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ALLGÄU ALTERNATIV Herbst/Winterausgabe 2015/16

"Auf ein Wort": mit dem Bürgermeister der Energiegemeinde Wildpoldsried Arno Zengerle / Energie: Batterie entlastet das Netz - Tussenhauser Speicher puffert Strom vor Ort / Windkraft: Wackelt die Schutzzone?- bald Windräder im Oberallgäu möglich? / Wasserkraft: Iller unter "Beobachtung" - Energie, Natur und Tourismus im Einklang / Bauen: Energieeffiziente Schule- Gebhard-Müller-Schule in Biberach als Musterbeispiel für Langzeit-Monitoring / Biomasse: Mustergültig informiert - Ministerium würdigt Biomassehof Allgäu als Musterbeispiel in neuem Themenportal / Bauen: Ein Haus ganz aus Holz - Regionales Wohnkonzept für die Zukunft / Bauen und Sanieren: Ohne Energieverlust lüften? Moderne Lüftungsanlagen sinnvoll nutzen / Pioniere/Mächler: Nicht einfach nur Plastik- Vom Segelflugzeug zum Spritzguss; hochmodernes Werk für Verarbeitung von Kunststoffen / E-Mobil: 45.000 Kilometer unter Strom / Weitere Informationen auf www.allgaeu-alternativ.de

"Auf ein Wort": mit dem Bürgermeister der Energiegemeinde Wildpoldsried Arno Zengerle / Energie: Batterie entlastet das Netz - Tussenhauser Speicher puffert Strom vor Ort / Windkraft: Wackelt die Schutzzone?- bald Windräder im Oberallgäu möglich? / Wasserkraft: Iller unter "Beobachtung" - Energie, Natur und Tourismus im Einklang / Bauen: Energieeffiziente Schule- Gebhard-Müller-Schule in Biberach als Musterbeispiel für Langzeit-Monitoring / Biomasse: Mustergültig informiert - Ministerium würdigt Biomassehof Allgäu als Musterbeispiel in neuem Themenportal / Bauen: Ein Haus ganz aus Holz - Regionales Wohnkonzept für die Zukunft / Bauen und Sanieren: Ohne Energieverlust lüften? Moderne Lüftungsanlagen sinnvoll nutzen / Pioniere/Mächler: Nicht einfach nur Plastik- Vom Segelflugzeug zum Spritzguss; hochmodernes Werk für Verarbeitung von Kunststoffen / E-Mobil: 45.000 Kilometer unter Strom / Weitere Informationen auf www.allgaeu-alternativ.de

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Ausgabe 3/<strong>2015</strong><br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz<br />

