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Nutrition-Press

Zukunft beginnt jetzt!

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Ausgabe Nr. 7 – September 2015 · 4,95 Euro · ISSN 2195-8505<br />

www.nutrition-press.com<br />

<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Fachzeitschrift für Mikronährstoffe<br />

Dr. Uwe Greulach<br />

Die BELFRIT-Liste<br />

und die Situation<br />

in Deutschland<br />

Anna Schwarz<br />

Epigenetik –<br />

auch Gene haben<br />

ein Gedächtnis<br />

Manfred Scheffler<br />

Zukunft beginnt<br />

jetzt!<br />

Mikronährstoffe<br />

Vitalstoffe<br />

Nahrungsergänzungsmittel<br />

Hersteller und Vertriebe<br />

Die BELFRIT-Liste: Schöne euro päische<br />

Einigkeit oder doch nicht?


NEM e.V.<br />

Jetzt anno 2015 ist unser Verband bereits 9 Jahre für den<br />

Mittelstand der Gesundheitsbranche erfolgreich aktiv. Der<br />

jährliche Branchentreff – unsere Workshops für lebensmittelrechtliche<br />

und ernährungswissenschaftliche Themen<br />

und eben mittelstandsorientierte Themen – beschränkt<br />

sich nicht auf Erläuterungen, sondern setzt Maßstäbe für<br />

unsere Gesellschaft.<br />

✔<br />

Freiheit für<br />

gesunde Nahrung<br />

VORTEILE DER MITGLIEDSCHAFT / LEISTUNGSKATALOG<br />

Fachjuristen, Sachverständige, Institute, Labore, Rechtschutz kosten deutlich weniger:<br />

1. Teilnahme an NEM-Seminaren fast 50% günstiger.<br />

2. Verkehrsfähigkeitsprüfungen von Rezepturen .<br />

3. Verkehrsfähigkeitsprüfungen von Rohstoffen .<br />

4. Verkehrsfähigkeitsprüfungen von Kennzeichnungen / Etiketten.<br />

5. Verkehrsfähigkeitsprüfungen von wettbewerbsrechtlichen Fragen, Prüfungen von<br />

Werbebroschüren .<br />

6. Erstellung von Gutachten hinsichtlich lebensmittelrechtlicher Fragen, Geschäftsvertragsprüfung<br />

von Angeboten, Aufträgen, Rechnungen etc., Prüfung von Webseiten, Online-<br />

Shops etc., Prüfung von AGBs, Vertragsgestaltung Herstellungsverträge und Vertriebsverträge.<br />

7. Juristische Beratung bei Abmahnungen durch Wettbewerber, Verbraucherverbände,<br />

Behörden etc.<br />

8. Anmeldungsberatung von Health Claims.<br />

9. Anmeldungsberatung von diätetischen Lebensmitteln.<br />

10. Beratung bei gesetzlichen Verstößen, Bußgeldern, bei strafrechtlichen Fällen.<br />

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Größter europäischer<br />

Verband der Branche<br />

WERDEN SIE MITGLIED!<br />

Anmeldeformulare und Informationen über Mitgliedsbeiträge<br />

finden Sie unter: www.nem-ev.de<br />

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Vertretung für<br />

den Mittelstand<br />

NEM Verband mittelständischer europäischer Hersteller und Distributoren<br />

von Nahrungsergänzungsmitteln & Gesundheitsprodukten e. V.<br />

Horst-Uhlig-Straße 3 · D-56291 Laudert · Telefon +49 (0)6746/80298-20<br />

Telefax +49 (0)6746/80298-21 · E-Mail: info@nem-ev.de<br />

www.nem-ev.de


Editorial<br />

Die Zukunft beginnt jetzt!<br />

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />

die Zukunft beginnt natürlich jeden Tag aufs Neue. Dies<br />

natürlich auch im Gesundheitsmarkt. Die Forschung gesunder<br />

Ernährung geht ständig voran. Weltweit wimmelt es<br />

von Studien. Der Mittelstand braucht dies nur zu nutzen im<br />

Sinne eines gesunden Verbraucherschutzes.<br />

Gesundes Altern schreitet unaufhaltsam voran, ob die Zögerer,<br />

Zauderer oder Behinderer es wollen oder nicht.<br />

Warum sollten wir nicht eines Tages Methusalem mit frischem<br />

Aussehen erleben. Arbeiten wir dran!<br />

Nicht nur ständig neue Produktideen in der Ernährungskette<br />

entstehen, na klar, auch galenische Neuorientierungen<br />

nehmen ihren Platz ein.<br />

Klar doch auch rechtliche Neuerungen – durch den Mittelstand<br />

initiiert – bewegen sich nach vorn. Nahrungsergänzungsmittel<br />

müssen ja nicht alternativlos sein – ein Schelm,<br />

wer etwas Schlechtes denkt.<br />

Alles Negative wird zerbröseln und neue Energien werden<br />

mit gesundem Menschenverstand entstehen – wie Phönix<br />

aus der Asche. Altbewährtes erscheint in neuem Glanz, gebunden<br />

mit moderner Forschung.<br />

Denken Sie nur an die deutsche Energiewirtschaft. Über<br />

Nacht gab es die Wende. Weg von den Atommeilern hin zu<br />

alternativer Energie.<br />

Ein Start als Anfang für neue Gesundheitssicherheit wird<br />

sich im Gesundheitsmarkt entwickeln. Also mit anderen<br />

Worten: es wird sich hier auch vieles politisch verändern.<br />

Weg von eingefahrenen Wegen des Krankheitsmarktes<br />

(Konzerne, Krankenkassen, Politik) hin zu Prävention. Eine<br />

starke Säule des Gesundheitsmarktes<br />

sind gesunde Nährstoffe<br />

für den Menschen – wissenschaftlich<br />

belegt, bewiesen international.<br />

Persönlich habe ich gute Gespräche<br />

mit Ministerien führen können,<br />

wo wir tatsächlich ein offenes Ohr<br />

für Gesundheitsprävention gefunden<br />

haben. Wir arbeiten mit Mitgliedern<br />

des Fachbeirates an einem<br />

Gesundheitskonzept, das wir noch in diesem Jahr Entscheidern<br />

eines Ministeriums vorstellen wollen.<br />

Mittelstand und Verbraucher als strategische Einheit für die<br />

Gesundheit werden sich freuen können.<br />

Alle Behinderer von logischem Denken und Handeln werden<br />

mit offenem Mund staunen und die Klugen strahlen.<br />

Machen wir es so!<br />

Der Start in die Zukunft ist jetzt!<br />

Mit herzlichen Grüßen – und viel Gesundheit<br />

Ihr<br />

Manfred Scheffler<br />

Präsident NEM e.V.<br />

Manfred Scheffler<br />

Präsident NEM e.V.<br />

<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong> ist die offi zielle Zeitschrift des NEM e.V.<br />

Verband mittelständischer europäischer Hersteller und<br />

Distributoren von Nah rungs ergänzungsmitteln & Gesundheitsprodukten<br />

e.V.<br />

3


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Inhalt<br />

5 Die BELFRIT-Liste und die Situation in Deutschland • Dr. Uwe Greulach<br />

8 Spektroskopische Mineralienmessung<br />

Der individuelle Weg zur optimalen Vitalstoffversorgung • Ina Gutsch<br />

12 Weidenrinde – auf natürliche Weise gegen Fieber, Schmerzen und Entzündungen<br />

17 Coenzym Q10 • Cristin Meyer<br />

21 Epigenetik – auch Gene haben ein Gedächtnis • Anna Schwarz<br />

25 ORAC – die neue Qualitätsdimension • Dr. rer. nat. Cornelia Friese-Wehr<br />

30 Neuste BGH-Rechtsprechung • Dr. jur. Thomas Büttner<br />

34 Apothekenkunden • Kerstin Büttel<br />

37 Der Wert von Social-Media-Marketing für Unternehmen • Michael Ahmadi<br />

40 Nutra India Summit 2015 • Hon. Prof. Dr. Helmut Weidlich<br />

43 Aktuelle Entwicklung im Erbschaftsteuerrecht • Günter Heenen, Carsten Stritzel<br />

48 Kontrolle des Internetverhaltens am Arbeitsplatz • Torsten Schink<br />

53 GESTIS-Biostoffdatenbank • BG RCI<br />

Impressum<br />

<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Fachzeitschrift für Mikronährstoffe,<br />

Vitalstoffe, Nahrungsergänzungsmittel,<br />

Hersteller und Vertriebe<br />

Online-Ausgabe: ISSN 2195-8505<br />

Herausgeber: Elite Magazinverlags GmbH<br />

Boslerstraße 29 · 71088 Holzgerlingen<br />

Telefon:+49(0)7031/744-0 · Fax:+49(0)7031/744-195<br />

E-Mail: info@nutrition-press.com<br />

Chefredaktion: Bernd Seitz (V.i.S.d.P.)<br />

Leitender Redakteur: Manfred Scheffler<br />

Redaktion: Gabriele Thum M.A.<br />

Wissenschaftlicher Beirat:<br />

Dr. Gottfried Lange<br />

Prof. Dr. Kurt S. Zänker<br />

Juristischer Beirat: Dr. jur. Thomas Büttner<br />

Gastautoren:<br />

Michael Ahmadi<br />

Kerstin Büttel<br />

Dr. rer. nat. Cornelia Friese-Wehr<br />

Dr. jur. Thomas Büttner<br />

Dr. Uwe Greulach<br />

Ina Gutsch<br />

Günter Heenen<br />

Cristin Meyer<br />

Torsten Schink<br />

Anna Schwarz<br />

Carsten Stritzel<br />

Hon. Prof. Dr. Helmut Weidlichh<br />

Grafik/Layout: Melanie Wanner<br />

Anzeigenabteilung:<br />

Sandra Schneider, Telefon: +49 (0)7031/744-122<br />

E-Mail: info@nutrition-press.com<br />

Bildnachweis: fotolia.com, Roland Stolzmann,<br />

Biozoom Services GmbH<br />

Erscheinungsweise: 2 mal pro Jahr:<br />

Februar, September<br />

Einzelpreis: 4,95 Euro, zzgl. Versandkosten<br />

Bestellung der Print-Ausgabe: info@nem-ev.de<br />

Print-Ausgabe: ISSN 2196-1271<br />

Online-Magazin und Media-Daten:<br />

kostenlos unter www.nutrition-press.com<br />

Printed in Germany<br />

Copyright-Hinweis: Die gesamten Inhalte des Magazins<br />

sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte auf Konzept<br />

und Gestaltung: Elite Magazinverlags GmbH und NEM e.V..<br />

Vervielfältigungen jeglicher Art nur mit ausdrücklicher<br />

Genehmigung der Elite Magazinverlags GmbH<br />

und des NEM e.V.. (alle Anschriften siehe Verlag)<br />

Offizielles Magazin des NEM e.V.:<br />

NEM Verband mittelständischer europäischer<br />

Hersteller und Distributoren von Nahrungs ergänzungsmitteln<br />

& Gesundheitsprodukten e.V.<br />

Horst-Uhlig-Str. 3, 56291 Laudert<br />

Telefon: +49 (0)6746/80 29 82 0<br />

Fax: +49 (0)6746/80 29 82 1<br />

E-Mail: info@nem-ev.de<br />

Internet: www.nem-ev.de<br />

4<br />

www.nutrition-press.com


Recht<br />

Die BELFRIT Liste und<br />

die Situation in Deutschland:<br />

Oder können die Europäer<br />

nicht mit einer Stimme reden?<br />

Die Situation auf dem Feld der einsetzbaren NUTRACEUTICALS,<br />

also Grenzprodukte zwischen Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel,<br />

wird europäisch gesehen sehr uneinheitlich gehandhabt.<br />

S<br />

o haben die Niederlande eine Verbotsliste<br />

mit Wirkstoffen und Pflanzen und Pflanzenteilen<br />

herausgegeben.<br />

Die deutschen Behörden haben ein Bewertungsschema<br />

initiiert, das erstaunlicherweise gut handhabbar ist,<br />

wenn man etwas tiefer gräbt:<br />

Ein Beispiel:<br />

Ginkgo biloba<br />

Charakterisiert als xT in der Kategorie LM:<br />

Das bedeutet, konform mit der novel-food Liste der<br />

EFSA, daß es sich um eine Pflanze handelt, die als Lebensmittel<br />

vor 1997 auf dem europäischen Markt war.<br />

Dies gilt nur für den Pflanzenteil Blatt!<br />

Ist es aber das gleiche?<br />

xT bedeutet, daß die Verwendung als Tee bekannt war<br />

oder um in technischen Termini zu sprechen, als wässriger<br />

Extrakt des Ginkgoblattes.<br />

In der „novel-food“-Liste ist es aber als allgemeines<br />

Lebensmittel aufgeführt.<br />

Nun zur Abgrenzung:<br />

Die Abgrenzungskriterien sind<br />

folgende:<br />

„Anmerkungen:<br />

Negativmonographie für Ginkgoblätter sowie diverse<br />

alkoholische Extrakte aufgrund nicht ausreichender Belege<br />

zur Wirksamkeit bei gleichzeitig nicht auszuschließenden<br />

Risiken, Positivmonographie für standardisierten<br />

Aceton/ Wasser-Trockenextrakt, Indikation: Hirnorganisch<br />

bedingte Leistungsstörungen, dementielles Syndrom,<br />

Gedächtnisstörungen, Konzentrationsstörungen,<br />

depressive Verstimmungen, Schwindel, Ohrensausen,<br />

Kopf schmerzen, HMPC-Monographie in Bearbeitung,<br />

WHO-Monographie, ESCOPMonographie, Stufenplan des<br />

BfArM zu Ginkgo-biloba-Blätter-haltigen Arzneimitteln<br />

vom 27.5.1997, Stellungnahme des BfR: http: /www.bfr.<br />

bund.de/cm/343/die_sicherheit_von_ginkgoblaetter_<br />

haltigen_tees_kann_wegen_mangelnder_daten_nicht_<br />

beurteilt_werden.pdf"<br />

„Pharmakologisch wirksame Dosis;<br />

Kommission E, ESCOP, WHO: 120–240 mg Extrakt/Tag“<br />

5


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Sie haben alles verstanden?<br />

1) Es gibt einen standardisierten Extrakt, der Arzneimittel<br />

ist. Dieser wird von der Firma Schwabe bergestellt,<br />

die nicht müde wird zu betonen, daß nur Ihr Extrakt<br />

ein Arzneimittel mit den ausgelobten Wirkungen<br />

ist.<br />

• Dies ist vollkommen korrekt so, denn für alle anderen<br />

Extrakte gibt es diesen Nachweis nicht.<br />

• Die Wirkdosis dieses Extrakts beträgt 120 mg (Einzeldosis)<br />

aufwärts.<br />

Was sind dann aber die anderen Extrakte?<br />

• Laut den Anmerkungen potentiell gefährlich und unwirksam!<br />

Nur schauen wir uns die Situation an:<br />

Der wässrige Extrakt ist erlaubt – der alkoholische, wegen<br />

nebulöser Gefahren, nicht.<br />

Aber es gibt in der EU eine Verordnung, nach der bestimmte<br />

Lösungsmittel zur Herstellung von Lebensmittelextrakten<br />

erlaubt sind.<br />

Also ein Lebensmittel, das konform mit diesen Extraktionsmitteln<br />

extrahiert wurde, bleibt ein Lebensmittel.<br />

Aber woher kommen die Bedenken?<br />

Diese Bedenken fußen auf mehreren Artikeln, die über<br />

Extrakte berichten, die verschiedene Anreicherungsstufen<br />

und damit variierende Gingkolglykosid-Gehalte besitzen.<br />

Jemand der verantwortungsvoll mit diesem Thema<br />

umgeht, wird ohnehin auf die Angabe der Anreicherung<br />

zum Original bestehen.<br />

Daß andere „gefährliche“ Stoffe mit extrahiert werden<br />

können, beruht eher auf den Aussagen der Autoren, die<br />

über den Schwabe Extrakt berichten.<br />

Zugegebenermaßen war die Einschätzung der EMA zu<br />

Ginkgo noch nicht publiziert:<br />

Dort wird klar herausgestellt, daß nur der Schwabe-<br />

Extrakt ein Arzneimittel ab 240(!) mg Tagesdosis ist.<br />

Nebenbei bemerkt beträgt der Anreicherungsfaktor<br />

1: 51+/-16.<br />

Alle anderen Pulver und Extrakte (preparations) sind<br />

Arzneimittel der Kategorie „traditional use“, auf deutsch<br />

Präsentationsarzneimittel.<br />

• Für diese gilt aber diese Wirkdosis nicht!<br />

Sie ahnen schon, was dann bei den durchführenden<br />

Behörden herauskommt:<br />

• Ginkgo-Extrakt ist ab 120 mg Arzneimittel!<br />

• Ist schön und einfach, aber leider falsch!<br />

Nun haben sich Belgien, Frankreich und Italien zu einer<br />

Harmonisierung entschlossen und gaben gemeinsam<br />

die sogenannte BELFRIT-Liste heraus:<br />

Sie werden jetzt sagen „Halleluja“ endlich einmal sind<br />

sich wenigstens drei einig, aber weit gefehlt.<br />

1) Diese Liste ist fast nicht zu finden:<br />

• Die Italienische Liste ist draußen: Listo Atto completo;<br />

DECRETO 9 luglio 2012; MINISTRO DELLA SALU­<br />

TE; GU n.169 del 21-7-2012. P.S. viel Spaß beim Suchen.<br />

• Die belgische Liste versteckt sich unter dem Namen<br />

der Datenbank FOODSUP und ist nicht öffentlich zugänglich.<br />

• Die französische Liste besteht zur Zeit nur aus Teil A,<br />

wobei nicht erklärt wird was das bedeutet.<br />

2) <br />

• Belgien benutzt diese Liste um ein Genehmigungsverfahren<br />

für Lebensmittel (NEM) zu installieren!<br />

• Italien macht das wie immer, was draufsteht darf rein,<br />

aber gewisse Warnhinweise können vorgeschrieben<br />

sein.<br />

• Bei Frankreich ist man noch nicht so weit, das Verfahren<br />

erklären zu können.<br />

Kommen wir wieder zu unserem Beispiel Ginkgo:<br />

• In Italien sind nur die Blätter erlaubt mit einem Warnhinweis<br />

daß die Einnahme bei gleichzeitiger Einnahme<br />

von Blutverdünnern (Aggregationshemmer) nur<br />

unter ärztlicher Aufsicht erfolgen sollte.<br />

• In dem veröffentlichten Teil A von Frankreich sind<br />

Blätter und Kapselhüllen der Frucht (Samen) erlaubt!<br />

Literatur<br />

1 Niederlande: Nieuwe Voedsel en Waren Autoriteit, Ministerie van Landbouw, Natuur en Woedselkwaliteit (2010): Warenwetbesluit Kruidenpreparaten<br />

http://wetten.overheid.nl/BWBR0012174/geldigheidsdatum_22-07-2015#<br />

2 http://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/01_Lebensmittel/stoffliste/stoffliste_pflanzen_pflanzenteile.pdf?_blob=publicationFile&v=5<br />

3 http://ec.europa.eu/food/food/biotechnology/novelfood/nfnetweb/mod_search/index.cfm<br />

4 RL(EG) 2009/32/EG<br />

5 http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_Community_herbal_monograph/2015/04/WC500185243.pdf<br />

6


Recht<br />

Ein Anwendungsverbot besteht, wenn Antidepressiva<br />

eingenommen werden.<br />

Schöne europäische Einigkeit!<br />

Es werden in den unterschiedlichen nationalen Ansätzen<br />

immer zwei Dinge vermischt:<br />

• Die Frage der Nutzbarkeit, die direkt mit „novel-food“<br />

zu tun hat und<br />

• Die Frage der Abgrenzung und Sicherheit, die mit den<br />

jeweiligen Arzneimittelrechten zu tun haben.<br />

Ich halte den deutschen Ansatz für am besten:<br />

• Eine klare Definition von Pflanzen/Pflanzenteilen, die<br />

verboten sind:<br />

• Drogen (z. B. Indischer Mohn/ Kapsel)<br />

• gefährliche Inhaltsstoffe (z. B. Yohimbe)<br />

• Eine klare Einteilung, was erlaubt (LM) ist und welche<br />

Produkte „borderline“ zu Arzneimitteln sind.<br />

• Eine – zugegebenermaßen geht das besser – Abgrenzung<br />

zu Arzneimitteln, die übrigens nie aktuell sein<br />

kann, mit Hinweisen darauf wie das Produkt zu bewerten<br />

ist.<br />

• Ist es arzneilich wirksam?<br />

• Ist es sicher?<br />

• Sind Warnhinweise notwendig?<br />

Wenn der BfR und das BVL über ihren Schatten springen<br />

und die Pflanzen der italienischen Liste übernehmen,<br />

dann haben wir schon so etwas wie eine eigenverantwortliche<br />

Produktion von NEM.<br />

Denn eines sollten Sie bedenken:<br />

Wie wollen wir gegenüber den USA bei den TTIP-Verhandlungen<br />

auftreten, wenn wir noch nicht mal in<br />

diesen Fragen mit einer Stimme sprechen!<br />

Diese Fragen müssen ohnehin vor Einführung durch<br />

den Inverkehrbringer abgeklärt werden oder sie laufen<br />

Gefahr, daß Ihre Kundschaft weniger wird, aufgrund von<br />

unerklärlichen Krankheits- oder sogar Todesfällen.<br />

Eine toxikologische Beurteilung von botanischen Inhaltsstoffen,<br />

ähnlich wie bei Kosmetika, nach dem MOS<br />

(Sicherheitsmarge) > 100 Prinzip, ist sowieso bei solchen<br />

Produkten, für jeden verantwortungsvollen Hersteller,<br />

selbstverständlich.<br />

Für Vitamine und Mineralstoffe existiert eine solche Bewertung<br />

durch die EFSA schon, mit Angabe von UL (upper<br />

intake), also Verzehrshöchstmengen.<br />

Dr. Uwe Greulach<br />

Chemiker und fachlicher<br />

Beirat des NEM e.V.<br />

7


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Spektroskopische Mineralienmessung:<br />

