SGV - Kreuz&Quer Ausgabe 4/2015
Ausgabe 4/2015 des Aktivmagazins Kreuz&Quer vom Sauerländischen Gebirgsverein. Weitere Informationen unter http://sgv.de/kreuz-und-quer.html.
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RAUS IN DIE NATUR. REIN IN DIE GESUNDHEIT.<br />
Wandern – eine Herzensangelegenheit<br />
Wer Professor Dr. Ingo Froböse um ein Gespräch zum Thema<br />
„Wandern“ bittet, zaubert bei ihm sofort ein Lächeln ins Gesicht und<br />
Glanz in die Augen. „Wandern ist mir eine ganz persönliche Herzensangelegenheit.<br />
Als Wissenschaftler und als Naturfreund“, sagt er.<br />
K&Q: Der Herbst ist besonders beliebt bei Wanderurlaubern.<br />
Da werden Sie grundsätzlich nichts<br />
gegen haben. Oder?<br />
Professor Ingo Froböse: Natürlich nicht. Der Geist<br />
soll schließlich zur Ruhe kommen, der Körper<br />
wieder auftanken. Aber Vorsicht, wiegen Sie sich<br />
nicht in Sicherheit. Nur wer das ganze Jahr über<br />
regelmäßig auf Schusters Rappen unterwegs ist, tut<br />
genug für seine Gesundheit.<br />
Ihre kurze Erstzusammenfassung zum Auftakt?<br />
Wandern macht glücklich und zufrieden. Wandern<br />
führt zu seelischer Ausgeglichenheit. Und regelmäßig<br />
betrieben, macht es auch körperlich fit. Denn<br />
wie alle Ausdauersportarten kräftigt Wandern das<br />
Herz-Kreislauf-System, stärkt das Immunsystem<br />
und regt den Stoffwechsel an.<br />
Manche Menschen haben natürlich auch etwas<br />
Respekt vor dem Gesamt-Aufwand, der unter<br />
Umständen vor und während einer Wanderung<br />
betrieben werden muss.<br />
Das muss man aber nicht. Zunächst einmal: Ein<br />
flotter Spaziergang in der Stadt hat ähnliche Vorteile<br />
wie eine Wanderung. Denn wichtig ist die Bewegung<br />
als solche – und dafür muss niemand bis<br />
zum nächsten Urlaub in den Alpen warten. Männer<br />
sollten in 30 Minuten drei Kilometer zurücklegen,<br />
Frauen die gleiche Strecke in 35 Minuten. Stadtluft,<br />
die möglicherweise mit Abgasen belastet ist, ist<br />
dabei relativ unbedenklich. Einerseits ist die Lunge<br />
ja ein guter Filter. Andererseits sind die Nachteile<br />
einer Bewegungsfaulheit gegenüber dem zügigen<br />
und regelmäßigen Gang „um den Block“ deutlich<br />
größer.<br />
Ein Wort zu den Anfängern?<br />
Anfänger sollten die tatsächlichen Wander-Touren<br />
vorsichtig vom Umfang her planen und eher<br />
6 KREUZ&QUER 4/15 RAUS IN DIE NATUR!<br />
kürzer wandern. Zudem gilt es, das Wetter und die<br />
Höhe zu beachten. Gut sind Wanderungen in der<br />
Höhenluft aber dennoch. Durch die Höhe werden<br />
das Immunsystem und die Sauerstoffbindung<br />
des Blutes angeregt. Die dünnere Luft fördert das<br />
Atmen und die Lungenarbeit. Und noch ein Effekt:<br />
Ein Urlaub in den Bergen ist dank der Bewegung in<br />
den unterschiedlichen Höhenlagen bis zu viermal<br />
erholsamer als jeder Strandurlaub und auch zuhause<br />
noch positiv und nachhaltig spürbar. Allerdings<br />
gilt auch hier: Am besten sanft mit Aktivitäten im<br />
Tal in den Urlaub zu starten, denn am Talboden<br />
kommt der Körper schnell in eine Erholungsphase.<br />
Dies liegt am geringen Höhenunterschied von Heimat-<br />
und Urlaubsregion und der sauerstoffreichen<br />
Luft. Der Körper ist die niedrige Lage der Talsohle<br />
von rund 500 Metern gewöhnt. Er regeneriert in alltäglicher<br />
Höhe am schnellsten, daher ist Schlafen<br />
am Talboden besonders zu empfehlen. Es schont<br />
das Herz-Kreislauf-System.<br />
Und wenn es doch mal höher hinauf geht?<br />
Der Sauerstoffgehalt ab einer Höhe von rund 1.000<br />
Metern ist leicht reduziert. Bewegung in dieser<br />
Höhe fördert die Bildung roter Blutkörperchen, die<br />
den Sauerstofftransport im Blut ankurbeln. Dies<br />
sorgt für einen verbesserten Stoffwechsel. Am Berg<br />
werden Kraft- und Energiereserven aktiviert.<br />
Hat Wandern auch positive Auswirkungen<br />
auf die Figur?<br />
Natürlich. Wandern ist überaus gut für die Figur,<br />
weil sich bei längeren Strecken der Stoffwechsel<br />
verändert. Wer nicht pausenlos isst, baut seinen<br />
Kohlenhydrate-Vorrat nach etwa einer bis eineinhalb<br />
Stunden zügigen Gehens ab. Von diesem<br />
Zeitpunkt an werden die Fettreserven im Körper<br />
angegriffen.<br />
Und auf den Kopf?<br />
Klar, denn die Bewegung kann das Denkvermögen<br />
steigern. Bei einer Geschwindigkeit von vier<br />
Kilometern pro Stunde wird das Gehirn 30 bis 40<br />
Prozent stärker durchblutet als im Ruhezustand.<br />
Und das lohnt sich. Da wird die Neubildung von<br />
Nervenzellen angeregt. Und: Die monotone Bewegung<br />
hat etwas Meditatives.<br />
Ihr Fazit aus wissenschaftlicher Sicht?<br />
Wer einen Wanderurlaub hinter sich hat, ist belastbarer<br />
und leistungsfähiger als vor der Reise. Der<br />
eigene Gesundheitszustand wird gegen Urlaubsende<br />
deutlich positiver bewertet als vorher.<br />
Ingo Froböse (58) ist Universitätsprofessor<br />
für Prävention und Rehabilitation<br />
im Sport an der Deutschen<br />
Sporthochschule in Köln. Er ist dort Leiter<br />
des „Zentrums für Gesundheit durch<br />
Sport und Bewegung“ und Leiter des<br />
„Instituts für Bewegungstherapie und<br />
bewegungsorientierte Prävention und<br />
Rehabilitation“. Daneben ist er wissenschaftlicher<br />
Leiter des „Instituts für Qualitätssicherung<br />
in Prävention und Rehabilitation<br />
GmbH“ (IQPR GmbH).Während<br />
seiner Studienzeit wurde er mehrfach als<br />
Sprinter deutscher Vizemeister über 100<br />
Meter, deutscher Vizemeister über 200<br />
Meter sowie deutscher Hochschulmeister<br />
über 200 Meter. Bei den Leichtathletik-Halleneuropameisterschaften<br />
1982 in<br />
Mailand wurde er Vierter über 200 Meter.<br />
Des Weiteren war er im Bobsport aktiv.<br />
Neben seiner Tätigkeit als Universitäts-<br />
Professor ist Froböse Autor bzw. Co-Autor<br />
zahlreicher Bücher zu den Themenbereichen<br />
Gesundheit, Ernährung und<br />
Sport.