Verstört umklammerte Modei den Arm des Grenzers. »Um Herrgotts willen, so red doch, Mensch!« »<strong>Der</strong> Jager, weißt, der Jager, der Jager, der hat a Kindl abitragen vom Berg, a Kindl, a Kindl a kleins –« Sie nickte in der Angst. »Ja, ja –« »Und drunt bei der Dürrach hat ihn a Steinschlag troffen, a Steinschlag am Fuß. Und allweil, allweil, mitm halbert verdruckten Fuß, da is er noch allweil gsprungen und heim mitm Kindl und heim und in d Stuben eini zur Mutter. ›Nimm s Kindl!‹ sagte er, und da hats ihn hinghaut am Boden – Jesses, Maderl, was hast denn, was hast denn? Du bist ja kaasweiß im Gsichtl! Was hast denn?« Modei, nach Sprache ringend, lallte einen unverständlichen Laut. Dann griff sie mit den Händen ins Leere, schrie den Namen des Bruders, jagte zur Hütte hinunter und verschwand um die Balkenmauer. Niedergstöttner guckte mit kreisrunden Augen. »Hab ich ebba da a Rindviecherei gmacht? Ja? Mir scheint, mir scheint, mir scheint.« Zu dem ehrlichen Kummer, der in seiner sanften, mit Speck wattierten Bierseele Einzug hielt, gesellte sich der Jammer über den weiteren Verlauf seines Amtsweges. Zu Punkls Hütte ging es steil in die Höhe. Bei der Musterung dieses Weges machte Niedergstöttner ein Gesicht wie ein Kater, wenn er Salmiak riechen muß. »Allweil wieder auffi, auffi, auffi und auffi! Hat denn d Welt nach auffi gar keine Grenzen, gar keine, gar keine?« Während er zu krabbeln anfing, klagte er noch: »O du armseligs Mitglied der königlich-bayrischen Zollnarretei!« Als er den Hüttenzaun erreichte, blieb er blasend stehen. »He da! Was is denn? Rührt sich da gar nix, gar nix, gar nix?« »Waaaaas?« klang in der Stube der heisere Alt der Sennerin. »Hat da a Kalbl plärrt? Oder kommt ebbes Menschligs?« Punkl erschien auf der Schwelle. <strong>Der</strong> überraschende Anblick <strong>von</strong> drei Zentnern unbezweifelbarer Männlichkeit verwandelte die Säure ihres Zwiebelgesichtes in grinsende Freude. »Jesses, a Grenzer!« Sie buckelte, als wäre ein königlicher Prinz bei ihr erschienen. »Dös freut mich aber! Grüß Gott, grüß Gott! Mit was kann ich aufwarten?« »Aufschreiben muß ich, aufschreiben, wieviel Vieh als d hast!« »Jesses, Jesses, so a liebs Mannsbild!« staunte die Alte. »Zu dem kunnt man Zutrauen haben.« Wieder buckelte sie. »Grüß Gott, Herr Grenzer!« Sie zappelte ihm entgegen, stützte den Schnaufenden und schob ihn nach aufwärts. »Gschwinder a bißl! Aufkochen tu ich, aaaah, grad nobel! Und in der Kellergruben hab ich noch a drei, vier Flascherln Bier.« 6/7
»Was!« <strong>Der</strong> Erschöpfte machte ein Zuckbewegung, wie durchrissen <strong>von</strong> einem elektrischen Strom. »A Bier hast? A Bier? A Bier?« »Fünf, sechs Flascherln jaaaa!« So einladend kann auch Evas Apfel auf den Adam nicht gewirkt haben. In Niedergstöttner flammte eine zärtliche Begeisterung. »O du Herzkäferl, du benedeits! An Kniefall mach ich! Dir verschreib ich mei Seel! A Bier, a Bier! O Himmelreich, o Paradeis, Paradeis, Paradeis, o irdische Glückseligkeit!« Die drei zollämtlichen Zentner tauchten am Arm der überirdisch grinsenden Jungfrau in den Dusterschein der Sennstube. 7/7
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vielstündigen Umherwandern ermüde
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»Heilige Maria! Helfts! Helfts! Me
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Während die Alte sich in Sorge üb
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»Ja, ja!« »Und was ich noch sage
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Friedl leerte den Krug und setzte i
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daß einer krank gwesen wär von de
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»Ja! Drüben wieder, am alten Flec
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man früher oder spater zammkommt -
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Die Alte schnitt ein langes Gesicht
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Ein kurzes Lachen kam vom Herd her
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»Na, Friedl! Dös geht net.« »Sc
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wie die anderen, die allweil spött
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Bauer in Pfleg gnommen, der keine K
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so a dumms. Da stehen söllene Gsch
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Auf dem Herd blies Lenzl die Asche
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Er hatte sich auf die Bank gesetzt
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In den klappernden Pantoffeln trat
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»Freilich, ja!« nickte er belusti
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Die Hände der Sennerin zitterten,
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Mit großen Augen sah er sie an. Wa
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Er lachte: »Geh weiter, dös brauc
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Unbeweglich stand Modei am Herd und
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Torjoch zieht sich das Luderergewä
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»Dös is gscheit! Da kannst uns an
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quoll ein milchweißes Wasser, trop
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der bedauernswerte Gemsbock sich am
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Kirche und sah sich im Beichtstuhl
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Kam der Abend und jammerte Lenzl, d
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Doktermartl zu und sagte ruhig: »I
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Husarenangriff gmacht haben?« »Ah
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stechen tuts mich, allweil tuts a s
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»Was hast gsagt?« Er brüllte der
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»Sooo!« sagte eben der Doktermart
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Ein kurzes Schweigen. »Friedl?«
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»A Mutter is viel. Aber net alles.
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»Wie schauts denn aus im Revier?«
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Punkl hob den gekränkten Zwiebelko
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