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Leseproben meiner erschienenen Veröffentlichungen

Dieser Buchkatalog verschafft dem Leser einen Überblick meiner gesamten Werke. Nur der Titel allein sagt nicht viel aus, darum gibt es hier die Möglichkeit, in Ruhe die Leseproben zu genießen, um einen Einblick in jedes Buch zu bekommen.

Dieser Buchkatalog verschafft dem Leser einen Überblick meiner gesamten Werke.
Nur der Titel allein sagt nicht viel aus, darum gibt es hier die Möglichkeit, in Ruhe die Leseproben zu genießen, um einen Einblick in jedes Buch zu bekommen.


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R.D.V. Heldt<br />

Buchkatalog mit <strong>Leseproben</strong><br />

Copyright © 2015 R.D.V. Heldt<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Kein Teil dieses Werkes darf ohne schriftliche<br />

Genehmigung der Autorin in irgendeiner Form<br />

reproduziert oder vervielfältigt werden.<br />

Kontakt: e-Mail rdvbooks@yahoo.de<br />

Website: http://ritahansi.blogspot.de/<br />

Covergestaltung: R.D.V. Heldt<br />

Vorwort:<br />

Dieser Buchkatalog verschafft dem Leser einen Überblick <strong>meiner</strong> gesamten Werke.<br />

Nur der Titel allein sagt nicht viel aus, darum gibt es hier die Möglichkeit, in Ruhe die<br />

<strong>Leseproben</strong> zu genießen, um einen Einblick in jedes Buch zu bekommen.<br />

Ich habe mich auf kein bestimmtes Genre festgelegt.<br />

Nicht etwa aus Unentschlossenheit oder Nichtwissen, sondern um durch meine<br />

Bücher eine umfangreiche Leserschaft anzusprechen. Warum soll man sich nur auf<br />

Erwachsenenbücher versteifen, wenn Ideen für Kinderbücher da sind und<br />

umgekehrt. Der Fantasy sind keine Grenzen gesetzt. Warum sollte man nur in der<br />

Kategorie Belletristik schreiben, wenn man auch am Kochen und Backen Interesse<br />

hat.<br />

Diese Überlegungen führten dazu, dass ich heute in verschiedenen Genre zu finden<br />

bin um dadurch den unterschiedlichen Lesergruppen eine Freude mit meinen<br />

Büchern machen zu könne


Schwanenkind<br />

von<br />

R.D.V. Heldt<br />

1<br />

Es begab sich zu der Zeit, als König Kaltan über Seetonia herrschte. Er war<br />

ein gütiger und gnädiger König, dem das Wohl seiner Untertanen sehr am<br />

Herzen lag.<br />

Das Land war ein reiches Land und bot den Menschen alles, um ihnen ein<br />

unbeschwertes Leben zu ermöglichen. Es verfügte über Bodenschätze, wie<br />

Gold, Silber und Erz, hatte fruchtbare Böden, auf denen alles gedieh und<br />

eine Landschaft, die man sich schöner nicht vorstellen konnte. Neben Berge,<br />

weiten Tälern und grünen Auen, gab es einen wunderschönen See, auf dem<br />

prächtige Schwäne lebten.<br />

Die Seetonianer waren ein glückliches und zufriedenes Volk, obwohl sie den<br />

größten Ertrag ihrer Arbeit an den König abgeben mussten, da das gesamte<br />

Land der Krone gehörte und sie Böden, Ländereien oder Minen nur zur<br />

Bearbeitung überlassen bekamen. Jede Familie erhielt, entsprechend ihren<br />

Fähigkeiten, ein Stück Land zugewiesen, auf dem sie sich Häuser bauen,<br />

Tiere halten oder Äcker bewirtschaften konnten. Der Anteil, den ihnen<br />

König Kaltan aus ihren Erträgen überließ, reichte völlig aus, um gut zu<br />

leben und sogar untereinander Handel zu betreiben. Die Häuser bauten sie<br />

aus Lehm und in vielen war es urgemütlich. Ein großer Kamin sorgte im<br />

Winter für behagliche Wärme und ganzjährig diente eine Feuerstelle dazu,<br />

reichhaltige Mahlzeiten zuzubereiten. Niemand musste Hunger erleiden<br />

und alle waren versorgt. Dafür liebten und verehrten sie ihren König, für<br />

den sie mit Freude arbeiteten.<br />

Kaltan schätzte die Menschen, die ihm seinen Wohlstand bescherten und<br />

war immer darauf bedacht, dass auch sie zufrieden waren. Es kam auch vor,<br />

dass er sie aufsuchte, gemeinsam mit ihnen am Kamin saß und sich über ihr<br />

Befinden erkundigte.<br />

Wenn er aber die totale Entspannung suchte und dem ganzen Trubel im<br />

Schloss entrinnen wollte, ließ er sich ein Pferd satteln und ritt zum See. Hier<br />

konnte er abschalten, saß stundenlang am Ufer, blickte zu den Felsen, die<br />

den halben See einrahmten und von deren Höhen Wasserfälle herab<br />

plätscherten, aber auch zu dem dichten Wald, der den restlichen See umgab<br />

und aus dessen Baumkronen die verschiedensten Vögel ihren Gesang<br />

anstimmten. Direkt am Uferrand befanden sich ausgedehnte Flächen, die<br />

mit Schilf bewachsen waren und in den See ragten. Dort quakten Frösche<br />

und Libellen schwirrten von Halm zu Halm.


Doch am meisten beeindruckten ihn die Schwäne, die majestätisch auf dem<br />

See schwammen. Mit ihnen fühlte er eine Verbundenheit, die er nicht<br />

beschreiben konnte. Der Höhepunkt aber war, wenn diese weißen Vögel zu<br />

ihm ans Ufer kamen und aus seiner Hand das mitgebrachte Brot fraßen,<br />

welches er ihnen in kleinen Stücken reichte. Hierbei vergaß er Zeit und<br />

Raum und auch die Trauer, die er immer noch im Herzen trug, seit seine<br />

Gemahlin, nach der Geburt seines Sohnes Kilan, im Wochenbett verstorben<br />

war. Zwei Tage und Nächte verbrachte er damals an ihrem Totenbett, bevor<br />

er sich von seiner Frau verabschieden konnte. Da sprach er zu ihr:<br />

„Meine geliebte Königin, du hast mich verlassen und im Moment weiß ich<br />

nicht, wie ich ohne dich weiterleben soll. Doch hast du mir einen Sohn<br />

geschenkt, der aus unserer Liebe entstand. Für ihn will ich stark sein und<br />

sorgen. In ihm lebst du weiter und die Liebe, die ich für dich empfinde,<br />

werde ich ihm geben.<br />

Ruhe nun in Frieden, meine geliebte Frau. Ich erwarte den Tag, an dem wir<br />

wieder vereint sind.“<br />

Ein letztes Mal küsste er seine Gemahlin und verließ den Raum.<br />

Damals fiel er in ein tiefes Loch. Nicht nur, dass er seine Frau verloren hatte,<br />

musste er nun Mutter und Vater für ein neugeborenes Kind sein. Dieser<br />

Knabe war die Verbindung zu seiner verstorbenen Frau und er wollte sich<br />

an das Versprechen, welches er ihr beim Abschied gegeben hatte, nämlich<br />

alles für ihn zu tun und es ihm an nichts fehlen zu lassen, halten. Dieser<br />

Wille half ihm, wieder neue Lebenskraft zu schöpfen.<br />

2<br />

Kilan wurde von Kinderfrauen betreut und der König achtete ganz<br />

gewissenhaft darauf, dass er stets gut versorgt und ihm jeder Wunsch<br />

erfüllt wurde.<br />

Schon als Kleinkind rebellierte Kilan und schikanierte seine „Ersatzmütter“.<br />

Er bekam regelrechte Wutausbrüche, wobei er die Kinderfrauen biss und<br />

nach ihnen trat, wenn sie nicht sogleich seinen Wünschen entsprachen.<br />

Folglich hielt es keine länger am Hof aus und es wurde immer schwieriger,<br />

Ersatz zu bekommen.<br />

Der König schenkte dem keine große Bedeutung, für ihn trugen immer die<br />

anderen die Schuld, aber niemals sein Sohn, den er so liebte. Er ließ Kilan<br />

alles durchgehen und dachte, ihm so den Verlust der Mutter erträglicher zu<br />

machen. Dass dieser aber überhaupt nicht an seine Mutter dachte, weil er<br />

sie niemals kennengelernt hatte, kam dem König nicht in den Sinn. Er<br />

verwarf sogar den Gedanken, sich eine neue Frau an seine Seite zu holen,


obwohl sich Gelegenheiten dazu boten. Kilan war ihm wichtiger und sollte<br />

keine Stiefmutter bekommen.<br />

Durch diese übertriebene Liebe und falsche Rücksichtnahme bemerkte<br />

König Kaltan nicht, welch grausamer Charakter hier heranwuchs.<br />

Am Hofe lebte auch ein Zauberer und Hellseher, namens Hokastus.<br />

Bei der Geburt des Prinzen schaute er in seine Kristallkugel und erkannte<br />

schon da, dass dieses Kind viel Unheil über das Königshaus bringen würde,<br />

was sich inzwischen auch schon angedeutet hatte. Doch alle Warnungen<br />

wollte der König nicht hören und Hokastus Worten wurde kein Glauben<br />

geschenkt.<br />

Durch Magie konnte der Zauberer Pflanzen beeinflussen und mit Tieren<br />

sprechen.<br />

Als Kilan fünf Jahre alt war, sollte er nach dem Willen seines Vaters<br />

Reitstunden nehmen, damit er einmal die königliche Reitergarde anführen<br />

konnte. Der Zauberer wurde in den Stall gerufen, weil des Prinzen Pferd<br />

scheute und sich aufbäumte, wenn Kilan aufsitzen wollte.<br />

„Horsis korranza“, sprach Hokastus zum Pferd und erfuhr, dass der Prinz<br />

Kletten unter dem Sattel angebracht hatte, die dem Pferd Schmerzen<br />

bereiteten, sobald Druck auf den Sattel ausgeübt wurde.<br />

„Hoheit“, sprach Hokastus den Prinzen an,<br />

„habt Ihr etwas getan, was dieses Verhalten Eures Pferdes auslöst?“<br />

„Dieser Gaul ist nicht würdig von mir geritten zu werden. Ich werde meinen<br />

Vater bitten, ihn zur Schlachtbank bringen zu lassen.“ Sprach es und verließ<br />

den Stall.<br />

Hokastus war entsetzt, wusste aber, dass der König der Bitte seines Sohnes<br />

nachkommen würde. Noch am Abend führte er darum das Pferd weit weg<br />

vom Schloss und brachte es zu einer Gruppe Wildpferde. Hier konnte es in<br />

Freiheit weiterleben.<br />

3<br />

Ebenfalls im Schloss lebte die Heilerin Eldegard. Sie arbeitete ausschließlich<br />

mit Pflanzen und Kräutern, aus denen sie Salben und Tinkturen herstellte,<br />

womit sie schon vielen Kranken helfen konnte. Auch den Prinzen hatte sie<br />

behandelt, als dieser einmal hohes Fieber hatte. Der König war ihr sehr<br />

dankbar, achtete sie und sie genoss seine Gunst.<br />

Mit Hokastus verband sie eine innige Freundschaft, da er ihr oft bei der<br />

Beschaffung von seltenen Pflanzen behilflich war und sie sich auch sonst<br />

gut verstanden. Oft sprach er mit ihr über die Intrigen des Prinzen gegen<br />

ihn und wie er die Tiere quälte.


So kam er eines Tages in seinen Raum, in dem sich sein Kater Tiberius<br />

befand und sah, wie Kilan, der sich in das Zimmer geschlichen hatte, ihn am<br />

Schwanz zog. Als Tiberius sich wehrte, den Prinzen anfauchte und ihn<br />

kratzen wollte, nahm dieser ein Messer vom Tisch und schnitt dem Kater<br />

die Schwanzspitze ab, sodass dieser laut jaulte. Als Hokastus Kilan darauf<br />

ansprach, lächelte er nur und ging hinaus.<br />

Der Zauberer berichtete dem König von diesem grausamen Vorfall. Als<br />

Kaltan seinen Sohn zur Rede stellte, leugnete dieser unter Tränen alles,<br />

spielte das sensible, falsch beschuldigte Kind, das keinem ein Leid zufügen<br />

konnte. Am Ende sollte der Zauberer wegen Verleumdung des Prinzen<br />

bestraft werden.<br />

Mit Hilfe von Eldegard und einem Zaubertrank konnte Hokastus fliehen. Er<br />

ging tief in den Wald am See hinein und um sicher zu sein, belegte er die<br />

Bäume mit einem Zauber. Er sprach:<br />

„Windus hinabsux hominemsis extremus.“<br />

Sollte nun jemand versuchen in den Wald zu gelangen, fingen die großen<br />

Bäume an zu schwingen und lange Wurzeln, die aus dem Boden kamen,<br />

fesselten den Eindringling, für den es kein Entkommen gab. Von da an hieß<br />

dieser Teil des Waldes der Schwarze Wald, den niemand mehr betrat.<br />

Der Zauberer war geschützt und hatte seine Ruhe gefunden. Nach und nach<br />

errichtete er sich eine Holzhütte, die ihn vor Kälte und Nässe schützte und<br />

er ernährte sich von den Gaben der Natur. Fühlte er Einsamkeit in sich<br />

aufsteigen, ging er zu den Schwänen. Durch den Zauberspruch „Fiderus<br />

sparaxus“ konnte er mit ihnen reden und die Einsamkeit verschwand.<br />

Eines Tages reichte es ihm nicht aus, nur mit ihnen sprechen zu können, er<br />

wollte einer von ihnen sein. So sprach er einen weiteren Zauber aus und<br />

verwandelte sich in einen Schwan. Nun konnte er mit der Gruppe<br />

unerkannt auf dem See schwimmen und erhielt ein Stück mehr Freiheit<br />

zurück. Am Abend wurde er aber immer wieder Hokastus, der Zauberer.<br />

Zu Eldegard hielt er auch noch immer Kontakt. Wenn er ihr eine Nachricht<br />

zukommen lassen wollte, bat er eine Taube, ihr einen Zettel mit seiner<br />

Botschaft zu bringen. Das kleine Briefchen rollte er dann zusammen,<br />

befestigte es an einem Taubenfuß und schickte sie damit auf die Reise. Die<br />

Taube blieb so lange bei Eldegard in einem Käfig, bis sie Hokastus auf die<br />

gleiche Weise eine Mitteilung zukommen ließ. So war Hokastus stets über<br />

alle Vorkommnisse im Schloss informiert.<br />

Regelmäßig befragte er seine Kristallkugel und seine Empfindungen, die<br />

Zukunft betreffend, wurden immer düsterer. Was genau kommen würde,<br />

konnte er nicht sagen, da er es nicht in seinem Umfeld spüren konnte und<br />

die Menschen, die es betraf, weit entfernt waren, aber er wusste, dass etwas<br />

Schlimmes auf sie zukam. Darum bat er Eldegard in seiner nächsten


Nachricht um größte Vorsicht. Das seine Vorahnung Eldegard so direkt<br />

betreffen würde, ahnten sie nicht.<br />

Immer öfter kam der König an den See, um die Schwäne zu füttern. Auch<br />

Hokastus war unter ihnen und damit Kaltan immer sehr nah. Stark spürte<br />

er die Verzweiflung seines Königs, der traurig und stumm am Ufer saß.<br />

Eines Tages jedoch blieb er nicht stumm und musste irgendwo los werden,<br />

was ihn so bedrückte. Mit steinerner Mine sprach er zu seinen gefiederten<br />

Freunden:<br />

„Ich habe in allem versagt und vielen Menschen Unrecht getan. Alles nur,<br />

weil ich ein guter Vater sein wollte und alles glaubte, was Kilan mir sagte.<br />

Heute weiß ich, dass er oft gelogen hat. Er wird immer fordernder und<br />

aufsässiger. Niemals habe ich gedacht, dass mein Fleisch und Blut so<br />

schlecht werden kann. Die Bediensteten im Schloss haben alle Angst vor<br />

ihm und auch mir gegenüber wird er immer respektloser. Ich weiß mir<br />

keinen Rat mehr.“<br />

In Gedanken versunken verharrte Kaltan noch einen Augenblick, stand<br />

dann auf, bestieg sein Pferd und ritt davon.<br />

Dies war für Hokastus eine Bestätigung mehr, dass sein Gefühl ihn nicht<br />

täuschte und in naher Zukunft etwas passieren würde.<br />

4<br />

Kilan war zwanzig Jahre alt. Allen Anweisungen seines Vaters widersprach<br />

er und setzte seinen Willen durch. Jeder wurde schikaniert, wo es nur ging.<br />

Auffällig war, dass er sich oft bei Eldegard aufhielt und großes Interesse an<br />

ihren Pflanzen und Kräutern zeigte. Er war ausgesprochen nett zu ihr, wenn<br />

er sie nach dem Einsatz und der Wirkung ihrer Medizin befragte. Irgendwie<br />

sonderbar fand sie es schon, dachte sich aber nichts dabei, weil sie in den<br />

Menschen immer nur Gutes sah und gab ihm bereitwillig Auskunft.<br />

Als sie dies Hokastus in einer Nachricht mitteilte, sandte er ihr einen Zettel<br />

zurück, auf dem stand:<br />

Ich muss mit dir sprechen. Komme heute Nacht zu mir in den Wald. Sage den<br />

Spruch „Windus dementux indivis passimux“, dann wird der Wald dich<br />

einlassen. Sorge aber dafür, dass nur du diesen Zauberspruch kennst, damit<br />

kein anderer zu mir dringen kann. Mit diesem Spruch lässt der Wald nur<br />

diejenige Person passieren, die ihn ausspricht.<br />

Nach Mitternacht, als Eldegard sich sicher war, dass alle im Schloss<br />

schliefen, machte sie sich auf den Weg. Am Waldrand angekommen sagte<br />

sie den Zauberspruch auf und konnte ungehindert weitergehen.


Hokastus erwartete sie bereits und erzählte ihr sogleich von Kaltans<br />

Traurigkeit und seiner Vermutung, dass Kilan etwas im Schilde führte.<br />

Eldegard konnte zunächst nicht verstehen, dass hinter Kilans Wissbegierde<br />

ihre Kräuter betreffend, eine böse Absicht stecken sollte, versprach aber, in<br />

Zukunft vorsichtiger zu sein.<br />

Die beiden saßen noch ein paar Stunden zusammen und freuten sich über<br />

ihr Wiedersehen, bevor Eldegard zurück ins Schloss musste. Den Zettel mit<br />

dem Zauberspruch verbarg sie in einem Medaillon, welches sie ständig an<br />

einer Kette um ihren Hals trug.<br />

Dass ihr Vorsatz, vorsichtiger gegenüber Kilan zu sein, zu spät kam, wusste<br />

sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.<br />

Zwei Tage später wurde sie zum König gerufen, ihm ging es sehr schlecht.<br />

Schweißgebadet lag er auf seinem Bett, krümmte sich vor Schmerzen, ihm<br />

war übel und er fühlte sich ganz kalt an.


R.D.V. Heldt<br />

4<br />

Bei Dämmerlicht saß er in seinem Schreibtischsessel und starrte auf<br />

den PC-Bildschirm.


Seine Erregung steigerte sich mit jedem weiteren Bild der nackten<br />

Jungenkörper, das er betrachtete. Sein Verlangen, einen seiner Jungen<br />

zu berühren und sein Glied in ihn einzuführen, wurde immer größer. Er<br />

stand auf Jungen, je jünger, desto besser. Bisher hatte es ihm gereicht,<br />

wenn seine Gegenüber seinen erigierten Penis bis zum Orgasmus in<br />

der Hand hielten, aber nun suchte er den Höhepunkt durch<br />

drastischere Mittel. Ihm war aber bewusst, dass einige seiner<br />

„Gespielen“ dies nicht ohne Weiteres mit sich machen ließen, da sie<br />

jetzt schon aufmuckten und ihm wohl nicht mehr lange zur Verfügung<br />

standen. Er musste damit rechnen, dass sie sich zur Wehr setzten, je<br />

älter sie wurden. Frischfleisch musste her und er wusste auch schon,<br />

wo er es sich beschaffen konnte.<br />

Allein die Vorstellung einen Jungen derart zu missbrauchen und die<br />

Fotos vom PC reichten dieses Mal zum Orgasmus.<br />

Es war knapp, denn kurz nachdem er fertig war, rief seine Frau aus der<br />

Küche, dass er zum Abendessen kommen sollte. Vorsorglich hatte er<br />

zwar seine Tür zum Arbeitszimmer abgeschlossen, aber nun brauchte<br />

er für seine Frau keine Ausrede erfinden, warum er sich eingeschlossen<br />

hatte. Schnell schaltete er den PC aus, zog seine Hosen hoch und ging<br />

ganz entspannt in die Küche.<br />

Bald fuhr seine Frau für drei Wochen zu ihren Eltern und dann konnte<br />

er seinen abartigen Trieb ungestört ausleben.<br />

Er hatte es auf ein ganz bestimmtes Kind abgesehen, das er schon<br />

mehrere Tage beobachtete, wenn er von der Arbeit nach Hause kam.<br />

Dieser kleine Junge wohnte in der Nachbarschaft und er hatte ihn auch<br />

schon angesprochen, um langsam einen Kontakt aufzubauen.<br />

Er wusste ganz genau, wann und wo sich eine Gelegenheit bot, sich<br />

dem Kleinen unauffällig zu nähern.<br />

5<br />

Am nächsten Morgen wurde Jessica von Tina über die bevorstehenden<br />

Termine informiert:<br />

„Sie haben heute einen Auswärtstermin in der Grundschule am<br />

Ginsterberg. Rektor Hallmann bat um Ihren Besuch. Da die Familie<br />

Bosse abgesagt hat, habe ich ihm gleich den freigewordenen Termin<br />

um 15.00 Uhr genannt. Ich hoffe, es ist Ihnen recht?“<br />

„Ja klar, Tina, kein Problem. Hat Rektor Hallmann gesagt, um was es<br />

geht?“


„Nur, dass er mit Ihnen über einen Schüler sprechen möchte, weiter<br />

nichts. Da Bosses die letzten Klienten für heute waren, brauchen Sie<br />

auch hinterher nicht zurück ins Büro kommen.“<br />

„Gut Tina, dann weiß ich Bescheid.“<br />

Jessica ging in ihr Zimmer und setzte sich hinter ihren Schreibtisch.<br />

Hier bereitete sie sich auf den ersten Besuch dieses Tages vor.<br />

Pünktlich um 15.00 Uhr betrat Jessica das Zimmer von Rektor<br />

Hallmann.<br />

Dieser kam nach einer kurzen Begrüßung auch gleich zum Thema und<br />

Jessica spürte seine Anspannung, als er ihr von Jonas berichtete.<br />

„Jonas war immer ein liebenswerter, höflicher Junge, dessen Leistungen<br />

stets auf normalem Niveau lagen. Er ist nicht ganz so entwickelt wie<br />

seine Mitschüler und wäre wohl eher der Norm eines Achtjährigen<br />

zuzuordnen, weil er zart und etwas feminin wirkt. Geistig allerdings<br />

wird er allen Anforderungen gerecht.<br />

Nun ja, Jonas hat sich innerhalb der letzten Monate dahingehend<br />

verändert, dass er sich selbst ausschließt, jeglichen Kontakt zu<br />

Mitschülern meidet und im Unterricht unkonzentriert, unaufmerksam,<br />

fast schon abwesend ist, was sich letztendlich auf seine Noten<br />

auswirkt. Uns kommt es vor, als hätte er sich in ein Schneckenhaus<br />

verkrochen. Lehrer haben mit ihm gesprochen, kamen aber nicht an ihn<br />

heran. Ein Gespräch mit seinen Eltern ergab, dass er auch daheim<br />

verschlossener geworden ist. Seine Mutter äußerte sogar, dass sie den<br />

Eindruck hatte, er suche mehr denn je ihre Nähe. So hatte er sich nicht<br />

einmal als Kleinkind verhalten. Sie, Frau Benson, sind unsere letzte<br />

Hoffnung. Bitte sprechen Sie einmal mit Jonas.“<br />

Jessica erkannte, dass Jonas wirklich Hilfe brauchte und wollte darum<br />

auch nicht zu lange auf das Gespräch mit ihm warten. Darum sagte sie:<br />

„Herr Hallmann, heute Nachmittag habe ich keine Termine mehr, hätte<br />

also durchaus Zeit, mit Jonas zu reden. Meinen Sie es wäre möglich,<br />

dass ich zu ihm nach Hause fahren könnte? Dann wäre zumindest seine<br />

Mutter dabei und er befände sich im gewohnten Umfeld. Für den ersten<br />

Kontakt wäre dies ideal. Könnten Sie vielleicht mal anrufen und<br />

nachfragen?“<br />

„Wenn Sie das machen würden, wäre prima. Damit hätte ich jetzt gar<br />

nicht gerechnet. Selbstverständlich rufe ich gleich bei Kochs an.“<br />

Rektor Hallmann hatte Glück, Kochs waren daheim und sofort mit<br />

Jessicas Besuch einverstanden.<br />

Gleich machte Jessica sich auf den Weg.<br />

„Danke, dass Sie vorbeikommen und unserem Sohn helfen wollen“,<br />

wurde Jessica von Herrn Koch empfangen. Nachdem auch Frau Koch sie


egrüßt hatte, suchte Jessica zunächst das Gespräch mit den Eltern,<br />

bevor Jonas dazugeholt wurde.<br />

Von ihnen ließ sie sich schildern, inwiefern Jonas sich ihnen gegenüber<br />

verändert hat und was am Auffälligsten war.<br />

Die Aussagen waren fast identisch mit den Ausführungen von Rektor<br />

Hallmann. Auch daheim wurde Jonas immer verschlossener, redete<br />

kaum noch und zeigte auch keinerlei Interesse an gemeinsamen<br />

Aktivitäten. Die Eltern wirkten verzweifelt und wussten sich keinen Rat<br />

mehr. Sie hatten den Eindruck, dass es immer schlimmer wurde, sobald<br />

sie ihn nach dem Grund seiner Lustlosigkeit fragten.<br />

Jessica wurde bewusst, dass es sich hier um ein größeres Problem<br />

handelte dem sie auf den Grund gehen musste.<br />

Als Jonas das Zimmer betrat, erblickte sie einen zarten Jungen mit<br />

ausdrucksloser Mine, der sie anschaute, ohne jede Emotion.<br />

„Hallo Jonas“, begrüßte sie ihn freundlich,<br />

„ich bin Jessica Benson und würde mich gern einmal mit dir<br />

unterhalten. Vielleicht können wir gemeinsam erreichen, dass deine<br />

Noten in der Schule wieder besser werden. Deine Eltern und auch deine<br />

Lehrer haben mich darum gebeten. Was sagst du, wollen wir es einmal<br />

versuchen?“<br />

Jonas fühlte sich ein wenig überrumpelt, nickte aber und stimmte<br />

einem Gespräch zu.<br />

Als die Eltern den Raum verlassen hatten, begann Jessica ganz<br />

behutsam mit der Befragung. Zunächst waren es banale Fragen nach<br />

seinem Alter, den Vornamen seiner Eltern, welche Schulfächer ihm<br />

gefielen und welche er nicht so gern mochte. Hierbei bekam sie nur<br />

sehr kurze und knappe Antworten. Bei Fragen nach seinen Hobbys,<br />

oder was er gern unternahm und was er überhaupt nicht wollte,<br />

mauerte er. Ebenso, als sie nach seinen Freunden fragte und ob er auch<br />

Jungen kannte, die er überhaupt nicht leiden konnte, weil sie vielleicht<br />

einmal hässlich zu ihm waren.<br />

Ohne auf diese Fragen einzugehen und ohne jeden Zusammenhang<br />

sagte er plötzlich:<br />

„Ich habe meine Mami so lieb.“<br />

„Warum sagst du das?“ wollte Jessica wissen.<br />

„Hast du Angst, dass deine Mami dich nicht lieb hat?“<br />

„Nein, ich muss nur immer brav sein.“<br />

Das waren Jonas letzte Worte. Von nun an schwieg er und Jessica<br />

konnte nicht mehr an ihn herankommen.<br />

Sie hatte einen Anhaltspunkt. Irgendwie hing alles mit seiner Mutter<br />

zusammen, aber wie und warum, war nur in weiteren Gesprächen<br />

herauszubekommen.