Der individuelle<br />

Weg zur optimalen Vitalstoff -<br />

versorgung<br />

Vitalstoffe sind für uns Menschen lebensnotwendig.<br />

Was den konkreten Bedarf betrifft und wie er am besten zu decken ist,<br />

darüber herrscht jedoch Uneinigkeit in der Fachwelt.<br />

Von „der Vitalstoffgehalt der Böden ist stark<br />

zurückgegangen“ bis zu „eine ausgewogene<br />

Ernährung liefert alles, was wir benötigen“ gibt es<br />

eine große Bandbreite an Argumenten für und wider die<br />

verschiedenen Ernährungsformen sowie die Nahrungsergänzungsmittel.<br />

Was dem Großteil dieser Argumente gemeinsam ist, ist<br />

die Pauschalisierung. Sicherlich gibt es konkrete Gründe<br />

für die jeweiligen Argumente. Entscheidend ist jedoch,<br />

dass bei jedem Menschen mehrere individuelle<br />

Faktoren darüber entscheiden, ob und in welcher Menge<br />

er eine zusätzliche Vitalstoffzufuhr benötigt.<br />

Dies sind unter anderem:<br />

• die Art der Ernährung, wie beispielsweise Rohkost,<br />

klassische Hausmannskost oder Mikrowellenkost<br />

• die körperliche Situation, wie etwa beim Leistungssport,<br />

bei chronischen Erkrankungen oder im Alter<br />

• der Zustand des Dünndarmes und der Bauchspeicheldrüse<br />

in Bezug auf die Verdauungsleistung.<br />

Hier die richtige Entscheidung für eine angemessene<br />

Kostform oder die Vitalstoffsubstitution zu treffen, ist<br />

für Betroffene und Therapeuten durchaus eine Kunst.<br />

Die Strategien reichen von präventiver Pauschalversorgung<br />

mit möglichst vielen Vitalstoffen bis hin zur<br />

8


Prävention<br />

Gabe spezieller, oft hochdosierter Einzelsubstanzen,<br />

ja nach Symptomatik. Ideal wäre sicherlich eine individuelle<br />

Überprüfung der Vitalstoffversorgung mit einer<br />

objektiven Messmethode.<br />

Vergleich verschiedener Analyseverfahren<br />

Eine Laboruntersuchung des Blutes auf den tatsächlichen<br />

Bedarf des Betroffenen ist zumeist eine preisintensive<br />

Angelegenheit. Die Krankenkasse zahlt bei<br />

medizinischer Notwendigkeit zumeist die Analyse einzelner<br />

Mikronährstoffe. Eine präventive Untersuchung<br />

des Blutes auf die wichtigsten Vitalstoffe oder gar auf<br />

toxische Metalle ist für die Kassen wirtschaftlich zumeist<br />

nicht zu vertreten.<br />

Ähnliches gilt für Urinuntersuchungen, wenngleich hier<br />

nur die ausgeschiedenen Substanzen erkennbar werden.<br />

Die Haarmineralanlyse wiederum zeigt nur diejenigen<br />

Substanzen, die (ans Haar) abgegeben werden.<br />

An dieser Stelle kommen die mobilen spektroskopischen<br />

Analyseverfahren ins Spiel, die in den letzten<br />

Jahren ent wickelt wurden. Sie stehen nicht mehr in den<br />

Laboren sondern direkt beim Arzt, Heilpraktiker oder<br />

Ernähr ungs berater, einige Gerätetypen sogar im Einzelhandel.<br />

Diese vielfältigen Einsatzmöglichkeiten ergeben sich<br />

aus der Tatsache, dass hier keine Blutentnahme erfolgt:<br />

die fotospektroskopischen Geräte messen direkt in den<br />

Zellen der Haut oder in der Zwischenzellflüssigkeit. Die<br />

Messtechnik ist mit den Geräten der Labore weitestgehend<br />

vergleichbar, allerdings speziell auf die transdermale<br />

Messung (durch die Haut) ausgerichtet. Dies hat<br />

mehrere Vorteile:<br />

• Die Messung kann direkt vor Ort erfolgen.<br />

• Das Ergebnis steht innerhalb von wenigen Sekunden<br />

zur Verfügung und kann sofort ausgewertet werden.<br />

• Schmerzfreie Messung, auch für Kinder und sensible<br />

Personen geeignet.<br />

• Es wird eine Übersicht über eine Vielzahl verschiedener<br />

Substanzen erstellt, die sowohl einzeln als<br />

auch in ihren Wechselwirkungen interpretiert werden<br />

können.<br />

• Der Fortschritt der körperlichen Vitalstoffbalance kann<br />

jederzeit leicht und preiswert kontrolliert werden.<br />

• Es wird gemessen, was tatsächlich im Gewebe ankommt<br />

und nicht, was lediglich im Blut zirkuliert und<br />

möglicher Weise wieder ausgeschieden wird.<br />

© Biozoom Services GmbH<br />

Biozoom Messung in einem Reformhaus<br />

Auswertung der Oligoscan Mineralienanalyse<br />

9


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Messung mit<br />

dem Oligoscan System<br />

© Roland Stolzmann<br />

Was genau können solche Geräte leisten?<br />

Hierzu schauen wir uns exemplarisch zwei der neuen<br />

Entwicklungen an, die in 2015 auf den deutschen Markt<br />

gekommen sind: Das Oligoscan System und das Biozoom<br />

Messgerät. Beide Geräte sind als Medizinpro dukte<br />

zertifiziert.<br />

Oligoscan<br />

Das Oligoscan System ist prädestiniert für Arzt- und<br />

Heilpraktikerpraxen sowie in einer zweiten Softwareausstattung<br />

auch für die Bereiche Gesundheits- und<br />

Ernährungsberatung sowie Sport- und Fitnesscoaching.<br />

Hier werden die 20 wichtigsten Mineralien analysiert sowie<br />

14 toxische Metalle. Die Softwarevariante für Ärzte<br />

und Heilpraktiker umfasst zudem eine Auswertung der<br />

gemessenen Substanzen in Bezug auf verschiedene<br />

Stoffwechselaspekte.<br />

Die gemessenen Werte sind präzise reproduzierbar. Bei<br />

Kontrolluntersuchungen zeigen sich auch nur dann wesentliche<br />

Veränderungen, wenn der Patient die Ernährung<br />

umgestellt hat oder die fehlenden Mineralstoffe<br />

substituiert hat.<br />

Für mich als Heilpraktikerin hat sich mit dieser Methode<br />

eine völlig neue praktische Herangehensweise an<br />

die Behandlung meiner Patienten entwickelt. Keine Verordnung<br />

mehr auf Verdacht, sondern ganz gezielt anhand<br />

der vorliegenden Werte.<br />

Die Auswertung der Messdaten ist auch bereits eine<br />

hilfreiche Unterstützung bei der Diagnosestellung. Ein<br />

roter Balken (starker Mangel) bei Chrom und Phosphor<br />

kann beispielsweise ein Hinweis auf einen bestehenden<br />

oder sich potenziell entwickelnden Diabetes sein.<br />

Kommt noch ein starker Zinkmangel dazu, kann dieses<br />

Geschehen mit einer Entzündung oder Immunschwäche<br />

in Verbindung stehen.<br />

Bei einer Erkrankung, die starken Ernährungsbezug hat,<br />

wie beispielsweise dem Diabetes, kann der geschulte<br />

Therapeut mögliche ernährungstherapeutische Faktoren<br />

heraus lesen.<br />

Die Zinkwerte sind auch anderweitig interessant. Erniedrigte<br />

Werte können für ein geschwächtes Immunsystem<br />

stehen oder auch für die Stoffwechselerkrankung<br />

HPU bzw. KPU, wie sie in einem der vorherigen<br />

Hefte erläutert wurde. Häufig geht der niedrige Zinkspiegel<br />

auch mit Schwermetallbelastungen einher. Anhand<br />

der Werteübersicht können so individuelle Strategien<br />

gewählt werden.<br />

Eine gute Übersicht bieten die Messwerte auch in der<br />

Schwermetallentgiftung. Man kann sowohl sanft über<br />

den Ausgleich der fehlenden Mineralien arbeiten, als<br />

auch mit ausleitenden Verfahren.<br />

Regelmäßige Kontrollen zeigen den Verlauf an und weisen<br />

ggf. auch auf Verschiebungen im Mineralstoffhaushalt<br />

hin.<br />

Hinweis: Die Oligoscan-Analyse stellt keine Diagnose<br />

im medizinschen Sinne dar. Verdachtsdiagnosen auf<br />

Basis der Nährstofflage sollten deshalb durch ein anerkanntes<br />

Labor geprüft werden.<br />

Weitere interessante Einsatzgebiete für die Oligoscan<br />

Messung sind Betriebliche Gesundheitstage sowie Fitnessstudios.<br />

Hier besteht eine große Offenheit für Gesundheitsthemen.<br />

Die Genauigkeit der Messergebnisse<br />

überzeugt und motiviert die Teilnehmer bzw. Mitglieder,<br />

konkret etwas zu tun.<br />

10


Prävention<br />

Bei Messungen in diesem Rahmen erfolgt zunächst eine ernährungsbezogene Beratung.<br />

Bei gesundheit lichen Problemen wird dann an einen Arzt oder Heilpraktiker<br />

verwiesen.<br />

Biozoom<br />

Dieses Gerät kommt mit deutlich weniger Werten aus. Es ist vor allem darauf ausgerichtet,<br />

ein Bewusstsein für die gesunde Ernährung zu schaffen. Es zeigt dem Kunden<br />

oder Interessenten auf, wie gut seine Versorgung mit antioxidativen Vitaminen sowie<br />

der Cytochrom-C-Oxidase ist und wie gut die Zellen mit Sauerstoff versorgt sind.<br />

Diese Daten werden in einen Messwert zusammengefasst und zusammen mit einer<br />

kleinen Auswertung ausgegeben.<br />

Damit eignet sich diese Methode vor allem in der Verkaufsförderung sowie für Gesundheitsberater.<br />

Der Klient erfährt, wie gut er – im Schnitt – mit den o.g. Substanzen versorgt ist und<br />

kann nach entsprechender (Ernährungs-) Umstellung leicht Kontrollmessungen erstellen<br />

lassen.<br />

Hier gibt es ein preiswertes Gerät für die Selbstmessung, ein mobiles Gerät für Beratungspraxen<br />

und ein größeres Standgerät für den stationären Einsatz sowie für<br />

Messen.<br />

Im Frühjahr 2015 wurden beispielsweise über 300 Reformhäuser mit Biozoom Standgeräten<br />

ausgestattet, so dass die Kundschaft sich dort kostenlos messen lassen<br />

konnte.<br />

Ina Gutsch<br />

Heilpraktikerin und Fach schul -<br />

l eiterin, Autorin des Buches<br />

„Diabetes, die wahren Ur sachen<br />

erkennen und erfolgreich<br />

behandeln“.<br />

• www.thuja.de<br />

Weitere Entwicklungen<br />

Die Branche der spektroskopischen Analysegeräte macht derzeit eine Art Wettlauf<br />

durch. Mit Spannung wird unter anderem die erste verlässliche unblutige Messung<br />

des Blutzuckerspiegels erwartet. Auch die Messung der Vitamine ist bereits in Vorbereitung<br />

und soll zwischen 2016 und 2017 auf den Markt kommen.<br />

Ebenfalls stark im Kommen ist der Bereich der Telemedizin. Immer mehr Patienten<br />

werden mit eigenen Messgeräten ausgestattet, deren Messungen serverbasiert ausgewertet<br />

werden.<br />

So kann vor allem der Zustand chronischer Patienten besser überwacht werden. Wir<br />

dürfen gespannt sein, wie sich sowohl der erste als auch der zweite Gesundheitsmarkt<br />

weiterentwickeln, also die Kassenmedizin und die Selbstzahlerleistungen.<br />

Auswertung der Oligoscan Analyse toxischer Metalle<br />

11


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Weidenrinde – auf natürliche<br />

Weise gegen Fieber, Schmerzen<br />

und Entzündungen<br />

Die Weide (Salix) zählt zu den ältesten Arzneipflanzen Europas.<br />

Bereits in der Antike empfahl Hippokrates Extrakte aus der Weidenrinde<br />

(Salicis cortex) bei Schmerzen und Fieber. Auch Plinius,<br />

Dio skurides und Galen beschrieben verschiedene medizinische<br />

Anwendungen der Rinde.<br />

Die Entdeckung ihres Wirkstoffes Salicin<br />

im 19. Jahrhundert führte rasch zur Entwicklung<br />

synthetischer Schmerzmittel. 1828 isolierte<br />

Buchner das Phenolglykosid Salicin aus der Weidenrinde.<br />

Zehn Jahre später stellten Chemiker aus Salicin<br />

die Salicylsäure her, die bereits als schmerzlinderndes<br />

Mittel zum Einsatz kam. Der Apotheker Felix Hoffmann<br />

entwickelte 1897 aus der Salicylsäure den Arzneistoff<br />

Acetylsalicylsäure – eines der bekanntesten Schmerzmittel.<br />

Mit dem Siegeszug des Aspirins® verlor die Weidenrinde<br />

therapeutisch an Bedeutung. Erst in den letzten<br />

Jahren rückte sie im Rahmen der modernen Phytotherapie<br />

wieder verstärkt in den Fokus des wissenschaftlichen<br />

Interesses. Anwendung findet die Weidenrinde<br />

heutzutage bei leichten fieberhaften Erkältungsund<br />

Infektionskrankheiten, akuten und chronischen<br />

rheumatischen Beschwerden, Kopfschmerzen und bei<br />

durch Entzündungen bedingten Schmerzen.<br />

Wissenswertes über die Weidenrinde<br />

Die Weidengewächse (Salicaeae) sind in Europa und<br />

Asien heimisch. Sie wachsen an Flussufern, auf feuchten<br />

Wiesen sowie in Auwäldern und blühen von März<br />

bis Mai.<br />

Zur Familie der Weidengewächse gehören die Gattungen<br />

Salix (Weiden) und Populus (Pappeln) und die auf<br />

Nordostasien begrenzte Gattung Chosenia.<br />

Weltweit werden die biegsamen Äste verschiedener Arten<br />

der Weide zu Korbwaren verarbeitet. Für den medizinischen<br />

Gebrauch sind jedoch nur jene Arten mit einem<br />

hohen Gehalt an Salicylaten (darunter Salicin) in­<br />

12


Ernährung / Prävention<br />

teressant. Diese Wirkstoffe sind für die fiebersenkenden<br />

Eigenschaften, sowie die Wirksamkeit bei rheumatischen<br />

Beschwerden und Kopfschmerzen verantwortlich.<br />

Die wirksamen Inhaltsstoffe werden aus der Rinde (Salicis<br />

cortex) gewonnen, häufig aus den Arten Purpurweide<br />

(Salix purpurea), Reifweide (Salix daphnoides<br />

Villars) oder Bruchweide (Salix fragilis L.).<br />

Inhaltsstoffe<br />

Die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe kann je nach<br />

Weidenart stark variieren. Innerhalb einer Art unterscheidet<br />

sich das Inhaltsstoffspektrum jedoch meist<br />

nur quantitativ. Hauptinhaltsstoffe der Rinde sind<br />

die Phenolglykoside, Flavonoide und Catechin-Gerbstoffe.<br />

Die in der Weidenrinde enthaltenen Phenolglykoside<br />

(Salicin, Salicortin, 2'O-Acetylsalicortin und Tremulacin)<br />

und Flavonoide wirken schmerzstillend, entzündungshemmend,<br />

fiebersenkend und aufgrund des<br />

hohen Gerbstoffgehaltes adstringierend (zusammenziehend).<br />

Früher bezeichnete man die Weidenrinde als<br />

„Europäische Fieberrinde“.<br />

Phenolglykoside der Weidenrinde<br />

Der Weide dienen Phenolglykoside zur Abwehr von<br />

Pflanzenfressern. Salicin war das erste Phenolglykosid,<br />

welches im Jahr 1828 von Buchner aus der Weidenrinde<br />

isoliert wurde. Die Bezeichnung Salicin leitet sich von<br />

der botanischen Ordnungsbezeichnung Salicales ab.<br />

Lange Zeit hielt man Salicin für das Hauptglykosid der<br />

Weidenrinde. Neue Erkenntnisse führen den hohen<br />

Gehalt an Gesamt-Salicin jedoch auf die Ester des Salicins<br />

(u. a. Salicortin, 2'O-Acetylsalicortin und Tremulacin)<br />

zurück.<br />

Die Purpurweide (Salix purpurea) weist einen durchschnittlichen<br />

Salicingehalt von 6 – 8,5 % auf, die Korbweide<br />

(Salix daphnoides) 4,9 – 5,6 % und die Bruchweide<br />

(Salix fragilis) 3,9 –10,2 %.<br />

Salicin sowie seine Ester Salicortin, 2'O-Acetylsalicortin<br />

und Tremulacin dienen als Prodrugs, die zur eigentlichen<br />

Wirkform Salicylsäure erst im Körper verstoffwechselt<br />

werden.<br />

Wirkmechanismus von Salicin<br />

Salicin wird im Körper, wie auch die Acetylsalicylsäure,<br />

zu Salicylsäure umgewandelt. Die maximale Salicylsäure-Konzentration<br />

im Blut wird beim Menschen nach<br />

2 Stunden erreicht.<br />

Untersuchungen von Steinegger haben gezeigt, dass<br />

Salicin weder durch den Speichel noch durch den sauren<br />

pH-Wert des Magens gespalten werden kann. Das<br />

intakte Glucosid scheint demnach den Magen unveränder<br />

t zu verlassen. Salicin wird zunächst durch Glucosi ­<br />

dasen im Darm in Salicylalkohol (Saligenin) und Glucose<br />

gespalten und anschließend im Blut und insbesondere<br />

der Leber zu Salicylsäure oxidiert.<br />

Der aktive Inhaltsstoff Salicylsäure bewirkt, dass die<br />

Entstehung entzündungsfördernder Gewebshormone<br />

(Prostaglandine) gehemmt wird.<br />

Da die Umwandlung des Salicins langsam verläuft,<br />

setzt die Wirkung zwar erst später ein, hält aber dafür<br />

länger an als synthetisch hergestellte Acetylsalicylsäure.<br />

Diese späte Umwandlung trägt außerdem zu einer<br />

besseren gastrointestinalen Verträglichkeit im Vergleich<br />

zu synthetischer Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin)<br />

bei.<br />

Neuere Untersuchungen legen nahe, dass die schmerzund<br />

entzündungshemmende Wirkung nicht alleine auf<br />

dem Gehalt an Salicin beruht. Schmid et al. (2001) berechneten,<br />

dass die Area under the curve (AUC) der<br />

Salicylsäurederivate nach Einnahme von Weidenrindenextrakt<br />

(240 mg Salicin) bioäquivalent zur AUC nach<br />

Einnahme von 87 mg Acetylsalicylsäure ist d.h. die erzielbaren<br />

Salicylsäure-Plasmaspiegel nach der Einnahme<br />

von Weidenrindenextrakt für eine relevante<br />

schmerzlindernde Wirkung kaum ausreichen. Daher<br />

wird vermutet, dass der klinischen Wirkung andere Inhaltsstoffe<br />

als nur Salicin zugrunde liegen. Wahrscheinlich<br />

ist es die synergistische Wirkung der verschiede­<br />

13


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

nen polyphenolischen Substanzen und Flavonoide, die schmerzlindernd und entzündungshemmend<br />

wirken. Die in der Weidenrinde vorhandenen Flavonoide wirken nicht<br />

nur antioxidativ, sondern hemmen auch die Lipoxygenase und Hyaluronidase. Die<br />

Lipoxygenase ist an der Bildung von Leukotrienen beteiligt und spielt somit bei chronischen<br />

Entzündungsreaktionen eine Rolle. Hyaluronidasen ermöglichen durch Bindegewebsabbau<br />

eine Ausbreitung der Entzündung.<br />

Monographien der Weidenrinde<br />

1984 bewertete die Kommission E des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes die<br />

Weidenrinde positiv. Für die Rinde wurde ein Gesamt-Salicingehalt von 1 % gefordert.<br />

1991 wurde die Monographie der Weidenrinde (Salicis cortex) in das Deutsche Arzneibuch<br />

(DAB 10) aufgenommen. Nach dem DAB besteht Weidenrinde aus der im<br />

Frühjahr gesammelten, ganzen, geschnittenen oder gepulverten, getrockneten Rinde<br />

junger Zweige von Salix purpurea L., Salix daphnoides Villars oder anderen Salix­<br />

Arten, die dem geforderten Gehalt von 1 % Gesamt-Salicin entsprechen.<br />

1997 wurde die Monographie der Kommission E durch die Europäische Monographie<br />

der European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP) aktualisiert und bestätigt.<br />

Nach der aktuellen Monographie des europäischen Arzneibuchs besteht Salicis<br />

cortex aus der ganzen oder geschnittenen, getrockneten Rinde junger Zweige<br />

oder aus getrockneten Stücken junger Zweige einer Vielzahl von Arten der Gattung<br />