E-Mobil: Praxis-Erfahrungen<br />

Windkraft: Bald neue Windräder?<br />

Heizen: Holz selber machen


Auf ein Wort<br />

Zukunft ist machbar<br />

Eine Million Elektroautos bis 2020 ist die Zielmarke,<br />

die unsere Kanzlerin Angela Merkel<br />

gesetzt hat! »Unerreichbar« unken diejenigen,<br />

die mit Energiewende eh noch nie was anfangen<br />

konnten. »Zu wenig ambitioniert« die anderen, denen<br />

es zu langsam geht.<br />

Wir Wildpoldsrieder gehen diese Herausforderung<br />

mit der uns eigenen Gelassenheit und gleichzeitigen<br />

Zuversicht an, dass wir unseren Anteil an diesem<br />

Ziel nicht nur schaffen, sondern übertreffen werden.<br />

Eine Million bedeutet auf unser Dorf heruntergebrochen<br />

30 Elektroautos in Wildpoldsried im Jahre 2020!<br />

Wo liegt das Problem? Sicherlich nicht in der<br />

Technik! Firmen, Organisationen und Privatpersonen,<br />

die tägliche Strecken von 150 Kilometern pro Fahrzeug<br />

und weniger zurücklegen, finden bereits heute<br />

eine breite Palette an preiswerten Fahrzeugen im Angebot.<br />

Selbst in unserer kleinen Gemeinde haben wir<br />

zwei Elektro-Kangoos der Firma Renault im Einsatz,<br />

die uns täglich Geld sparen und mit regenerativem<br />

Strom betankt werden.<br />

Liegt es an den Kosten? Natürlich kann sich nicht<br />

jeder eine Tesla-Limousine leisten, die 500 Kilometer<br />

Reichweite und über 400 PS hat. Doch wenn wir uns<br />

zurückerinnern, dann war es immer die automobile<br />

Oberklasse, in der Innovationen erstmals zu Kunden<br />

gebracht wurden. Einen elektrischen Fensterheber in<br />

den frühen 60ern konnte man bestenfalls in der Mercedes-S-Klasse<br />

mit hohem Aufpreis erhalten. Heute<br />

hat dies jeder Kleinwagen – serienmäßig!<br />

Sind weniger als 17.000 € für ein gut ausgestattetes<br />

Elektroauto zuzüglich monatliches Batterieleasing<br />

zu viel? Ich meine nicht, wenn man berechnet, dass<br />

kaum noch Wartungen, Ölwechsel usw. notwendig<br />

sind. Und, dass der Treibstoff Sonnenstrom extrem<br />

billig zu haben ist. Ohne Umweltbelastung, bei einem<br />

traumhaften Fahrgefühl.<br />

Mit spitzem Bleistift gerechnet gibt es also weder<br />

einen technischen noch einen wirtschaftlichen Grund,<br />

bei begrenzten Tagesfahrleistungen kein Elektroauto<br />

Foto: privat<br />

Arno Zengerle ist Bürgermeister<br />

der Energiegemeinde Wildpoldsried<br />

zu fahren. Und diese Tagesfahrleistungen gibt es millionenfach<br />

in unserem Lande. Nicht nur in unserem<br />

Bauhof, sondern als privater Zweitwagen, als Postmobil,<br />

als Firmenfahrzeug und und und…<br />

Wo wir in unserem Land noch zulegen müssen,<br />

das sind die Lademöglichkeiten für Elektromobile. Ein<br />

Einsatzversuch über zwei Wochen bei unserem ambulanten<br />

Krankenpflegeverein hat gezeigt, dass Technik,<br />

Wirtschaftlichkeit und Fahrspaß bestens zusammenpassen.<br />

Doch wo lädt eine Krankenschwester, die in<br />

einem Hochhaus wohnt und Nachtdienst hat, ihr<br />

Fahrzeug auf? Probleme, die sich zwar übersichtlich<br />

anhören, aber trotzdem gelöst werden müssen, wenn<br />

eine breite Akzeptanz entstehen soll.<br />

Ich bin mir sicher, wir werden sie lösen. Damit<br />

werden wir nicht nur unseren dringend notwendigen<br />

Anteil an dem Wettlauf gegen den Klimawandel erbringen,<br />

sondern uns auch in kleinen Schritten von<br />

Energie-Abhängigkeiten gegenüber dem Ausland lösen.<br />

Zukunft ist machbar – machen Sie mit!<br />

Ihr Arno Zengerle<br />

Bürgermeister der Energiegemeinde<br />

Wildpoldsried<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

3


Inhalt<br />

Impressum<br />

Verlag und Herstellung:<br />

Verlag HEPHAISTOS,<br />

EDITION <strong>ALLGÄU</strong><br />

Lachener Weg 2<br />

87509 Immenstadt-<br />

Werdenstein<br />

Tel. 08379/7286<strong>16</strong><br />

Fax 08379/728018<br />

info@heimat-allgaeu.info<br />

www.allgaeu-alternativ.de<br />

Herausgeber:<br />

Peter Elgaß<br />

Redaktion:<br />

Viola Elgaß (v.i.S.d.P.),<br />

Thomas Niehörster,<br />

Annette Müller,<br />

Volker Wille<br />

Gekennzeichnete Beiträge<br />

stellen die Meinung des<br />

Ver fassers, nicht aber des<br />

Verlages dar.<br />

Layout:<br />

Bianca Elgaß<br />

Ramona Klein<br />

Dominik Ultes<br />

Anzeigen:<br />

Sven Abend (Ltg.),<br />

Kathrin Böttger<br />

Tel. 08379/7286<strong>16</strong>;<br />

gültige Anzeigenpreisliste:<br />

1/2010<br />

Bankverbindung Verlag:<br />

Raiffeisenbank Oberallgäu-<br />

Süd eG, IBAN:<br />

DE97733699200007126999<br />

BIC: GENODEF1SFO<br />

Druck und Bindung:<br />

Kastner & Callwey<br />

Medien GmbH<br />

Jahnstraße 5<br />

85661 Forstinning<br />

Fotos: Thomas Niehörster, Uwe Schlick/pixelio.de, Dominik Ultes, Peter Elgaß<br />

20<br />

Vorwort Seite 3<br />

E-Mobil<br />

45.000 Kilometer unter Strom Seite 6<br />

E-Mobil<br />

Einachser: Hymer macht mit Seite 12<br />

Energie-Partner<br />

Eigenproduktion hilft sparen Seite 14<br />

Energie<br />

Bürger sparen um die Wette Seite 15<br />

Batterie entlastet das Netz Seite <strong>16</strong><br />

1000 afrikanische Elefanten... Seite 18<br />

Windkraft<br />

Wackelt die Schutzzone? Seite 20<br />

Windräder sind ein Segen Seite 24<br />

Ist »unhörbar« doch hörbar? Seite 28<br />

Wasserkraft<br />

Iller unter »Beobachtung« Seite 30<br />

Der Fluss dreht durch Seite 32<br />

Bauen<br />

Energieeffiziente Schule Seite 34<br />

Holzorchester spielt weiter Seite 36<br />

Meldungen<br />

Nachhaltigkeitspreis für Kempten? Seite 38<br />

Energie begreifen mit dem Knatterboot Seite 39<br />

Ostallgäu: Masterplan auf den Prüfstand Seite 40<br />

Campusluft schnuppern in Biberach Seite 40<br />

Bei den Kleinen groß anfangen Seite 41<br />

Neues Gesetz tangiert Firmen Seite 41<br />

Energiewende in klassischen Berufen Seite 41<br />

Umweltbildung für ABC-Schützen Seite 42<br />

Neue Stromtankstelle in Weingarten Seite 42<br />

Solardächer auch für Allgäuer Kunden Seite 43<br />

»Bauen und Sanieren« in Mindelheim Seite 43<br />

Allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> bei eCar-Tech Seite 43<br />

Unterallgäu: Frischer Wind eingeschlafen Seite 44<br />

Kleinwind-Energie: Effizienz gesteigert Seite 44<br />

Landrat weist Vorwürfe zurück Seite 45<br />

Photovoltaik<br />

Von der Nuss zur Sonne Seite 46<br />

Biogas<br />

Fachtagung im Allgäu Seite 48<br />

Studium<br />

Datenbank für Studenten Seite 50<br />

Brennholz<br />

Rund ums Brennholz Seite 54<br />

4 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


24<br />

30<br />

Biomasse<br />

Mustergültig informiert Seite 56<br />

Bauen<br />

Ein Haus ganz aus Holz Seite 58<br />

Bauen und Sanieren<br />

Ohne Energieverlust lüften Seite 60<br />

Klimawandel<br />

Immer mehr Starkregenfälle Seite 62<br />

Natur<br />

Schaf ist nicht gleich Schaf Seite 66<br />

Pioniere/Mächler<br />

Nicht einfach nur Plastik Seite 68<br />

Geier mit nassen Flügeln Seite 70<br />

Mächler-Story<br />

Glockengeläut und Särge Seite 72<br />

Für Sie vorausgelesen Seite 52<br />

Redaktions- und Anzeigenschluss für die nächste<br />

Ausgabe ist der 29. Januar 20<strong>16</strong><br />

54<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

5


E-Mobil<br />

45.000 Kilometer unter Strom<br />

Im Allgäu, in Schwaben und im Schwarzwald<br />

Eine kurze Probefahrt mit einem E-Mobil bei einer Autoschau oder beim Händler<br />

bringt manchen Interessenten ins Staunen. Doch es bleibt ein Kurz-Eindruck<br />

mit Überraschungen über Durchzugskraft, ruhigen Lauf und einfache Bedienung.<br />

Zweifel an Reichweiten, Winterverhalten und Alltagstauglichkeit bleiben.<br />

Wir lassen mit Steffen Riedel einen E-Mobilisten zu Wort kommen,<br />

der fast täglich mit seinem Zoe unterwegs ist.<br />

Lindau – Badenweiler im Südschwarzwald, 224<br />

Kilometer kürzeste Distanz. Schaffen wir das<br />

überhaupt mit unserem Zoe?« fragen wir uns.<br />

Renault gibt als Hersteller für sein Elektro-Modell eine<br />

Reichweite von über 200 Kilometern mit einer Akku-<br />

Fotos: Dominik Ultes; Steffen Riedel<br />

Steffen Riedel (Foto oben)<br />

hat viel Praxiserfahrung<br />

mit seinem weißen<br />

Elektromobil (Foto links)<br />

Ladung an. Das zweifelnde Fragezeichen im Gesicht<br />

meiner Frau versuche ich in ein Ausrufezeichen zu<br />

verwandeln: »Auf der Strecke, die ich vorhabe, sind es<br />

sogar 240 Kilometer, deshalb müssen wir einmal in<br />

Waldshut-Tiengen zwischentanken.«<br />

»Aber bis dahin sind es ja auch knapp <strong>16</strong>0 Kilometer!«<br />

entgegnet das Fragezeichen. »Das ist richtig,<br />

aber das schaffen wir, und ich sage dir, wenn wir zum<br />

Tanken anstecken, ist noch Strom für 50 Kilometer in<br />

der Batterie!« In Waldshut-Tiengen ist man in Sachen<br />

E-Mobilität sehr rührig. Die dortigen Stadtwerke betreiben<br />

sechs gut verteilte und zugängliche Ladestationen<br />

mit jeweils vier Anschlüssen: 2x Typ2 und 2x<br />

Schuko, alle zugänglich mit der RFID-Ladenetz-Karte,<br />

die auch bei den Allgäuer Überlandwerken (AÜW)<br />

gilt: Karte hinhalten, und die Ladesäule wird freigeschaltet.<br />

»Ladenetz« ist ein Stadtwerke-Verbund in Sachen<br />

Elektromobilität. Wer eine »Ladenetz«-Karte besitzt,<br />

kann an Ladesäulen mit dem »Ladenetz«-Logo<br />

bis auf Weiteres kostenlos sein E-Mobil laden.<br />

6<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Enorme Leistungen bei der WAVE<br />