6<br />

Jedes seiner Opfer hatte er in seiner Gewalt und mit Drohungen so<br />

gefügig gemacht, dass sie sich ihm nicht widersetzen konnten. Egal<br />

wann und wo er sie begehrte, mussten sie zur Stelle sein.<br />

Es war Freitagnachmittag und seine Frau ging wie gewohnt in einen<br />

Strickkurs, den sie mit Freundinnen besuchte. Anschließend gingen alle<br />

noch zum Essen, sodass sie vor 21.00 Uhr nicht zurück war.<br />

Diesem Moment fieberte er schon entgegen und hatte sich einen seiner<br />

Jungen bestellt, um an ihm seine perversen Neigungen zu praktizieren.<br />

Jetzt wollte er richtig harten Sex, mit allem drum und dran.<br />

Kaum eingetroffen, ging es zur Sache. Grob packte er den Jungen, zog<br />

ihm die Hosen herunter, drehte ihn herum und stieß sein steifes Glied<br />

immer und immer wieder in dessen After. Beide stöhnten. Er vor<br />

Erregung, der Junge vor Schmerzen. Als er fertig war, befahl er dem<br />

Jungen, sich ganz auszuziehen und sich im Schlafzimmer auf das Bett<br />

zu legen. Kurze Zeit später legte er sich, ebenfalls nackt, dazu und<br />

begann den Jungenkörper zu streicheln, in der Hoffnung, dass sich<br />

auch da eine sexuelle Erregung zeigte, was aber nicht der Fall war.<br />

Dies machte er mit einem ständigen Lächeln und es führte dazu, dass<br />

er erneut erregt wurde. Befriedigen ließ er sich nun, indem der, schon<br />

gepeinigte Junge, ihm mit der Hand einen Orgasmus verschaffen<br />

musste.<br />

Dieses Mal reichte es aber nicht, dass er sein Opfer qualvoll<br />

missbrauchte, nein, er hatte den ganzen Vorgang gefilmt, sodass er<br />

sich immer und immer wieder daran ergötzen konnte.<br />

Nach zwei Stunden schickte er den Jungen fort, räumte auf, legte den<br />

Film in den Safe, der sich in seinem Arbeitszimmer befand und setzte<br />

sich ganz entspannt vor den Fernseher. Es ging ihm gut.<br />

7<br />

Jessica hatte gut zu tun. Ihr Terminkalender war voll. Es war manchmal<br />

für sie nicht nachvollziehbar, wie viele Kinder es gab, die ernsthafte<br />

Störungen aufwiesen. Das Spektrum umfasste häusliche Gewalt,<br />

Mobbing unter Kindern, wie auch Eifersucht und Neid unter


Geschwistern, bis hin zu harmloseren Fällen, wie Phobien vor Tieren,<br />

oder Angst vor dem Doktor. Alle nahm Jessica sehr ernst und vielen<br />

Kindern konnte sie nach wenigen Sitzungen helfen.<br />

Anders verhielt es sich bei Jonas. Hier kam sie einfach nicht weiter.<br />

Eingehende Gespräche mit den Eltern, besonders mit der Mutter,<br />

brachten auch nicht den gewünschten Erfolg. Irgendetwas fehlte an<br />

dem Puzzle und diesen Puzzlestein galt es zu finden.<br />

Fast bei jedem Besuch ihres Bruders war Jonas ein Thema. Sie durfte<br />

ihm keine näheren Einzelheiten aus den Sitzungen verraten und darum<br />

verliefen die Gespräche meist oberflächlich. Allerdings erhoffte Jessica<br />

sich durch Fragen, die sie Jakob stellte, eine Information zu<br />

bekommen, die sie weiterbrachte, da er als Klassenlehrer


R.D.V. Heldt<br />

Tränen gibt es überall<br />

Für meinen Vater<br />

In Liebe und Dankbarkeit


1<br />

Es war der 28. November 2000. Ein trüber und regnerischer Tag. Gegen Abend prasselte der<br />

Regen nur so herab und jeder freute sich, wenn er bei diesem Wetter nicht hinaus musste.<br />

Karina Bellings, 28 Jahre alt, glücklich verheiratet mit Robert, einem angesehenen Anwalt in<br />

Hamburg und die Mutter einer zweijährigen Tochter, blieb dies jedoch nicht erspart. Sie hatte<br />

gerade ihren Dienst als Krankenschwester im hiesigen Krankenhaus beendet und wollte nur<br />

schnell nach Hause, denn es war ihr letzter Arbeitstag.<br />

Karina hatte nach der Geburt der kleinen Sabrina ihren Erziehungsurlaub in Anspruch<br />

genommen und wollte eigentlich gar nicht mehr berufstätig sein. Dies wäre auch im Sinne<br />

ihres Mannes gewesen, denn als Anwalt, mit einer gutgehenden Kanzlei, konnte er sehr gut<br />

für die Familie sorgen. Karinas Chef war es, der sie ständig bat und bekniete, doch noch für<br />

eine Weile auszuhelfen, da sie eine sehr gute Kraft war und eigentlich für die Klinik<br />

unentbehrlich.<br />

Nach einem Jahr Babypause wurde sie weich und gab dem Bitten nach, jedoch nur unter der<br />

Voraussetzung, sofort aufhören zu können, wenn eine qualifizierte Nachfolgerin gefunden<br />

war.<br />

Es gab jede Menge Bewerberinnen, aber keine war gut genug. Der Chef hatte immer etwas<br />

auszusetzen. So dauerte es ein dreiviertel Jahr, bis er sich für Jeanette entschied. Karina<br />

arbeitete ihre Kollegin drei Monate ein und am 28.11. war es soweit.<br />

Alle Kolleginnen und Kollegen, viele Stationsärzte und auch die Verwaltungsleitung waren<br />

dabei, als Karina von ihrem Chef verabschiedet wurde. In der Krankenhauskantine war ein<br />

kaltes Büfett aufgebaut, das mit belegten Brötchen, Salaten, Meeresfrüchten, aber auch mit<br />

Kuchen bestückt war. An Getränken standen Sekt, Säfte, Limonade, Bier und Kaffee zur<br />

Auswahl. Da die meisten Mitarbeiter noch im Dienst waren, wurde nur zu Beginn ein Glas<br />

Sekt gereicht, um auf Karinas Wohl anzustoßen. Weiterhin hielt man sich überwiegend an<br />

Limonaden oder Kaffee. Die Abschiedsrede enthielt jede Menge lobende Worte und am<br />

Schluss überreichte der Professor Karina einen riesigen Blumenstrauß und ein gerahmtes Bild<br />

der Klinik, auf dem alle unterschrieben hatten.<br />

Obwohl Karina sich freute nicht mehr arbeiten zu müssen und sich von nun an ganz und gar<br />

der Familie widmen konnte, war sie in diesem Moment doch ergriffen und konnte nur<br />

mühsam die aufsteigenden Tränen unterdrücken. Darum bedankte und verabschiedete sie sich<br />

relativ schnell und war nur bemüht ihren Wagen zu erreichen, der wie immer auf dem<br />

Personalparkplatz der Klinik abgestellt war.<br />

Nun saß sie also in ihrem Golf, hatte die Blumen und das Bild auf dem Rücksitz abgelegt,<br />

schaute noch einmal zum Klinikgebäude und fuhr dann los.<br />

Draußen war es dunkel, die Scheibenwischer waren auf höchster Stufe eingestellt und hatten<br />

trotzdem noch Mühe, den herabprasselnden Regen zu bewältigen. Im Scheinwerferlicht<br />

glänzte die Straße und Karina fuhr auf der Landstraße die sie nehmen musste, höchstens 60<br />

km/h, obwohl 80 erlaubt waren. Sie versuchte sich zu konzentrieren, aber manchmal glitten<br />

ihre Gedanken ab. Da dachte sie an die soeben erlebten Eindrücke des Klinikabschieds und<br />

auch an ihre kleine Tochter, mit der sie nun den ganzen Tag verbringen konnte und diese


nicht mehr von einer Kinderfrau betreut werden musste, obwohl sie damals in Therese eine<br />

Perle gefunden hatten. Diese war bereits zweiundsechzig Jahre alt und ein mütterlicher Typ.<br />

Gerade das machte sie so sympathisch und war wohl auch ausschlaggebend, dass die Wahl<br />

auf sie fiel. Auch für Therese war es ein Glücksfall, denn sie war Witwe, hatte keine Kinder<br />

und eine Beschäftigung mit Familienanschluss war das Beste, was ihr widerfahren konnte. Sie<br />

wurde wieder gebraucht und erfuhr Anerkennung. Voller Hingabe und Fürsorge erfüllte sie<br />

ihre Aufgaben und wurde schon nach kurzer Zeit unentbehrlich. Es war, als gehörte sie schon<br />

immer dazu. Darum war auch klar, dass Therese auch weiterhin im Hause Bellings als<br />

Haushaltshilfe beschäftigt wurde. Eine Entlassung dieser liebenswerten Frau kam nicht in<br />

Frage und Karina hatte eine ständige Hilfe bei der Hausarbeit.<br />

Mit diesen Gedanken beschäftigt, bemerkte Karina auch nicht den entgegenkommenden<br />

Lastwagen, der plötzlich die Spur wechselte und mit hohem Tempo auf sie zugerast kam.<br />

Es gab einen fürchterlichen Knall. Karina war müde. Sie wollte nur noch schlafen.<br />

Ein nachfolgender Pkw-Fahrer wurde Zeuge des Unfalls. Er konnte noch rechtzeitig<br />

abbremsen und somit verhindern, ein weiteres Unfallopfer zu werden. Noch geschockt rief er<br />

über Handy den Notruf der Polizei. Es vergingen keine fünf Minuten bis die Blaulichter des<br />

Polizeiwagens und des Notarztwagens zu sehen waren. Sie nahten mit eingeschaltetem<br />

Martinshorn.<br />

Zum Glück war diese Landstraße nicht stark befahren und durch die eingeschaltete<br />

Warnblinkanlage des rechtzeitig zum Stehen gekommenen Folgefahrzeugs, wurden alle<br />

weiteren Kraftfahrer aufmerksam und hielten in Reihe hinter der Unfallstelle, so dass die<br />

Polizei und der Rettungswagen problemlos heranfahren konnten.<br />

Es bot sich ein Bild des Grauens. Karinas Golf war nicht mehr zu erkennen. Durch den<br />

Aufprall gegen den Lkw gab es keine Motorhaube mehr. Wie eine Ziehharmonika war der<br />

Wagen zusammengestaucht. Vorn im Fahrzeug lag Karina. Ihre Beine waren unter dem<br />

Lenkrad eingeklemmt und mit dem Oberkörper lag sie fast auf dem Beifahrersitz. Der<br />

Airbagsack hing schlaff an dem deformierten Lenkrad und ringsherum Splitter der<br />

zerborstenen Scheiben. Doch was den herbeigeeilten Helfern einen Schauer über den Rücken<br />

jagte, waren die Blumen des Abschiedsstraußes, die im ganzen Wagen und auch über Karina<br />

verteilt herumlagen.<br />

Keiner vermochte es auszusprechen, jedoch dachten alle dasselbe. Es sah aus, wie bei einer<br />

Beerdigung. Lediglich der Sarg fehlte, über den sonst beim Abschied die Blumen geworfen<br />

wurden.<br />

Für weitere Gedanken blieb keine Zeit. Es war Eile geboten.<br />

Der Notarzt beugte sich über Karina und während er den Puls fühlte rief er: „Hallo, können<br />

Sie mich hören, hallo?“ Dann hielt er seine Hand an ihre Halsschlagader. Zu den Sanitätern<br />

sagte er:<br />

“Der Puls ist sehr schwach. Sie muss sofort eine Infusion bekommen.“<br />

Er legte einen Zugang in die linke Armvene und der Helfer, der den Infusionsbeutel geholt<br />

hatte, hielt diesen nun in die Höhe, damit die Lösung in Karinas Körper fließen konnte.


Inzwischen war auch die alarmierte Feuerwehr mit Schneidewerkzeug eingetroffen und<br />

begann Karina aus diesem total zerstörten Haufen Blech herauszuschneiden.<br />

Auch der Lastwagen wies Beschädigungen auf, wie eine kaputte Stoßstange und eine<br />

eingedrückte Motorhaube, sowie zerbrochene Scheinwerfer.<br />

Der Fahrer hatte außer ein paar Prellungen und einem Schock nichts abbekommen. Er saß<br />

immer noch kreidebleich hinter dem Lenkrad und starrte reglos auf die Straße. Die Polizei<br />

musste ihn mit Hilfe von Sanitätern aus dem Wagen holen. Zitternd saß er dann am<br />

Straßenrand und zunächst blieben alle Fragen die an ihn gerichtet wurden unbeantwortet. Es<br />

war, als wäre er taub und stumm. Er nahm nicht wahr, was um ihn herum passierte. Nachdem<br />

sich ein Notarzt um ihn gekümmert hatte, löste sich allmählich der Schock und wie die<br />

anschließende Vernehmung durch die Polizei ergab, war er am Steuer eingeschlafen. Es war<br />

der bekannte Sekundenschlaf und genau in diesen Sekunden entschied sich Karinas Schicksal.<br />

Über die Autonummer, die die Beamten per Funk durchgegeben hatten, konnte der<br />

Fahrzeughalter und somit die Identität der verunfallten Frau festgestellt werden. Karina<br />

wurde, nachdem die Feuerwehrmänner sie befreien konnten, auf dem schnellsten Weg in die<br />

Unfallchirurgie des St. Bernwardkrankenhauses gebracht, denn ihr Zustand war kritisch und<br />

sie war immer noch nicht ansprechbar.<br />

Keiner der beteiligten Helfer ahnte, dass Karina genau dieses Krankenhaus, genau diese<br />

Unfallchirurgie, vor einigen Minuten als ehemalige Beschäftigte verlassen hatte.<br />

2<br />

Es war kurz vor 20.00 Uhr, als bei Robert Bellings das Telefon läutete.<br />

Robert wartete auf Karina, denn sie wollten an diesem Abend gemütlich zu Abend essen und<br />

auch ein bisschen den Berufsausstieg seiner geliebten Frau feiern. Der Tisch war bereits<br />

festlich mit einem Blumengesteck und Kerzen gedeckt und die Verspätung Karinas schob er<br />

auf eine, wohl etwas verlängerte Abschiedsfeier.<br />

So nahm er den Hörer ab, in der Annahme, am anderen Ende Karina zu hören, die ihm<br />

mitteilen wollte, dass sie sich etwas verspäten würde. Er meldete sich:<br />

“Bellings.“<br />

„Herr Bellings, Polizeidienststelle Hamburg Nord, Hauptwachtmeister Stöber. Herr Bellings,<br />

sind Sie verwandt mit einer Frau Karina Bellings?“<br />

„Ja“, beantwortete Robert die Frage „ich bin ihr Ehemann.“<br />

„Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass Ihre Frau, Karina Bellings, heute Abend einen<br />

Autounfall hatte und ins St. Bernwardkrankenhaus gebracht wurde. Über ihren<br />

Gesundheitszustand kann ich Ihnen leider nichts sagen. Bitte setzen sie sich mit dem<br />

Krankenhaus in Verbindung.<br />

Herr Bellings, es tut mir sehr leid Ihnen diese Nachricht übermitteln zu müssen“ führte der<br />

Beamte weiter aus.


Totenblass ließ Robert den Hörer sinken und ohne einen Ton zu sagen, legte er auf.<br />

Er konnte es nicht fassen, nein, er konnte nicht glauben, dass seine Karina, seine über alles<br />

geliebte Frau, heute nicht nach Hause kam, sondern verletzt im Krankenhaus lag. Die<br />

Gedanken überschlugen sich. Für einen Moment war ihm schwindlig und der Schock saß tief.<br />

Karina, seine große Liebe. Er liebte sie vom ersten Augenblick als er sie sah. Er war damals<br />

Jurastudent und dreiundzwanzig Jahre alt. Sie begegneten sich in der Diskothek „Tanzpalast“,<br />

die sich in der Hamburger Innenstadt befand. Karina setzte sich damals mit ihrer Freundin<br />

genau ihm gegenüber an die Bar. Er sah diese Schönheit mit den langen blonden Haaren, der<br />

gertenschlanken Figur und den großen blauen Augen sofort. Er konnte seinen Blick nicht<br />

abwenden. Als das Lied „Unchained Melodie“ aus den Lautsprechern ertönte, fasste er allen<br />

Mut zusammen und forderte sie zum Tanzen auf.<br />

Beide schwebten dahin und es begann die schönste Romanze, die man sich vorstellen konnte.<br />

Vom ersten Moment wusste er, dies wird meine Frau. Karina ging es ebenso. Sie war<br />

zwanzig, hatte ihre Ausbildung zur Krankenschwester beendet und war über beide Ohren in<br />

Robert verliebt, diesem dunkelhaarigen, großen, sportlichen Typ, mit seinen dunkelbraunen<br />

Augen und dem Dackelblick. Drei Jahre später heirateten sie.<br />

Er stand immer noch neben dem Telefon – regungslos.<br />

Tränen schossen ihm in die Augen und er begann hemmungslos zu weinen. Dann fasste er<br />

sich, denn er musste sofort zu Karina. Er musste wissen was geschehen war und vor allen<br />

Dingen musste er wissen wie es ihr ging.<br />

Er griff zum Telefon und rief seine Schwiegereltern an, die nur 10 Minuten von ihnen entfernt<br />

wohnten, denn er musste gleich fort und jemand musste sich solange um Sabrina kümmern.<br />

Therese war gegangen als er nach Hause kam. Also wählte er die Nummer und seine<br />

Schwiegermutter war am Apparat.<br />

„Mutter“<br />

sprach er hektisch ins Telefon<br />

„bitte kommt sofort her. Die Polizei hat gerade angerufen. Karina hatte einen Unfall. Ich muss<br />

sofort zu ihr. Bleibt bitte solange bei Sabrina.“<br />

„Mein Junge, was sagst Du? Was ist passiert? Was ist mit Karina?“<br />

Er unterbrach sie:<br />

“Bitte Mutter, es ist dringend, bitte kommt sofort. Ich muss jetzt erst einmal hin zu ihr, ich<br />

weiß doch auch noch nichts.“<br />

Schluchzend hörte er seine Schwiegermutter noch sagen :<br />

“Wir sind sofort da.“<br />

Dann wurde auf beiden Seiten das Gespräch beendet.<br />

Die zehn Minuten die es dauerte, bis seine Schwiegereltern eintrafen, kamen Robert vor wie<br />

eine Ewigkeit. Nervös lief er im Zimmer hin und her, schaute jede Minute auf die Uhr und<br />

dachte nur an seine Karina. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Als es an der Tür läutete,<br />

schnappte er sich schon seinen Mantel und die Autoschlüssel, riss die Haustür auf und rief im<br />

Vorbeilaufen seinen Schwiegereltern zu, dass er sich gleich bei ihnen meldete, wenn er<br />

genaueres wüsste.


Ehe die beiden irgendetwas erwidern oder fragen konnten, saß er bereits in seinem Auto und<br />

brauste davon.<br />

Karinas Eltern gingen zitternd ins Haus. Die Mutter konnte sich nicht beruhigen. Weinend<br />

hatte sie sich bei ihrem Mann angelehnt und wurde von ihm geführt. Sie konnten diese<br />

Situation nicht verarbeiten. Karina war die jüngste von drei Töchtern und damit das<br />

Nesthäkchen. Als sie geboren wurde, war ihre Mutter zweiundvierzig und der Vater zwei<br />

Jahre älter. Er war Oberstudienrat im hiesigen Gymnasium und sie war dort als Lehrerin<br />

beschäftigt. Trotz der beiden Kinder konnten sie ihren Beruf weiter ausüben, da ihre Eltern<br />

bei ihnen wohnten und sich liebevoll um die ganze Familie kümmerten. Eigentlich war<br />

damals auch gar kein Nachwuchs mehr geplant, aber als es geschehen war, freuten sie sich<br />

riesig über das erneute Elternglück. Sie sahen Karina immer als etwas Besonderes an, denn<br />

normalerweise hätte die älteste Tochter, die zu der Zeit zwanzig war, sie ohne weiteres schon<br />

zu Großeltern machen können. Die zweite Tochter war 15 Jahre alt und somit aus dem<br />

Gröbsten heraus. Dann kam Karina und alles begann von vorn. Es war wieder ein kleines<br />

Wesen da, dass die ganze Fürsorge und Liebe brauchte, um das man sich eben kümmern<br />

musste. Ein größeres Glück konnte es gar nicht geben. Das ihr etwas passierte, war für die<br />

beiden unvorstellbar. Doch nun blieb ihnen nichts weiter übrig, als zu warten.<br />

Während die Mutter sich im Wohnzimmer in einen Sessel fallen ließ, ging Karinas Vater die<br />

Treppen zum Obergeschoß hinauf, um im Kinderzimmer nach seinem Enkelchen zu schauen.<br />

Die Kleine schlief ruhig und fest und erinnerte ihn an seine Karina, als die so klein war. Sie<br />

hatte keine Ahnung was mit ihrer Mutter passiert war und würde es auch gar nicht verstehen.<br />

Leise wischte er sich die Tränen fort und ging wieder hinunter zu seiner Frau.<br />

„Hermann“,<br />

sagte Käthe Reuther zu ihrem Mann<br />

„was können wir bloß tun? Es macht mich ganz krank hier zu sitzen und nicht zu wissen, was<br />

mit Karina passiert ist und wie es ihr geht.<br />

Ich mache mir so viele Sorgen. Lieber Gott, lass alles gut werden.“<br />

Hermann Reuther nahm seine Käthe ganz fest in den Arm und versuchte sie ein wenig zu<br />

beruhigen:<br />

„Im Moment können wir nur warten, bis Robert wieder da ist. Vielleicht ist es ja gar nicht so<br />

schlimm und wir machen uns mehr Gedanken wie nötig. Warte doch erst einmal ab.“<br />

Diese Worte kamen ihm nicht leicht über die Lippen, denn in Wirklichkeit hatte er auch ein<br />

ungutes Gefühl. Wie er Karina kannte, hätte sie auf jeden Fall versucht, wenn es möglich war,<br />

sich selbst bei Robert zu melden. So aber hat die Polizei angerufen.<br />

Gedankenverloren saßen sie nun da und warteten auf die Rückkehr ihres Schwiegersohnes.<br />

3<br />

Als Karina auf der Trage in die Notaufnahme des St. Bernwardkrankenhauses gebracht<br />

wurde, erkannte der diensthabende Stationsarzt sie sofort und gab ohne Verzögerung die<br />

Anweisung, sie sofort in die Unfallchirurgie zu verbringen. Auf dem Weg dorthin ließ er sich<br />

noch über die vom Notarzt gestellte Diagnose und über die bisher eingeleiteten Maßnahmen


informieren, damit ohne Unterbrechung eine Weiterbehandlung stattfinden konnte. Zunächst<br />

aber wurden Röntgenuntersuchungen angeordnet, um Art und Ausmaße der Verletzungen zu<br />

erfahren.<br />

Zwischenzeitlich war auch Prof. Dr. Reckwitz informiert, noch vor kurzer Zeit Karinas Chef.<br />

Dieser kam eilends hinzu. Das Entsetzen war ihm anzumerken. Wer hätte auch damit<br />

gerechnet, Karina auf diese Art so schnell wiederzusehen.<br />

Routiniert führte er aber die anschließende Untersuchung mit Hilfe der vorliegenden<br />

Röntgenaufnahmen durch.<br />

Nun war Eile angesagt, denn es wurden innere Blutungen festgestellt, die von einem Milzriss<br />

herrührten. Ferner waren zwei Rippenbrüche zu erkennen und einige kleine Schnittwunden.<br />

Was allen aber die meisten Sorgen bereitete war, dass Karina immer noch nicht bei<br />

Bewusstsein war.<br />

Die Notoperation wurde eingeleitet und von dem Professor selbst durchgeführt.<br />

Ein Team von insgesamt zehn Leuten war bemüht, Karinas Leben zu retten.<br />

Robert rannte zum Informationsschalter des Krankenhauses und schrie fast, als er die dort<br />

beschäftigte Schwester ansprach:<br />

„Mein Name ist Bellings. Meine Frau Karina Bellings hatte einen Autounfall und ist hier<br />

eingeliefert worden. Wo ist sie? Wie geht es ihr?“<br />

Ein bisschen erschrocken reagierte diese aber sofort und gab ihm die Auskunft, dass Karina<br />

gerade operiert wurde und sie über den Gesundheitszustand nichts wüsste. Er sollte doch bitte<br />

in die Unfallchirurgie gehen, den Gang entlang, dann links. Hier würde er die weitere<br />

Wegbeschreibung finden.<br />

Ohne etwas zu erwidern rannte Robert los. Er kam atemlos in der Station an. Als er am<br />

Schwesternzimmer vorbeieilte, um zu den Operationssälen zu gelangen, wurde er von einer<br />

ehemaligen Kollegin aufgehalten, die ihn als Karinas Mann identifizierte.<br />

„Herr Bellings, Herr Bellings, warten Sie. Karina wird noch operiert. Sie können nicht dort<br />

hinein. Bitte kommen Sie zurück.“<br />

„Ich möchte wissen was mit <strong>meiner</strong> Frau ist. Was fehlt ihr? Wie schwer ist sie verletzt? Mein<br />

Gott, kann mir denn niemand sagen was los ist?“<br />

Die Schwester, die inzwischen auf Robert zugegangen war, fasste ihn am Arm und sagte:<br />

„Wir alle sind entsetzt über diesen Unfall, aber wir wissen im Moment auch noch nichts<br />

Genaues über die Verletzungen. Bitte Herr Bellings, kommen Sie mit ins Schwesternzimmer.<br />

Sobald ein Arzt den Operationssaal verlässt, sind Sie der erste, der etwas erfährt, das<br />

verspreche ich Ihnen.“<br />

Widerwillig ging Robert mit.<br />

„Was ist überhaupt passiert?“<br />

fragte er erneut.<br />

„Ich war viel zu durcheinander als die Polizei bei mir anrief und dachte nur daran,<br />

schnellstmöglich zu <strong>meiner</strong> Frau zu kommen. Da habe ich weiter keine Fragen nach dem<br />

Unfallhergang gestellt. Wissen Sie wie es dazu kam?“<br />

„Soweit mir bekannt ist, war es wohl ein Frontalzusammenstoß mit einem Lastwagen. Der<br />

Fahrer soll am Steuer eingenickt sein, dabei die Spur gewechselt haben und so den<br />

Frontalzusammenstoß verursacht haben. Mehr weiß ich leider auch nicht.“


eantwortete die Schwester seine Frage.<br />

Robert setzte sich vor dem Schreibtisch nieder, hielt sich die Hände vors Gesicht und begann<br />

zu schluchzen:<br />

„Oh meine Karina, meine liebste Karina, was ist Dir bloß passiert? Warum gerade Dir?“<br />

Die Schwester trat zurück und ließ Robert allein, denn sie konnte sich vorstellen, was gerade<br />

in diesem Mann vorging.<br />

Es war dann Professor Reckwitz, der den verzweifelten Robert informierte.<br />

„ Herr Bellings, es tut uns allen so schrecklich leid was mit Ihrer Frau geschehen ist. Wir<br />

mussten eine Notoperation durchführen. Sie hat bei dem Unfall einen Milzriss und zwei<br />

Rippenbrüche erlitten.<br />

Die inneren Blutungen durch den Milzriss konnten wir stoppen und auch eine Erstversorgung<br />

der Brüche vornehmen. Was uns allerdings große Sorgen bereitet ist die Tatsache, dass Ihre<br />

Frau, bedingt durch ein Schädel-/Hirntrauma, bislang nicht ansprechbar ist. Mit anderen<br />

Worten, sie liegt im Koma und ihr Zustand ist nach wie vor kritisch.“<br />

Es war wie ein Faustschlag in sein Gesicht. Sein Herz hämmerte und er hatte das Gefühl,<br />

jeden Augenblick zusammenzubrechen. Mit aller Kraft stellte er die Frage:<br />

„Wird sie es schaffen, Herr Professor?“<br />

„Leider kann ich diese Frage weder mit ja noch mit nein beantworten. Die nächsten Stunden<br />

werden es zeigen. Die Operation ist zwar gut verlaufen, jedoch müssen wir abwarten, ob sich<br />

Komplikationen einstellen. Seien Sie aber versichert, dass wir alles in unserer Macht stehende<br />

unternehmen .“<br />

„Dann kann ich nicht zu ihr?“<br />

stammelte Robert.<br />

„Im Moment befindet sie sich noch unter ständiger Kontrolle. Da ist ein Besuch nahezu<br />

unmöglich. Ich weiß, dass Sie sie sehen möchten, aber tun Sie sich den Gefallen und warten<br />

damit bis Morgen. Helfen kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand. Es ist allein an ihr zu<br />

kämpfen.“<br />

Wie gelähmt war Robert als er sich vom Professor verabschiedete. Er hinterließ bei der<br />

Schwester nur noch seine Telefonnummer, unter der er Tag und Nacht erreichbar war, um<br />

dann den gutgemeinten Rat zu befolgen und nach Hause zu fahren, da er im Krankenhaus<br />

nichts für Karina tun konnte. Er musste ja auch seine Schwiegereltern informieren, die bei<br />

ihm auf eine Nachricht warteten.<br />

Aber gleich morgen früh wollte er wieder hier sein.<br />

4<br />

Wie in Trance verlief die Heimfahrt. Als Robert auf der Garageneinfahrt vor seinem Haus<br />

anhielt, wusste er nicht, wie er es bis hierher geschafft hatte. Während der ganzen Fahrt<br />

dachte er nur an Karina. Was, wenn sie es nicht schafft, was, wenn sie stirbt? Nein, nein, das<br />

darf nicht sein, nicht meine Karina. Sie muss leben, leben für uns. Ich liebe sie so sehr.<br />

Tränen liefen über seine Wangen und wie durch einen Schleier starrte er auf die Garage.<br />

Nun war er zu Hause angekommen und drinnen warteten seine Schwiegereltern, denen er<br />

sagen musste, dass es sehr schlecht um ihre Tochter stand.


Betroffen und nach Fassung ringend betrat er das Haus.<br />

Mit großen fragenden Augen kam seine Schwiegermutter ihm entgegen. Sein Anblick ließ<br />

nichts Gutes erahnen. Mit leerem Blick und hängenden Schultern stand der sonst so stattliche<br />

Mann vor ihr. Sein dunkelblauer Wollmantel hing an ihm herunter, als gehörte er ihm gar<br />

nicht.<br />

Mit schleppendem Schritt ging er an ihr vorbei ins Wohnzimmer, wo sein Schwiegervater<br />

sich noch aufhielt. Sie folgte ihm und als alle versammelt waren, begann Robert, ehe sie eine<br />

Frage stellen konnten, monoton zu erzählen, ohne sie dabei anzuschauen:<br />

„Karina hatte einen sehr schweren Autounfall. Es war ein Frontalzusammenstoß mit einem<br />

Lkw. Sie ist noch ohne Bewusstsein. Ein Milzriss und Rippenbrüche konnten operiert werden,<br />

aber wie Prof. Reckwitz mir sagte, besteht das eigentliche Problem in einem Schädel-<br />

/Hirntrauma. Dieses bewirkt, dass Karina im Koma liegt und zur Stunde keiner sagen kann,<br />

wie die Dinge sich entwickeln.“<br />

Erst jetzt richtete Robert hilfesuchend den Blick auf seine Schwiegereltern, die bis dahin wie<br />

erstarrt seine Worte aufnahmen. Nach Sekunden der Stille war es mit jeder Beherrschung<br />

vorbei und alle drei fingen an zu weinen.<br />

Hermann Reuther fing sich als erster ein wenig und sprach Robert an:<br />

„ Konntest Du nicht zu ihr?“<br />

„Nein“<br />

entgegnete Robert<br />

„als ich ankam, wurde sie ja noch operiert und nun liegt sie noch unter ständiger<br />

Überwachung. Außerdem ist sie nicht ansprechbar. Prof. Reckwitz meinte, es wäre besser<br />

morgen früh wiederzukommen. Dann können sie mir eventuell auch schon mehr sagen.“<br />

„Wie es aussieht,“<br />

setzte Karinas Vater das Gespräch fort<br />

„können wir im Moment nichts für sie tun. Nur abwarten und hoffen. Sollen wir heute Nacht<br />

bei Dir bleiben mein Junge?“<br />

„Nein Vater, ich muss jetzt allein sein. Bitte versteht das“<br />

antwortete Robert.<br />

„Selbstverständlich.“<br />

und zu seiner Frau gewandt sagte er:<br />

„Komm Käthe, dann lass uns jetzt nach Hause gehen.“<br />

Bislang ruhig vor sich hin weinend, schrie diese plötzlich los:<br />

„Was ist mit diesem Kerl, diesem Lkw-Fahrer? Ist der auch verletzt? Muss dieser Mensch<br />

auch leiden? Wie kann man so einen auf die Straßen lassen, damit er so viel Schaden<br />

anrichten kann und uns unsere Karina nimmt?“<br />

Käthe brach zusammen. Der ganze Körper bebte und unter lautem Schluchzen ließ sie sich<br />

wieder auf die Couch fallen, von der sie sich vor diesem Ausbruch erhoben hatte.<br />

Robert konnte darauf nicht reagieren, aber Hermann setzte sich neben seine Frau und sprach<br />

behutsam auf sie ein:<br />

„Käthe, es geht alles seinen Gang und wie es dem Lkw-Fahrer geht, interessiert im Moment<br />

doch gar nicht. Wenn ihm eine Schuld nachgewiesen werden kann, wird er auch die<br />

Konsequenzen tragen. Für uns zählt doch nur, was aus Karina wird und da müssen wir


abwarten. Uns bleibt keine andere Möglichkeit. Nun beruhige Dich etwas und lass uns gehen,<br />

damit Robert ein wenig zur Ruhe kommt. Schau´ ihn Dir an, der arme Junge ist auch ganz<br />

fertig.“<br />

Die Worte zeigten Wirkung. Roberts Schwiegereltern umarmten ihn und verabschiedeten<br />

sich, um dann den Heimweg anzutreten. Robert versprach ihnen, sie am nächsten Tag<br />

anzurufen, sobald er im Krankenhaus war.<br />

Am nächsten Tag war leicht übertrieben, denn als er auf seine Uhr blickte stellte er fest, dass<br />

es bereits 3.00 Uhr war. Schlafen konnte er nicht, also setzte er sich im Kaminzimmer auf die<br />

Couch, lehnte sich an und betrachtete die Holzscheite, die im Kamin lagen und darauf<br />

warteten angezündet zu werden, damit eine wohlige Wärme und eine gemütliche Atmosphäre<br />

entstand, wie es immer war, wenn Karina und er hier saßen. Meistens hielten sie sich nach<br />

einem anstrengenden Arbeitstag hier auf. Zusammengekuschelt sahen sie zu, wie die<br />

Flammen im Kamin tanzten, tranken dabei ein Glas Wein, hörten leise Musik und nichts auf<br />

der Welt konnte diese Zweisamkeit und Verbundenheit übertreffen. Die vollendete Harmonie<br />

und Liebe erfüllte den Raum und an keinem anderen Ort konnte es schöner sein.<br />

Die Erschöpfung holte Robert ein. Ihm fielen die Augen zu und er schlief im Sitzen ein.<br />

Drei Stunden später wurde er wach. Sofort war die Unruhe wieder da und langsam kehrte die<br />

schreckliche Erinnerung an den vergangenen Abend zurück.<br />

Robert ging zuerst ins Kinderzimmer und schaute nach Sabrina. Diese schlummerte noch<br />

immer tief und fest und hatte auch nichts von dem Ausbruch ihrer Oma mitbekommen.<br />

Robert war froh, dass dieses kleine Wesen, mit ihren zwei Jahren, noch nichts von der<br />

schrecklichen Wirklichkeit mitbekommen würde und hoffentlich musste er ihr nicht einmal<br />

erklären, dass ihre Mutti nie mehr wiederkam. Diesen Gedanken verdrängte er aber ganz<br />

schnell und ging anschließend ins Bad, um sich ein wenig frisch zu machen, denn er musste<br />

noch einiges erledigen, bevor er ins Krankenhaus fahren konnte.<br />

Als er geduscht und frische Sachen angezogen hatte, begab er sich in sein Arbeitszimmer, um<br />

von da aus seinen Freund und Partner Jürgen Söllner anzurufen. Jürgen und er haben<br />

zusammen studiert und sich nach dem Staatsexamen entschlossen, gemeinsam in Hamburg<br />

eine Rechtsanwaltskanzlei zu gründen. Dies war vor fünf Jahren. Inzwischen hatten sie so<br />

viele Klienten, dass sie vor einem Jahr noch einen weiteren Kollegen einstellen mussten.<br />

Diesen fanden sie in Manfred Eixner.<br />

Da es erst kurz vor sieben Uhr war, wählte Robert die Privatnummer seines Freundes. Als<br />

dieser sich am anderen Ende meldete sagte Robert:<br />

„Hallo Jürgen, hier ist Robert. Entschuldige wenn ich Dich so früh störe, aber es ist etwas<br />

