inter|esse 5/2015
In der Ausgabe 5/2015 widmet sich inter|esse den Schwerpunkten: "Brexit": Steht die EU vor einer Spaltung?, Digitalökonomie - die Wirtschaft im Wandel, Banken und FinTechs, Private Banken engagieren sich (8): ING-DiBa, Kooperation zur Nachhaltigkeit
In der Ausgabe 5/2015 widmet sich inter|esse den Schwerpunkten: "Brexit": Steht die EU vor einer Spaltung?, Digitalökonomie - die Wirtschaft im Wandel, Banken und FinTechs, Private Banken engagieren sich (8): ING-DiBa, Kooperation zur Nachhaltigkeit
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<strong>inter|esse</strong><br />
Ausgabe 5 ◆ <strong>2015</strong><br />
Daten – Fakten – Hintergründe<br />
Digitalökonomie –<br />
die Wirtschaft im Wandel S. 4<br />
Banken und FinTechs S. 5<br />
Private Banken engagieren sich (8):<br />
ING-DiBa S. 6<br />
Kooperation zur Nachhaltigkeit S. 8<br />
„Brexit“: Steht die EU vor einer Spaltung?<br />
Die Briten werden vermutlich im kommenden Jahr,<br />
spätestens jedoch 2017, über den Verbleib ihres Landes<br />
in der Europäischen Union entscheiden. Schon die<br />
Ankündigung des Referendums haben Atmosphäre<br />
und politische Ausgangslage in Europa verändert.<br />
Erstmals könnte die EU vor einem Schritt der De-<br />
Integration stehen, mit noch kaum absehbaren Folgen.<br />
Was im Sommer im Kontext des möglichen Ausscheidens<br />
Griechenlands aus der Euro-Zone („Grexit“) in buchstäblich<br />
letzter Minute noch einmal abgewendet wurde, könnte<br />
nun bald sogar der Europäischen Union drohen: dass<br />
sie mit dem Austritt Großbritanniens („Brexit“) erstmals<br />
in ihrer Geschichte eine Verkleinerung und De-Integration<br />
erfährt.<br />
Bei einem „Gespräch in der Burgstraße“ des Bankenverbandes<br />
zu den Folgen eines möglichen Brexit warnte<br />
kürzlich Alexander Radwan, Mitglied des Bundestages<br />
und langjähriges Mitglied des Europäischen Parlamentes,<br />
eindringlich vor einer solchen Entwicklung. Für diesen<br />
Fall sei zu befürchten, dass eurokritische Parteien und<br />
entsprechende politische Strömungen Auftrieb erhielten<br />
und ein Rückzug von Europa auch für andere Staaten<br />
zu einer realen Handlungsoption werden könnte. Eine<br />
Einschätzung, die Gewicht auch dadurch gewinnt, dass<br />
die Austritts-Debatte Europa in einer Phase ereilt, in der<br />
durch die Flüchtlingskrise nationale Interessen ohnehin<br />
virulenter geworden sind und die europäische Solidarität<br />
schon jetzt auf eine harte Probe stellen.<br />
Noch ist aber der Ausgang der Debatte – und erst recht<br />
der des Referendums – völlig offen. Möglicherweise könnte<br />
die nun angestoßene Reformdebatte die EU sogar voranbringen.<br />
Prof. Dr. Matthias Herdegen vom Institut für<br />
Öffentliches Recht und Völkerrecht der Universität Bonn
ung an, die unterhalb der vertraglichen Ebene vereinbart<br />
werden könnten. Würde die britische Regierung hingegen<br />
Forderungen stellen, die Vertragsänderungen nötig<br />
machten, welche durch alle Parlamente der Mitgliedstaaten<br />
ratifiziert werden müssten, dürfte das, wie auch<br />
Professor Herdegen meinte, zu großen Schwierigkeiten<br />
führen.<br />
Alexander Radwan MdB warnte vor den Folgen eines möglichen Brexit.<br />
wies auf der Veranstaltung in Berlin darauf hin, dass die<br />
britische Sorge, angesichts der europäischen Politik nicht<br />
mehr „Herr im eigenen Hause“ zu sein, auch in anderen<br />
europäischen Ländern Widerhall finde. Wenn es gelänge,<br />
