Das UNESCO-Programm – Die Umsetzung des MAB-Programms in ...
Das UNESCO-Programm – Die Umsetzung des MAB-Programms in ...
Das UNESCO-Programm – Die Umsetzung des MAB-Programms in ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
28 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
Österreich und die <strong>UNESCO</strong><br />
Als Mitgliedsstaat der <strong>UNESCO</strong> war Österreich<br />
an der Entwicklung <strong>des</strong> <strong>Programm</strong>s „Der<br />
Mensch und die Biosphäre“ beteiligt. Bereits<br />
im Jänner 1973 bildete sich e<strong>in</strong> <strong>MAB</strong>-Nationalkomitee.<br />
<strong>Die</strong> Österreichische Akademie der<br />
Wissenschaften (ÖAW) brachte Vertreter aus<br />
Wissenschaft und Politik <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gremium<br />
zusammen, das für die <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>UNESCO</strong>-Forschungsprogramms <strong>in</strong> Österreich<br />
verantwortlich ist. Der wissenschaftliche<br />
Kern <strong>des</strong> Komitees besteht aus Mitgliedern<br />
der Akademie der Wissenschaften. <strong>Die</strong> politischen<br />
Entscheidungsträger werden nach<br />
Anfrage der ÖAW von den jeweiligen M<strong>in</strong>isterien<br />
entsandt. <strong>Die</strong> Dachorganisation CIPRA<br />
vertritt als e<strong>in</strong>zige Nichregierungsorganisation<br />
die Interessen der Naturschutzvere<strong>in</strong>e.<br />
Österreich ist seit 1948 Mitglied der <strong>UNESCO</strong>. Für die Vertretung der<br />
Republik Österreich gegenüber der <strong>UNESCO</strong> ist das Bun<strong>des</strong>m<strong>in</strong>isterium<br />
für auswärtige Angelegenheiten zuständig. Als nationale Koord<strong>in</strong>ations-<br />
stelle für <strong>UNESCO</strong>-Angelegenheiten wurde 1949 die Österreichische<br />
<strong>UNESCO</strong>-Kommission (ÖUK) mit Sitz <strong>in</strong> Wien gegründet. Ihre Aufgabe<br />
ist es, die Bun<strong>des</strong>regierung, die Lan<strong>des</strong>regierungen und die übrigen zu-<br />
ständigen Stellen <strong>in</strong> <strong>UNESCO</strong>-Belangen zu beraten, an der Verwirklichung<br />
der <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong>e <strong>in</strong> Österreich mitzuarbeiten, die Öffentlichkeit<br />
über die Arbeit der Organisation zu <strong>in</strong>formieren und Institutionen, Fach-<br />
organisationen und Experten mit der <strong>UNESCO</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu br<strong>in</strong>gen.<br />
<strong>Die</strong> Nationalkommissionen s<strong>in</strong>d als konstitutionelle Partner e<strong>in</strong>erseits<br />
das nationale Organ der <strong>UNESCO</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mitgliedsstaat, andererseits<br />
vertreten sie den jeweiligen Mitgliedsstaat gegenüber der <strong>UNESCO</strong>.<br />
Nationalkommissionen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>zigartig im gesamten UN-System und<br />
stellen e<strong>in</strong>e vorausblickende E<strong>in</strong>beziehung der Zivilgesellschaft <strong>in</strong> die<br />
zwischenstaatliche Zusammenarbeit dar. <strong>Die</strong> ÖUK betreut auch die 45<br />
Österreichischen <strong>UNESCO</strong>-Schulen, mit deren Hilfe <strong>UNESCO</strong>-Anliegen im<br />
Unterricht umgesetzt werden.<br />
Österreichische <strong>UNESCO</strong>-Kommission<br />
Strozzigasse 2, A-1080 Wien<br />
<strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> <strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong>s <strong>in</strong> Österreich<br />
E-Mail: oeuk@unesco.at, Internet: http://www.unesco.at<br />
In Österreich gibt es derzeit fünf Biosphärenparks. E<strong>in</strong><br />
sechster (Wienerwald) wird derzeit konkret geplant.<br />
Im Jahr 1976 wurde das Weltnetz der Biosphärenreservate<br />
begründet. Österreich beteiligte<br />
sich bereits <strong>in</strong> der ersten Phase der<br />
Gebietsausweisung und nom<strong>in</strong>ierte 1977 die<br />
vier Biosphärenparks Gurgler Kamm, Gossenköllesee,<br />
Neusiedler See und Lobau. Dabei<br />
kam die Initiative für die Auswahl der Gebiete<br />
aus den Reihen der Wissenschaftler. So fand<br />
<strong>in</strong> den neuen Biosphärenparks über viele Jahre<br />
h<strong>in</strong>weg vor allem naturwissenschaftliche Grundlagenforschung<br />
statt. Seit der E<strong>in</strong>richtung der<br />
beiden Nationalparks „Neusiedler See“ (1993)<br />
und „Donauauen“ (1996) berücksichtigen die<br />
beiden östlichen Gebiete zunehmend auch<br />
angewandte Fragestellungen <strong>des</strong> Naturschutzes.<br />
Zusammengefasst kann man bei den Gebieten<br />
der „ersten Generation“ jedoch nicht von<br />
„Modellregionen für e<strong>in</strong>e nachhaltige Entwicklung“<br />
sprechen. <strong>Die</strong> Schwerpunkte liegen<br />
e<strong>in</strong>deutig auf der Forschung (Gurgler Kamm<br />
und Gossenköllesee) und auf dem Erhalt der<br />
Naturräume (Neusiedler See und Lobau). Fünf<br />
Jahre nach Sevilla entstand <strong>in</strong> Österreich mit<br />
dem Großen Walsertal erstmals e<strong>in</strong> „moderner“<br />
Biosphärenpark, der den aktuellen Leitl<strong>in</strong>ien<br />
der <strong>in</strong>ternationalen Schutzkategorie entspricht.<br />
Dort wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ganzheitlichen<br />
Konzept der Mensch mit se<strong>in</strong>em Wirtschaften<br />
<strong>in</strong> den Erhalt der biologischen Vielfalt e<strong>in</strong>bezogen.<br />
Für 2005 ist die E<strong>in</strong>reichung e<strong>in</strong>es weiteren<br />
Biosphärenparks im Wienerwald geplant.
<strong>Die</strong> Mitglieder <strong>des</strong> <strong>MAB</strong>-Nationalkomitees <strong>in</strong> Österreich<br />
18 Vertreter aus Wissenschaft sowie Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen bilden<br />
zusammen das österreichische <strong>MAB</strong>-Nationalkomitee. <strong>Das</strong> Gremium tritt zweimal im Jahr zu e<strong>in</strong>er<br />
Sitzung zusammen. Es hat se<strong>in</strong>en Sitz <strong>in</strong> der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).<br />
Vorsitzender <strong>des</strong> <strong>MAB</strong>-Komitees: Prof. Dr. Georg Grabherr (seit 2003)<br />
Seit 1986 leitet Prof. Dr. Grabherr die Abteilung Naturschutzforschung, Vegetations- und Landschafts-<br />
ökologie am Institut für Ökologie und Naturschutz der Universität Wien. Zu se<strong>in</strong>en Forschungs-<br />
schwerpunkten gehören die Vegetation der Alpen, die funktionalen Aspekte der biologischen Vielfalt<br />
<strong>in</strong> Österreich, der Grad der Natürlichkeit von Waldökosystemen (Hemerobie) sowie die E<strong>in</strong>flüsse <strong>des</strong><br />
Klimawandels auf alp<strong>in</strong>e Lebensräume. Prof. Grabherr ist Mitglied <strong>in</strong> zahlreichen <strong>in</strong>ternationalen<br />
Gremien und berät die Europäische Union bei der <strong>Umsetzung</strong> ihres fünften Wissenschaftsprogramms<br />
sowie bei der Fauna-Flora-Habitat-Richtl<strong>in</strong>ie. Zu se<strong>in</strong>en aktuellsten Publikationen zählt e<strong>in</strong> umfassen<strong>des</strong><br />
„Lehrbuch der Ökologie“, das er mit deutschen und Schweizer Kollegen 2004 herausgegeben hat.<br />
Sekretariat:<br />
Dr. Günter Köck<br />
Österreichische Akademie der Wissenschaften,<br />
Nationale und <strong>in</strong>ternationale Forschungsprogramme<br />
Dr.-Ignaz-Seipel-Platz 2<br />
1010 Wien<br />
Mitglieder:<br />
Prof. Dr. Axel Borsdorf, Institut für Stadt- und Regionalforschung, ÖAW<br />
Prof. Dr. Friedrich Ehrendorfer, Botanisches Institut, Universität Wien<br />
Mag. Gabriele Eschig, <strong>UNESCO</strong>-Kommission Österreich<br />
Prof. Dr. Mar<strong>in</strong>a Fischer-Kowalski, Institut für Soziale Ökologie, Fakultät für Interdiszipl<strong>in</strong>äre Forschung<br />
MR DI Elfriede Fuhrmann, Bun<strong>des</strong>m<strong>in</strong>isterium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft<br />
MR Dr. Frieda Gollner, Bun<strong>des</strong>außenm<strong>in</strong>isterium<br />
Prof. Dr. Alois Herzig, Biologische Station Illmitz, Amt der Burgenländischen Lan<strong>des</strong>regierung<br />
Prof. Dr. He<strong>in</strong>z Löffler (em.), Institut für Ökologie und Naturschutz, Abt. Limnologie, Universität Wien<br />
DI Wolfgang Mattes, Bun<strong>des</strong>umweltm<strong>in</strong>isterium<br />
Prof. Dr. Hans Peter Nachtnebel, Institut für Wassermanagement, Universität für Bodenkultur<br />
Prof. Dr. Jörg Ott, Institut für Ökologie und Naturschutz, Universität Wien<br />
Prof. Dr. Gernot Patzelt, Universität Innsbruck<br />
Mag. Christian Plössnig, Amt der Tiroler Lan<strong>des</strong>regierung, Abteilung Umweltschutz<br />
Prof. Dr. Marianne Popp, Institut für Ökologie und Naturschutz, Universität Wien<br />
Mag. Birgit Karre, CIPRA Österreich<br />
Der Mensch und die Biosphäre<br />
MR Dr. Christian Smol<strong>in</strong>er, Bun<strong>des</strong>m<strong>in</strong>isterium für Bildung, Wissenschaft und Kultur<br />
Prof. Dr. Wolfgang Wieser (em.), Institut für Tierphysiologie, Universität Innsbruck<br />
Doz. Dr. Hans W<strong>in</strong>kler, Konrad-Lorenz-Institut für vergleichende Verhaltensforschung, ÖAW<br />
29<br />
Prof. Dr. Grabherr ist<br />
seit 2003 Vorsitzender<br />
<strong>des</strong> <strong>MAB</strong>-Komitees.<br />
Im H<strong>in</strong>tergrund ist<br />
<strong>MAB</strong>-Mitglied<br />
Prof. Dr. Fischer-<br />
Kowalski zu sehen.
Nationale Zuständigkeiten<br />
<strong>Das</strong> <strong>MAB</strong>-Nationalkomitee koord<strong>in</strong>iert zusammen<br />
mit der <strong>UNESCO</strong>-Kommission (ÖUK),<br />
die wiederum Mitglied im österreichischen<br />
<strong>MAB</strong>-Nationalkomitee ist, das „Man and Biosphere“-<strong>Programm</strong><br />
<strong>in</strong> Österreich. Im Gegensatz<br />
zum Nationalkomitee, das die Forschungsschwerpunkte<br />
festlegt, ist die Arbeit der ÖUK<br />
auf die Vermittlung <strong>des</strong> <strong>MAB</strong>-Konzepts gerichtet.<br />
Weiters war sie darum bemüht, die<br />
Forschung stärker <strong>in</strong> Richtung Biosphärenparks<br />
zu orientieren. Derzeit führt die ÖUK<br />
zusammen mit dem Biosphärenpark Wienerwald<br />
Management e<strong>in</strong>e umfassende Schulaktion<br />
<strong>in</strong> Niederösterreich und Wien zur<br />
vertiefenden Beschäftigung mit dem Thema<br />
Biosphärenpark durch. Doch das <strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong><br />
ist nur e<strong>in</strong>es der vielen Aufgabenfelder<br />
<strong>in</strong>nerhalb der <strong>UNESCO</strong>-Kommission. Damit<br />
fehlt e<strong>in</strong>e zentrale Institution, die den Managern<br />
bei der <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> komplexen Biosphärenparkkonzeptes<br />
und der Weiterentwicklung<br />
der „alten“ Gebiete unter die Arme<br />
greift, den Erfahrungsaustausch zwischen<br />
den Gebieten fördert und Lobbyarbeit für<br />
die Schutzkategorie <strong>in</strong>nerhalb Österreichs<br />
betreibt. Im Vergleich dazu ist <strong>in</strong> Deutschland<br />
<strong>MAB</strong>-Struktur <strong>in</strong> Österreich:<br />
<strong>Das</strong> <strong>MAB</strong>-Nationalkomitee<br />
legt die Forschungsschwerpunkte<br />
<strong>in</strong>nerhalb <strong>des</strong> <strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong>s<br />
fest, die <strong>UNESCO</strong>-Kommission<br />
sorgt für die Vermittlung <strong>des</strong><br />
<strong>MAB</strong>-Konzeptes <strong>in</strong> Österreich.<br />
Graphik: Sigrun Lange<br />
das <strong>MAB</strong>-Sekretariat beim Bun<strong>des</strong>amt für<br />
Naturschutz angesiedelt. 1990 trat e<strong>in</strong>e „Ständige<br />
Arbeitsgruppe der Biosphärenreservate <strong>in</strong><br />
Deutschland (AGBR)“ zusammen. <strong>Die</strong>se entwickelte<br />
1995, zeitgleich mit der Konferenz<br />
<strong>in</strong> Sevilla, nationale „Leitl<strong>in</strong>ien für Schutz,<br />
Pflege und Entwicklung“ und gab damit den<br />
Verantwortlichen Kriterien an die Hand, die<br />
bei der E<strong>in</strong>richtung und Weiterentwicklung<br />
von Biosphärenreservaten berücksichtigt<br />
werden müssen. In Österreich fehlen nationale<br />
Leitl<strong>in</strong>ien. Häufig werden die deutschen<br />
Richtl<strong>in</strong>ien zur Orientierung herangezogen.<br />
Strukturelle Probleme<br />
Ke<strong>in</strong>er der <strong>in</strong> Österreich vor Sevilla ausgewiesenen<br />
Biosphärenparks verfügt über eigene<br />
Managemente<strong>in</strong>richtungen. <strong>Die</strong> Verwaltung<br />
der Gebiete sowie die regelmäßige Berichterstattung<br />
an die <strong>UNESCO</strong> werden von beauftragten<br />
Mitarbeitern der jeweiligen Lan<strong>des</strong>regierungen<br />
übernommen. Im Großen Walsertal<br />
dagegen gibt es e<strong>in</strong> Biosphärenparkmanagement.<br />
Doch auch hier fehlen die nötigen<br />
f<strong>in</strong>anziellen und personellen Ressourcen,<br />
um den vielfältigen Funktionen gerecht zu
werden. Während im Walsertal (19.200 Hektar)<br />
nur e<strong>in</strong>e Person hauptamtlich für die <strong>Umsetzung</strong><br />
der Sevilla-Strategie zuständig ist, stehen<br />
im etwas größeren Nationalpark Kalkalpen<br />
(20.825 Hektar) für Management, Forschung<br />
sowie Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit 30<br />
Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung und<br />
15 Kollegen der Österreichischen Bun<strong>des</strong>forste<br />
zur Verfügung. Für die Planung <strong>des</strong><br />
Biosphärenparks Wienerwald wurden lediglich<br />
zwei Stellen geschaffen. <strong>Die</strong> Zuständigen<br />
stehen vor e<strong>in</strong>er gewaltigen Aufgabe: Es handelt<br />
sich dabei um e<strong>in</strong> über 1000 Quadratkilometer<br />
großes Gebiet, <strong>in</strong> dem rund e<strong>in</strong>e Viertel<br />
