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KOMpass – Ausgabe 10 / 1. Quartal 2015

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isheriger Form schlicht und einfach. Freilich, zu Ende der Veranstaltung sahen sich wieder<br />

alle angehalten mit einer Stimme zu sprechen. So kam es denn auch, dass anstatt<br />

gestützt auf eine breite Mobilisierung der Beschäftigten in den Betrieben eine offensive<br />

Lohnpolitik zu forcieren, die Interessen der Arbeitenden in letzter Instanz erneut in<br />

„sozialpartner“schaftlichem „Balance“-Streben dem vielbeschworenen „sozialen Frieden“<br />

geopfert wurden.<br />

Diesen katastrophalen Abschluss danach in eine „erfolgreiche Durchsetzung einer ordentlichen<br />

Lohn- und Gehaltserhöhung“ umzuinterpretieren und zu beschönigen setzt dem unwürdigen Schauspiel<br />

noch die Krone auf. Mehr noch aber vermag es die interessenspolitische Selbstaufgabe durch das<br />

systematische Zurückweichen des ÖGB, mit all seinen verheerenden Folgen für die Arbeiterklasse im<br />

Land, nur noch notdürftig zu übertünchen. Der Metaller-Abschluss, einst Lohn-Lokomotive, stellt als „Leit-<br />

Abschluss“ mehr und mehr falsche Weichen - dabei nicht zuletzt für die ohnehin hinterherhinkenden Niedriglohnsektoren,<br />

die wie alle anderen Branchen mittlerweile auf die gelegte Reallohnverlust-Schiene (mit-)<br />

aufgerollt sind.<br />

Das heurige Jahr muss nun von uns allen, die für einen kämpferischen Kurs einstehen, genutzt werden, um<br />

den Druck für eine aktive Lohnpolitik kräftig zu erhöhen, bevor das System komplett entgleist und der Gewerkschafts-Zug<br />

an die Wand gefahren wird.<br />

SEATTLE: MINDESTLOHN VON 15 $ ERKÄMPFT<br />

Während der US-weite Mindestlohn auf historischem Tief stagniert, war eine vor allem von Fast-Food-<br />

Beschäftigten getragene Kampagne in Seattle erfolgreich. Aber eine unheilige Allianz aus Republikanern,<br />

reaktionären Medien und kompromisslerischen Demokraten stemmt sich weiter vehement gegen einen<br />

menschenwürdigen Mindestlohn auf landesweiter Ebene.<br />

15 Dollar pro Stunde (umgerechnet 11 Euro) werden in Seattle<br />

je nach Branche in den nächsten drei bis sieben Jahren als<br />

neuer Mindestlohn gelten. <strong>10</strong>0.000 Menschen oder ein Viertel<br />

der Beschäftigten sollen davon profitieren. Damit hat die<br />

Stadt im Nordwesten der USA eine Führungsrolle im bundesweiten<br />

Kampf um menschenwürdige Löhne eingenommen. In<br />

Fastfood-Ketten und im Einzelhandel sind die Einkommen oft<br />

so niedrig, dass Vollzeitbeschäftigte in Armut leben müssen.<br />

Lebensmittelkarten und andere staatliche Hilfen für Lohnabhängige<br />

kosten jährlich 7 Milliarden Dollar, während allein<br />

der Profit von McDonald‘s 2012 bei 5,6 Milliarden lag. Ein USweiter<br />

Mindestlohn von <strong>10</strong>,<strong>10</strong> Dollar, wie ihn Präsident Obama<br />

zumindest in der Theorie fordert, hat angesichts der Mehrheit<br />

der Republikaner im Kongress derzeit wenig Chancen. So sind<br />

es vor allem Städte und einzelne Bundesstaaten, in denen Gewerkschaften<br />

Druck für höhere Löhne machen. Dass die Demokraten<br />

dabei oft zu massiven Ausnahmeregelungen und langen<br />

Übergangsfristen bereit sind, zeigt allerdings auch das Beispiel<br />

Seattle. So gilt der neue Mindestlohn nicht sofort, Minderjährige<br />

sind explizit ausgenommen.<br />

Dass es überhaupt zum Beschluss des neuen Mindestlohns kam,<br />

ist vor allem einer breiten Kampagne mit zahlreichen Aktionsgruppen,<br />

öffentlichen Protesten und andauernder Information<br />

der Bevölkerung zu verdanken. Diese wurde von der Sozialistin<br />

Kshama Sawant, die seit November 2013 im gesetzgebenden<br />

„Seattle City Council“ sitzt, unterstützt. Das Beispiel Seattles<br />

soll nun ArbeiterInnen im ganzen Land ermutigen, einen höheren<br />

Mindestlohn zu erkämpfen, so Sawant.<br />

Bisherige Proteste, wie eine Kundgebung tausender Fast-<br />

Food-Beschäftigter vor der Konzernzentrale von McDonald‘s<br />

im Mai, wurden immer wieder durch massive Polizeieinsätze<br />

behindert bzw. wurde durch Festnahmen versucht, die ArbeiterInnen<br />

einzuschüchtern. Auch reaktionäre Medien wie der<br />

FOX-Kanal befinden sich quasi im Dauereinsatz gegen die<br />

„fight for 15“-Kampagnen. Doch durch den Erfolg in Seattle<br />

scheint der Kampf für höhere Mindestlöhne im ganzen Land<br />

neuen Schwung bekommen zu haben <strong>–</strong> nicht zuletzt dadurch,<br />

dass die betroffenen Beschäftigten gelernt haben, sich nicht auf<br />

abgeschottete Verhandlungen einiger Politiker mit den Unternehmensführungen<br />

zu verlassen und dass mit Massenprotesten<br />

beachtliche Siege zu erreichen sind.<br />

<strong>KOMpass</strong> 7

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