solchen Bedenken entgegenzukommen, und auch mehr<br />
Systemwettbewerb in der EU zuzulassen, könnte darin<br />
eine ausgewogene Lösung bestehen. Wichtig sei allerdings,<br />
dass Substanz und Markenkern der Europäischen<br />
Union erhalten bleiben.<br />
Ob dies gelingen kann, ist wohl in der Tat die entscheidende<br />
Frage. Inzwischen hat Premierminister Cameron<br />
die aus britischer Sicht gewünschte Reformagenda vorgestellt,<br />
ohne jedoch inhaltlich sehr weit über das hinauszugehen,<br />
was sich schon seit einigen Monaten immer<br />
mehr verdichtet hatte. Die angestrebten Veränderungen<br />
umfassen danach partielle Rückverlagerungen von Kompetenzen<br />
auf die nationale Ebene, Vetorechte für die<br />
nationalen Parlamente, um unliebsame Gesetze zu stoppen,<br />
neue Regelungen zum Verhältnis zwischen der Euro-<br />
Zone und Nicht-Euro-Ländern sowie die Begrenzung des<br />
Zugangs von EU-Ausländern zu den Sozialsystemen des<br />
Gastlandes.<br />
In den nächsten Monaten will die britische Regierung die<br />
anderen Mitgliedstaaten von ihren Reformvorstellungen<br />
überzeugen. Rote Linien in den laufenden Verhandlungen<br />
sieht Dr. Henning Berger, Partner bei White & Case und<br />
Mitveranstalter des Gesprächs in der Burgstraße dabei<br />
vor allem bei den Grundfreiheiten Europas, insbesondere<br />
der Freizügigkeit. Spielräume böten sich bei der Regulie-<br />
Doch welche Folgen wären von einem EU-Austritt überhaupt<br />
zu erwarten? Mit Blick auf Handel und Investitionen<br />
wäre es nach Einschätzung von Andreas Schmitz,<br />
Vorsitzender des Aufsichtsrates der HSBC Trinkaus &<br />
Burkhardt AG schon ein deutlicher Verlust, wenn mit<br />
rund 60 Millionen Briten ein nicht geringer Teil aus dem<br />
heutigen, etwa 500 Millionen Europäer umfassenden<br />
Binnenmarkt herausbrechen würde. Bei der Gestaltung<br />
von Normen, aber auch in vielen weiteren handelspolitischen<br />
Fragen könnte man dann gegenüber den anderen<br />
großen Wirtschaftsräumen wie Südostasien oder den<br />
USA nicht mehr mit einer Stimme sprechen.<br />
In jedem Falle dürfte ein Austritt Großbritanniens für<br />
beide Seiten mit hohen wirtschaftlichen und politischen<br />
Kosten verbunden sein. Allerdings sind diese kaum zuverlässig<br />
zu quantifizieren. Wie aktuelle Studien zeigen,<br />
hängen sie stark vom unterstellten Szenario, insbesondere<br />
von der Ausgestaltung der zukünftigen Handelsvereinbarungen<br />
mit der EU und mit Drittstaaten ab. Bliebe<br />
das Land durch Ersatzvereinbarungen weitgehend in den<br />
Binnenmarkt und in den gemeinsamen Handel eingebunden,<br />
wären die Auswirkungen erheblich geringer, als für<br />
den Fall, dass sich die britische Wirtschaft in einer Art Abschottung<br />
wiederfände.<br />
Insbesondere bei den ausländischen Direktinvestitionen<br />
spielt die Frage nach dem Zugang zum EU-Binnenmarkt<br />
eine wichtige Rolle. Deshalb dürften hier im Fall eines<br />
Brexit für Großbritannien die größten Einbußen zu erwarten<br />
sein, auch mit deutlichen Folgen für den Finanzsektor.<br />
Schließlich ist die City of London das größte Finanzzentrum<br />
Europas. Und ausländische Banken spielen darin eine<br />
Schlüsselrolle, nicht nur für ihr Europageschäft, sondern<br />
auch für die Finanzierung der britischen Realwirtschaft.<br />
Viele dieser Banken seien, wie Andreas Krautscheid, Mit-<br />
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ankenverband<br />