Million Menschen leben.<br />
Offene Rechtsfragen und F<strong>in</strong>anzierungs-<br />
lücken<br />
Gerade h<strong>in</strong>sichtlich der f<strong>in</strong>anziellen Ausstattung<br />
unterscheiden sich Nationalparks und<br />
Biosphärenparks deutlich vone<strong>in</strong>ander. <strong>Die</strong><br />
rechtlich <strong>in</strong> den jeweiligen Lan<strong>des</strong>naturschutzgesetzen<br />
verankerten Nationalparks s<strong>in</strong>d<br />
Geme<strong>in</strong>schaftsprojekte, deren F<strong>in</strong>anzierung<br />
zu je 50 Prozent durch den Bund und das<br />
jeweilige Bun<strong>des</strong>land erfolgt. <strong>Die</strong> Verwaltungen<br />
werden <strong>in</strong> der Regel als „Geme<strong>in</strong>nützige<br />
Gesellschaften mit beschränkter Haftung“<br />
geführt. Biosphärenparks dagegen bef<strong>in</strong>den<br />
sich <strong>in</strong> Österreich rechtlich auf unsicherem<br />
Boden. Verwaltet werden sie von der <strong>UNESCO</strong>.<br />
<strong>Die</strong> <strong>in</strong>ternationale Geme<strong>in</strong>schaft stellt aber<br />
ke<strong>in</strong>erlei f<strong>in</strong>anzielle Mittel zur Verfügung,<br />
sondern tritt nur beratend und koord<strong>in</strong>ierend<br />
<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung. Als e<strong>in</strong>ziges Bun<strong>des</strong>land hat<br />
bisher Vorarlberg die <strong>UNESCO</strong>-Kategorie <strong>in</strong><br />
die Naturschutzgesetzgebung aufgenommen.<br />
Ab 2005 erhält das Biosphärenpark-Management<br />
im Großen Walsertal jährlich 100.000<br />
Euro Sockelf<strong>in</strong>anzierung vom Land. Zusätzlich<br />
zahlen die beteiligten Geme<strong>in</strong>den je 10<br />
Euro pro E<strong>in</strong>wohner zugunsten <strong>des</strong> Biosphärenparks.<br />
Derzeit bereiten die Länder<br />
Wien und Niederösterreich e<strong>in</strong>e Verordnung<br />
Der Mensch und die Biosphäre 31<br />
<strong>Die</strong> Nationalparks <strong>in</strong> Österreich s<strong>in</strong>d f<strong>in</strong>anziell und personell weitaus besser<br />
ausgestattet als die Biosphärenparks. Während im Großen Walsertal nur e<strong>in</strong>e<br />
Manager<strong>in</strong> für die <strong>Umsetzung</strong> der Sevilla-Strategie zuständig ist, stehen im<br />
etwas größeren Nationalpark Kalkalpen 30 Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung<br />
und 15 Kollegen der Österreichischen Bun<strong>des</strong>forste zur Verfügung.<br />
Graphik: Sigrun Lange<br />
vor, mit der die Schutzgebietskategorie <strong>in</strong><br />
die jeweiligen Lan<strong>des</strong>gesetze aufgenommen<br />
werden soll. <strong>Die</strong> Planung und E<strong>in</strong>richtung<br />
<strong>des</strong> Biosphärenparks Wienerwald tragen die<br />
beiden Länder f<strong>in</strong>anziell zu jeweils gleichen<br />
Teilen. In den übrigen <strong>UNESCO</strong>-Gebieten<br />
fehlt jegliche F<strong>in</strong>anzierung. Entsprechend<br />
s<strong>in</strong>d auch ke<strong>in</strong>e Managementstrukturen vorhanden.<br />
Betrachtet man die vielfältigen Aufgaben,<br />
die Biosphärenreservate erfüllen, so<br />
wird schnell deutlich, dass es sich bei dieser<br />
Kategorie nicht um e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Naturschutz<strong>in</strong>strument<br />
handelt. Vielmehr geht es dabei um<br />
die Förderung e<strong>in</strong>er nachhaltigen Regionalentwicklung,<br />
die Erfüllung e<strong>in</strong>es nationalen<br />
Forschungs- und Bildungsauftrags sowie die<br />
<strong>Umsetzung</strong> von <strong>in</strong>ternationalen Übere<strong>in</strong>kommen<br />
wie der Biodiversitätskonvention. Deshalb<br />
sollte das Konzept e<strong>in</strong>e möglichst breite<br />
öffentliche und politische Unterstützung<br />
erfahren. H<strong>in</strong>sichtlich der F<strong>in</strong>anzierung von<br />
Biosphärenparks <strong>in</strong> Österreich wäre e<strong>in</strong>e enge<br />
Zusammenarbeit zwischen den Bereichen<br />
Umwelt- und Naturschutz, Wirtschaft, Bildung<br />
und Kultur wünschenswert.
32 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>Die</strong> nationale <strong>MAB</strong>-Forschung<br />
<strong>Die</strong> Österreichische Akademie der Wissenschaften<br />
koord<strong>in</strong>iert seit 1973 die nationalen<br />
Forschungsprojekte im Rahmen <strong>des</strong> <strong>MAB</strong>-<br />
<strong>Programm</strong>s. Generell fördert die <strong>UNESCO</strong><br />
mit diesem <strong>Programm</strong> vor allem <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre<br />
und <strong>in</strong>ternational vernetzte Forschungsansätze,<br />
die Modellbildung und Studien zur<br />
nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen.<br />
<strong>Die</strong> Ergebnisse sollen nicht nur zu e<strong>in</strong>em<br />
tieferen Verständnis der Ökosysteme beitragen,<br />
vielmehr wird die Wissenschaft mit dem <strong>Programm</strong><br />
dazu angehalten zu ergründen, wie wir<br />
unsere Umwelt nutzen können, ohne sie dabei<br />
zu zerstören. Im Rahmen <strong>des</strong> „International<br />
Biological <strong>Programm</strong>e“, dem Vorläufer <strong>des</strong><br />
<strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong>s, konzentrierten sich die Arbeiten<br />
noch auf limnologische Untersuchungen<br />
am Neusiedler See und <strong>in</strong> verschiedenen Hochgebirgsgewässern.<br />
Auch die Vegetation am<br />
Nebelkogel und Patscherkofel war Gegenstand<br />
<strong>des</strong> Interesses. <strong>Das</strong> <strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong> markierte<br />
den Übergang von der re<strong>in</strong>en Grundlagenforschung<br />
h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Wissenschaft, die Antworten<br />
auf die drängenden Fragen der Zeit gibt.<br />
Zwischen 1973 und 1979 beteiligte sich Österreich<br />
am so genannten „<strong>MAB</strong>6-Projekt“. Ziel<br />
der EU-weiten Untersuchungen war, den E<strong>in</strong>fluss<br />
<strong>des</strong> Menschen auf Hochgebirgsökosysteme<br />
<strong>Die</strong> Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW)<br />
<strong>Die</strong> Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) wurde 1847 nach dem Vorbild der „Royal<br />
Society“ <strong>in</strong> England gegründet. Sie entwickelte sich im Laufe der Zeit von e<strong>in</strong>er Gelehrtengesellschaft<br />
zu e<strong>in</strong>er Träger<strong>in</strong> moderner Forschungse<strong>in</strong>richtungen. Nach wie vor besteht ihre Hauptaufgabe <strong>in</strong> der<br />
Wissenschaftsförderung, besonders im Bereich der Grundlagenforschung. Mit der E<strong>in</strong>richtung zahlreicher<br />
spezialisierter Forschungs<strong>in</strong>stitute <strong>in</strong> fast allen Bun<strong>des</strong>ländern begann ab Mitte der 1960er Jahre ihr<br />
Aufstieg zur heute führenden, außeruniversitären Forschungs<strong>in</strong>stitution <strong>in</strong> Österreich. Sie besteht aus zwei<br />
„Klassen“, der mathematisch-naturwissenschaftlichen und der philosophisch-historischen Klasse. Derzeit<br />
zählt die ÖAW als Gelehrtengesellschaft rund 600 Mitglieder und umfasst 26 Institute mit rund 700<br />
Mitarbeitern. An der Spitze steht das Präsidium, das aus vier Mitgliedern besteht. <strong>Die</strong> F<strong>in</strong>anzierung der<br />
Forschungstätigkeiten erfolgt über Zuwendungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>m<strong>in</strong>isteriums für Bildung, Wissenschaft und<br />
Kultur. Weiters werden Drittmittel vor allem aus Forschungsaufträgen akquiriert.<br />
näher zu beleuchten. Besondere Beachtung<br />
fand dabei der Tourismus. Drei alp<strong>in</strong>e Regionen<br />
<strong>in</strong> Österreich wurden im Rahmen <strong>des</strong> Projektes<br />
ausgewählt: Obergurgl (siehe Seite 114) <strong>in</strong><br />
den Ötztaler Alpen, der Großglockner und<br />
das Gaste<strong>in</strong>er Tal <strong>in</strong> den Hohen Tauern sowie<br />
die Sameralm <strong>in</strong> den Salzburger Alpen. Im<br />
Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> betrachtet, waren diese ehrgeizigen<br />
Forschungsprojekte ihrer Zeit weit voraus.<br />
Sie stießen aber bei der Bevölkerung nicht<br />
immer auf wohlwollende Zustimmung. In der<br />
Folge blieben die <strong>MAB</strong>-Forschungsprojekte<br />
weiter anwendungsbezogen, konzentrierten<br />
sich aber weniger konkret auf Fragestellungen<br />
bezüglich <strong>des</strong> Umgangs <strong>des</strong> Menschen mit der<br />
Natur und die Modellierung von Entwicklungsszenarien.<br />
Auch die Zusammenarbeit zwischen<br />
Natur- und Sozialwissenschaften, wie im<br />
<strong>MAB</strong>6-Projekt erfolgreich praktiziert, g<strong>in</strong>g<br />
zurück. Ab 1991 untersuchte e<strong>in</strong> <strong>MAB</strong>-f<strong>in</strong>anziertes<br />
Projekt fünf Jahre lang die Naturnähe<br />
der österreichischen Wälder. E<strong>in</strong> Team<br />
aus Vegetationsökologen und Forstexperten<br />
bewertete knapp 5000 Waldstandorte. Als<br />
Maß für die Intensität der menschlichen Nutzung<br />
und der damit verbundenen Veränderung<br />
der natürlichen Wälder entstand das so<br />
genannte „Hemerobiekonzept“. <strong>Die</strong> Ergebnisse<br />
stehen seither den Entscheidungsträgern
<strong>in</strong> der Forst- und Umweltpolitik zur Verfügung.<br />
Zur gleichen Zeit wurden ökologische Übergangszonen<br />
(Ökotone) <strong>in</strong> der Auenlandschaft<br />
bei Ha<strong>in</strong>burg untersucht, wo die March <strong>in</strong> die<br />
Donau fließt. Ziel der Studie war es, wissenschaftliche<br />
Grundlagen für flussbauliche Maßnahmen<br />
entlang der Donau zu schaffen. In<br />
den vergangenen fünf Jahren lag der Schwerpunkt<br />
der österreichischen Beteiligung am<br />
<strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong> auf der Erforschung von<br />
Wiesen und Almen <strong>in</strong> Bergregionen. H<strong>in</strong>tergrund<br />
dieser Studie ist die Tatsache, dass sich<br />
das Grünland <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten auf<br />
Grund von Wiederaufforstungsmaßnahmen<br />
und <strong>in</strong>tensiver Bewirtschaftung stark verändert<br />
hat. Für die betroffenen Almbauern hat der<br />
damit e<strong>in</strong>hergehende Artenverlust auch wirtschaftliche<br />
Auswirkungen.<br />
Neue Forschungsschwerpunkte<br />
E<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationaler Workshop <strong>in</strong> Illmitz am<br />
Neusiedler See brachte im Juli 2004 schließ-<br />
Der Mensch und die Biosphäre 33<br />
lich Wissenschaftler, Monitor<strong>in</strong>gexperten und<br />
Biosphärenreservatsmanager zusammen, um<br />
der österreichischen <strong>MAB</strong>-Forschung e<strong>in</strong>e<br />
neue Richtung zu geben und sie auf konkrete<br />
Problemfelder und Fragestellungen zu konzentrieren.<br />
<strong>Die</strong> Teilnehmer e<strong>in</strong>igten sich auf<br />
drei Pr<strong>in</strong>zipien: 1) Fortan sollen Natur- und<br />
Sozialwissenschaftler enger zusammenarbeiten<br />
(Interdiszipl<strong>in</strong>arität) und dabei die Fragestellungen<br />
aus der Praxis der jeweiligen Manager<br />
berücksichtigen (Transdiszipl<strong>in</strong>arität).<br />
2) Weiters s<strong>in</strong>d die nationalen Untersuchungen<br />
nach Möglichkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>ternationalen<br />
Kontext zu stellen. 3) Zu den konkreten<br />
Arbeitsschwerpunkten gehören die Auswirkung<br />
<strong>des</strong> Klimawandels auf die Ökosysteme,<br />
die Auswahl geeigneter Indikatoren für e<strong>in</strong>e<br />
Langzeit-Umweltbeobachtung, die effektivere<br />
E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Interessensgruppen <strong>in</strong> das<br />
Management von Biosphärenreservaten und<br />
schließlich die Weiterentwicklung der Gebiete<br />
im S<strong>in</strong>ne der Sevilla-Strategie.<br />
Evaluierung der Forschung <strong>in</strong> österreichischen Biosphärenparks<br />
E<strong>in</strong> Beitrag von DI Daniel Zollner und Mag. Michael Jungmeier,<br />
E.C.O. Institut für Ökologie <strong>in</strong> Klagenfurt<br />
Ziel <strong>des</strong> Projektes „Biosphere Reserves <strong>in</strong><br />
Austria <strong>–</strong> Grundlagenerhebung und Stand<br />
der Forschung“ (beauftragt durch das österreichische<br />
<strong>MAB</strong>-Nationalkomitee) war es, den<br />
Stand der <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> Biosphärenparkkonzeptes<br />
unter besonderer Berücksichtigung<br />
der Forschungslandschaft darzustellen. <strong>Die</strong><br />
H<strong>in</strong>tergründe für das Projekt s<strong>in</strong>d die Weiterentwicklung<br />
der Biosphärenparks im S<strong>in</strong>ne<br />
der Sevilla-Strategie und die Festlegung<br />
zukünftiger Forschungsschwerpunkte. Der<br />
folgende Beitrag soll ausgewählte Ergebnisse<br />
aus dem Projekt anhand zweier sehr unter-<br />
schiedlicher Biosphärenparks <strong>–</strong> Großes<br />
Walsertal und Gossenköllesee <strong>–</strong> präsentieren<br />
und so die Bandbreite der erfolgten oder nicht<br />
erfolgten <strong>Umsetzung</strong> <strong>des</strong> Biosphärenparkkonzeptes<br />
aufzeigen.<br />
Reif fürs 21. Jahrhundert?<br />
<strong>Die</strong> 1995 von der <strong>UNESCO</strong>-Expertenkonferenz<br />
erarbeitete Sevilla-Strategie (benannt<br />
nach dem Tagungsort Sevilla <strong>in</strong> Spanien) empfiehlt<br />
konkrete Schritte zur Weiterentwicklung<br />
der Biosphärenparks im 21. Jahrhundert. Mit<br />
Hilfe <strong>des</strong> dar<strong>in</strong> enthaltenen Indikatorensets<br />
DI Daniel Zollner ist seit<br />
2001 Mitarbeiter bei E.C.O.<br />
Er arbeitet an der Schnittstelle<br />
zwischen Landwirtschaft,<br />
Forstwirtschaft<br />
und Naturschutz.
