung sowie<br />

praktisch k<strong>ein</strong>e outputorientierten Gehaltsbestandteile.<br />

Als variable Gehaltsbestandteile im weiteren Sinne<br />

können eigentlich nur die Funktionszulagen und die<br />

Leistungen mit Belohnungscharakter angesehen werden.<br />

Variable Gehaltsbestandteile als expliziter Leistungsanreiz<br />

im Sinne <strong>ein</strong>er outputorientierten Bewertung<br />

stellt nur die Belohnung aus Belohnungsaktionen<br />

dar. Wie schon der Name nahe legt, hat diese jedoch<br />

sowohl aufgrund des Gesamtumfanges und der Vergabemodalitäten<br />

5 als auch infolge der maximalen Höhe<br />

für den individuellen Lehrer (vgl. Fußnote 3) weder <strong>ein</strong>e<br />

nennenswerte Bedeutung für die Gehaltsstruktur per se<br />

noch stellt sie <strong>ein</strong>en wirklich monetären Anreiz für den<br />

Einzellehrer dar. Ein Folgeartikel in den nächsten <strong>ibw</strong>-<br />

Mitteilungen wird sich dem Thema „leistungsbezogene<br />

Gehaltsanteile“ für Lehrer, ebenfalls aus <strong>ein</strong>er internationalen<br />

Perspektive betrachtet, widmen.<br />

Ein zusätzlicher wichtiger Aspekt in Bezug auf die Anreizwirkung<br />

<strong>ein</strong>es Gehaltsschemas ist dessen Widerspiegelung<br />

bzw. Verquickung mit der Aufbauorganisation,<br />

d.h. der schulischen Hierarchie. Diese ist in Österreich<br />

sehr flach gestaltet. Neben der Schulleitung gibt<br />

es nur <strong>ein</strong>e administrative Zwischenebene: die Abteilungs-<br />

bzw. Fachvorstände 6 . Schulexterne Karrieremöglichkeiten<br />

stellen die Beschäftigung als Schulinspektor<br />

(bei den Landes-/ Stadtschulräten) sowie in<br />

Institutionen der Lehrererstausbildung und -fortbildung<br />

(meistens ist dies jedoch nur auf Teilzeitbasis möglich<br />

und daher eher als zusätzliche Arbeitsbelastung denn<br />

als Karriere anzusehen) dar.<br />

5 Vergabemodalität für <strong>ein</strong>e Belohnung aus der Belohnungsaktion:<br />

Bestätigung <strong>ein</strong>er exzeptionellen Arbeitsqualität<br />

seitens <strong>ein</strong>es Schulinspektor, des Klassenvorstandes,<br />

des Abteilungs-/Fachvorstandes oder <strong>ein</strong>er speziellen<br />

Kommission.<br />

6 Klassenvorstände können eigentlich nicht als <strong>ein</strong>e eigene<br />

Hierarchieebene angesehen werden, das sie gegenüber<br />

ihren LehrerkollegInnen k<strong>ein</strong>e Instruktionsbefugnisse<br />

haben.


TABELLE 1:<br />

Quelle: OECD (2003)<br />

<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, November/Dezember 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

Zulagekategorien<br />

Weitere Infos zu Regelungen <strong>ein</strong>zelner Zulagenkategorien (insbesondere „Ortszulage“ sowie dem Unterricht von SchülerInnen mit besonderem Bildungsbedarf) und zu „sonstigen<br />

finanziellen Zuschüssen“ (Reisekostenzuschüsse, Wohnzuschüssen, Zuschüsse für Studienmaterial etc.) sind in Eurydice 2003 enthalten.<br />

9


Literaturverzeichnis<br />

<strong>ibw</strong>-Mitteilungen, November/Dezember 2003, Mag. Kurt Schmid<br />

Ballou Dale:<br />

„Pay for performance in public and private schools”<br />

in: Economics of Education Review 20, 2001<br />

Buerkli Christoph:<br />

„Beurteilung und Entlöhnung von Lehrpersonen”<br />

Universität Bern, mimeo April 2001<br />

Eurydice (2003):<br />

„The Teaching Profession in Europe: Profile, Trends<br />

and Concerns. Report III Working Conditions and Pay <strong>–</strong><br />

General Lower Secondary Education”<br />

Hackl Dagmar:<br />

„Attracting, Developing and Retaining Effective<br />

Teachers. Country Background Report for Austria”<br />

OECD July 2003<br />

Klös Hans-Peter, Weiß R<strong>ein</strong>hold (Hrsg.):<br />

„Bildungs-Benchmarking Deutschland. Was macht <strong>ein</strong><br />

effizientes Bildungssystem aus?“<br />

DIV Verlag, Köln 2003<br />

OECD (2003):<br />

„Education at a Glance”<br />

Parlamentarische Korrespondenz (2003):<br />

Beantwortung (684/AB XXII.GP) zur parlamentarischen<br />

Anfrage (Nr. 668/J-NR/2003) betreffend Schul- und<br />

LehrerInnendaten 2002/03.<br />

10<br />

Rechnungshof:<br />

„Besoldung der Landeslehrer“<br />

in: „Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes. Teilgebiete<br />

der Gebarung des Bundes“ Reihe Bund<br />

2003/2.<br />

Santiago Paul:<br />

„Teacher Demand and Supply: Improving Teaching<br />

Quality and Addressing Teacher Shortages”<br />

OECD Education Working Paper No.1, Dec. 2002<br />

Schratz Michael:<br />

„Study on Teachers: Attractiveness, Profile and Occupational<br />

Content of the Teaching Profession. Contextual<br />

Analysis: Austria”<br />

BMBWK October 2001<br />

Waterreus Ib:<br />

„Teacher Pay and Productivity: An International<br />

Comparison”<br />

Paper presented at the ESPE 2002 Conference in<br />

Bilbao, Spain<br />

Waterreus Ib:<br />

„Incentives in secondary education: an international<br />

comparison“<br />

Max Goote Kenniscentrum, Nov. 2001<br />

Downloadable:<br />

http://www.maxgoote.nl/files/360/Incentives.pdf

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