Dr. Henning Berger (v.l.), Daniel Schäfer (Moderator), Prof. Dr. Matthias Herdegen, Alexander Radwan MdB, Andreas Schmitz, Andreas Krautscheid<br />
beim Gespräch in der Burgstraße.<br />
glied der Hauptgeschäftsführung des Bankenverbandes,<br />
berichtete, wegen eines möglichen Austritts Großbritanniens<br />
in Sorge und überlegten, ob sie Teile ihres Geschäfts<br />
in andere Länder, etwa Deutschland, Irland oder Frankreich<br />
verlagern sollten. Für die privaten Banken in Deutschland<br />
sei dies keine erfreuliche Debatte, selbst wenn der Finanzstandort<br />
Frankfurt davon profitieren sollte. „Denn wir wollen“,<br />
so Krautscheid, „dass Großbritannien in der EU und<br />
London weiterhin ein starker Finanzplatz bleibt.“<br />
Die EU würde mit Großbritannien nicht nur einen Nettobeitragszahler<br />
zum Haushalt, sondern auch ihr, gemessen<br />
am Bevölkerungsanteil, drittgrößtes Mitgliedsland<br />
verlieren, und damit rund 15% ihrer Wirtschaftsleistung<br />
einbüßen. Ganz abgesehen davon, dass Großbritannien<br />
als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat, als Atommacht<br />
und wichtige Triebkraft der gemeinsamen Außenund<br />
Sicherheitspolitik (GASP) über bedeutendes Gewicht<br />
in der Welt verfügt, das der EU dann fehlen würde.<br />
Es steht also viel auf dem Spiel – auch für die Briten. Im<br />
Kern geht es Großbritannien darum – das hat Finanzminister<br />
George Osborne gerade kürzlich noch einmal betont<br />
– nur in der EU bleiben zu wollen, wenn in wichtigen<br />
Fragen die Eigenständigkeit des Landes gesichert ist. Die<br />
Bevölkerung lehne es ab, Teil einer zentralisierten Europäischen<br />
Union zu sein. Sein Land könne es sich aber vorstellen,<br />
in einem Staatenbund zu bleiben.<br />
Damit stellt sich im Grunde die bislang nie beantwortete<br />
Frage der Finalität des europäischen Integrationsprozesses.<br />
Mit der Forderung, die EU solle nicht immer neue<br />
Kompetenzen („Powers“) von den Mitgliedstaaten bekommen,<br />
sondern sie solle auch Kompetenzen an die Mitgliedstaaten<br />
zurückgegeben, wendet sich Großbritannien<br />
nicht nur gegen das Diktum einer „ever closer Union“, das<br />
auch vielen anderen Mitgliedern zunehmend ein Dorn im<br />
Auge ist; es stellt implizit auch eine partielle Re-Nationalisierung<br />
zur Diskussion.<br />
Das unterscheidet möglicherweise diese von vorangegangenen<br />
Debatten und Krisen der Europäischen Union.<br />
Und es gibt einen Unsicherheitsfaktor, der nicht in jeder<br />
Sekunde – und vor allem nicht in letzter Sekunde – vom<br />
Verhandlungstisch aus zu beherrschen ist: die Stimmungslage<br />
der britischen Bevölkerung. Was man an einem<br />
Partner hat, bemerkt man oft erst, wenn man ihn zu<br />
verlieren droht, oder sogar schon verloren hat. Es bleibt<br />
daher sehr zu hoffen, dass beide Seiten rechtzeitig erkennen,<br />
was sie aneinander haben.<br />
<strong>inter|esse</strong> 5 ◆ <strong>2015</strong> 3
Digitalökonomie – die Wirtschaft im Wandel<br />
Die nächste Stufe des digitalen Umbruchs in der industriellen<br />
Wertschöpfung wird vor allem von der Kommunikation<br />
zwischen Maschinen (Industrie 4.0) und der intelligenten<br />
Auswertung von großen Datenmengen (Big<br />
Data) beherrscht sein. Die Privatbank Berenberg und das<br />
Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) haben in<br />
einer aktuellen Studie die Auswirkungen der „Digitalökonomie“<br />
untersucht. Im Folgenden die wesentlichen<br />
Kernaussagen der Studie.<br />
• Die deutsche Volkswirtschaft ist mit ihrer starken Industrie,<br />