Furchtbares passiert. Karina hatte gestern einen schweren Autounfall. Sie liegt im St.<br />

Bernwardkrankenhaus im Koma. Sei so lieb und übernimm zusammen mit Manfred meine<br />

Klienten und Termine für unbestimmte Zeit. Ich bin nicht in der Verfassung ins Büro zu<br />

kommen, solange ich nicht weiß, was mit Karina wird.“<br />

Man spürte förmlich das Entsetzen am anderen Ende der Leitung und Robert vernahm dann<br />

die Antwort seines Freundes:<br />

„ Oh Robert, das ist ja furchtbar. Kann ich irgendwie helfen? Brauchst Du mich?“<br />

„Nein, ich danke Dir. Mir ist schon geholfen, wenn Du Dich um meine laufenden Dinge in<br />

der Kanzlei kümmerst. Mit allem anderen muss ich selbst erst einmal fertig werden. Ich kann


zur Zeit noch gar keinen klaren Gedanken fassen. Nachher fahre ich erst wieder ins<br />

Krankenhaus und hoffe, dass sie mich zu Karina lassen, denn gestern war dies nicht möglich.“<br />

„Robert“<br />

erklärte Jürgen<br />

„selbstverständlich kümmere ich mich um alles in der Kanzlei. Nimm Dir so viel Zeit wie Du<br />

brauchst. Ich wünsche Dir viel Kraft für alles und natürlich alles Gute für Karina. Wenn Du<br />

kannst, melde Dich wieder.“<br />

Jürgen merkte wie schwer es Robert fiel, über diese Dinge zu sprechen. Darum fragte er auch<br />

nicht weiter. Beide verabschiedeten sich noch und beendeten das Telefonat.<br />

Während Robert noch mit seinem Partner sprach hörte er, wie die Haustüre aufgeschlossen<br />

wurde. Therese war gekommen, pünktlich um 7.00 Uhr, wie jeden Morgen.<br />

Als er aus dem Arbeitszimmer kam, begrüßte ihn Therese mit einem freundlichen:<br />

„ Guten Morgen Herr Robert. Heute schon so zeitig auf den Beinen?“<br />

In der Regel hatte Therese immer noch Zeit das Frühstück für Karina und ihn zu richten,<br />

bevor die beiden in der Küche erschienen.<br />

„Von einem guten Morgen kann heute nicht die Rede sein Therese“<br />

begrüßte Robert sie.<br />

„Meine Frau hatte gestern einen Autounfall und liegt im Krankenhaus. Sie wurde schwer<br />

verletzt und liegt im Koma.“<br />

„Mein Gott, Herr Robert, das ist ja furchtbar,“<br />

schoss es aus Therese heraus<br />

„die arme Frau Karina. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll, nein, das ist ja so schrecklich.<br />

Hoffentlich wird sie wieder gesund.“<br />

Die Worte klangen ein wenig naiv, aber das war Therese. Sie war eine sehr liebenswerte,<br />

einfache Frau, die das Herz auf der Zunge hatte.<br />

„Therese“<br />

fuhr Robert fort<br />

„ich wollte diesbezüglich auch noch etwas mit Ihnen besprechen.<br />

Sie sind doch alleinstehend und oben ist das Gästezimmer frei, da wollte ich Sie fragen, ob es<br />

nicht möglich wäre, dass Sie eine zeitlang bei uns wohnen. Solange meine Frau im<br />

Krankenhaus ist, muss ich mich um einiges kümmern. In erster Linie möchte ich aber<br />

natürlich, so oft und so lange wie möglich, bei ihr sein. Damit unsere Kleine versorgt ist, wäre<br />

es eine große Hilfe, wenn Sie zustimmen würden. Finanziell soll es auch nicht Ihr Schaden<br />

sein.“<br />

Ganz ergriffen antwortete Therese:<br />

“ Aber Herr Robert, natürlich bleibe ich hier. Ich habe doch niemanden, für den ich sonst<br />

sorgen müsste und Sie sind für mich doch wie meine Familie und wo ich die kleine Sabrina<br />

doch so gern hab´. Sie und Ihre Frau natürlich auch.“<br />

ergänzte sie schnell<br />

„Und das mit dem Geld nehme ich Ihnen fast übel. Wenn ich Ihnen damit helfe, dann ist es<br />

selbstverständlich. Hauptsache ist aber, die liebe Frau kommt bald wieder.“<br />

„Ich danke Ihnen.“<br />

sagte Robert und wandte sich schon von Therese ab, als diese ihn noch fragte:


„ Soll ich Ihnen rasch das Frühstück richten?“<br />

„Nein danke Therese, vielleicht nur eine Tasse Kaffee. Ich muss gleich los. Vorher will ich<br />

aber noch meine Eltern anrufen. Die wissen noch gar nichts.“<br />

Damit verließ Robert die Küche, um das Telefonat mit seinen Eltern zu führen, die in<br />

München wohnten.<br />

In Grünwald bewohnten sie ein sehr komfortables Haus. Sie konnten es sich leisten, da sie<br />

bis vor kurzem ein Juweliergeschäft in der Münchener Leopoldstraße besaßen. Den Laden<br />

hatten sie damals von Konrad Bellings Eltern übernommen und es war ein lukratives<br />

Unternehmen, das ihnen zu großem Wohlstand verhalf. Mit anderen Worten konnte man<br />

durchaus von Millionären sprechen. Da Robert, der übrigens in München geboren wurde und<br />

das einzige Kind war, jedoch beruflich eine andere Richtung eingeschlagen hatte, verkauften<br />

sie kurzerhand das Geschäft, nicht ohne einen erheblichen Gewinn und zogen sich aufs<br />

Altenteil zurück.<br />

Dem Vermögen der Eltern verdankten Robert und Karina letztendlich ihr Haus in Hamburg-<br />

Blankenese. Als sie 1995 heirateten, sollten sie den neuen Lebensabschnitt sorglos beginnen<br />

und Robert, der gerade sein Staatsexamen gemacht hatte, sollte sich nur auf den Aufbau<br />

seiner Kanzlei konzentrieren können. So bekamen sie zur Hochzeit das Haus. Es gefiel ihnen<br />

auf Anhieb. Der große Garten hinter dem Haus grenzte ans Elbufer und ein Bootssteg gehörte<br />

auch zum Grundstück. Das Haus selbst war zweigeschossig. Auf der unteren Ebene befanden<br />

sich ein großes Wohnzimmer, ein Kaminzimmer, das Arbeitszimmer, Küche mit separatem<br />

Essraum, sowie eine Gästetoilette. Im Obergeschoß war das Elternschlafzimmer mit Bad und<br />

Balkon, von dem man auf die Elbe schauen konnte, zwei Kinder-, sowie ein Gästezimmer und<br />

noch ein weiteres Badezimmer.<br />

Im Keller befand sich ein hauseigener Pool, der im griechisch-römischen Stil errichtet war.<br />

Roberts Eltern waren der Ansicht, dass er, als einziger Erbe, später sowieso alles bekommen<br />

würde und warum sollte er erst davon profitieren, wenn sie gestorben waren. So konnten sie<br />

schon zu Lebzeiten etwas bewirken und die Freude und Dankbarkeit der Kinder erfahren.


R.D.V. Heldt<br />

Die Mystische Rolle<br />

Ein modernes Märchen<br />

1<br />

Betty Braun, eigentlich Elisabeth Braun – sie konnte nie verstehen, wie ihre Eltern<br />

ihr das antun konnten und ihr diesen Namen gaben. Aber wahrscheinlich, weil ihre


Großmutter väterlicher Seite ebenso hieß. Zum Glück nannten sie aber fast alle<br />

Betty.<br />

Also, Betty war ein ganz normaler Teenager von fast sechzehn Jahren. Ihre beste<br />

Freundin war Angela Kunz, genannt Angie. Beide kannten sich schon aus der<br />

Grundschule und waren nun Internatsschülerinnen der zehnten Klasse –<br />

Mittelstufe. Ihr Wohnort war München. Ganz so normal war Betty in den Augen<br />

vieler Gleichaltriger wohl doch nicht, denn immerhin wohnte sie mit ihren Eltern<br />

in einem prächtigen Haus, direkt in Münchens Nobelviertel. Ihr Vater war nämlich<br />

ein ziemlich hohes Tier in einer bekannten pharmazeutischen Fabrik. Betty sollte<br />

später studieren und vielleicht in Vaters Fußstapfen treten.<br />

Aber bis dahin dauerte es ja noch eine Weile. Sie genoss ihr Teeniedasein und war<br />

zufrieden, so wie es war.<br />

Dies sollte sich jedoch ändern, als sie an einem Ferientag im Sommer mit ihrem<br />

kleinen Hund Maxi im nahegelegenen Park Gassi ging.<br />

Betty saß auf der Parkbank und war ganz darin vertieft, auf ihrem Handy die SMS<br />

ihrer Freundin Angie zu beantworten. Es blieb natürlich nicht bei einer SMS und<br />

so ging es ständig hin und her. Darum achtete sie auch nicht auf ihre Hündin Maxi,<br />

die mit viel Energie neben der Parkbank in der Erde wühlte.<br />

Betty wurde abrupt aus ihren Gedanken gerissen, als ein älterer Herr vor ihr stehen<br />

blieb und mit grimmiger Miene sagte:<br />

„Na das ist ja wohl ein dicker Hund. So geht das aber nicht. Sitzt auf der Bank und<br />

passt nicht auf, was ihr Köter anstellt!“<br />

Nun schaute sie auf Maxi und sah erst jetzt, dass diese ein ziemlich tiefes Loch<br />

gebuddelt hatte, was sie auch nicht besonders gut fand, antwortete aber<br />

schlagfertig:<br />

„Das ist kein dicker Hund, sondern ein schlanker, süßer Rauhaardackel und keine<br />

Bange, das bringe ich schon wieder in Ordnung.“<br />

Etwas Unverständliches vor sich hinmurmelnd ging der Mann weiter. Schnell<br />

schickte Betty noch eine SMS an Angie in der sie mitteilte, dass sie sich später noch<br />

einmal melden würde, weil sie nun keine Zeit mehr hatte. Gleich danach kümmerte<br />

sie sich um Maxi. An der Leine zog sie diese vom Loch weg, schimpfte aber nicht<br />

mit ihr, denn zur Natur eines Jagdhundes und besonders eines Rauhaardackels<br />

gehörte es Beute aufzuspüren und auch in der Erde zu graben.<br />

Gerade wollte Betty die Erde wieder ins Loch schieben, als sie etwas entdeckte.<br />

Ganz unten im Erdloch lag eine Kiste. Dem Aussehen nach ähnelte sie einer<br />

Zigarrenkiste.<br />

Vielleicht hatte hier jemand etwas Wertvolles versteckt, dachte sie und holte die Kiste<br />

heraus. Bevor sie die Kiste vorsichtig öffnete, betrachtete sie sie von allen Seiten.<br />

Enttäuscht sah sie, dass kein Schatz darin war, sondern nur eine alte und schon<br />

ziemlich vergilbte Schriftrolle. Sie wollte die Kiste gleich wieder schließen und<br />

zurücklegen, aber dann siegte ihre Neugier. Sie nahm die Schriftrolle heraus, rollte<br />

sie ganz behutsam auf und las, was dort geschrieben stand.


Betty verstand dies alles nicht. Für sie handelte es sich nur um irgendein<br />

Kauderwelsch, ein Blabla, welches keinen Sinn ergab. Trotzdem fand sie irgendwie<br />

Gefallen an der Rolle. Darum packte sie sie wieder ein und verstaute die Kiste<br />

zwischen allen anderen Sachen, die ein Teenager benötigte, in ihrem Backpack.<br />

Bevor sie sich aber mit Maxi auf den Heimweg machte, schob sie die Erde zurück<br />

ins Loch und trat anschließend den Boden mit den Füßen schön fest, so, dass<br />

nichts mehr an ihren wühlwütigen Hund erinnerte.<br />

Zu Hause angekommen schmiss sie den Backpack in eine Ecke ihres Zimmers und<br />

schaltete ihr Laptop ein, denn sie musste unbedingt mit Angie chatten. Es dauerte<br />

aber nicht lange bis beide feststellten, dass es günstiger wäre sich zu treffen, als<br />

stundenlang im Netz verbunden zu sein. Also kam Angie rüber.<br />

Die Freundinnen erzählten sich den neuesten Tratsch aus ihrem Bekanntenkreis<br />

und Betty dachte gar nicht mehr an die Rolle.


2<br />

Als Betty am Abend schon in ihrem Pyjama war und ins Bett gehen wollte, fiel ihr<br />

die Rolle wieder ein.<br />

Sie kramte die Kiste aus ihrem Backpack hervor und setzte sich damit bequem in<br />

die Ecke ihres Bettes, das in einer Nische an der Wand stand. Dann las sie<br />

nochmals sehr aufmerksam den Text.<br />

„So ein Quatsch“ sagte sie leise vor sich hin und Maxi, die in ihrem Körbchen<br />

neben dem Bett lag, hob den Kopf. Weil aber weiter keine Ansage gemacht wurde,<br />

legte sie sich wieder hin. Obwohl Betty es für Unsinn hielt, reizte es sie das<br />

angebliche Rätsel zu lösen. Welcher Name konnte gemeint sein?<br />

Folglich fing sie an, aus den vorgegebenen Buchstaben Namen zu bilden, die sie,<br />

zum Verdruss von Maxi, jeweils drei Mal vor sich hin sprach:<br />

„Rasci, Rasci, Rasci – Icars, Icars, Icars – Saric, Saric, Saric.“<br />

Nichts passiert, dachte sie bei sich, ich wusste doch dass es Blödsinn ist.<br />

Abschließend rief sie dann noch, ohne nachzudenken, einfach aus Spaß,<br />

„Caris, Caris, Caris.“<br />

Sie lachte und wollte gerade die Rolle weglegen, als auf einmal Umrisse im Zimmer<br />

zu erkennen waren und dann stand er plötzlich da, in voller Größe.<br />

Maxi, die sonst jeden Fremden erst einmal mit Gebell begrüßte, verhielt sich<br />

merkwürdig. Schwanzwedelnd stand sie vor ihm, ohne einen Laut von sich zu<br />

geben. Betty hingegen kauerte sich noch weiter in die Ecke, nahm ein Kissen vor<br />

ihre Brust und drückte es fest umschlungen an sich. Sie war wie erstarrt vor<br />

Schreck. Mit weit aufgerissenen Augen blickte sie ihn an und zitterte am ganzen<br />

Körper, unfähig ein Wort zu sagen.<br />

„Oh, nicht schon wieder“ sagte Caris. Er schüttelte dabei seinen Kopf und rollte<br />

mit den Augen.<br />

„Da ruft ihr mich und wenn ich erscheine, macht ihr euch vor Angst fast in die<br />

Hosen.“<br />

Betty war noch immer nicht in der Lage etwas zu sagen und als Caris dann noch<br />

auf sie zukam, begann sie leise zu wimmern. Er merkte, dass er wieder einmal sanft<br />

vorgehen musste.<br />

„Du brauchst Dich nicht zu fürchten. Du hast mich doch bei meinem Namen<br />

gerufen und kennst auch den Inhalt der mystischen Rolle. Wer das Rätsel um<br />

meinen Namen löst und mich drei Mal ruft, dem werde ich ein Leben lang dienen<br />

und ihn beschützen. Allerdings muss derjenige besonnen handeln und entweder<br />

einen Wunsch äußern oder in Gefahr sein. Beherzigt er das nicht, werde ich nach<br />

fünf unbedachten Handlungen nie wiederkommen. Ein Mal hast Du heute schon<br />

vertan, denn Du hast Dir weder was gewünscht, noch bist Du in Gefahr.“<br />

Betty hatte sich inzwischen beruhigt und aufmerksam Caris Worten gelauscht.<br />

Darum sagte sie nun schnell:<br />

„Das stimmt nicht. Ich wünsche, dass Du mir alles über Dich erzählst.“


„Hm, ich merke Du lernst schnell. Also gut, höre zu“ und Caris begann zu<br />

erzählen.<br />

„Ich diente schon vielen Herren, solange sie auf Erden weilten. Alle hatten wie Du<br />

die Rolle gefunden und das Rätsel gelöst. Keiner hat mich je enttäuscht, denn sie<br />

haben die Regeln befolgt. Die Rolle mussten sie mir gleich nachdem sie den Inhalt<br />

kannten zurückgeben, damit ich sie sicher verwahren konnte und sie nicht in<br />

falsche Hände geriet. Auch von Dir verlange ich die Rolle zurück. Einen Tag<br />

kannst Du sie noch behalten, um noch einmal alles genau nachzulesen. Dann hole<br />

ich sie. Rufe mich morgen, wenn Du soweit bist und sage – ich wünsche mir, dass<br />

Du die Rolle nimmst - . Du bist jetzt mein neuer Herr. Wenn Du mich rufst, dann<br />

komme ich. Möchtest Du im Moment noch mehr wissen?“<br />

Betty war nun sichtlich zutraulicher, denn während Caris sprach, hatte sie ihn genau<br />

betrachtet. Er war sehr muskulös, gebräunt, trug ein weißes Achselshirt und eine<br />

schwarze Trainingshose. Auf dem Kopf war er kahl und erinnerte Betty ein wenig<br />

an eine Figur aus der Putzmittelwerbung, denn er hatte sogar eine Creole im linken<br />

Ohrläppchen. Sie fand ihn eigentlich sehr sympathisch.<br />

Darum antwortete sie auf seine Frage:<br />

„Ja, wie lange machst Du das schon und bist Du ein richtiger Geist?“<br />

„Da muss ich wohl am Anfang beginnen“ fuhr Caris fort.<br />

„Also. Geboren wurde ich im Jahr 1451 n. Chr. in Irland. In dieser Zeit gab es<br />

noch die Hexenverfolgungen. Als Jugendlicher zog es mich immer nach<br />

Stonehenge und dort traf ich tatsächlich auf gute Hexen, die regelmäßig ihre Rituale<br />

veranstalteten. Irgendwann nahmen sie mich in ihrem Zirkel auf, obwohl ich<br />

keinerlei Kräfte besaß. Es waren eben gute Hexen, bei denen ich mich wohlfühlte<br />

und die niemandem ein Leid zufügten, ganz im Gegenteil. Sie halfen den armen<br />

Menschen und heilten viele Krankheiten. Trotzdem wurden sie verfolgt und wenn<br />

man sie erwischte, öffentlich hingerichtet.<br />

Eines Tages, ich war gerade 35 Jahre alt, erwischten sie auch mich. Ich wurde der<br />

Hexerei angeklagt und getötet. Die Hexen trauerten um mich, konnten mich aber<br />

natürlich nicht wieder lebendig machen. Mein Tod war grundlos und darum<br />

belegten sie meinen Leichnam mit einem Zauber und verwandelten meine Seele in<br />

einen Geist. Von da an muss ich guten Menschen dienen und sie beschützen. Nur<br />

derjenige, dem ich diene kann mich sehen, alle anderen können nur meine Stimme<br />

hören. Sie verfassten gleichzeitig auch die Schriftrolle und belegten sie ebenfalls mit<br />

einem Zauber. Nur wer reinen Herzens ist kann diese finden und lesen, für alle<br />

anderen bleibt die Schrift verborgen.<br />

Heute frage ich mich oft, ob sie mir damit etwas Gutes getan haben? Aber ich will<br />

mich nicht beschweren. Es ist eben alles Schicksal, dem man nicht entkommt.“<br />

„Wow“, stellte Betty fest,<br />

„für einen 560 Jahre alten Geist bist Du ganz schön cool.“<br />

„Tja“, antwortete Caris ihr,<br />

„man muss sich der Zeit immer anpassen, sonst verstaubt man und das wäre doch<br />

langweilig.“


Nun wollte Betty noch wissen, warum Maxi bei ihm so ganz anders reagiert hatte<br />

und Caris erklärte auch das.<br />

„Tiere haben einen sehr feinen Instinkt und können mich auch wahrnehmen. Sie<br />

zeigen viel ehrlicher als die Menschen was sie empfinden. Sie spüren dass ich ihnen<br />

nichts antue und merken dass ich sie liebe. Darum lieben sie mich auch.“<br />

Fürs erste war Betty zufrieden und hatte keine weiteren Fragen. Darum<br />

verschwand Caris ebenso lautlos wie er erschienen war. Betty dachte noch eine<br />

Weile über das Erlebte nach, schlief dann aber ein.<br />

Gleich am nächsten Morgen, im Haus war es noch still, schlich sie sich mit der<br />

Rolle in das Büro ihres Vaters und machte eine Kopie. Diese Kopie schob sie<br />

zwischen ihre Schulhefte, damit sie keiner fand. Die Originalrolle las sie noch<br />

einmal ganz genau durch, bevor sie sie zurück in die Kiste legte, wie vereinbart<br />

Caris rief und ihm die Rolle zurückgab.<br />

Als Caris fort war, holte sie die Kopie wieder hervor. Doch was war das? Das Blatt<br />

war leer. Keine Spur von einem Text. Das war Magie. Die Rolle behielt ihr<br />

Geheimnis.<br />

Aber klar, jetzt fielen ihr wieder Caris Worte ein – nur wer sie findet kann sie lesen.<br />

Darum war die Schrift verschwunden, damit kein anderer den Inhalt erfuhr.


R.D.V. Heldt<br />

Kai<br />

Der Auserwählte<br />

Die vier Steine


Kapitel<br />

Tante Resi<br />

Der letzte Wunsch<br />

Blutsbrüder<br />

Der Umzug<br />

Die neue Schule<br />

Serafina<br />

Das Geheimnis der Truhe<br />

Fünkchen<br />

Die Überraschung<br />

Die Wanderung<br />

Ein zweiter Kristall<br />

Die Geduldsprobe<br />

Der Wasserfall<br />

Der Geburtstag<br />

Tante Resis Grab<br />

Der Schlüssel zur Truhe<br />

Die letzte Prüfung<br />

Die Gemeinschaft der Wissenden<br />

Der Hilferuf<br />

Der Besuch<br />

Tante Resi<br />

Der 10jährige Kai Hellsing lebte mit seinen Eltern in einem Vorort von München.<br />

Sie bewohnten ein Dachgeschoß und durch die Schrägen, und zum Teil sichtbaren<br />

Dachbalken, wirkte Kais Zimmer sehr gemütlich. Es herrschte eine anheimelnde<br />

Atmosphäre, in der man leicht ins Träumen fallen konnte. Genau dies passierte Kai. Er


verfiel in Tagträume, die er voll genoss und in diesen Augenblicken fühlte er sich sehr<br />

wohl. Klar hingen an seinen Wänden auch Poster. Allerdings unterschieden diese sich von<br />

den Postern, die heutzutage in Kinderzimmern hängen. Hier sah man nichts von Bands<br />

einer Heavy Metal Band mit Totenköpfen oder Abbildungen von Dark Reader, nein, Kais<br />

Wände schmückten Fabelwesen, wie Einhörner in nebelumwogenen Wäldern, fantastische<br />

Drachen in Sagenwelten und Naturwunder, wie Wasserfälle die von großer Höhe<br />

herabstürzten. Die Möbel waren alle aus Kiefernholz und die gesamte Einrichtung im<br />

Landhausstil gehalten. Alles in allem, ein sehr gemütliches Zimmer.<br />

Trotzdem genoss Kai selbstverständlich all die irdischen Dinge, die einen 10jährigen<br />

interessierten.<br />

So auch an diesem Dienstagnachmittag im April.<br />

Kai hatte Besuch von Markus. Sie kannten sich schon seit der 1.Klasse und waren die<br />

besten Freunde. Beide waren voll und ganz mit dem Gameboy beschäftigt und Kai war<br />

gerade im Begriff Punkte gegenüber Markus gutzumachen, als seine Mutter das Zimmer<br />

betrat und die beiden ansprach:<br />

“Markus, es tut mir leid, aber wir müssten ganz dringend mit Kai sprechen. Bitte sei nicht<br />

böse, wenn für heute Schluss ist. Kai wird dich bestimmt nachher noch zu Hause anrufen.<br />

Grüße Deine Eltern.“<br />

Kai zugewandt sagte sie dann:<br />

“Kai und du kommst bitte gleich mal zu uns rüber. Wir müssen dir etwas sagen.“<br />

Dann schloss sie die Tür wieder. Kai und Markus schauten sich ein wenig verdutzt an,<br />

denn so ernsthaft hatten sie Kais Mutter selten erlebt. Kai konnte sich an einmal erinnern,<br />

das war, als die Mutter seines Vaters, also seine Oma, gestorben war. Nur war damals<br />

noch eine große Traurigkeit dabei. Naja, um zu erfahren was seine Eltern von ihm<br />

wollten, musste er hingehen. Also verabschiedete er sich von Markus, brachte ihn noch<br />

zur Tür und setzte sich dann im Wohnzimmer zu seiner Mutter auf die Couch. Sein Vater<br />

hatte im Sessel gegenüber Platz genommen.<br />

„Kai, mein Junge“, fing sein Vater an zu erzählen, “du kennst doch Tante Resi, die<br />

Schwester <strong>meiner</strong> Mutter?“<br />

„Ja, die Tante Resi aus Moosen.“<br />

„Genau. Nun, die Tante Resi ist gestorben. Wir haben heute die Nachricht von einem<br />

Notar erhalten, da sie ganz allein und zurückgezogen gelebt hat. Nachbarn haben<br />

bemerkt, dass sie überhaupt nicht mehr vor die Tür gekommen ist und auch auf Klopfen<br />

und Rufen nicht reagiert hat. Als sie dann die Feuerwehr und Polizei benachrichtigt<br />

haben, ob nicht mal nachgeschaut werden könnte ob alles in Ordnung ist, weil sie ja auch<br />

nichts gesagt hat, dass sie verreisen wollte, haben die sich dann Zutritt zum Haus<br />

verschafft und die Arme bereits tot, mit einem Lächeln auf ihrem Gesicht, in ihrem Bett<br />

vorgefunden. Dies ist zumindest ein Zeichen, dass sie wohl friedlich eingeschlafen ist.<br />

Plötzlich kam es aber schon, denn ich habe doch erst noch mit ihr telefoniert und da hat<br />

sie sich noch ganz wohl gefühlt. Nun müssen wir als nächste Verwandte die wir sind, du<br />

weißt, Tante Resi hatte keine eigenen Kinder, gleich hinfahren und alle notwendigen<br />

Formalitäten erledigen. Die Beerdigung ist am Freitag und da bleibt uns nicht mehr viel


Zeit. Morgen findet auch bei dem Notar, der uns benachrichtigt hat, die<br />

Testamentseröffnung statt, bei der wir anwesend sein müssen. Der Termin ist schon um<br />

8.30 Uhr. Wir fahren also morgen ganz zeitig in der Früh los. Du musst mitkommen, da<br />

wir dich nicht allein hier lassen können und auch den Rückreisetermin noch nicht genau<br />

kennen. Deine Mutter hat die Schule bereits informiert und diese Woche für dich eine<br />

Freistellung bekommen, denn nächste Woche fangen ja sowieso die Osterferien an. So,<br />

das wäre fürs Erste alles. Geh´ bald schlafen, damit du um 4.00 Uhr munter bist. Wir<br />

fahren gegen 5.00 Uhr los.“<br />

Kai hatte seinem Vater die ganze Zeit aufmerksam zugehört und ihm war auch nicht<br />

entgangen, dass seine Mutter still dabei saß und sich ab und zu Tränen wegwischte. Nun<br />

stand er auf und sagte:<br />

“Es tut mir leid, das mit der Tante Resi. War immer schön bei ihr, wenn wir sie besucht<br />

haben. Ich gehe wieder in mein Zimmer und auch bald ins Bett.“<br />

Dann gab er seiner Mutter und seinem Vater noch einen Kuss und verließ den Raum.<br />

Ein 10jähriger Junge begreift schon alles was man ihm mitteilt, aber nimmt viele Dinge<br />

hin, ohne sich hinterher noch großartig damit zu befassen. Anders Kai. Kai legte sich erst<br />

einmal auf sein Bett, schloss die Augen und dachte an Tante Resi, an ihren schönen<br />

kleinen Hof, den Blumengarten und den nahegelegenen Wald, in dem sie immer<br />

Spaziergänge unternommen hatten. Auch an den warmen Apfelstrudel, den wohl niemand<br />

so gut backen konnte wie Tante Resi. Kai hatte all die Dinge vor Augen und empfand nun<br />

auch eine Traurigkeit darüber, dass Tante Resi nicht mehr am Leben war.<br />

Inzwischen war es 19.00 Uhr geworden und ihm fiel ein, dass er ja noch bei Markus<br />

anrufen wollte. Da er neben einem Computer auch einen eigenen Telefonanschluß in<br />

seinem Zimmer hatte, griff er zum Hörer und wählte Markus Nummer.<br />

Am anderen Ende meldete sich die Mutter und Kai verlangte bitte mit Markus sprechen zu<br />

dürfen.<br />

„Markus, Kai ist am Apparat“, hörte er die Mutter rufen und bald war er mit seinem<br />

Freund verbunden.<br />

„Markus, ich verreise morgen. Das war es, was meine Eltern mir sagen wollten. Unsere<br />

Tante Resi ist gestorben.“<br />

„Musst du nicht in die Schule?“ fragte Markus.<br />

„Nein, meine Mutter hat mich bis zu den Ferien freistellen lassen.“ „Und wann kommst<br />

du wieder?“<br />

„Weiß ich noch nicht, aber nach den Ferien bin ich bestimmt wieder da.“<br />

„Schade, dann bist du ja auch über Ostern weg“, bedauerte Markus.<br />

„Ja, aber es lässt sich nicht ändern.“<br />

„Meldest du dich gleich wieder bei mir, wenn du da bist?“<br />

„Na logo, als Erstes.“<br />

„Alles klar, dann mach´s gut.“<br />

„Ja, du auch.“


Damit verabschiedeten sich die beiden und Kai ging gleich ins Bad um sich die Zähne zu<br />

putzen und anschließend legte er sich schlafen. Es dauerte eine Weile bis er einschlafen<br />

konnte, denn die Gedanken ließen ihn nicht los.<br />

Pünktlich um 4.00 Uhr in der Früh, strich seine Mutter ihm mit der Hand übers Haar und<br />

sagte:<br />

“Aufstehen mein Schatz, es ist Zeit.“<br />

Kai reckte sich in seinem Bett, wischte sich den Schlaf aus den Augen, gähnte ausgiebig<br />

und kam so langsam aus dem Traumland zurück. Er konnte sich aber an keinen Traum<br />

erinnern und nach und nach fiel ihm wieder der Anlass ein, warum er so früh geweckt<br />

wurde. Er verließ sein Bett und ging im Schlafanzug in die Küche, wo seine Mutter ein<br />

Frühstück bereitete und sein Vater bereits, fertig angezogen, am Tisch saß. Kai wünschte<br />

einen Guten Morgen und ging zunächst ins Badezimmer um sich zu waschen, bevor er<br />

sich anzog und dann ebenfalls am Frühstückstisch Platz nahm. Die drei aßen eine<br />

Kleinigkeit und sprachen über die Fahrt und wie der Verkehr wohl auf der Autobahn sein<br />

würde. Kais Mutter packte inzwischen auch noch für alle drei ein paar Sachen zusammen,<br />

die sie für die Fahrt und den Aufenthalt benötigten. Nachdem die Wohnung in Ordnung<br />

gebracht war, traten sie die Fahrt an.<br />

Es regnete etwas an diesem Morgen, dadurch wirkte alles ein wenig trübe und es war<br />

nicht nur das Wetter, das diesen Zustand verursachte. Es war eben anders wie sonst, wenn<br />

sie zur Tante Resi fuhren.<br />

Die Fröhlichkeit und die Freude fehlten an diesem Tag.<br />

Da das Notariat aber erst um 8.30 Uhr geöffnet war, und Kais Vater lieber viel zu früh als<br />

verspätet irgendwo ankam, waren sie natürlich bald zwei Stunden vor der Zeit dort.<br />

“Wir hätten gut eine ganze Stunde später losfahren können“, bemerkte Kais Mutter.„<br />

„Ja, und wenn wir dann in einen Stau geraten wären? Lieber so, als wenn wir unter<br />

Zeitdruck geraten. Du weißt, ich bin gern rechtzeitig an Ort und Stelle. Gutgemachte Zeit<br />

kann man nutzen, aber verlorene Zeit nicht aufholen.“<br />

Das war eben Kais Vater und niemand konnte dem etwas entgegnen. So hatten sie noch<br />

ausgiebig Gelegenheit, in der Gegend herumzufahren und noch ein zweites Frühstück<br />

einzunehmen.<br />

Als es dann soweit war, betraten sie pünktlich um 8.30 Uhr das Notariat. Die Sekretärin<br />

meldete sie telefonisch beim Notar an und führte sie auch anschließend in sein Büro.<br />

Hinter einem imposanten Schreibtisch saß ein eher kleiner, weißhaariger Mann, der sie<br />

freundlich willkommen hieß und sich als Notar Dünkelmann vorstellte und bekannt gab,<br />

dass er mit der Testamentsvollstreckung der Verstorbenen betraut wurde. Er bat die drei<br />

vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Dieser Aufforderung kamen sie nach .<br />

Als Erstes bat er Kais Vater um den Personalausweis, damit gewährleistet war, dass es<br />

sich bei ihm um den Neffen der Verstorbenen, um Herrn Klaus Hellsing handelte.<br />

Nachdem diese Formalität erledigt war, begann der Notar mit seinen Ausführungen.<br />

Er sprach mit sanften, aber bestimmenden Worten:


„Zunächst, liebe Hinterbliebene, möchte ich Ihnen mein aufrichtiges Beileid übermitteln.<br />

Die Verstorbene war eine liebenswerte alte Dame und es ist eine Bereicherung für mich,<br />

sie gekannt zu haben. Ihr Leben verlief in geordneten Bahnen und auch für den Fall ihres<br />

Todes hat sie Vorsorge getroffen, indem sie ein Testament geschrieben hat, das bei mir<br />

hinterlegt wurde und das ich heute verlesen werde.“<br />

Er öffnete einen versiegelten Umschlag, entnahm den Inhalt und begann vorzulesen.<br />

„Mein letzter Wille.<br />

Ich, Therese Waldmüller, geb. am 25.09.1916, bin im Besitz <strong>meiner</strong> geistigen und<br />

körperlichen Kräfte und verfüge, dass im Fall meines Todes, alle meine irdischen<br />

Besitztümer an meinen Neffen, Herrn Klaus Hellsing, und dessen Familie übergehen. Ich<br />

hoffe, ohne es vorzuschreiben, dass der Hof weiterhin im Besitz der Familie bleibt, wie es<br />

seit 120 Jahren der Fall ist. Das Sparbuch in Höhe von DM 186.000,-- dient auch dazu,<br />

evtl. Reparaturen oder Umbauten am Haus vornehmen zu können.<br />

Ferner verfüge ich, auf dem Waldfriedhof meine letzte Ruhestätte zu bekommen und dort<br />

in aller Stille beigesetzt zu werden.“<br />

Nun hob der Notar seinen Kopf, schaute die Hellsings an und fuhr fort: “Dieses Testament<br />

ist von Ihrer Tante unterzeichnet und von mir, als Zeugen dieser Ausführungen, ebenfalls<br />

unterschrieben. Die Grabstelle auf dem Waldfriedhof wurde bereits von der Verstorbenen<br />

gekauft und ich hatte den Auftrag für die Beerdigung Sorge zu tragen. Dies alles wurde<br />

schon geregelt. Ich frage Sie nun, Herr Klaus Hellsing, treten Sie das Erbe Ihrer Tante,<br />

Frau Therese Waldmüller, an?“<br />

Kais Vater drehte sich kurz zu seiner Frau, beide nickten sich zu und er sagte mit fester<br />

Stimme:<br />

“Ja, ich trete das Erbe an.“<br />

Der Notar hatte die nötigen Papiere vorbereitet und legte sie Kais Vater zur Durchsicht<br />

und Unterschrift vor. Nachdem alle Unterschriften erfolgt waren, war der formelle Teil<br />

erledigt.<br />

Der Notar händigte Kais Vater die Hausschlüssel aus, verkündete nochmals den<br />

Beerdigungstermin und erklärte, dass er für weitere Fragen gern mit Rat und Tat zur<br />

Verfügung steht. Dann verabschiedete er sich von den dreien und geleitete sie noch zum<br />

Ausgang.<br />

Bis alle wieder im Auto saßen, realisierte keiner, was da eben passiert war. Erst jetzt<br />

kamen Emotionen hervor, die bis dahin unterdrückt waren. Kais Vater brach in Tränen<br />

aus und auch seine Mutter konnte sich nicht mehr beherrschen. Erst jetzt, mit dem<br />

Hausschlüssel in den Händen, wurde allen diese gewisse Endgültigkeit bewusst. Alle<br />

versuchten sich vorzustellen, wie es bei Tante Resi ohne Tante Resi ist? Wie würden sie<br />

sich in dem Haus fühlen, ohne von der gutmütigen, lieben Tante umsorgt zu werden?<br />

Gedanken über Gedanken gingen ihnen durch den Kopf. Nach etwa zehn Minuten hatte<br />

Kais Vater sich soweit gefasst, dass sie sich auf den Weg zu dem Haus von Tante Resi<br />

machten, das nun ihnen gehörte.<br />

Von außen sah alles aus wie immer, doch als sie die Tür aufschlossen und das Haus<br />

betraten, befiel alle ein merkwürdiges Gefühl, das Gefühl der Stille.