34 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
E<strong>in</strong> Vergleich der Biosphärenparks<br />
Gossenköllesee (oben) und Großes<br />
Walsertal (unten) zeigt, wie unterschiedlich<br />
das <strong>UNESCO</strong>-Konzept<br />
<strong>in</strong> Österreich umgesetzt wird.<br />
Photo: Roland Psenner (o.) und BSP-<br />
Management Walsertal (u.)<br />
wurde die <strong>Umsetzung</strong> der Biosphärenparkidee<br />
e<strong>in</strong>er Überprüfung unterzogen. Zusätzlich<br />
wurde anhand von Basiskriterien das Biosphärenpark-Label<br />
h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>er grundsätzlichen<br />
Eignung als Prädikat für die jeweilige<br />
Region bewertet. E<strong>in</strong> weiteres Ziel der<br />
Studie war die Sichtung der abgeschlossenen<br />
und aktuellen Forschungsaktivitäten <strong>in</strong> den<br />
jeweiligen österreichischen Biosphärenparks.<br />
Anhand e<strong>in</strong>er standardisierten Struktur und<br />
e<strong>in</strong>es spezifischen Kriteriensets wurden die<br />
Umrisse der Forschungslandschaft <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen<br />
Biosphärenparks sichtbar gemacht.<br />
Forschung ist im <strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong> e<strong>in</strong><br />
wesentlicher Bestandteil<br />
<strong>Das</strong> stark wissenschaftsorientierte Man and<br />
Biosphere <strong>Programm</strong> legte 1970 bzw. 1971<br />
vierzehn Projektbereiche fest, die auch heute<br />
noch <strong>in</strong> fokussierter Form (mit fünf bis sechs<br />
Schwerpunktthemen) den Orientierungsrahmen<br />
für <strong>MAB</strong>-Forschung bilden. Der „Projektbereich<br />
8 <strong>–</strong> Erhaltung von Naturgebieten<br />
und dem dar<strong>in</strong> enthaltenen genetischen<br />
Material“ be<strong>in</strong>haltet als <strong>in</strong>tegrativen Teil das<br />
Konzept der Biosphärenparks, die nach der<br />
heutigen Vorstellung als Modellregionen für<br />
nachhaltige Nutzung gleichzeitig auch als<br />
Kristallisationspunkte für <strong>MAB</strong>-relevante<br />
Forschung vorgesehen s<strong>in</strong>d. In der „Endausbaustufe“<br />
<strong>des</strong> „World Network of Biosphere<br />
Reserves“ (WNBR) sollen alle repräsentativen<br />
Ökosysteme der Erde erfasst und h<strong>in</strong>sichtlich<br />
nachhaltiger Nutzungsstrategien erforscht<br />
werden. Sämtlichen Projektbereichen geme<strong>in</strong><br />
ist die herausragende Bedeutung, die den vielfältigen<br />
Interaktionen zwischen menschlicher<br />
Nutzung und den Ökosystemen zukommt.<br />
<strong>Die</strong> Hauptzielrichtung der Forschung liegt<br />
somit <strong>in</strong> der Beantwortung der Frage, wie<br />
nachhaltige Nutzung unter den vorgegebenen<br />
ökologischen Bed<strong>in</strong>gungen stattf<strong>in</strong>den kann.<br />
Großes Walsertal und Gossenköllesee <strong>–</strong><br />
zwei unterschiedliche Biosphärenparks<br />
Der Zeitpunkt der Gründung der beiden Biosphärenparks<br />
bee<strong>in</strong>flusste wesentlich ihre weitere<br />
Entwicklung. Während der Biosphärenpark<br />
Großes Walsertal erst vor kurzem (2000)<br />
mit vorwiegend regionalwirtschaftlichen<br />
Zielsetzungen e<strong>in</strong>gerichtet wurde, ist die Entstehung<br />
<strong>des</strong> Biosphärenparks Gossenköllesee<br />
auf die Initiative von Forschern im Jahr 1977<br />
zurückzuführen, die den Fortbestand <strong>des</strong><br />
<strong>in</strong>ternational bedeutsamen Forschungsstützpunktes<br />
zu sichern versuchten. Dementsprechend<br />
s<strong>in</strong>d Ausmaß und Stellenwert der<br />
Forschung im Biosphärenpark Gossenköllesee<br />
unverhältnismäßig größer als im Großen<br />
Walsertal. Während sich im Großen Walsertal<br />
die Forschung noch „unkoord<strong>in</strong>iert und frei“<br />
entfaltet, wird am Gossenköllesee unter der<br />
Schirmherrschaft der Universität Innsbruck<br />
klaren Forschungsleitfragen nachgegangen.<br />
In beiden Fällen s<strong>in</strong>d die offiziellen Verwaltungsstrukturen<br />
(Biosphärenparkmanagement<br />
Großes Walsertal sowie Lan<strong>des</strong>naturschutzbehörde<br />
Tirol) nicht weiter mit Forschungsagenden<br />
betraut.<br />
„Klassische <strong>MAB</strong>-Forschung“ f<strong>in</strong>det aktuell<br />
weder im Großen Walsertal noch am Gossenköllesee<br />
statt. Nur <strong>in</strong> den seltensten Fällen<br />
macht die Forschung <strong>in</strong> Österreich Gebrauch<br />
vom „Freilandlabor Biosphärenpark“. E<strong>in</strong><br />
thematischer Bezug zu <strong>MAB</strong>-Forschungsschwerpunkten<br />
kann dennoch vor allem am<br />
Gossenköllesee (Wetlands, Global Change),<br />
aber auch im Großen Walsertal (Quality Economies)<br />
hergestellt werden.<br />
Nachstehende Tabelle zeigt ausgewählte Aspekte<br />
der beiden unter sehr unterschiedlichen<br />
Vorzeichen geschaffenen und geführten Biosphärenparks.<br />
Sie heben die verschiedenen und<br />
gleichzeitig auch vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten<br />
von Biosphärenparks hervor.
B A S I S K R I T E R I E N<br />
S E V I L L A - Z I E L E<br />
F O R S C H U N G S D I S Z I P L I N E N<br />
Der Mensch und die Biosphäre 35<br />
Biosphärenpark (BSP) Großes Walsertal Biosphärenpark (BSP) Gossenköllesee<br />
<strong>Das</strong> Große Walsertal zeigt e<strong>in</strong> positives Bild bei der<br />
<strong>Umsetzung</strong> der Biosphärenparkidee. Als e<strong>in</strong>ziger<br />
BSP nach Erstellung der Sevilla-Strategie entstanden,<br />
überschreiten alle Basiskriterien den Schwellenwert<br />
(rote L<strong>in</strong>ie). <strong>Das</strong> Große Walsertal ist sehr gut geeignet,<br />
die drei Leitfunktionen e<strong>in</strong>es BSP zu erfüllen.<br />
Es bildet e<strong>in</strong>e geschlossene, e<strong>in</strong>heitliche Talschaft<br />
und repräsentiert e<strong>in</strong>en typischen alp<strong>in</strong>en Talökosystemkomplex.<br />
Es hat e<strong>in</strong>e adäquate Größe<br />
(19.200 Hektar), e<strong>in</strong>e abgestufte Zonierung, e<strong>in</strong><br />
eigenes Biosphärenparkmanagement sowie etliche<br />
Konzepte und Planungsunterlagen (Leitbild,<br />
Tourismuskonzept, Forschungsleitfaden i.P. etc.).<br />
Ähnlich wie bei den Basiskriterien gew<strong>in</strong>nt man auch<br />
bezüglich der Erreichung der Hauptziele der Sevilla-<br />
Strategie <strong>in</strong> Summe e<strong>in</strong> positives Bild. Alle Schwellenwerte<br />
(roter Rahmen) werden dabei zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t<br />
be<strong>in</strong>ahe erreicht, z.T. sogar deutlich überschritten.<br />
<strong>Die</strong> Forschungsaktivitäten im BSP nehmen starken<br />
Bezug auf volkskundliche und kulturelle Aspekte<br />
(Geistes- und Sozialwissenschaften). Weitere erkennbare<br />
Schwerpunkte liegen im naturwissenschaftlichen<br />
Bereich (z.B. Landschafts<strong>in</strong>ventar, geologische Abhandlungen)<br />
oder s<strong>in</strong>d wirtschaftswissenschaftlicher<br />
Natur (z.B. Studien zu Vermarktungsstrategien,<br />
Produktentwicklung für BSP).<br />
<strong>Die</strong> Entstehung <strong>des</strong> BSP Gossenköllesee geht auf<br />
das Bestreben von Forschern zurück, dieses Gebiet<br />
als Forschungsstützpunkt von <strong>in</strong>ternationaler Bedeutung<br />
zu erhalten. <strong>Das</strong> Haupt<strong>in</strong>teresse liegt seit jeher<br />
im Bereich der Forschung, die <strong>Umsetzung</strong> von <strong>in</strong>ternationalen<br />
Biosphärenparkvorgaben ist zweitrangig.<br />
So zeigt das Biosphärenparkprofil auch e<strong>in</strong> gegenüber<br />
dem Großen Walsertal anderes Bild. Vier der<br />
fünf Basiskriterien werden dabei nicht erreicht. E<strong>in</strong><br />
Hauptgrund liegt <strong>in</strong> den viel zu kle<strong>in</strong>en Arealausmaßen.<br />
Mit nur 85 Hektar ist der Gossenköllesee der kle<strong>in</strong>ste<br />
Biosphärenpark weltweit. <strong>Die</strong> Erfüllung der drei<br />
Leitfunktionen ist daher nur e<strong>in</strong>geschränkt möglich.<br />
Demgegenüber wird der Schwellenwert im BSP<br />
Gossenköllesee nur <strong>in</strong> der Zielsetzung 3 („Research,<br />
Monitor<strong>in</strong>g, Education and Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g“) überschritten.<br />
<strong>Die</strong>s ist vor allem auf die rege Forschungstätigkeit<br />
der Universität Innsbruck zurückzuführen.<br />
Im BSP Gossenköllesee lässt sich e<strong>in</strong>deutig e<strong>in</strong> naturwissenschaftlicher<br />
Schwerpunkt erkennen (Studien zu<br />
den Systemfunktionen alp<strong>in</strong>er Extremstandorte sowohl<br />
<strong>in</strong> biotischer als auch <strong>in</strong> abiotischer H<strong>in</strong>sicht). <strong>Die</strong>ser<br />
Bereich besitzt Anknüpfungspunkte zu zahlreichen<br />
<strong>Programm</strong>en von <strong>in</strong>ternationaler Bedeutung (z.B. MO-<br />
LAR, GLOCHAMORE, GLORIA, EMERGE etc.). Weitgehend<br />
ausgeklammert s<strong>in</strong>d die restlichen Diszipl<strong>in</strong>en.
36 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
F O R S C H U N G S A R T E N<br />
Mag. Michael Jungmeier<br />
ist Leiter von E.C.O. Institut<br />
für Ökologie <strong>in</strong> Klagenfurt.<br />
Se<strong>in</strong> Schwerpunkt liegt auf<br />
Schutzgebietsmanagement<br />
und Vegetationsmonitor<strong>in</strong>g.<br />
Der Schwerpunkt h<strong>in</strong>sichtlich der Forschungsarten<br />
liegt im Bereich regionsbezogener Inventare und<br />
Analysen (zur Natur, zur Volkskunde, zu Situation der<br />
Haushalte). Durch die E<strong>in</strong>setzung e<strong>in</strong>es Biosphärenparkmanagements<br />
s<strong>in</strong>d begleitende Forschungen<br />
zum Management im Begriffe zu steigen. Allgeme<strong>in</strong>e<br />
Grundlagenforschung f<strong>in</strong>det man nur <strong>in</strong> Ansätzen.<br />
Der Weg entsteht beim Gehen …<br />
<strong>Die</strong> Biosphärenparks Österreichs s<strong>in</strong>d also<br />
sehr unterschiedlich. So verschieden wie die<br />
Landschaften <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>, könnte man sagen.<br />
Da der Biosphärenpark im Großen Walsertal<br />
schon stark an der Sevilla-Strategie orientiert<br />
ist, zeigt er e<strong>in</strong>en der möglichen Wege <strong>in</strong> die<br />
Zukunft. Natürlich s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> dem „jungen“ Biosphärenpark<br />
noch viele Felder zu entwickeln.<br />
Handlungsbedarf besteht beispielsweise im<br />
Bereich der Managementstrukturen (Aufstocken<br />
<strong>des</strong> Personalstands und f<strong>in</strong>anzieller<br />
Ressourcen) und bei der Forschung. Zur Zeit<br />
bemüht sich der Park um den Aufbau entsprechender<br />
Forschungskompetenz. Auch die<br />
Planung <strong>des</strong> Biosphärenparks Wienerwald ist<br />
<strong>in</strong> allen wesentlichen Eckpunkten an der<br />
Sevilla-Strategie orientiert. <strong>Die</strong> Größe <strong>des</strong><br />
Gebietes, die große Zahl der E<strong>in</strong>wohner<br />
und Projektbeteiligten und nicht zuletzt die<br />
Unterschiedlichkeit der Teilräume (Wald, Stadtumland,<br />
Stadt) machen die E<strong>in</strong>richtung dieses<br />
Parks zu e<strong>in</strong>er besonderen Herausforderung.<br />
Der Gossenköllesee steht h<strong>in</strong>gegen für e<strong>in</strong>e<br />
völlig andere Entwicklung. <strong>Das</strong> Gebiet hat<br />
durch se<strong>in</strong>e Ausweisung als Biosphärenpark<br />
wichtige Forschungsimpulse erhalten.<br />
Grundlagenforschung bildet den Schwerpunkt im<br />
BSP Gossenköllesee. E<strong>in</strong>deutiger Themenschwerpunkt<br />
ist Global Change. Hochgebirgsseen eignen<br />
sich bestens als Indikatoren für globale Umweltveränderungen,<br />
da sie ke<strong>in</strong>en unmittelbaren E<strong>in</strong>flüssen<br />
unterliegen. Begleitforschung fürs Management ist<br />
aktuell nicht vorhanden, Inventare und Analysen<br />
werden im Zuge der Grundlagenforschung erstellt.<br />
Anmerkung: E<strong>in</strong>e Beschreibung zur Methodik der Bewertung f<strong>in</strong>det sich bei Zollner & Jungmeier 2004.<br />
So konnten zu weltweiten <strong>MAB</strong>-Forschungsschwerpunkten<br />
wesentliche Bauste<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>zugefügt<br />
werden. Als Modellregion im S<strong>in</strong>ne<br />
der Sevilla-Strategie ist dieses Gebiet jedoch<br />
ungeeignet. Wie kann es also weitergehen?<br />
Auf den Punkt gebracht, kann das Gebiet<br />
entweder weiterentwickelt oder aufgelassen<br />
werden. E<strong>in</strong>e Weiterentwicklung ist mit<br />
hohem Aufwand verbunden, müsste doch<br />
das Gebiet vergrößert und mit Betreuungsstrukturen<br />
ausgestattet werden. E<strong>in</strong> Auflassen<br />
<strong>des</strong> Gebietes ist aufgrund der <strong>in</strong>ternationalen<br />
Bedeutung als Forschungsstützpunkt ebenfalls<br />
kaum vorstellbar. <strong>Die</strong>s ist e<strong>in</strong>e schwierige Entscheidung,<br />
die sich <strong>in</strong> ähnlicher Weise auch<br />
<strong>in</strong> anderen Biosphärenparks stellt. In Zusammenarbeit<br />
mit verschiedenen Beteiligten,<br />
<strong>MAB</strong>-Komitee, Wissenschaftlern, regionaler<br />
Bevölkerung und Interessierten, muss hier<br />
e<strong>in</strong>e Lösung erarbeitet werden.<br />
E.C.O. Institut für Ökologie <strong>in</strong> Klagenfurt<br />
ist e<strong>in</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen mit dem<br />
Schwerpunkt auf Beratung, Forschung und<br />
Konzeption für die Bereiche angewandte<br />
Ökologie und Naturschutzforschung.<br />
Weitere Informationen unter www.e-c-o.at.