Einkaufen, frühstücken und gleichzeitig laden –<br />

Ladesäule beim EDEKA in Tiengen<br />

Warnung: Ziel nicht zu erreichen!<br />

In Waldshut-Tiengen hat man auch erkannt, dass<br />

Kunden während des Einkaufs laden möchten, deshalb<br />

stehen gleich zwei Ladesäulen beim dortigen OBI<br />

und eine beim EDEKA. Ich programmiere als Ziel die<br />

Ladesäule beim EDEKA in das Fahrzeug-Navi. 156 Kilometer<br />

Strecke verkündet es mit der »WARNUNG:<br />

Der Ladezustand des Akkus ist zu niedrig, um das ausgewählte<br />

Ziel zu erreichen. Möchten Sie eine Ladestation<br />

zu Ihrer Route hinzufügen?«<br />

Wenn Winter wäre, hätte das Navi vermutlich<br />

Recht, denn ab Außentemperaturen unter fünf Grad<br />

Celsius und bei Winterreifen beginnt die Reichweite<br />

zu bröckeln, um bei minus zehn Grad Celsius auf einem<br />

Tiefpunkt von ca. 100 bis 120 Kilometern zu landen.<br />

Verantwortlich für den Energieschwund ist vor<br />

allem das Verhalten des Elektrolyts, einer Substanz,<br />

die den Übergang der Ionen von einem Pol zum anderen<br />

in den Zellen der Lithium-Ionen-Akkus ermöglicht.<br />

Ist es zu kalt, haben die Ionen auf ihrem Weg<br />

vom Minus- zum Pluspol Schwierigkeiten, den Elektrolyten<br />

zu durchdringen, weil er immer zähflüssiger<br />

wird, wobei die Energie in Wärme verwandelt wird,<br />

die nicht genutzt werden kann. Aber jetzt ist Sommer<br />

mit Außentemperaturen über 15 Grad Celsius, also<br />

drücke ich »Nein«. Das Display wechselt zum Straßenbild<br />

mit einer drohend tiefrot hinterlegten Zielfahne:<br />

»Sie werden Ihr Ziel nicht erreichen!«<br />

Eine entspannte Beifahrerin<br />

Nach gefahrenen 100 Kilometern sitzt meine<br />

Frau inzwischen entspannt neben mir, doch das Navi<br />

bleibt skeptisch und wechselt die Farbe der Zielfahne<br />

in Orange. Erst nach weiteren 30 Kilometern verschwindet<br />

auch diese. Nach <strong>16</strong>0 Kilometern an der<br />

Ladesäule angekommen, beträgt die angezeigte Restladung<br />

20 Prozent mit 50 Kilometern Rest-Reichweite.<br />

Wir hätten also, wie vom Hersteller angegeben, mindestens<br />

200 Kilometer weit fahren können.<br />

Auf zur nächsten Etappe<br />

Nach einer Frühstückspause von einer knappen<br />

Stunde mit belegten Semmeln und Cappuccino für<br />

uns und Strom für das Auto sind alle Akkus wieder<br />

geladen, was auch für die kommende Tour nötig ist,<br />

Wir haben uns den Fahrzeugparcours<br />

der WAVE-Teilnehmer in Lochau (Vorarlberg)<br />

angesehen (WAVE = World Advanced<br />

Vehicle Expedition, eine jährlich<br />

stattfindende Trophy mit E-Autos quer<br />

durch Deutschland, die Schweiz und<br />

Österreich). Hier zeigt sich: Das elektromobile<br />

Zeitalter hat begonnen. Von den<br />

90 Teams haben am 21. Juni <strong>2015</strong> zehn<br />

den Weg an den Bodensee gefunden, davon<br />

sechs Teslas, fünf der Modelreihe S<br />

und ein roter Roadster. 450 Kilometer<br />

und mehr sind mit diesen Fahrzeugen<br />

möglich.<br />

Drei Pässe galt es zu meistern: Flüela<br />

(2383m), Stilfserjoch (2775m) und Bernina<br />

(2330m). »Das war kein Problem«,<br />

so ein WAVE-Teilnehmer und Tesla-<br />

Fahrer aus der Schweiz. Es habe richtig<br />

Spaß gemacht, besonders, wenn man<br />

sah, wie sich die verbrennungsmotorbetriebene<br />

Konkurrenz abmühte.<br />

Auch der Langlauf-Rekordhalter<br />

der Metron, eines E-Autos auf der Basis<br />

eines Mazda 5 aus Slowenien, war beachtenswert.<br />

Andrej Pecjak, Entwicklungschef<br />

der Firma Metron, berichtete, dass<br />

er das Fahrzeug auf der WAVE bei einer<br />

Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 72<br />

Kilometern pro Stunden 826 Kilometer<br />

ohne Aufladung bewegt hat, was bei der<br />

eingebauten Akkukapazität umgerechnet<br />

Gerald Swoboda mit seinem VW-Kreisel-Caddy<br />

Andrej Pecjak und sein Metron am<br />

Kaiserstrand in Lochau (Vorarlberg)<br />

einem Verbrauch von etwa 1,1 Liter Diesel<br />

auf 100 Kilometer ausmachte.<br />

Möglich gemacht haben das ein<br />

sehr effizienter Elektromotor, eine effiziente<br />

Stromrückgewinnung bei Bergabfahrt<br />

und Bremsen sowie ein paar Verkleidungen<br />

am Fahrzeug, um die Windschlüpfrigkeit<br />

zu verbessern. Doch den<br />

Metron gibt es derzeit nur als Einzel -<br />

exemplar. Ein weiterer Hingucker für<br />

Gewerbetreibende war der Kreisel, mit<br />

dem Gerald Swoboda und sein Team die<br />

WAVE bewältigten. Der Kreisel entstammt<br />

einer oberösterreichischen Firma<br />

und ist ein umgebauter VW Caddy<br />

mit einer Reichweite von bis zu 350 Kilometern.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