Salix, die Salix purpurea L., Salix daphnoides Villars und Salix fragilis L. einschließen<br />

und den geforderten Gesamt-Salicingehalt von 1,5 % aufweisen.<br />

Weidenrinde in der evidenzbasierten Medizin<br />

In der Schulmedizin billigt man der Weidenrinde eine fiebersenkende,<br />

entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkung zu und verwendet<br />

sie bei chronischen Schmerzen. Aus Sicht der evidenzbasierten<br />

Medizin ist Weide nicht bei akuten Schmerzen geeignet,<br />

da die Umwandlung des Salicins in die schmerzlindernde Salicylsäure<br />

langsam verläuft.<br />

Klinische Studien zur Wirksamkeit bei Rückenschmerzen<br />

Es liegen kontrollierte klinische Studien zu Weidenrindenextrakten<br />

vor, die eine Wirksamkeit bei Rückenschmerzen zeigen.<br />

Eine auf 120 mg oder 240 mg Salicin standardisierte Tagesdosis<br />

ist signifikant wirksamer als ein Placebo in Bezug<br />

auf die Schmerzreduktion und den Gebrauch<br />

des Schmerzmittels Tramadol als Notfallme dikation.<br />

Chrubasik et al. (2000) fanden in<br />

einer 4-wöchigen randomisierten, placebo-kontrollierten<br />

Doppelblindstudie mit<br />

210 Patienten zeit- und dosisabhängige<br />

schmerz hemmende Effekte. In der<br />

letzten Therapiewoche waren 39 %<br />

der Patienten unter 240 mg Weidenrindenextrakt<br />

schmerzfrei<br />

und 21 % der Patienten unter<br />

120 mg Weidenrindenextrakt,<br />

hingegen nur 6 % in der Placebogruppe.<br />

Auch der Gebrauch<br />

von Tramadol als Notfallmedikation<br />

bei sehr starken<br />

Schmerzen war bei den Patienten,<br />

die Weidenrindenextrakt erhielten,<br />

nach einer Woche signifikant geringer als<br />

unter Placebo (4 und 14 % vs. 47 %).<br />

14


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2001 verglichen Chrubasik et al. in einer randomisierten,<br />

kontrollierten Studie die Wirksamkeit eines standardisierten<br />

Weidenrindenextraktes mit dem mittlerweile<br />

vom Markt genommenen COX2-Inhibitor Rofecoxib<br />

(Vioxx®) bei chronischen Rückenschmerzen.<br />

228 Patienten nahmen über vier Wochen täglich entweder<br />

standardisierten Weidenrindenextrakt (240 mg<br />

Salicin) oder 12,5 mg Rofecoxib ein. Hauptzielkriterium<br />

war die Veränderungen des modifizierten Arhus-<br />

Schmerzindex zu beobachten. Bei den Patienten der<br />

Weidenrindengruppe war eine Verbesserung um 21 %,<br />

bei den Patienten der Rofecoxib-Gruppe eine Verbesserung<br />

um 22 % zu beobachten d. h. beide Substanzen<br />

verbesserten den globalen Schmerzscore gleichwertig<br />

um über ein Drittel. In diesem Zusammenhang zu berücksichtigen<br />

ist auch das hohe Risiko für das Auftreten<br />

von Nebenwirkungen bei der Einnahme synthetischer<br />

Schmerzmittel im Vergleich zu Weidenrinde. Magen-<br />

Darmbeschwerden, Bluthochdruck, Störungen der Blutbildung,<br />

erhöhte Leberwerte, Schwindel oder Müdigkeit<br />

sind bei langfristiger Einnahme synthetischer<br />

Schmerzmittel keine Seltenheit.<br />

Klinische Studien zur Wirksamkeit bei Gelenkerkrankungen<br />

Viele ältere Patienten leiden an der degenerativen Gelenkerkrankung<br />

Arthrose. Die medikamentöse Therapie<br />

kann leider nur eine Symptomlinderung bewirken. Am<br />

häufigsten werden Analgetika (z. B. Paracetamol) und<br />

nichtsteroidale Antirheumatika (z. B. Diclofenac) eingesetzt.<br />

In einer Studie stellten Beer et al. (2008) bei Patienten<br />

mit einer Arthrose des Knie- oder Hüftgelenks nach einer<br />

6-wöchigen Behandlung eine vergleichbare Wirkung<br />

von Weidenrindenextrakt und einer konventionellen antirheumatischen<br />

Therapie fest.<br />

Je 39 Patienten erhielten in einer randomisierten, placebokontrollierten<br />

Doppelblindstudie von Schmid et al.<br />

(2000) über 14 Tage entweder Weidenrindenextrakt<br />

(240 mg Salicin pro Tag) oder Placebo. Am Ende der<br />

zweiwöchigen Behandlungsphase wurde in der Weidenrindengruppe<br />

eine Verringerung des WOMAC-Schmerzscores<br />

um 14 % gegenüber dem Ausgangswert festgestellt.<br />

In der Placebogruppe war ein Anstieg um 2 %<br />

zu verzeichnen. Die in dieser Studie belegte analgetische<br />

Wirksamkeit der Weidenrinde ist statistisch signifikant,<br />

allerdings ist der Therapieeffekt nicht sehr groß.<br />

Dieses mag evtl. auch durch die für Arthrose sehr kurze<br />

Therapiedauer von zwei Wochen zu erklären sein.<br />

Biegert et al. untersuchten 2004 die Wirksamkeit von<br />

Weiderindenextrakt (240 mg Salicin/Tag) gegenüber<br />

Diclofenac (100 mg/Tag) und Placebo bei ambulanten<br />

Patienten mit Hüft- oder Kniearthrose über sechs Wochen.<br />

Während der sechswöchigen Studienphase erfuhren<br />

die Patienten der Weidenrinden-Gruppe eine<br />

Verbesserung um 16,7 %, verglichen mit einer Verbesse­<br />

15


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

rung 46,9 % unter Diclofenac und 10 % unter Placebo.<br />

Der Weidenrindenextrakt zeigte eine gute Verträglichkeit<br />

und wesentlich weniger Nebenwirkungen als Diclofenac.<br />

In der Weidenrinde-Gruppe wurden 38 unerwünschte<br />

Ereignisse dokumentiert, in der Diclofenacgruppe<br />

84 und in der Placebogruppe 51. Knapp 50 %<br />

der Patienten der Diclofenacgruppe berichteten über<br />

gastrointestinale Beschwerden. Weiterhin waren Veränderungen<br />

im roten Blutbild und eine Erhöhung der<br />

Leberwerte in der Diclofenacgruppe statistisch auffällig.<br />

Weidenrinde ist kein pflanzlicher Thrombozytenaggregationhemmer!<br />

Da die Salicylsäure eng mit der Acetylsalicylsäure<br />

(ASS) verwandt ist, wird oft vermutet, dass die Weidenrinde<br />

blutverdünnend wirkt. Weil der Salicylsäure jedoch<br />

die Acetylgruppe fehlt, hat sie keine oder kaum<br />

Wirkungen auf die Blutgerinnung. Weidenrindenextrakt<br />

eignet sich folglich nicht als Ersatz von ASS.<br />

In einer Studie von Krivoy et al. (2001) erhielten 35 Patienten<br />

mit chronischen Rückenschmerzen randomisiert<br />

und doppelblind entweder Weidenrindenextrakt<br />

(240 mg Salicin pro Tag oder Placebo). Weitere 16 Patienten,<br />

die zur Behandlung einer koronaren Herzerkrankung<br />

100 mg ASS pro Tag erhielten, wurden als<br />

Vergleichsgruppe herangezogen. Nach 28 Behandlungstagen<br />

wurde die Thrombozytenaggregation bestimmt.<br />

In der Placebogruppe aggregierten 78 % der Thrombozyten,<br />

in der Weidenrindengruppe 61 %, in der ASS-<br />

Gruppe 13 %. Ob diese geringe Hemmung der Thrombozytenaggregation<br />

durch Weidenrinde eine klinisch relevante<br />

Nebenwirkung darstellt und zu Wechselwirkungen<br />

mit Antikoagulantien oder Thrombozytenaggregationshemmern<br />

führen kann, lässt sich derzeit nicht abschließend<br />

beantworten, ist aber wenig wahrscheinlich.<br />

Dosierung<br />

Die Kommission E, selbstständige, wissenschaftliche<br />

Sachverständigenkommission für pflanzliche Arzneimittel<br />

des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes (BGA)<br />

und des heutigen Bundesinstituts für Arzneimittel und<br />

Medizinprodukte (BfArM), empfiehlt Weidenrinde zur<br />

Behandlung von fieberhaften Erkrankungen, rheumatischen<br />

Beschwerden und Kopfschmerzen in einer mittleren<br />

Tagesdosis von 60 bis 120 mg Gesamtsalicin. Die<br />

Dosierungsempfehlungen der European Scientific Cooperative<br />

on Phytotherapy (ESCOP) reichen bis zu 240<br />

mg Gesamtsalicin pro Tag.<br />

Nebenwirkungen<br />

Weidenrinde gilt als gut verträglich. Nebenwirkungen,<br />

wie sie von Acetylsalicylsäure bekannt sind, treten normalerweise<br />

nicht auf.<br />

Zu den seltenen Nebenwirkungen gehören Übelkeit und<br />

Magenschmerzen, verursacht durch die in der Weidenrinde<br />

enthalten Gerbstoffe. Gelegentlich treten Hautrötungen<br />

und Urtikaria (Nesselsucht) auf.<br />

Bei einer Allergie auf Salicylate (ASS, Aspirin), in Schwangerschaft<br />

und Stillzeit sowie bei Kindern darf Weidenrinde<br />

nicht angewendet werden.<br />

Aufgrund eines Fallberichts sollten Personen mit Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase<br />

Mangel (Favismus) kein<br />

Weidenrindenextrakt einnehmen.<br />

Patienten die an asthmatischen Erkrankungen, Magen-<br />

Darmgeschwüren, Blutgerinnungsstörungen oder Funktionsstörungen<br />

der Nieren oder Leber leiden, sollten<br />

vor der Anwendung Rücksprache mit ihrem behandelnden<br />

Arzt halten.<br />

Wechselwirkungen<br />

Aufgrund des Gerbstoffgehaltes können Zubereitungen<br />

aus Weidenrinde die Wirkung anderer Medikamente beeinträchtigen.<br />

Ob die geringe Hemmung der Thrombozytenaggregation<br />

durch Weidenrinde zu Wechselwirkungen mit Antikoagulantien<br />

oder Thrombozytenaggregationshemmern<br />

führen kann, lässt sich derzeit nicht abschließend beantworten.<br />

Es empfiehlt sich daher eine Rücksprache<br />

mit ihrem Arzt oder ihrer Apotheke.<br />

Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion<br />

des www.vitalstoff-journal.de<br />

16


Ernährung / Prävention<br />

Coenzym Q10<br />

Bekannt ist den meisten das Q10 sicher als Anti-Aging Mittel aus<br />

der Kosmetikbranche. Allerdings trägt es nicht nur zur Schönheit<br />

der Haut sondern auch zur gesamten Gesundheit des Körpers bei.<br />

Das Coenzym Q10 wird auch Ubichinon-10 genannt und kommt in allen<br />

Zellen des Körpers vor. Chemisch gesehen sind Enzyme Eiweißproteine<br />

und wirken auf eine bestimmte Weise im menschlichen Organismus, auf die Verdauung<br />

oder auch beim Eiweißabbau in Konchen und Haut. Auch bei der Entgiftung<br />

des Körpers spielen sie eine große Rolle. Coenzyme sind ein kleiner Nichtproteinanteil<br />

eines Enzyms und gelten als sogenannte Enzymhelfer.<br />

Q10 ist eine fettlösliche Substanz und kann mit der Nahrung aufgenommen werden<br />

oder vom Körper selber produziert werden; weswegen es nicht als Vitamin eingeordnet<br />

wird. Außerdem ist es essentiell und gilt als wichtiger Bestandteil der Atmungskette.<br />

Ohne Q10 kann von den Mitochondrien kein ATP (Energie) aus der Sauerstoffverbrennung<br />

hergestellt werden. Ob Muskeltätigkeit, Zellregeneration, Nervenaktivität<br />

oder Immunreaktionen – alles kann nur dann gut laufen, wenn die Zellen optimal<br />

mit Q10 versorgt sind. Neben seiner Aufgabe als Energielieferant ist es auch ein Antioxidans,<br />

das schädliche freie Radikale abfangen kann und so eine wichtige Rolle in<br />

der Zellgesundheit übernimmt. Hohe Konzentrationen finden sich in Organen mit einem<br />

hohen Energiebedarf, wie Herz, Leber oder Lunge. 1<br />

Es liegen bereits viele Studien vor, in denen eine Zugabe als Nahrungsergänzungsmittel<br />

bei unterschiedlichen Symptomen als unterstützende Therapie getestet wurde.<br />

17


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Herzerkrankungen<br />

Gesunde Herzen weisen für gewöhnlich bei Untersuchungen<br />

eine ausreichende Menge Q10 auf. Ein Symptom<br />

vieler Erkrankungen der Herz- und Blutgefäße stellt<br />

die Arterienverkalkung dar, als Antioxidans kann Coenzym<br />

Q10 die schädigenden Effekte, die zur Entwicklung<br />

der Arterienverkalkung beitragen, möglicherweise hemmen<br />

und kann als Prävention eingenommen werden.<br />

Außerdem soll die Zunahme des Nahrungsergänzungsmittels<br />

bei verschiedenen Herzleiden unterstützend<br />

wirken, da sich herausgestellt hat, dass Herzkranke einen<br />

verminderten Q10 Gehalt aufwiesen. 2<br />

In der Vergangenheit konnte bereits mehrfach die Verbesserung<br />

der Gesamtsituation bei Angina Pectoris,<br />

koronaren Herzerkrankungen und Herzinsuffizienz<br />

durch Q10 in groß angelegten Studien nachgewiesen<br />

werden. Auch zeigte der Einsatz von Coenzym Q10 bei<br />

der Behandlung von Herzinfarkten und Herzrhythmusstörungen<br />

gute Erfolge und konnte bei einer zusätzlichen<br />

Zufuhr von 50-120 mg pro Tag die Beschwerden<br />

lindern und möglichen Komplikationen vorbeugen. 3<br />

Diabetes Mellitus<br />

Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte und Herzkrankheiten<br />

sind Beschwerden, die häufig im Zusammenhang<br />

mit Diabetes auftreten. Die Wichtigen Wirkungen<br />

von Coenzym Q10 wie Energieaktivierung und<br />

Stabilisierung von Zellmembranen können auch den<br />

Spätschäden des Körpers durch Diabetes vorbeugen.<br />

Zudem werden die Zellen, die für die Produktion von<br />

Insulin in der Bauchspeicheldrüse zuständig sind, durch<br />

Coenzym Q10 geschützt. Eine Supplementierung von<br />

Q10 kann außerdem den Blutdruck und die Kontrolle<br />

des Blutzuckerspiegels verbessern. 4<br />

Immunsystem<br />

Zusammen mit Vitamin E, welches wiederum von Q10<br />

regeneriert wird, unterstützt es unsere natürlichen Killerzellen<br />

bei der Abwehr von Viren und Bakterien. Unser<br />

Coenzym Q10 in Lebensmitteln<br />

Coenzym Q10 kommt in vielen Lebensmitteln vor, allerdings in geringen Mengen:<br />

Coenzym Q10 Gehalt pro 100g Lebensmittel – angegeben in mg<br />

Gemüse und Salate xvyvyvycv cccc Milch, Milchprodukte, yvyvcyvccxv Fleisch<br />

Zwiebel 0,1 Käse allgemein max. 0,4 Schwein 3,2<br />

Kartoffel 0,1 Butter 0,6 Rind 3,3<br />

Blumenkohl 0,14<br />

Weißkohl 0,16 Fette und Öle Fisch und Geflügel<br />

Aubergine 0,21 Sonnenblumenöl 0,7 Geflügel 1,8<br />

Chinakohl 0,21 Olivenöl 3,0 Sardinen 6,4<br />

Kopfsalat 0,22<br />

Paprika 0,33<br />

Spinat 0,36<br />

Brokkoli 0,86<br />

Abb.1: http://www.vitalstoff-lexikon.de/Weitere-Vitalstoffe/Coenzym-Q10/Lebensmittel.html<br />

18


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Immunsystem braucht erheblichen Mengen an Energie<br />

um die Krankheitserreger zu bekämpfen. 5<br />

Sport<br />

Da Q10 für den Energiestoffwechsel eine entscheidende<br />

Bedeutung hat, ist die Zufuhr bei sportlichen Menschen<br />

von Vorteil. In einer Studie an Spitzensportlern,<br />

die 2013 veröffentlicht wurde, ist nachweisbar, dass<br />

eine Einnahme von 20mg Coenzym Q10 täglich die<br />

Leistungsspitzen um 11% verbessern kann und die Trainingsleistung<br />

allgemein verbessert. Außerdem liefert es<br />

die nötige Kraft für unsere Muskeln und Fettverbrennung.<br />

Das von den Mitochondrien produzierte ATP ist<br />

der Kraftstoff, der unsere Muskeln erst antreibt. 6<br />

Hautalterung<br />

Coenzym Q10 ist ja schon dafür bekannt, dass es als<br />

Anti-Aging-Mittel gut für die Haut ist. Als Antioxidans<br />

neutralisiert Q10 schädliche freie Radikale, die bei der<br />

Hautalterung eine Rolle spielen. Im Alter und bei erhöhtem<br />

Stress nimmt der körpereigene Q10-Gehalt im Körper<br />

ab und freie Radikale können nicht mehr optimal<br />

bekämpft werden. Eine Ausreichende Versorgung über<br />

die Nahrung und Nahrungsergänzungsmittel kann die<br />

Hautalterung verzögern. 7<br />

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Weitere Anwendungsgebiete<br />

Es gibt diverse weitere Studien über den therapiebegleitenden Einsatz von Coenzym<br />

Q10, so wirkt es unterstützend bei der Behandlung von Parkinson im frühen Stadium.<br />

Einzelne Fallberichte weisen darauf hin, dass durch die Supplementierung mit Coenzym<br />

Q10 zusätzlich zur herkömmlichen Behandlung von Brustkrebspatienten positive<br />

Effekte erzielt werden konnten.<br />

Eine weitere Studie bewies, dass die Schwere einer AIDS-Erkrankung in Zusammenhang<br />

mit einem Mangel an Q10 steht. Bei einer Zugabe von Q10 als Nahrungsergänzungsmittel<br />

konnte eine Verbesserung der Symptome festgestellt werden. Zudem<br />

kann es unter anderem auch bei Migräne, Demenz, bei paradontalen Erkrankungen<br />

und chronischen Erschöpfungszuständen helgen. 8, 9<br />

Es lohnt sich bei allen Erkrankungen das Blut auf den Q10-Gehalt zu untersuchen<br />

und in die Therapieerwägung mit einzubeziehen.<br />

Literatur<br />

1 Ely, J.T.A. & Krone, C.A. (2000): A brief update on ubiquinone (coenzyme Q10). In: J. Orthomolecular. Med. Bd. 15,<br />

S.63 – 68.<br />

2 14. Folkers K, Vadhanavikit S, Mortensen SA. Biochemical rationale and myocardial tissue data on the effective<br />

therapy of cardiomyopathy with coenzyme Q10. Proc Natl Acad Sci U S A. 1985; 82(3):90 – 904.<br />

3 Syrkin A; Kogan A; Drynitsina S; Kuznetsov A; Pechorina E; Frenkel E: The effect of soluble form of Coenzyme<br />

Q10 on the oxygen free radical processes and clinical course in patients with coronary heart disease – stabile<br />

angina pectoris. Boston: 1 st Conf. of the Intl. Coenzyme Q10 Assn.: 110 – 111 (1998)<br />

4 34. McDonnell MG, Archbold GP. Plasma ubiquinol/cholesterol ratios in patients with hyperlipidaemia, those<br />

with diabetes mellitus and in patients requiring dialysis. Clin Chim Acta. 1996; 253(1– 2):117–126.<br />

5 Ravaglia G et al., „Effect of micronutrient status on natural killer cell immune function in healthy free-living subjects<br />

aged >/=90 y.“ Am J Clin Nutr. 2000 Feb;71(2):590-8.<br />

6 Siebrecht, Stefan C., et al., „Ubiquinol supplementation enhances peak power production in trained athletes: a<br />

double-blind, placebo controlled study“, Journal of the International Society of Sports <strong>Nutrition</strong>, Epub published<br />

ahead of print. - See more at: http://vitamine-ratgeber.com/coenzym-q10-steigert-leistung-sportlern/#sthash.<br />

rrBASXmM.dpuf<br />

7 56. Hoppe U, Bergemann J, Diembeck W, et al. Coenzyme Q10, a cutaneous antioxidant and energizer. Biofactors.<br />

1999; 9(2–4):371– 8.<br />

8 Shults CW et al., „Effects of coenzyme Q10 in early Parkinson disease: evidence of slowing of the functional<br />

decline.“ Arch Neurol. 2002 Oct;59(10):1541-50.<br />

9 Folkers K et al., „Biochemical deficiencies of coenzyme Q10 in HIV-infection and exploratory treatment.“<br />

20


Ernährung / Prävention<br />

Epigenetik – auch Gene<br />

haben ein Gedächtnis<br />

Die Epigenetik befasst sich mit Mechanismen, die die Genaktivität<br />

regulieren und nicht auf Veränderungen der DNA-<br />

Sequenz beruhen. Mikronährstoffe, wie zum Beispiel Vitamine,<br />

Spurenelemente oder spezielle Fettsäuren können mit Hilfe<br />

dieser Mechanismen die Gen Expression beeinflussen.<br />

Zu den wesentlichen epigenetischen Modifikationen zählen<br />

DNA-Methylierung, Histon-Modifikationen, sowie RNA-Interferenzen.<br />

Die Epigenetik ist das Fachgebiet der Biologie, das sich mit Faktoren<br />

beschäftigt, die die Aktivität von Genen zeitweilig festlegen. Zudem<br />

beinhaltet es die Fragestellung, ob diese Festlegungen an folgende Generationen<br />

vererbt werden. Sie stellt ein Bindeglied zwischen Umwelteinflüssen und Genen dar.<br />