ihren leistungsfähigen Unternehmen, den geschlossenen<br />
Wertschöpfungsketten und ihrer konsequenten<br />
Weltmarkt- und Innovationsorientierung für<br />
den digitalen Wandel grundsätzlich gut aufgestellt. Es<br />
gibt am Standort Deutschland gleichwohl gravierende<br />
Schwachstellen, die dazu führen können, dass die<br />
deutsche Volkswirtschaft den Anschluss an die Digitalisierung<br />
verpasst. Hierzu zählen etwa Rückstande in<br />
der digitalen Infrastruktur sowie bei der Softwareentwicklung.<br />
• Die Digitalisierung verändert Wirtschaft und Gesellschaft<br />
von Grund auf. Unter dem Schlagwort „Industrie<br />
4.0“ wird bereits von der nächsten industriellen<br />
Revolution gesprochen. Nach der Automatisierung erfolgt<br />
nun die Dezentralisierung der Produktion durch<br />
die Vernetzung von Maschinen. Der digitale Wandel<br />
trägt neue Dynamik insbesondere in die Automobilindustrie<br />
und den Mobilitätsmarkt. Vernetzten Verkehr<br />
zu gestalten, Sharing-Modelle anzubieten und ausgereifte<br />
Digitalausstattung zu gewährleisten sind dabei<br />
entscheidende Aspekte der Zukunftsfähigkeit in diesem<br />
Sektor.<br />
• Aufgrund digitaler Technologien gibt es eine Vielzahl<br />
neuer Geschäftsmodelle, die die bestehenden Märkte<br />
verändern. Der wirtschaftliche Effekt der Digitalisierung<br />
geht damit über übliche Effizienzgewinne (etwa<br />
durch sinkende Transaktionskosten) hinaus. Auch der<br />
Finanzsektor ist von der Digitalisierung maßgeblich<br />
betroffen. Insbesondere der Zahlungsverkehr, das<br />
Kreditgeschäft oder das Portfoliomanagement sind<br />
Bereiche der Kreditwirtschaft, die durch Innovationen<br />
sogenannter Fintechs vermehrten Wettbewerbsdruck<br />
zu spüren bekommen. Für die Verbraucher werden<br />
dadurch bestehende Finanzdienstleistungen verbessert<br />
und neue Angebote entstehen.<br />
• Schon im Zuge vergangener industrieller Revolutionen<br />
wurde stets technologisch bedingte Arbeitslosigkeit<br />
befürchtet. Zumindest dauerhaft und flächendeckend<br />
ist dies jedoch bislang nicht eingetreten.<br />
Allerdings geraten aufgrund der zunehmenden Lernfähigkeit<br />
von Computern auch Tätigkeiten mit höheren<br />
Qualifikationsprofilen unter Druck. Ein Risiko der<br />
technologischen Arbeitslosigkeit im Zuge von Industrie<br />
4.0 ist nicht von der Hand zu weisen. In einer Szenario-Rechnung<br />
beziffert die Studie bis zum Jahr 2030<br />
zusätzliche jährliche Wertschöpfungspotenziale von<br />
17 bis 25 Mrd. Euro.<br />
4 <strong>inter|esse</strong> 5 ◆ <strong>2015</strong>
ankenverband<br />
• Welche Herausforderungen sich für die Wirtschaftspolitik<br />
ergeben, hängt vom weiteren Gang des Digitalisierungsprozesses<br />
ab: Wenn es sich lediglich um<br />
eine weitere, wenn auch tiefgreifende Episode des<br />
Strukturwandels handelt – so das Haupt-Szenario der<br />
Studie –, müsste die Wirtschaftspolitik vorrangig dafür<br />
sorgen, die Märkte offen zu halten, um einen dynamischen<br />
Wandel zu ermöglichen. Zudem wäre der<br />
Übergang von der analogen zur digitalen Ökonomie<br />
sozial abzufedern.<br />
• Sollten durch den digitalen Wandel jedoch massenhaft<br />
Arbeitsplätze verloren gehen, ohne dass in annähernd<br />
gleichem Umfang neue entstehen – so das Risiko-Szenario<br />
-, müsste die Wirtschaftspolitik teilweise<br />
völlig neu gedacht werden. Wenn Arbeitskräfte selbst<br />
bei maximaler Lern- und Anpassungsbereitschaft keine<br />