Keine Tante, die freudig auf sie zukam, sie umarmte, küsste und herzlich Willkommen<br />

hieß und kein Duft von Kaffee und Selbstgebackenem im Haus.<br />

Das Haus wirkte wie tot, wie der Anlass, aus dem sie hier waren.<br />

Kais Vater war der Erste, der diese Stille durchbrach. Er sagte:<br />

“Zuerst wollen wir die Koffer hinauftragen und schauen, wer in welchem Zimmer schläft.<br />

Die Fenster müssen auch geöffnet werden, um zu lüften und Marianne (so heißt Kais<br />

Mutter), du kannst inzwischen die Sachen von uns schon mal in die Schränke einsortieren.<br />

Kai, wir zwei sehen uns dann mal ein bisschen um.“<br />

Und noch einmal zu seiner Frau sagte er:<br />

“Schatz, wenn du Hilfe brauchst, dann ruf mich.“<br />

„Ist schon in Ordnung, ich komme schon zurecht.“<br />

Das Haus war zwar alt, aber Tante Resi hat es vor ein paar Jahren schon umbauen lassen,<br />

sodass im Innern wenig an den Ursprung erinnerte. Da gab es eine große, schöne Küche,<br />

wie man sie bei Bauern vorfindet, mit modernen Elektrogeräten, eben eine Einbauküche,<br />

die vom Eingang gesehen, an der linken Wand verlief und sich um die Ecke unter dem<br />

Fenster fortsetzte. Die nächste Ecke füllte eine Eckbank und ein großer Tisch.<br />

Rechts an der Wand stand ein wunderschöner alter Bauernschrank und daneben führte<br />

eine Tür in eine Vorratskammer. Von der Vorratskammer kam man direkt durch einen<br />

Ausgang in den Garten. Dann gab es im Haus noch zwei Badezimmer. Beide gefliest und<br />

modern ausgestattet. Eines im unteren Bereich und das andere war im oberen Stockwerk.<br />

Im Erdgeschoß befanden sich dann noch zwei große Zimmer. Davon nutzte Tante Resi<br />

das eine als Wohnzimmer und, seitdem Onkel Fritz, ihr Mann, gestorben war, hatte sie das<br />

ehemalige Esszimmer in ihr Schlafzimmer umgewandelt.<br />

Der obere Bereich diente mit zwei weiteren Zimmern eigentlich nur noch zur<br />

Unterbringung ihrer Gäste, das hieß, wenn Kai und seine Eltern sie besuchten.<br />

Der Dachboden blieb ungenutzt. Hier stellte sie lediglich ausgediente Sachen unter, von<br />

denen sie sich nicht trennen konnte.<br />

Der Keller war einfach nur Keller. Hier befand sich die Heizung, ein Hobbykeller, noch<br />

aus der Zeit als Onkel Fritz da war, und eine Waschküche, wie man sie früher kannte.<br />

Kai ging mit seinem Vater durch das ganze Haus und sie fanden überall die Ordnung, die<br />

sie von Tante Resi kannten. Inzwischen hatte Kais Mutter im oberen Stockwerk, in beiden<br />

Zimmern, Betten hergerichtet. In einem Zimmer wollten die beiden Erwachsenen schlafen<br />

und im anderen Kai. Das Schlafzimmer der Tante wollten sie nicht benutzen. Sie hatten<br />

das Gefühl, als könnten sie sie von ihrem Platz verdrängen und das wollten alle nicht.<br />

Tante Resis guter Geist war noch da und das respektierten sie.<br />

Gegen Mittag fuhr Kais Vater noch einmal weg, um ein paar Lebensmittel für sie zu<br />

besorgen, da es ja ein etwas längerer Aufenthalt war.<br />

Während dieser Zeit setzte sich Kai im Garten auf eine Bank und betrachtete die<br />

Umgebung. Sein Blick schweifte durch die Kronen der Obstbäume, die in großer Anzahl


im Garten vertreten waren. Er sah, wie die Vögel von einem Ast zum anderen flogen und<br />

dabei ein unvergleichliches Konzert gaben. Ein Vogel fiel ihm besonders auf. Er setzte<br />

sich ganz an die Spitze eines Astes des Birnbaumes, der genau vor dem Fenster des<br />

Zimmers stand, in dem Kai schlafen sollte. Es war eine kleine Meise, die unerschütterlich<br />

ihr Liedchen trällerte und es kam Kai so vor, als sänge sie für ihn. In diesem Augenblick<br />

konnte Kai wieder abschalten und er war in seinem Tagtraum. Er stellte sich vor, wie der<br />

Birnbaum die schönsten Früchte trägt und der Wind sie leise hin und her wiegt, wie<br />

Schmetterlinge und Vögel miteinander durch den Garten fliegen und zu den<br />

Vogelstimmen das Zirpen der Grillen zu hören ist.<br />

So setzte er seine Phantasien fort, bis er den Wagen seines Vaters herannahen hörte.<br />

Er ging zu ihm hin und half den Einkauf ins Haus zu tragen.<br />

Nachdem seine Mutter das Essen bereitet und alle gegessen hatten, blieben sie noch eine<br />

Weile am Küchentisch sitzen und sprachen über den vergangenen Tag. Da die Aufregung<br />

und Anstrengung allen anzumerken war, beschlossen sie, zeitig ins Bett zu gehen.<br />

Erschöpft schliefen sie auch bald ein, bis sie am nächsten Morgen vom Vogelgezwitscher<br />

geweckt wurden.<br />

Der Donnerstag verlief eher ruhig. Kai bemerkte nur, wie seine Eltern sich öfter allein<br />

unterhielten und dabei ein nachdenkliches Gesicht machten. Doch es störte nicht weiter,<br />

denn sonst lief alles ziemlich normal ab.<br />

Als Kai sich in seinem Zimmer befand und aus dem Fenster schaute, bemerkte er wieder<br />

die kleine Meise, die genau auf diesem Ast saß, auf dem er sie am Vortag gesehen hatte,<br />

und wieder sang sie wunderschön.<br />

Der letzte Wunsch<br />

Nun war der Freitag da, der Tag, an dem Tante Resi beerdigt wurde. Kais Eltern haben sie<br />

noch einmal in der Aufbewahrungshalle angeschaut und Abschied genommen. Kai<br />

wollten sie dies ersparen. Er sollte Tante Resi lustig und lebendig in Erinnerung behalten.<br />

Nachdem in der Kapelle die Trauerandacht abgehalten war, setzte sich der Trauerzug in<br />

Bewegung. Unter Glockengeläut wurde der Sarg mit Tante Resi zum Grab geleitet. Unter<br />

den Trauergästen befanden sich auch einige Nachbarn, die es sich nicht nehmen lassen<br />

wollten, Tante Resi auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Am Grab sprach der Pfarrer noch<br />

ein paar Worte und ein Gebet, bevor der Sarg in die Erde verbracht wurde. Jeder der<br />

Anwesenden schmiss entweder Blumen, oder ein Schäufelchen Sand auf den Sarg und<br />

verließ somit die letzte Ruhestätte der Tante Resi.<br />

Die Mutter von Kai hatte ganz verweinte Augen und auch sein Vater schluckte die<br />

Traurigkeit hinunter. Dies konnte man ihm ganz deutlich anmerken. Kai hielt seine<br />

Tränen auch nicht zurück und es war das erste Mal, dass er richtig weinen konnte und das<br />

war gut, denn die Trauer musste heraus.


Auf dem Rückweg waren alle ganz still und jeder hing seinen Gedanken nach. Tante Resi<br />

hat ihren Frieden und die ewige Ruhe gefunden und nun war es an ihnen, auch ihren<br />

letzten Wunsch zu erfüllen, nämlich den Hof nicht zu verkaufen, sondern ihn zu<br />

bewohnen.<br />

Als sie im Haus angekommen waren, nahm Kais Vater ihn in den Arm und sagte:<br />

“Kai, du warst dabei, als der Notar das Testament verlesen hat. Du weißt, was Tante Resi<br />

sich gewünscht hat. Deine Mutter und ich haben uns entschlossen, in dieses Haus zu<br />

ziehen und den Hof weiterhin in der Familie zu halten. Für uns alle gibt es eine große<br />

Veränderung in unserem Leben, aber letztendlich ist es wohl so am besten. Stell dir vor,<br />

wir brauchen keine Miete mehr bezahlen, haben einen eigenen Grund und Boden, haben<br />

keine so unmittelbaren Nachbarn und leben in der schönsten Natur. Ich muss zwar etwas<br />

weiter fahren um zur Arbeit zu kommen, aber dafür werde ich auch wieder in anderer<br />

Form entschädigt, durch die Ruhe und Entspannung, die ich hier habe. Du wirst die<br />

Schule wechseln müssen und sicherlich findest du hier ganz schnell ein paar Freunde. Für<br />

deine Mutter ändert sich nicht sehr viel, sie ist dort, wie hier zu Hause und sorgt für uns.“<br />

Kai wirkte wie versteinert.<br />

„Papa, was ist mit Markus und den ganzen Schulkameraden, meinen Lehrern und<br />

überhaupt?“<br />

„Mein Schatz, Markus kann dich in den Ferien besuchen kommen, dann seid ihr Tag und<br />

Nacht beisammen und verliert euch nicht aus den Augen. Außerdem gibt es Telefon und<br />

Post, oder meinetwegen auch E-mail. Ihr seid zwar dann nicht mehr jeden Tag zusammen,<br />

aber wenn ihr euch seht, ist es viel intensiver. Schulkameraden findest du hier auch und<br />

was die Lehrer angeht, soll es auch hier ganz nette geben. Außerdem haben Mama und ich<br />

beschlossen, dass wir dir das Dachgeschoß ausbauen und du dann ein ganzes Reich für<br />

dich allein hast. Was hältst du davon? So ein Zimmer konnten wir dir in einer<br />

Mietwohnung nie bieten. Aber Kai, ein bisschen Zeit bleibt ja noch. Wir können<br />

frühestens im Herbst umziehen. So hast du noch viel Zeit, dich mit dem Gedanken<br />

vertraut zu machen.“<br />

Kai war hin und hergerissen und konnte seine Empfindungen nicht ordnen. Teilweise<br />

erschreckte ihn die Vorstellung, alles Gewohnte aufzugeben, andererseits faszinierte ihn<br />

der Gedanke an sein schönes neues Zimmer und die Besuche von Markus. Was er<br />

überhaupt nicht beurteilen konnte, war der Schulwechsel. Aber wie sein Vater schon<br />

sagte, noch ist es nicht so weit. Außerdem würden sie so wirklich den letzten Wunsch von<br />

Tante Resi erfüllen.<br />

Sie blieben noch das ganze Wochenende in ihrem zukünftigen Heim und schmiedeten<br />

auch schon Pläne, wie sie das Dachgeschoß gestalten wollten. Natürlich bleiben alle<br />

Schrägen und alle Dachbalken erhalten und am Ende wird es Kais jetzigem Zimmer<br />

ähneln, nur, dass dieses viel größer sein wird und er ein eigenes Badezimmer, was dann<br />

das dritte wäre, bekommen würde. Mit am schönsten sind die Dachfenster, insgesamt fünf<br />

an der Zahl. Eines davon ist am Giebel, die anderen vier befinden sich jeweils am


vorderen und hinteren Dach. Hierdurch kann man den Sternenhimmel sehen und den<br />

Mond, oder die Sonne. Kai beteiligte sich sehr stark an der Planung und die Vorstellung,<br />

dass dies sein Zimmer wird, nahm immer mehr Gestalt an. Es wirkte fast so, als freue er<br />

sich nun schon auf sein neues Zuhause.<br />

Am Montagmorgen war es Zeit für die Heimreise. Nachdem alle Fenster verschlossen<br />

waren und zum Schluss die Türe, fuhr Kais Vater nur noch kurz bei dem nächsten<br />

Nachbarn vorbei und sagte Bescheid, dass sie abreisen. Er hinterließ noch seine Anschrift<br />

und Telefonnummer und bat, wenn etwas sein würde, dass er verständigt werde.<br />

Ansonsten käme er in Abständen vorbei, um nach dem Rechten zu sehen, bis die Familie<br />

umzieht. Das die Hellsings die neuen Nachbarn werden, löste Freude und Erleichterung<br />

bei dem Bauern aus, denn man hatte im Dorf schon darüber gesprochen, mit welchen<br />

Leuten die Dorfbewohner wohl in Zukunft auskommen müssten. Wer die bayerische<br />

Dorfgemeinschaft kennt, weiß worum es geht. Ist jemand dabei, der sich nicht anpassen<br />

kann, der hat keine Chance.<br />

Der Bauer wünschte ihnen nun eine gute Heimfahrt und ging in seine Stube zurück.<br />

Blutsbrüder<br />

Nach etwa eindreiviertel Stunden waren Kai und seine Eltern wieder zu Hause.<br />

Das Erste was passierte war, dass Kai das Telefon ergriff und gleich bei Markus anrief,<br />

wie er es versprochen hatte.<br />

„Hallo Markus, ich bin´s, Kai. Bin wieder zu Hause.“<br />

„Das ist ja toll“, sagte Markus „pünktlich zu Ferienbeginn. Hey, dann können wir ja<br />

richtig was unternehmen“.<br />

„Willst du heute Nachmittag nicht mal rüberkommen?“ fragte Kai, „ich muss dir ganz viel<br />

erzählen“.<br />

„Klar komm ich, kann es kaum erwarten dich zu sehen und bin auch schon mächtig<br />

neugierig“.<br />

„Na dann bis später“, beendete Kai das Telefonat.<br />

Als Markus nachmittags kam, begrüßten sich die beiden Freunde, als hätten sie sich eine<br />

Ewigkeit nicht gesehen. Sie lachten und scherzten und in diesem Moment vergaß Kai alles<br />

Erlebte der vergangenen Tage und auch, dass er in naher Zukunft wegziehen würde. Als<br />

sie sich beruhigt hatten und inzwischen in Kais Zimmer waren, begann dieser seinem<br />

Freund alles zu berichten. Er erzählte vom Notar, von der Beerdigung und davon, dass er<br />

im Herbst wegziehen würde. Plötzlich war es ganz ruhig im Zimmer. Markus war<br />

anzumerken, wie er langsam begriff, dass sein bester Freund bald nicht mehr da ist. Auch<br />

für ihn war dieser Gedanke unvorstellbar. Er war einfach nur traurig.<br />

Da fing Kai an ihn genauso zu trösten, wie der Vater es bei ihm gemacht hat, indem er<br />

Markus erzählte, wie schön es wird, wenn er ihn besucht und was sie dann alles anstellen<br />

und erleben können. Dies war nicht wirklich ein Trost für Markus, zu frisch war noch der


Schock, den besten Freund zu verlieren. So nach und nach beruhigte er sich etwas und<br />

sagte, er müsse jetzt erst einmal nachdenken. So ging er nach Hause und versprach, am<br />

nächsten Tag wiederzukommen.<br />

Gesagt, getan. Am nächsten Tag erschien Markus wieder bei Kai und sagte sehr bestimmt<br />

und voller Ernst:<br />

“Kai, ich habe nachgedacht. Es lässt sich wohl nicht ändern, dass du wegziehst, doch<br />

vorher müssen wir Blutsbrüder werden. Denn den Bann des Blutes kann keiner brechen.“<br />

Kai fragte: “Was soll das heißen, Blutsbrüder werden, wie stellst du dir das denn vor?“<br />

„Ganz einfach“, antwortet Markus, „pass auf, ich steche mir mit einer Nadel in den<br />

Finger, bis ein Blutstropfen rauskommt und du stichst dir mit der Nadel in den Finger bis<br />

er blutet. Dann packen wir die Finger aufeinander und mischen unser Blut. Das sind<br />

Blutsbrüder.“<br />

Zwar nicht unbedingt begeistert, aber angetan von dem Gedanken Blutsbruder mit Markus<br />

zu sein, holte Kai eine Nadel aus dem Nähkorb seiner Mutter und los ging es. Als Erster<br />

stach Markus zu.<br />

„Autsch, ist gar nicht so einfach diese Blutsbrudersache“.<br />

Aber dann biss er die Zähne zusammen und stach noch einmal zu. Nachdem er nun an<br />

seinem Finger herumdrückte, erschien wirklich ein kleiner Blutstropfen.<br />

„So, nun bist du dran“ sagte er zu Kai und hielt ihm die Nadel hin.<br />

Ein bisschen skeptisch guckte dieser schon, aber stach letztendlich auch zu, bis sich auch<br />

auf seinem Finger ein Blutstropfen bildete. Beide pressten nun die Finger aufeinander und<br />

schwörten, dass sie immer Freunde blieben. Nach dieser Prozedur ging es beiden besser,<br />

denn nun verband sie ja das Blut und diese Tatsache ließ sie den Gedanken an den Umzug<br />

leichter ertragen.<br />

Kais Vater war zwischenzeitlich des Öfteren in Moosen im Haus und hatte den Ausbau<br />

von Kais Zimmer überwacht, der nun beendet war. Außerdem begann er schon<br />

Vorbereitungen für den bevorstehenden Umzug zu treffen, denn inzwischen waren ein<br />

paar Monate verstrichen und es war bereits Juli. Die großen Ferien hatten begonnen und<br />

in seiner Schule hatte Kai sich schon verabschiedet. Nach den Ferien wird er bereits die<br />

neue Schule besuchen und der erste Schritt in Sachen Umzug war erfolgt. Seine<br />

Klassenkameraden und die Lehrer hatten Kai Auf Wiedersehen gesagt und sein Zeugnis,<br />

was er erhalten hatte, sprach dafür, dass er sich in dieser Schule sehr wohlfühlte und ein<br />

guter Schüler war. Was ihn nun erwartete blieb ungewiss.<br />

Der Umzug<br />

Nun war der Tag gekommen. Kai zog um. Die Möbelwagen standen vor dem Haus und<br />

die Möbelpacker waren emsig damit beschäftigt, die Sachen einzuladen. Markus stand bei<br />

Kai im leeren Zimmer und Tränen strömten über beider Gesicht. Sie hatten die letzten<br />

Monate ständig zusammengehockt und die Zeit genutzt, die ihnen noch gemeinsam blieb.<br />

„Nun gehst du weg für immer“ schluchzt Markus.


Beide fielen sich in die Arme und verharrten einige Minuten in dieser Stellung. Dann<br />

raffte Kai sich auf und sagte:<br />

„Markus, denke daran, wir sind Blutsbrüder und da macht es gar nichts aus wo wir sind,<br />

Hauptsache, wir denken aneinander und das kann uns niemand nehmen.“<br />

Weinend erwiderte Markus: “Du fehlst mir schon jetzt. Wie wird es dann erst, wenn du<br />

wirklich weg bist?“<br />

Die beiden Jungen konnten sich nicht beruhigen, bis Kais Mutter erschien.<br />

Sie nahm beide in den Arm und versuchte sie zu trösten, indem sie Markus schon für die<br />

Herbstferien zu sich einlud. Sie sagte sie hätte bereits mit Markus Eltern gesprochen und<br />

die haben schon ja gesagt, so, dass es bereits eine beschlossene Sache wäre. Diese<br />

Tatsache beruhigte die beiden wirklich, denn in ein paar Wochen waren ja bereits schon<br />

wieder Herbstferien. Etwas gefasster beschäftigten sich die zwei Jungen nun noch<br />

miteinander, bis es soweit war, dass Kai mit seinen Eltern davonfuhr. Lange schaute<br />

Markus hinterher und winkte, bis er sie nicht mehr sah.<br />

Kai und seine Eltern waren eine ganze Weile vor den Möbelwagen angekommen und sie<br />

nutzten die Zeit im Haus nachzuschauen, ob auch alles so umgeräumt und verstaut war,<br />

dass der Platz für ihre Möbel reichte. Die nicht benötigten Sachen von Tante Resi hatten<br />

sie in der, beim Haus befindlichen Scheune untergebracht, weil sie sich auch noch nicht<br />

davon trennen wollten. Es waren sehr schöne Stücke darunter und wer weiß, was man<br />

noch einmal gebrauchen konnte. In der Scheune war ja genug freie Fläche und da störten<br />

sie auch nicht. Kai erlebte eine Überraschung, als er in sein Reich geführt wurde. Er<br />

bekam vor Staunen den Mund nicht mehr zu. So schön hatte er es sich im Traum nicht<br />

vorstellen können. Der Raum war bis zum Dach hin offen, dass heißt, es wurde keine<br />

Zwischendecke eingezogen. Lediglich die Ziegel waren verkleidet. Die Stützbalken<br />

stellten die einzigen Abgrenzungen des Zimmers dar, sodass dieses riesengroß erschien.<br />

Nur das Badezimmer war abgetrennt. Hier hatte Kai seine eigene Dusche, die eigene<br />

Toilette und Waschbecken.<br />

„Perfekt“, war das einzige Wort, dass über seine Lippen kam und der Trennungsschmerz<br />

von Markus war für den Moment vergessen. Es stellte sich ein zufriedenes Lächeln auf<br />

Kais Gesicht ein. Wie würden hier seine Poster und seine Zimmereinrichtung wirken,<br />

besser konnte es nicht sein.<br />

Dann kamen auch schon die Möbelwagen auf den Hof gefahren und alle mussten runter,<br />

um anzupacken und auch die nötigen Anweisungen zu geben, was wohin gebracht werden<br />

musste. Am Abend waren dann alle Möbel und Kartons ausgeladen und standen dort, wo<br />

es geplant war. Die Möbelpacker waren bereits weg und im Haus kehrte wieder Ruhe ein.<br />

Es war zwar alles noch ziemlich chaotisch, weil ja noch überall die Kartons rumstanden,<br />

die nun erst so nach und nach ausgepackt werden mussten. Was aber bereits fertig zur<br />

Benutzung war, waren die Betten.<br />

So<br />

konnte Kai sich, als die Müdigkeit ihn übermannte, in sein Reich zurückziehen und die<br />

erste Nacht in der neuen Umgebung verbringen. Als er im Bett lag war es schon dunkel<br />

draußen und er sah durch sein Fenster den Sternenhimmel.<br />

Mit diesem Eindruck schlief er erschöpft ein.


Da noch Ferien waren, bestand keine Veranlassung Kai zu wecken und seine Eltern ließen<br />

ihn schlafen, bis er von allein erwachte. Er öffnete die Augen und wusste im ersten<br />

Moment gar nicht, wo er sich befand. Er lag im Bett und langsam kamen die Gedanken,<br />

dass er nun in Moosen, in Tante Resis Haus wohnte. Alles war wieder real. Er schaute<br />

sich um und stellte fest, dass noch einiges zu tun war, bevor sein Zimmer vollständig<br />

bewohnbar war. Es musste noch jede Menge ausgepackt werden. Wieder fiel sein Blick<br />

auf das Dachfenster, welches sich unmittelbar über seinem Bett befand. Die ersten<br />

Sonnenstrahlen blitzten hindurch und ein blauer Himmel versprach einen schönen Tag.<br />

Doch was saß dort an der Fensterscheibe? Es war ein Schmetterling in leuchtend schönen<br />

Farben, die durch das Sonnenlicht noch bunter erstrahlten. Kai war entzückt und konnte<br />

nicht wegschauen. Es sah aus, als genoss der Schmetterling die Wärme der Sonne. Er<br />

breitete weit seine Flügel aus, faltete sie wieder zusammen und verharrte eine ganze Weile<br />

still an der Scheibe. Kai dachte bei sich, dass er sich hier, wo die Natur so spürbar war,<br />

sicher sehr wohlfühlen könnte. So beschwingt stand er auf und beschloss, dass er diesen<br />

schönen Tag genießen wollte. Die Gedanken an die neue Schule waren beiseite geschoben<br />

und auch die damit verbundene Angst, die in letzter Zeit immer spürbarer wurde, da sein<br />

erster Schultag nur noch fünf Tage entfernt war.<br />

Als Kai die Treppe hinunterging sah er, dass seine Eltern fleißig am arbeiten waren. Wie<br />

es schien, hatten sie die halbe Nacht gearbeitet, denn ein Großteil der Kartons war bereits<br />

ausgepackt und das Umzugsgut schon wieder an Ort und Stelle einsortiert.<br />

„Morgen Kai“, begrüßte ihn seine Mutter. „Na mein Schatz, wie hast du geschlafen?“<br />

„Tief und fest“, kam die Antwort.<br />

„Kai, in der Küche steht dein Frühstück und wenn du gegessen hast, nehmen wir beide<br />

dein Zimmer in Angriff, einverstanden?“<br />

Kai bejahte und ging in die Küche, wo sein Vater gerade dabei war, die Waschmaschine<br />

anzuschließen. Hier fanden sie sie besser aufgehoben als im Keller und für die Mutter war<br />

es auch bequemer so.<br />

„Morgen Pap´s“ sagte Kai,<br />

„Morgen mein Großer“, kam es von seinem Vater. „Was hast du dir für heute denn<br />

vorgenommen?“ fragte er.<br />

„Nach dem Frühstück gehe ich mit Mutter in mein Zimmer und wir fangen mit dem<br />

Aufräumen an“.<br />

„Na dann viel Spaß“ wünschte sein Vater.<br />

So geschah es auch und am späten Nachmittag waren fast alle Gegenstände an ihrem<br />

Platz. Kais Bett stand direkt unter dem Dachfenster, das dem anderen gegenüberlag, aus<br />

dem Kai immer den Himmel sah. So leuchteten die Sterne nachts vor ihm und über<br />

seinem Haupt. Neben dem Bett stand ein Nachttischchen und unter dem zweiten<br />

Dachfenster war sein Schreibtisch aufgebaut. Unter dem Giebelfenster stand eine alte<br />

Truhe, die aus dem Nachlass von Tante Resi stammte. Diese Truhe war zwar verschlossen<br />

und ließ sich nicht öffnen, weil der Schlüssel noch nicht aufgetaucht war, aber das machte<br />

im Augenblick nichts. Sie sah einfach nur schön aus. An der verbleibenden Wand war<br />

Kais Kleiderschrank aufgestellt, daneben noch eine Kommode und ein Bücherregal.


Fleckerlteppiche bedeckten den Boden und alles miteinander harmonierte perfekt. An den<br />

Wänden hingen natürlich die Poster, die dem Ganzen eine etwas mystische Atmosphäre<br />

verliehen.<br />

Kurzum, es war gelungen.<br />

Am Abend setzte Kai sich an seinen Schreibtisch und begann einen Brief an seinen<br />

Freund Markus zu schreiben.<br />

Lieber Markus,<br />

mein Zimmer ist jetzt fertig und ich sitze hier an meinem Schreibtisch und<br />

schreibe dir diesen Brief. Ich wünschte, du wärst hier und könntest sehen, wie<br />

toll es geworden ist. Aber es dauert ja nicht mehr lange und du kommst mich<br />

besuchen. Ich freue mich schon riesig darauf.<br />

Nächste Woche beginnt die Schule und ich bin schon gespannt, wie es hier ist.<br />

Ein bisschen Angst habe ich schon davor, vor all dem Neuen. Doch ich<br />

schreibe dir dann gleich wieder wie es war. Wenn das Telefon angeschlossen<br />

ist, rufe ich dich gleich an und du sagst mir, ob es mit deinem Computer<br />

geklappt hat, den du bekommen solltest. Dann können wir uns immer E-mails<br />

schicken und müssen nicht lange auf Post warten.<br />

Das war´s für heute.