Diese recht komplexe Thematik kann mit Hilfe der folgenden Beispiele veranschaulicht<br />

werden: Forscher fanden heraus, dass Personen, deren Vorfahren Nahrung im<br />

21


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Überfluss hatten, mit zunehmendem Alter dazu neigen,<br />

an Diabetes zu erkranken. Ein weiteres Beispiel sind<br />

eineiige Zwillinge. Untersuchungen haben gezeigt, dass<br />

Zwillinge aufgrund verschiedener Lebensweise unterschiedlich<br />

anfällig für bestimmte Krankheiten sind und<br />

das, obwohl sie die gleichen genetischen Grundvoraussetzungen<br />

besitzen. 4,7<br />

Die Stammzellen eines mehrzelligen Organismus sind<br />

alle genetisch identisch. Trotzdem können sie aufgrund<br />

von unterschiedlicher Genaktivität zu verschiedenen<br />

Zell- und Gewebetypen differenzieren. Sie weisen zwar,<br />

genetisch gesehen, die gleiche DNA-Sequenz auf, aber<br />

nicht alle Gene sind in jeder Zelle aktiv. So werden in<br />

einer Muskelzelle andere Gene exprimiert, als in einer<br />

Haut-, Herz-, oder Leberzelle. 5<br />

Wie aber kommt es dazu, dass je nach Zelltyp unterschiedliche<br />

Gene an bzw. abgeschaltet sind, obwohl<br />

doch die genetischen Voraussetzungen identisch sind?<br />

An diesem Punkt kommt die Epigenetik ins Spiel. Sie<br />

beschäftigt sich mit den Mechanismen, die die Genaktivität<br />

in der Zelle steuern. Das Ein- bzw. Abschalten<br />

der Genabschnitte erfolgt zum Beispiel mit Hilfe<br />

von DNA-Methylierung. Hierbei docken Methylgruppen<br />

(Me) mit Hilfe von speziellen Enzymen, den Methyltransferasen,<br />

an die DNA-Doppelhelix an und verhindern<br />

so die Translation der nachfolgenden Gensequenz,<br />

was zu einer Abschaltung des Gens führt (Abb.1). 4,6,7<br />

Als Methylgruppen-Donatoren können zum Beispiel Folsäure,<br />

Methionin, Cholin, Riboflavin, Pyridoxin und Vita­<br />

Abb. 1: Epigenetische Modifikation sind an der Regulation der Gen Expression beteiligt. Durch Methylierung von Cytosin Resten<br />

der DNA-Doppelhelix kann es zur Abschaltung bestimmter Gensequenzen kommen. Ariginin und Lysin Reste der Histone können<br />

auf verscheidene Weise modifiziert werden (Methylierung, Acetylierung, Phosporlierung, Ubiquinyierung) 1<br />

22


Ernährung / Prävention<br />

min B12 dienen. Kommt es durch ungesunde Ernährung<br />

zu einem Mangel an diesen Substanzen, kann eine<br />

DNA-Hypomethylierung die Folge sein, wodurch unter<br />

Umständen das Risiko auf bestimmte Krankheiten, wie<br />

Krebs, ansteigt. 8 Studien an Tieren haben gezeigt, dass<br />

eine schlechte Versorgung der Mutter mit Folsäure<br />

bzw. Vitamin B12 zu Verringerung der Methylierung von<br />

DNA-Abschnitten im Hippocampus der Neugeborenen<br />

beiträgt und damit die Gedächtnisleistung beeinflusst.<br />

Eine pränatale Supplementierung mit Docosahexaensäure<br />

bei Tieren mit Vitamin B12 Mangel konnte die<br />

Hypomethylierung bei den Neugeborenen kompensieren.<br />

9<br />

beschriebenen Mechanismen kann zu abnormer Genaktivität<br />

oder Abschaltung der Gene führen. Daraus<br />

können Krankheiten wie Krebs, Fragile X Syndrom oder<br />

Prader-Willi Syndrom resultieren. 4<br />

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die epigenetischen<br />

Modifikationen aber auch einen Ansatzpunkt<br />

für die Behandlung vielzähliger Krankheiten liefern.<br />

Im Gegensatz zu DNA-Mutationen sind epigenetische<br />

Modifikationen reversibel. Hauptansatzpunkt hierfür sind<br />

DNA-Methylierungen und Histon-Modifikationen. 4<br />

Eine weitere wichtige Rolle spielen Histon-Modifikationen.<br />

Der DNA-Doppelstrang liegt mit Hilfe von Histonkomplexen<br />

in dicht gepackter Form vor. Um die Gene<br />

aktivieren zu können, muss das Erbgut zunächst wieder<br />

entpackt werden. Dies geschieht mit Hilfe von Acetylgruppen<br />

(Ac), welche den DNA-Strang auflockern und somit<br />

die Gene an dieser Stelle lesbar machen (Abb.1). 4,6,7<br />

FOLSÄURE<br />

VITAMIN<br />

B12<br />

In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass<br />

bestimmte Histone durch die Bindung des Vitamins Biotin<br />

spezifisch verändert werden. Man kann also davon<br />

ausgehen, dass ein Biotin Mangel die Gen Regulation<br />

und Stabilität des Genoms negativ beeinflussen kann. 8<br />

Neben den bereits erwähnten Modifikationen spielt<br />

auch die RNA-Interferenz (RNAi) bei der Abschaltung<br />

von Genen eine wichtige Rolle. Sie dient vorwiegend zur<br />

Abwehr fremder RNA, zum Beispiel von Viren. RNAi<br />

wird ausgelöst durch doppelsträngige RNA. Diese wird<br />

zunächst enzymatisch in kleinere Abschnitte zerlegt.<br />

Einzelstränge dieser kurzen RNA Fragmente können<br />

dann an komplementäre mRNA (messenger RNA) binden<br />

und diese blockieren. Dadurch wird eine Translation<br />

verhindert. Bei diesem Vorgang spricht man auch<br />

von post-transcriptional gene silencing. 4,6,7<br />

Einerseits sind epigenetische Modifikationen notwendig<br />

für eine normale Entwicklung und Gesundheit, andererseits<br />

können sie auch Auslöser für verschiedene<br />

Krankheiten sein. Jegliche Störung in einem der drei<br />

Krankheit Symptom Ursache<br />

Fragile X Syndrom<br />

Prader-Willi Syndrom<br />

Abbildung 2: modifiziert nach 2<br />

kognitive Behinderung,<br />

Chromosom Instabilität<br />

kognitive Behinderung,<br />

Fettleibigkeit<br />

Verlängerung oder/und Methylierung<br />

des CGG Tripletts des Gens FMR1<br />

väterliche Kopie eines oder mehrerer prägenden<br />

Gene des Chromosomenabschnitts 15q11-13 werden<br />

nicht exprimiert, mütterliche Kopie ist abgeschaltet<br />

Leukämie Gestörte Hämatopoese Chromosomale Translokation<br />

23


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Mit Hilfe von DNA-Methyltransferase-Inhibitoren, wie 5-Aza-Cytidin oder 5-Aza-2'-<br />

Des oxycytidin, können stillgelegte Gene wieder reaktiviert werden. Stoffe, die gezielt<br />

bei Histon-Modifikationen ansetzen, sind sogenannte Histon Deacetylase Inhibitoren.<br />

Sie entfernen die an der DNA gebundenen Acetylgruppen, wodurch sich das Erbgut<br />

verdichtet und die Transkription gestoppt wird (Abb.3). 4<br />

Anna Schwarz<br />

Master of Science Biologie<br />

Produktmanagement<br />

Plantafood Medical GmbH<br />

Die Epigenetik bietet einen sehr vielversprechenden Ansatzpunkt in der Therapie<br />

von Krankheiten. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass epigenetische Therapien<br />

selektiv auf entartete Zellen wirken. Ansonsten können aus normal arbeitenden<br />

Zellen Krebszellen entstehen und so das hervorrufen, was man eigentlich bekämpfen<br />

möchte. 4<br />

Abb. 3: Struktur von Cytidin, 5-Methyl-Cytidin und der Histon Deacetylase Inhibitoren 5-Aza-Cytidin und 5-Aza-2'-Desoxycytidin<br />

modifiziert nach 3<br />

Quellen<br />

1 http://www.tagesanzeiger.ch/wissen/natur/Der-zweite-Code/story/21670270<br />

2 Egger, G., et al.: „Epigenetics in human disease and prospects for epigenetic therapy“, Nature 429, 457–463 (2004) doi: 10.1038/<br />

nature02625<br />

3 http://www.nature.com/nrclinonc/journal/v2/n12s/fig_tab/ncponc0351_F1.html<br />

4 http://www.nature.com/scitable/topicpage/epigenetic-influences-and-disease-895#<br />

5 Bundesminsiterium für Bildung und Forschung<br />

6 Max Planck Gesellschaft: http://www.mpg.de/342582/forschungsSchwerpunkt1<br />

7 http://www.planet-wissen.de/natur_technik/forschungszweige/epigenetik/<br />

8 http://www.diagnostisches-centrum.de/index.php/dcms-stoffwechsel-profil-die-mikronaehrstoffanalyse-fuer-den<br />

stoff wechel/187-archiv/archiv-diabetes-melliuts/525-mikronaehrstoffe-und-epigenetik.html<br />

9 Hans Konrad Biesalski: Mikronährstoffe als Motor der Evolution; Springer Spektrum, ISBN 978-3-642-55396-7<br />

24


Ernährung / Prävention<br />

In den USA ist der Begriff ORAC vielen seit Jahren ein Begriff.<br />

In Europa ist er den meisten immer noch nahezu unbekannt,<br />

obwohl ORAC hin und wieder in unterschiedlichen Zusammen-<br />

hängen in der <strong>Press</strong>e erscheint.<br />

ORAC – die neue<br />

Qualitätsdimension<br />

Was ist „ORAC“? ORAC ist die Abkürzung<br />

für Oxygen Radical Absorption Capacity.<br />

Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich eine Labormethode<br />

zur Bestimmung der antioxidativen Kapazität.<br />

In den 1990er Jahren rückten die sekundären Pflanzenstoffe<br />

in den wissenschaftlichen Mittelpunkt. Sekundäre<br />

Pflanzenstoffe sind eine sehr heterogene Gruppe<br />

von pflanzlichen Substanzen mit einem sehr breiten<br />

Wirkungsspektrum. Sekundäre Pflanzenstoffe gehören<br />

zum Abwehrsystem von Pflanzen und haben ausgeprägte<br />

antioxidative, antivirale oder auch anti-fungiale Effekte.<br />

Diesen Pflanzenstoffen werden auch im menschlichen<br />

Organismus positive Wirkungen zugeschrieben.<br />

Zum Erhalt der Gesundheit wird immer wieder auf eine<br />

gesunde, d.h. vorwiegend vegetarische, Ernährung hingewiesen.<br />

Viele Studien haben belegt, daß vegetabile<br />

Kost vorteilhaft für den gesamten Organismus ist. Der<br />

positive Effekt wird den sekundären Pflanzenstoffen in<br />

den Pflanzen zugeschrieben. Ein verbreitetes Konzept<br />

beruht auf der Annahme, dass mit Obst und Gemüse<br />

eine große Menge natürlicher Antioxidantien zugeführt<br />

wird, die der menschliche Organismus nicht selbst herstellen<br />

kann. Einige Wissenschaftler sprechen sogar<br />

von semi-essentiellen Substanzen.<br />

25


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Zu den natürlichen Antioxidantien zählen unter an derem<br />

die Vitamine A, C und E, wobei Vitamin C für den<br />

Organismus essentiell, d. h. lebensnotwendig ist, da wir<br />

dieses Molekül bekanntermaßen nicht selbst herstellen<br />

können. Die sekundären Pflanzenstoffe sind eine andere,<br />

sehr vielschichtige Gruppe. Bekannt sind mittlerweile<br />

die Gruppe der Polyphenole, zu der OPC gehört,<br />

oder die Catechine im Grünen Tee, Kakao oder Kaffee.<br />

Über die protektive Wirkung der sekundären Pflanzenstoffe<br />

im Grünen Tee ist viel berichtet worden. Dieser<br />

positive Effekt wird der ausgeprägten antioxi dativen<br />

Kraft der sekundären Pflanzenstoffe im Grünen Tee zugeschrieben.<br />

Der ORAC Test<br />

Während antivirale, antibaktierielle oder auch antifungiale<br />

Wirkungen mit entsprechenden Testsystemen<br />

erfasst werden konnten, war dies mit der Bestimmung<br />

einer antioxidativen Wirkung schwieriger.<br />

In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts beschäftigte<br />

sich daraufhin die Arbeitsgruppe um Ronald Prior an<br />

der Tufts Universität in Boston, USA in Zusammenarbeit<br />

mit dem US Department for Agriculture mit einem Testsystem<br />

zur Bestimmung der antioxidativen Kapazität<br />

von Pflanzenstoffen. Er entwickelte den sogenannten<br />

„ORAC-Test“.<br />

Andere Arbeitsgruppen folgten und entwickelten ihrerseits<br />

Testmethoden zur Bestimmung der antioxidativen<br />

Kapazität. Als Beispiel seien hier der FRAP (Ferric Iron<br />

Reducing Antioxdant Power) Test oder der TEAC (Trolox<br />

Equivalent Antioxidant Capacity) Test genannt.<br />

In der Folgezeit hat sich aber der ORAC-Test nach Prior<br />

et al. mit einigen Modifikationen als Standardmethode<br />

etabliert.<br />

Das ORAC Testprinzip<br />

Im Gegensatz zu anderen Testsystemen (z. B.: TEAC) ist<br />

der ORAC-Test kein Endpunkttest sondern folgt einem<br />

kinetischen Verlauf.<br />

Bei dem ORAC-Test wird die Abnahme der Fluoreszenz<br />

einer fluoreszierenden Substanz, z. B.: Fluoreszein, bestimmt.<br />

Im Reagenzglas wird eine chemische Azoverbindung<br />

als Radikalengenerator mit der zu untersuchenden<br />

antioxidativen Probe gemischt. Die Abnahme<br />

der Fluoreszenz ist abhängig von der antioxidativen<br />

Potenz der zu untersuchenden Probe. Der Radikalengenerator<br />

produziert Peroxyl-Radikale, die das Fluoreszenz-Molekül<br />

zerstören. In dem Umfang, wie die Radikale<br />

eliminiert werden, bleibt die Fluoreszenz erhalten<br />

oder schwächt sich langsamer ab. Die Antioxidantien<br />

üben somit eine Schutzwirkung auf das Fluoreszenz-<br />

Molekül aus. Die Fluoreszenzabnahme wird zeitabhängig<br />

in einer Kurve aufgezeichnet. Verglichen wird der<br />

Ansatz mit und ohne Antioxidanz. Die Fläche unter den<br />

beiden Kurven wird ermittelt und daraus die anti oxidative<br />

Schutzwirkung ermittelt. Die Quantifizierung<br />

wird anhand des Antioxidanz Trolox, einer synthetischen<br />

Vitamin E-Verbinding, vorgenommen, d. h. es<br />

wird eine Standardkurve mit verschiedenen Trolox-Konzentrationen<br />

erstellt. Die Untersuchungsprobe wird daran<br />

verglichen und das Ergebnis als Trolox-Äquivalente<br />

pro g (µmol TE/g oder auch µmolTE/100 g) angegeben.<br />

Grundsätzlich muß eine Probe vor ihrer Verwendung<br />

für die Testbestimmung aufbereitet werden. Vereinfacht<br />

gesagt, müssen die Antioxidantien aus ihrer Umgebung<br />

herausgelöst werden, um sie für den Test<br />

zugängig machen. Der bei weitem größte Teil der Antioxidantien<br />

ist wasserlöslich (mehr als 80 %). Nur ein<br />

kleiner Prozentsatz ist fettlöslich. Aus Praktikabilitätsgründen<br />

beschränkt sich daher<br />

die Angabe eines ORAC-Wertes<br />

in der Regel auf den Anteil<br />

der wasserlöslichen<br />

Anti oxidantien.<br />

26


Ernährung / Prävention<br />

Die Standardisierung des ORAC-Tests<br />

Seit Veröffentlichung der Testmethodik hat der ORAC-<br />

Wert Einzug in viele Labore gehalten. Viele ORAC-Werte<br />

wurden für eine Vielzahl von Proben bestimmt, u. a. Gemüse,<br />

Obst (gern sogeannte „Superfruits“) oder andere<br />

antioxidativ wirksame Chemikalien.<br />

Bei der Auswertung der Daten zeigte sich aber, dass<br />

die Vergleichbarkeit der ORAC-Werte schlecht war. Die<br />

Differenzen betrugen zum Teil 100 %. Das kann bei kleinen<br />

Wertegrößen durchaus im Bereich methodischen<br />

Schwankungsbreite liegen, wurde aber auch bei höheren<br />

Werten beobachtet. Die fehlende Validierung der<br />

Testmethode erwies sich als Schwäche und die Verwendung<br />

das ORAC-Wertes als Verbraucherinformation<br />

wurde kritisch gesehen.<br />

Gerade in Europa ist die Angabe oder Auslobung von<br />

Informationen auf Produkten vor dem rechtliche Hintergrund<br />

und dem Verbraucherschutz ein sensibles Thema.<br />

Die verwendeten Daten müssen nach bestimmten<br />

Kriterien erhoben werden, um akzeptiert zu werden. Es<br />

geht hierbei nicht nur um die Verbraucherakzeptanz,<br />

sondern auch um die Akzeptanz von Behörden oder Industrieverbänden.<br />

Handelt es sich die Verwendung eines<br />

Wertes, ist der Einsatz eines validierten Verfahrens<br />

bei der Bestimmung des Wertes unerläßlich. Ist eine<br />

Methode „validiert“ heißt dies, dass die gewählte Meßmethode<br />

gleiche und verläßliche Ergebnisse für eine<br />

Untersuchungsprobe liefert.<br />

Für die Durchführung einer Validierung wird eine umfangreiche<br />

Arbeitsanweisung erstellt. Am Ende des Validierungsverfahren<br />

für eine Meßmethode muß einer<br />

Prüfinstitution eine technische Dokumentation mit verschiedenen<br />

Kenngrößen der gewählten Methode, wie<br />

Wiederfindung, Präzision oder Matrixeffekte vorgelegt<br />

werden. In Mehrfachexperimenten werden viele Daten<br />

erhoben, die zeigen, dass sowohl innerhalb eines Tages,<br />

wie auch an unterschiedlichen Tagen und innerhalb<br />

eines großen Zeitintervalls eine Probe immer die gleichen<br />

Ergebnisse liefert. Die Schwankungsbreite wird<br />

vorlegt festgelegt und ist sehr gering. Die Prüfkommison<br />

(z. B.: die Deutsche Akkreditierungsstelle DAkkS)<br />

sichtet alle Daten und akkreditiert die Methode nach<br />

Akzeptenz der Daten.<br />

2012 wurde die ORAC Methode erstmalig in Deutschland<br />

von dem Unternehmen Joining HEALTH Medicare<br />

GmbH, Frankfurt in Kooperation mit der BioTeSys<br />

GmbH, Esslingen von der DAkkS GmbH für verschiedene<br />

Matrices akkreditiert.<br />

Alle dargestellten und verglichenen ORAC-Werte wurden<br />

daher mit der validierten Methode ermittelt.<br />

Der ORAC-Wert<br />

Der ORAC-Wert ist ein numerischer Wert. Zum Beispiel<br />

wurde bei einen Jonagold-Apfel aus dem Supermarkt im<br />

Mittel 1.250 ORAC gemessen; bei einem Elstar-Apfel<br />

aus biologischen Anbau 2.000 ORAC.<br />

Obwohl die wissenschaftlich korrekte Angabe µmol<br />

TE/g oder auch µmolTE/100g ist, hat sich im allgemeinen<br />

Sprachgebrauch hat sich der Begriff ORAC eingebürgert.<br />

In den letzten Jahren wurden im Rahmen der oben erwähnten<br />

Kooperation eine Vielzahl von Proben aus dem<br />

Lebensmittel- und Gesundheitsbereich gemessen. Interessante<br />

Ergebnisse lieferten auch die Proben von kosmetischen<br />

Extrakten, deren antioxidative Wirkung ausgelobt<br />

wurde.<br />

Ein gut untersuchtes Material ist Traubenkernmehl,<br />

dessen ORAC-Werte bei verschiedenen Korngrößen<br />

bestimmt wurden. Traubenkernmehl ist eigentlich ein<br />

Abfallprodukt aus der Weinherstellung, hat aber wegen<br />

des hohen Gehalts an Polyphenolen Verwendung in<br />

der Backindustrie gefunden.<br />

Die Untersuchung verschiedener Antioxidantienprodukte<br />

aus der Gesundheitsbranche war aufschlußreich.<br />

In einem Vergleich wurden 12 verschiedene Handelsprodukte<br />

einer ORAC-Messung unterzogen und die<br />

Werte, bezogen auf die angegebene Tagesdosis (TD)<br />

verglichen. Kein Produkt kam über einen Wert von<br />

1.000 ORAC pro TD hinaus. 3 von 12 zeigten Werte<br />

zwischen 900 – 1.000 ORAC, die anderen 9 Produkte<br />

lagen zwischen 100 – 500 ORAC pro TD.<br />

27


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Ausgangspunkt der Beschäftigung mit dem ORAC-<br />

