Die Inselzeitung Mallorca November 2015

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INSELBLICK
AUSGABE 30 | NOVEMBER 2015
Im Tal der Hundert Ziegen
Wenn María Jesús Pons morgens zur Arbeit geht,
wird sie stets angemeckert.
Man könnte sagen: „Das ist doch alles Käse!“
Genau das macht die Ökobäuerin
aus der Nähe von Pollença aber erst richtig stolz.
Maria Jesús Pons bei der Kontrolle
der frischen Ziegenmilch
Nur nicht meckern:
Die frischen Ziegenkäse
werden per Hand
richtig in Form gebracht
die rund fünf Hektar große Finca in
einem kleinen Tal der Serra de Tra -
muntana, direkt an der Landstraße Ma-
10 zwischen Pollença und Lluc, liegt wirklich
idyllisch. Umgeben von Laubbäumen und Kiefern,
auf weitläufigen, jetzt im Herbst saftig -
grünen Wiesen, tummelt sich eine Herde Ziegen.
Genau sie sind die Hauptdarsteller in dieser
Geschichte, in der es um die Liebe zur Natur, frische
Produkte und einem Stück heile Welt geht.
María Jesús Pons ist Ökobäuerin mit Leib und
Seele. Seit rund 20 Jahren baut sie, gemeinsam
mit ihrem Mann, Obst und Gemüse auf der aus
dem 18. Jahrhundert stammenden Finca an und
verkauft frische Eier von Hühnern, die glücklicher
nicht sein könnten. Sie laufen gackernd
zwischen Katzen herum, scharren im Dreck
oder dösen in der Sonne. Selbst der Hahn macht
hier genau das, was ein Hahn eben so macht: Er
sitzt auf einem Strohhaufen und behält die
Übersicht.
Seit nunmehr zwei Jahren gibt es aber noch
einen weiteren, überaus schmackhaften Broterwerb
bei María: Ziegenkäse. Ganz gleich, ob in
der Qualität eines Camemberts, als semicurado,
oder mit buntem Pfeffer, die Bäuerin hat den
einfachen Ziegenkäse zu einer Delikatesse geformt.
Eine Besonderheit ist der Queso de Cabra
con carbón, ein Ziegenkäse, der mit (essbarer)
Kohle umrahmt ist, die sich beim Schneiden mit
dem eigentlichen Käse verbindet und für ein
ganz besonderes Geschmackserlebnis sorgt.
Im Moment besitze sie leider nur 40 Ziegen, erklärt
María. Doch der Nachwuchs ist bereits im
stehfähigen Alter, und auch die Familienplanung
läuft prächtig. Innerhalb der nächsten drei
Jahre soll die Herde rund 100 Tiere umfassen.
Jede Ziege gibt pro Tag zwischen einem und eineinhalb
Litern Milch. Gemolken wird einmal
täglich, jeweils morgens. Mit Kuhmelken sei die
Prozedur nicht zu vergleichen, sagt María lächelnd.
Ziegen seien wie Katzen, kaum er -
ziehbar, mit ganz eigenem Kopf. Aber an das
Melken gewöhnen sie sich.
Der Ökohof ist eine Produktionsstätte der kurzen
Wege. Vom Melkstand zur Käseherstellung
sind es rund 100 Meter. In dem kleinen, hell gefliesten
Raum, der an ein Labor erinnert, wird
aus Ziegenmilch der Ziegenkäse. Stets genauestens
überwacht, und von einem Amtstierarzt
regelmäßig kontrolliert. Während die Milch hier
leicht temperiert zum Käse wird, reifen die fertigen
Produkte in der benachbarten Kältekammer.
Nach rund zwei Monaten sind die Ziegenkäse
schließlich fertig und können an die Kunden
verkauft werden. „Die Herstellung von
gutem Ziegenkäse braucht viel Zeit“, berichtet
María. Auf die Frage, wie sie sich die denn vertreibt,
zeigt sie kleine und große Schlüsselanhänger
aus echter Schafswolle. Die stammt von
der Herde ihres Mannes. Doch das ist eine ganz
andere Geschichte.
Marc Fischer
Noch grün hinter den Ohren:
Der Nachwuchs auf der Ziegenfarm
alle Fotos: Marc Fischer