Dein Freund Kai (Blutsbruder)<br />

Kai steckte den Brief in einen Umschlag, schrieb noch die Adresse auf und klebte ihn zu.<br />

Anschließend ging er damit zu seinem Vater und bat, ob dieser ihn am nächsten Tag<br />

einstecken könne. Den Wunsch erfüllte sein Vater ihm gern und zwischenzeitlich war es<br />

schon wieder an der Zeit schlafen zu gehen.<br />

Die neue Schule<br />

Die nächsten Tage verbrachte Kai unter anderem damit, ausgiebige Waldspaziergänge zu<br />

machen, in dem Wald, der ihm schon bekannt war, durch Wanderungen mit seinen Eltern,<br />

wenn sie früher Tante Resi besucht hatten. Schnell fand er heraus, dass es ihm hier immer<br />

sehr gut ging. Um ihn herum nur Natur. Für einen Jungen in seinem Alter war dies etwas<br />

Ungewöhnliches, dieses Empfinden für die Natur aufzubringen, aber so war Kai eben. Er<br />

genoss es geradezu, sich unter einen Baum ins Moos zu setzen, den Tieren des Waldes<br />

zuzuschauen, ob es sich hier um Eichhörnchen, Spechte oder Schmetterlinge handelte war<br />

egal, und seinen Tagträumen nachzugehen. Hier war es schön.<br />

Nun wurde es ernst. Der erste Schultag in der neuen Schule war da. Kai hatte die Nacht<br />

sehr schlecht schlafen können. Er war viel zu aufgeregt und die Gedanken, wie der Tag<br />

wohl ablaufen würde, beschäftigten ihn. Seine Mutter hatte ihn pünktlich geweckt. Er<br />

hatte sich bereits gewaschen und angezogen und saß nun in der Küche am Tisch. Er sollte<br />

frühstücken, bekam jedoch keinen Bissen hinunter. Seine Mutter steckte ihm das<br />

Schulbrot ein und er wurde am ersten Tag von seinem Vater in die Schule gefahren.<br />

Später würde er dann immer den Schulbus benutzen, der die Kinder aus dem Dorf<br />

mitnahm. Zu Beginn wollten seine Eltern ihm dies aber noch nicht zumuten. Da sein<br />

Vater an diesem Tag etwas später in der Firma sein musste, passte es auch ganz gut.<br />

Abholen wollte ihn dann seine Mutter, die inzwischen auch ein kleines Auto für die, zu<br />

tätigenden Einkäufe besaß.<br />

Sie fuhren also zur Schule. Von der Fahrt bekam Kai nichts mit. Dann war es soweit. Der<br />

Wagen hielt an und Kai schaute auf ein rotes Backsteingebäude, das von einem hohen<br />

Zaun umgeben war und vor dem Eingang wuselte es von Kindern, die auf dem Weg in<br />

ihre Klassenzimmer waren.<br />

„Nun Kai, soll ich dich hinein- begleiten?“ fragte der Vater.<br />

„Nein“, kam zur Antwort, „sonst haben sie gleich einen Grund mich zu hänseln“.<br />

„Na gut, dann wünsche ich dir einen schönen ersten Schultag. Mache deine Sache gut. Zu<br />

Hause erwartet dich heute dann deine Schultüte. Die wolltest du ja nicht dabei haben“.<br />

Kais Vater lachte, gab Kai noch einen Kuss und ließ ihn aussteigen.<br />

Kai hatte das Gefühl, als wären seine Beine aus Blei. Mit jedem Schritt auf das<br />

Schulgebäude zu raste sein Puls schneller und es fühlte sich an, als würde jeden Moment<br />

sein Herz herausspringen. Er hatte die große Eingangstreppe erreicht. Bisher hatte er<br />

keines der Kinder um ihn herum wahrgenommen. Sein Ziel war es, ins Klassenzimmer zu


gelangen. Der Weg war ihm genau beschrieben worden, sodass er wusste, wo es langging.<br />

Da stand er nun. Die Tür zur Klasse war geschlossen. Er nahm allen Mut zusammen und<br />

klopfte.<br />

„Herein“ hörte er eine Stimme rufen und er öffnete die Tür.<br />

Da saßen sie alle, seine neuen Mitschüler und alle guckten bloß auf Kai. Der Lehrer trat<br />

ihm entgegen, legte den Arm um seine Schultern und sagte:<br />

“Liebe Kinder, darf ich euch euren neuen Klassenkameraden, Kai Hellsing, vorstellen?<br />

Kai ist mit seinen Eltern nach Moosen gezogen und gehört ab heute zu unserer<br />

Gemeinschaft.“ Zu Kai gewandt sagte er: “Kai, mein Name ist Herr Krüger und ich heiße<br />

dich willkommen bei uns. Schau mal, dort neben dem Peter ist noch ein Platz frei, wenn<br />

du dich da hinsetzen möchtest? Peter, sei so nett und zeige Kai wo er seine Sachen<br />

unterbringen kann. Kai wird uns in den nächsten Tagen bestimmt erzählen, wie es in<br />

seiner alten Schule war und wie weit er mit dem Unterrichtsstoff ist. Doch heute soll er<br />

sich erst einmal umschauen und mit allem vertraut machen.“<br />

Mit diesen Worten war die Vorstellung beendet und Kai steuerte mit sturem Blick auf den<br />

freien Platz zu. Hier saß er nun und bemerkte, wie ihn die Klassenkameraden beäugten.<br />

Na, das kann ja heiter werden dachte er bei sich und legte das Schulbuch vor sich hin, wie<br />

es Herr Krüger verlangt hatte. In der ersten Stunde war Mathematik angesagt und die<br />

Sachen, die hier durchgenommen wurden, waren Kai schon bekannt, sodass er alles gut<br />

verfolgen konnte. So verhielt es sich auch in den Folgestunden. Hier gab es also wenig<br />

Probleme, aber die Pausen. Kai stand ganz allein in einer Ecke des Schulhofes und die<br />

anderen bildeten Cliquen. Sie schauten zu Kai hinüber, tuschelten und lachten.<br />

Vielleicht konnte man vom ersten Schultag ja nicht mehr verlangen, tröstete sich Kai und<br />

war froh, als die Schule beendet war und seine Mutter vor dem Schulgebäude bereits auf<br />

ihn wartete.<br />

„Na, mein Schatz, wie war´s?“ begrüßte sie ihn.<br />

„Es ging so. Der Lehrer ist ja ganz nett“.<br />

Die Mutter hatte zwar erwartet, dass mehr von Kai kam, aber ließ ihn schließlich auch in<br />

Ruhe, denn sie wusste wie schwer dieser Tag für ihn war.<br />

Zu Hause wurde Kai dann doch gesprächiger und erzählte von der Begrüßung und<br />

Vorstellung und auch, dass er in den Pausen allein rumstand. Die Mutter tröstete ihn aber<br />

wieder einmal und sagte, dass dies am ersten Tag ganz normal sei und mit der Zeit würde<br />

er bestimmt Freunde finden.<br />

Dem war aber nicht so. Die Tage und Wochen vergingen und Kai fühlte sich nach wie vor<br />

als Außenseiter. Durch seine ruhige, verträumte Art wurde es fast noch schlimmer. Zum<br />

großen Teil waren es Bauernburschen, die die Schulbank mit Kai teilten, und die konnten<br />

mit einem Stadtjungen wie Kai es war, der außerdem noch still war, gar nicht viel<br />

anfangen. Im Gegenteil, sie begannen sogar ihm Spitznamen, wie Träumer oder<br />

Schweiger zu geben. Kinder können grausam sein, ohne dass es ihnen bewusst wird.<br />

Doch nun standen schon die Herbstferien vor der Tür und Kai konnte es kaum erwarten,<br />

seinen allerbesten Freund Markus wiederzusehen. Je näher die Ferien kamen, umso<br />

fröhlicher wurde Kai und schließlich war es soweit. Markus war da. Na das war eine


Wiedersehensfreude, viel schlimmer als damals, als Kai von Tante Resis Beerdigung<br />

zurückkam. Die beiden liefen johlend durchs Haus, als wäre ein ganzer Indianerstamm<br />

unterwegs und Markus war beeindruckt von Kai seinem neuen Heim. Kais Zimmer war -<br />

ganz große Klasse - wie Markus sich auszudrücken pflegte. Beide erlebten unvergessene<br />

Ferien. Sie waren den ganzen Tag im Wald unterwegs. Obwohl Markus eher der Typ war,<br />

der gern Räuber und Gendarm spielte und Kai lieber alles etwas ruhiger anging, ergänzten<br />

sie sich prima und hatten den größten Spaß miteinander. Sie machten Laubschlachten,<br />

erkundeten Erdhöhlen, aber beobachteten auch die Waldbewohner. Von Kai aus hätte<br />

diese Zeit nie enden sollen, aber auch sie war einmal vorbei.<br />

Der Abschied von Markus war wieder sehr schwer und mit dem Ferienende wurde aus<br />

dem, so fröhlichen Kai, wieder ein ehr verschlossenes, beinahe bekümmertes Kind.<br />

Durch die Hänseleien seiner Klassenkameraden wurde der Zustand in keinster Weise<br />

verbessert, im Gegenteil, je mehr sie sich über Kai lustig machten, um so mehr zog Kai<br />

sich zurück und geriet dadurch in einen Kreislauf, der nicht aufzuhalten war. Seine Noten<br />

verschlechterten sich auch ständig. Kais Eltern bemerkten die Veränderung natürlich auch<br />

und machten sich Sorgen. Sie trugen sich schon mit dem Gedanken, Kai auf eine andere<br />

Schule zu schicken, wenn sich der Zustand nicht verbesserte. Dies würde aber einen<br />

erneuten Schulwechsel bedeuten, der zu weiteren Belastungen führte und so warteten sie<br />

noch ab.<br />

Es war im Frühjahr, als Kai eines Tages von seinem Lehrer mitgeteilt bekam, dass er wohl<br />

nicht versetzt würde, wenn seine Noten sich nicht verbessern würden. Nun brach alles<br />

über Kai zusammen und er beschloss, nicht mehr nach Hause zu gehen, denn er wollte<br />

seine Eltern doch nicht enttäuschen und er meinte fest, dies mit der gefährdeten<br />

Versetzung zu tun.<br />

Statt nach Hause, ging Kai in den Wald, den Ort, wo er sich immer wohl gefühlt hatte.<br />

Nur heute war dies auch anders. Kai achtete auf keinen Weg, ging orientierungslos immer<br />

weiter und weiter. Inzwischen war schon eine Stunde verstrichen. Plötzlich stolperte er<br />

über eine Baumwurzel, die sich auf dem Waldboden ausbreitete und prallte beim Sturz<br />

mit dem Kopf auf einen Stein.<br />

Reglos lag Kai auf dem moosbedeckten Boden. Wie lange vermag niemand zu sagen.


R.D.V. Heldt<br />

Hörnchen<br />

Das Buch<br />

1<br />

Unter einer großen Eiche, im dichten Wald, lebte die Familie Schneck.<br />

Vater, Mutter Schneck und viele, viele kleine Schneckenkinder


ewohnten ein wunderschönes Steinpilzhaus, welches zwei Etagen besaß<br />

und in dem auch der Pilzhut ausgebaut war. Eines der Schneckenkinder<br />

war Hörnchen.<br />

Gemeinsam mit den Geschwistern hatte es eine schöne Kindheit. Wenn<br />

das Wetter es zuließ, verbrachten sie die meiste Zeit draußen in der<br />

Natur. Hier trafen sie sich mit Freunden, wie dem Würmchen<br />

Kringelein, das so hieß, weil es so gelenkig war, dass es sich wie eine<br />

Spirale zusammenkringeln konnte, dem Maulwurf Keinauge, der seinen<br />

Namen bekam, weil er total blind war, dem Igel Vegetar, der entgegen<br />

seiner Natur keine Schnecken fraß und dem Schmetterling Sonnenschön,<br />

der noch schöner und bunter strahlte, wenn die Sonne auf seine Flügel<br />

schien.<br />

Wenn diese Rasselbande sich traf, blieb kein Grashalm gerade und die<br />

Blumen bangten um ihre Blüten.<br />

Alle lebten in Eintracht zusammen, denn Feinde kannten sie nicht. Dies<br />

lag auch daran, dass sich alle an eine Regel halten mussten, nämlich, auf<br />

keinen Fall den Hügel, der sich am nördlichen Waldrand befand, zu<br />

überqueren. Vor diesem Hügel waren die Waldwächter postiert, die die<br />

Aufgabe hatten, sofort Alarm zu schlagen, wenn Gefahr drohte und<br />

Feinde von der anderen Seite des Hügels in ihren Wald kamen.<br />

Bei diesen Wächtern handelte es sich häufig um Vögel, die in den hohen<br />

Baumwipfeln lebten, aber auch Kröten übernahmen eine Bodenwache.<br />

Zum Glück passierte es nicht oft, dass ungebetene Gäste die Grenze<br />

überschritten. Sollte dies jedoch einmal der Fall sein, begann ein lautes<br />

Gezwitscher und Gequake und alle Waldbewohner verschwanden in<br />

ihren Behausungen.<br />

Als Hörnchen klein war, dachte es sich nichts dabei, wenn Alarm<br />

ertönte. Das war eben so. Doch je älter Hörnchen wurde, umso mehr<br />

wuchs ihre Neugier.<br />

Fragte sie ihre Eltern, was sich hinter dem Hügel befand, bekam sie<br />

immer die Antwort:<br />

„Das wirst du noch früh genug erfahren. Warte einfach ab.“<br />

In der Schule lernte sie rechnen, schreiben, lesen und auch viele Dinge<br />

des täglichen Lebens. Die weise Eule, die die Kinder unterrichtete,<br />

wusste alles, aber auch sie wich Hörnchens Frage, was sich hinter dem<br />

Hügel befand, immer wieder aus. Sie sagte nur:<br />

„Klug ist, wer nicht danach trachtet in Erfahrung zu bringen, was auf der<br />

dunklen Seite ist. Also sei klug.“


Hörnchen überlegte und ihr fiel ein, dass die Wächter es auch wissen<br />

müssten, denn sie warnten ja schließlich vor den gefährlichen Wesen<br />

oder Dingen, oder vor was auch immer. Doch auch bei ihnen stieß<br />

Hörnchen auf Schweigen.<br />

Es war wie eine Verschwörung und die jungen Waldbewohner bekamen<br />

keine Informationen.<br />

Ihren Freunden und Klassenkameraden war es egal. Sie interessierten<br />

sich nicht dafür. Anders aber Hörnchen.<br />

2<br />

Tagelang beobachtete Hörnchen den Wechsel der Wächter und wartete<br />

nur auf den Augenblick, unbemerkt auf den Hügel zu gelangen.<br />

Eines Abends, Hörnchens Eltern waren überzeugt, dass alle Kinder<br />

schliefen, schlich sie sich leise aus dem Haus und kroch so schnell sie<br />

konnte einen schmalen Pfad entlang, der gerade nicht bewacht war, weil<br />

die Wärter eine Lagebesprechung abhielten. Vor dem Hügel schaute sie<br />

sich noch einmal nach allen Seiten um, ob auch wirklich niemand etwas<br />

bemerkte, und begann dann mit dem Aufstieg.<br />

Es war Sommer und somit lange hell. Erschöpft kam sie auf dem Hügel<br />

an. Ängstlich war sie schon, aber die Neugier war stärker. Hörnchen<br />

streckte ihren Kopf nach oben und schaute. - Hm, - dachte sie<br />

- ich weiß nicht was alle haben, sieht doch gar nicht schlimm hier aus.- Doch im<br />

nächsten Moment sollte sie erfahren, warum es hinter dem Hügel doch<br />

gefährlich war.<br />

Gerade drehte sie ihren Kopf nach rechts, als etwas Gewaltiges auf sie<br />

zugeschossen kam. Blitzschnell verkroch sie sich in ihrem<br />

Schneckenhaus und<br />

hoffte, so unentdeckt zu<br />

bleiben. Da irrte sie sich<br />

sehr.<br />

Ein junges Kätzchen hatte<br />

sie bemerkt und begann<br />

nun mit diesem runden<br />

etwas zu spielen. Mit ihren<br />

Tatzen bewegte es


Hörnchen hin und her, dass es dieser ganz schwindelig wurde. Es hörte<br />

einfach nicht auf und dann begann Hörnchen zu rollen. Immer wieder<br />

bekam sie einen neuen Tatzenhieb und immer weiter kullerte sie, bis, ja<br />

bis sie über den Rand eines Abhangs gestoßen wurde und fiel und fiel.<br />

Sie schlug auf und lag ganz ruhig da. Immer noch benommen vernahm<br />

sie eigenartige Geräusche, die stetig lauter wurden und die sie nie zuvor<br />

gehört hatte.<br />

-Was mach ich bloß- dachte sie, noch immer zurückgezogen in ihrem<br />

Häuschen. –Hätte ich nur gehört und wäre nicht so leichtsinnig über den Hügel<br />

gekrochen-. Nun war es zu spät und sie musste sich dem Ungewissen<br />

stellen.<br />

3<br />

Ganz vorsichtig streckte Hörnchen ihren Kopf aus dem Schneckenhaus<br />

und zog ihn schnell wieder ein, denn was sie sah, machte ihr nun richtig<br />

Angst. Mit viel Lärm huschte etwas an ihr vorbei, was so groß war, dass<br />

sie es in diesem kurzen Augenblick gar nicht ganz erfassen konnte. Sie<br />

war verzweifelt. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich wieder<br />

einigermaßen beruhigt hatte. Weil ihr aber bisher nichts passiert war<br />

beschloss sie, sich erneut aus ihrem Häuschen zu wagen.<br />

Der Boden unter ihr war hart und rau. Hörnchen ahnte nicht in welcher<br />

Gefahr sie sich befand, als sie langsam anfing vorwärts zu kriechen. Da<br />

war es wieder, dieses Geräusch, welches immer lauter wurde und ganz<br />

plötzlich huschte wieder solch ein Ungeheuer dicht an ihr vorbei.<br />

„Dreh um und krieche ja nicht weiter. Dreh um“, hörte sie immer wieder<br />

jemand rufen. Hörnchen befolgte den Rat, drehte um und kroch so<br />

lange, bis sie einen gewohnt weichen Untergrund spürte.


mehr sehen. Da begann sie zu weinen.<br />

Wieder rauschte ein<br />

Ungeheuer vorbei. Dieses Mal<br />

aber nicht ganz so nah.<br />

Jetzt wollte sie wissen, wer sie<br />

gewarnt hatte und schaute sich<br />

um. In weiter Ferne sah sie eine<br />

andere Schnecke, die sich auf<br />

der anderen Seite dieses<br />

hässlichen, dunklen, harten<br />

Bodens befand und in<br />

Hörnchens Richtung blickte.<br />

„Danke“, schrie Hörnchen<br />

hinüber. Mehr konnte sie nicht<br />

sagen, denn der Lärm wurde<br />

stärker und es schossen immer<br />

mehr Ungeheuer an ihr vorbei,<br />

die nun auch noch glühende<br />

Augen hatten.<br />

Inzwischen war es dunkler<br />

geworden und ihren Retter<br />

konnte Hörnchen auch nicht<br />

Wieviel Zeit vergangen war, wusste sie nicht, doch plötzlich flatterte<br />

Sonnenschön über ihr und rief:<br />

„Hörnchen? Bist du es? Der ganze Wald ist in Aufruhr. Alle suchen nach<br />

dir. Halte noch einen kurzen Moment aus, ich hole Hilfe.“<br />

Dann flog der Schmetterling wieder davon.<br />

Nach wenigen Minuten kehrte Sonnenschön<br />

mit dem Raben Immerklug zurück.


Dieser packte Hörnchen vorsichtig mit seinen Krallen und schon flog<br />

das Dreiergespann über den Hügel in den sicheren Wald.<br />

Hier wurden sie ungeduldig erwartet.<br />

Als sie gelandet waren, kam Hörnchens Mutter so schnell sie konnte auf<br />

die drei zugekrochen, drückte ihr Kind ganz fest an sich, weinte und<br />

schimpfte dabei:<br />

„Wie konntest du so leichtsinnig sein und über den Hügel gehen, obwohl<br />

du wusstest, dass dies nicht erlaubt ist?“<br />

Innerlich war sie jedoch überglücklich, ihr Kind unbeschadet<br />

wiederbekommen zu haben.<br />

Inzwischen war auch der Vater bei ihnen. Auch er drückte sein<br />

Hörnchen an sich. Ihm war klar, dass er solch ein Verhalten nicht<br />

durchgehen lassen konnte und sagte darum:<br />

„Damit du darüber nachdenken kannst was du angestellt und wie du uns<br />

alle in Angst und Schrecken versetzt hast, bekommst du drei Tage<br />

Hausarrest. Anschließend unterhalten wir uns dann.“<br />

Eine Widerrede war zwecklos, dies war Hörnchen bewusst. Der Vater<br />

dankte noch allen, die sich an der Suche beteiligt hatten und gemeinsam<br />

gingen sie dann ins Haus.<br />

Hörnchen teilte sich ein Zimmer mit ihren vier Geschwistern. Als sie<br />

allein waren und die Eltern sich nach unten in ihr Schlafzimmer begeben<br />

hatten, scharten sich alle um Hörnchen und wollten wissen, wie es denn<br />

hinter dem Hügel war und was sie dort gesehen hatte. Hörnchen wollte<br />

aber nicht darüber reden, denn sie hatte das Erlebte selbst noch nicht<br />

begriffen. Darum sagte sie nur:<br />

„Ich bin müde. Lasst mich in Ruhe. Wir sprechen später darüber.“<br />

Enttäuscht gingen die vier in ihre Betten und schliefen bald ein. Nur<br />

Hörnchen lag noch eine ganze Weile wach im Bett. Sie fand keine Ruhe,<br />

dachte immer an die Ungeheuer und ärgerte sich auch über den<br />

Hausarrest, bis sie dann doch endlich erschöpft einschlief.<br />

4<br />

Die nächsten drei Tage verliefen einer, wie der andere. Nach der Schule<br />

wurden Hausaufgaben gemacht und während anschließend Hörnchens<br />

Geschwister und ihre Freunde draußen spielten, schaute sie sehnsüchtig


aus ihrem Zimmerfenster zu. Jeder Versuch die Eltern umzustimmen, sie<br />

doch raus zu lassen, schlug fehl. Die Eltern blieben hart.<br />

Am vierten Tag riefen die Eltern Hörnchen zu sich.<br />

„Nachdem du nun genügend Zeit zum Nachdenken hattest, erzähle uns<br />

was passiert ist und was dich überhaupt veranlasst hat über den Hügel zu<br />

gehen, obwohl du wusstest, dass es verboten ist“, begann der Vater das<br />

Gespräch.<br />

Hörnchen hatte sich tatsächlich Gedanken gemacht und fing an zu<br />

erzählen:<br />

„Als ich auf dem Hügel war, sah es erst gar nicht anders aus wie hier bei<br />

uns. Doch plötzlich kam etwas auf mich zu und schubste mich so lange,<br />

bis ich irgendwo hinunterfiel. Dort war es dann schon anders, irgendwie<br />

gruselig. Große Ungeheuer huschten an mir vorbei und unter mir war es<br />

hart und rau. Was dies war, weiß ich nicht. So etwas habe ich noch nie<br />

gesehen. Es war einfach mitten in der Erde und ganz breit.<br />

Aber ich habe auch eine Schnecke auf der anderen Seite dieser breiten<br />

dunklen Fläche gesehen, die mir zugerufen hat, dass ich umkehren soll.<br />

Wie kommt die Schnecke dort hin, wenn es uns doch verboten ist?“<br />

Aufmerksam hörten die Eltern zu. Bevor sie jedoch auf Hörnchens<br />

Frage antworteten, wollte der Vater noch den Grund wissen, warum<br />

Hörnchen auf die andere Seite gegangen war.<br />

„Egal wen man gefragt hat, warum es nicht erlaubt ist über den Hügel zu<br />

gehen, man hat von keinem eine Antwort bekommen. Es war einfach<br />

nur verboten. So war ich neugierig und wollte wissen, was denn so<br />

schlimm dort drüben war, dass niemand darüber sprach. Warum erzählt<br />

ihr uns nicht, welche Gefahren dort lauern? Dann wüssten alle Bescheid<br />

und würden nie auf die Idee kommen, über den Hügel zu gehen.“<br />

Ratlos schauten die Eltern sich an, denn insgeheim mussten sie<br />

Hörnchen zustimmen. Es war durchaus richtig wenn sie sagte, dass sich<br />

freiwillig niemand in Gefahr begeben und über den Hügel steigen würde,<br />

wenn bekannt wäre, was ihn dort erwartet. Wie eine Schnecke dort<br />

hingelangte und sogar auf der anderen Seite lebte, war auch ihnen ein<br />

Rätsel. Um nichts Falsches zu sagen kam vom Vater die Antwort:<br />

„Viele Dinge können wir dir auch nicht erklären und darum halte ich es<br />

für das Beste, wir gehen gemeinsam die weise Eule besuchen. Sie wird<br />

die Antworten haben.“


So geschah es und nachdem Hörnchen der Eule alles so berichtet hatte,<br />

wie zuvor ihren Eltern, begann diese zu sprechen:<br />

„Vor langer Zeit war alles ein großer Wald, in dem jedes Tier seinen<br />

eigenen Bereich hatte. Sicherlich kam es schon vor, dass sie sich<br />

untereinander bekriegten, hatten dann aber<br />

immer genügend Platz, sich aus dem Weg zu<br />

gehen. Eines Tages fingen riesige aufrecht<br />

gehende Zweibeiner, die Menschen genannt<br />

werden, damit an, eine Schneise in den Wald<br />

zu schlagen. Bäume wurden gefällt und mit<br />

großen Monstermaschinen wühlten sie den<br />

Boden auf. Anschließend stampften sie ihn<br />

wieder ganz fest und gossen eine dampfende<br />

schwarze Masse drauf, die nach einiger Zeit<br />

fest und hart wurde. Sie bauten eine Straße mitten durch den Wald. Dies<br />

war es auch, was du gesehen hast, Hörnchen. Eine Straße.<br />

Bei den Ungeheuern die du beschreibst, handelt es sich um Autos. Diese<br />

werden von den Menschen gebaut und dienen ihnen zur Fortbewegung.<br />

Die Straße teilte nicht nur den Wald, sondern spaltete auch den<br />

Lebensraum der Tiere. Es gibt also gleiche Tierarten auf beiden Seiten.<br />

Darum hast du auch die Schnecke gesehen. Allerdings leben wir auf<br />

unserer Seite friedlich miteinander, was drüben nicht der Fall ist. Dort<br />

heißt es fressen, oder gefressen werden. Es herrscht keine Harmonie und<br />

Zusammenhalt und eine Freundschaft zwischen Schnecken, Igeln,<br />

Würmchen, Raben, Maulwürfen, um nur einige zu nennen, ist<br />

undenkbar.<br />

Aus diesem Grund, damit nicht jedes gefährliche Tier bei uns eindringen<br />

kann, haben fleißige Waldbewohner damals den Hügel errichtet, der<br />

seitdem bewacht wird und vor ungebetenen Eindringlingen schützt.<br />

Hab ich deine Fragen beantworten können?“ wandte die Eule sich<br />

Hörnchen zu.<br />

Nicht nur Hörnchen, die fleißig mit dem Kopf nickte, war beeindruckt,<br />

sondern auch ihre Eltern, denn so ausführlich hatte es ihnen noch<br />

niemand erklärt und das, was sie wussten, erfuhren sie immer aus<br />

Erzählungen anderer, die weitergaben was sie gehört hatten, aber keiner<br />

von ihnen jemals hinter dem Hügel war.<br />

Sie bedankten sich bei der Eule und wollten gerade den Heimweg<br />

antreten, als diese sagte:


„Was mich nachdenklich gemacht hat, waren die Gründe die Hörnchen<br />

angeführt hat, warum sie über den Hügel gegangen ist. Darum bin ich zu<br />

der Meinung gelangt, alle darüber aufzuklären, was es mit dem Hügel auf<br />

sich hat und welche Gefahren lauern, denn Wissen kann vor Fehlern<br />

schützen. In Zukunft wird es also kein Geheimnis mehr bleiben, was auf<br />

der anderen Seite geschieht. Dies ist ganz allein dein Verdienst,<br />

Hörnchen, und dafür danke ich dir.“<br />

Voller Stolz nahmen die Eltern ihr Hörnchen in die Mitte und krochen<br />

gemeinsam heim.


R.D.V. Heldt<br />

Ratet<br />

wer ich bin<br />

Ein Mitmachbuch mit vielen kleinen<br />

Rätseln<br />

Ob ihr mit euren Lösungen richtig lagt,<br />

wird euch am Ende des Buches gesagt.<br />

Seid aber nicht enttäuscht, wenn etwas nicht stimmt,<br />

weil euch das mit Sicherheit niemand übel nimmt.<br />

Ihr fangt ja erst zu lernen an,<br />

darum geht mit Mut an die Sache ran.<br />

1.<br />

Ich locke viele Menschen an,<br />

weil ich so schön duften kann,<br />

Fasst man mich nicht behutsam an,<br />

zeig ich, wie ich stechen kann.


Hörnchen hat auch schon Bekanntschaft damit gemacht<br />

2<br />

Schnipp und schnapp macht man mit mir,<br />

egal ob Haare, Stoff, Papier.<br />

Ich wäre scharf sagt man mir nach,<br />

woraus ich kein Geheimnis mach.<br />

Meine Mama benutzt das Ding auch immer<br />

3<br />

Mich gibt es in vielen Farben,<br />

doch um etwas von mir zu haben,<br />

müsst ihr mir helfen dick zu sein,<br />

indem ihr mir blast Luft hinein.<br />

Dies muss geschehen mit Bedacht,<br />

damit ihr nicht kaputt mich macht.


Einmal tief Luft holen und los geht´s<br />

4<br />

Ich habe Zähne, kann aber nicht beißen,<br />

dafür aber Haare ausreißen.<br />

Wenn am Kopf ihr seid nicht kahl,<br />

braucht ihr mich täglich ein paar Mal.<br />

Wer schön sein will, braucht diesen Gegenstand unbedingt<br />

5.<br />

Ich bin gelb und auch fast rund, wenige nehmen mich gern in<br />

den Mund.<br />

Doch verdünnt und in Speisen hinein, schmecke ich dann<br />

frisch und fein.


Emil mag das gar nicht, brrr<br />

6.<br />

Meine Form ist rund, ohne Anfang und Ende,<br />

ich schmücke gerne eure Hände.<br />

Manchmal Steine mich auch zieren,<br />

darum solltet ihr mich nicht verlieren.<br />

Ich habe auch schon so etwas<br />

7.<br />

In der Erde wachse ich,<br />

bis jemand kommt und erntet mich.<br />

Nicht nur von Menschen werde ich verzehrt,<br />

auch bei Hasen bin ich sehr begehrt.


Hörnchen mag lieber das, was über der Erde steht<br />

8.<br />

Wenn im Herbst die Sterne am Himmel steh´n,<br />

die Kindlein mit mir spazieren geh´n.<br />

Eine Kerze in mir, die spendet Licht,<br />

so fürchten sie sich im Dunkeln nicht.<br />

Emil und Luise freuen sich schon darauf<br />

9.<br />

Heute bin ich kaum bekannt,<br />

doch früher nahm man mich gern zur Hand.<br />

Wer mich benutzte und gab nicht acht,<br />

den hab ich gehörig schwarz gemacht.


Emil hat mal damit gespielt und wurde hinterher ordentlich<br />

abgeschrubbt<br />

10.<br />

Ich lauf und lauf bei Tag und Nacht<br />

und hab nicht einen Schritt gemacht.<br />

Doch muss ich immer weiter gehen,<br />

denn ich kann nicht einfach nur stehen.<br />

Wenn wir nicht auf diesen Gegenstand achten, gibt es ab<br />

und zu ganz schönen Ärger<br />

11.<br />

Ich biete Platz für Groß und Klein,<br />

wer es gut mit mir meint, der hält mich rein.<br />

Außen dem Wetter trotze ich<br />

und in mir drin beschütz ich dich.


Ich habe diesen Gegenstand immer dabei<br />

12.<br />

Meistens komm ich über Nacht,<br />

fall vom Himmel dann ganz sacht.<br />

Die ganze Landschaft weit und breit,<br />

trägt dann ein schönes, weißes Kleid.<br />

Dann müssen wir unsere dicken, warmen Jacken anziehen.<br />

13<br />

Wer mich schneidet, ei der Daus,<br />

weint sich bald die Augen aus.<br />

Mir tut´s nicht weh, ich bin robust,<br />

euch zu schmecken macht mir Lust.