Wert war 2008 die Fragestellung nach der Qualität<br />

eines eigenen Antioxidatienprodukts im Vergleich zu<br />

vorhandenen Produkten. Das Ergebnis war eine Produktreihe<br />

von Antioxidantien mit unterschiedlichen<br />

ORAC Werten pro TD. Bei der Konzeption wurden unterschiedliche<br />

Rohstoffe mit unterschiedlichen Chargen<br />

und von verschiedenen Anbietern gemessen. Es zeigte<br />

sich, dass Traubenkernextrakte eine gewisse Chargenvarianz<br />

(15 %) aufwiesen, wo hingegen Grünteeextrakte<br />

sehr stabile Ergebnisse (< 5 %) lieferten. Eine<br />

sehr hohe Schwankungsbreite wurde bei Cranberry<br />

oder Granatapfel unter den verschiedenen Anbietern<br />

gefunden.<br />

Hinsichtlich der antioxidativen Kapazität hat Aronia die<br />

Erwartungen erfüllt. Aronia Produkte hatten durchweg<br />

einen guten ORAC-Wert. Kakao-Extrakte wiesen eine<br />

hohe Chargenvarianz ( ca. 70 %) aus.<br />

Für die Produktformulierung wurden dann die Rohstoffe<br />

herausgefiltert, die einen hohen und chargenstabilen<br />

ORAC-Wert auswiesen. Der Spezifikationsbereich wurde<br />

mit 3.000 ORAC – 12.000 ORAC/g festgesetzt.<br />

Wie eingangs erwähnt, lieferten kosmetische Pflanzenextrakte<br />

einige interessante Wertebereiche: für Acerola,<br />

Acai und Aronia wurden ORAC-Werte (jeweils pro g)<br />

< 100 gefunden; für Rosmarin, Traubenkern und Grüntee<br />

dagegen Werte > 5.000.<br />

Der Stellenwert des ORAC-Wertes heute<br />

Auf Grund seiner Messungen und Studien postulierte<br />

Ronald Prior in den 90ger Jahren für den Erhalt des<br />

eigenen Wohlbefindens eine tägliche Einnahme von<br />

3.500 ORAC pro Tag. Basis war die Beobachtung<br />

des Anstieg des antioxidativen Kapazität im Blut von<br />

Probanden nach einer entsprechenden Zufuhr von Nahrungsmitteln<br />

(Gemüse), die reich an Antioxidantien waren,<br />

also einen hohen ORAC-Wert aufwiesen.<br />

In der Folgezeit entstand eine umfangreiche Datenbank,<br />

die auf der Webseite der USDA veröffentlicht wurde.<br />

Viele Anbieter nutzen diese Informationen, um gesundheitsbezogene<br />

Aussage zu ihren jeweiligen Produkten<br />

zu machen. Gesundheitsbezogene Aussagen wurden<br />

in den USA bis vor kurzem weitestgehend toleriert. In<br />

Europa wird und wurde dies bekanntlich strenger gehandhabt.<br />

Der Mißbrauch des ORAC-Wertes in Zusammenhang<br />

mit gesundheitsbezogenen Aussagen hat die US-Behörde<br />

2012 bewogen, die ORAC Datenbank von ihrer<br />

Webseite herunterzunehmen.<br />

In einer Erklärung dazu stellte Ronald Prior 2012 klar:<br />

... „Es ist bedauerlich, aber wahr, das die Ergebnisse<br />

von ORAC Analysen manchmal missbraucht wurden,<br />

aber dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Informationen<br />

(also der ORAC-Wert) nicht sinnvoll ist, wenn<br />

er entsprechend verwendet wird.“<br />

Und in einer sehr frühen Stellungnahme sagte er:<br />

... „Wenn es gelingt, einen Zusammenhang zwischen<br />

der ORAC Aufnahme und der Gesundheit von Personen<br />

darzustellen, dann, denke ich, werden wir an den Punkt<br />

kommen, wo der ORAC-Wert der neue Standard für<br />

„Good Antioxidant Protection“ wird.<br />

Bevor dies zulässlich sein wird, müssen allerdings noch<br />

einige Untersuchungen durchgeführt werden. Der Gesundheitsbezug<br />

in Zusammenhang mit ORAC oder antioxidativer<br />

Kapazität ist nicht erlaubt.<br />

Welche Informationen gibt der ORAC-Wert dem<br />

Verbraucher, welchen Vorteil dem Hersteller heute?<br />

Im Rahmen eines wissenschaftlichen Consensusgesprächs<br />

mit Teilnehmern aus Industrie und Wissenschaft<br />

verständigte man auf die Aussage, dass der<br />

ORAC-Wert als Qualitätsinfor mation<br />

für Produkte jeg licher Art<br />

einen großen Stellenwert<br />

hat.<br />

28


Anzeige /<br />

Der Einfluß verschiedener Eckdaten wie Erntezeitpunkt,<br />

Reifegrad oder physikalischer Größen während des<br />

Transport- oder Produktionsprozesses, wie z. B.: Temperatur,<br />

Druck ist über den ORAC-Wert darstellbar. Der<br />

ORAC-Wert ist eine biologische Größe, die ein biologisches<br />

Potential beschreibt. Je besser ein Produkt im<br />

Verlauf seines gesamten Zyklus behandelt wird, um so<br />

besser dürfte der ORAC-Wert an Ende, sprich auf dem<br />

Ladentisch, sein. Hier bietet sich auch ein wertvolles<br />

Instrument zur Qualitätsüberwachung sowohl für die<br />

Lebensmittel- wie auch die Gesundheits- und Kosmetikindustrie<br />

an, dass darüber hinaus relativ schnell und<br />

zuverlässig eingesetzt werden kann.<br />

Interessant ist der Einsatz des ORAC-Wertes in der kosmetischen<br />

Industrie. Hier müssen Wirkaussagen belegt<br />

werden. Über die in diesem Bereich gängigen Zellkulturmodelle<br />

könnte relativ zügig der Zusammenhang<br />

zwischen der Höhe des ORAC-Wertes und der antioxidativen<br />

Schutzwirkung der verwendeten Extrakte auf<br />

vorbehandelte Zellen ermittelt werden.<br />

Der ORAC-Wert ist als analytischer, nachweisbarer<br />

Wert auf dem Produkt darstellbar, für das er ermittelt<br />

wurde.<br />

Der ORAC-Wert ist keine Menge, die gewogen wird; keine<br />

Konzentration, die gemessen wird sondern eine biologische<br />

Größe. Der ORAC-Wert darf daher mit Recht<br />

als neue Qualitätsdimension bezeichnet werden; in Anlehnung<br />

an Ronald Prior als neuer Standard für „Good<br />

Antioxidant Quality“.<br />

Dr. Cornelia Friese-Wehr<br />

Joining HEALTH<br />

Medicare Int. GmbH<br />

Referenzen:<br />

• Stahl, W., Oxidativer Stress – Antioxidantien aus Lebensmitteln;<br />

Ernähungsumschau 10/2011<br />

• Ou, B., J. Agric. Food Chem, 50: 3122-3128; 2002<br />

• Wu, X., J. Agric. Food Chem, 52: 4026-4037; 2004<br />

Alle ORAC-Daten:<br />

• Friese-Wehr, C. Joining HEALTH Medicare, Wacker, R.;<br />

Bernhardt, J., BioTeSys; 2008 – 2014


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Die Health-Claims-Verordnung 1924/2006/EG<br />

bestimmt dominant die Zulässigkeit von nähr wertbezogener<br />

und gesundheitsbezogener Werbung.<br />

Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang<br />

ist die einschlägige Rechtsprechung des BGH,<br />

die aktuell vorgestellt werden soll.<br />

Neueste BGH-Rechtsprechung<br />

zur Health-<br />

Claims-Verordnung<br />

1. Positiv zu erwähnen ist zunächst das Urteil des BGH vom 17. 01. 2013 –<br />

I ZR 5/12 – „Vitalpilze -.<br />

§<br />

a) In diesem Zusammenhang hat der BGH zunächst klargestellt, dass gesundheitsbezogene<br />

Angaben auch solche sind, die unspezifisch sind und deshalb mangels<br />

ausreichender Bestimmtheit nicht zulassungsfähig im Sinne des Artikel 13 Abs. 1<br />

der Verordnung.<br />

Gemäß Artikel 2 Abs. 2 Nr. 5 der VO 1924/2006/EG sind gesundheitsbezogene<br />

Angaben alle Angaben, mit denen erklärt, suggeriert oder auch nur mittel bar<br />

zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittel<br />

kategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits<br />

und der Gesundheit andererseits bestehen.<br />

Der BGH verweist in diesem Zusammenhang<br />

auf die Rechtsprechung des EuGH, wonach<br />

der Begriff „gesundheitsbezogen“ weit auszulegen<br />

sei (EuGH, Urteil vom 06.09.2012 –<br />

Deutsches Wein tor – WRP 2012, 1368).<br />

Der Begriff der gesundheitsbezo ge ­<br />

nen Angabe erfasse daher jeden<br />

Zusammenhang, der eine Verbesserung<br />

des Gesundheitszustandes<br />

dank des Verzehrs des Lebensmittels<br />

suggeriere (BGH, Beschluss<br />

vom 05. 12. 2012 – „Monsterbacke“ -,<br />

WRP 2013, 180).<br />

30


Recht<br />

Als gesundheitsbezogene Aussagen seien deshalb<br />

z. B. anzusehen „Zur Unterstützung eines gesunden<br />

Herz-Kreislauf-Systems verbessert dieser Vitalpilz<br />

die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit bei<br />

Stress“ und „Vitalpilz zur Unterstützung einer gesunden<br />

Verdauung.“ und „Starker Vitalpilz in der effektiven<br />

Unterstützung des Immunsystems“ und „Zur<br />

Unterstützung eines stabilen Immunsystems“ und<br />

„Zur Unterstützung einer gesunden Durchblutung“<br />

und „Für gesunde Blutgefäße“ und „Ist geeignet, um<br />

die Blutgefäße gesund zu erhalten“ und „Zur Unterstützung<br />

einer gesunden Blutzirkulation“.<br />

Dies gelte aber auch für die beiden Aussagen „Zur<br />

Unterstützung einer optimalen Leistungsfähigkeit“<br />

und „Der Raupenpilz erhöht die Ausdauer und Leistungsfähigkeit“.<br />

Mit diesen Aussagen würde zwar auf das durch die<br />

Mittel steigernde gesundheitliche Wohlbefinden Bezug<br />

genommen, nicht aber auf bestimmte dadurch zu<br />

fördernde Funktionen des Körpers.<br />

b) Solche Verweise auf allgemeine, nicht spezifische<br />

Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die<br />

Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitliche<br />

Wohlbefinden seien jedoch nach Artikel 10 Abs.<br />

3 der VO 1924/2006/EG nur zulässig, wenn ihnen<br />

eine in einer der Listen nach Artikel 13 und 14 der<br />

Verordnung enthaltene spezielle gesundheitsbezogene<br />

Angabe beigefügt sei.<br />

Der BGH hat jedoch klargestellt, dass solange diese<br />

Listen nicht vollständig erstellt sind, Artikel 10 Abs. 3<br />

der Verordnung noch nicht vollzogen werden könne.<br />

Dies gelte ausdrücklich auch, obwohl mittlerweile<br />

die VO 432/2012/EG veröffentlicht worden sei. Die<br />

Anwendung des Verbots des Artikel 10 Abs. 3 setze<br />

jedoch voraus, dass die Listen erstellt sind. Solan<br />

ge dies nicht geschehen ist, sei die Verwen dung<br />

entsprechender Verweise durch die Verordnung<br />

1924/ 2006/EG nicht reglementiert.<br />

Im Ergebnis ist es somit für die Lebensmittelindustrie<br />

sehr erfreulich, dass die Verwendung von Verweisen<br />

auf unspezifische Vorteile des Lebensmittels oder<br />

eines Inhaltsstoffs für die Gesundheit auch dann verwendet<br />

werden kann, obwohl keine spezifisch zugelassene<br />

gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.<br />

Zu beachten ist hierbei allerdings natürlich, dass die<br />

allgemeinen Irreführungstatbestände, wie § 11 LFGB<br />

und Artikel 7 der LMIV 1169/2011/EG zu beachten<br />

sind.<br />

c) Ferner hat der BGH in dem Urteil klargestellt, dass<br />

der Verwender von gesundheitsbezogenen Angaben<br />

gemäß Artikel 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung gehalten<br />

ist, in einem Prozess über ihre Zulässigkeit ihre<br />

Richtigkeit zu belegen. Dies gelte auch unabhängig<br />

davon, ob der Kläger dies substantiiert in Frage stellt<br />

oder nicht.<br />

Erfreulich für die Lebensmittelindustrie ist jedoch der<br />

Umstand, dass der BGH in diesem Urteil klargestellt<br />

hat, dass bei der Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln<br />

und „einfachen“ Lebensmitteln nicht<br />

die strengen Wirksamkeitsnachweise wie bei pharmakologisch<br />

wirkenden Arzneimitteln oder auch bei<br />

diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische<br />

Zwecke gefordert werden können. Während das<br />

Berufungsgericht noch die Auffassung vertreten hat,<br />

dass für den Wirksamkeitsnachweis grundsätzlich<br />

dieselben Anforderungen zu stellen seien, wie an den<br />

Nachweis der Wirksamkeit eines Arzneimittels oder<br />

einer Bilanzierten Diät, hat der BGH dieser Rechtsauffassung<br />

eine klare Absage erteilt. Es sei somit<br />

nicht zwingend erforderlich, den Nachweis der Wirkung<br />

des Präparates durch randomisierte und placebo-kontrollierte<br />

Doppelblind-Studien nachzuweisen,<br />

die durch ihre Veröffentlichung in den Diskussionsprozess<br />

der Fachwelt einbezogen worden seien. Eine<br />

solche schematische Sichtweise werde den besonderen<br />

Anforderungen nicht gerecht, die ja den Verwender<br />

einer gesundheitsbezogenen Angabe gemäß<br />

Artikel 5 Abs. 1, Artikel 6 Abs. 1 der Verordnung zu<br />

stellen seien.<br />

Die immer wieder von Überwachungsbehörden oder<br />

auch von Abmahnvereinen und bestimmten Vertretern<br />

von Wettbewerbsunternehmen aufgestellte Forderung,<br />

das sog. Strengeprinzip in der Gesundheitswerbung<br />

verlange solche strikten Wirksamkeitsnachweise<br />

wie bei zugelassenen Arzneimitteln, entspricht<br />

somit nicht der aktuellen BGH-Rechtsprechung.<br />

31


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

§<br />

2. Mit einem aktuellen Beschluss des BGH vom<br />

12. 03. 2015, I ZR 29/13 hat der BGH die Werbevorgaben<br />

für die Lebensmittelindustrie noch einmal<br />

signifikant liberalisiert.<br />

a) In dem Verfahren ging es um die Bewerbung von<br />

sog. „Rescue-Tropfen“ mit Bachblüten. Hierbei streiten<br />

sich die Parteien bereits, ob es sich bei den Präparaten<br />

um alkoholische Getränke oder Nahrungsergänzungsmittel<br />

handelt. Dies ist von Relevanz, da<br />

gemäß Artikel 4 Abs. 3 der Verordnung 1924/2006/<br />

EG Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als<br />

1,2 Volumenprozent keinerlei gesundheitsbezogene<br />

Angaben tragen dürfen. Dies gilt allerdings nicht gemäß<br />

Erwägungsgrund 13 für Nahrungsergänzungsmittel,<br />

die in flüssiger Form dargereicht werden und<br />

mehr als 1,2 % Alkohol enthalten.<br />

Der BGH hat klargestellt, dass gegen eine Einordnung<br />

der Präparate als alkoholisches Getränk bereits<br />

spreche, dass diese Produkte nicht dazu bestimmt<br />

seien, getrunken zu werden. Es seien keine Umstände<br />

ersichtlich, dass ein Durchschnittsverbraucher ein<br />

ent sprechendes Spray als alkoholisches Getränk auffasse.<br />

Dasselbe gelte ebenfalls für die entsprechenden<br />

Tropfen, die un verdünnt tropfenweise einzunehmen<br />

seien. Selbst bei entsprechender Aufnahme mit<br />

einem Glas Wasser ändere dies nichts daran, dass<br />

der Verbraucher das Produkt bestimmungs gemäß<br />

nur tropfenweise unverdünnt oder verdünnt als Zusatz<br />

zu einem Getränk Wasser zu sich nimmt und<br />

den Körper damit selbst bei regelmäßiger Einnahme<br />

keine Alkoholmenge zuführt, die als gesundheitsschädlich<br />

eingeordnet werden könnte. Auch der<br />

Schutz zweck, der ersichtlich herkömmliche oder gängige<br />

alkoholische Getränke regulieren wolle, spreche<br />

somit gegen eine Einstufung des Produktes als Getränk<br />

im Sinne der Ver ordnung.<br />

b) Ferner hat der BGH sich damit auseinandergesetzt,<br />

ob auch bei Verweisen auf allgemeine, nicht<br />

spe zi fische Vorteile gemäß Artikel 10 Abs. 3<br />

der Ver ordnung wissenschaftliche Nachweise<br />

im Sinne des Artikel 5 Abs. 1 a und Artikel 6<br />

der Verordnung vorliegen müssten.<br />

Die Bezeichnung „Rescue-Tropfen“ und „Rescue Night<br />

Spray“ seien als gesundheitsbezogene Angaben im<br />

Sinne der Verordnung anzusehen.<br />

Der Begriff „RESCUE“ sei den angesprochenen, der<br />

englischen Sprache heutzutage kundigen Verkehrskreisen<br />

bekannt. Diese Bezeichnung löse die Vorstellung<br />

aus, dass die Tropfen oder das Spray zur Rettung<br />

bei einer schlechten gesundheitlichen Situation<br />

einzusetzen seien und deshalb eine die gesundheitliche<br />

Situation verbessernde Wirkung hätten.<br />

Anders als bei der Bewertung von „Original Bach-<br />

Blüten“. die der BGH als nicht gesundheitsbezogen<br />

qualifiziert hat (Urteil vom 24.07.2014, Az. I ZR<br />

221/12), sei hier somit ein Gesundheitsbezug anzunehmen.<br />

Zumindest liege ein mittelbarer Zusammenhang<br />

zwischen ihren behaupteten besonderen Eigenschaften<br />

mit der Gesundheit vor.<br />

Ob die Aussagen spezifisch oder unspezifisch seien,<br />

ändere nichts daran, dass es sich um gesundheitsbezogene<br />

Angaben im Sinne<br />

von Artikel 2 Abs. 2 Nr. 5 der<br />

Verordnung handelt.<br />

Sie würden allerdings nicht<br />

dem Verbot des Artikel 10<br />

Abs. 1 der Verordnung<br />

unterfallen, weil sie<br />

nicht zulassungsfähig<br />

seien. Die Bestimmung<br />

des Artikel<br />

10 Abs. 3 der<br />

Ver ordnung stelle<br />

eine den Besonderheiten<br />

von Verweisen<br />

auf nicht spezifische<br />

Vorteile<br />

32


Recht<br />

allgemeinen Anforderungen in Kapitel II der Verordnung<br />

gelten, nicht gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und<br />

Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 entsprechende<br />

Nachweise verlangt werden.“<br />

Bachblütenset<br />

Rechnung tragende lex specia lis gegenüber der allgemeinen<br />

Verbotsregelung des Art. 10 Abs. 1 der Verordnung<br />

dar.<br />

Die Bezeichnung „Rescue-Tropfen“ und „Rescue<br />

Night Spray“ seien auch ledig lich Verweise auf allgemeine,<br />

nicht spezifische Vorteile für die Gesundheit.<br />

Es werde nicht auf konkrete Wirkungen für bestimmte<br />

Körperfunktionen hingewiesen.<br />

Der BGH wiederholt in diesem Beschluss auch erneut<br />

seine Rechtsauffassung, dass solange die Listen<br />

mit spezifisch zu gelassenen gesundheitsbezogenen<br />

Angaben nicht finalisiert sind, Artikel 10 Abs.<br />

3 der Verordnung keine Anwendung finden kann. Er<br />

nimmt hierbei ausdrücklich Bezug, dass dies von<br />

einigen Gerichten und der Literatur kritisch gesehen<br />

würde unter Verweis auf das Urteil des OLG Hamm<br />

vom 07. 10. 2014, bleibt jedoch diesbezüglich bei seiner<br />

Rechtsauffassung.<br />

Von besonderer Bedeutung ist jedoch, dass der BGH<br />

klar und deutlich ausführt, dass für solche unspe ­<br />

zi fischen Verweise auf die Gesundheit nicht die<br />

strengen Wirksamkeitsnachweiseanforderungen des<br />

Artikel 5 und 6 der Verordnung Anwendung finden<br />

können.<br />

Hierzu führt der BGH aus:<br />

„Es ist jedoch zu beachten, dass Verweise auf allgemeine,<br />

nichtspezifische Vorteile im Sinne des Art.<br />

10 Abs. 3 dieser Verordnung ungeachtet dessen, dass<br />

es sich bei ihnen um gesundheitsbezogene Angaben<br />

im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG)<br />

Nr. 1924/2006 handelt, keiner Zulassung gemäß Art.<br />

10 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 3 und 5 oder<br />

Art. 17 dieser Verordnung bedürfen, weil für sie im<br />

Hinblick auf ihre Unbestimmtheit keine allgemein<br />

anerkannten wissenschaftlichen Nachweise im Sinne<br />

von Art. 13 Abs. 1 Ziffer i der Verordnung erbracht<br />

werden können. Nach Ansicht des Senats können für<br />

solche Verweise daher auch insoweit, als für sie die<br />

Im Ergebnis bedürfen somit unspezifische gesundheitsbezogene<br />

Aussagen keiner Wirksamkeitsnachweise<br />

im Sinne der Artikel 5, 6 der Verordnung<br />

1924/2006/EG. Dies ist bisher von einer Vielzahl<br />

von anderen Gerichten in Deutschland jedoch gefordert<br />

und muss nun zugunsten der Lebensmittelindustrie<br />

geändert werden.<br />

Allerdings ist zu beachten, dass nach wie vor die allgemeinen<br />

Irreführungstatbestände des § 11 LFGB<br />

und Artikel 7 der LMIV 1169/2011/EG gelten. Diese<br />

sind im Vergleich zu den spezifischen Anforderungen<br />

der Artikel 5 und 6 der VO 1924/2006/EG aber weniger<br />

detailreich und sehen auch eine andere Beweislastverteilung<br />

vor.<br />

Danach muss der Angreifer nachweisen, dass die<br />

Werbung nicht wissenschaftlich hinreichend gesichert<br />

ist, während bezüglich der Artikel 5 und 6 der<br />

VO 1924/2006/EG der Verwender der gesundheitsbezogenen<br />

Aussagen deren wissenschaftliche Absicherung<br />

nachzuweisen hat.<br />

Da es um die Auslegung europäischen Rechts geht, hat<br />

der BGH einen entsprechenden Vorlagebeschluss an<br />

den EuGH übermittelt. Bis der EuGH sich hierzu äußern<br />

wird, kann jedoch die Lebensmittelindustrie sich auf<br />

diese entsprechend liberale Rechtsauffassung des BGH<br />

stützen.<br />

Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass die aktuelle<br />

Rechtsprechung des BGH der Lebensmittelindustrie<br />

durchaus diverse Lichtblicke für die Verteidigung von<br />

gesundheitsbezogener Werbung bietet.<br />

Dr. jur. Thomas Büttner, LL.M.,<br />

Frankfurt am Main<br />

Rechtsanwalt und lebensmittelrechtlicher<br />

Beirat des NEM e.V.<br />

33


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Apothekenkunden haben in den vergangenen 12 Monaten bis einschließlich<br />