E<strong>in</strong>leitung<br />
Biosphärenreservate s<strong>in</strong>d durch die <strong>UNESCO</strong><br />
anerkannte Vorbildgebiete zur Erkundung und<br />
Demonstration, wie nachhaltige Entwicklung<br />
und Naturschutz auf regionaler Ebene <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang<br />
gebracht werden können. Wissenschaftliche<br />
Forschung <strong>in</strong> den Biosphärenparks soll<br />
laut der 1995 beschlossenen Sevilla-Strategie<br />
dazu dienen, die Erreichung ihrer Zielsetzungen<br />
zu unterstützen. <strong>Das</strong> bedeutet nicht nur die<br />
Beobachtung der Naturwerte, die <strong>in</strong> Biosphärenparks<br />
erhalten werden sollen, sondern auch die<br />
Erforschung der gesellschaftlichen Prozesse,<br />
die diese bee<strong>in</strong>flussen. Wenn jene Menschen,<br />
die <strong>in</strong> Biosphärenparks wohnen, arbeiten oder<br />
ihre Freizeit verbr<strong>in</strong>gen, nicht die Schutzziele<br />
unterstützen, zum Beispiel <strong>des</strong>halb, weil sie auch<br />
für sich selbst dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Vorteil sehen, werden<br />
diese Ziele nicht erreichbar se<strong>in</strong>. Wissenschaftliche<br />
Forschung muss das Management von<br />
Biosphärenparks über Störungen im Naturhaushalt,<br />
aber auch über den Grad der Unterstützung<br />
durch relevante soziale Gruppen und<br />
etwaige Nutzungskonflikte <strong>in</strong>formieren und bei<br />
Interventionen begleiten. Zugleich transportiert<br />
sie die Erfolge und Lerneffekte <strong>in</strong> die regionale,<br />
nationale und <strong>in</strong>ternationale Öffentlichkeit<br />
und unterstützt somit die von der <strong>UNESCO</strong><br />
angestrebte Vorbildfunktion der Biosphärenparks.<br />
<strong>Die</strong>se Funktionen der wissenschaftlichen<br />
Forschung wurden im Konzept <strong>des</strong> „Integrierten<br />
Monitor<strong>in</strong>g“ (BRIM = Biosphere Reserves<br />
Integrated Monitor<strong>in</strong>g) zusammengefasst.<br />
<strong>Die</strong> Geschichte von BRIM<br />
BRIM wurde 1991 auf Initiative von Euro<strong>MAB</strong><br />
begründet. Relativ rasch entwickelte sich die<br />
ursprüngliche Idee e<strong>in</strong>er „Inter-Biosphere<br />
Reserve Communication“ h<strong>in</strong> zum „Interdis-<br />
Der Mensch und die Biosphäre 37<br />
Biosphere Reserve Integrated Monitor<strong>in</strong>g (BRIM) <strong>–</strong> E<strong>in</strong>e zentrale<br />
Forschungsaufgabe <strong>in</strong> Biosphärenreservaten<br />
E<strong>in</strong> Beitrag von Prof. Mar<strong>in</strong>a Fischer-Kowalski und Ass.Prof. Karl Reiter<br />
cipl<strong>in</strong>ary Monitor<strong>in</strong>g of Biosphere Reserves“.<br />
Bei der <strong>UNESCO</strong>-Generalversammlung im<br />
November 1995 (Sevilla) wurde das folgende<br />
Statement <strong>in</strong> den Schlussprotokollen festgeschrieben:<br />
„Biosphere Reserves constitute ideal<br />
sites for research, long-term monitor<strong>in</strong>g, tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
(…) while enabl<strong>in</strong>g local communities to<br />
become fully <strong>in</strong>volved <strong>in</strong> the conservation and<br />
susta<strong>in</strong>able use of resources.“ Der Begriff<br />
„long-term monitor<strong>in</strong>g“ weist auf die Notwendigkeit<br />
h<strong>in</strong>, nicht nur punktuell Forschungsaktivitäten<br />
zu setzen, sondern bestimmte Merkmale<br />
kont<strong>in</strong>uierlich und über e<strong>in</strong>en langen<br />
Zeitraum zu beobachten. BRIM wurde im<br />
Laufe der letzten zehn Jahre zu e<strong>in</strong>em Monitor<strong>in</strong>gsystem<br />
erweitert, welches nicht nur auf<br />
naturwissenschaftliche Phänomene achtet,<br />
sondern auch sozioökonomische Gegebenheiten<br />
erhebt und beobachtet.<br />
<strong>Das</strong> „Information Center for the Environment”<br />
(ICE) hat <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit US-<strong>MAB</strong><br />
and <strong>UNESCO</strong>’s <strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong> e<strong>in</strong>e standardisierte<br />
Datenbank der Arten<strong>in</strong>ventare aus<br />
der Tier- und Pflanzenwelt der Biosphärenreservate<br />
angelegt. <strong>Die</strong>se Datenbank mit der<br />
Bezeichnung „<strong>MAB</strong>Fauna and <strong>MAB</strong>Flora<br />
Onl<strong>in</strong>e Database“ stellt e<strong>in</strong>e der wenigen bis<br />
jetzt realisierten globalen Datenbanksysteme<br />
im Zusammenhang mit Biosphärenreservaten<br />
dar. Daneben werden auch räumliche Informationssysteme<br />
<strong>in</strong> das BRIM <strong>in</strong>tegriert, da<br />
vor allem das GIS (Geographisches Informationssystem)<br />
sich dafür eignet, <strong>in</strong>tegrierte<br />
Umweltbeobachtung und sozioökonomische<br />
Nutzung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Region aufe<strong>in</strong>ander<br />
zu beziehen und politische Entscheidungsprozesse<br />
beratend zu unterstützen.<br />
Ass.-Prof. Dr. Karl Reiter<br />
ist Vegetationsökologe<br />
mit Schwerpunkt auf<br />
raumanalytischen Untersuchungen<br />
zur Lan<strong>des</strong>fläche<br />
Österreichs.
38 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
Prof. Dr. Mar<strong>in</strong>a Fischer-<br />
Kowalski leitet das Institut<br />
für Soziale Ökologie<br />
(Wien) <strong>in</strong> der Fakultät<br />
für Interdiszipl<strong>in</strong>äre<br />
Forschung an der<br />
Universität Klagenfurt.<br />
Von BRIM (Biosphere Reserve Integra-<br />
ted Monitor<strong>in</strong>g) zu BRIA (Biosphere<br />
Reserve Integrated Assessment), e<strong>in</strong>em<br />
<strong>in</strong>tegrierten Nachhaltigkeitsassessment<br />
<strong>Das</strong> Monitor<strong>in</strong>g von Naturphänomenen, also<br />
die Umweltbeobachtung, beruht letztlich auf<br />
der Methodenentwicklung und den Resultaten<br />
der Ökosystemforschung. Aufgabe der Umweltbeobachtung<br />
ist die Untersuchung, wie sich<br />
die Beziehungen zwischen den Bestandteilen<br />
<strong>des</strong> zu beobachtenden Natursystems entwickeln.<br />
E<strong>in</strong>e solche Beobachtung erlaubt das<br />
rechtzeitige Erkennen negativer Trends, d.h.<br />
das E<strong>in</strong>setzen von Verschlechterungen gegenüber<br />
dem Ist-Zustand oder auch gegenüber<br />
den Umweltqualitätszielen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Leitbild<br />
festgelegt wurden. Was Umweltbeobachtungssysteme<br />
anlangt, braucht „das Rad nicht<br />
neu erfunden zu werden“. Es gibt e<strong>in</strong>e Reihe<br />
bewährter Verfahren, die für e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Region bloß koord<strong>in</strong>iert und gebündelt zum<br />
E<strong>in</strong>satz gebracht werden müssen. International<br />
wird daran gearbeitet, e<strong>in</strong>en Kerndatensatz<br />
zu def<strong>in</strong>ieren, <strong>des</strong>sen Informationen aus<br />
ganz unterschiedlichen Quellen stammen<br />
können, aber methodisch bestimmten Standards<br />
gehorchen. Weniger entwickelt und noch<br />
kaum standardisiert s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>gegen die Verfahren,<br />
mittels deren sozioökonomische Zustände<br />
und Aktivitäten erfasst werden sollen.<br />
Auch hier s<strong>in</strong>d Entwicklungsarbeiten <strong>in</strong>ternational<br />
im Gange. <strong>Die</strong> Form der Gesamte<strong>in</strong>schätzung<br />
(Assessment), die durch das BRIM-<br />
Konzept der <strong>UNESCO</strong>/<strong>MAB</strong> angestrebt<br />
wird, soll diese unterschiedlichen Beobachtungsdimensionen<br />
<strong>in</strong>tegrieren. Wir sprechen<br />
dann von <strong>in</strong>tegriertem Monitor<strong>in</strong>g, wenn die<br />
Daten, die <strong>in</strong> den verschiedenen Bereichen<br />
erhoben worden s<strong>in</strong>d, mite<strong>in</strong>ander verknüpft<br />
werden können. E<strong>in</strong>e solche Verknüpfung<br />
muss mittels e<strong>in</strong>er Datenanalyse geschehen,<br />
die sich zum Beispiel vergleichsweise e<strong>in</strong>facher<br />
Korrelationsverfahren bedient, aber auch<br />
komplexe Modelle benutzen kann. Werden die<br />
Ergebnisse e<strong>in</strong>er solchen Analyse dann mit<br />
den Leitzielen <strong>des</strong> Biosphärenparks <strong>in</strong> Beziehung<br />
gesetzt, so kann daraus <strong>–</strong> womöglich<br />
unter Beteiligung verschiedener Interessensgruppen<br />
und Betroffener <strong>–</strong> e<strong>in</strong>e Gesamte<strong>in</strong>schätzung<br />
(e<strong>in</strong> „Integrated Assessment“) erarbeitet<br />
werden, an der sich die Managemententscheidungen<br />
orientieren sollen. Je breiter<br />
die Interessensbasis, <strong>des</strong>to höher ist auch die<br />
Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass Entscheidungen tatsächlich<br />
umgesetzt und mit den erforderlichen<br />
Mitteln unterstützt werden.<br />
Gibt es <strong>in</strong> Österreichs Biosphären-<br />
reservaten Ansätze zu Integriertem<br />
Monitor<strong>in</strong>g (BRIM)?<br />
Ansätze zu <strong>in</strong>tegrierter Beobachtung von<br />
Ökosystemen <strong>in</strong> Österreich gehen auf die<br />
großen Forschungsprogramme der 1960er<br />
Jahre zurück. Damals begann sich die ökologische<br />
Forschung <strong>in</strong>ternational zu organisieren.<br />
Am Beg<strong>in</strong>n stand das Internationale Biologische<br />
<strong>Programm</strong> (IBP), das zum Ziel hatte,<br />
mittels standardisierter Methoden die Biomasseproduktion<br />
und die Massenumsätze der<br />
wichtigsten Ökosysteme der Erde zu erfassen.<br />
Auch österreichische Forschergruppen waren<br />
aktiv beteiligt, so die Universität Wien am<br />
Neusiedler See und die Universität Innsbruck<br />
<strong>in</strong> den Tiroler Alpen. Konzentrierte sich das<br />
IBP fast ausschließlich auf natürliche Ökosysteme,<br />
so war das Folgeprogramm „Mensch<br />
und Biosphäre“ (<strong>MAB</strong>) dazu konzipiert, die<br />
Interaktionen zwischen dem Menschen und<br />
den ökologischen Prozessen zu erfassen und<br />
zu dokumentieren. Österreich beteiligte sich<br />
engagiert an diesem <strong>Programm</strong>. Beispiele s<strong>in</strong>d<br />
etwa die „Tauernforschung“ mit dem Schwerpunkt<br />
der Analyse der ökologischen Auswirkungen<br />
<strong>des</strong> W<strong>in</strong>tertourismus, die Studien zum<br />
Donaustau Altenwörth, die Erfassung der Natürlichkeit<br />
österreichischer Wälder als Modellstudie<br />
zur Naturschutzforschung oder das<br />
„Modell Obergurgl“, das bereits vor 40 Jahren<br />
das heutige Biosphärenparkkonzept vorwegnahm<br />
(siehe Beitrag Seite 112). In geme<strong>in</strong>sa-
men Aktionen und mit Hilfe von Computermodellen<br />
versuchten Obergurgler Hoteliers<br />
und Bauern zusammen mit Wissenschaftlern<br />
der Universität Innsbruck und der IIASA <strong>in</strong><br />
Laxenburg e<strong>in</strong> nachhaltiges Modell für die<br />
Zukunft <strong>des</strong> bekannten Skiortes zu entwickeln.<br />
<strong>Das</strong> Projekt hat viele Entscheidungen der<br />
Obergurgler <strong>in</strong> den Folgejahren bee<strong>in</strong>flusst.<br />
Obwohl es bereits vor vierzig Jahren beachtliche<br />
Ansätze zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tegrierten Umweltbeobachtung<br />
bzw. Umweltforschung auch im<br />
Bereich späterer Biosphärenreservate gab,<br />
wurden jedoch bis jetzt ke<strong>in</strong>e gezielten Aktivitäten<br />
gesetzt, um Integriertes Monitor<strong>in</strong>g <strong>in</strong><br />
Österreichs Biosphärenreservaten zu etablieren.<br />
Was soll und was kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong> zukünftiges System<br />
<strong>des</strong> Integrierten Monitor<strong>in</strong>g <strong>–</strong> also <strong>in</strong> den<br />
Aufbau e<strong>in</strong>es BRIM-Austria <strong>–</strong> e<strong>in</strong>gebracht<br />
werden? Mit dieser Frage befasste sich e<strong>in</strong><br />
Projekt der Österreichischen Akademie der<br />
Wissenschaften. Mitarbeiter <strong>des</strong> IFF (Fakultät<br />
für Interdiszipl<strong>in</strong>äre Forschung und Fortbildung<br />
der Universität Klagenfurt) und <strong>des</strong><br />
IECB (Institut für Ökologie und Naturschutz<br />
der Universität Wien) haben im Zuge dieses<br />
Forschungsvorhabens e<strong>in</strong>e Bilanz zum Stand<br />
der Datenlage für e<strong>in</strong> nationales BRIM gezogen.<br />
Dabei stellte sich heraus, dass e<strong>in</strong>e vergleichbare<br />
Datenlage <strong>in</strong> allen österreichischen Biosphärenreservaten<br />
nicht e<strong>in</strong>mal annähernd vorliegt.<br />
<strong>Die</strong> Entwicklung e<strong>in</strong>es Kerndatensatzes<br />
naturwissenschaftlicher und sozioökonomischer<br />
Daten, welcher als verb<strong>in</strong>dlicher Standard<br />
für alle österreichischen Biosphärenreservate<br />
gilt, ist e<strong>in</strong> Entwicklungsschritt, der noch bevorsteht.<br />
E<strong>in</strong> Teil der Forschungsmittel, über<br />
die das <strong>MAB</strong>-Komitee der Österreichischen<br />
Akademie der Wissenschaften verfügt, wird<br />
künftig dieser Aufgabe gewidmet se<strong>in</strong>.<br />
Integriertes Monitor<strong>in</strong>g und Nachhaltig-<br />
keitsassessment als globale Aufgabe<br />
<strong>Das</strong> gesamte Netzwerk der Biosphärenreservate<br />
könnte <strong>in</strong> hervorragender Weise dazu<br />
Der Mensch und die Biosphäre 39<br />
dienen, Veränderungen der Umweltsituation<br />
auf der Erde regional spezifisch und kle<strong>in</strong>räumig<br />
detailliert zu beschreiben, wenn <strong>in</strong> allen<br />
Biosphärenreservaten nach standardisierten<br />
Methoden Daten zu den Parametern e<strong>in</strong>es<br />
global def<strong>in</strong>ierten Kerndatensatzes erhoben<br />
würden. BRIM könnte zugleich mit dem weltweiten<br />
Terrestrischen Beobachtungssystem<br />
GTOS als e<strong>in</strong> Teil <strong>des</strong> globalen Beobachtungsnetzwerkes<br />
arbeiten und ebenso die Initiative<br />
der „ökologischen Langzeitforschung“ (LTER)<br />
<strong>in</strong> den USA berücksichtigen. <strong>Die</strong>se globale<br />
Komponente wird sicher beim Aufbau e<strong>in</strong>es<br />
nationalen BRIM <strong>in</strong> Österreich berücksichtigt<br />
werden. Über die Beobachtung und Analyse<br />
h<strong>in</strong>aus könnten Biosphärenparks <strong>–</strong> ganz im<br />
S<strong>in</strong>ne der <strong>UNESCO</strong>-Sevilla-Strategie <strong>–</strong><br />
demonstrieren, wie man durch die systematische<br />
Verkoppelung von wissenschaftlicher<br />
Beobachtung und Managemententscheidungen,<br />
die sich auf e<strong>in</strong>e breite Informations-<br />
und Interessensbasis stützen, nachhaltige<br />
Entwicklung praktisch vorantreiben kann.<br />
<strong>Das</strong> Landschafts<strong>in</strong>ventar im Großen Walsertal <strong>–</strong> angefertigt vom Institut für Ökologie und<br />
Naturschutz der Universität Wien <strong>–</strong> ist e<strong>in</strong> Beispiel für die Kopplung von wissenschaftlichen<br />
Beobachtungen und Managemententscheidungen.