7


E-Mobil<br />

Info<br />

Diplom-Ingenieur Steffen Riedel<br />

(FH) war Versor gungs -<br />

ingenieur und Rohrinstallateur<br />

(Gesellenprüfung 1982). Seit<br />

1999 ist er Mitarbeiter der<br />

eza!. Er bekleidet das Amt des<br />

Kreisklimaschutzmanagers im<br />

Landkreis Lindau und ist<br />

Lehrbeauftragter an der<br />

Hochschule Kempten für<br />

Gebäudeenergietechnik.<br />

denn jetzt geht es Richtung Hochschwarzwald mit ca.<br />

700 Metern Höhendifferenz. Das Navi zeigt 88 Kilometer<br />

bis Badenweiler an, bei vollem Akku und optimistisch<br />

angezeigten 210 Kilometern Gesamt-Reichweite.<br />

Der Strom müsste theoretisch auch für die<br />

Rückfahrt reichen. Nach stetiger Bergauffahrt mit einigen<br />

Abschwüngen schrumpft die Restkilometeranzeige<br />

auf 80 Kilometer. Dann zwölf Kilometer vor dem<br />

Ziel eine Umleitung. Die Strecke führt jetzt mit einer<br />

Verlängerung von ca. 15 Kilometern abwärts in das<br />

Münstertal. Eine wunderbare Fahrstecke.<br />

Nahezu geräuschlos und vollkommen abgasfrei<br />

gleiten wir hinab. Nur meine Frau verkrampft in ihrem<br />

Sitz, weil sie befürchtet, dass wir in einer Sackgasse<br />

landen werden und die Ladekapazität nicht mehr<br />

reicht, um umzukehren. Nach einer Verlängerung unserer<br />

Tour von etwa einer halben Stunde und 102 gefahrenen<br />

Kilometern erreichen wir unser Hotel mit einer<br />

Restladung von 49 Prozent und angezeigten 100<br />

Kilometern Rest-Reichweite. Die Steigungen und das<br />

ständige Auf und Ab haben sich nicht so sehr auf die<br />

Akkukapazität ausgewirkt, da nach einer Bergauffahrt<br />

der Akku beim Runterfahren wieder geladen wird.<br />

Wenn das auch nur mit einem Wirkungsgrad von<br />

knapp 50 Prozent passiert, so holt doch das Auto einen<br />

Teil der verfahrenen Energie wieder rein. Wir hätten<br />

das Risiko eingehen und ohne Wiederaufladung zurückfahren<br />

können, aber das freundliche Hotelpersonal<br />

gestattet uns, in der hoteleigenen Tiefgarage das<br />

Auto wieder aufzuladen.<br />

Nur mit dem Rad wäre es sparsamer<br />

Insgesamt sind wir ewa 500 Kilometer gefahren<br />

und haben dabei ein Äquivalent von ca. 5,5 Litern Diesel<br />

verbraucht, oder pro Person 2,75 Liter Diesel. Das<br />

schafft weder die Bahn noch ein Bus. Nur zu Fuß oder<br />

mit dem Rad wäre es energiesparender gewesen. »Außerdem«,<br />

beichte ich meiner Frau, »wenn es wirklich<br />

knapp geworden wäre, hätten wir im nahegelegenen<br />

Sulzburg beim größten Brandmelderhersteller, der<br />

Firma Hekatron kostenlos nachladen können.« Es gibt<br />

in der Tat einige verstreute Gewerbetreibende, die aus<br />

Marketinggründen ihren Kunden und auch Fremden<br />

kostenloses Laden ihrer E-Fahrzeuge anbieten. Es gibt<br />

aber auch Firmen, die zwar eine E-Ladesäule auf ihrem<br />

Firmenparkplatz ihr Eigen nennen, aber nur Firmenkunden<br />

gestatten zu laden. Dazu zählt zum Beispiel<br />

einer der führenden Softwarekonzerne Deutschlands<br />

mit einer Filiale am Bodensee.<br />

Erfahrung aus dem Alltag<br />

Dass wir unsere Ziele erreichen würden, war für<br />

mich keine Überraschung, denn bei meiner Pendelei<br />

von Lindau nach Kempten muss ich von 420 Meter auf<br />

930 Meter klettern, und doch kann ich die einfache<br />

Strecke von etwa 60 Kilometern dreimal fahren und<br />

habe dann noch 15 Prozent Restladung im Akku.<br />

Nach inzwischen knapp 45.000 gefahrenen Kilometern<br />

kann ich mein Fahrzeug recht gut einschätzen.<br />

Müde Akkus – große Zweifel?<br />

Elektroauto-Skeptiker befürchten eine schnelle<br />

Ermüdung des Akkus. Doch von Ermüdungserscheinungen<br />

kann keine Rede sein, was mir auch die bisherigen<br />

Ladesäulengespräche mit E-Mobilisten bestätigt<br />

haben, die sogar noch mehr Kilometer zurückgelegt<br />

haben als ich. Das Fazit nach ca. 300-maligem<br />

Hin- und Herpendeln zwischen Lindau und Kempten,<br />

zwei Sommer und zwei Winter lang: Der Durchschnittsverbrauch<br />

liegt im Winter mit Winterreifen,<br />

eingeschaltetem Licht und Wärme im Auto bei ca. 17<br />

Kilowattstunden, das entspricht ca. 1,7 Litern Diesel<br />

Ladesäule der Stadtwerke – auf<br />

Kleinwüchsige zugeschnitten<br />

Die Ladesäule bei der Firma Hekatron im<br />

Schwarzwald – Fremdtanker herzlich willkommen!<br />

Die blaue Säule der Lechwerke am<br />

Landesamt für Umwelt in Augsburg<br />

8<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Links: Gefahrene Kilometer vom<br />