Juni 2015 925,6 Millionen Euro für Nahrungsergänzungsmittel ausgegeben<br />

(bewertet zu Endverbraucherpreisen). Damit wuchs der Markt weiterhin<br />

dynamisch mit 9,3 %. In der Vorjahresperiode (12-Monatswert Juni 2014)<br />

haben die Apothekenkunden 846,3 Millionen Euro für Nahrungser gänzungen<br />

ausgegeben, 7,2 % mehr als im 12-Monatswert Juni 2013.<br />

Apothekenkunden kaufen Nah -<br />

rungsergänzungsmittel zunehmend<br />

im Apotheken-Versandhandel<br />

Die Versandapotheken konnten ihren Umsatzanteil<br />

bei den Nahrungsergänzungen<br />

auf 25 % steigern und haben damit ihren Umsatz innerhalb<br />

von zwei Jahren um 70 % gesteigert. Sie erreichten<br />

im 12-Monatswert Juni 2015 einen Umsatz von 234,6<br />

Millionen Euro.<br />

Die stationären Apotheken konnten nach einer Stagnation<br />

im letzten Jahr auch wieder mehr Nahrungsergänzungen<br />

verkaufen und steigerten ihren Umsatz um<br />

6 % auf 690 Millionen Euro.<br />

Die Apothekenkunden haben im aktuellen 12-Monatswert<br />

Juni 2015 insgesamt 58,4 Millionen Nahrungsergänzungsmittel-Packungen<br />

gekauft, das waren 7,6 %<br />

mehr als im Vorjahreszeitraum. Auch beim Packungsvolumen<br />

konnten die Versandapotheken mit 12,4 Millionen<br />

Packungen stärker zulegen (+ 23%) und erreichten<br />

damit einen Anteil von 21%. Die niedergelassen Apotheken<br />

konnten nach einem Absatzrückgang im Vorjahr<br />

wieder punkten und im aktuellen 12-Monatswert Juni<br />

2015 4 % mehr Packungen verkaufen (46 Millionen Packungen).<br />

34


Ernährung<br />

1. 2.<br />

3. 4.<br />

Größere Packungen, also solche mit einem Inhalt von<br />

mehr als 75 Stück oder 100 ml bzw. Groß- und Mehrfachpackungen<br />

generell, werden überdurchschnittlich<br />

häufig über die Versandapotheken verkauft. Bei den<br />

führenden, großen Packungen liegen die Versandhandelsanteile<br />

oft bei über 30 % und erreichen vereinzelt<br />

sogar über 60 %. Bei den meisten kleineren Packungsgrößen<br />

liegt der Versandhandelsanteil deutlich unter<br />

20 % des Umsatzes.<br />

Die führenden 10 Produktgruppen decken bereits mehr<br />

als 80 % des Nahrungsergänzungsmarktes nach Umsatz<br />

ab und sorgen damit für eine nachhaltige Markt-Konzentration.<br />

Das gilt sowohl für die stationären Apotheken<br />

als auch für die Versandapotheken.<br />

Knapp 3/4 der Nahrungsergänzungen werden als feste<br />

Formen verkauft, d. h. Kapseln, Tabletten, Dragees etc.<br />

Das restliche Viertel besteht aus flüssigen Formen wie<br />

Trinkampullen, Tropfen, Einzelportionsbeuteln etc. Die<br />

mit Abstand beliebteste Darreichungsform sind Kapseln,<br />

sie machen fast 40 % des Umsatzes im Nahrungser<br />

gänzungsmarkt aus. Die Nahrungsergänzungen inTablettenform<br />

folgen mit 24 % Anteil.<br />

Vitamine und Mineralstoffe sind die größte Produktgruppe,<br />

sie machen etwa 55 % des Umsatzes mit Nahrungsergänzungen<br />

in allen Apotheken aus. In den niedergelassenen<br />

Apotheken liegt der Anteil eher bei 60 %,<br />

in den Versandapotheken allerdings bei unter 50 %.<br />

35


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

5.<br />

Neben Vitaminen und Mineralstoffen gehören Probiotika für die Darmgesundheit,<br />

Muskel-/Skelett-Präparate, Präparate für schöne Haut/Haare/Nägel und Antiarteriosklerose-<br />

und Cholesterinsenkende Produkte zu den führenden Produktgruppen in<br />

der Nahrungsergänzung.<br />

Den größten Umsatzzuwachs konnten hierbei die Probiotika für Darmgesundheit<br />

verzeichnen: Kunden kauften 55 % mehr als in der Vorperiode! Aufgrund der starken<br />

Erkältungswelle Anfang des Jahres konnten auch Vitamin C-Präparate (Immunstärkung)<br />

eine hohe Zuwachsrate von knapp 15 % erreichen. In der Produktgruppe<br />

‚An dere Dermatika‘ trugen vor allem Produkte für schöne Haut zum starken Wachstum<br />

bei.<br />

Die Anbieterkonzentration nach Umsatz ist weiterhin relativ hoch, sie hat aber<br />

im letzten 12-Monatswert etwas abgenommen. In der Offizin erreichen die führenden<br />

10 Nahrungsergänzungsmittel-Anbieter 41,5 % des Gesamtumsatzes, im Versandhandel<br />

erreichen die führenden 10 Anbieter 37,5 %.<br />

Kerstin Büttel<br />

OTC-Services, INSIGHT Health GmbH & Co. KG<br />

• www.insight-health.de<br />

36


Social-Media<br />

Der Wert von Social-Media-<br />

Marketing für Unternehmen<br />

Stellen Sie sich vor, Sie planen einen Roadtrip durch die USA. Sie können<br />

sich natürlich einfach in ein Auto setzen und treiben lassen (was sicherlich<br />

ein spannendes Abenteuer sein kann). Im Zweifelsfalle werden Sie Ihren Trip aber<br />

gründlich planen - Wo starte ich, was ist mein Ziel, wie gelange ich dorthin? Wo mache<br />

ich Rast, wo muss ich tanken? Was wird es mich kosten? Und Sie werden immer<br />

die Benzinanzeige im Auge behalten, damit Ihnen nicht mitten in der Wüste das Benzin<br />

ausgeht.<br />

In der rational geprägten unternehmerischen Praxis werden Sie sicher ähnlich planvoll<br />

vorgehen. Sofern Sie in Social-Media-Aktivitäten investieren, erwarten Sie, dass<br />

diese auch einen Wert für Ihr Unternehmen darstellen. Damit dies der Fall ist, müssen<br />

Sie ihre Aktivitäten zielgerichtet planen. Für diesen Zweck habe ich das „Social-Media-Marketing-Prozessmodell“<br />

entwickelt:<br />

Social-Media-Marketing-Prozessmodell (eigene Darstellung)<br />

37


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Marketing und dementsprechend auch Social-Media-Marketing, welches eine Unterkategorie<br />

des Marketings darstellt, sind lediglich Mittel zur Erfüllung der Unternehmensziele.<br />

Erfolgreich ist Social-Media-Marketing also, wenn es zum Erreichen der<br />

Unternehmensziele beiträgt. Ihre Unternehmensziele sind i.d.R. monetärer Art, d.h.<br />

Sie möchten Gewinn erzielen. Dies gelingt, indem sie Kosten senken oder den Umsatz<br />

erhöhen. Marketing- und Social-Media-Ziele, die zur Erfüllung der (finanziellen)<br />

Unternehmensziele führen sollen, müssen für jedes Unternehmen individuell gewählt<br />

werden, da sich diese nach vielen Faktoren richten können, bspw. der Branche, der<br />

Größe des Unternehmens, den Kapazitäten, der Kapitalausstattung, dem Angebot etc.<br />

Beim Betreiben einer Facebook-Seite ergeben sich z. B. folgende Ziele:<br />

• Markenführung<br />

• Social-Customer-Relationship-Management (bspw. Kundenservice oder der Aufbau<br />

einer Community)<br />

• Marktforschung<br />

• Produktentwicklung<br />

• Social Commerce (also das konkrete Bewerben und Verkaufen von Produkten)<br />

Für jedes dieser Ziele existieren Erfolgsfaktoren, die in gewissem Maße Allgemeingültigkeit<br />

besitzen. Werden diese mit den o. g. Zielen kombiniert, können Sie hieraus<br />

Ihre Social-Media-Strategie entwickeln. Die Strategie und somit die Definition der<br />

durchzuführenden Maßnahmen ergibt sich also aus der Wahl der Social-Media-Ziele<br />

sowie den hieraus resultierenden Erfolgsfaktoren und identifiziert Ursache-Wirkungs-<br />

Zusammenhänge zwischen den Unternehmenszielen, Social-Media-Zielen und Erfolgsfaktoren.<br />

Man geht also von Kausalitäten aus: Betreibe ich Social-Media-Aktivität<br />

X, so wirkt sich diese auf Unternehmensziel Y aus. Das bedeutet auch, dass es<br />

keine vorgefertigte Social-Media-Strategie gibt, sondern diese individuell erstellt<br />

werden muss.<br />

Dies macht deutlich, wieso eine vorherige Definition von Zielen so essentiell ist -<br />

ohne Ziele wissen Sie nicht, wohin Sie mit Ihrem Social-Media-Marketing eigentlich<br />

steuern möchten. Darüberhinaus werden Sie ohne Ziel-Definition den Erfolg Ihrer<br />

Maßnahmen nicht messen können. Die Erfolgsmessung erfolgt mithilfe von Kennzahlen.<br />

Sie können bspw. den „Erfolg“ Ihrer Facebook-Beiträge messen, indem Sie Kennzahlen<br />

erheben, die Ihr Social-Media-Ziel abbilden.<br />

Um das Erheben entsprechender Kennzahlen einfacher und systematischer zu gestalten,<br />

habe ich zudem das „Performance-Measurement-Konzept für Social Media“<br />

entworfen, welches auf Ideen der Balanced Scorecard von Kaplan/Norton basiert<br />

(weitere Infos zur Balanced Scorecard siehe Info-Box). Das Measurement-Konzept<br />

hilft zum einen, konkrete Maßnahmen zu entwickeln, welche die Erreichung der Ziele<br />

sicherstellen sollen. Zum anderen können Sie mithilfe der Scorecard Kennzahlen ermitteln,<br />

die hinsichtlich der Zielerreichung aussagekräftig sind. Eine Social-Media-<br />

Balanced-Scorecard könnte bspw. wie folgt aussehen:<br />

Ziele Kennzahlen Vorgaben Maßnahmen<br />

Awareness schaffen,<br />

indem der Content geteilt<br />

wird.<br />

Awarness schaffen durch<br />

Erhöhung der Konversation<br />

über die Marke.<br />

Shares der Beiträge + 10 % (mehr Shares) Content liefern, den die<br />

Nutzer an ihre Freunde<br />

weiterleiten möchten.<br />

Share-of-Voice<br />

+ 10 % (mehr Nennungen<br />

der eigenen Marke<br />

im Vergleich zur Nennung<br />

aller Marken)<br />

Content liefern,<br />

der für Diskussionen<br />

auf Facebook sorgt.<br />

Beispiel für eine Social-Media-Balanced-Scorecard (eigeneDarstellung)<br />

38


Social-Media<br />

Die Balanced Scorecard (BSC) von Kaplan/Norton<br />

wurde in den 90er Jahren entwickelt und hat sich<br />

mittlerweile in vielen großen Unternehmen etabliert.<br />

Es handelt sich um ein Kennzahlensystem, welches<br />

über die rein monetären Kennzahlen hinausgeht –<br />

daher der Begriff „Performance-Measurement-Konzept.“<br />

In der Original-Version der BSC existieren vier<br />

Perspektiven (siehe Grafik), wobei nur eine monetäre<br />

vorhanden ist. Die drei anderen bilden nicht-monetäre,<br />

sogenannte weiche Faktoren ab, welche die<br />

monetären unterstützen sollen. Die vier Dimensionen<br />

befinden sich in einer Abhängigkeit zueinandersie<br />

beeinflussen sich gegenseitig. Aktivitäten in den<br />

einzelnen Dimensionen können mithilfe von Kennzahlen<br />

ausgedrückt werden, womit eine Erfolgsmessung<br />

möglich wird. Die BSC ist gemäß Kaplan/<br />

Norton lediglich als Schablone zu verstehen (man ist<br />

nicht an die vier Dimensionen gebunden) – daher<br />

habe ich Sie für das „Performance-Measurement-<br />

Konzept für Social Media“ angepasst.<br />

Die mit Hilfe der ermittelten Kennzahlen gewonnenen<br />

Erkenntnisse können anschließend genutzt werden, um<br />

die Social-Media-Ziele neu zu definieren und eine neue<br />

Strategie zu erstellen bzw. die vorhandene Strategie zu<br />

überarbeiten, womit der Social-Media-Marketing-Prozess,<br />

der Logik eines kybernetischen Regelkreislaufs<br />

folgend, wieder von vorne beginnt.<br />

Den konkreten finanziellen Erfolg nachzuweisen gestaltet<br />

sich immer noch als äußerst schwierig. Dies war im<br />

„klassischen“ Marketing schon so - wieso sollte es hinsichtlich<br />

Social-Media-Marketing, wo Sie zwar eine Vielzahl<br />

von Kennzahlen unmittelbar erheben können, jedoch<br />

aufgrund der sozialen Interaktionen auch eine<br />

Menge neuer Faktoren hinzukommen, anders sein?<br />

Sofern Sie Ihre Social-Media-Strategie aber konsequent<br />

an Ihren Marketing- und Unternehmenszielen ausrichten,<br />

können Sie zumindest von positiven finanziellen<br />

Kausalitäten ausgehen.<br />

Das „Social-Media-Marketing-Prozessmodell“ sowie<br />

das „Performance-Measurement-Konzept für Social<br />

Media“ hat der Autor im Rahmen seiner Master-Thesis<br />

zum Thema „Social-Media-Erfolgskennzahlen am Beispiel<br />

von Facebook“ entwickelt. Die Masterthesis wurde<br />

in der Schriftenreihe der Rheinischen Fachhochschule<br />

veröffentlicht und kann als E-Book erworben<br />

werden.<br />

Bildquelle: Wikipedia (nach Kaplan/Norton)<br />

Michael Ahmadi<br />

Geschäftsführender Gesellschafter<br />

Raptor Media GbR, Köln<br />

39


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Die diesjährige Spitzenveranstaltung (Messe und Konferenz)<br />

der indischen Nahrungsergänzungmittelindustrie, der zehnte Nutra<br />

India Summit, fand vom 18. bis 19. März in Mumbai<br />

(dem vormaligen Bombay) statt. NEM e.V. hat daran teilgenommen.<br />

Nutra India Summit 2015<br />

Gesamtsituation Indien<br />

Bereits in der <strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong> 6 hatten wir die außergewöhnlich<br />

gute Entwicklung der Nahrungsergänzungsmittel<br />

(international auch „Nutraceuticals“ genannt) in<br />

Indien beschrieben. Diese Beschreibung wurde während<br />

der 10. Nutra India bestätigt:<br />

• Sehr positive Grundeinstellung der Bevölkerung sowie<br />

der Behörden zu Nahrungsergänzungsmitteln –<br />

der Hintergrund der Ayurveda-, Unani-, Siddha-Traditionen<br />

ist unübersehbar. So gibt es in einzelnen Bundesstaaten<br />

Indiens eigens „Ayurveda-Abteilungen“<br />

(Ayush-Departments) in den Innen- oder Wirtschaftsministerien.<br />

• Die weltweit (allenfalls nach Brasilien) reichhaltigste<br />

Palette endemischer pflanzlicher Grundstoffe für Arznei-<br />

und Nahrungsergänzungsmittel (wenngleich jedoch<br />

zahlreiche endemische Pflanzenarten inzwischen<br />

durch die Industrialisierung und Kommerzialisierung<br />

der Produktion von Grundnahrungsmitteln<br />

bedroht werden.)<br />

• Eine rasant wachsende Mittelschicht mit Kaufkraft<br />

und Gesundheitsbewusstsein. (Vergleich: Wenn in<br />

Deutschland jeder zehnte Einwohner sich für Nahrungsergänzungsmittel<br />

interessieren mag und in Indien<br />

beispielsweise nur jeder hundertste, so sind das<br />

immer noch mehr interessierte Einwohner in Indien<br />

als in Deutschland).<br />

Themenschwerpunkt<br />

Motto der diesjährigen Veranstaltung war<br />

„Auf zu neuen Ufern für die Nahrungsergänzungsmittelindustrie:<br />

Die nächste Dekade<br />

wird die Entwicklung von Grundstoffen hin zu<br />

Wellness-Produkten sein“. Entsprechend umfasste die<br />

Konferenz die drei wesentlichen Abschnitte:<br />

•Die Wissenschaft hinter den Nutraceuticals,<br />

•Nutraceuticals als Mittel gegen die Ernährungsdefizite<br />

einer zunehmend städtischen Bevölkerung,<br />

•die wesentlichen Unterschiede für die Wachstumsprodukte<br />

von morgen<br />

40


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Ernährung / Prävention<br />

Vom Rohstoff zum Fertigprodukt -<br />

Alles aus einer Hand.<br />

Wir bieten Ihnen Full-Service<br />

in den Bereichen:<br />

Sie wurde geleitet von Dr. V. Prakash, dem international<br />

bekannten und für den indischen Markt prägenden Spiritus<br />

Rector (man ist im westlichen Verständnis versucht<br />

zu sagen „Guru“) für Nutraceuticals. Gegenüber<br />

den vorausgehenden Nutra India Summits war dieser<br />

zehnte Summit etwas belastet von einem derzeit zwischen<br />

indischer Nahrungsergänzungsmittelindustrie einerseits<br />

und indischer Zentralbehörde für die Registrierung<br />

und Zulassung von Nutraceuticals andererseits<br />

ausgefochtenen Streit über die nach Einschätzung der<br />

Industrie zu langen Zulassungszeiten für neue und für<br />

alte NEM. Dieser Streit war zwar nicht offen Gegenstand<br />

des Summits, schien aber durch zahlreiche der<br />

Vor- und Beiträge durch. Auch hier (wie in Europa) ist<br />

die Frage nach der notwendigen Tiefe wissenschaftlicher<br />

Wirkungsnachweise zentral.<br />

Inzwischen (Juli 2015) hat die zuständige Indische Behörde<br />

Food Safety and Standards Authority of India (FSSAI)<br />

den Entwurf einer Verordnung für die Zulassung von<br />

Nahrungsergänzungsmitteln veröffentlicht: Food Safety<br />

and Standards (Food or Health Supplements, Nutraceuticals,<br />

Foods for Special Dietary Uses, Foods for Special<br />

Medical Purpose, Functional Foods, and Novel Food)<br />

Regulations, 2015, die jedoch noch nicht in Kraft ist.<br />

Die Messeaussteller umfassten die wesentlichen großen,<br />

weltweiten Anbieter aber auch eine Vielzahl von<br />

„nur“-indischen lokalen Anbietern, sowohl für Fertigprodukte<br />

als auch für Rohstoffe, für Ex- und Import.<br />

Auch der NEM e.V. war vertreten mit einem Gemeinschaftsstand<br />

mit Institut Kurz. Der Stand erfreute sich<br />

besonders bei indischen Anbietern von Rohstoffen regen<br />

Interesses.<br />

• Nahrungsergänzungsmittel<br />

• Diätetische Lebensmittel<br />

• Funktionelle Lebensmittel<br />

• BIO-Produkte gemäß Öko-VO<br />

• Kosmetika und<br />

• Ergänzungsfuttermittel<br />

Dreh- und Angelpunkt<br />

ist Dr. Stefan Werner.<br />

Von der Ausbildung<br />

zum Chemiker/<br />

Natur stoff chemiker<br />

bringt Dr. Werner langjährige<br />

internationale<br />

Erfahrung in der Nahrungsergänzungsmittelbranche<br />

ein. Er begegnet<br />

jeder Herausforderung mit dem Leitsatz:<br />

„Der Kunde steht im Mittelpunkt“.<br />

Innovative Produkte entwickeln – das machen<br />

wir seit 20 Jahren. Während dieser Zeit haben<br />

wir mehrere 1000 Produkte initiiert, die Produkte<br />

bis zur Markteinführung durch unsere<br />

Kunden betreut und produziert.<br />

Besonders stolz sind wir auf unsere Innovationen<br />

und unseren hohen Qualitätsmaßstab, bestätigt<br />

durch einen internationalen Innovationspreis<br />

und häufi g gelobte, „für gut befundene“<br />

Produkte in deutschen Warentests.<br />

DR. WERNER PHARMAFOOD GmbH<br />

Karl-Böhm-Str. 122<br />

D-85598 Baldham<br />

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41<br />

Fax.: +49-(0)8106-308769<br />

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<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Wesentliche Erkenntnisse und Informa tionen<br />