40 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
Naturschutzrechtlich<br />
geschützte Gebiete<br />
<strong>in</strong> Österreich (vgl.<br />
auch Anhang ab<br />
Seite 122)<br />
<strong>Die</strong> <strong>in</strong>ternationale Schutzkategorie „Biosphärenpark“ <strong>in</strong> Österreich<br />
<strong>Die</strong> Ausweisung von Schutzgebieten zählt<br />
zusammen mit dem Artenschutz und der<br />
ökologisch nachhaltigen Nutzung der natürlichen<br />
Ressourcen zu den drei Hauptsäulen <strong>des</strong><br />
österreichischen Naturschutzes. <strong>Die</strong> zahlreichen<br />
nationalen und <strong>in</strong>ternationalen Schutzgebietskategorien<br />
sorgen jedoch für Verwirrung. Beispielsweise<br />
gibt es <strong>in</strong> ganz Österreich Naturschutz-<br />
und Landschaftsschutzgebiete, Naturparke<br />
und Ruhegebiete h<strong>in</strong>gegen existieren nur<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Bun<strong>des</strong>ländern. Biogenetische Reservate<br />
und Natura 2000-Flächen zählen zu den<br />
europäischen Schutzkategorien, Ramsar-Gebiete<br />
und Biosphärenparks werden weltweit ausgewiesen.<br />
Ungeachtet der unterschiedlichen<br />
Schutzkategorien, die sich <strong>in</strong> manchen Regionen<br />
überschneiden, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sgesamt etwa 22 Prozent<br />
der Fläche <strong>des</strong> österreichischen Bun<strong>des</strong>gebietes<br />
unter Schutz gestellt. Je nach Kategorie<br />
gelten sehr unterschiedliche Schutzbestimmungen<br />
und Auflagen (siehe Anhang Seite 122).<br />
Schutzkategorie Anzahl Fläche <strong>in</strong> km 2 Anteil an der<br />
Bun<strong>des</strong>fläche<br />
Biosphärenparks stellen demnach nur EINE<br />
der vielen Schutzgebietskategorien dar. Dabei<br />
ist wichtig zu erwähnen, dass die <strong>in</strong>ternationalen<br />
Richtl<strong>in</strong>ien der <strong>UNESCO</strong> für Biosphärenreservate<br />
<strong>in</strong> den jeweiligen Mitgliedsstaaten<br />
rechtlich NICHT b<strong>in</strong>dend s<strong>in</strong>d. Österreich<br />
hat sich aber freiwillig verpflichtet, die Sevilla-<br />
Kriterien bei der E<strong>in</strong>richtung der Modellregionen<br />
zu berücksichtigen. E<strong>in</strong>e eigene, im<br />
Lan<strong>des</strong>naturschutzgesetz verankerte Schutzkategorie<br />
für Biosphärenparks wurde bisher<br />
nur vom Land Vorarlberg e<strong>in</strong>gerichtet. <strong>Die</strong><br />
Länder Wien und Niederösterreich planen<br />
derzeit jeweils e<strong>in</strong> eigenes Biosphärenpark<br />
Wienerwald-Gesetz. <strong>Die</strong> <strong>UNESCO</strong> empfiehlt,<br />
Kernzonen <strong>in</strong> Biosphärenreservaten durch<br />
strenge nationale Schutzkategorien wie Naturschutzgebiete,<br />
Nationalparks oder Ruhegebiete<br />
rechtlich abzusichern, um deren langfristigen<br />
Erhalt zu gewährleisten.<br />
Stand<br />
Biosphärenparks 5 468 0,6 % 2004<br />
Welterbestätten 8 ke<strong>in</strong>e Angaben ke<strong>in</strong>e Angaben 2003<br />
Ramsar Gebiete 16 1371 1,6 % Jänner 2004<br />
Natura 2000 211 13.870 16,3 % 2004<br />
Biogenetische Reservate 56 1730 2,1 % 2002<br />
Wildnisgebiet 1 5 zu ger<strong>in</strong>gfügig 2004<br />
Nationalparks 7 2547 3 % 2003<br />
Naturschutzgebiete 377 3280 3,8 % Dez. 2000<br />
Landschaftsschutzgebiete<br />
253 9120 11 % Dez. 2000<br />
Naturwaldreservate 180 80 0,1 % 2003<br />
Naturparke 37 3050 3,6 % 2004<br />
<strong>Die</strong> Vielzahl der Schutzkategorien <strong>in</strong> Österreich: Natur- und Landschaftsschutzgebiete, Nationalparks sowie<br />
Natura 2000-Flächen spielen für den Schutz der natürlichen Vielfalts Österreichs e<strong>in</strong>e größere Rolle als<br />
Biosphärenparks. (Quelle: Webseite <strong>des</strong> Umweltbun<strong>des</strong>amtes)
<strong>Die</strong> fünf Biosphärenparks <strong>in</strong> Österreich<br />
<strong>Die</strong> fünf österreichischen Biosphärenparks<br />
Neusiedler See (Burgenland), Untere Lobau<br />
(Wien), Gossenköllesee (Tirol), Gurgler Kamm<br />
(Tirol) und Großes Walsertal (Vorarlberg)<br />
erstrecken sich auf <strong>in</strong>sgesamt 468 Quadratkilometern,<br />
was etwa 0,6 Prozent der Lan<strong>des</strong>fläche<br />
entspricht. <strong>Die</strong> E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Biosphärenparks<br />
im Wienerwald ist für 2005<br />
geplant. Damit s<strong>in</strong>d die <strong>UNESCO</strong>-Modellregionen<br />
<strong>in</strong> Österreich <strong>–</strong> gerade auch im<br />
europäischen Vergleich <strong>–</strong> flächenmäßig unterrepräsentiert.<br />
In Deutschland wurden bisher<br />
14 Biosphärenreservate auf 4,4 Prozent der<br />
Lan<strong>des</strong>fläche ausgewiesen; Spanien nom<strong>in</strong>ierte<br />
22 Gebiete mit <strong>in</strong>sgesamt 20.361 Quadratkilometern,<br />
was vier Prozent der Staatsfläche entspricht.<br />
Natur- und Landschaftsschutzgebiete,<br />
Natura 2000-Flächen oder Nationalparks spielen<br />
demnach für den Schutz der natürlichen Vielfalt<br />
Österreichs e<strong>in</strong>e weitaus größere Rolle als<br />
Biosphärenparks. <strong>Die</strong>s spiegelt sich auch im<br />
Bekanntheitsgrad wider. E<strong>in</strong>e telefonische<br />
Umfrage <strong>in</strong> den Wienerwaldgeme<strong>in</strong>den ergab<br />
im September 2002, dass 98 Prozent der 400<br />
Befragten den Begriff „Nationalpark“ kannten,<br />
während nur e<strong>in</strong>em Fünftel das Prädikat<br />
„Biosphärenpark“ geläufig war.<br />
Repräsentanz der Naturräume<br />
Zu den besonderen Aufgaben <strong>des</strong> Biosphärenreservatsnetzes<br />
gehört es, weltweit alle<br />
wesentlichen Natur- und Kulturräume zu<br />
repräsentieren. <strong>Die</strong> Vielfalt auf unserem<br />
Planeten soll möglichst vollständig erfasst<br />
werden. In der Sevilla-Strategie empfiehlt die<br />
<strong>UNESCO</strong> den Mitgliedsstaaten zu überprüfen,<br />
ob ihre biogeographischen Regionen<br />
gemäß ihrem Flächenanteil h<strong>in</strong>reichend im<br />
Schutzgebietsnetz vertreten s<strong>in</strong>d. Österreich<br />
weist trotz se<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gen Größe e<strong>in</strong>e außerordentliche<br />
naturräumliche Vielfalt auf (siehe<br />
Beitrag auf Seite 54). Zu den drei großen<br />
Naturräumen zählen die Alpen, die Vorländer<br />
Der Mensch und die Biosphäre 41<br />
Von den drei großen Naturräumen Österreichs repräsentieren die existierenden<br />
Biosphärenparks lediglich die Alpen sowie die Vorländer und Becken. <strong>Das</strong> Granit- und<br />
Gneishochland ist bisher mit ke<strong>in</strong>em der <strong>UNESCO</strong>-Gebiete erfasst.<br />
und Becken sowie das Granit- und Gneishochland.<br />
Der Alpenraum ist mit e<strong>in</strong>em Flächenanteil<br />
von etwa 63 Prozent das prägende<br />
Landschaftselement. Drei der fünf bestehenden<br />
Biosphärenparks bef<strong>in</strong>den sich im alp<strong>in</strong>en<br />
Raum. <strong>Die</strong> nördlichen Kalkalpen werden<br />
durch das Große Walsertal vertreten, die Zentralalpen<br />
durch die Tiroler Gebiete Gossenköllesee<br />
und Gurgler Kamm. <strong>Die</strong> beiden östlichen<br />
Biosphärenparks repräsentieren wertvolle<br />
Feuchtbiotope <strong>des</strong> Pannonischen<br />
Raumes: die Donau-Auen <strong>in</strong> der Unteren<br />
Lobau und die e<strong>in</strong>zigartige Steppenlandschaft<br />
um den Neusiedler See. Der für 2005<br />
geplante Biosphärenpark Wienerwald liegt<br />
im Übergangsbereich zwischen den östlichen<br />
Ausläufern der Nordalpen und dem beg<strong>in</strong>nenden<br />
pannonischen Hügelland. <strong>Die</strong>se alte<br />
Kulturlandschaft, e<strong>in</strong> Mosaik aus Laubwäldern<br />
<strong>in</strong> enger Verzahnung mit artenreichen Wiesenflächen,<br />
ist gerade auf Grund ihrer Nähe zur<br />
Großstadt Wien e<strong>in</strong> besonders wertvoller<br />
„Neuzugang“ für das <strong>UNESCO</strong>-Weltnetz.<br />
<strong>Das</strong> nördliche und südöstliche Alpenvorland<br />
Österreichs ist bisher ebenso wenig berücksichtigt<br />
wie das Granit- und Gneishochland<br />
der Böhmischen Masse.<br />
Der Biosphärenpark Neusiedler<br />
See repräsentiert die wertvollen<br />
Feuchtgebiete <strong>des</strong> Pannonischen<br />
Raumes. Limikolen wie die<br />
Uferschnepfe (Limosa limosa)<br />
kommen hierher zum Brüten.<br />
Photo: Nationalpark Neusiedler See-<br />
Seew<strong>in</strong>kel
42 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
Nachhaltige Wirtschaftsformen<br />
prägen den dünn besiedelten<br />
Bezirk Lungau.<br />
Photo: Elisabeth Löcker<br />
Mögliche Neuzugänge für das Weltnetz der Biosphärenreservate<br />
Derzeit gibt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Regionen Österreichs<br />
Initiativen, welche die Chancen <strong>des</strong> zukunftsorientierten<br />
Biosphärenreservatskonzeptes<br />
erkannt haben und sich von dem <strong>in</strong>ternationalen<br />
Prädikat Impulse für den Erhalt und<br />
die nachhaltige Entwicklung ihrer ländlichen<br />
Natur- und Kulturräume versprechen. Zu den<br />
potentiellen Neuzugängen zählen die March-<br />
Thaya-Auen, die Region Lungau-Murau, die<br />
Nockberge und die Koralm. Auf Grund ihrer<br />
naturräumlichen und strukturellen Besonderheiten<br />
wären auch die Gegend um den Dürrenste<strong>in</strong>,<br />
das Tennengebirge sowie die Wachau<br />
für die Nom<strong>in</strong>ierung als Biosphärenpark<br />
geeignet. Mit der Ausweisung der Gebiete, <strong>in</strong><br />
denen derzeit die Machbarkeit e<strong>in</strong>es Biosphärenparks<br />
diskutiert und geprüft wird, könnten<br />
wesentliche Lücken im österreichischen Biosphärenparknetz<br />
geschlossen werden.<br />
Lungau-Murau (Salzburg-Steiermark)<br />
<strong>Die</strong> ökologischen Qualitäten der Region<br />
Lungau-Murau werden oft nur unzureichend<br />
wahrgenommen. <strong>Das</strong> <strong>in</strong>takte System von<br />
Hochtälern, im Wesentlichen das Quellgebiet<br />
der Mur, ist von fünf Natur- und Nationalparks<br />
umgeben. Nachhaltige Wirtschaftsformen<br />
prägen die beiden dünn besiedelten<br />
Bezirke Lungau und Murau. E<strong>in</strong> Biosphärenpark<br />
wäre bestens dafür geeignet, den wirtschaftlichen<br />
Entwicklungsbedarf <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang<br />
mit den Schutz<strong>in</strong>teressen zu br<strong>in</strong>gen. <strong>Die</strong> oft<br />
vermuteten Schwächen dieser Region könnten<br />
dann als besondere Stärken wahrgenommen<br />
werden. <strong>Die</strong> mögliche E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Biosphärenparks<br />
wurde auf e<strong>in</strong>er Sondertagung<br />
Ende April 2004 auf der Burg F<strong>in</strong>stergrün<br />
<strong>in</strong> Ram<strong>in</strong>gste<strong>in</strong> diskutiert. Vertreter aus Wirtschaft,<br />
Landwirtschaft und Regionalpolitik<br />
sehen dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e große Entwicklungschance<br />
für die Region. Nach der Tagung bildete sich<br />
die Arbeitsgruppe „Biosphärenregion Lungau“<br />
mit dem Ziel, die Idee e<strong>in</strong>er <strong>UNESCO</strong>-<br />
Modellregion weiter voranzutreiben.<br />
Kontaktperson: Elisabeth Löcker,<br />
Tel. 06476/2970, E-Mail: sauschneider@sbg.at<br />
March-Thaya-Auen (Niederösterreich)<br />
<strong>Die</strong> March-Thaya-Auen gehören zu den<br />
bedeutendsten Feuchtgebieten Mitteleuropas.<br />
Geme<strong>in</strong>sam mit der Kulturlandschaft <strong>des</strong><br />
nordöstlichen We<strong>in</strong>viertels weist die Region<br />
an der Grenze zu Tschechien und der Slowakei<br />
e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiges Mosaik an vielfältigen<br />
Landschaftsstrukturen auf, das sich durch<br />
e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong> strukturierte Verzahnung der verschiedenen<br />
Naturräume <strong>–</strong> Augebiete, Wälder,<br />
Wiesen und Äcker <strong>–</strong> auszeichnet. Während<br />
für die angrenzenden Donau-Auen die Nichtnutzung<br />
den optimalen Schutz darstellt, bedarf<br />
es <strong>in</strong> der We<strong>in</strong>viertler Grenzregion auf Grund<br />
der kle<strong>in</strong>teiligen bäuerlichen Besitzstrukturen<br />
e<strong>in</strong>er nachhaltigen Nutzung, um die Landschaft<br />
zu erhalten. 2001 wurde e<strong>in</strong>e Machbarkeitsstudie<br />
für die <strong>Umsetzung</strong> e<strong>in</strong>es trilateralen<br />
Biosphärenparks zwischen Österreich, Tschechien<br />
und der Slowakei <strong>in</strong> Auftrag gegeben.<br />
<strong>Die</strong> Ergebnisse liegen seit Juli 2002 vor. <strong>Die</strong><br />
Studie ergab, dass sich die Region h<strong>in</strong>sichtlich<br />
ihrer ökologischen Vielfalt und traditionellen<br />
Bewirtschaftungsweisen sehr gut für die E<strong>in</strong>-
ichtung e<strong>in</strong>es Biosphärenparks eignen würde.<br />
<strong>Die</strong> Zonierung könnte unter Berücksichtigung<br />
bereits bestehender Schutzgebiete wie Ramsar-<br />
Gebiete und Natura 2000-Flächen erfolgen.<br />
Als ganzheitliches Organisationsmodell könnte<br />
e<strong>in</strong> Biosphärenpark e<strong>in</strong>e wichtige grenzüberschreitende<br />
Kommunikationsplattform darstellen<br />
und wirtschaftliche Impulse für e<strong>in</strong>e<br />
Region br<strong>in</strong>gen, die auf Grund ihrer Grenzlage<br />
und <strong>des</strong> Strukturwandels der Urproduktion<br />
(siehe Seite 48) wirtschaftlich benachteiligt<br />
ist. Bei regionalen Akteuren und Politikern<br />
ist die Resonanz auf die zukünftige E<strong>in</strong>richtung<br />
e<strong>in</strong>es Biosphärenparks durchaus positiv.<br />
<strong>Die</strong> 2003 gestartete geme<strong>in</strong>same Initiative <strong>des</strong><br />
Distelvere<strong>in</strong>s, der regionalen Geme<strong>in</strong>deverbände<br />
und <strong>des</strong> We<strong>in</strong>viertelmanagements, den<br />
„Biosphärenpark March-Thaya“ bei der<br />
<strong>UNESCO</strong> e<strong>in</strong>zureichen, wurde von Seiten<br />
<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Niederösterreich zwar grundsätzlich<br />