realistische Chance mehr auf Beschäftigung haben,<br />
weil die Arbeit zum Großteil von Computern und<br />
Robotern erledigt wird, wäre die Sozialpolitik gefordert,<br />
die resultierenden Verteilungsprobleme zu bewältigen.<br />
• Mit der Digitalisierung verbinden sich zudem weitreichende<br />
gesellschaftliche und ordnungspolitische<br />
Fragen, wie etwa Eigentum und Nutzung von Daten,<br />
Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung.<br />
Damit stellen sich auch ethische und normative Fragen,<br />
für die in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik Antworten<br />
entwickelt werden müssen.<br />
Quelle: „Strategie 2030 – Digitalökonomie“. Gemeinsame<br />
Studie von Berenberg und Hamburgisches Welt-<br />
WirtschaftsInstitut (HWWI), August <strong>2015</strong>.<br />
Banken und FinTechs – Position des Bankenverbands<br />
Die Digitalisierung vollzieht sich sehr dynamisch und wird<br />
auch das Bankgeschäft langfristig verändern. Die Entwicklung<br />
von so genannten FinTechs, also jungen Technologieunternehmen,<br />
die Finanzdienstleistungen anbieten,<br />
sehen die privaten Banken als eine Chance für den Finanzund<br />
Technologiestandort Deutschland an.<br />
Junge, innovative Unternehmen im Finanzbereich sind bei<br />
Investoren derzeit weltweit sehr begehrt. So verdreifachten<br />
sich 2014 die globalen Investitionen in FinTechs auf über<br />
14 Milliarden US-Dollar. Das im Gegenzug hin und wieder<br />
gezeichnete Bild von den vermeintlich trägen Banken ist<br />
aber falsch. Banken gestalten die digitale Industrialisierung<br />
aktiv mit. Viele entwickeln eigene Angebote und kooperieren<br />
längst mit vielversprechenden Start-ups. Der Vorstand<br />
des Bankenverbandes hat kürzlich zudem beschlossen, die<br />
Möglichkeit einer außerordentlichen Mitgliedschaft von<br />
FinTechs im Verband rechtlich vorzubereiten.<br />
Die Banken sehen FinTechs demnach keineswegs nur als<br />
Konkurrenten, sondern sind sich des großen Kooperationspotentials<br />
mit ihnen bewusst. Dies gilt insbesondere für<br />
die FinTechs, deren Geschäftsmodell in der technischen<br />
Unterstützung von Bankdienstleistungen liegt.<br />
FinTechs punkten oft mit kundenfreundlicher Innovation,<br />
Banken mit Daten- und Systemsicherheit. Laut einer aktuellen<br />
repräsentativen GfK-Umfrage im Auftrag des Bankenverbandes,<br />
gaben vier von fünf Befragten an, dass sie<br />
ihre persönlichen Daten bei Banken und Sparkassen gut<br />
bis sehr gut geschützt sehen. Lediglich 16 Prozent meinen<br />
dies in Bezug auf Unternehmen wie Google, Facebook<br />
oder junge Technologieunternehmen. Den Vertrauensbonus<br />
der Banken gilt es gut zu schützen, denn Datensicherheit<br />
wird in Zukunft eine noch wichtigere Rolle einnehmen<br />
als das derzeit schon der Fall ist.<br />
Die privaten Banken scheuen den Wettbewerb mit den<br />
FinTechs nicht. Dafür ist es allerdings wichtig, dass gleiches<br />
Geschäft auch gleich reguliert wird. Wenn der Wettbewerb<br />
unter gleichen Spielregeln stattfindet, dann sehen<br />
die privaten Banken dem sehr selbstbewusst entgegen.<br />
<strong>inter|esse</strong> 5 ◆ <strong>2015</strong> 5
Private Banken engagieren sich (8): ING-DiBa<br />
Engagement ist hier Teil der Unternehmenskultur<br />
Prominente Unterstützung mit<br />
Dirk Nowitzki für das Projekt<br />
BasKIDball.<br />
Die ING-DiBa feiert in diesem Jahr ihr 50. Jubiläum. Als<br />
innovatives, wachstumsorientiertes und werbeaktives<br />