Für solche NEM-Mitglieder, die vorhaben, den indischen<br />

Markt mit ihren Fertigprodukten zu erobern,<br />

mag Devson Impex pvt.ltd. eine interessante Adresse<br />

sein. Ein freier Importeur, der Nutraceuticals nach Indien<br />

importiert und in Indien über ein funktionstüchtiges<br />

Verteilernetz verfügt.<br />

Eine Vielzahl von Produktneuentwicklungen befasst sich<br />

mit der Unterstützung/Anregung gezielter enzymatischer<br />

Reaktionen im Körper. Die geradezu ingenieursmäßige<br />

Fragestellung „Was wollen wir im Körper mo lekularbiologisch<br />

erreichen? Welche (körpereigene oder<br />

Hon. Prof. Dr. Helmut Weidlich<br />

• Geschäftsführender Gesellschafter der Institut<br />

Kurz GmbH<br />

• Honorarprofessor der Tamil Nadu Agricultural Uni ver sity,<br />

Coimbatore, India benannter Sachverstän diger<br />

für Nutra ceuticals der All-India Handels kammer<br />

FICCI (Federation of Indian Chambers of Commercea<br />

and Industry) sowie assoziiertes Mitglied der Tamil<br />

Nadu Ayurvedic, Siddha and Unani Drug Manu facturers<br />

Association (TASUDMA)<br />

• Fachlicher Beirat des NEM e. V.<br />

v. l. n.r.: Mr. Jagdish Patankar, Organizing Secretary, Nutra India Summit, Managing<br />

Director, MM Active Ltd; Dr. Pingfan Rao, Vice President, Chinese Institute of Food<br />

Science & Technology; Dr. Helmut Weidlich, Geschäftsführer Institut Prof. Dr.<br />

Georg Kurz GmbH, Köln, und Fachlicher Beirat des NEM e.V.; Dr. M. Vijay Gupta,<br />

Ph.D. World Food Price Laureate, Former Assistant Director General World<br />

Fish Center (CGIAR); Dr. V. Prakash, Distinguished Scientist of CSIR, President,<br />

International Society for Nutraceuticals, <strong>Nutrition</strong>als and Naturals (ISNNAN),<br />

Chairman, 10th Nutra India Summit.<br />

fremde) Enzyme brauchen wir dazu, wann und wo? Wie<br />

bekommen wir sie dahin?“ scheint zu einem Leitmotiv<br />

für zukünftige Produktentwicklung zu werden.<br />

Der Markt für Nutraceuticals entwickelt sich derart<br />

rasant in Asien, dass man davon ausgeht, in zehn bis<br />

fünfzehn Jahren mit dem Markt der Arzneimittel gleich<br />

gezogen zu haben.<br />

Der klassische Weg „Arzt empfiehlt, Kunde kauft“ wird<br />

immer stärker abgelöst durch den Wunsch nach Selbstmedikation<br />

einer informierten Konsumentenschaft.<br />

Ehrung des NEM<br />

Im Rahmen der Veranstaltung wurde der NEM e.V. mit<br />

dem „Nutra Excellence Award“ ausgezeichnet. Dies<br />

insbesondere wegen des gemeinsamen Zieles der Nutra<br />

India Veranstalter einerseits (mm-activ und iSNNaN<br />

International Society for Nutraceuticals, <strong>Nutrition</strong>als<br />

and Naturals) und des NEM e.V. andererseits zur Förderung<br />

junger Unternehmen, die sich mit Nahrungsergänzungmitteln<br />

beschäftigen, sei es auf der Entwicklungsseite,<br />

der Rohstoffseite, der Fertigproduktseite<br />

oder der Vertriebsseite. Die Ehrung wurde nach einem<br />

Grußwort im Namen des NEM e.V.-Vorsitzenden, Herrn<br />

Manfred Scheffler, überreicht und spornt zu weiterer<br />

Zusammenarbeit im nächsten Jahr an.<br />

42


Recht<br />

Aktuelle Entwicklung<br />

im Erbschaftsteuerrecht<br />

Auswirkungen des BVerfG-Urteils vom 17. 12. 2014<br />

zur Ver fassungs mäßigkeit der Verschonungsregelungen<br />

bei der Übertragung von Betrieben<br />

Besonders für mittelständische Familienunternehmen<br />

ist die Frage der Unternehmensnachfolge<br />

von großer Bedeutung. Dabei spielen<br />

auch steuerrechtliche Überlegungen eine wesentliche<br />

Rolle. Der Gesetzgeber hat in verschiedenen gesetzlichen<br />

Regelungen Möglichkeiten geschaffen, Betriebsvermögen<br />

„steuerneutral“ oder zumindest begünstigt<br />

zu übertragen. Neben den Regelungen des<br />

Einkommensteuergesetzes zur vorweggenommenen Erbfolge,<br />

sind auch bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer<br />

(ErbSt) entsprechende Erleichterungen geschaffen<br />

worden, welche seit dem 01. 01. 2009 anwendbar sind. 1<br />

Gegen diese Regelungen bestehen allerdings verfassungsrechtliche<br />

Bedenken, weshalb der Bundesfinanzhof<br />

(BFH) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) diese<br />

speziell im Hinblick auf die sogenannten „Verschonungsregelungen“<br />

zur Prüfung vorgelegt hat. Mit Urteil<br />

vom 17.12. 2014 2 hat das BVerfG nunmehr die aktuellen<br />

Regelungen des ErbSt-Gesetzes für – zumindest teilweise<br />

– verfassungswidrig erklärt. Dieser Artikel soll<br />

einen Überblick über die derzeitigen Erleichterungen<br />

bei der Unternehmensübertragung in erbschaftsteuerlicher<br />

Hinsicht geben und untersucht die vorgeschlagenen<br />

Änderungen und Auswirkungen für Unternehmen.<br />

Aktuelle Rechtslage<br />

Im Zuge der Erbschaftsteuerreform des Jahres 2008<br />

sind die gesetzlichen Regelungen für die Übertragung<br />

von Betrieben vollständig neu geregelt worden. Ziel des<br />

Gesetzgebers war es unter anderem, Betriebsübertragungen<br />

durch Todesfall, aber auch bei Schenkungen<br />

unter Lebenden im Rahmen vorweggenommener Erbfolge,<br />

steuerlich zu entlasten, um nicht die Existenz der<br />

übertragenen Betriebe selbst zu gefährden, und, um<br />

letztlich Steuerausfälle und Arbeitsstellenverluste zu<br />

vermeiden.<br />

Diese sogenannten „Verschonungsregelungen“ sind in<br />

den §§ 13a und 13b ErbStG enthalten und bieten dem<br />

Erwerber des Betriebs seit dem 01. 01. 2009 grundsätzlich<br />

die Möglichkeit, zwischen 2 Verschonungsmaßnahmen<br />

zu wählen:<br />

Zum einen kann er sich unter bestimmten Voraussetzungen,<br />

welche im Folgenden noch erörtert werden,<br />

für sog. „begünstigtes Vermögen“ für die sog. „Regelverschonung“<br />

entscheiden. 3 Zum anderen besteht die<br />

Möglichkeit, auf Antrag einen 100 %igen Abschlag in Anspruch<br />

zu nehmen, sog. „Optionsverschonung“. 4<br />

43


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Als begünstigtes Vermögen kommen nach §13b Abs. 1<br />

ErbStG in Betracht:<br />

1. Der inländische Wirtschaftsteil des land- und forstwirtschaftlichen<br />

Vermögens<br />

2. Inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb eines<br />

ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines<br />

Mitunternehmeranteils oder eines Anteils daran sowie<br />

entsprechendes Betriebsvermögen, das einer<br />

Betriebsstätte in der Europäischen Union oder im<br />

Europäischen Wirtschaftsraum zuzurechnen ist;<br />

hierzu zählt auch das freiberufliche Vermögen (§ 13 b<br />

Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).<br />

3. Anteile an Kapitalgesellschaften im Inland, innerhalb<br />

der Europäischen Union oder innerhalb des Europäischen<br />

Wirtschaftsraums bei einer Mindestbeteiligung<br />

des Erblassers oder Schenkers von – unmittelbar<br />

– mehr als 25 v. H. (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG).<br />

Im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligungen an Kapitalgesellschaften<br />

sind unabhängig von der Höhe dieser<br />

Beteiligung stets begünstigt. Dies gilt auch für Beteiligungen<br />

an ausländischen Kapitalgesellschaften außerhalb<br />

der EU/des EWR.<br />

Die Begünstigungen nach den §§ 13a, 13b ErbStG kommen<br />

allerdings nur dann zur Anwendung, wenn das<br />

land- und forstwirtschaftliche Vermögen oder das Unternehmensvermögen<br />

nicht zu bestimmten Anteilen<br />

aus sog. „Verwaltungsvermögen“ besteht. 5<br />

Die Regelverschonung sieht für – nach Prüfung der vorgenannten<br />

gesetzlichen Voraussetzungen – begünstigtes<br />

Vermögen einen 85 %igen Verschonungsabschlag<br />

vor. 15 % des begünstigten Vermögens unterliegen demnach<br />

immer der Besteuerung. Hier kommen aber noch<br />

ein Abzugsbetrag 6 und gegebenenfalls die Tarifbegrenzung<br />

nach § 19a ErbStG 7 zur Anwendung.<br />

Die Regelverschonung setzt voraus:<br />

1. dass das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 50 %<br />

beträgt<br />

2. die Einhaltung einer Lohnsumme (s. u.)<br />

3. die Einhaltung einer Behaltensfrist von 5 Jahren<br />

Bei der Optionsverschonung wird das begünstigte Vermögen<br />

in voller Höhe, d. h. zu 100 % steuerbefreit. Es<br />

kommt also ein 100 %iger Verschonungsabschlag<br />

zum Ansatz. Die Optionsverschonung setzt voraus:<br />

1. dass das Verwaltungsvermögen ,nicht mehr als 10 %<br />

beträgt.<br />

2. die Einhaltung einer Lohnsumme<br />

3. die Einhaltung einer Behaltensfrist von 7 Jahren<br />

Grundsätzliche Bedingung für die Anwendung der Verschonungsregelungen<br />

ist demanch, dass der Erwerber<br />

das Unternehmen weiter fortführt. Indikator für die Unternehmensfortführung<br />