1.12.2014 bis 17.2.<strong>2015</strong><br />

Gefahrene Kilometer vom<br />

5.4.<strong>2015</strong> bis 5.7.<strong>2015</strong><br />

auf 100 Kilometer. Die zur Verfügung stehende Akkuladung<br />

von 22 Kilowattstunden würde für durchschnittlich<br />

ca. 130 Kilometer reichen.<br />

Im Frühjahr/Sommer mit Sommerreifen, Taglicht<br />

und Kälte sind es durchschnittlich 11,8 Kilowattstunden<br />

– ca. 1,2 Liter Diesel –, was zu einer durchschnittlichen<br />

Reichweite von 186 Kilometern pro Akkuladung<br />

führt. Diese Verbräuche sind bei verhaltener<br />

und relativ entspannter Fahrweise möglich.<br />

Mit Strom ins Wonnemar<br />

Inzwischen hat sich auch meine Tochter an das<br />

Fahrzeug gewöhnt und fährt mit ihrer Tochter regelmäßig<br />

von Lindau nach Sonthofen (64 Kilometer einfach)<br />

ins Wonnemar und zurück, wobei sie hin und<br />

wieder in Sonthofen tankt und bei »Benders« einkehrt<br />

– wenn die beiden vorgehaltenen Ladeplätze nicht<br />

fremdbelegt sind.<br />

Die Schwarzwaldfahrt mit meiner Frau kannte<br />

ich bereits von zwei Touren, weshalb ich auch sicher<br />

war, dass wir unsere Ziele ohne Probleme erreichen<br />

würden. Dennoch beinhalten weitere Strecken, die<br />

über 150 Kilometer hinausgehen, immer ein gewisses<br />

Restrisiko. Inzwischen habe ich aber auf Strecken wie<br />

nach Neu-Ulm und Augsburg eine gewisse Routine<br />

entwickelt. Um die Zielorte zu erreichen, ist auf der<br />

Autobahn ein stark diszipliniertes Fahrverhalten nötig.<br />

Der Zoe mit seinen 88 PS könnte zwar spielend<br />

200 Stundenkilometer erreichen, drosselt aber bei 135<br />

km/h ab. Wenn man mit dieser Geschwindigkeit<br />

durchwärmen – von durchheizen zu sprechen wäre<br />

wohl übertrieben – würde, könnte man gerade mal<br />

120 Kilometer fahren, was immer noch einem Durchschnittsverbrauch<br />

von etwa zwei Litern Diesel entsprechen<br />

würde. Auf der Autobahn stelle ich deshalb den<br />

Tempomat auf 90 Stundenkilometer ein und gleite mit<br />

den Lastwagen dahin. Hauptvorteil dieser Maßnahme:<br />

Ich benötige zwar etwas mehr Zeit, komme aber dafür<br />

vollkommen entspannt am Zielort an.<br />

Restrisiko: Platz an der Ladesäule<br />

Das Hauptproblem bei längeren Strecken ist, dass<br />

ich mich darauf verlassen muss, am Zielort eine passende,<br />

funktionierende Lademöglichkeit zu finden, da<br />

ein Reservekanister wie beim Verbrenner nun mal<br />

nicht zur Verfügung steht. Ich habe mir deshalb ange-<br />

Warten auf die Wiedervereinigung<br />

Eines der Hauptprobleme der E-Mobilität in<br />

Deutschland: Die derzeitige Ladeinfrastruktur<br />

mit über 4000 Lade möglichkeiten ist<br />

nicht untereinander kompatibel. Einstecken,<br />

zur Not mit einem Schuko-Stecker, ist zwar<br />

nahezu überall möglich, aber es fließt erst<br />

Strom, wenn man die entsprechende Zugangsberechtigung<br />

in Form eines Schlüssels<br />

(Park and Charge), eines Kennworts (RWE)<br />

oder eines RFID-Kärtchens (Ladenetz, lokales<br />

Stadtwerk oder Anbieter) hat, mit dem<br />

man die jeweilige Ladesäule freischalten<br />

kann.<br />

Doch immerhin gibt es in den Allgäuer<br />

Landkreisen und in Oberschwaben etwa 30<br />

Ladestationen, die mit der »Ladenetz«-Karte<br />

aktiviert werden können. Bei den Stadtwerken<br />

Augsburg bezahlt man im Voraus die Ladezeit<br />

an der Ladesäule mit EC-Karte.<br />

An den Ladesäulen des VWEW in Kaufbeuren<br />

genügt ein bloßes Einstecken des Ladekabels,<br />

und der Strom fließt ohne Zugangskarte<br />

und Kosten. Für den Landkreis Lindau<br />

gilt alles nur bedingt. Die bisher einzige Ladestation<br />

im Westallgäu, in Lindenberg, reagiert<br />

nur auf die Karte der Vorarlberger<br />

Kraftwerke (VKW) mit dem E-Roaming-<br />

Partner Hubject, und die fünf Ladesäulen der<br />

Stadtwerke Lindau können zwar noch mit<br />

der »Ladenetz«-Karte aktiviert werden, werden<br />

aber ab 20<strong>16</strong> ebenfalls im Hubject-Chor<br />

mitsingen, womit ein Laden mit der Lade -<br />

netz-Karte dann dort nicht mehr möglich<br />

sein wird.<br />

Lästermäuler behaupten, dass die Wiedervereinigung<br />

Deutschlands im Vergleich<br />

zur Vereinheitlichung des Ladesäulenzugangs<br />

ein Kinderspiel gewesen sei. Wer sich mehr<br />

Richtung Augsburg, Ulm und München bewegen<br />

möchte, dem kann ich empfehlen, einen<br />

Vertrag mit dem RWE abzuschließen.<br />

Das RWE betreibt über 1000 Ladepunkte in<br />

Deutschland, den Niederlanden und der<br />

Schweiz mit Ökostrom. Der Vertrag ist zwar<br />

kostenpflichtig und die geladenen Kilowattstunden<br />

werden abgerechnet, aber die Ladesäulen<br />

des RWE haben mich inzwischen öfter<br />

vor einem leeren Akku bewahrt.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

