Familienblatt der Pfleiderer, Advent 2015
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Sicherlich hat jede Familie so ihre<br />
kleinen interessanten Geschichten<br />
aus <strong>der</strong> Vergangenheit, so auch<br />
die unsere. Die Familien Pflei<strong>der</strong>er aus<br />
Königsbrunn bei Augsburg leben dort<br />
schon seit Mitte des neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
als Landwirte. Einer ihrer Abkömmlinge,<br />
mein Großvater Karl Ludwig<br />
Pflei<strong>der</strong>er, lehnte den elterlichen<br />
Bauernhof ab und beschloss, im Augsburger<br />
Stadtteil Gögingen zu leben<br />
und zu arbeiten. Und irgendwann damals<br />
lernte er meine Großmutter, Julie<br />
Theilacker kennen, eine junge Frau mit<br />
ledigem Kind, dem Jungen<br />
Norbert Theilacker. Genau<br />
um diesen Burschen dreht<br />
sich diese Geschichte, auch<br />
wenn mein Stiefonkel natürlich kein<br />
„echter Pflei<strong>der</strong>er“ war. Als Leser dieser<br />
Geschichte wird man sich eventuell fragen:<br />
„Wer war Norberts Vater?“<br />
Norbert Alfred Theilacker<br />
Man bedenke: Um 1926, eine alleinstehende<br />
Frau mit Kleinkind – ein echter<br />
Skandal. Nun, jedenfalls mein Vater<br />
Alfred Pflei<strong>der</strong>er erzählte mir, woher<br />
Norbert kam, so: Er war nämlich von<br />
adeliger Herkunft. Tatsächlich war<br />
meine Großmutter mit dem Kronprinzen<br />
von Rumänien liiert, vor 1926. Sie<br />
war bereits am Hofe in Bukarest und<br />
<strong>der</strong> Prinz wollte sie heiraten. Doch es<br />
kam wie so oft im Leben. Die künftige<br />
Schwiegermutter war nicht einverstanden<br />
mit <strong>der</strong> bürgerlichen Herkunft<br />
meiner Großmutter. Und so schickte sie<br />
sie kurzerhand wie<strong>der</strong> fort; noch vor<br />
Norberts Geburt. Irgendwann danach<br />
begegnete sie meinem Großvater. Die<br />
beiden verliebten sich und wurden ein<br />
Paar. Sie zogen Norbert gemeinsam<br />
auf – so lange, bis 1942 das Schicksal<br />
zuschlug und dem Leben meines adeligen<br />
Stiefonkels<br />
ein trauriges Ende<br />
bereitete. Ein Unfall<br />
war es, bei dem<br />
zwei Jugendliche<br />
mit einer Schusswaffe<br />
spielten – zu<br />
Kriegszeiten offenbar auch im Hause<br />
eines Handwerkers zu finden. Ein<br />
Schulfreund Norberts nahm die Waffe<br />
zur Hand – geladen und entsichert. Ein<br />
Schuss löste sich und traf Norbert tödlich.<br />
So ging sein Leben zu Ende; das aller<br />
an<strong>der</strong>en ging wie üblich weiter. Und<br />
Der Prinzensohn<br />
so kam 1944 mein Vater zur Welt. Sie<br />
gaben ihm den Namen Alfred – wohl<br />
nicht zufällig, den Norbert wurde getauft<br />
als Norbert Alfred Theil acker. So<br />
erhielt man vielleicht die Erinnerung an<br />
den jungen Mann am Leben.<br />
Mit Interesse versuchte ich später,<br />
etwas über Norberts Vater herauszufinden,<br />
denn schriftliche Nachweise<br />
gab es nicht. Ich stieß bei meinen Recherchen<br />
auf Prinz bzw. König Karl II.<br />
von Rumänien <strong>der</strong> just 1926 (Norberts<br />
Geburtsjahr) wegen Liebschaften mit<br />
bürgerlichen Damen vom Thron ausgeschlossen<br />
und ins Exil geschickt wurde<br />
(Quelle: Wikipedia). Für mich war es naheliegend,<br />
dass eben jener Prinz Norberts<br />
Vater gewesen sein muss. Meine<br />
Großmutter Julie starb bereits 1970<br />
an einer Bauchfellentzündung, sieben<br />
Jahre vor meiner Geburt, so dass ich<br />
sie lei<strong>der</strong> nicht mehr kennen lernen<br />
durfte. So ist das Leben und so ist die<br />
Geschichte vom Kronprinzen von Rumänien<br />
in <strong>der</strong> Familie Pflei<strong>der</strong>er. ●<br />
Wir danken Ralph Pflei<strong>der</strong>er aus Königsbrunn für diesen netten, kuriosen Beitrag.