Das ist mir auch schon passiert, als ich <strong>meiner</strong> Mama in der<br />

Küche geholfen habe<br />

14<br />

Im Winter bauen mich die Kinder,<br />

auf dem Kopf trage ich einen Zylinder.<br />

Eine Mohrrübe als Nase ziert mein Gesicht,<br />

zwei Kohlestücke als Augen, aber sehen kann ich nicht.<br />

Schade, dass es diesen Gegenstand nur im Winter gibt


Das große<br />

Kinderkochbuch<br />

Nicht nur für Kinder<br />

Mit genauen Anweisungen und Zutatenliste<br />

R.D.V. Heldt


Quarkspeise<br />

Damit sie gut gelingt, legen wir uns alles zurecht, was benötigt wird.<br />

Das sind:<br />

½ Pfund (250 Gramm) Speisequark<br />

1/8 Liter Milch<br />

den ausgepressten Saft einer halben Zitrone<br />

1-2 Esslöffel Zucker (mögt ihr es süßer, kann es ruhig etwas mehr sein)<br />

1 Ei<br />

An Geschirr und Zubehör benötigt ihr:<br />

ein Sieb, eine Schüssel, einen Messbecher, einen Schneebesen, eine Zitronenpresse,<br />

einen Kochlöffel, einen Esslöffel, einen Porzellanteller, eine Gabel.<br />

Und nun geht es an die Zubereitung:<br />

Den Quark gebt ihr in das Sieb. Passiert ihn nun mit dem Kochlöffel in die Schüssel (passieren<br />

heißt, rührt ihn so lange mit dem Löffel im Sieb, bis er fein durch die Löcher in die Schüssel<br />

gelangt). Ist das erledigt, nehmt ihr den Schneebesen und gebt löffelweise die Milch, die<br />

ihr vorher in dem Messbecher abgemessen habt, in den Quark und rührt sie mit dem<br />

Schneebesen darunter. Anschließend fügt ihr den, mit der Zitronenpresse ausgedrückten<br />

Saft der halben Zitrone und die 2 Esslöffel Zucker hinzu. Alles wieder gründlich mit dem<br />

Schneebesen unterrühren. Nun folgt der etwas schwierige Teil, nämlich das Ei zu trennen.<br />

Nachdem das Ei in der Mitte aufgeschlagen wurde und ihr nun zwei Hälften habt, müsst ihr<br />

darauf achten, das das gesamte Ei in einer Eierhälfte verbleibt. Vorsichtig schüttet ihr nun das<br />

Ei von einer Hälfte in die andere, so dass sich das Eiweiß von dem Eigelb trennt. Das Dotter<br />

(Eigelb) darf dabei nicht beschädigt werden. Dies geschieht über dem Porzellanteller, in<br />

dem das Eiweiß aufgefangen wird. Habt ihr nur noch das Eigelb übrig, gebt es in die<br />

Quarkspeise und rührt es wieder mit dem Schneebesen unter. Das Eiweiß wird nun zunächst<br />

mit einer Gabel (heute dürft ihr aber auch einen Mixer und eine Schüssel benutzen) auf<br />

dem Porzellanteller zu einem festen Eischnee geschlagen.


Dieser wird dann zum Schluss ganz sachte unter die Quarkspeise gerührt. Angerichtet wird das<br />

ganze in Kompottschälchen.<br />

Fruchtmilch<br />

Für die Zubereitung einer köstlichen Fruchtmilch benötigt ihr:<br />

½ Liter Milch<br />

1 Esslöffel Zucker<br />

1 Esslöffel Speisestärke<br />

2 Esslöffel Wasser<br />

1 Banane<br />

Saft einer halben Zitrone<br />

Zucker zum Abschmecken, wenn ihr es süßer mögt.<br />

An Zubehör legt ihr bereit:<br />

Messbecher für die Milch, 1 Esslöffel, ein kleines Schälchen für die Speisestärke, einen<br />

kleinen Kochtopf, einen Teller und Gabel für die Banane, Zitronenpresse, Schneebesen.<br />

Und so wird’s gemacht:<br />

die Milch zusammen mit einem Esslöffel Zucker in den Topf geben und auf dem Herd<br />

aufkochen lassen. Inzwischen könnt ihr zu der Speisestärke zwei Esslöffel Wasser geben und<br />

in dem Schälchen verrühren. Wenn die Milch kocht, die angerührte Speisestärke<br />

hinzugeben und ab und zu alles umrühren, bis die Milch wieder aufkocht (wenn man<br />

Speisestärke benutzt, dann heißt es, dass die Flüssigkeit gebunden wird). Nun nehmt den<br />

Topf vom Herd und stellt ihn zum abkühlen beiseite. Als nächstes zerquetscht ihr mit der<br />

Gabel die Banane, bis ein Bananenbrei entstanden ist.<br />

Unter diesen rührt ihr den ausgepressten Zitronensaft.( Statt der Banane können natürlich auch<br />

andere Früchte genommen werden, sie müssen sich nur zu Mus oder Brei verarbeiten lassen,<br />

beispielsweise<br />

Erdbeeren).<br />

Inzwischen dürfte die gebundene Milch abgekühlt sein. In diese rührt ihr nun mit dem<br />

Schneebesen die breiige Banane ein. Nun liegt es an euch, wie viel Zucker ihr untermischt,<br />

damit die Fruchtmilch richtig schmeckt.<br />

Ganz besonders gut schmeckt sie, wenn ihr Eiswürfel in ein Glas gebt und die Milch<br />

darübergiesst.<br />

Sieht nicht nur gut aus, sondern erfrischt auch.<br />

Kartoffelsuppe


hierfür haltet bitte folgende Zutaten bereit:<br />

1 Pfund (500 Gramm) Kartoffel<br />

1 ¼ Liter Wasser<br />

150 Gramm Suppengemüse (Mohrrüben, Sellerie, Porree u. Petersilie)<br />

1-2 Brühwürfel<br />

etwa 1 Teelöffel Salz<br />

50 Gramm geräucherten Speck<br />

1 kleine Zwiebel<br />

Pfeffer und Salz zum Abschmecken<br />

150 Gramm Fleischwurst<br />

Folgende Gegenstände benötigt ihr als Zubehör:<br />

einen etwas größeren Kochtopf, eine Bratpfanne, ein Schneidebrett, ein Küchenmesser (<br />

seid bitte sehr vorsichtig bei der Benutzung des Messers. Solltet ihr noch nicht so<br />

sicher sein, fragt die Mutti oder den Papa, ob sie euch helfen können. Macht übrigens<br />

viel Spaß wenn sie dabei sind<br />

),<br />

einen Teelöffel, einen Kochlöffel.<br />

Nun geht es an die Zubereitung:<br />

die Kartoffel werden geschält und gewaschen. Auf dem Schneidebrett in kleine etwa zwei<br />

Zentimeter große Würfel geschnitten. Dann kommen sie in den Kochtopf, in den ihr bereits die<br />

1 ¼ Liter kaltes Wasser gefüllt habt. Nun stellt ihr den Topf auf den Herd und bringt das<br />

Wasser mit den Kartoffeln zum kochen. Bis es soweit ist, muss das Suppengemüse<br />

vorbereitet werden. Dazu schabt ihr die Mohrrüben oder schält sie mit dem<br />

Küchenmesser. Der Sellerie muss ebenfalls gesäubert werden indem auch er geschält wird.<br />

Porree muss gewaschen werden, damit keine Erde oder Schmutz daran bleiben. Auch die<br />

Petersilie wird gewaschen.<br />

Ist diese Arbeit erledigt, wird das ganze Gemüse auf dem Schneidebrett zerkleinert<br />

(Mohrrüben und Sellerie am besten auch in Würfel, Porree in ungefähr 0,5 Zentimeter<br />

dünne Scheiben und die Petersilie wird von den Stängeln gezupft und klein geschnitten).<br />

Dies ganze Suppengemüse schüttet ihr nun in den Topf mit den inzwischen kochenden<br />

Kartoffeln. Außerdem kommen die Brühwürfel hinein.<br />

Vorsicht mit dem heißen Topf<br />

.Die Kochtemperatur wird nun heruntergedreht und bei niedriger Temperatur wird<br />

weitergekocht, bis die Kartoffel weich sind (dies prüft ihr am besten, indem ihr ein<br />

Kartoffelstück mit dem Kochlöffel herausholt und mit einer Gabel zerquetscht. Geht dies<br />

leicht, sind die Kartoffel gar).<br />

Nun kommt die Bratpfanne zum Einsatz. Der geräucherte Speck wird ebenfalls auf dem<br />

Schneidebrett in Würfel geschnitten und kommt in die Pfanne, auf den Herd. Hier<br />

werden die Speckwürfel ausgelassen ( sie brutzeln zusammen und geben Fett ab). Auch hier<br />

gilt wieder<br />

Vorsicht, weil heißes Fett in der Pfanne spritzen kann<br />

und bekommt man solch einen Spritzer ab, kann es ganz schön weh tun. Also aufpassen und<br />

genug Abstand halten.<br />

In den ausgelassenen Speck kommen nun die von euch in ganz kleine Würfelchen<br />

geschnittenen Zwiebelstückchen hinein und werden so lange gebraten, bis sie hellbraun sind.<br />

Dann schüttet ihr den Speck und die Zwiebeln ebenfalls in die Kartoffelsuppe.<br />

Aber etwas fehlt ja noch. Richtig, die Fleischwurst.<br />

Wieder mit dem Messer, auf dem Schneidebrett wird sie entweder erst in Scheiben und<br />

dann in Streifen, oder auch in Würfel geschnitten. Dies bleibt euch überlassen.<br />

Die Wurst muss nur 5 Minuten mitkochen,


dann ist eure selbst gemachte Kartoffelsuppe fertig und ihr könnt eure Freunde und natürlich<br />

auch die Familie damit überraschen.<br />

Bratklopse<br />

Auf euren Einkaufszettel für die Bratklopse ( auch Frikadellen oder Fleischpflanzerl<br />

genannt)<br />

kommen folgende Artikel:<br />

250 Gramm Hackfleisch gemischt (halb Schweine- halb Rindfleisch)<br />

1 altes Brötchen (Weizenbrötchen vom Vortag)<br />

etwas Paniermehl<br />

1 Ei<br />

1 kleine Zwiebel<br />

etwa 1 Teelöffel Salz (Menge solltet ihr selbst bestimmen, richtet sich nach eurem<br />

Geschmack)<br />

etwas Pfeffer<br />

Öl zum braten<br />

Damit ihr ohne Unterbrechung arbeiten könnt, stellt euch folgende Sachen bereit:<br />

eine Schüssel, Bratpfanne, Pfannenwender, Schälchen mit kaltem Wasser, Küchenmesser,<br />

Schneidebrett.<br />

Habt ihr alles? Dann geht’s nun los. Mmmmh..<br />

Zunächst bereitet ihr die Zutaten vor indem ihr kaltes Wasser in das Schälchen füllt und das<br />

Brötchen hineinlegt, damit es einweichen kann. Als Nächstes schält ihr die Zwiebel (am<br />

besten haltet ihr sie dabei unter fließendes Wasser, damit es keine Tränen gibt), dann<br />

schneidet ihr sie auf dem Brett in ganz kleine Würfelchen. Wie immer:<br />

Vorsicht mit dem Messer<br />

.<br />

Das Hackfleisch kommt nun in die Schüssel. Gebt Salz und Pfeffer, die Zwiebelwürfelchen,<br />

das Ei (natürlich ohne Schale) und das gut ausgedrückte Brötchen (presst es so lange aus, bis<br />

kein Wasser mehr herauskommt) hinzu. Nun dürft ihr alles mit den Händen vermischen<br />

und tüchtig durchkneten (schöner wie im Matsch zu spielen), bis es eine gleichmäßige, feste<br />

Masse ist. Sollte der Fleischteig noch zu locker sein, könnt ihr Semmelmehl hinzugeben,<br />

bis er gut formbar ist. Bevor ihr ihn zu Klopsen macht, erhitzt schon mal das Öl in der<br />

Pfanne, damit gleich mit dem Braten begonnen werden kann. Von dem Teig nehmt ihr nun<br />

Stückchen, die etwa die Größe eines Tennisballs haben heraus und dreht sie zunächst in den<br />

Handflächen zu einer Kugel. Da sich eine Kugel aber schlecht braten lässt, drückt ihr sie am<br />

Schluss mit den Händen einfach platt. Nun sehen sie aus wie eine runde Scheibe und so<br />

kommen sie nach und nach in die Pfanne. Von beiden Seiten werden sie nun dunkelbraun<br />

gebraten. Zum wenden der Klopse benutzt bitte den Pfannenwender.<br />

Ihr werdet sehen, sie schmecken richtig gut. Dazu kann ein Kartoffelbrei gemacht<br />

werden, dessen Zubereitung später auch beschrieben wird.<br />

Bohnensalat<br />

Habt ihr Lust auf Bohnensalat aus frischen Bohnen? Dann braucht ihr folgende Zutaten:<br />

1 ½ Pfund (750 Gramm) grüne Bohnen<br />

½ Liter Wasser


2 Teelöffel Salz<br />

2 Esslöffel Öl<br />

5 Esslöffel Essig<br />

1 Esslöffel Zucker<br />

etwas Pfeffer<br />

1 kleine Zwiebel<br />

grüne Petersilie<br />

Um keine Zeit für das Suchen von Gegenständen zu verlieren während ihr den<br />

Bohnensalat zubereitet, legt euch folgendes zurecht:<br />

einen mittelgroßen Topf, 1 Teelöffel, 1 Esslöffel, ein Küchenmesser, Schneidebrett, eine<br />

Glasschüssel. Die Zubereitung dieses köstlichen Bohnensalates geht so:<br />

zunächst müssen die frischen Bohnen gründlich gewaschen werden. Während ihr nun<br />

mit einem Messer die Enden abschneidet, kann der halbe Liter Wasser im mittelgroßen Topf<br />

schon zum Kochen gebracht werden. Vergesst nicht, die 2 Teelöffel Salz hineinzugeben.<br />

Die Bohnen schneidet ihr noch in etwa 3 cm große Stücke und gebt sie dann in das kochende<br />

Wasser.<br />

Wie immer, wenn ihr mit Messern, heißen Pfannen oder kochendem Wasser umgeht,<br />

passt auf,dass ihr euch nicht verletzt.<br />

Am besten, ihr legt immer Topflappen oder Topfhandschuhe bereit.<br />

Die Bohnen kochen ungefähr 20 Minuten. Dann könnt ihr ein Bohnenstück mit dem<br />

Esslöffel herausnehmen, pusten und probieren ob es schon weich ist.<br />

(Möchtet ihr euch diese Arbeit ersparen, reicht auch eine Dose oder Glas Brechbohnen<br />

aus dem Supermarkt. Brechbohnen heißen so, weil sie schon in Stückchen gebrochen sind.<br />

Hier müsst ihr die Bohnen nur abgießen, also den gesamten Doseninhalt in ein Sieb<br />

gießen und warten bis keine Flüssigkeit mehr vorhanden ist.)<br />

Egal wie ihr euch entscheidet, die Salatsoße bleibt immer gleich und wird in der<br />

Glasschüssel zubereitet. Zunächst wird wieder die kleine Zwiebel geschält und auf dem<br />

Schneidebrett mit dem Messer in kleine Würfel geschnitten. Auch die Petersilie wird<br />

gewaschen, von den Stielen befreit und auf dem Schneidebrett kleingehackt. In die Schüssel<br />

gebt ihr nun die 5 Esslöffel Essig (ein Tipp, wenn der Essig sehr sauer (scharf) ist, verdünnt<br />

ihn mit etwas Wasser), dann die 2 Esslöffel Öl, den Esslöffel Zucker, etwas Pfeffer und die<br />

Zwiebelwürfelchen. Alles rühren, bis der Zucker sich aufgelöst hat.<br />

Die gekochten Bohnen müssen abgegossen (wie bei den Dosenbohnen beschrieben<br />

wurde) und erkaltet sein wenn ihr sie nun in die Salatsoße gebt. Zum Schluss streut ihr<br />

noch die gehacktePetersilie darüber und rührt alles nochmals um, damit jede Bohne etwas<br />

von der Soße abbekommt. Am besten schmeckt der Bohnensalat, wenn ihr ihn eine Weile<br />

stehen lasst, bevor er gegessen wird.<br />

Sehr gut passt er zu den Bratklopsen mit Kartoffelbrei.<br />

Und nun gutes Gelingen ihr kleinen Meisterköche.


R.D.V. Heldt<br />

DIE<br />

KINDER-WEIHNACHTS-BACKSTUBE


Vorwort<br />

Ich grüße alle Kinder, die dieses Buch besitzen und sich damit entschlossen haben<br />

„große Weihnachtsbäcker„ zu werden.<br />

Schritt für Schritt werden wir gemeinsam das schönste Weihnachtsgebäck herstellen.<br />

Süße Naschwerke für die ganze Familie von EUCH gemacht.<br />

Ihr könnt sehr stolz auf euch sein!<br />

Inhalt<br />

Stutenkerle<br />

Weihnachts – Mürbeteigplätzchen<br />

Witwenküsse<br />

Schneebälle<br />

Bethmännchen


Vanillekipferl<br />

Löwentatzen<br />

Marzipanpralinen<br />

Stutenkerle<br />

Wir backen „Stutenkerle„ oder wie sie auch genannt werden „Weckmänner„.<br />

Sie gehören zur Vorweihnachtszeit einfach dazu.<br />

Leider finde ich sie nicht oft in Geschäften. Wenn es euch auch so geht, backen wir sie doch<br />

einfach selbst.<br />

Auf dem Einkaufszettel stehen alle Zutaten, die benötigt werden.<br />

Damit während der Zubereitung nicht viel Zeit für das Suchen des benötigten Geschirrs oder<br />

Werkzeuge verloren geht, stellen wir uns vorher alles bereit.<br />

Das wären:<br />

1 Küchenwaage<br />

1 große Schüssel<br />

(am besten eignet sich eine Plastikschüssel. Darin kann man gut mit dem Knethaken des<br />

Mixers arbeiten)<br />

1 Messbecher<br />

1 kleinerer Topf für die Milch<br />

1 Teigroller


1 Teelöffel<br />

1 Esslöffel<br />

1 Tasse<br />

Mixer mit Knethaken<br />

1 Backpinsel<br />

1 Backblech ( ausgelegt mit Backpapier )<br />

1 Schablone für den Stutenkerl<br />

(findet ihr am Ende des Buches, zum ausdrucken und ausschneiden. )<br />

Zur Vorbereitung gehört auch, die Zutaten der Einkaufsliste in den erforderlichen Mengen<br />

bereitzuhalten.<br />

Das wären:<br />

500 Gramm Weizenmehl<br />

1 Päckchen Trockenbackhefe<br />

75 Gramm Zucker<br />

(wenn ihr es etwas süßer mögt, könnt ihr auch 100 Gramm nehmen)<br />

1 kleinen gestrichenen Teelöffel Salz<br />

(gestrichen bedeutet, mit dem Finger über den Löffel streichen, bis das Salz nur noch in der<br />

Löffelmulde liegt)<br />

1 Ei (mittelgroß)<br />

1 Eiweiß (vom mittelgroßen Ei)<br />

150 ml Milch<br />

100 Gramm Margarine<br />

Außerdem extra zum Bestreichen und Verzieren:<br />

Rosinen oder Korinthen<br />

etwa 2 Esslöffel Milch<br />

1 Eigelb<br />

(ist vom mittelgroßen Ei übrig geblieben, vom dem ihr das Eiweiß für den Teig verwendet<br />

habt.)<br />

Tonpfeifen<br />

(je nach Anzahl der Stutenkerle und auch nur, wenn ihr wollt. Wenn ja, bekommt ihr die<br />

Tonpfeifen im Bastelgeschäft.)<br />

Steht alles bereit und habt ihr Lust? Na dann geht’s los, lasst uns backen!


In die große Schüssel schüttet ihr das abgewogene Mehl. Die Trockenbackhefe verteilt nun<br />

gleichmäßig über das Mehl und vermischt die beiden Zutaten. Da reicht es, wenn ihr einfach<br />

mit der Hand hineingreift und einmal umrührt. Ebenfalls in die Schüssel kommen nun der<br />

Zucker, das Salz, ein ganzes Ei und nur das Eiweiß von dem anderen Ei. Hierfür müsst ihr<br />

das Ei wieder vorsichtig trennen, dass heißt, die Eierschale in der Mitte aufschlagen,<br />

vorsichtig beide Hälften auseinanderziehen und dabei aufpassen, dass das ganze Ei (Eigelb<br />

und Eiweiß) in einer Hälfte zurückbleibt. Nun das Ei von einer Hälfte in die andere schütten,<br />

damit sich das Eiweiß vom Eigelb trennt. Dies macht aber bitte vorsichtig, damit das Eigelb<br />

nicht kaputt geht. Habt ihr nur noch das Eigelb<br />

übrig, befördert dies in die bereitgestellte Tasse. Ihr braucht es am Ende zum bestreichen.<br />

Zwei Zutaten für den Teig fehlen noch, nämlich die Milch und Margarine. Für die Hefe ist es<br />

wichtig, dass die Milch erwärmt ist, damit sie aufgeht und der Teig sich dadurch vermehrt.<br />

Darum kommt nun die Milch in den dafür vorgesehenen Topf, zusammen mit der Margarine.<br />

Erwärmt beides so lange auf dem Herd, bis die Margarine geschmolzen ist. Dieses Gemisch<br />

darf nur warm sein und sollte auf keinen Fall heiß werden oder gar kochen.


Passt aber unbedingt auf eure Finger auf, wenn ihr den Topf anfasst und vom Herd<br />

nehmt!!!<br />

Am Ende kommt nun die erwärmte Milch mit der Margarine als letzte Zutat in die Schüssel.<br />

Den Mixer mit den Knethaken solltet ihr schon bereithalten, denn ihr müsst sofort anfangen,<br />

den Teig zu „kneten“.<br />

Zunächst reicht es, wenn ihr den Mixer auf die erste Stufe einstellt. Vermischt alle Zutaten so<br />

lange mit den Knethaken, bis sie sich miteinander verbunden haben und sich langsam ein<br />

Teigkloß gebildet hat. Dann könnt ihr den Mixer auf die höchste Stufe schalten und etwa 5<br />

Minuten weiterkneten. Ihr werdet sehen wie der Teig sich von der Schüssel löst und anfängt<br />

zu glänzen. Habt ihr dies geschafft, muss nun die Hefe arbeiten, damit der Teigkloß größer<br />

wird. Dazu stellt die Schüssel an einen warmen Ort (am besten neben den Herd) und deckt sie<br />

mit einem Geschirrtuch ab. So lasst ihr den Teig ungefähr 30 Minuten „ruhen“.<br />

Inzwischen könnt ihr die Schablone für die Stutenkerle ausschneiden, die, wie erwähnt, am<br />

Ende des Buches zu finden ist. Da wäre es gut, wenn sie auf etwas dickerem Papier oder<br />

Folie ausgedruckt wurde. Lässt sich dann besser auf den Teig auflegen.<br />

Ist die halbe Stunde um?<br />

Dann geht’s wieder an die Arbeit.<br />

Streut etwas Mehl auf die Arbeitsfläche, auf der ihr den Teig ausrollen wollt. Darauf legt nun<br />

den wunderbar gelungenen Hefeteigkloß. Auch den Teigroller solltet ihr ringsherum mit Mehl<br />

versehen, damit er nicht gleich am Teig kleben bleibt. So, jetzt geht’s los.<br />

Rollt den Teig so lange aus, bis er ungefähr einen Zentimeter dick ist. Legt nun die Schablone<br />

auf und lasst euren ersten Stutenkerl entstehen. Da der Hefeteig etwas zäh ist, lässt er sich<br />

nicht sehr gut schneiden, darum macht es langsam, damit die Form sich nicht verzieht.<br />

Drückt etwas fester auf die Schablone und schneidet mit einem spitzen Messer am<br />

Schablonenrand entlang.<br />

Seid aber sehr vorsichtig beim Umgang mit dem Messer. Besser ihr fragt die Mutti oder den<br />

Papa, ob sie euch dabei helfen können!!!<br />

Den ausgeschnittenen Stutenkerl legt ihr nun auf das, mit Backpapier ausgelegte Backblech<br />

und so geht es weiter, bis alle Stutenkerle fertig ausgeschnitten sind. Aus dieser Teigmenge<br />

bekommt ihr etwa acht Stück.<br />

Aber irgendetwas fehlt da noch. Richtig. Er hat weder Augen noch Knöpfe. Also machen wir<br />

ihm ein Gesicht. Ihr nehmt jeweils eine Rosine oder Korinthe und drückt sie dort in den Teig,<br />

wo die Augen sein sollen. Es bleibt euch überlassen, ob ihr dem Stutenkerl auch eine Nase<br />

und einen Mund geben wollt. Dann noch die drei Jackenknöpfe aus Rosinen auf den Bauch<br />

und der Stutenkerl ist zu erkennen.<br />

Jetzt kommt das Eigelb zum Einsatz, welches bei der Teigzubereitung übrig geblieben ist und<br />

sich in der Tasse befindet. Fügt hier zwei Esslöffel Milch hinzu und verrührt es gründlich<br />

miteinander. Mit Hilfe eines Backpinsels bestreicht ihr eure Stutenkerle mit dieser Eimilch.<br />

Habt ihr euch entschieden ihm eine Tonpfeife zu verpassen, drückt diese nun auf den<br />

Stutenkerl. Platziert das Mundstück dabei in Höhe des Stutenkerlmundes<br />

und legt einen Arm um den Pfeifenstiel, damit es so aussieht, als hielt er die Pfeife fest.


Schiebt nun das Backblech in die Mitte des auf 180 Grad vorgeheizten Backofens, damit euer<br />

großartiges Werk vollendet wird und ihr endlich für die viele Arbeit belohnt werdet.<br />

Nach 20 Minuten sind die Stutenkerle fertig und ihr könnt voller Stolz den ersten<br />

selbstgebackenen Stutenkerl genießen (allerdings erst, wenn er etwas abgekühlt ist, sonst<br />

könnte es Bauchschmerzen geben).<br />

Ein Lob derer, die Du mit einem Stutenkerl beschenkst, wird Dir sicher sein.


Weihnachtsplätzchen aus Mürbeteig<br />

Was wäre Weihnachten ohne Tannenbäume, Sterne, Engel, Sternschnuppen, Herzen usw.?<br />

Dies alles zaubern wir uns nun, indem wir es backen.<br />

Um ungestört anfangen zu können, legt euch folgendes bereit:


1 Küchenwaage<br />

1 größere Schüssel<br />

1 kleine Schüssel<br />

1 Messbecher<br />

Mixer mit Knethaken<br />

Backblech mit Backpapier<br />

1 Pfannenwender<br />

1 Esslöffel<br />

1 Teelöffel<br />

1 Backpinsel<br />

Ausstechformen<br />

Als nächsten Schritt wiegt ihr die Zutaten vom Einkaufszettel ab.<br />

Das sind:<br />

500 Gramm Mehl<br />

200 Gramm Zucker<br />

250 Gramm Butter od. Margarine<br />

2 Eier<br />

1½ gestrichene Teelöffel Backpulver<br />

1 Päckchen Vanillin-Zucker<br />

Die Zubereitung ist im wahrsten Sinne „kinderleicht“.<br />

Allerdings benötigt ihr hierfür etwas Kraft. Aber alles zu seiner Zeit. Lasst uns beginnen.<br />

Das Mehl könnt ihr im Messbecher abmessen und in die große Schüssel schütten. Ebenso den<br />

Zucker. Die Butter oder Margarine wiegt ihr auf der Küchenwaage ab und gebt die 250<br />

Gramm ebenfalls zum Mehl und Zucker in die Schüssel. Weiter schlagt ihr die Eier auf und<br />

gebt auch diese hinzu, wie auch das Backpulver und den Vanillin-Zucker.<br />

Ihr merkt, es kommt alles zusammen in einen „Topf“ (Schüssel).


Jetzt sind wir an dem Punkt angelangt, wo ich die Kraft angesprochen habe. Wer es sich<br />

zutraut, kann an Stelle des Mixers nun seine Muskelkraft einsetzen und sich richtig austoben.<br />

Es geht nämlich darum, alle Zutaten zu einem Teig zu verkneten.<br />

Also, wer möchte, kann nun richtig zulangen. Hinein mit den Händen (die vorher<br />

selbstverständlich gewaschen wurden) in die Schüssel.<br />

Zermatscht die Zutaten, vermischt, drückt, quetscht und knetet sie so lange, bis sich alles<br />

miteinander verbunden hat und ein schöner glatter Teigkloß entstanden ist.<br />

Der Teig darf nicht mehr auseinanderbröseln, sondern muss schön geformt zusammenbleiben.<br />

Dies ist ziemlich anstrengend und ihr könnt auch gern den Mixer mit den Knethaken<br />

verwenden. Wie gesagt, dies ist eure Entscheidung.<br />

Egal wie, wenn der Teig nun fertig ist, streuen wir Mehl auf die Arbeitsfläche und auch auf<br />

den Teigroller, damit der Teig nirgends kleben bleibt.<br />

Da es einige Kekse werden schlage ich vor, nicht gleich den ganzen Teig auszurollen,<br />

sondern jeweils so viel Teig vom großen Kloß zu nehmen, dass es für ein Backblech ausreicht.<br />

Nun wird der Teig platt gemacht. Rollt ihn so lange aus, bis er ungefähr ½ cm dick ist. Wenn<br />

ihr euch nicht sicher seid, fragt eure Mutti oder Papa, die bestimmt dabei sind, oder aber<br />

heimlich schauen und sich über ihre fleißigen Kinder freuen.<br />

Ist der Teig so vorbereitet, kommen die Ausstechformen zum Einsatz. Drückt diese mit der<br />

Kante in den Teig und wackelt damit ein bisschen hin und her, dann erreicht ihr, dass die<br />

Form auch wirklich gut gelingt.<br />

Stück für Stück füllt sich nun das Backblech mit Sternen, Tannenbäumen, Engeln usw., bis ihr<br />

es in die Mittelschiene des Backofens schieben könnt. Bei einer Temperatur von 175 Grad<br />

bleiben die Teigplätzchen 20 bis 25 Minuten im Ofen.<br />

Wenn ihr nach dieser Zeit das Blech mit den herrlich duftenden Keksen aus dem Backofen<br />

holt, seid bitte sehr, sehr vorsichtig, damit ihr euch nicht verbrennt und nehmt auf jeden Fall<br />

Topfhandschuhe oder Topflappen zur Hilfe. Am sichersten jedoch wäre es, wenn ihr auch hier<br />

wieder eure Mutti oder Papa bitten würdet das Blech aus dem Ofen zu holen.<br />

Die fertig gebackenen Kekse nehmt ihr mit einem Pfannenwender vom Blech (weil auch die<br />

Kekse noch sehr heiß sind) und legt sie nebeneinander auf ein Stück Küchenkrepp<br />

(Haushaltsrolle).


Dann kommt das nächste Blech dran, bis der ganze Teig verbacken ist.<br />

Was ihr dann vor euch seht, ist euer vollbrachtes Werk, das Hochachtung verdient. Ihr habt<br />

viele schöne Plätzchen gezaubert. Aber etwas Magie fehlt noch. Dafür nehmen wir nun den<br />

Puderzucker und die bunten Zuckerperlchen her.<br />

In die kleine Schüssel gebt ihr 4 gehäufte Esslöffel Puderzucker. Dazu kommen auch ungefähr<br />

4 Esslöffel kaltes Wasser, mit dem der Puderzucker verrührt und somit flüssig wird. Mit dem<br />

Backpinsel streicht nun das „Zuckerwasser“ über eure Kekse und lasst anschließend die<br />

Zuckerperlen darüberrieseln.<br />

Es dauert nur noch kurze Zeit bis euer buntes Zuckerwerk getrocknet ist, aber dann steht dem<br />

Naschen nichts mehr im Weg (aber bitte nicht so viele, damit Weihnachten noch welche da<br />

sind).<br />

Über so viele leckere Kekse freuen sich nicht nur eure<br />

Eltern, Geschwister, Freunde<br />

und der Weihnachtsmann.<br />

Witwenküsse


Fragt mich bitte nicht, warum Witwenküsse so heißen. Vielleicht, weil es sich um ein<br />

besonders süßes und leichtes Gebäck handelt, das so manche Witwe ein wenig trösten konnte.<br />

Aber dies ist nur eine Vermutung und nehmt es bitte nicht ernst.<br />

Wie auch immer, lasst uns dieses köstliche Gebäck zubereiten und es Weihnachten zu allen<br />

anderen Süßigkeiten auf den bunten Teller legen.<br />

Für die Zubereitung benötigt ihr:<br />

1 Küchenwaage<br />

1 Schüssel<br />

1 Mixer mit Rührstäben<br />

2 Teelöffel<br />

1 Schneebesen


Backblech mit Backpapier 1 kleine Schüssel od. Tasse<br />

Dies ist ein schnelles und leichtes Rezept mit tollem Ergebnis.<br />

Von den erwähnten Zutaten des Einkaufszettels benötigt ihr:<br />

3 Eier (davon nur das Eiweiß)<br />

200 Gramm Zucker<br />

1 Päckchen Vanillin-Zucker<br />

125 Gramm geriebene Schokolade (gibt es fertig zu kaufen)<br />

250 Gramm abgezogene (ohne Haut) gehackte Mandeln<br />

Die drei Eier müssen wieder getrennt werden, wie es bereits vorher in diesem Buch<br />

beschrieben wurde. Ihr braucht für die Witwenküsse nur das Eiweiß. Dies kommt in die<br />

Schüssel.<br />

Das Eigelb wird im Moment nicht benötigt. Ihr könnt es aber zunächst in der kleinen Schüssel<br />

aufbewahren und habt die Möglichkeit es zu verwenden, wenn ihr euch entschließt, auch die<br />

Vanillekipferl, deren Rezept ebenfalls in diesem Buch zu finden ist, zu backen.<br />

Doch kümmern wir uns erst einmal wieder um die Witwenküsse.<br />

Das Eiweiß ist in der Schüssel. Während es mit den Rührstäben des Mixers geschlagen wird,<br />

schüttet ihr langsam den Zucker und den Vanillin-Zucker hinein.<br />

Erst wenn aus dem Eiweiß ein richtig fester Eischnee geworden ist, könnt ihr den Mixer<br />

ausschalten.<br />

Keine Angst, ihr seht wann ihr aufhören könnt, denn es schaut wirklich wie frisch gefallener<br />

Schnee aus und verliert auch nicht die Form, wenn ihr die Schüssel leicht hin und her bewegt.