9


E-Mobil<br />

ALDI-Schnellladesäule mit Anschlüssen für Typ2<br />

(Wechselstrom), CCS und CHAdeMO (Gleichstrom)<br />

Bei Fremdbelegung eines Ladeplatzes<br />

und leerem Akku nur noch Notladung in zweiter Reihe<br />

oder, wie hier, auf Privatparkplatz möglich<br />

wöhnt, nichts dem Zufall zu überlassen, sondern<br />

kundschafte vorher über das web (www.lemnet.org)<br />

passende Lademöglichkeiten aus. Wenn die Lademöglichkeit<br />

nicht mit meinen Ladekärtchen mit RFID-<br />

Funktion kompatibel ist oder nicht eindeutig aus der<br />

Beschreibung hervorgeht, wie man sicher zu seinem<br />

Strom kommt, rufe ich vorher den Betreiber der Ladesäule<br />

an und erkundige mich über die Lademöglichkeiten.<br />

Das hat bisher immer geklappt, auch wenn es<br />

einmal sehr knapp geworden ist. Auf einer Rückfahrt<br />

von Straubing (ca. 3<strong>16</strong> Kilometer einfach) beschloss<br />

ich, wie auch schon auf der Hinfahrt bei Aldi Germering<br />

zwischenzutanken. Aldi Süd betreibt inzwischen<br />

etwa 50 Schnellladesäulen, aber leider nur in den Metropolen<br />

unserer Republik oder in deren Nähe. Was<br />

ich bis dahin nicht wusste, war, dass die Aldi-Säulen<br />

um 20 Uhr ebenfalls Ladenschluss haben und sich abschalten.<br />

Auf der Rückfahrt der Straubing-Tour machte<br />

es nach zehn Minuten Laden »klick«, und die Aldi-<br />

Ladesäule war aus. Immerhin war für angezeigte 50<br />

Kilometer Reichweite Strom im Akku.<br />

Nach München zurück? Nein!<br />

Einer meiner Ladevertragspartner, das RWE, betreibt<br />

zwar auch Ladesäulen in München, aber zurück<br />

wollte ich nicht mehr. Also machte ich mich auf in das<br />

47 Kilometer entfernte Landsberg. Um es kurz zu machen:<br />

Bevor ich an der Ladesäule beim LEW-Gebäude<br />

in Landsberg ankam, änderte das Batteriesymbol seine<br />

Farbe von Orange in Tiefrot, mit einem deutlich vernehmbaren<br />

»Pling«, die Rest-Kilometeranzeige wechselte<br />

auf zwei Striche, mein Adrenalinspiegel erreichte<br />

seinen Höhepunkt. Die Gedanken rasten: Finde ich<br />

die Ladesäule auf Anhieb? Ist die Ladesäule eventuell<br />

durch Fremdparker blockiert? Macht nichts, wenn nötig,<br />

werde ich in zweiter Reihe laden, das Ladekabel<br />

müsste lang genug sein.<br />

Ist die Ladesäule überhaupt frei? Jedenfalls haben<br />

RWE/LEW-Säulen zwei unabhängige Anschlüsse, und<br />

die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass wenigstens einer<br />

frei ist. Letzte Eventualität: Funktioniert die Ladesäule<br />

überhaupt? Bei zwei Anschlüssen mit jeweils separatem<br />

Zugang ist auch die Wahrscheinlichkeit sehr<br />

hoch, dass wenigstens einer funktioniert. Viele Ladesäulen<br />

anderer Betreiber haben zwar zwei Anschlüsse,<br />

aber nur einen Zugang mit RFID-Karte. Wenn dieser<br />

gestört ist, womit ich bei anderer Gelegenheit konfrontiert<br />

war, nützt weder der eine noch der andere<br />

Anschluss etwas.<br />

Als ich ankam, waren beide Ladeplätze frei. Da<br />

ich kein App-Fan bin, um eine Ladesäule zu aktivieren,<br />

bestand die einzige Aufgabe darin, um 21:30 Uhr<br />

den RWE-Service auf der Service-Nummer wachzurufen<br />

und um Freigabe der Ladesäule zu bitten, was<br />

auch gewohnheitsgemäß funktionierte.<br />

Steffen Riedel fasst seine Eindrücke zusammen<br />

Wer noch nie Elektroauto gefahren ist, weiß nicht, was ihm<br />

entgeht. Es gibt zwar Leute, die sich schon bei der ersten<br />

Probefahrt vom E-Auto-Fieber anstecken lassen, aber so<br />

richtig auf den Geschmack kommt man erst, wenn man<br />

längere Zeit und mehr Kilometer unterwegs ist.<br />

Der Markt bietet inzwischen eine Reihe interessanter und<br />

vor allem bezahlbarer Elektrofahrzeuge, zum Beispiel den<br />

Nissan Leaf, den Renault Kangoo und den ZOE, Mitsubishi<br />

Electric Vehicle, auch von Citroën und Peugeot ver trie ben.<br />

Für Leute mit genügend Kleingeld gibt es die Modelle von<br />

Tesla und die Modelle von Mercedes, VW und BMW, die<br />

ich persönlich für sehr teuer halte. Weitere Hersteller<br />

haben nachgezogen, zum Beispiel Kia mit dem Soul EV. Die<br />

»Ladesäulen-Gespräche«, die ich führte, ergaben, dass alle<br />

Besitzer der genannten Fahrzeuge, sehr zufrieden sind.<br />

10 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Anzeigen<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