Unternehmen stellt sie eine wertvolle Marke mit sehr<br />
hohem Bekanntheitsgrad in Deutschland dar. Doch es<br />
gibt eine Facette der Bank, die noch nicht so bekannt<br />
ist: ihr gesellschaftliches Engagement, das sie unter dem<br />
passenden Label FAIRantwortung betreibt. Warum eigentlich?<br />
Denn es kann sich sehen lassen.<br />
Was macht ein Unternehmen einmalig? Produkte, zumal<br />
Bankprodukte, können kopiert und auch Konditionen,<br />
Services oder andere Rahmenbedingungen nachgeahmt<br />
werden. Doch eines macht ein Unternehmen unverwechselbar:<br />
seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die<br />
Kultur wie sie miteinander umgehen. Wer mit Mitarbeitern<br />
der ING-DiBa zu tun hat, spürt, dass sie auf ihre Unternehmenskultur<br />
stolz sind. Es ist, wie Benjamin Papo,<br />
CSR-Verantwortlicher des Instituts, es formuliert, „eine<br />
Kultur des gutgelaunten und vielgestaltigen Meinungsaustauschs,<br />
die uns als Teil unserer ‚Unternehmens-DNA‘<br />
eine Art Kopierschutz verleiht.“ Und es ist offenbar auch<br />
eine Kultur, die ein atmosphärisches Umfeld schafft, in<br />
dem Aktivität, Freiwilligkeit und Gemeinsinn gedeihen<br />
– wesentliche Voraussetzungen des sozialen Engagements,<br />
wie es die ING-DiBa im Rahmen ihres umfassenden<br />
Programms FAIRantwortung zeigt.<br />
Das Institut selbst blickt mit seiner Entwicklung von der<br />
Gründung der Bank für Spareinlagen bis zur heutigen Konzerntochter<br />
der ING Group und größten Direktbank Europas<br />
auf 50 Jahre wechselvolle Geschichte zurück. Indes hat<br />
es das Programm FAIRantwortung immerhin auch schon<br />
auf ein respektables Jubiläum gebracht: Seit zehn Jahren<br />
sind unter dem Label sowohl das externe Sponsoring –<br />
etwa die Zusammenarbeit mit UNICEF –, als auch das interne<br />
ehrenamtliche Engagement zusammengefasst. „Wer<br />
sich von unseren Mitarbeitern engagiert, soll darin auch<br />
unterstützt werden“, so die Auffassung Roland Boekhouts,<br />
dem Vorstandsvorsitzenden der ING DiBa. Damit sind unter<br />
anderem die beiden Volunteering-Programme „We Care“<br />
und „Give Five“ gemeint. Bei der seit zehn Jahren laufenden<br />
Aktion „We care“ bewerben sich Mitarbeiter, die sich<br />
in ihrem Verein engagieren, um eine finanzielle Unterstützung<br />
von bis zu 1.000 Euro. Bisher wurden auf diese Art<br />
rund 4,6 Millionen Euro an Vereine ausgeschüttet. Beim<br />
Programm „Give Five“, das es seit fünf Jahren gibt, helfen<br />
Bankmitarbeiter einen Tag lang bei Projekten gemeinnütziger<br />
Einrichtungen mit. Allein im vergangenen Jahr wurden<br />
von den Mitarbeitern auf diese Weise nahezu 3.000 zusätzliche<br />
Arbeitsstunden in sozialen Projekten geleistet.<br />
Das Vereinswesen und damit die Förderung von Bürgerengagement<br />
steht auch bei einem anderen Projekt na-<br />
6 <strong>inter|esse</strong> 5 ◆ <strong>2015</strong>
ankenverband<br />
mens „DiBaDu und dein Verein“ im Fokus. Hier allerdings<br />
werden die Sozialen Medien einbezogen, um mit einem<br />
Sponsorship von einer Million Euro (1.000 x 1.000 Euro)<br />
Vereine zu unterstützen. Der Clou: Die Vereine stimmen<br />
im Internet selbst darüber ab, wer jeweils die 1.000 Euro<br />
bekommen soll. Und im diesjährigen Jubiläumsjahr stellt<br />
die Bank zusätzlich 50 mal 1.000 Euro für besondere Vereinswünsche<br />
zur Verfügung.<br />
Was früher langfristig genannt wurde, heißt heute nachhaltig.<br />
Aber unabhängig vom Vokabular ist unverändert<br />