Trotzdem ist Vorsicht geboten. Kräftig darin herumrühren darf man nicht. Sonst fällt der<br />

Eischnee in sich zusammen und wird wieder dünn. Darum nehmt nun den Schneebesen, um<br />

damit die Schokoraspeln und die gehackten Mandeln unter den Eischnee zu heben.<br />

Streut diese beiden Zutaten nacheinander über den Eischnee, steckt den Schneebesen hinein<br />

und dreht ihn sachte herum. So erreicht ihr, dass<br />

Schokolade und Mandel in den Schnee gelangen, ohne dass er zusammenfällt. Dann spricht<br />

man vom „unterheben“ einer Zutat.<br />

So empfindlich dieses Backwerk bei der Zubereitung ist, umso knackiger und haltbarer ist es<br />

beim Verzehr. Doch bevor es soweit ist, muss es ja noch gebacken werden.<br />

Nehmt also die zwei Teelöffel zur Hand. Auf einen nehmt eine gehäufte Portion Eischnee aus<br />

der Schüssel. Setzt nun auf das, mit Backpapier belegte Backblech kleine Häufchen des süßen<br />

Schnees, indem ihr ihn mit der Löffelspitze des anderen Löffels herunterschiebt.<br />

Das Blech mit den Eischneehäufchen kommt nun in den Backofen. Schiebt es in die mittlere<br />

Schiene, stellt die Temperatur auf 150 Grad ein und lasst alles 20 bis 25 Minuten backen.<br />

Nach dieser Backzeit kommt ein Gebäck heraus, das wie kleine Eisberge aussieht und ganz,<br />

ganz lecker schmeckt. Aus diesem Grund passen sie auch hervorragend zur Weihnachtszeit.<br />

Regentage-Buch gegen Langeweile Teil 1


Hallo liebe Eltern.<br />

Ist schlechtes Wetter ☂ und eure Kleinen haben Langeweile? ☁<br />

Mit diesem Buch kann sie leicht vertrieben werden.<br />

Es bietet vielerlei Möglichkeiten zum malen, rätseln, lesen oder vorlesen lassen und auch noch<br />

Rechenaufgaben für die schon etwas Größeren!


Regentage-Buch gegen Langeweile Teil 2


R.D.V. Heldt<br />

Wolf-Rüdigers<br />

schwerer Gang<br />

zum<br />

Arbeitsamt<br />

Eine kurze humorvolle Lektüre<br />

übertrieben*überspitzt*mit einem Fünkchen Wahrheit


Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden, verstorbenen, oder realen<br />

Personen wäre rein zufällig und ist in keiner Weise beabsichtigt.<br />

1<br />

Wolf-Rüdiger Meier, ein unscheinbarer Typ, mit dunkler Hornbrille und präzise<br />

gezogenem rechten Scheitel, in seinem braunen, nun schon mit einigen grauen<br />

Strähnchen durchzogenem Haar. Das auffälligste an ihm war sein Vorname.<br />

Wolf-Rüdiger war ein bescheidener Mann, mit 48 Jahren noch ledig, der mit<br />

seiner Mutter in einer 3-Zimmerwohnung eines Mehrfamilienhauses in Berlin-<br />

Wilmersdorf lebte. In einem mittelständischen Betrieb hatte er eine<br />

kaufmännische Ausbildung absolviert und arbeitete nun schon seit mittlerweile<br />

30 Jahren als Finanzbuchhalter in derselben Firma.<br />

Sein Leben verlief farblos und monoton, doch er war zufrieden. Er war gesund,<br />

hatte einen festen Arbeitsplatz, ein Dach über dem Kopf und ein monatliches<br />

Einkommen, mit dem er zwar keine großen Sprünge machen konnte, womit er<br />

aber auskam. Kurzum, er machte sich keine Zukunftssorgen bis, ja bis eines<br />

Tages die Firma verkauft wurde und neue Chefs das Sagen hatten. Wolf-Rüdiger<br />

war plötzlich nicht mehr geeignet – er war veraltet. Dies wurde ihm inoffiziell<br />

gesagt, offiziell hieß es Personalabbau aus wirtschaftlichen Gründen. Ehe er<br />

begriff wie ihm geschah, wurde er entlassen und war arbeitslos.<br />

Diese Situation überforderte ihn. Er, der sich nie etwas hatte zu Schulden<br />

kommen lassen, der immer fleißig und zuverlässig war, saß plötzlich auf der<br />

Straße. Was sollte er nun tun? Ja, was musste er tun? Fragen über Fragen und<br />

keine Antwort. Eines war ihm aber klar, er musste zum Arbeitsamt. Ein Weg,<br />

den er sich nie vorstellen konnte, musste nun beschritten werden, damit es<br />

irgendwie weiterging.<br />

Schweren Herzens betrat er das rote Backsteingebäude. Dabei, in der rechten<br />

Hand, seine braune, abgenutzte Aktentasche, die seine Entlassungspapiere und<br />

das Zeugnis, welches in seinen Augen ehr nach einem Toilettengang zu<br />

benutzen war, beinhaltete. Vor einer großen Informationstafel blieb er stehen.<br />

>Ah, da steht etwas von Arbeitslosenmeldung, da bin ich wohl richtig< dachte<br />

er bei sich und merkte sich den 2. Stock, Zimmer 286. Mühsam stapfte er die<br />

Treppen hoch, denn einen Aufzug konnte er nicht finden. Einige Minuten später<br />

stand er vor der Tür. Zaghaft wollte er anklopfen, als sich hinter ihm eine<br />

Stimme meldete:<br />

„He, Nummer zieh´n und hinten anstellen. Nich einfach vordrängeln, hier<br />

herrscht Ordnung.“


Wolf-Rüdiger zuckte zusammen, entschuldigte sich, zog am Automaten eine<br />

Nummer und setzte sich brav auf einen leeren Stuhl, zu den anderen<br />

„Arbeitslosen“.<br />

Nach einer geschlagenen dreiviertel Stunde wurde seine Nummer aufgerufen.<br />

Wieder zaghaft trat er ein. Hinter einem alten Holzschreibtisch saß ein junges<br />

Mädchen, das kurz zu ihm aufblickte, aber erst noch weitere Eingaben an ihrem<br />

PC vornahm und erst als sie damit fertig war, Wolf-Rüdiger aufforderte doch<br />

Platz zu nehmen. Das hätte er sich jetzt auch sparen können, denn nachdem er<br />

ihr mitgeteilt hatte, dass er sich arbeitslos melden wollte, holte sie einen Packen<br />

Formulare hervor, drückte sie ihm in die Hand und erklärte, dass er diese erst<br />

ausfüllen musste, um sie dann mit allen erforderlichen Papieren wieder<br />

herzubringen.<br />

Was war das denn? Dafür musste er so lange warten, um dann nach zwei<br />

Minuten, beladen mit einem Haufen Papier wieder nach Hause zu gehen?<br />

Doch was blieb ihm anderes übrig. Er war schließlich arbeitslos und musste<br />

gehorchen.<br />

Auf dem Flur des Arbeitsamtes musste er an einer Schlange wartender<br />

Menschen vorbei, die sein Schicksal teilten.<br />

>Na wenigstens geht es mir nicht alleine so< dachte er.<br />

Zu Hause angekommen erwartete ihn seine Mutter.<br />

„Na Wolf-Rüdiger, wie ist es gelaufen?“ wollte sie wissen.<br />

„Heute noch gar nicht“ antwortete er „ich muss erst den Antrag ausfüllen und<br />

dann noch einmal hin.“<br />

„Dann mach das gleich“ forderte sie ihn auf.<br />

„Was sollen wir machen, wenn am nächsten Ersten die Miete fällig wird und nur<br />

meine Rente da ist? Sieh zu, dass Du bis dahin Arbeitslosengeld kriegst, damit<br />

wir über die Runden kommen. Oh Gott, wenn dies Dein Vater noch erlebt hätte,<br />

dass Du arbeitslos bist. Weißt Du, ich hasse so leicht keinen Menschen, aber<br />

diesen Suppe hasse ich. Wie konnte er Dir das antun?“<br />

„Mutter“ meldete sich nun Wolf-Rüdiger „der heißt Soupee´ und es bringt gar<br />

nichts wenn Du ihn hasst. Er hat nun einmal die Firma übernommen und mich<br />

entlassen. Erfreut bin ich auch nicht darüber, aber muss mich mit der Tatsache<br />

abfinden. Bestimmt hab ich bald eine neue Anstellung und dann geht alles<br />

seinen alten Gang. Mach Dir also nicht so viele Sorgen.“<br />

Die Worte, mit denen er seine Mutter tröstete, glaubte er selbst nicht. Innerlich<br />

war er aufgebracht und gleichzeitig am Boden zerstört. >Dieser Mistkerl. Nach<br />

dreißig Jahren setzt der mich auf die Straße. Nun renn ich als Bittsteller zum<br />

Amt und komme mir vor wie ein Schnorrer. Erst mal muss ich aber die Papiere<br />

fertig machen und sie einreichen. Oh Mann, wie ich das hasse


Nach einer Weile schmiss er den Kugelschreiber auf den Tisch und sagte laut<br />

und verärgert:<br />

„Der gläserne Mensch ist ein Scheißdreck dagegen. Was die alles wissen<br />

wollen.“<br />

Zum Glück hörte seine Mutter ihn nicht. Sie war in der Küche damit beschäftigt,<br />

das Mittagessen zu machen.<br />

Angewidert nahm er den Kugelschreiber wieder in die Hand und machte fleißig<br />

seine Kreuzchen oder trug handschriftlich die geforderten Antworten ein. Es<br />

nahm einfach kein Ende. Das Mittagessen war eine erfreuliche Ablenkung von<br />

dieser Fleißarbeit. Nach vollen drei Stunden war er fertig. Der Tisch sah aus,<br />

wie nach einem Bombenangriff. Überall lagen verstreut Papiere herum. So hat<br />

sein Schreibtisch in der Firma niemals ausgesehen, aber da wusste er ja immer<br />

was zu tun war und arbeitete sorgfältig nach seinem Schema. Dies hier war<br />

jedoch etwas ganz anderes. Abschließend sortierte er den ausgefüllten Antrag<br />

den Seitenzahlen entsprechend, steckte die Blätter mit einer Büroklammer<br />

zusammen und verstaute alles wieder in seine Aktentasche.<br />

2<br />

Am nächsten Morgen wollte er erneut zum Amt und den Antrag abgeben.<br />

Dieses Mal wusste er ja wie es ging und wo er sich melden musste.<br />

Ganz zeitig ging er los, denn je früher, desto besser dachte er sich. Er wollte<br />

ziemlich der Erste sein, damit er nicht so lange warten musste.<br />

Um 8.05 Uhr hatte er das Arbeitsamt erreicht. Zielstrebig ging er wieder die<br />

Treppe hoch in den 2. Stock.<br />

>Das war eine gute Idee früher loszugehen< dachte er, denn es waren wirklich<br />

nur zwei Personen vor ihm.<br />

Er nahm Kurs auf den Automaten, um sich eine Nummer zu ziehen. Dabei kam<br />

er an Zimmer 286 vorbei.<br />

Ihm stockte der Atem. So schnell war Wolf-Rüdiger nicht aus der Ruhe zu<br />

bringen, aber nun kochte leichte Wut in ihm hoch. An der Zimmertür hing ein<br />

Schild mit dem Hinweis<br />

Sprechzeiten:<br />

Mo.,Di.,Do.: 9.00 Uhr-12.00 Uhr + 13.00 Uhr-18.00 Uhr<br />

Mi., + Fr.: 9.00 Uhr -12.00 Uhr<br />

>Verflixt und zugenäht< dachte er >klappt hier denn nie etwas auf Anhieb


Geschlagene 75 Minuten wartete Wolf-Rüdiger, bis er endlich an der Reihe war.<br />

Dieses Mal saß ein Mann hinter dem Schreibtisch. Auch er tippte noch etwas in<br />

den Computer ein, bis er sich Wolf-Rüdiger zuwandte.<br />

„Was kann ich für Sie tun?“ kam die Frage.<br />

Wolf-Rüdiger hatte zwischenzeitlich den Formularstapel aus seiner Tasche<br />

geholt und reichte ihn nun dem Sachbearbeiter.<br />

„Ich möchte den Antrag auf Arbeitslosengeld abgeben.“<br />

Wortlos wurden die Papiere ihm abgenommen und langsam durchgeblättert. Als<br />

dies erledigt war kam die Ansage:<br />

„Ja Herr Meier, scheint alles soweit in Ordnung zu sein. Sie bekommen den<br />

Bewilligungsbescheid dann zugeschickt.“<br />

>Dann zugeschickt, wann ist dann< dachte Wolf-Rüdiger und fragte nach:<br />

„Können Sie mir sagen wie lange es dauert, bis ich Bescheid bekomme?“<br />

„Das kann bis zu sechs Wochen dauern“ kam die Antwort.<br />

„Was“ entfuhr es Wolf-Rüdiger „sechs Wochen?“<br />

Ziemlich unwirsch erwiderte der Sachbearbeiter:<br />

„Glauben Sie wir haben nur Ihren Antrag zu bearbeiten? Sie können von Glück<br />

reden, wenn Sie in sechs Wochen Bescheid bekommen.“<br />

Obwohl die Art und Weise seines Gegenübers Wolf-Rüdiger überhaupt nicht<br />

gefiel, er aber auf dessen Wohlwollen ihm noch eine Frage zu beantworten<br />

angewiesen war, begann er kleinlaut:<br />

„Können Sie mir bitte erklären, wie es nun weitergeht und wo ich mich noch<br />

melden muss?“<br />

Der Ton wurde nicht unbedingt freundlicher, aber immerhin erfuhr Wolf-<br />

Rüdiger, dass er in den nächsten Tagen eine Einladung seines Fallmanagers<br />

bekommen würde.<br />

Höflich bedankte er sich und verließ den Raum.<br />

Zu Hause beantwortete er die Frage seiner Mutter, ob denn diesmal alles<br />

geklappt hätte, mit einem einfachen Ja. Von der sechswöchigen Wartezeit sagte<br />

er nichts, denn auf Gejammer hatte er keinen Bock und ändern konnte er es<br />

sowieso nicht.<br />

3<br />

In der Hoffnung, in der regionalen Tageszeitung ein Stellenangebot zu finden,<br />

auf das er sich bewerben konnte und um so vielleicht dem ganzen Frust mit dem<br />

Arbeitsamt zu entgehen, suchte er am Samstag den Zigarettenladen auf, der ein<br />

paar Straßen von seiner Wohnung entfernt war. Hier bekam man außer<br />

Tabakwaren auch Zeitschriften und Getränke.<br />

Als er den Laden betrat, wurde gerade eine ältere Dame bedient. Ein weiterer<br />

Kunde stand an einem runden Stehtisch und genoss eine Flasche Bier.<br />

Mit einem Mal sprach dieser den Ladenbesitzer an, während sein Blick auf die<br />

Straße gerichtet war:


„Nu kiek Dir den an. Hat schon wieda ne andere Braut. Lebt von Stütze und<br />

macht uff Lebeschön. Unser eener malocht wat dat Zeuch hält, kommt uff<br />

keenen jrünen Zweich und muss für sone Sozialschmarotzer blechen. So wat soll<br />

abeeten, dit faule Pack.“<br />

Der Ladenbesitzer bediente unbeeindruckt weiter und reagierte gar nicht auf das<br />

Gerede.<br />

Wolf-Rüdiger fühlte sich angesprochen. Ihm war plötzlich sehr unwohl und er<br />

bekam wacklige Knie. Schnell kaufte er die Zeitung und verließ den Laden.<br />

Draußen holte er erst einmal tief Luft. Er gehörte jetzt auch zu den<br />

„Sozialschmarotzern“ und dies ganz ungewollt. Aber für diesen Mann im Laden<br />

waren wohl alle gleich.<br />

Wolf-Rüdiger gestand sich ein, dass er, als er noch in Lohn und Brot stand, auch<br />

manchmal die Nase über die Arbeitslosen gerümpft hatte und jetzt war er selber<br />

einer. So schnell konnte es gehen.<br />

Eilig ging er nach Hause, um die Zeitung nach geeigneten Stellenangeboten<br />

durchzusehen. Keiner suchte Finanzbuchhalter. Lediglich eine Anzeige fand er,<br />

wo ein Lohnbuchhalter gesucht wurde. >Na ja< dachte er >ist zwar nicht das<br />

was ich will, aber besser als gar nichts


„Deswegen musst Du aber die Möbel nicht demolieren. Komm erst mal mit in<br />

die Küche und trink einen Kaffee mit mir. Du kannst ja dann später<br />

weitermachen.“<br />

Dieser Vorschlag gefiel Wolf-Rüdiger, denn er brauchte erst einmal Abstand<br />

von dieser Maschine. Gemeinsam tranken sie Kaffee.<br />

Beim zweiten Anlauf klappte es dann auch. Dieses Mal vergaß er auch nicht, die<br />

Datei zu speichern. >Jetzt noch den Lebenslauf< dachte er.<br />

Da er in den vergangenen dreißig Jahren niemals einen Lebenslauf benötigte<br />

und auch in der Firma nichts mit solchen Dingen zu tun hatte, fehlte ihm auch<br />

das Wissen, dass inzwischen tabellarische Lebensläufe angesagt waren. Er<br />

schrieb ihn so wie er es kannte, im alten Stil.<br />

- Ich, Wolf-Rüdiger Meier, wurde am 23.03.1964 als Sohn des Kranführers<br />

Wilhelm Meier und der Hausfrau Anna Meier, in Berlin geboren……………-<br />

Das allein dies schon der Grund für eine Absage sein konnte, wusste und ahnte<br />

er nicht.<br />

Zuversichtlich fügte er der Bewerbung noch eine Kopie seines<br />

Arbeitszeugnisses hinzu und steckte alles, sorgfältig gefaltet, in einen Umschlag,<br />

den er verschloss und handschriftlich adressierte.<br />

Es war vollbracht. Nun nur noch eine Marke drauf und ab die Post.


R.D.V. Heldt<br />

Studentenkochbuch<br />

Schnelle und preiswerte<br />

Gerichte<br />

Quarkspeise - wer sie mag<br />

Fruchtmilch - für die Mädels<br />

Inhaltsverzeichnis


Kartoffelsuppe - wenn noch viel Monat über ist<br />

Bratklopse – wenn Bafög noch ausreicht<br />

Bohnensalat – vor-während oder nach der Party<br />

Stachelbeerkuchen – wenn viel Zeit über ist<br />

Stachelbeerkompott – wer es mag<br />

Kotelett- zum Monatsanfang<br />

Kartoffelbrei – zum Monatsende<br />

Mischgemüse – wenn`s sein muss<br />

Kartoffelsalat m. Würstchen – geht immer<br />

Grießpudding – wenn die Schränke leer sind<br />

Paprikagulasch – wenn alle zusammenlegen<br />

Nudeln – gehen immer<br />

Tortenboden – Mädels WG<br />

Hähnchenschenkel – immer gut<br />

Einfach zum Aussuchen ohne Ordnung<br />

aber leicht zu machen auch für Küchenmuffel<br />

und knapper Kasse<br />

Quarkspeise : wer sie mag<br />

Damit sie gut gelingt, legen wir uns alles zurecht, was benötigt wird.<br />

Das sind:<br />

½ Pfund (250 Gramm) Speisequark<br />

1/8l (= 125ml ) Liter Milch<br />

den ausgepressten Saft einer halben Zitrone<br />

1-2 Esslöffel Zucker (mögt ihr es süßer, kann es ruhig etwas mehr sein)<br />

1 Ei<br />

An Geschirr und Zubehör benötigt ihr, wenn vorhanden:<br />

ein Sieb, eine Schüssel, einen Messbecher, einen Schneebesen, eine Zitronenpresse, einen<br />

Kochlöffel, einen Esslöffel, einen Porzellanteller, eine Gabel, wenn alles gespült wurde.<br />

Und nun geht es an die Zubereitung:<br />

Den Quark gebt ihr in das Sieb. Passiert ihn nun mit dem Kochlöffel in die Schüssel<br />

(passieren heißt, rührt ihn so lange mit dem Löffel im Sieb, bis er fein durch die Löcher in die<br />

Schüssel gelangt). Ist das erledigt, nehmt ihr den Schneebesen und gebt löffelweise die Milch,<br />

die ihr vorher in dem Messbecher abgemessen habt, in den Quark und rührt sie mit dem


Schneebesen darunter. Anschließend fügt ihr den, mit der Zitronenpresse ausgedrückten Saft<br />

der halben Zitrone und die 2 Esslöffel Zucker hinzu. Alles wieder gründlich mit dem<br />

Schneebesen unterrühren. Nun folgt der etwas schwierige Teil, nämlich das Ei zu trennen.<br />

Vorsichtig schüttet ihr nun das geteilte Ei von einer Hälfte in die andere, so dass sich das<br />

Eiweiß von dem Eigelb trennt. Das<br />

Eigelb darf dabei nicht beschädigt werden. Dies geschieht über dem Porzellanteller, in dem<br />

das Eiweiß aufgefangen wird. Habt ihr nur noch das Eigelb übrig, gebt es in die Quarkspeise<br />

und rührt es wieder mit dem Schneebesen unter. Das Eiweiß wird nun zunächst mit einer<br />

Gabel auf dem Porzellanteller zu einem festen Eischnee geschlagen. Dieser wird dann zum<br />

Schluss gaaaaanz sachte unter die Quarkspeise gerührt.<br />

Angerichtet wird in Kompottschälchen, wenn vorhanden .<br />

Fruchtmilch : für die Mädels<br />

Für die Zubereitung der Fruchtmilch benötigt ihr:<br />

½ Liter Milch<br />

1 Esslöffel Zucker<br />

1 Esslöffel Speisestärke<br />

2 Esslöffel Wasser<br />

1 Banane<br />

Saft einer halben Zitrone<br />

Zucker zum Abschmecken, wenn ihr es süßer mögt.<br />

An Zubehör legt ihr bereit:<br />

Messbecher für die Milch, 1 Esslöffel, ein kleines Schälchen für die Speisestärke, einen<br />

kleinen Kochtopf, einen Teller und Gabel für die Banane, Zitronenpresse, Schneebesen.<br />

Alles gefunden, nach langem suchen??<br />

Und so wird’s gemacht:<br />

die Milch zusammen mit einem Esslöffel Zucker in den Topf geben und auf dem Herd<br />

aufkochen lassen. Inzwischen könnt ihr zu der Speisestärke zwei Esslöffel Wasser geben und


in dem Schälchen verrühren. Wenn die Milch kocht, die angerührte Speisestärke hinzugeben,<br />

ab und zu alles umrühren, bis die Milch wieder aufkocht (wenn man Speisestärke benutzt,<br />

dann heißt es, dass die Flüssigkeit gebunden wird). Nun nehmt den Topf vom Herd und stellt<br />

ihn zum abkühlen beiseite.<br />

Als nächstes zerquetscht ihr mit der Gabel die Banane, bis ein Bananenbrei entstanden ist.<br />

Unter diesen rührt ihr den ausgepressten Zitronensaft. (Statt der Banane können natürlich<br />

auch andere Früchte genommen<br />

werden, sie müssen sich nur zu Mus oder Brei verarbeiten lassen, beispielsweise Erdbeeren).<br />

Inzwischen dürfte die gebundene Milch abgekühlt sein. In diese rührt ihr nun mit dem<br />

Schneebesen die breiige Banane ein. Nun liegt es an euch, wieviel Zucker ihr untermischt,<br />

damit die Fruchtmilch richtig schmeckt.<br />

Ganz besonders gut schmeckt sie, wenn ihr Eiswürfel in ein Glas gebt und die Milch darüber<br />

gießt.<br />

Sieht nicht nur gut aus, sondern erfrischt auch.<br />

hierfür haltet bitte folgende Zutaten bereit:<br />

Kartoffelsuppe : wenn noch viel Monat über ist<br />

1 Pfund (500 Gramm) Kartoffel<br />

1 ¼ Liter Wasser = 1250ml150 Gramm Suppengemüse (Mohrrüben, Sellerie, Porree u.<br />

Petersilie)<br />

1-2 Brühwürfel<br />

etwa 1 Teelöffel Salz<br />

50 Gramm geräucherten Speck<br />

1 kleine Zwiebel<br />

Pfeffer und Salz zum Abschmecken<br />

150 Gramm Fleischwurst<br />

Folgende Gegenstände benötigt ihr als Zubehör:<br />

einen etwas größeren Kochtopf, eine Bratpfanne, ein Schneidebrett, ein Küchenmesser<br />

,vorsichtig bei der Benutzung des Messers, einen Teelöffel, einen Kochlöffel.<br />

Nun geht es an die Zubereitung:<br />

die Kartoffel werden geschält und gewaschen und in kleine etwa zwei Zentimeter große<br />

Würfel geschnitten. Dann kommen sie in den Kochtopf, in den ihr bereits die 1 ¼ Liter<br />

=1.250ml kaltes Wasser gefüllt habt. Nun stellt ihr den Topf auf den Herd und bringt das<br />

Wasser mit den Kartoffeln zum kochen. Bis es soweit ist, muss das Suppengemüse vorbereitet<br />

werden. Dazu schabt ihr die Mohrrüben oder schält sie mit dem<br />

Küchenmesser. Der Sellerie muss ebenfalls gesäubert werden indem auch er geschält wird.<br />

Porree muss gewaschen werden, damit keine Erde oder Schmutz daran bleiben. Auch die<br />

Petersilie wird gewaschen.<br />

Ist diese Arbeit erledigt, wird das ganze Gemüse zerkleinert (Mohrrüben und Sellerie am<br />

besten auch in Würfel, Porree in ungefähr 0,5 Zentimeter dünne Scheiben und die Petersilie<br />

wird von den Stängeln gezupft und klein geschnitten).<br />

Dies ganze Suppengemüse schüttet ihr nun in den Topf mit den inzwischen kochenden<br />

Kartoffeln. Außerdem kommen die Brühwürfel hinein. Vorsicht mit dem heißen Topf. Die<br />

Kochtemperatur wird nun heruntergedreht und bei niedriger Temperatur wird weitergekocht,<br />

bis die Kartoffel weich sind.


Nun kommt die Bratpfanne zum Einsatz. Der geräucherte Speck wird ebenfalls in Würfel<br />

geschnitten und kommt in die Pfanne, auf den Herd. Hier werden die Speckwürfel<br />

ausgelassen (sie brutzeln zusammen und geben Fett ab). Auch hier gilt wieder Vorsicht, weil<br />

heißes Fett in der Pfanne spritzen kann. In den ausgelassenen Speck kommen nun die von<br />

euch in ganz kleine Würfelchen geschnittenen Zwiebelstückchen hinein und werden so lange<br />

gebraten, bis sie hellbraun sind.<br />

Dann schüttet ihr den Speck und die Zwiebeln ebenfalls in die Kartoffelsuppe.<br />

Aber etwas fehlt ja noch. Richtig, die Fleischwurst, wenn vorhanden.<br />

Wieder mit dem Messer, entweder erst in Scheiben und dann in Streifen, oder auch in Würfel<br />

geschnitten. Dies bleibt euch überlassen.<br />

Die Wurst muss nur 5 Minuten mitkochen.<br />

Kartoffelsuppe ist fertig und ihr könnt euren Freunden und natürlich auch den Mitbewohnern<br />

und sonstigen Hungrigen<br />

auftischen.<br />

Nicht vergessen zu erwähnen, wie schwer das war.<br />

Bratklopse: wenn´s Bafög noch ausreicht<br />

Auf den Einkaufszettel für die Bratklopse (auch Frikadellen oder Fleischpflanzerl genannt)<br />

kommen folgende Artikel:<br />

250 Gramm Hackfleisch gemischt (halb Schweine- halb Rindfleisch)<br />

1 altes Brötchen (Weizenbrötchen vom Vortag)<br />

etwas Paniermehl<br />

1 Ei<br />

1 kleine Zwiebel<br />

etwa 1 Teelöffel Salz (Menge solltet ihr selbst bestimmen, richtet sich nach eurem<br />

Geschmack)<br />

etwas Pfeffer<br />

Öl zum braten<br />

Damit ihr ohne Unterbrechung arbeiten könnt, stellt euch folgende Sachen bereit:<br />

eine Schüssel, Bratpfanne, Pfannenwender, Schälchen mit kaltem Wasser, Küchenmesser,<br />

Schneidebrett.<br />

Habt ihr alles? Dann geht’s los.<br />

Zunächst bereitet ihr die Zutaten vor, indem ihr kaltes Wasser in das Schälchen füllt und das<br />

Brötchen hineinlegt, damit es einweichen kann. Als Nächstes schält ihr die Zwiebel (am<br />

besten haltet ihr sie dabei unter fließendes Wasser, damit es keine Tränen gibt), dann<br />

schneidet ihr sie auf dem Brett in ganz kleine Würfelchen.<br />

Das Hackfleisch kommt nun in die Schüssel. Gebt Salz und Pfeffer, die Zwiebelwürfelchen,<br />

das Ei (natürlich ohne Schale) und das gut ausgedrückte Brötchen (presst es so lange aus, bis<br />

kein Wasser mehr herauskommt) hinzu. Nun dürft ihr alles mit gewaschenen Händen<br />

vermischen und tüchtig kneten, bis es eine gleichmäßige, feste Masse ist. Sollte der<br />

Fleischteig noch zu locker sein, könnt ihr Semmelmehl hinzugeben, bis er gut formbar ist.<br />

Bevor ihr ihn zu Klopsen macht, erhitzt schon mal das Öl in der Pfanne, damit gleich mit dem<br />

Braten begonnen werden kann.


Von dem Teig nehmt ihr nun Stückchen, die etwa die Größe eines Tennisballs haben, heraus<br />

und dreht sie zunächst in den Handflächen zu einer Kugel. Da sich eine Kugel aber schlecht<br />

braten lässt = logo, drückt ihr sie am Schluss mit den Händen einfach platt. Nun sehen sie aus<br />

wie eine runde Scheibe und so kommen sie nach und nach in die Pfanne. Von beiden Seiten<br />

werden sie dunkelbraun gebraten. Zum wenden der Klopse benutzt den Pfannenwender.<br />

Dazu kann ein Kartoffelbrei gemacht werden, dessen Zubereitung später auch beschrieben<br />

wird.<br />

Bohnensalat: vor – während oder nach der Party<br />

Habt ihr Lust auf Bohnensalat aus frischen Bohnen? Dann braucht ihr folgende Zutaten:<br />

1 ½ Pfund (750 Gramm) grüne Bohnen<br />

½ Liter Wasser<br />

2 Teelöffel Salz<br />

2 Esslöffel Öl<br />

5 Esslöffel Essig<br />

1 Esslöffel Zucker<br />

etwas Pfeffer<br />

1 kleine Zwiebel<br />

grüne Petersilie<br />

Um keine Zeit für das Suchen von Gegenständen zu verlieren während ihr den Bohnensalat<br />

zubereitet, legt euch folgendes zurecht:<br />

einen mittelgroßen Topf, 1 Teelöffel, 1 Esslöffel, ein Küchenmesser, Schneidebrett, eine<br />

Glasschüssel.<br />

Die Zubereitung dieses Bohnensalates geht so:<br />

zunächst müssen die frischen Bohnen gründlich gewaschen werden. Während ihr mit einem<br />

Messer die Enden abschneidet, kann der halbe Liter Wasser im mittelgroßen Topf schon zum<br />

Kochen gebracht werden. Vergesst nicht, die 2 Teelöffel Salz hineinzugeben.<br />

Die Bohnen schneidet ihr noch in etwa 3 cm große Stücke und gebt sie dann in das kochende<br />

Wasser. Wie immer, wenn ihr mit Messern, heißen Pfannen oder kochendem Wasser umgeht,<br />

passt auf, dass ihr euch nicht verletzt urrrrg.<br />

Die Bohnen kochen ungefähr 20 Minuten. Dann könnt ihr ein Bohnenstück mit dem Esslöffel<br />

herausnehmen, pusten und probieren ob es schon weich ist.<br />

Möchtet ihr euch diese Arbeit ersparen, reicht auch eine Dose oder Glas Brechbohnen aus<br />

dem Supermarkt= billiger. Hier müsst ihr die Bohnen nur abgießen, also den gesamten<br />

Doseninhalt in ein Sieb gießen und warten bis keine Flüssigkeit mehr vorhanden ist- klar<br />

oder?<br />

Egal wie ihr euch entscheidet, die Salatsoße bleibt immer gleich und wird in der Glasschüssel<br />

zubereitet.<br />

Zunächst wird wieder die kleine Zwiebel geschält und auf dem Schneidebrett mit dem Messer<br />

in kleine Würfel geschnitten. Auch die Petersilie wird gewaschen, von den Stielen befreit und<br />

auf dem Schneidebrett kleingehackt.