11


E-Mobil<br />

Einachser: Hymer macht mit<br />

Wangener sind an Elektrofahrzeugbau beteiligt<br />

Die Uni Kassel koordiniert einen Forschungsverbund, der<br />

ein einachsiges Elektro-Fahrzeug entwickelt. So ein neuartiges<br />

Vehikel muss leicht sein. Die Leichtbauweise in Aluminium und<br />

Stahl versteht der Wohnmobilhersteller aus Wangen im<br />

Allgäu. Hymer ist im Verbund am Projekt beteiligt.<br />

Ein Prototyp des einachsigen E-Fahrzeuges hat<br />

seine Tauglichkeit bereits unter Beweis gestellt.<br />

Stabil bleibt es über minimale, elektronisch<br />

gesteuerte Verschiebungen der kompletten<br />

Achse, die seinen Schwerpunkt verlagern. Anders als<br />

bei herkömmlichen Einachsern, die im Stehen gefahren<br />

werden (»Segways«), verfügt das Fahrzeug über<br />

eine Bank mit zwei Sitzen. »Das macht es auch für Senioren<br />

und bewegungseingeschränkte Menschen attraktiv«,<br />

erklärt Prof. Dr. Ludwig Brabetz, Leiter des<br />

Fachgebiets Fahrzeugsysteme und Grundlagen der<br />

Elektrotechnik sowie Sprecher des Forschungsverbundes<br />

»Elektromobilitätskonzept mit teilautonomen<br />

Fahrzeugen« (E2V). »Die Ergebnisse des Vorhabens<br />

helfen dabei, eine Mobilitätslücke in der älter werdenden<br />

Gesellschaft zu schließen, und erfüllen dabei<br />

gleichzeitig die Forderung nach einer umweltverträglichen,<br />

individuellen Fortbewegung, die sich durch erneuerbare<br />

Energien speisen lässt.«<br />

Foto: Uni Kassel<br />

Ein Teil des Projektteams<br />

präsentiert das Fahrzeug:<br />

Prof. Dr. Ludwig Brabetz,<br />

Dr. Mohamed Ayeb,<br />

Martin Schelhas und<br />

Paul Oborowski (v.l.)<br />

Als Einsatzgebiet kommen etwa verkehrsfreie<br />

Wohngebiete, Parks und Kulturlandschaften in Frage,<br />

wo sich wegen baulicher Gegebenheiten oder bestimmter<br />

Umwelt- und Tourismusaspekte der Einsatz<br />

herkömmlicher Straßenfahrzeuge verbietet. Das E2V-<br />

Fahrzeug ist zudem mit Informationstechnik ausgestattet,<br />

es bietet aktuelle Informationen zur Umgebung<br />

und stellt eine Navigationsplattform zur Verfügung. In<br />

einem nächsten Schritt ist eine Funktion zum teilautonomen<br />

Fahren geplant, sodass das Fahrzeug die Passagiere<br />

künftig selbstständig ans Ziel bringen kann.<br />

Konstruiert hat das sehr wendige Fahrzeug ein<br />

Konsortium mit vielfältigen Kompetenzen auf den Gebieten<br />

Leichtbau, Karosserie und Fahrwerk, elektrische<br />

Antriebe, Elektronik, Mensch-Maschine-Schnittstellen<br />

und GPS-Navigation. Dabei ist eine zweisitzige<br />

Fahrgastzelle mit einer guten Rundumsicht entstanden.<br />

Weitere Merkmale des Fahrzeuges sind ein Fahrwerk<br />

in hybrider Leichtbauweise (Aluminium-Stahl)<br />

mit verstellbarem Federkomfort, das auch für Fahrten<br />

auf schlechtem Untergrund geeignet ist; ein Spindelantrieb<br />

zur horizontalen Verstellung der Räder unter<br />

dem Fahrzeugaufbau; zwei Synchron-Radnabenmotoren<br />

mit Permanentmagneten zur Sicherstellung einer<br />

energieeffizienten Stabilisierung und Fahrfunktion<br />

sowie eine intelligente Elektronik zur Koordination<br />

aller Balance-, Fahr- und Komfortfunktionen mit<br />

GPS-Navigation.<br />

Partner aus Uni<br />

und Wirtschaft<br />

Das Bundesministerium für Bildung und<br />

Forschung hat das Forschungsprojekt E2V<br />

mit rund zwei Millionen Euro gefördert.<br />

Fünf Fachgebiete der Universität Kassel<br />

sowie sechs Industriepartner waren am<br />

Projekt beteiligt.<br />

Uni Kassel:<br />

Fachgebiet Fahrzeugsysteme und Grundlagen<br />

der Elektrotechnik<br />

Fachgebiet Anlagen und<br />

Hochspannungstechnik<br />

Fachgebiet Elektrische<br />

Energieversorgungssysteme<br />

Fachgebiet Leichtbau-Konstruktion<br />

Fachgebiet Mensch-Maschine-<br />

Systemtechnik<br />

Industriepartner:<br />

E.ON Mitte AG, Kassel<br />

FINE Mobile GmbH, Rosenthal<br />

Ernst Hombach GmbH & Co. KG, Uehlfeld<br />

Hymer Leichtmetallbau GmbH & Co. KG,<br />

Wangen im Allgäu<br />

Krebs und Aulich GmbH, Derenburg<br />

Hella KGaA Hueck & Co, Lippstadt<br />

12<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Energie-Partner<br />

Eigenproduktion hilft sparen<br />

Sonnenbatterie für Hausbesitzer<br />

Als neues Mitglied im Partnernetzwerk des Energie- &<br />

Umweltzentrums Allgäu (eza!) kann die Sonnenbatterie GmbH<br />

am Standort Wildpoldsried den Eigen verbrauch von erneuerbaren<br />

Energien noch stärker in den Fokus von Haus besitzern rücken.<br />

So wirbt das Wildpoldsrieder<br />

Unternehmen für seine mudular<br />

aufgebaute Sonnenbatterie<br />

Fotos: Sonnenbatterie GmbH<br />

Steigende Energiekosten sind für viele Hausbesitzer<br />

eine hohe finanzielle Belastung. Kein<br />

Wunder also, dass der Eigenverbrauch von<br />

selbst erzeugtem Strom in Deutschland stark zunimmt.<br />

Wer den Strom seiner Photovoltaik-Anlage<br />

möglichst vollständig nutzen möchte, benötigt einen<br />

Stromspeicher, um diese Energie auch am Abend und<br />

in der Nacht verbrauchen zu können. Mit dem Energie-<br />

& Umweltzentrum Allgäu (eza!) hat die Sonnenbatterie<br />

GmbH nun einen renommierten und starken<br />

Partner gefunden, mit dem sie das Thema Eigenverbrauch<br />

weiter voranbringen kann.<br />

Starke Partnerschaft mit eza!<br />

»Wer heute seine Stromrechnung auf ein Minimum<br />

senken möchte, kommt um den Eigenverbrauch<br />

von erneuerbaren Energien nicht mehr herum«, sagt<br />

Christoph Ostermann, Geschäftsführer der Sonnenbatterie.<br />

»Die Partnerschaft im eza!-Netzwerk gibt uns<br />

die Möglichkeit, dieses Thema noch stärker im Bewusstsein<br />

von Hausbesitzern zu verankern, die auf<br />

eine wirtschaftliche und zukunftssichere Energieversorgung<br />

setzen.« Mit dem eza!-Partner-Netzwerk verfügt<br />

das Allgäu über einen einzigartigen Verbund von<br />

Planern, Bau- und Handwerksfirmen sowie Anbietern<br />

innovativer Techniken, die für höchste Qualität beim<br />

energieoptimierten Bauen und Sanieren stehen.<br />

Geprüfte Qualität beim Marktführer<br />

»Das Thema Speicherung von Solarstrom gewinnt<br />

zunehmend an Bedeutung. Wir freuen uns<br />

daher sehr, mit der Firma Sonnenbatterie einen kompetenten<br />

Vertreter dieser wichtigen Zukunftsbranche<br />

in unseren Reihen zu haben«, betont eza!-Geschäftsführer<br />

Martin Sambale. »Das Spektrum für qualitätsbewusste<br />

Bauherren und Hauseigentümer wird damit<br />

um ein interessantes Angebot erweitert.« Wer zum<br />

eza!-Partner-Netzwerk gehören will, muss strenge<br />

Eingangskriterien erfüllen, die das unabhängige Energie-<br />

& Umweltzentrum Allgäu kontinuierlich prüft.<br />

Die Sonnenbatterie GmbH konnte diese Vorgaben erfüllen<br />

und verpflichtet sich jetzt wie alle eza!-Partner<br />

dazu, ihre Mitarbeiter regelmäßig zu Fortbildungstagen<br />

zu schicken. Der Hersteller von intelligenten Energiespeichersystemen<br />

ist damit eine von mehr als 130<br />

Firmen im eza!-Partner-Netzwerk.<br />

Über Sonnenbatterie GmbH<br />

Die Wildpoldsrieder sind Marktführer für intelligente<br />

Lithium-Speichersysteme in Deutschland. Zu ihren Kunden<br />

zählen in erster Linie Privathaushalte, aber auch Landwirte<br />

und Gewerbebetriebe, die auf Speichergrößen von 2 kWh<br />

bis <strong>16</strong> kWh zurückgreifen können. Das mittel ständische<br />

Unternehmen ist ein Pionier am schnell wachsenden Markt<br />

für dezentrale Speicher und verfügt über langjährige Erfahrung<br />

mit Batteriespeichertechnologien und erneuerbaren<br />

Energien. Als intelligentes, netzdienli ches und langlebiges<br />

Speichersystem erfüllt die Sonnen batterie alle Voraus -<br />

setzung en für eine aktive Einbindung in den Strommarkt.<br />

Die Sonnenbatterie GmbH entwickelt und produziert ihre<br />

Speichersysteme an ihrem Hauptsitz im bayerischen<br />

Wildpoldsried.<br />

Sonnenbatterie GmbH<br />

Mathias Bloch<br />

Am Riedbach 1<br />

87499 Wildpoldsried<br />

Tel. 08304/92933-400<br />

info@sonnenbatterie.de<br />

www.sonnenbatterie.de<br />

14<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Energie<br />

So machen Sie mit<br />

Wichtig ist es, sich beim Landratsamt<br />

für den Stromsparwettbewerb<br />

anzumelden, um sich mithilfe des<br />

Stromspar-Newsletters regelmäßig<br />

über Aktionen und Stromspartipps<br />

informieren zu können. Die Flyer mit<br />

Teilnahmeformularen und weitere<br />

Informationen erhält man im<br />

Landratsamt Oberallgäu bei Manfred<br />

Berktold per E-Mail<br />

manfred.berktold@lra-oa.bayern.de<br />

oder Fax 08321/61267320<br />

Bürger sparen um die Wette<br />

Landkreis Oberallgäu startet Wettbewerb<br />

Klimaschutz geht uns alle etwas an. Die Auswirkungen des Klimaschutzes sind<br />