gültig, dass gesellschaftliche Verantwortung einen langen<br />
Atem braucht, ein Engagement über den Tag hinaus.<br />
Dafür steht die Kooperation der ING-DiBa mit UNICEF, bei<br />
der sich die Bank auf das Programm „Schulen für Afrika“<br />
konzentriert. Denn Bildung ist gerade für die ärmsten<br />
Länder der entscheidende Schlüssel für die Entwicklung<br />
und eine bessere Zukunft. Allein in 2014 wurden im Rahmen<br />
dieses Projekts von der ING DiBa 50 neue Klassenzimmer<br />
einschließlich notwendiger Sanitärräume ermöglicht,<br />
insgesamt wurden bisher über 1,3 Millionen Euro<br />
gespendet.<br />
Ein weiteres Beispiel des gesellschaftlichen Engagements<br />
ist der Helmut Schmidt-Journalistenpreis, der seit<br />
1996 für herausragenden Wirtschafts- und Verbraucherjournalismus<br />
vergeben wird. Mit ihm zeichnet die Bank<br />
Medienbeiträge aus, die Bürgern helfen, die Welt der<br />
Wirtschaft besser zu verstehen und sich darin als Verbraucher<br />
zurecht zu finden. Dank der bis zuletzt großen<br />
Verbundenheit des kürzlich verstorbenen Altkanzlers mit<br />
„seinem“ Preis erlangte die inzwischen zum 20. Mal verliehene<br />
Auszeichnung ein hohes Renommee. Auch die<br />
unter anderem mit Ulrich Wickert, Hans Leyendecker und<br />
Hermann-Josef Tenhagen hochkarätig besetzte Jury trug<br />
dazu bei. Die drei in diesem Jahr unter 187 Bewerbern<br />
ausgewählten Preisträger wurden in diesem Jahr im Rahmen<br />
der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der<br />
ING-DiBa in der Alten Oper in Frankfurt geehrt.<br />
Sportlich-soziales Engagement steht im Mittelpunkt des<br />
Projekts „BasKIDball“, das aus der langjährigen Zusammenarbeit<br />
der ING DiBa mit Basketball-Idol Dirk Nowitzki<br />
hervorgegangen ist. In 16 Städten bietet die Bank zusammen<br />
mit ihrem Bamberger Partner „Initiative Sozialarbeit“<br />
aktuell rund 1.000 Schülerinnen und Schülern<br />
zwischen 8 und 20 Jahren Spaß zwischen den Körben und<br />
pädagogische Betreuung quasi im Doppelpack. Die Idee,<br />
die dahinter steht, ist einfach: Sport verbindet bekanntlich<br />
– hier junge Menschen unterschiedlicher Altersgruppen,<br />
Geschlechter, Nationen, Konfessionen und sozialer<br />
Schichten. Und Mannschaftssport fördert zudem nicht<br />
nur die körperliche Entwicklung, sondern auch wichtige<br />
soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Ausdauer,<br />
und Durchsetzungsvermögen. BasKIDball steht unter<br />
der Schirmherrschaft von Dirk Nowitzki, der bei gemeinsamen<br />
Veranstaltungen regelmäßig anwesend ist. Viele<br />
BasKIDs hatten damit bereits die Möglichkeit, den NBA-<br />
Star persönlich zu treffen.<br />
Mitarbeiter der ING DiBa unterstützen das Down-Sportlerfest in<br />
Frankfurt-Kalbach.<br />
Es müssen nicht immer große, Aufsehen erregende Projekte<br />
sein, mit denen geholfen werden kann. Die jährliche<br />
„FAIRantwortungsvolle Idee“ der ING DiBa bestand 2014<br />
etwa in einer Registrierungsaktion bei der DKMS, wo per<br />
Wangenabstrich Daten von möglichen Knochenmarkspendern<br />
gesammelt werden. Auch solche Aktionen verlangen<br />
eine langfristige Planung, die Bank und Kooperationspartner<br />
dann miteinander umsetzen. Dass die ING-DiBa aber<br />
auch schnell in Notlagen hilft, zeigt sich beim aktuellen<br />
Thema Flüchtlingskrise. Neben Kleidersammlungen und<br />
Geldspenden gibt es auch darüber hinausgehendes persönliches<br />
Engagement. So verbrachte etwa ein Team von<br />