unterstützt, das Projekt sche<strong>in</strong>t vorerst<br />
aber auf Eis gelegt zu se<strong>in</strong> bis die Planungsphase<br />
<strong>des</strong> Biosphärenparks Wienerwald abgeschlossen<br />
ist.<br />
Kontaktperson: Johannes Wolf,<br />
Tel. 02247/51108, E-Mail: <strong>in</strong>fo@distelvere<strong>in</strong>.at<br />
Ötscherland/Dürrenste<strong>in</strong> (Niederösterreich)<br />
<strong>Die</strong> Region rund um den Dürrenste<strong>in</strong> zeichnet<br />
sich durch e<strong>in</strong>e ausgeprägte Naturnähe aus. Im<br />
Wildnisgebiet Dürrenste<strong>in</strong>, <strong>in</strong> den Naturschutzgebieten<br />
Lechnergraben und Leckermoos sowie<br />
im Natura 2000-Gebiet Ötscher-Dürrenste<strong>in</strong><br />
ist die natürliche Vielfalt unter Schutz<br />
gestellt. <strong>Die</strong> drei angrenzenden Geme<strong>in</strong>den<br />
Gam<strong>in</strong>g, Lunz und Göstl<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d noch wenig<br />
zersiedelt und mit nur 16,7 E<strong>in</strong>wohnern pro<br />
Quadratkilometer dünn besiedelt. Trotz der<br />
E<strong>in</strong>richtung von drei Naturparken im näheren<br />
Umfeld fehlen nach wie vor wirtschaftliche<br />
Impulse. Vor allem jüngere Menschen verlassen<br />
die Region. Als geme<strong>in</strong>same Klammer<br />
um die existierenden Schutzgebietskategorien<br />
bietet sich die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Biosphärenparks<br />
an, da dieser ökologische und wirt-<br />
Der Mensch und die Biosphäre 43<br />
schaftliche Aspekte mite<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>det.<br />
Kontaktpersonen: Dr. Christoph Leditznig, Tel. 07482/<br />
43203, E-Mail: Christoph.Leditznig@wildnisgebiet.at,<br />
und Dr. Thomas Ellmauer, Tel. 01/925-1259,<br />
E-Mail: thomas.ellmauer@natureconsult.at<br />
Wachau (Niederösterreich)<br />
<strong>Die</strong> Wachau zwischen Melk und Krems gehört<br />
zu den schönsten Fluss-Kulturlandschaften<br />
der Welt. Neben dem Nationalpark Donauauen<br />
bef<strong>in</strong>det sich hier der zweite Abschnitt,<br />
<strong>in</strong> dem die Donau noch frei fließt. Der Wechsel<br />
von felsigen Verengungen und Weitungen<br />
<strong>des</strong> Tales bed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> vielfältiges Landschaftsbild.<br />
E<strong>in</strong> buntes Mosaik aus regelmäßig überschwemmten<br />
Auen und Nebenarmen, Trockenrasen,<br />
naturnahen Wäldern sowie We<strong>in</strong>- und<br />
Obstgärten bietet Lebensraum für viele seltene<br />
Tier- und Pflanzenarten. Aus diesem<br />
Grund s<strong>in</strong>d Teile der Wachau als Natura 2000-<br />
Gebiet unter Schutz gestellt. E<strong>in</strong> LIFE-Natur-<br />
Projekt bemüht sich derzeit um den Erhalt<br />
der am stärksten gefährdeten Lebensräume<br />
wie verbliebene Altarmreste sowie Trocken-<br />
und Halbtrockenrasen. <strong>Die</strong> Trockenrasen<br />
wurden seit dem Mittelalter als extensive Weideflächen<br />
genutzt. Heute droht die ehemalige<br />
Artenvielfalt durch Verbuschung verloren zu<br />
gehen. Mit Hilfe von Schwendungsmaßnahmen<br />
durch den Ökokreis Waldviertel und durch<br />
Schafbeweidung soll dies verh<strong>in</strong>dert werden.<br />
Weiters wurde die Wachau im Jahr 2000 <strong>in</strong> die<br />
Liste der Weltkulturerbestätten aufgenommen.<br />
In diesem Zusammenhang erarbeitete der<br />
„Arbeitskreis zum Schutz der Wachau“ mit<br />
den beteiligten Geme<strong>in</strong>den e<strong>in</strong> Leitbild mit<br />
dem Ziel, die E<strong>in</strong>zigartigkeit der Wachau als<br />
Natur- und Kulturlandschaft zu erhalten. Um<br />
die beiden Pole Naturschutz und Erhalt der<br />
kulturellen Besonderheiten <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu<br />
br<strong>in</strong>gen, würde sich die Ausweisung als Biosphärenpark<br />
anbieten.<br />
Kontaktperson: Mag. Hannes Seehofer, Tel. 02713/<br />
30000-13, E-Mail: seehofer@arbeitskreis-wachau.at<br />
<strong>Die</strong> Region um den Dürrenste<strong>in</strong><br />
ist besonders naturnah. <strong>Die</strong> angrenzenden<br />
Geme<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d nur<br />
wenig besiedelt.<br />
Photo: Christoph Leditznig<br />
In der Wachau droht die Artenvielfalt<br />
durch Verbuschung verloren<br />
zu gehen. Mit Hilfe von<br />
Schafbeweidung soll dies<br />
verh<strong>in</strong>dert werden.<br />
Photo: Hannes Seehofer
44 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
Josef Türtscher ist REGIO-<br />
Obmann im Großen Walsertal<br />
und gleichzeitig Mit<strong>in</strong>itiator<br />
<strong>des</strong> Biosphärenparks.<br />
Erfahrungen aus dem Biosphärenpark Großes Walsertal: Interview mit<br />
Josef Türtscher, REGIO-Obmann und Landtagsabgeordneter<br />
„Herr Türtscher, Sie s<strong>in</strong>d REGIO-Obmann<br />
und Initiator <strong>des</strong> Biosphärenpark Großes<br />
Walsertal, der <strong>in</strong> Österreich als beispielhaft<br />
für die <strong>Umsetzung</strong> der Sevilla Strategie gilt.<br />
Neben vielen Erfolgen begegneten Ihnen<br />
sicher im Laufe <strong>des</strong> Prozesses auch manche<br />
Probleme. Was empfehlen Sie auf Grund<br />
Ihrer Erfahrungen all jenen, die das <strong>UNESCO</strong>-<br />
Prädikat für ihre Region anstreben?“<br />
„Um dauerhaft e<strong>in</strong>e möglichst große Akzeptanz<br />
und Identifikation mit dem Prädikat Biosphären-<br />
park zu erreichen, muss e<strong>in</strong> sehr breiter und<br />
<strong>in</strong>tensiver Informations- und Diskussionsprozess<br />
mit der Bevölkerung geführt werden. Darauf<br />
kann nie zuviel Zeit und Energie verwendet<br />
werden. Häufig s<strong>in</strong>d vor allem die Grundbesitzer,<br />
meistens Bauern aus der Region, auf Grund<br />
negativer Erfahrungen <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />
und aus Angst vor Nutzungse<strong>in</strong>schränkungen<br />
etwas ‚kopfscheu‘. Sie sollten besonders <strong>in</strong>ten-<br />
siv betreut werden. Hier haben wir zu wenig ge-<br />
tan, um ihre Bedenken von Anfang an auszu-<br />
räumen. Als hilfreich für die Entscheidung<br />
‚pro Biosphärenpark‘ erwies sich bei uns die<br />
Exkursion <strong>in</strong> das Biosphärenreservat Rhön, an<br />
der die meisten regionalen politischen Entschei-<br />
dungsträger teilgenommen haben. Auf der Heim-<br />
fahrt im Bus waren wir alle davon überzeugt<br />
‚<strong>Das</strong> können wir auch‘! Geme<strong>in</strong>sam fixierten<br />
wir den Start <strong>des</strong> Projektes. Aus diesem geme<strong>in</strong>-<br />
schaftlichen Beschluss resultiert auch heute<br />
noch e<strong>in</strong>e gute Zusammenarbeit mit den zu-<br />
ständigen Umweltbehörden.<br />
<strong>Das</strong> s<strong>in</strong>d nun alles sehr rationelle Überlegungen.<br />
Für e<strong>in</strong> erfolgreiches Gel<strong>in</strong>gen braucht es aber<br />
noch mehr. Me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach ist es wichtig,<br />
e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Vision zu entwickeln, e<strong>in</strong><br />
höheres Ziel anzustreben. Bei uns im Walsertal<br />
gab es vor 50 Jahren e<strong>in</strong>e furchtbare Law<strong>in</strong>en-<br />
katastrophe mit 80 Toten, vielen Verletzten und<br />
großen Verlusten bei Vieh und Gebäuden. Da-<br />
mals bestand die Gefahr, dass unser Siedlungs-<br />
raum aufgegeben wird. <strong>Die</strong> Walser haben sich<br />
aber dazu entschlossen, die Heimat nach den<br />
Law<strong>in</strong>enabgängen <strong>in</strong> mühevoller, gefährlicher<br />
Arbeit wieder aufzubauen. Heute gilt es das, was<br />
unsere Vorfahren der Natur abgetrotzt haben,<br />
für zukünftige Generationen zu erhalten und<br />
den aktuellen Anforderungen entsprechend zu<br />
gestalten. Es braucht e<strong>in</strong>e Portion Ehrgeiz, um<br />
aus den nicht sehr günstigen Lebens- und Wirt-<br />
schaftsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> der Region etwas Beson-<br />
deres zu machen. <strong>Die</strong> Entwicklung zu e<strong>in</strong>er<br />
Musterregion für naturverträgliches Wirtschaften<br />
bietet die Chance, Schritt für Schritt die Wert-<br />
schöpfung zu verbessern und damit die Abwan-<br />
derung aus dem Walsertal zu bremsen, ja, diese<br />
vielleicht sogar <strong>in</strong>s Gegenteil zu kehren. Neben<br />
guter fachlicher Begleitung braucht es dafür<br />
sicher e<strong>in</strong>e Handvoll Menschen aus der Region,<br />
die brennen und das Feuer weitertragen. Ich als<br />
Bauer, Familienvater und gleichzeitig Regional-<br />
politiker und Landtagsabgeordneter war sicher<br />
sehr gut für diese Aufgabe geeignet. <strong>Die</strong>se<br />
Rolle kann aber auch e<strong>in</strong> Bürgermeister oder<br />
e<strong>in</strong>e andere Personen übernehmen. Natürlich<br />
gibt es aber auch bei uns noch sehr viel zu tun<br />
und manche Situationen s<strong>in</strong>d wenig ermutigend.<br />
Ich b<strong>in</strong> mir aber sicher, dass wir auf dem<br />
richtigen Weg s<strong>in</strong>d. Misserfolge bremsen uns,<br />
werden uns aber nicht vom Weg abbr<strong>in</strong>gen. Ich<br />
kann allen nur Mut machen, die e<strong>in</strong>e <strong>UNESCO</strong>-<br />
Auszeichnung anstreben. Für mich ist e<strong>in</strong><br />
Biosphärenpark e<strong>in</strong> geeignetes Instrument,<br />
um die Regionalentwicklung e<strong>in</strong>er struktur-<br />
schwachen Region positiv <strong>in</strong> Gang zu br<strong>in</strong>gen.<br />
Es ist immer mit Anstrengung und Schweiß<br />
verbunden, e<strong>in</strong>en steilen Weg zu gehen. Wenn<br />
man aber das Ziel vor Augen hat <strong>–</strong> und das<br />
gilt für den persönlichen, wie für den Weg<br />
e<strong>in</strong>er Region <strong>–</strong> ist es e<strong>in</strong> gutes Gefühl. Kle<strong>in</strong>e<br />
und größere Gipfelsiege kann nur erreichen,<br />
wer sich entschließt, e<strong>in</strong>e Bergtour zu machen.<br />
Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Macht<br />
Euch auf den Weg, es lohnt sich!“
Biosphärenparks <strong>–</strong> Anspruch und Wirklichkeit<br />
<strong>Die</strong> Staatengeme<strong>in</strong>schaft hob das <strong>MAB</strong>-<br />
<strong>Programm</strong> <strong>in</strong> den 1970er Jahren als re<strong>in</strong>es<br />
Wissenschaftsprogramm aus der Taufe. Dennoch<br />
wurde schon zu Beg<strong>in</strong>n der multifunktionale<br />
Charakter der Gebiete betont. Neben<br />
der Forschung sollten besonders der Erhalt<br />
und die nachhaltige Nutzung der biologischen<br />
Vielfalt im Vordergrund stehen. Freilich bestanden<br />
nur vage Vorstellungen darüber, wie<br />
dies verwirklicht werden könnte. In den Anfängen<br />
<strong>in</strong>terpretierte man Biosphärenreservate<br />
mit ihren streng geschützten, nutzungsfreien<br />
Kernzonen häufig als Instrumente <strong>des</strong> „klassischen“<br />
Naturschutzes. Viele der bereits bestehenden<br />
großen Nationalparks bewarben<br />
sich um das <strong>in</strong>ternationale Prädikat. Neue<br />
Gebiete wurden mit dem Ziel <strong>in</strong>tegriert, sie<br />
langfristig als Forschungsstätten zu erhalten.<br />
Erst mit der Sevilla-Strategie 1995 machte die<br />
<strong>UNESCO</strong> deutlich, dass sie mit der Schutzkategorie<br />
weit ehrgeizigere Ziele verfolgt.<br />
Biosphärenreservate sollten als Testgelände<br />
dienen, um nachhaltige Nutzungsformen zu<br />
erproben und damit die Lebensansprüche der<br />
zukünftigen Generationen zu wahren. Doch<br />
Anspruch und Wirklichkeit klaffen häufig<br />
noch weit ause<strong>in</strong>ander. So auch <strong>in</strong> Österreich.<br />
Spielwiesen der Forscher<br />
Vier der österreichischen Biosphärenparks<br />
wurden bereits 1977 ausgewiesen. Damals, zu<br />
Beg<strong>in</strong>n <strong>des</strong> <strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong>s, stand der klassische<br />
Naturschutzgedanke noch deutlich im<br />
Vordergrund. Weltweit sollten repräsentative<br />
Ökosysteme unter Schutz gestellt und als<br />
Probeflächen für <strong>in</strong>ternational koord<strong>in</strong>ierte<br />
Forschungsprojekte erhalten werden. Als das<br />
<strong>MAB</strong>-Wissenschaftsprogramm mit Beg<strong>in</strong>n<br />
der 1970er Jahre <strong>in</strong>s Leben gerufen wurde,<br />
war das „International Biological <strong>Programm</strong>e<br />
(IBP)“ gerade am Auslaufen. Im Rahmen <strong>des</strong><br />
IBP wurden <strong>in</strong> Österreich bis 1974 erfolgreich<br />
Projekte im Schilfgürtel und im Neusiedler See,<br />
am Großen Nebelkogel <strong>in</strong> den Stubaier Alpen,<br />
Der Mensch und die Biosphäre 45<br />
am Patscherkofel <strong>in</strong> den Tuxer Alpen sowie<br />
an verschiedenen Hochgebirgsseen, darunter<br />
der F<strong>in</strong>stertaler See bei Kühtai, durchgeführt.<br />
<strong>Das</strong> <strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong> sollte <strong>in</strong> Österreich die<br />
IBP-Forschung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er erweiterten Form fortsetzen.<br />
Von den Schwerpunkten im neuen<br />
<strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> beteiligte sich Österreich<br />
anfangs besonders an den Themen Limnologie<br />
und Hochgebirgsökologie. Dementsprechend<br />
kam das Engagement für die E<strong>in</strong>richtung<br />
der vier Biosphärenparks vor allem<br />
von den Forschenden. Prof. He<strong>in</strong>z Löffler<br />
(Neusiedler See, Untere Lobau) und Prof.<br />
Walter Moser (Gurgler Kamm, Gossenköllesee)<br />
gelten als die Haupt<strong>in</strong>itiatoren der <strong>in</strong> den<br />
Anfängen nom<strong>in</strong>ierten Biosphärenparks.<br />
<strong>Das</strong> <strong>MAB</strong>-<strong>Programm</strong> ermöglichte die Fortsetzung der Forschungsarbeiten,<br />
die im Rahmen <strong>des</strong> „International Biological <strong>Programm</strong>e (IBP)“ begonnen wurden.<br />
<strong>Die</strong> Biosphärenparks der ersten Generation (vor Sevilla) entstanden vor allem auf<br />
Initiative der Wissenschaftler <strong>in</strong> ihren Untersuchungsgebieten.