und insbesondere die Erhaltung<br />

der Arbeitsplätze in einem erworbenen Unternehmen<br />

ist dabei die jeweilige Lohnsumme.<br />

Voraussetzung für die Regelverschonung ist,<br />

dass die Summe der maßgebenden jährlichen<br />

Lohnsummen des jeweiligen Betriebs innerhalb<br />

von 5 Jahren nach dem Erwerb (Lohnsummenfrist)<br />

insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet<br />

(Mindestlohnsumme).<br />

Beantragt der Erwerber die Optionsverschonung, gilt<br />

eine Lohnsummenfrist von 7 Jahren und an die Stelle<br />

der Lohnsumme von 400 % tritt eine maßgebende<br />

Lohnsumme von 700 %.<br />

Ausnahmen von der Lohsummenregelung bestehen allerdings,<br />

wenn entweder die Ausgangslohnsumme 0<br />

beträgt, oder der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte<br />

hat.<br />

Bei einem Verstoß gegen die Lohnsummenregelung<br />

wird der gewährte Verschonungsabschlag anteilig gekürzt<br />

(so entfällt z.B. bei Erreichen einer Lohnsumme<br />

von lediglich 100 % anstelle von 400 % anteilig der 85 %ige<br />

Abschlag zu 3/4), bei einem Verstoß gegen die Behaltensfristen<br />

entfällt der gewährte Abschlag vollständig,<br />

so dass es in beiden Fällen zu einer (rückwirkenden!)<br />

Versteuerung mit ErbSt kommt.<br />

Entscheidung des BVerfG:<br />

Das BVerfG hält in seinem Urteil vom 17. 12. 2014<br />

(BVerfG, Urteil v. 17. 12. 2014, 1 BvL 21/12) die folgenden<br />

Regelungen zur Verschonung Unternehmensvermögens<br />

für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG, soweit<br />

– die Verschonung auch eintritt, obwohl das verschonte<br />

betriebliche Vermögen einen Verwaltungsvermögenanteil<br />

von bis zu 50 % erreicht („Alles-oder-Nichts-<br />

Prinzip“);<br />

– bei der Übertragung von großen Betriebsvermögen<br />

die Verschonung eintritt, ohne dass der Erwerber<br />

nachgewiesen hat, ob er überhaupt einer Verschonung<br />

bedarf (Bedürfnisprüfung);<br />

– alle Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten unabhängig<br />

von ihrer Größe von der Lohnsummenreglung gänzlich<br />

ausgenommen sind;<br />

– die Verschonungsregelungen Gestaltungen zulassen,<br />

die zu erheblichen Ungleichbehandlungen führen, indem<br />

– die Lohnsummenpflicht umgangen werden kann (insbesondere<br />

durch eine Betriebsaufspaltung),<br />

– die Verwaltungsvermögensgrenze (10 % bzw. 50 %)<br />

durch Konzernstrukturen umgangen werden kann<br />

(Kaskadeneffekt) und<br />

– die Begünstigung von sogenannten „Cash-Gesellschaften“<br />

zugelassen wird.<br />

Geleichzeitig wird dem Gesetzgeber aber eingeräumt,<br />

die entsprechenden Regelungen bis zum 30. 06. 2016<br />

in verfassungsgemäßer Weise anzupassen.<br />

Lösungsvorschlag gemäß Gesetzesentwurf:<br />

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat bereits mit<br />

Schreiben vom 01. 06. 2015 auf das Urteil des BVerfG<br />

reagiert, und den „Referentenentwurf eines Gesetzes<br />

E<br />

SCH<br />

ST<br />

44


Anzeige /<br />

2. Schwellenwerte und Bedürftigkeitsprüfung<br />

Die Verfassungswidrigkeit der bisherigen Regelung ergab<br />

sich nach Ansicht des BVerfG auch daraus, dass<br />

sehr hohe Vermögen begünstigt sein konnten, ohne<br />

dass eine Verschonungsbedürftigkeit bestand, also<br />

eine Verschonung überhaupt geboten bzw. erforderlich<br />

war. Nun wird ein Grenzwert in Höhe von 26 Mio.€ vor­<br />

RB-<br />

AFTS-<br />

EUER<br />

zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes<br />

an die Rechtsprechung des BVerfG“ vorgelegt. 9<br />

Dieser ist mit einigen Anpassungen in den „Entwurf<br />

eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuerund<br />

Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung<br />

des Bundesverfassungsgerichts“ vom 08. 07. 2015 eingegangen.<br />

10<br />

Danach soll die Grundkonzeption der Verschonungsregelungen<br />

mit Regel- und Optionsverschonung von<br />

85 % bzw. 100 % und eines zusätzlichen Abzugsbetrages<br />

grundsätzlich erhalten bleiben.<br />

Die Voraussetzungen für deren Inanspruchnahme, vor<br />

allem hinsichtlich der Übertragung von Anteilen an<br />

„Großunternehmen“ ändern sich allerdings erheblich.<br />

Mithin haben die vorgeschlagenen Änderungen Auswirkung<br />

auf alle Unternehmen, gleich welcher Größenklasse.<br />

Im Einzelnen sind folgende Anpassungen vorgeschlagen:<br />

1. Lohnsummenregelung<br />

Auch die Lohnsummenregelung soll grundsätzlich erhalten<br />

bleiben, jedoch soll die vom BVerfG als verfassungswidrig<br />

beurteilte Befreiung für Unternehmen mit<br />

bis zu 20 oder gar keinen Mitarbeitern geändert werden.<br />

Zukünftig sollen Unternehmen mit bis zu drei Beschäftigten<br />

(sog. „Kleinstbetriebe“) vollständig von der<br />

Lohnsummenregelung ausgenommen werden. Hintergrund<br />

ist die derzeit mögliche Umgehung der Lohnsummenregelung<br />

durch die Aufteilung in eine „Beschäftigungsgesellschaft“<br />

und eine „Vermögensgesellschaft“. 11<br />

Darüber hinaus habe die aktuelle Regelung in der Praxis<br />

kaum Relevanz. 12<br />

Für Betriebe mit 4 bis zu 10 Beschäftigten soll gleichzeitig<br />

die Lohnsumme auf 250 % (bei Regelverschonung)<br />

bzw. 500 % (bei Optionsverschonung) gesenkt werden.<br />

Das BMF sieht bei diesen Betrieben zwar weiterhin<br />

die Notwendigkeit einer Lohnsummenregelung, jedoch<br />

seien die neuen Lohnsummen in der Praxis leichter zu<br />

erfüllen. Ferner soll durch eine Zusammenrechnung der<br />

Lohnsummen bzw. Mitarbeiter bei Beteiligungen an anderen<br />

Gesellschaften im übertragenen Betriebsvermögen<br />

eine Umgehung in Form der genannten Spaltung in<br />

eine Beschäftigungs- und eine Vermögensgesellschaft<br />

(s. o.) verhindert werden.<br />

Bei Betrieben mit 11 bis zu 15 Beschäftigten werden die<br />

Lohnsummen auf 300 % bzw. 565 % festgelegt.<br />

Für Betriebe mit mehr als 15 Beschäftigten bleibt es bei<br />

der bisherigen Regelung.<br />

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45


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

geschlagen, bis zu welchem die Verschonungsabschläge<br />

in voller Höhe gewährt werden, allerdings bei Überschreiten<br />

lediglich ein verminderter Verschonungsabschlag<br />

gewährt wird oder aber eine sog. „Verschonungsbedarfsprüfung“<br />

durchgeführt werden soll. Bei<br />

der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Erwerber<br />

nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die<br />

Steuerschuld aus sonstigem nichtbetrieblichem bereits<br />

vorhandenen oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung<br />

zugleich übergegangenen nicht begünstigtem Vermögen<br />

zu begleichen. Genügt dieses Vermögen nicht,<br />

um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig<br />

zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen. 13<br />

Bei der Prüfung des Schwellenwertes ist zu beachten,<br />

dass Erwerbe von innerhalb von 10 Jahren in Anlehnung<br />

an § 14 ErbStG zusammengerechnet werden sollen,<br />

was dazu führen kann, dass der Grenzwert zu einem<br />

späteren Zeitpunkt überschritten wird. Hierdurch entsteht<br />

für solche Fälle eine Unsicherheit und das Risiko<br />

einer nachträglichen, rückwirkenden Versteuerung.<br />

Besonderheiten sollen hier für Familienunternehmen<br />

gelten: Für diese wird der Schwellenwert auf 52 Mio.<br />

heraufgesetzt, was zunächst zu begrüßen ist. Allerdings<br />

sieht der Gesetzesentwurf für diese Erleichterung<br />

strenge Voraussetzungen vor, welche in der Praxis nur<br />

schwerlich einzuhalten sein werden und somit wiederum<br />

erhebliche steuerliche Risiken in sich bergen. So ist<br />

beispielsweise vorgesehen, dass im Gesellschaftsvertrag<br />

bestimmte Entnahme-, Abfindungs- und Verfügungsbeschränkungen<br />

enthalten sind, welche 10 Jahre<br />

vor und 30 Jahre nach dem Übertragungsstichtag vorliegen<br />

müssen (um Gestaltungsmißbräuche zu verhindern).<br />

Dies bedeutet unter Umständen nicht unerhebliche<br />

Nachteile bei der laufenden Besteuerung bzw.<br />

Einkommensteuerbelastung über einen Zeitraum von<br />

insgesamt 40 Jahren (!). Hier ist unserem Erachten<br />

nach noch Änderungsbedarf, zumal die Voraussetzungen<br />

eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe enthalten,<br />

was wiederum die genannte Unsicherheit verstärkt.<br />

3. Neuregelungen zum begünstigten Vermögen<br />

Im Vergleich zur aktuellen Rechtslage hat sich die Definition<br />

des grundsätzlich als begünstigt in Frage kommenden<br />

Vermögens nicht geändert, Änderungen gibt<br />

es nur bei den gewerblich geprägten Personengesellschaften<br />

und bei Holding-Kapitalgesellschaften. Diese<br />

sind nur noch insoweit begünstigungsfähig, soweit diese<br />

begünstigungsfähige Anteile an Kapitalgesellschaften<br />

und Personengesellschaften halten.<br />

Fazit:<br />

Das grundsätzliche Festhalten an den Begünstigungen<br />

bei der Übertragung von Betriebsvermögen ist<br />

aus unserer Sicht zu sinnvoll und daher zu begrüßen.<br />

Die geplanten Änderungen sind im Hinblick auf eine<br />

rechtssichere Nachfolgeregelung jedoch kritisch zu<br />

betrachten. Der Gesetzesentwurf ist in vielen Punkten<br />

nicht eindeutig. Ob die vom BVerfG beanstandeten<br />

Ungleichbehandlungen damit beseitigt werden,<br />

bleibt allerdings ebenfalls unklar, auch wenn Herr Dr.<br />

Schäuble hieran offenbar keinen Zweifel hat. 14<br />

Unternehmer sollten also aktuell über eine Nachfolgeregelung<br />

nachdenken und aus Gründen der Planbarkeit<br />

nicht allzu lange zögern, die Auswirkungen<br />

der geplanten Änderungen für ihr Unternehmen<br />

durch den steuerlichen Berater einer individuellen<br />

Beurteilung zu unterziehen.<br />

Abschließende Anmerkung: Die vorigen Ausführungen<br />

geben allein den aktuellen Stand der Rechtslage<br />

und des Änderungsprozesses wieder und sind daher<br />

entsprechend unverbindlich. Es empfiehlt sich daher,<br />

für die individuelle Beurteilung die weitere Entwicklung<br />

zu verfolgen.<br />

Das BVerfG hatte jedoch die Regelung zur Verwaltungsvermögensquote<br />

bemängelt, nach der bei bis zu 50 %<br />

Verwaltungsvermögen eine Verschonung in Anspruch<br />

genommen werden konnte („Alles-oder-Nichts-Prinzip“).<br />

Daher soll nun eine Aufteilung in begünstigtes<br />

und nicht-begünstigtes Vermögen erfolgen. Maßstab<br />

für diese Unterscheidung wird danach der Hauptzweck,<br />

dem ein Wirtschaftsgut im Unternehmen dient, wobei<br />

an ertragsteuerliche Kriterien angeknüpft werden soll.<br />

Offen bleibt allerdings auch hier eine rechtssichere<br />

Aussage zur konkreten Umsetzung dieser „Anknüpfung“<br />

etwa durch einen verbindlichen Verweis auf die<br />

ertragsteuerlichen Zuordnungsregeln zu notwendigem<br />

und gewillkürten Betriebsvermögen.<br />

Erstmalige Anwendung der Neuregelungen<br />

Die Neuregelungen sollen erstmals für Erwerbe anzuwenden<br />

sein, deren Erbschaft- und Schenkungsteuer<br />

nach dem Inkrafttreten/Verkündung des Reformgesetzes<br />

entsteht. Für Erwerbe bis zu diesem Zeitpunkt gelten<br />

die derzeitigen Regelungen weiter. Offen bleibt dabei<br />

jedoch, ob für Übertragungen nach Veröffentlichung<br />

des Urteils im Falle einer rückwirkenden Gesetzesänderung<br />

Vertrauensschutz besteht.<br />

46


Recht<br />

Günter Heenen<br />

Dipl.-Kfm., Dipl.-Hdl.<br />

NeD Tax Kanzlei Günter Heenen,<br />

Steuerberater und Fachberater<br />

für Internationales Steuerrecht<br />

Fachlicher Beirat NEM e.V.<br />

Quellenangabe: Bundesfinanzministerium<br />

Carsten Stritzel<br />

Dipl.-oec.,<br />

NeD Tax Kanzlei Günter Heenen,<br />

Steuerberater Grenzüberschreitende<br />

Steuerberatung<br />

1 vgl. Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24. 12. 2008.<br />

2 BVerfG, Urteil v. 17. 12. 2014, 1 BvL 21/12.<br />

3 § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG i. V. m. § 13b Abs. 4 ErbStG.<br />

4 § 13a Abs. 8 ErbStG i. V. m. § 13b Abs. 4 ErbStG.<br />

5 Die Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens sind in § 13b Abs. 2 ErbStG abschließend aufgeführt.<br />

6 § 13a Abs. 2 ErbStG und R E 13a.2 ErbStR 2011<br />

7 für natürliche Personen der Steuerklassen II und III, vgl. auch R E 19a.1 Abs. 1 ErbStR 2011<br />

8 vgl. Haufe Steuer Office Gold online, Zipfel, HI7959112, Stand: 11. 06.2015<br />

9 abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetzentwuerfe_<br />

Arbeitsfassungen/2015-07-08-G-z-Anpassung-d-ErbStR-u-SchenkSt-a-d-Rspr-d-BVerfG.html<br />

10 http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetzentwuerfe_Arbeitsfassungen/<br />

2015-07-08-G-z-Anpassung-d-ErbStR-u-SchenkSt-a-d-Rspr-d-BVerfG.html<br />

11 vgl. Rz 280 BVerfG vom 17.12.2014, BStBl. II 2015 S 50.<br />

12 ebd. Rz. 155.<br />

13 vgl. BMF <strong>Press</strong>emitteilung vom 08. 07. 2015<br />

14 „Wir setzen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts exakt um. Unser Gesetzentwurf stellt die Verschonung<br />

von Unternehmen von der Erbschaftsteuer auf eine verfassungsfeste Grundlage. Damit sichern wir langfristig<br />

Arbeitsplätze und stärken die Kultur der Familienunternehmen in Deutschland.“ vgl. <strong>Press</strong>emitteilung vom<br />

08. 07. 2015<br />

47


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Kontrolle des Internet verhaltens<br />

am Arbeitsplatz<br />

Die moderne Medienlandschaft hat neben ihren vielen Vorzügen auch ihre<br />

tückischen Seiten. Diese bekommen insbesondere Arbeitnehmer immer<br />

wieder zu spüren. So kann eine Nutzung von digitalen Medien, die im Alltag<br />

noch als normal gelten mag, im Arbeitsumfeld schnell zu einer Stolperfalle<br />

werden. Dieser Beitrag deckt anhand zwölf wichtiger Entscheidungen<br />

der Arbeitsgerichte solche Stolperfallen auf.<br />

Die exzessive und rechtswidrige Internetnutzung: Zunächst scheint es<br />

normal, auch am Arbeitsplatz das Internet zu nutzen. Doch dort, wo<br />

die arbeitsbezogene Nutzung erlaubt sein mag, muss nicht stets auch die private<br />

Nutzung erlaubt sein.<br />

http<br />

1. Exzessive Nutzung des Internets<br />

So verwies das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung darauf, dass der Arbeitnehmer<br />

bei der privaten Nutzung des Internets maßvoll vorzugehen habe. Eine einschlägige<br />

Abmahnung oder eine unverhältnismäßige Nutzung, die eine vorherige<br />

48


http:/ www<br />

Internet/Beruf<br />

Deckung mit dem Arbeitgeberwillen nicht mehr vermuten<br />

lässt, können sogar eine Kündigung rechtfertigen.<br />

Zu einem ähnlichen Schluss kam auch das Landesarbeitsgericht<br />

Schleswig-Holstein (06. 06. 2014, Az.: 1 Sa<br />

421/13). Es stellte fest, dass eine erhebliche Beeinträchtigung<br />

des Datenverkehrs unter gleichzeitiger Verletzung<br />

der Hauptleistungspflicht aus dem Arbeits vertrag<br />

durch exzessive Internetnutzung seitens des Arbeitnehmers<br />

eine Kündigung rechtfertige.<br />

2. Rechtswidrige Nutzung des Internets<br />

Neben der exzessiven Nutzung kann auch eine rechtswidrige<br />

Nutzung eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen.<br />

Dazu führte das Landesarbeitsgericht Hamm<br />

aus, dass das Downloaden von Musikartikeln unter Zuhilfenahme<br />

einer Filesharing-Software eine fristlose<br />

Kündigung rechtfertige. Dies kann als Leitentscheidung<br />

für jegliche Art von unbefugten Downloads oder die<br />

widerrechtliche Nutzung von Filesharing-Programmen<br />

gesehen werden.<br />

Preisgabe von Daten<br />

Nicht nur die Internetnutzung, sondern auch der Umgang<br />

mit Daten im Rahmen dieser Nutzung kann oft<br />

tückisch sein.<br />

1. Ungefragte Veröffentlichung von Kundendaten<br />

oder Fotos<br />

Trotz guter Intentionen kann die Veröffentlichung von<br />

sensiblen Kundendaten oder Fotos beispielsweise auf<br />

Facebook-Seiten durch die Mitarbeiter eines Unternehmens<br />

schnell zu einem datenschutzrechtlichen Albtraum<br />

werden.<br />

In diesem Zusammenhang ist insbesondere das Urteil<br />

des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg anzu führen.<br />

Das Gericht stellt fest, dass die Veröffentlichung<br />

von Patientenfotos bei Facebook durch Krankenhauspersonal<br />

eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.<br />

In diesem brisanten Fall hat ein Mitarbeiter des Krankenhauses<br />

ohne Erlaubnis der Betroffenen Bilder eines<br />

Neugeborenen auf Facebook veröffentlicht. Ein derartiges<br />

Verhalten verletzt das Persönlichkeitsrechts der<br />

Betroffenen erheblich.<br />

2. Veröffentlichung privater Nachrichten<br />

Auch private Nachrichten verlangen eine sorgfältige Behandlung.<br />

Das Oberlandesgericht Hamburg (04. 02. 2013,<br />

Az.: 7 W 5/13) stellt in diesem Zusammenhang fest, dass<br />

die Veröffentlichung privater Nachrichten bei Face book<br />

unzulässig ist.<br />

So handle es sich auch bei einer Mitteilung via Facebook<br />

um eine sprachliche Festlegung eines bestimmten<br />

Gedankeninhalts. Die Veröffentlichung einer solchen<br />

Festlegung gegen oder ohne den Willen des Verfassers<br />

verletzt dabei das allgemeine Persönlichkeitsrecht<br />

desselben. Hierbei bezieht sich das Oberlandesgericht<br />

Hamburg auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs<br />

aus dem Jahre 1954 (Az.: I ZR 211/53).<br />

Schon damals stellten die Richter fest, dass jede<br />

sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts<br />

zugleich Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers<br />

und somit Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts<br />

ist. Für eine Mittelung in Social Media darf nichts<br />

anderes gelten. Lediglich Fälle, in denen das öffentliche<br />

Informationsinteresse überwiegt, können als Ausnahmen<br />

in Betracht kommen. Hierüber ist im Einzelfall zu<br />

entscheiden.<br />

Nutzung von Social Media<br />

Gerade im Bereich der Social Media-Nutzung lauern<br />

unterschiedlichste Gefahren für den Arbeitnehmer.<br />

1. Beleidigung bei Facebook<br />

Ein überraschenderweise sehr verbreitetes Phänomen<br />

ist die Beleidigung auf Facebook. Hierbei kann unter<br />

anderem auf die Urteile des LandesarbeitsgerichtHamm,<br />

des Arbeitsgerichts Duisburg (26. 09. 2012, Az.: 5 Ca 949/ 12)<br />

und des Arbeitsgerichts Hagen (16. 05. 2012, 3 Ca<br />

2597/11) zurückgegriffen werden.<br />

http:/ www.<br />

:/ www.de<br />

49


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Dabei gilt auch im Netz, dass Beleidigungen auch als solche gelten. Diese können<br />

einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darstellen, sodass das Arbeitsverhältnis<br />

aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden<br />

kann. Dabei wird auf den persönlichen Vertrauensbruch abgestellt. Ein solcher liegt<br />

vor, wenn der Arbeitnehmer Pflichten aus dem persönlichen Vertrauensbereich verletzt.<br />

Innerhalb des persönlichen Vertrauensbereich obliegt ihm eine Rücksichtnahmepflicht<br />

hinsichtlich der Interessen des Arbeitgebers. Eine Beleidigung verletzt diese<br />

Pflicht schwerwiegend, sodass ein persönlicher Vertrauensbruch vorliegt. Allerdings<br />

ist meist auch hier erst eine Abmahnung nötig.<br />

Soziale Netzwerke zeichnen sich in diesem Zusammenhang aber durch mehrere Besonderheiten<br />

aus: Sie sind oftmals einer breiten Masse von Lesern zugänglich und<br />

Beleidigungen sind von anhaltender Dauer, da sie immer wieder nachgelesen werden<br />

können. Daraus folgt, dass Beleidigungen, die hier „gepostet“ werden, nicht mit einer<br />

wörtlichen Äußerung gegenüber dem Betroffenen/Beleidigten gleichgestellt werden.<br />

Beleidigungen wiegen im Netz weitaus schwerer (anders sah dies das Landesarbeitsgericht<br />

Hessen 28. 01. 2013 Az.: 21 Sa 715/12).<br />

Vielfach wird dann versucht, im Nachhinein über die Profileinstellungen bei Facebook<br />

eine Einschränkung vorzunehmen. Jedoch ist es letztlich unerheblich, ob die Beleidigungen<br />

in einem „öffentlichen“ oder auf „Freunde“ beschränkten Profil erfolgt. Auch<br />

sind ehrverletzende Äußerungen, wenn sie auf der Facebook-Pinnwand getätigt werden,<br />

nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Sie stehen vielmehr einem innerbetrieblichen<br />

Aushang auf einem Schwarzen Brett gleich.<br />

2. Außerordentliche Kündigung wegen Anklickens des „Gefällt-mir“-Button<br />

Der „Gefällt mir“-Button schlägt in eine ähnliche Kerbe, wird jedoch anders gewichtet.<br />

So musste das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau (21. 03. 2012, Az.: 1 Ca 148/11) feststellen,<br />

dass eine außerordentliche Kündigung wegen des Anklickens des „Gefälltmir“-Button<br />

unter einer Beleidigung bei Facebook unwirksam ist.<br />

50


Internet/Beruf<br />

In seiner Entscheidung geht das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau davon aus, dass die<br />

bloße Vermutung des eigenhändigen Anklickens des Buttons nicht für eine außerordentliche<br />

Kündigung ausreiche. Ein glaubwürdig gemachter Zugang zum Nutzerprofil<br />

durch den Ehegatten oder nahestehende Personen kann dabei die Vermutung bereits<br />

entkräften. Zudem handele es sich bei dem Anklicken eines „Gefällt-mir-Buttons“ um<br />

eine spontane Reaktion, der kein allzu hoher Erklärungswert beigemessen werden<br />

sollte.<br />

3. Zuordnung des Social Media Accounts<br />

Ein weiteres problematisches, wenn auch nicht unübliches Fallszenario befasst sich<br />

mit der Behandlung des Social Media Accounts nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.<br />

So besteht eine Herausgabe- oder Überlassungspflicht seitens Arbeitnehmer<br />

nicht per se (Arbeitsgericht Hamburg, 24. 02. 2013, Az.: 29 GA 2/13).<br />

Grundsätzlich ist hierbei anzuführen, dass Streitigkeiten um Geschäftsdaten nicht<br />

unüblich sind und bestimmten Grundsätzen folgen. So besteht zunächst eine Herausgabepflicht<br />

der durch die Tätigkeit entstandenen Kontaktdaten an den Arbeitgeber.<br />

Solche Kontaktdatenbanken dürfen auch nicht einfach kopiert und weiterverwendet<br />

51


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

werden. Andernfalls bestünde die Möglichkeit der<br />

Strafbarkeit wegen des Verrats von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen<br />

gemäß § 17 UWG. Eine Verwendung<br />

der Kontaktdaten ist jedoch nicht ausgeschlossen,<br />

solange sich die Rekapitulation selbiger oder eigene<br />

Erinnerungen des Arbeitnehmer stützt.<br />

Vor diesem Hintergrund sind daher auch Social Media<br />

Accounts zu beurteilen. Hier kommen jedoch weitere<br />

Nutzungsdimensionen hinzu, was allein der Art der<br />

Kontaktaufnahme und Verwendung geschuldet ist. Daher<br />

sind hier weitere Aspekte zu beachten. Wurde der<br />

Account bereits vor dem Unternehmenseintritt erstellt<br />

und genutzt, könnte ein Überlassungsanspruch ausscheiden.<br />

Ebenso verhält es sich mit Accounts, die<br />

zwar gleichzeitig oder zeitlich nachgeordnet erstellt,<br />

aber rein privat genutzt wurden.<br />

Für einen Herausgabeanspruch sprechen hingegen Aspekte<br />

wie die Verwendung des Firmennamens als Nutzername,<br />

Kostentragung durch das Unternehmen oder<br />

die unternehmerische Natur der Kontaktdaten. Mithin<br />

lässt sich auch hier beobachten, dass eine Entscheidung<br />

im Einzelfall erforderlich ist, welche die Aktivitäten<br />

und der Natur der Nutzung Rechnung trägt.<br />

Fazit:<br />

Letztlich bleibt festzustellen, dass den Arbeitnehmer<br />

bei der Nutzung von digitalen Medien am Arbeitsplatz<br />

viele versteckte, aber auch offensichtliche<br />

Stolperfallen erwarten. Dabei machen es individuelle<br />

Umstände immer wieder notwendig, dass im entsprechenden<br />

Streitfall unbedingt eine rechtliche<br />

Beratung erfolgen muss.<br />

Dem Arbeitnehmer ist anzuraten, dass geschäftlich<br />

und private Nutzung – insbesondere auch in Bezug<br />

auf Social Media Accounts – strickt getrennt werden<br />

sollte. Eine Mischnutzung führt insbesondere<br />

bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zu<br />

Streitigkeiten und Konfliktpotenzial. Auch sollten<br />

Accounts bei geschäftlicher Nutzung stets als solche<br />

gekennzeichnet und eine Vermengung vermieden<br />

werden. Das bedeutet insbesondere, dass für<br />

private Nachrichten auch der private Account genutzt<br />

werden sollte.<br />

Daher sollten Informationen, die im Rahmen von<br />

Mitarbeiteraufklärungen, vertraglichen Vereinbarungen,<br />

aber auch Workshops hinsichtlich der Nutzung<br />

des Internets und der Accounts zugänglich gemacht<br />

werden, ernst genommen werden. Aspekte wie<br />

Datenschutz, Persönlichkeitsrechte und straf- oder<br />

haftungsrechtliche Probleme, Stolperfallen, können<br />

so weiträumig umschifft werden.<br />

Torsten Schink<br />

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht,<br />

Diplom-Verwaltungswirt/FH,<br />

Fachlicher Beirat des NEM e.V.<br />

52


Biostoffdatenbank<br />

Mit Bakterien, Viren und Co. bei der Arbeit sicher <br />

umgehen – Datenbank der gesetzlichen Unfallversicherung<br />

informiert über Risiken von Biostoffen<br />

GESTIS-Biostoffdatenbank<br />

Wer mit Biostoffen arbeitet, muss über ihr Gefährdungspotenzial Bescheid<br />

wissen. Die neue GESTIS-Biostoffdatenbank informiert über<br />

Risiken und den richtigen Umgang mit Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten. Die<br />

Datenbank ist ein Kooperationsprojekt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales<br />

(BMAS), der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG<br />

RCI) und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Sie ist unter einer<br />

eigenen Webseite bei der DGUV Internetpräsenz erreichbar.<br />

Bisher fehlte es an einer zentralen Informationsquelle für das nötige Präventionswissen.<br />

Die neue Biostoffdatenbank hilft dem ab. Sie führt das Wissen einheitlich gegliedert<br />

zusammen und macht es online rund um die Uhr an jedem Ort verfügbar. Die<br />

Datenbank ist Teil des Gefahrstoffinformationssystems (GESTIS) der DGUV. Aktuell<br />

sind bereits über 10.000 Biostoffe erfasst, zu denen Informationen über Risikogruppen<br />

und grundlegende Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in Laboratorien,<br />

Versuchstierhaltung und in der Biotechnologie vorliegen. Für rund 50 Stoffe<br />

enthält das System darüber hinaus umfassende Datenblätter. Für weitere Biostoffe<br />

werden fortlaufend Datenblätter erarbeitet. Für Gefahren bei „nicht gezielten Tätigkeiten“,<br />

etwa in der Abfallwirtschaft, werden fortlaufend tätigkeitsbezogene Datenblätter<br />

erstellt.<br />

Die Datenbank bietet so einen schnellen Überblick und ermöglicht damit den sicheren<br />

Umgang mit Gefahrstoffen.<br />

Fachlich begleitet wird das Projekt Biostoffdatenbank vom Ausschuss für Biologische<br />

Arbeitsstoffe (ABAS). Die GESTIS-Biostoffdatenbank wird betreut vom Institut<br />

für Arbeitsschutz der DGUV (IFA).<br />

Der Zugriff ist für alle kostenfrei und ohne Registrierung möglich:<br />

GESTIS-Biostoffdatenbank: http://www.dguv.de/ifa/Gefahrstoffdatenbanken/<br />

GESTIS-Biostoffdatenbank/index.jsp<br />

Quelle: BG RCI<br />

53


<strong>Nutrition</strong>-<strong>Press</strong><br />

Marktplatz//<br />

Nahrungsergänzungsmittel<br />

Qualität – Made in Germany<br />

www.floramed.de<br />

www.plantavis.de<br />

www.plantafood.de<br />

54<br />

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