<strong>inter|esse</strong> 5 ◆ <strong>2015</strong> 7
und 20 Mitarbeitern einen Tag in einem Flüchtlingsheim<br />
nahe Frankfurt, um dort zusammen mit Künstlern<br />
ein gemeinsames Bauprojekt umzusetzen. Eine andere<br />
Gruppe wanderte im Rahmen von „Give Five“ mit Jugendlichen<br />
aus Syrien, Afghanistan und Eritrea durch<br />
den Taunus.<br />
Auch das sind gute Ideen, die sich mit den anderen<br />
vielfältigen Bausteinen des sozialen Engagements der<br />
ING-DiBa zu einem runden und schlüssigen Bild zusammenfügen.<br />
„Das Engagement“, so CSR-Verantwortlicher<br />
Papo, „ist bei der ING-DiBa fest verankert und das Ergebnis<br />
einer guten Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen<br />
und Fachbereiche, die wir künftig weiter stärken<br />
und noch bekannter machen wollen.“<br />
Ehrenamtliches Engagement im Rahmen von „Give five!“<br />
Private Banken und Rat für Nachhaltige Entwicklung kooperieren<br />
Der Bankenverband und der Rat für Nachhaltige Entwicklung<br />
haben eine Kooperationsvereinbarung zum Deutschen<br />
Nachhaltigkeitskodex (DNK) geschlossen. Marlehn<br />
Thieme, Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung,<br />
und Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes,<br />
unterzeichneten Anfang November ein entsprechendes<br />
„Memorandum of Understanding“ in Berlin.<br />
Kern der Kooperation ist die Ausarbeitung eines Leitfadens<br />
zur nichtfinanziellen Berichterstattung für mittelständische<br />
Banken. Angesichts der bis zum Dezember 2016 anstehenden<br />
Umsetzung der CSR-Richtlinie in deutsches Recht will<br />
der Bankenverband mit dem Leitfaden insbesondere die<br />
mittelständischen Banken auf die zukünftigen Berichtspflichten<br />
hinweisen und praktikable Lösungsansätze für<br />
den erforderlichen nichtfinanziellen Bericht entwickeln.<br />
Die europäische CSR-Richtlinie zielt darauf ab, die Transparenz<br />
und die Berücksichtigung ökologischer und sozialer<br />
Aspekte im Rahmen der Unternehmensführung in der EU<br />
zu erhöhen. Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern<br />
müssen ab 2017 über ihr Engagement im Umweltschutz,<br />
soziale und auf die Mitarbeiter bezogene Initiativen, die<br />
Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von<br />
Korruption eine jährliche Berichterstattung vornehmen.<br />
Eine geeignete Richtschnur dafür stellt der vom Rat für<br />
Nachhaltige Entwicklung erarbeitete Deutsche Nachhaltigkeitskodex<br />
(DNK) dar. Er zeigt gerade auch mittelständischen<br />
Unternehmen pragmatisch und aussagekräftig<br />
den Weg zur nicht-finanziellen Berichterstattung und zum<br />
Nachhaltigkeitsmanagement bis ins Kerngeschäft auf.<br />
Im Vorfeld der anstehenden Klimaschutzkonferenz in Paris<br />
und der geplanten Fortschreibung der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie<br />
im Jahr 2016 wollen die privaten Banken<br />
mit der Kooperation auch das Signal aussenden, dass der<br />
verantwortungsvolle Umgang mit sozialen, ökologischen<br />
und ökonomischen Ressourcen im Sinne einer nachhaltigen<br />
Wirtschaft ernstgenommen wird.<br />
Impressum | Herausgeber: Bundesverband deutscher Banken e. V., Postfach 040307, 10062 Berlin | Verantwortlich: Iris Bethge<br />
Redaktion: Christian Jung, Telefon +49 30 1663-1293, annette.matthies-zeiss@bdb.de, bankenverband.de<br />
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Fotos: Jochen Zick, action press, ING-Diba<br />
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