46 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
Forschung und Naturschutz vor<br />
Regionalentwicklung<br />
Der Gossenköllesee, das mit 85 Hektar weltweit<br />
kle<strong>in</strong>ste Biosphärenreservat, dient bis<br />
heute ausschließlich der Forschung. <strong>Die</strong> Limnologische<br />
Station am Seeufer liefert wichtige<br />
Langzeitdaten für die Umweltbeobachtung<br />
im Hochgebirge. Nutzung f<strong>in</strong>det lediglich <strong>in</strong><br />
Form von Schafbeweidung statt. E<strong>in</strong> Skilift<br />
endet kurz vor der Biosphärenparkgrenze.<br />
<strong>Die</strong> Gebiete Gurgler Kamm, Untere Lobau<br />
und Neusiedler See können im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />
als Keimzellen für die spätere E<strong>in</strong>richtung<br />
von nationalen Naturschutzkategorien auf<br />
der Fläche der jeweiligen Biosphärenparks<br />
gewertet werden. Der Biosphärenpark Gurgler<br />
Kamm liegt zu 90 Prozent im seit 1981<br />
bestehenden „Ruhegebiet Ötztaler Alpen“.<br />
Ruhegebiete s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e spezielle Schutzgebietsform<br />
<strong>in</strong> Tirol. Abseits von Lärm und Trubel<br />
soll sich der Mensch hier besonders gut erholen<br />
können. Öffentlicher Verkehr oder Seilbahnbetrieb<br />
s<strong>in</strong>d daher verboten. In den östlichen<br />
<strong>UNESCO</strong>-Gebieten überstrahlt heute die<br />
<strong>Das</strong> Deutsche <strong>MAB</strong>-Nationalkomitee beschloss 1996, eigene nationale<br />
„Kriterien für die Anerkennung und Überprüfung von Biosphären-<br />
reservaten“ aufzustellen. <strong>Die</strong>se basieren auf dem Aktionsplan der<br />
<strong>UNESCO</strong> von 1984 und der Sevilla-Strategie von 1995. Sie konkretisieren<br />
die <strong>in</strong>ternationalen Vorgaben und leisten Hilfestellung bei der Planung<br />
von neuen sowie bei der Entwicklung von bereits bestehenden Biosphären-<br />
reservaten <strong>in</strong> Deutschland. Nach diesen Kriterien sollen die <strong>UNESCO</strong>-<br />
Gebiete m<strong>in</strong><strong>des</strong>tens 30.000 Hektar umfassen, aber nicht größer als<br />
150.000 Hektar se<strong>in</strong>. Je<strong>des</strong> Biosphärenreservat muss <strong>in</strong> Kern-, Pflege-<br />
und Entwicklungszone gegliedert se<strong>in</strong>. Als M<strong>in</strong>imum für die Kernzone<br />
werden drei Prozent der Gesamtfläche gefordert, für die Pflegezone<br />
zehn Prozent. Beide zusammen sollen m<strong>in</strong><strong>des</strong>tens e<strong>in</strong> Fünftel der Fläche<br />
e<strong>in</strong>nehmen. <strong>Die</strong> Entwicklungszone, der Lebens- und Wirtschaftsraum der<br />
Bevölkerung, soll sich auf der Hälfte <strong>des</strong> Gebietes erstrecken.<br />
<strong>Die</strong> deutschen Kriterien können beim Bun<strong>des</strong>amt für Naturschutz <strong>in</strong> Bonn<br />
bestellt (www.bfn.de/05/0506.htm) oder über die Webseite <strong>des</strong> geplanten<br />
BSP Wienerwald heruntergeladen werden (www.noel.gv.at/Service/Lf/Lf4/<br />
Biosphaerenpark.htm).<br />
Außenwirkung der später e<strong>in</strong>gerichteten<br />
Nationalparks „Donauauen“ (seit 1996) und<br />
„Neusiedler See“ (seit 1993) den Bekanntheitsgrad<br />
der Biosphärenparks bei weitem.<br />
Sämtliche Bildungs-, Forschungs- und Naturschutzaktivitäten<br />
werden von den jeweiligen<br />
Nationalparkverwaltungen koord<strong>in</strong>iert. Teilweise<br />
decken sich die Aufgaben von Nationalparks<br />
und Biosphärenreservaten, wie etwa<br />
der Erhalt der Vielfalt von Pflanzen und<br />
Tieren <strong>in</strong> geschützten Kernzonen. In anderen<br />
Bereichen dagegen treten deutliche Zielkonflikte<br />
auf. Während sich die Natur <strong>in</strong> Nationalparks<br />
weitgehend frei von jeglicher wirtschaftlicher<br />
Nutzung entwickeln soll, bezieht das<br />
Konzept der Biosphärenreservate den Menschen<br />
mit se<strong>in</strong>em Wirtschaften ausdrücklich<br />
mit e<strong>in</strong>. Geme<strong>in</strong>sam mit der ortansässigen<br />
Bevölkerung werden <strong>in</strong> den Puffer- und Entwicklungszonen<br />
regionale Lösungen für e<strong>in</strong>e<br />
zukunftsorientierte Entwicklung erarbeitet,<br />
die sowohl die Belange der Natur als auch die<br />
<strong>des</strong> Menschen berücksichtigen.<br />
<strong>Die</strong> „alte Generation“<br />
Generell s<strong>in</strong>d die Gebiete <strong>in</strong> Österreich zu<br />
kle<strong>in</strong>, um die vielseitigen Aufgaben zu erfüllen.<br />
In den deutschen Leitl<strong>in</strong>ien für die E<strong>in</strong>richtung<br />
von Biosphärenreservaten wird als Richtwert<br />
e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong><strong>des</strong>tgröße von 30.000 Hektar angegeben.<br />
<strong>Die</strong>se Flächenausdehnung wird von<br />
ke<strong>in</strong>em der österreichischen Biosphärenparks<br />
erreicht. In den bereits 1977 nom<strong>in</strong>ierten<br />
Gebieten erfolgte ke<strong>in</strong>e Zonierung. Am Neusiedler<br />
See wurde allerd<strong>in</strong>gs nachträglich die<br />
Kernzone <strong>des</strong> Nationalparks zur Kernzone<br />
<strong>des</strong> Biosphärenparks erklärt. In den österreichischen<br />
<strong>UNESCO</strong>-Regionen (mit Ausnahme<br />
<strong>des</strong> Großen Walsertals) leben ke<strong>in</strong>e<br />
Menschen, die Entwicklungszonen entfallen<br />
damit gänzlich. <strong>Die</strong> E<strong>in</strong>wohner der umliegenden<br />
Geme<strong>in</strong>den wissen <strong>in</strong> der Regel nichts<br />
von der Existenz e<strong>in</strong>es Biosphärenparks <strong>in</strong><br />
ihrer Heimat. Damit entsprechen die „alten“<br />
Gebiete bisher nicht den Anforderungen der
<strong>in</strong>ternationalen Leitl<strong>in</strong>ien nach der Sevilla-<br />
Strategie. E<strong>in</strong>e Ausweitung und nachträgliche<br />
Zonierung wäre <strong>in</strong> allen Fällen möglich und<br />
wünschenswert.<br />
<strong>Die</strong> Kehrtwende nach Sevilla<br />
Ganz anders verhält es sich mit dem Großen<br />
Walsertal. <strong>Die</strong>ser erste nach Sevilla ausgewiesene<br />
Biosphärenpark <strong>in</strong> Österreich erwartet sich<br />
vom <strong>in</strong>ternationalen Prädikat Impulse für die<br />
nachhaltige Entwicklung der Region. <strong>Die</strong> Bewohner<br />
sehen dar<strong>in</strong> ihre e<strong>in</strong>zige Chance, das<br />
Gebirgstal als Lebens- und Wirtschaftsraum<br />
für zukünftige Generationen zu erhalten. <strong>Das</strong><br />
Biosphärenparkkonzept wurde von Anfang<br />
an zusammen mit der Bevölkerung entwickelt.<br />
Dabei entstand e<strong>in</strong> Leitbild, das die grundsätzlichen<br />
Ziele der sechs beteiligten Geme<strong>in</strong>den<br />
zusammenfasst. In den ausgewiesenen Kernzonen,<br />
den zwei Naturschutzgebieten „Gadental“<br />
und „Faludriga-Nova“, steht der Erhalt<br />
Großes<br />
Walsertal<br />
Gurgler Kamm<br />
Gossenköllesee<br />
Der Mensch und die Biosphäre 47<br />
der biologischen Vielfalt im Vordergrund.<br />
Jagd- und Almwirtschaft s<strong>in</strong>d als e<strong>in</strong>zige traditionelle<br />
Nutzungsformen jedoch auch <strong>in</strong> den<br />
Kernzonen erlaubt.<br />
Drei Kategorien <strong>in</strong> Österreich<br />
Zusammenfassend kann man die österreichischen<br />
Biosphärenparks <strong>in</strong> drei Kategorien<br />
e<strong>in</strong>teilen: die Forschungs- und Monitor<strong>in</strong>gstätten<br />
(Gossenköllesee und Gurgler Kamm),<br />
die Schutzgebiete, <strong>in</strong> denen das <strong>UNESCO</strong>-<br />
Prädikat von Nationalparkaktivitäten überlagert<br />
wird (Neusiedler See und Lobau), und<br />
schließlich die Modellregionen für nachhaltige<br />
Entwicklung (Walsertal und Wienerwald). Bei<br />
den ersten beiden Kategorien handelt es sich<br />
um Biosphärenparks der „alten Generation“,<br />
die noch fast 20 Jahre vor Sevilla ausgewiesen<br />
wurden. <strong>Die</strong> <strong>in</strong>ternationalen Leitl<strong>in</strong>ien der<br />
<strong>UNESCO</strong> werden dort bis heute nur unzureichend<br />
umgesetzt.<br />
Untere Lobau<br />
Wienerwald<br />
Neusiedler See<br />
<strong>Die</strong> Biosphärenparks <strong>in</strong><br />
Österreich lassen sich <strong>in</strong><br />
drei Kategorien e<strong>in</strong>teilen:<br />
die Forschungs- und<br />
Monitor<strong>in</strong>gstätten (4/5),<br />
die Nationalparkdom<strong>in</strong>ierten<br />
Gebiete (1/3)<br />
und die Modellregionen<br />
für nachhaltige Entwicklung<br />
(2/6).<br />
Graphik: Sigrun Lange
48 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
%<br />
Biosphärenparks als Chance im Zeitalter der Globalisierung<br />
Vom Agrarstaat zur <strong>Die</strong>nstleistungs-<br />
gesellschaft<br />
Vor etwa 150 Jahren gehörten noch drei Viertel<br />
der österreichischen Bevölkerung dem<br />
Bauernstand an. Mittlerweile wandelte sich<br />
das ehemalige Bauernland <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e hoch entwickelte<br />
Industrienation und <strong>Die</strong>nstleistungsgesellschaft.<br />
Bei der letzten Agrarstrukturerhebung<br />
von 1999 wurden nur noch etwa<br />
215.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe<br />
erfasst. Knapp 60 Prozent davon werden<br />
im Nebenerwerb betrieben. <strong>Die</strong> Land- und<br />
Forstwirtschaft, früher wichtigster Wirtschaftsfaktor,<br />
trägt heute lediglich mit zwei Prozent<br />
zum Brutto<strong>in</strong>landsprodukt (BIP) bei. Im<br />
modernen Österreich bieten Industriezweige<br />
wie der Masch<strong>in</strong>en- und Stahlbau, die Chemie<br />
oder Fahrzeugtechnik neue E<strong>in</strong>kommensquellen.<br />
Wesentlicher Motor der Wirtschaftsentwicklung<br />
ist aber der <strong>Die</strong>nstleistungsbereich.<br />
Der Tertiärsektor trägt mit 65 Prozent<br />
heute den größten Anteil am BIP. Viele befürchten,<br />
dass die zunehmende Globalisierung<br />
und die damit verbundene Öffnung der Märkte<br />
die österreichischen Landwirte weiter unter<br />
Druck setzen wird. Angst schürt auch die<br />
aktuelle Erweiterung der Europäischen Union<br />
nach Osten. Vor allem <strong>in</strong> Gebieten mit überwiegender<br />
Fleisch- und Milcherzeugung sowie<br />
Getreideanbau könnten sich durch die fruchtbaren<br />
Böden und die niedrigen Produktionskosten<br />
im Osten Wettbewerbsnachteile für den<br />
unmittelbaren Nachbarn Österreich ergeben.<br />
<strong>Die</strong> Primärproduktion wandert damit weiter<br />
nach Osten ab.<br />
„Klasse statt Masse“<br />
Will sich die österreichische Landwirtschaft <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er globalisierten Welt behaupten, so müssen<br />
die regionalen Qualitätsprodukte stärker <strong>in</strong> den<br />
Vordergrund der Vermarktung gestellt werden.<br />
Zwar wird von e<strong>in</strong>er bestimmten Käuferschicht<br />
der Billiglebensmittelmarkt stark <strong>in</strong><br />
Anspruch genommen, viele Verbraucher ernähren<br />
sich aber auch immer bewusster. Verunsicherungen<br />
durch Lebensmittelkrisen wie<br />
die R<strong>in</strong>derseuche BSE oder die gentechnische<br />
Veränderung von Lebensmitteln führen zu<br />
e<strong>in</strong>em gesteigerten Interesse an biologisch<br />
angebauten und qualitativ hochwertigen Produkten.<br />
<strong>Das</strong> starke Gesundheitsbewusstse<strong>in</strong><br />
zeigt sich auch <strong>in</strong> aktuellen Trends wie der<br />
„Slow-Food-Initiative: Zeitnehmen zum Genießen“<br />
oder den zahlreichen Wellness-Angeboten<br />
zum Verwöhnen von Körper und Seele.<br />
Impulse für die Regionalentwicklung<br />
Vor dem H<strong>in</strong>tergrund dieser veränderten<br />
ökonomischen Realitäten sche<strong>in</strong>t es besonders<br />
wichtig, Biosphärenparks vor allem als Chance<br />
für Mensch und Natur zu begreifen. <strong>Das</strong><br />
Konzept der <strong>in</strong>ternationalen Schutzkategorie<br />
kann dazu beitragen, die Regionen zu fördern,<br />
ihre Besonderheiten zu bewahren und damit<br />
ihr Überleben langfristig zu sichern. <strong>Das</strong><br />
Markenzeichen „Biosphärenpark“ stellt e<strong>in</strong>en<br />