In die Schüssel gebt ihr nun die 5 Esslöffel Essig (ein Tipp: wenn der Essig sehr sauer<br />

(scharf) ist, verdünnt ihn mit etwas Wasser), dann die 2 Esslöffel Öl, den Esslöffel Zucker,<br />

etwas Pfeffer und die Zwiebelwürfelchen. Alles rühren, bis der Zucker sich aufgelöst hat.<br />

Die gekochten Bohnen müssen abgegossen (wie bei den Dosenbohnen beschrieben wurde)<br />

und erkaltet sein, wenn ihr sie nun in die Salatsoße gebt. Zum Schluss streut ihr noch die<br />

gehackte Petersilie darüber und rührt alles nochmals um, damit jede Bohne etwas von der<br />

Soße abbekommt.<br />

Am besten schmeckt der Bohnensalat, wenn ihr ihn eine Weile stehen lasst, bevor er gegessen<br />

wird. Sehr gut passt er zu den Bratklopsen mit Kartoffelbrei.<br />

Gutes Gelingen<br />

Stachelbeerkuchen : wenn viel Zeit über ist<br />

Zum Backen eines Stachelbeerkuchens gehören gleich drei Rezepte. Ihr beginnt mit dem<br />

Tortenboden aus Mürbeteig. Dieses Rezept nenne ich Grundrezept, da es auch für andere<br />

Kuchensorten verwendet wird. Los geht’s mit den Zutaten:<br />

200 Gramm Mehl<br />

125 Gramm Margarine<br />

50 Gramm Zucker<br />

1 Eigelb<br />

etwas Margarine für die Kuchenform<br />

Legt euch wieder folgendes bereit:<br />

eine Schüssel, einen Messbecher für das Mehl, eine Untertasse für die Margarine, eine Tasse<br />

für den Zucker, eine weitere Tasse für das Eiweiß (welches zu einem späteren Zeitpunkt<br />

benötigt wird) und eine Küchenwaage zum Abwiegen der Margarine und des Zuckers, ein<br />

Nudelholz, eine Springform.<br />

Habt ihr nun alle Zutaten in vorgegebener Menge vorbereitet?<br />

In die Schüssel gebt ihr das Mehl hinein und macht in der Mitte eine kleine Mulde. Genau in<br />

dieses Loch und nur dahin kommen die weiteren Zutaten, nämlich der Zucker, die Margarine<br />

und das Eigelb (wie man das Eigelb von dem Eiweiß trennt habt ihr ja hoffentlich schon<br />

geübt. Achtet nur darauf, dass kein Eigelb in das Eiweiß gelangt, da es sonst nicht<br />

steifgeschlagen werden kann). Nun deckt die Mulde wieder mit Mehl zu und auf geht’s,<br />

hinein mit den Händen. Knetet alles so lange, bis ein schöner glatter Teig entstanden ist, den<br />

ihr in einem großen Kloß aus der Schüssel nehmen könnt. Schaut euch den Kloß nun an und<br />

macht drei gleiche Teile. Eines der Teile nehmt ihr von dem Kloß weg und legt es zunächst<br />

beiseite. Streut etwas Mehl auf einer glatten Fläche aus und legt den restlichen Teig darauf.<br />

Mit dem Nudelholz rollt ihr ihn rund aus, bis er auf den Boden der Springform passt. Bevor<br />

der Teig aber in die Springform kommt, muss diese mit Fett (Margarine) überall gleichmäßig<br />

bestrichen werden, damit der fertige Kuchen nicht anklebt und beim Herausnehmen ganz<br />

bleibt. Dann holt euch den Teig, den ihr beiseite gelegt habt. Diesen formt ihr nun (wieder auf<br />

einer mit Mehl bestreuten glatten Fläche ) mit den Händen zu einer langen Wurst. Das kennt<br />

ihr doch. Sie muss so lang werden, dass sie ganz um den Bodenrand gelegt werden kann.<br />

Drückt sie nun am Bodenteig und an den Seiten der Springform fest.


Jetzt kann gebacken werden. Backofen auf 180 Grad einstellen und schiebt die Backform auf<br />

die mittlere Schiene in den Ofen. Nach etwa 20 Minuten sollte der Kuchen eine goldgelbe<br />

Farbe haben und kann herausgeholt werden.<br />

Während der Backzeit müsst ihr euch aber schon um den Kuchenbelag kümmern und ein<br />

Stachelbeerkompott zubereiten.<br />

Das geht so:<br />

Ihr braucht<br />

500 Gramm Stachelbeeren<br />

¼ Liter = 250ml Wasser<br />

200 Gramm Zucker<br />

1 Päckchen Vanillinzucker<br />

50 Gramm Speisestärke<br />

Die Gegenstände die ihr hierfür benötigt sind:<br />

ein Kochtopf, einen Messbecher, Küchenwaage und Schüsselchen (für den Zucker und die<br />

Speisestärke), einen Kochlöffel.<br />

Das, mit dem Messbecher abgemessene Wasser, kommt als erstes in den Kochtopf. Nun<br />

kommen die Stachelbeeren und der abgewogene Zucker, in den ihr schon den Vanillinzucker<br />

gegeben habt, hinein. Alles einmal mit dem Kochlöffel umrühren und aufkochen lassen. Bei<br />

geringerer Hitze (Herdtemperatur herunterdrehen) noch etwas köcheln lassen, bis die<br />

Stachelbeeren weich sind. Damit es keine Wassersuppe bleibt, rührt ihr die Speisestärke im<br />

Schüsselchen mit etwas kaltem Wasser an (im Wasser auflösen und rühren, bis keine<br />

Klümpchen mehr da sind) und schüttet sie zu den Stachelbeeren in den Topf. Ihr müsst nun<br />

die Kochtemperatur wieder hochstellen, damit der Topfinhalt nochmals kocht und so lange<br />

mit dem Kochlöffel rühren, bis die Suppe dicker wird und sich dann Kompott nennen darf,<br />

der dann zum Abkühlen vom Herd genommen wird.<br />

Ist alles erkaltet gebt ihr also das Kompott auf den Tortenboden in der Springform und achtet<br />

darauf, dass ihr nicht über den Kuchenrand hinauskommt.<br />

Das muss natürlich auch noch gemacht werden. Genau, das Eiweiß. Daraus machen wir nun<br />

ein schönes<br />

Eiweißgitter.<br />

Hierfür braucht ihr nur:<br />

1 Eiweiß<br />

50 Gramm Zucker<br />

Einige Dinge bereitlegen.<br />

Eine Schüssel, Messbecher, Mixer, Spritzbeutel, Löffel<br />

Das Eiweiß mit dem Zucker schlagt ihr mit dem Mixer sofern vorhanden, ansonsten ist<br />

Handarbeit angesagt, in der Schüssel zu einem sehr steifen Eischnee. Ist der fertig, füllt den<br />

Eischnee in den Spritzbeutel.


Jetzt kommen wir wieder zu dem Kuchen. Spritzt den Eischnee gitterförmig auf das<br />

Stachelbeerkompott. Wenn ihr damit fertig seid, kommt der ganze Kuchen noch einmal in den<br />

Backofen, der wieder auf 180 Grad eingestellt ist. Wenn das Gitter eine leichte braune Farbe<br />

hat, ist euer Stachelbeerkuchen fertig.<br />

Jetzt könnt Ihr damit angeben –ja<br />

KURZGESCHICHTE<br />

Als Bonus für meine geneigten Leser<br />

R.D.V. Heldt


Mein Freund<br />

Kater Karlchen<br />

( Kurzgeschichte )<br />

Karlchen<br />

Mein Name ist Vera und ich wohne zusammen mit meinem Mann<br />

Joachim in einer geräumigen Mietwohnung in München. Ich selbst bin<br />

teilzeitbeschäftigte Arzthelferin und mein Ehemann arbeitet als<br />

Landwirtschaftsberater. Da wir kinderlos sind – uns ist dieses Glück<br />

leider nicht beschieden- hatten wir unseren niedlichen Kater Karlchen.<br />

Warum ich hier in der Vergangenheit schreibe, wird Ihnen bald bewusst.<br />

Also, Karlchen war ein allerliebster, roter Perserkater. Wir bekamen ihn,<br />

als er acht Wochen alt war und somit von seiner Mutter getrennt werden<br />

konnte. Er war so klein und hilfebedürftig, dass ich mich voll diesem<br />

kleinen zarten Wesen widmete. Obwohl uns vom Züchter bestätigt<br />

wurde, dass er alle Impfungen erhalten hatte und auch sonst gesund war,<br />

beunruhigte mich, dass seine Augen tränten und bei mir das Gefühl<br />

aufkam, er könnte einen Katzenschnupfen haben, was nicht ganz<br />

ungefährlich war. Folglich ging ich mit unsrem Katerchen zum Tierarzt.<br />

Dieser stellte zu unserer Freude fest, dass Karlchen eventuell nur in<br />

seinem Geburtshaus etwas zugig untergebracht war und die<br />

Beschwerden daraus resultierten, sich aber bald legen würden. Ich<br />

bekam eine Salbe mit, die ich täglich ins Unterlid einfügen musste und<br />

die Versicherung, dass die Beschwerden bald abklingen würden.<br />

Nach ein paar Tagen stellte sich wirklich eine Besserung ein und etwas<br />

später war er gesund.<br />

Nun entwickelte unser Sonnenschein sich prächtig. Er begann zu<br />

zahnen, was mich wieder alarmierte, denn hier waren die<br />

Begleiterscheinungen erhöhte Temperatur und Durchfall (was aber nicht<br />

unnormal ist). Da er während dieser Zeit auch an Appetitlosigkeit litt,<br />

kochte ich ihm Milchbrei und verabreichte ihm diesen, indem ich<br />

meinen Finger eintauchte und er ihn dann abschleckte. Ich war<br />

glücklich, ihm so wenigstens etwas Nahrung zukommen zu lassen.<br />

Als auch diese Zeit überstanden war, erlebten wir die schönsten Stunden<br />

mit unserem kleinen Racker.


Er war verschmust und bekam von uns alle Liebe, die wir geben<br />

konnten, denn er gab uns viel, viel mehr.<br />

Man sagt, Tiere sind Balsam für die Seele und dies konnten wir nur<br />

bestätigen. Im Alltag gibt es Situationen, mit denen man nicht gleich<br />

fertig wird und wie überall kam es auch bei uns vor, dass wir ziemlich<br />

down waren und lustlos umher schlichen. Doch dann war Karlchen da.<br />

Als ob er es spürte, schnurrte er ständig um unsere Beine herum und<br />

machte die tollsten Sachen. Zum Beispiel befand sich in unserem<br />

Schlafzimmer ein Spiegelschrank. Er setzte sich an die Ecke, guckte<br />

herum und sah sein Spiegelbild. Nun ging es los. Er hatte einen<br />

Eindringling entdeckt. Prompt fing er an, ihn anzugreifen. Diese Gesten<br />

und Figuren, die er dabei machte, brachten uns zum Lachen und aller<br />

Kummer war vergessen. Uns ging es wieder gut.<br />

Ein anderer Spaß war, wenn ich die Betten machte und den Bettkasten<br />

(wir hatten ein Polsterbett) öffnete. Dann war Karlchen nicht zu<br />

bremsen. Er kam angesaust, sprang in den Kasten und das Spiel begann.<br />

Ging ich nach hinten, huschte er nach vorn und umgekehrt. Fangen ließ<br />

er sich natürlich nicht, denn das wäre ja nicht interessant. Dies setzte<br />

sich so lange fort, bis ich das Zimmer verließ und er mir nach kurzer<br />

Zeit ziemlich gelangweilt folgte. Da konnte es schon einmal passieren,<br />

dass das Richten der Betten mehr Zeit als üblich benötigte.<br />

Durch unsere Berufstätigkeit war es unumgänglich, dass er allein zu<br />

Hause bleiben musste. Versorgt mit frischem Wasser (keine Milch, wie<br />

man bei Katzen irrtümlich annimmt) und seiner Katzentoilette,<br />

beschäftigte er sich über diese Zeit allein – meistens wohl mit schlafen –<br />

ohne jemals etwas anzustellen. Wenn wir dann nach Hause kamen, egal<br />

ob mein Mann oder ich, begrüßte er uns so herzlich, wie ein Mensch es<br />

nie vermag. Dann war er ständig um uns herum und forderte sein Recht<br />

Mittelpunkt zu sein, dem wir aber auch liebend gern nachkamen. Er ließ<br />

uns nicht mehr aus den Augen und wenn wir abends gemütlich im<br />

Wohnzimmer saßen, lag er immer auf einem Schoß herum und ließ sich<br />

durch Kraulen verwöhnen. Uns allen ging es richtig gut.<br />

Täglich wurde er gebürstet, was notwendiger Weise sein musste, da er<br />

ein langes Fell hatte und dies sonst verfilzen konnte. Das war ihm zwar<br />

nicht so recht, aber er ließ es über sich ergehen.<br />

Klingelte das Telefon oder ging die Türglocke, sagte ihm sein Instinkt,<br />

dass Herrchen oder Frauchen aufstehen mussten und er hüpfte vom<br />

Schoß, ohne dass wir ihn dazu auffordern mussten. Solche Reaktionen<br />

versetzten uns immer wieder in Staunen.<br />

Wie von vielen Tierbesitzern bestritten, jedoch von den meisten<br />

praktiziert, schlief Karlchen bei uns im Bett. Er legte sich meistens zum<br />

Einschlafen ans Kopfende und verzog sich während der Nacht ans<br />

Fußende unseres Bettes.<br />

Morgens wurden wir dann von unserer Samtpfote begrüßt.<br />

Unser Leben war unsagbar schön, durch unseren Gefährten Karlchen.


Endgültig<br />

Unser geliebtes Karlchen war eineinhalb Jahre alt, folglich im besten<br />

Katzenalter, als es begann.<br />

Zufällig war ich zugegen, als sich unser Liebling auf der Katzentoilette<br />

befand und dabei war, sein Geschäft zu verrichten. Plötzlich benahm er<br />

sich eigenartig und begann, was ich nie vorher erlebt hatte, zu fauchen.<br />

Ich ging auf ihn zu, sprach ihn an (wir sprachen immer mit ihm, weil er<br />

alles verstand) und er fauchte wieder. Darüber war ich momentan so<br />

erschüttert und wurde traurig, weil ich merkte, dass irgend etwas nicht<br />

stimmen konnte. Er kam dann allerdings von seiner Toilette herunter<br />

und benahm sich wieder ganz normal.<br />

Als mein Mann von der Arbeit kam, berichtete ich Joachim von dem<br />

Geschehnis und wir beide wussten uns keinen anderen Rat, als die<br />

Angelegenheit zu beobachten.<br />

Als Karlchen sich auf den Weg zu seinem Katzenklo machte, gingen wir<br />

hinterher und der Vorgang wiederholte sich. Er versuchte Wasser zu<br />

lassen und begann wieder zu fauchen. Nun war uns klar, unserem<br />

Liebling fehlte etwas und er musste Schmerzen ertragen. Noch am<br />

Abend riefen wir unseren Tierarzt an und Dr. Frank empfing uns ein<br />

paar Minuten später.<br />

Was wir dort erfuhren, ließ uns fast verzweifeln. Die Diagnose hieß<br />

Nierengrieß.<br />

Es folgte eine kleine Operation, in der unserem geliebten Hausgenossen<br />

ein Katheder eingeführt wurde, um eine Entlastung in der Blase zu<br />

schaffen und diese „künstlich“ zu entleeren.<br />

Wir wurden darüber aufgeklärt, dass alles überstanden wäre, wenn<br />

Karlchen es nach diesem Eingriff schaffen würde, wieder selbständig zu<br />

urinieren. Auf meine Frage, was dieses Krankheitsbild verursacht haben<br />

konnte, kam von Dr. Frank wie aus der Pistole geschossen:<br />

„Trockenfutter“.<br />

Wenn Katzen überwiegend Trockenfutter fraßen und nicht genügend<br />

Flüssigkeit, sprich Wasser zu sich nahmen, (was bei Katern häufiger der<br />

Fall ist, wie bei Katzen) kann es in wenigen Fällen zu dieser Krankheit<br />

kommen.<br />

Ausgerechnet unser Karlchen war ein solcher Fall. Ich verstand die Welt<br />

nicht mehr.<br />

Von der Vollnarkose noch nicht wieder aufgewacht, packten wir unseren<br />

kleinen Kerl ein, bestiegen das Auto und machten uns wortlos und<br />

nachdenklich auf den Heimweg. Joachim fuhr den Wagen und ich saß,<br />

mit unserem Schatz in den Armen auf dem Beifahrersitz und werde nie<br />

vergessen, wie elend mir in diesem Augenblick war. Ich machte mir<br />

Vorwürfe über Vorwürfe, weil ich ihm immer dieses Trockenfutter<br />

hingestellt habe, in dem Glauben, ihm etwas Gutes zu tun, da er das


este Katzenfertigfutter was man bekommen konnte, verschmähte und<br />

viel lieber Trockenfutter fraß. Jede Sorte Fertigfutter ließ er oft tagelang<br />

unangetastet, bis ich es wegschmeißen musste und ihm dann dieses<br />

Trockenzeug hinstellte, über das er dann regelrecht herfiel.<br />

Als ob mein Mann meine Gedanken lesen konnte sagte er nur: „Vera,<br />

wir haben es doch gut gemeint“. Dann verstummte er wieder und wir<br />

sprachen kein Wort mehr, bis wir zu Hause angelangt waren.<br />

In unserer Wohnung angekommen, legten wir Karlchen auf eine weiche<br />

Decke und warteten auf sein Erwachen. Unsere Blicke wichen keinen<br />

Augenblick von ihm ab und es durchzuckte uns, als er ganz sacht anfing,<br />

seine Pfote zu bewegen. Es dauerte noch eine ganze Weile, bis er<br />

versuchte, auf seine vier Pfoten zu gelangen. Mit viel Mühe schaffte er es<br />

auch kurz, fiel dann aber vor Schwäche wieder um. Er probierte es<br />

immer wieder, inzwischen mit unserer Hilfe, indem einer von uns beiden<br />

ihn abstützte und hielt, damit diese Versuche nicht immer wieder<br />

scheiterten. Dann kam hinzu, dass er von der Narkose brechen musste.<br />

Dies allein war schon schlimm, wenn er nicht beeinträchtigt war, aber so<br />

war es eine regelrechte Quälerei.<br />

Wir halfen ihm so gut es ging und mir tat es im Herzen weh, unseren<br />

kleinen Kameraden so leiden zu sehen. Nachdem er nicht mehr brechen<br />

musste, beschlossen wir, ins Bett zu gehen.<br />

Ich legte ein Handtuch auf meine Bettdecke und packte mir mein<br />

Karlchen in den Arm.<br />

So lagen wir nun da, aber an Schlaf war nicht zu denken. Er war in<br />

dieser Nacht auch sehr unruhig, versuchte des Öfteren vom Bett zu<br />

springen, was ich natürlich nicht zuließ, und setzte ihn dann immer<br />

behutsam auf den Boden. Er torkelte immer zu seiner Toilette. Wir<br />

gingen ihm jedes Mal hinterher, beobachteten und beteten, dass er<br />

endlich selbständig Wasser lassen konnte. Doch es war vergebens, es<br />

klappte nicht.<br />

Nach dieser schlaflosen Nacht (ich musste am folgenden Tag nicht<br />

arbeiten) fuhr ich gleich nachdem die Sprechstunde begonnen hatte,<br />

wieder in die Tierarztpraxis.<br />

Dr. Frank gab sich viel Mühe gelassen zu wirken, aber ich merkte ihm<br />

an, dass es wohl doch problematischer war als befürchtet. Er setzte<br />

Karlchen auf den Behandlungstisch und drückte ihm die Blase leer. Er<br />

erklärte mir dann, dass es einen speziellen Griff dafür gab die Blase auf<br />

diese Weise zu entleeren, dies jedoch kein Dauerzustand war und eine<br />

unnötige Quälerei für das Tier bedeutete.<br />

Diese Worte trafen mich wie ein Schlag und mir stiegen Tränen in die<br />

Augen, denn ich dachte an das, was nicht ausgesprochen wurde, mir in<br />

diesem Augenblick aber in den Sinn kam – mein Sonnenschein wird mir<br />

genommen- .


Dr. Frank erkannte meine Verzweiflung und sagte, wir wollten noch ein<br />

paar Tage warten. Ein- zwei Mal könne man noch so vorgehen und<br />

vielleicht schafft er es ja doch noch allein.<br />

Mit diesen Worten verabschiedete er uns und ich fuhr wieder nach<br />

Hause.<br />

Zwei Tage vergingen. Karlchen wurde schwächer und schwächer. Sein<br />

Fell wurde stumpf. Er versuchte sich immer zu verkriechen und was am<br />

Schlimmsten war, er machte nicht von allein. Jeden Tag waren entweder<br />

Joachim oder ich beim Tierarzt und die Aussicht unseren Schatz zu<br />

behalten wurde immer geringer.<br />

Es kam das Wochenende. Joachim saß mit mir am Frühstückstisch und<br />

sagte:<br />

„Vera, mein Schatz, meinst Du nicht auch, dass unser Karlchen sich<br />

genug gequält hat und es nicht verdient, diese großen Schmerzen zu<br />

ertragen? Er hat uns so viel gegeben. Wollen wir ihm nun nicht helfen?<br />

Helfen aus Liebe?“<br />

Ich sprang vom Stuhl auf, schmiss mich auf die Couch im Wohnzimmer<br />

und begann hemmungslos zu weinen. Unter Schluchzen sagte ich:<br />

„Joachim, Du hast ja Recht. Erlösen wir ihn von seinen Qualen.“<br />

Ich nahm ein letztes Mal mein geliebtes Karlchen auf den Arm, küsste<br />

ihn und sagte Lebewohl. Dann lief ich, ohne mich noch einmal<br />

umzusehen aus dem Zimmer und konnte nur noch weinen.<br />

Inzwischen packte mein tapferer Joachim, dem dies auch sehr nahe ging,<br />

aber einer musste der Stärkere sein, unseren Schatz ein und fuhr mit ihm<br />

zum Tierarzt.<br />

Ungefähr nach einer Stunde kam Joachim zurück. Ich war immer noch<br />

nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen und kam ihm<br />

heulend entgegen.<br />

Ich fragte ob es vorbei war, als Joachim die Transporttasche öffnete und<br />

mein Karlchen seinen Kopf herausstreckte. Nun weinte ich erst recht,<br />

vor Freude. Ich konnte nicht fassen, dass ich ihn noch einmal wiedersah,<br />

meinen kleinen Kater.<br />

Joachim erklärte mir, dass er mit unserem Tierarzt gesprochen hatte,<br />

ihm meine Verzweiflung schilderte und beide entschieden, noch einen<br />

Tag zu warten um mir die Möglichkeit eines richtigen Abschieds zu<br />

geben.<br />

Ich freute mich, aber war es richtig so zu entscheiden? War es die<br />

richtige Entscheidung für Karlchen? Der kleine Kerl schied nun schon<br />

Blut aus wenn er den Drang zu urinieren verspürte, was bedeutete, dass<br />

die Nieren nicht mehr richtig arbeiteten und die Wahrscheinlichkeit<br />

immer größer wurde, dass seine Blase platzte und er dann wirklich sehr,<br />

sehr qualvoll sterben würde.


Ich war hin- und hergerissen. Glücklich darüber, meinen kleinen<br />

Kameraden noch einmal im Arm halten zu dürfen, unendlich traurig<br />

über das bevorstehend Unumgängliche.<br />

Während Karlchen auf meinem Arm blieb, sprachen Joachim und ich so<br />

sachlich wie es möglich war über den Tod und sahen ein, dass es purer<br />

Egoismus war, ein geliebtes Tier so leiden zu lassen und sich nicht lösen<br />

zu wollen, obwohl es keine Hilfe mehr gab.<br />

Mein Verstand sah dies alles ein, aber mein Herz nicht.<br />

Der nächste Tag war gekommen. Die ganze Nacht war Karlchen bei<br />

mir. Ich habe ihn liebkost und hätte sonst etwas dafür gegeben, den<br />

bevorstehenden schweren Schritt zu umgehen. Es half aber alles nichts.<br />

Mein Kamerad trat seinen letzten Weg an, begleitet von seinem lieben<br />

Herrchen, denn ich war trotz aller Einsicht nicht in der Lage dazu.<br />

Weinend stand ich hinter der Gardine unseres Küchenfensters und<br />

schaute unserem Wagen nach, der die Straße entlang fuhr, der Straße<br />

ohne Wiederkehr.<br />

So stand ich noch sehr lange und ganz für mich allein dankte ich Gott<br />

dafür, dass er uns für kurze Zeit ein so liebes Wesen beschert hat,<br />

unseren kleinen Kater Karlchen, den geliebten Freund.<br />

Karlchen, wir werden Dich nie vergessen.<br />

Erinnerung<br />

Einige Tage waren vergangen und ich hatte es noch immer nicht übers<br />

Herz gebracht, Karlchens Sachen zu entfernen. Joachim war zwar der<br />

Ansicht, dass es leichter wäre, wenn man nicht ständig den Kratzbaum,<br />

seine Spielsachen, Fressnäpfe oder Bürsten vor Augen hätte, nahm aber<br />

wie stets Rücksicht auf mich und drängte nicht weiter.<br />

Schaute ich den Kratzbaum an, sah ich unseren Liebling darauf<br />

herumspringen, wie er mit der, an einer Querstange angebrachten<br />

Stoffmaus spielte und sich durch nichts von seinem Jagdfieber<br />

abbringen ließ. Eines Tages verhedderte er sich in der dazugehörigen<br />

Schnur und sofort wurde die Stoffmaus entfernt, denn er hätte sich ja<br />

unter Umständen verletzen können.<br />

Dann war da noch sein Ball. Den liebte er, denn dieser Ball hatte Löcher<br />

und wir konnten ihn mit Leckereien füllen. Sobald Karlchen damit<br />

spielte und der Ball kullerte, fielen die Leckerbissen heraus und er bekam<br />

gleichzeitig eine Belohnung.<br />

An seine Bürste hielt ich besonders fest, denn in ihr befanden sich noch<br />

wenige Resthaare vom Fell meines geliebten Freundes.<br />

Auch sonst gab es viele Augenblicke, in denen ich Karlchen unbewusst<br />

suchte.


So erinnerte ich mich daran, wie er eines Tages plötzlich verschwunden<br />

war. Ich suchte die ganze Wohnung nach ihm ab, aber er war weg. Hatte<br />

ich vielleicht die Haustür gedankenlos aufgelassen, so dass er entwischen<br />

konnte? Aber ich war doch die ganze Zeit nicht draußen. Dann ging ich<br />

in Gedanken alles noch einmal durch, was ich am Vormittag getan hatte.<br />

Zunächst fiel mir das Bettenmachen ein, aber im Bettkasten war er<br />

nicht. Anschließend bügelte ich die Wäsche und räumte die Sachen in<br />

den Schrank. Ich schaute also im Kleiderschrank nach und traute<br />

meinen Augen nicht. Ich hatte ausgediente Winterpullover, die ich aber<br />

noch nicht wegwerfen wollte, auf dem Schrankboden untergebracht und<br />

genau hier hatte es sich unser Karlchen gemütlich gemacht. Er musste<br />

sich, während ich die Sachen einräumte, unbemerkt hineingeschlichen<br />

haben und es machte ihm auch nichts aus, als der Schrank geschlossen<br />

wurde. Nun schaute er mich mit großen Augen an und verstand meine<br />

Verblüffung ganz und gar nicht.<br />

Solche Episoden passierten öfter und die Gedanken daran ließen mich<br />

meine Trauer immer für einen Moment vergessen. Aber dann war sie<br />

wieder da, diese große Sehnsucht nach meinem kleinen Kater.<br />

Nach etwa zwei Wochen wurde mir bewusst, dass es nicht die<br />

Gegenstände waren, die mich erinnerten, sondern dass es etwas war, was<br />

mir im Leben niemand nehmen konnte und das war der Platz, den<br />

Karlchen auf ewig in meinem Herzen hatte. So beschloss ich seine<br />

Sachen zusammenzupacken und in den Keller zu bringen. Das einzige<br />

was in der Wohnung blieb, war ein Bild von ihm. Es erhielt einen<br />

Ehrenplatz auf unserer Vitrine.<br />

Als Joachim an diesem Tag von der Arbeit kam, erzählte ich ihm von<br />

meinem Tun und von den Empfindungen, die mich dazu veranlassten.<br />

Er nahm mich in die Arme und sagte, dass er mir genau dieses<br />

vermitteln wollte, ich aber von allein dahinterkommen musste.<br />

In diesem Moment war mir wieder klar, was für einen verständnisvollen,<br />

lieben Mann ich hatte und ich schmiegte mich fest an ihn. Ich fühlte<br />

mich sehr wohl. Gemeinsam schafften wir es, mit dem großen Verlust<br />

fertig zu werden, da war ich mir sicher.<br />

Sicher war ich mir aber auch, dass es kein anderes Haustier mehr geben<br />

würde, denn Karlchen war nicht zu ersetzen.<br />

Der Versuch<br />

Als Landwirtschaftsberater besuchte Joachim viele Bauernhöfe, auf<br />

denen es auch viele Katzen gab. Besonders, wenn Kätzlein geboren<br />

wurden, schwärmte er mir immer vor, wie süß und niedlich sie doch


waren und ob es nicht doch schöner wäre, wenn wir wieder einen<br />

Hausgenossen hätten.<br />

Meine Antwort war –Nein-.<br />

Ein Jahr war nun verstrichen, seit Karlchen uns verlassen hatte. Ich<br />

konnte mit der Situation inzwischen umgehen, denn Zeit heilt wirklich<br />

Wunden. Trotzdem war ich aber nicht bereit, ein anderes Tier<br />

aufzunehmen. Automatisch dachte ich dann immer an das Ende und an<br />

das große Leid.<br />

Eines Tages kam ich von der Arbeit, Joachim war bereits zu Hause.<br />

Da lief doch wirklich eine Katze in unserem Wohnzimmer herum. Ich<br />

war außer mir. Ohne dass Joachim auch nur ein Wort sagen konnte<br />

schrie ich:<br />

„Das Tier kommt weg.“<br />

Es war eine schwarz-weiße Katze, die den Namen Minka bekommen<br />

sollte. Auch sie war nett, aber konnte meinem Karlchen nicht das<br />

Wasser reichen.<br />

Joachim nahm Minka und brachte sie auf den Bauernhof zurück, von<br />

dem er sie geholt hatte.<br />

Ich setzte ohne jede Rücksicht meinen Willen durch, ohne an die<br />

Gefühle meines Mannes zu denken. Joachim konnte meine Reaktion<br />

überhaupt nicht verstehen und nahm mir mein Verhalten noch lange<br />

übel. Er machte keinen Versuch mehr eine neue Katze zu bekommen,<br />

obwohl er gern wieder ein Haustier gehabt hätte.<br />

Später konnte ich ohne Emotionen über diesen Vorfall nachdenken und<br />

mir war auch bewusst, wie egoistisch ich war. Im Prinzip mochte ich<br />

Minka ja auch, da ich alle Tiere liebte. Sie war nur zum falschen<br />

Zeitpunkt aufgetaucht und ich war noch nicht bereit Karlchens Platz zu<br />

vergeben. Ich hatte Angst, Minka als Eindringling zu betrachten und ihr<br />

nicht die Zuneigung geben zu können, die sie verdient hatte. Wenn ich<br />

einem Tier ein zu Hause geben würde, dann mit allem was dazu gehört,<br />

ohne Einschränkung.<br />

Diese Zeit kam aber. Wir gaben zwei Katzen und zwei Hunden ein zu<br />

Hause.<br />

Alle durften wir mehrere Jahre behalten und sie machten uns glücklich.<br />

ENDE


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Ich hoffe diese kurzen <strong>Leseproben</strong> haben Ihnen gefallen und Sie haben ein, für<br />

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Herzlichst<br />

Ihre<br />

R.D.V. Heldt


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