Imagegew<strong>in</strong>n für e<strong>in</strong>e Region dar und stärkt<br />
damit die Identität und das Selbstbewusstse<strong>in</strong><br />
der Bevölkerung. „Walserstolz“ heißt der<br />
würzige Rohmilchkäse aus dem Großen<br />
Walsertal. <strong>Die</strong> frühzeitige Beteiligung der<br />
Bevölkerung an der Entwicklung e<strong>in</strong>es Biosphärenparks,<br />
wie sie derzeit im Wienerwald<br />
stattf<strong>in</strong>det, setzt <strong>in</strong>tensive Diskussionsprozesse<br />
<strong>in</strong> Gang. Zwischen den unterschiedlichen<br />
Interessensgruppen werden Informationen<br />
ausgetauscht, Wissen und know how nehmen<br />
zu. Biosphärenreservate s<strong>in</strong>d weltweit vernetzt.<br />
<strong>Die</strong> beteiligten Regionen profitieren<br />
von dieser <strong>in</strong>ternationalen E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung. Weiters<br />
können mit dem Prädikat bestimmte Qualitätskriterien<br />
verbunden werden, was neue Käuferschichten<br />
anspricht und e<strong>in</strong>en Wettbewerbsvorteil<br />
für die lokalen Produkte mit sich br<strong>in</strong>gt.<br />
Damit s<strong>in</strong>d höhere Preise und e<strong>in</strong> größerer
Der Mensch und die Biosphäre 49<br />
In Österreich vollzog sich <strong>in</strong> den letzten 150 Jahren e<strong>in</strong>e Entwicklung vom Agrarstaat zur modernen Industrie- und <strong>Die</strong>nstleistungsgesellschaft.<br />
Land- und Forstwirtschaft haben im Vergleich zu früher e<strong>in</strong>en vergleichsweise ger<strong>in</strong>geren Stellenwert. <strong>Die</strong> vielfältigen<br />
Kulturlandschaften dienen heute nicht mehr primär der Nahrungsmittelproduktion, sondern tragen zunehmend auch als Erholungs-<br />
raum und Urlaubsziel zur Wertschöpfung der Region bei. Weiters s<strong>in</strong>d sie für den Erhalt der Artenvielfalt von besonderer Bedeutung.<br />
Graphik: Sigrun Lange
50 <strong>Das</strong> <strong>UNESCO</strong>-<strong>Programm</strong> <strong>–</strong><br />
Blühende Streuobstwiesen<br />
steigern die Attraktivität e<strong>in</strong>er<br />
Landschaft für Touristen.<br />
Photo: Gerhard Dullnig<br />
Absatz zu erzielen. <strong>Die</strong>s zeigt e<strong>in</strong> Beispiel aus<br />
dem Naturpark Pöllauer Tal: Vor zehn Jahren<br />
kostete der Liter Obstschnaps noch (umgerechnet)<br />
zwischen drei und fünf Euro. Rigorose<br />
Qualitätskontrollen und das Prägen e<strong>in</strong>es<br />
Markenlabels ließen den Preis auf etwa das<br />
Fünffache ansteigen. Der Pöllauer Obstler<br />
wird heute für rund 30 bis 35 Euro vertrieben.<br />
Der Bekanntheitsgrad der Regionen wird<br />
gesteigert, sie werden attraktiver für Touristen,<br />
die sich für natürliche Landschaften und traditionell<br />
wirtschaftende Kulturen <strong>in</strong>teressieren.<br />
Für die Landwirtschaft eröffnen sich dadurch<br />
neue Chancen. Während der Bauernstand<br />
früher im ländlichen Raum ausschließlich für<br />
die Produktion von Nahrungsmitteln verantwortlich<br />
war, erwirtschaften sich viele<br />
Betriebe heute e<strong>in</strong> Zusatze<strong>in</strong>kommen durch<br />
e<strong>in</strong> breites Spektrum an Aktivitäten. Direktvermarktung,<br />
die Produktion von regionaltypischen<br />
Spezialitäten oder die Organisation<br />
von Erlebnise<strong>in</strong>käufen auf dem Bauernhof<br />
spielen heute e<strong>in</strong>e große Rolle. Manche setzen<br />
auf die Weiterverarbeitung von Rohstoffen<br />
<strong>in</strong> attraktive Produkte. So werden beispielsweise<br />
Färberpflanzen für die natürliche Fär-<br />
<strong>Die</strong> Apfel<strong>in</strong>itiative im Biosphärenreservat Rhön (Deutschland)<br />
bung von Schafwolle angebaut. <strong>Die</strong> besonderen<br />
Woll-Produkte bereichern den regionalen<br />
Markt. Touristische Angebote („Urlaub auf<br />
dem Bauernhof“) s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> weiterer wichtiger<br />
Wirtschaftsfaktor. Laut Lebensm<strong>in</strong>isterium<br />
wird jeder fünfte österreichische Tourismusbetrieb<br />
von e<strong>in</strong>er bäuerlichen Familie geführt<br />
(Stand 1999). Der Naturtourismus ist mittlerweile<br />
zu e<strong>in</strong>em sehr wichtigen Bestandteil der<br />
globalen Tourismus<strong>in</strong>dustrie geworden. E<strong>in</strong>er<br />
Gästebefragung <strong>in</strong> Österreich im Jahr 2000<br />
zufolge suchen zwei Drittel der Befragten im<br />
Urlaub vor allem Erholung. <strong>Die</strong> Hälfte legt<br />
Wert darauf, <strong>in</strong> der Natur zu wandern. Gerade<br />
die ländlichen Räume der österreichischen<br />
Bergregionen stellen also mit ihren noch<br />
<strong>in</strong>takten Naturlandschaften e<strong>in</strong>en hohen Wert<br />
für die Gesellschaft dar. Um diesen zu erhalten,<br />
muss der Landwirt als Lebensmittelerzeuger<br />
zunehmend auch die Aufgabe <strong>des</strong> Naturpflegers<br />
übernehmen. Für Umweltleistungen wie das<br />
Offenhalten der Landschaft durch Mahd, die<br />
Pflege von Bäumen oder Hecken oder die extensive<br />
Beweidung von Flächen erhalten die<br />
Landwirte Ausgleichszahlungen. Häufig erzielen<br />
sie damit e<strong>in</strong>en größeren Anteil ihres E<strong>in</strong>kommens<br />
als mit der traditionellen Lebensmittelproduktion.<br />
Noch bis Mitte <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts galt die Rhön als Armenhaus Deutschlands. Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
erschwerte die Teilung der Mittelgebirgslandschaft durch den Eisernen Vorhang den wirtschaftlichen Aufschwung.<br />
Auf Grund fehlender wirtschaftlicher Perspektiven wanderten viele Menschen aus der Region ab. 1991 erkannte die<br />
<strong>UNESCO</strong> die Rhön als länderübergreifen<strong>des</strong> Biosphärenreservat mit Anteilen <strong>in</strong> Bayern, Hessen und Thür<strong>in</strong>gen an. <strong>Die</strong><br />
gewachsene Kulturlandschaft sollte erhalten und den Menschen e<strong>in</strong>e Chance für die Zukunft gegeben werden. Ziel<br />
war, mit dem <strong>in</strong>ternationalen Prädikat e<strong>in</strong>e höhere Wertschöpfung <strong>in</strong> der Region zu erzielen. E<strong>in</strong> erfolgreiches Beispiel<br />
dafür ist die „Rhöner Apfel<strong>in</strong>itiative“. <strong>Die</strong> früher noch weit verbreiteten Streuobstwiesen g<strong>in</strong>gen seit den 1970er Jahren<br />
drastisch zurück. 1996 veranlasste der e<strong>in</strong> Jahr zuvor gegründete Vere<strong>in</strong> „Rhöner Apfel<strong>in</strong>itiative e.V.“ die Erfassung<br />
sämtlicher Kernobstsorten der Region. Unter reger Beteiligung der Bevölkerung wurden 170 Apfel-,<br />
12 Pflaumen- und 38 Birnensorten identifiziert, darunter viele alte Sorten. Seither produziert e<strong>in</strong>e örtliche Kellerei<br />
den Rhöner Streuobstapfelsaft aus ökologischem Anbau. In der Folge entstand e<strong>in</strong>e breite Produktpalette, die von<br />
Apfelcidre über Apfelchampagner, -sherry, -essig bis zu e<strong>in</strong>em Radler auf der Basis von Apfelsaft und Bier reicht.<br />
E<strong>in</strong>e Beh<strong>in</strong>dertenwerkstatt <strong>in</strong> Fulda stellt getrocknete Apfelr<strong>in</strong>ge her und vermarktet sie als Apfelchips. Derzeit ist die<br />
Nachfrage nach den ungespritzten Rhöner Äpfeln größer als das Angebot.
Warum e<strong>in</strong> Biosphärenpark im Wienerwald?<br />
E<strong>in</strong> Beitrag von Dr. Gerfried Koch, Abteilung Forstwirtschaft im<br />
Amt der Niederösterreichischen Lan<strong>des</strong>regierung<br />
Der Wienerwald ist e<strong>in</strong> wertvoller Natur- und Kulturraum. Unterschiedliche Waldtypen bilden e<strong>in</strong>es<br />
der größten geschlossenen Waldgebiete Europas. <strong>Das</strong> Zusammenspiel von Wald und Wiesen<br />
macht die reich strukturierte Kulturlandschaft zu e<strong>in</strong>em „Hotspot“ für Arten- und Lebensraum-<br />
vielfalt. Der Wienerwald ist aber auch traditionsreicher Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum<br />
im Spannungsfeld zwischen der Großstadt Wien und den Naturlandschaften Niederösterreichs.<br />
Jahrzehntelang wurde die Zukunft <strong>des</strong> Wienerwal<strong>des</strong> diskutiert und nach e<strong>in</strong>em griffigen<br />
Entwicklungs- und Schutzkonzept gesucht. Im Millenniumsjahr 2002, „1000 Jahre Wienerwald“,<br />
beantwortete e<strong>in</strong>e wissenschaftliche Studie die zentrale Frage, welche Schutzkategorie für den<br />
Wienerwald möglich, s<strong>in</strong>nvoll und zweckmäßig ist: „Nationalpark“ oder „Biosphärenpark“?<br />
Der Wienerwald wurde über Jahrhunderte h<strong>in</strong>weg land- und forstwirtschaftlich genutzt und verändert.<br />
Dennoch gibt es noch sehr naturnahe Bereiche, die sich aber über den gesamten Wienerwald ver-<br />
teilen. Daher ist die Ausweisung großflächiger zusammenhängender Nationalparkkernzonen nicht<br />
möglich. Besonders problematisch ist die räumliche Trennung von potenziellen Kernzonen durch die<br />
Wienerwald-Autobahn. <strong>Die</strong> Hauptfunktion e<strong>in</strong>es Nationalparks liegt im strengen Schutz von Naturland-<br />
schaften. Daher wäre es mit dieser Schutzkategorie auch nicht möglich, die vom Menschen ge-<br />
schaffenen, artenreichen Wienerwaldwiesen zu erhalten. Neben den naturkundlichen Argumenten<br />
spielten aber auch die Besiedlungsstruktur, der Erholungsdruck und die Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur e<strong>in</strong>e<br />
entscheidende Rolle <strong>in</strong> der Abwägung. Über 700.000 Menschen leben im Wienerwald und mehr als<br />
zwei Millionen Naherholungssuchende nutzen die Region jährlich. Aufgrund der IUCN-Kriterien, der<br />
naturräumlichen und <strong>in</strong>frastrukturellen Gegebenheiten sowie der vielfältigen Nutzungsansprüche kam<br />
man zu dem Ergebnis, dass e<strong>in</strong> Nationalpark für den gesamten Wienerwald nicht umsetzbar ist.<br />
Im Gegensatz zum Nationalpark werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Biosphärenpark die Ziele „Erhaltung von Kultur-<br />
und Naturlandschaften“ gleichwertig verfolgt. <strong>Das</strong> Biosphärenparkkonzept ist somit wie maßge-<br />
schneidert für den Wienerwald und auf der Gesamtfläche umsetzbar. Es unterstützt die umfassende<br />
Integration vorhandener Schutzgebiete (Naturschutzgebiete, Naturwaldreservate, Natura-2000-<br />
Gebiete, Naturparke etc.) und berücksichtigt die besonderen Wienerwald-Charakteristika. Ferner<br />
eröffnet e<strong>in</strong> Biosphärenpark se<strong>in</strong>er Bevölkerung große Chancen auf wirtschaftlichen Erfolg bei lang-<br />
fristig hoher Lebensqualität. Aus dem Mite<strong>in</strong>ander von Land- und Forstwirtschaft, Erholungsnutzung<br />
und Tourismus sowie von wirtschaftlichen und kulturellen Aktivitäten erwachsen neue Perspektiven.<br />
Der Biosphärenpark Wienerwald ist e<strong>in</strong> wichtiges Instrument der nachhaltigen Regionalentwicklung.<br />
Vorhandene regionalwirtschaftliche Initiativen werden künftig besser vernetzt und neue, <strong>in</strong>novative<br />
Projekte unterstützt. Durch Partizipation, Kooperation und Market<strong>in</strong>g wird der Wienerwald zu e<strong>in</strong>er<br />
Modellregion für e<strong>in</strong> Mite<strong>in</strong>ander von Landentwicklung und Naturschutz. Zu den ökonomischen<br />
und sozialen Chancen für die Region gehören: Imagegew<strong>in</strong>n durch das Prädikat „Biosphärenpark“,<br />
Stärkung der regionalen Identität, Erhaltung der Kulturlandschaft als Ressource für die Land- und Forst-<br />
wirtschaft, Qualitätssteigerung <strong>des</strong> Angebotes im Tourismus und <strong>in</strong> anderen Sektoren, höhere Beschäf-<br />
tigungszahlen durch wirtschaftliche Impulse, zusätzliche E<strong>in</strong>nahmen für die Geme<strong>in</strong>den und Verbesserung<br />
der lokalen Infrastruktur. <strong>Die</strong> Vorteile für den Wienerwald durch e<strong>in</strong>en Biosphärenpark werden jedoch<br />
umso besser ausgeschöpft, je stärker die Menschen der Region das Projekt geme<strong>in</strong>sam mit Leben füllen.<br />
51<br />
Dr. Gerfried Koch ist<br />
als Mitarbeiter der<br />
NÖ Lan<strong>des</strong>regierung<br />
zuständig für den<br />
Wienerwald.