auch im Allgäu zu spüren. Jeder kann im Rahmen seiner Möglichkeiten einen<br />

Beitrag zum aktiven Klimaschutz leisten. Der Landkreis hat in Zusammenarbeit<br />

mit den Allgäustrom-Partnern und dem Energie- und Umweltzentrum<br />

Allgäu (eza!) einen landkreisweiten Stromsparwettbewerb ins Leben gerufen.<br />

Damit sollen die Bürger zu einem bewussteren und sparsameren Umgang mit<br />

Energie motiviert werden.<br />

Der einfachste und effektivste Baustein ist die<br />

Reduzierung des Energieverbrauchs im eigenen<br />

Haushalt. Und so funktioniert’s: Gewonnen<br />

hat derjenige Haushalt, der die prozentual<br />

größte Einsparung, gemessen in Kilowattstunden<br />

(kWh), in einem Jahr vorweisen kann. Grundlage ist<br />

zum einen die Stromabrechnung für den Abrechnungszeitraum<br />

2014/<strong>2015</strong> und die Schlussrechnung für<br />

<strong>2015</strong>/20<strong>16</strong>. Nach Erhalt der Stromrechnung im Jahr<br />

20<strong>16</strong> haben die Teilnehmer zwei Monate Zeit, ihre Abrechnungskopien<br />

mit dem Teilnahmeformular beim<br />

Landratsamt einzureichen.<br />

Jeder Teilnehmer kann gleich doppelt gewinnen<br />

– zum einen wertvolle Preise bei der Verlosung und<br />

zum anderen durch den eingesparten Strom. Und die<br />

besten Stromsparer im Landkreis gewinnen natürlich<br />

auch! Die fünf Bestplatzierten erhalten Geldpreise in<br />

Höhe von 400, 200, 150, 100 und 50 Euro.<br />

Den Kommunen kommt bei der Umsetzung des<br />

Wettbewerbs vor Ort eine besondere Rolle zu. Sie sollen<br />

ihre Bürger über regelmäßige Infos und Sonderaktionen<br />

sowie einen gemeindeweiten Wettbewerb<br />

Fotos: allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>, eza!<br />

motivieren, möglichst viel Strom einzusparen. Die<br />

Kommunen im Landkreis mit den meisten Teilnehmern<br />

(auf die Einwohnerzahl umgerechnet) werden<br />

am Ende ebenfalls ausgezeichnet.<br />

Der Landkreis stellt den Kommunen für die Aktionen,<br />

die über das ganze Jahr verteilt stattfinden, in<br />

regelmäßigen Abständen Anregungen und vorgefertigte<br />

Kampagnenbausteine zur Verfügung.<br />

»Zahlreiche Gemeinden arbeiten schon auf<br />

Hochtouren an der Umsetzung«, berichtet Dr. Hans-<br />

Jörg von eza!.<br />

Der Austausch von alten Glühbirnen<br />

gegen moderne Energiespar -<br />

lam pen ist ein erster<br />

Schritt zum Sieg<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

15


Energie<br />

In Tussenhausen im Unterallgäu wurde<br />

dieser Stromspeicher zu Forschungszwecken<br />

in Betrieb genommen<br />

Batterie entlastet das Netz<br />

Tussenhauser Speicher puffert Strom vor Ort<br />

In Tussenhausen bei Mindelheim wurde Anfang September der größte Batteriespeicher<br />

seiner Art in Bayern in Betrieb genommen. Im Forschungsprojekt Smart Power Flow soll<br />

untersucht werden, wie durch solche Groß-Batterie-Speicher das Niedrigspannungsnetz<br />

der Lechwerke Verteilernetz GmbH (LVN) entlastet werden kann. Gelingt es im lokalen<br />

Bereich, Schwankungen zu puffern, könnte beim regionalen Netzausbau gespart werden.<br />

Im Projekt Smart Power Flow in Tussenhausen<br />

sind große Vanadium-Redox-Flow-Batterien im<br />

lokalen Niederspannungsnetz eingesetzt. Der<br />

Batteriespeicher soll das regionale Stromnetz unterstützen<br />

und entlasten. Der Umbau der Energieversorgung<br />

in Deutschland hat große Auswirkungen auf<br />

die regionalen Stromnetze. Ursprünglich waren die<br />

Netze zum Verteilen des Stroms angelegt. Heute sammeln<br />

sie in Bayerisch-Schwaben auch immer mehr<br />

Strom aus den zahlreichen Photovoltaik-Anlagen ein.<br />

Der neue Ortsspeicher soll den überschüssigen<br />

Strom aus erneuerbaren Energien lokal zwischenspeichern<br />

und später bei Bedarf wieder ins Ortsnetz<br />

abgeben. Der Batteriespeicher schafft so einen effizienten<br />

lokalen Ausgleich zwischen Erzeugung und<br />

Verbrauch.<br />

Bayerns Wirtschaftsstaatssekretär Franz Josef<br />

Pschierer: »Wir stellen unser Energiesystem um und<br />

sind bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien<br />

in Bayern im bundesweiten Vergleich Vorreiter.<br />

Umso wichtiger ist es, die erneuerbaren Energien optimal<br />

in das Stromnetz zu integrieren. Hierbei spielen<br />

Pilotprojekte wie Smart Power Flow eine bedeutende<br />

Rolle.«<br />

Ortsspeicher gleichen aus<br />

Im Projekt Smart Power Flow soll untersucht<br />

werden, inwiefern ein regionaler Netzausbau durch<br />

den Einsatz von Batteriespeichern vermieden werden<br />

kann. Der Ortsspeicher unterstützt die lokale Spannungshaltung,<br />

sodass zukünftige Netzausbaukosten<br />

minimiert und die Aufnahmefähigkeit des Verteilnetzes<br />

für erneuerbare Energien maximiert wird. Außerdem<br />

möchten die Projektpartner mit dem Ortsspeicher<br />

verschiedene Betriebs- und Vermarktungsweisen<br />

erproben wie z.B. Spannungshaltung, Frequenzregelung,<br />

Blindleistungsmanagement und die Teilnahme<br />

am Regelenergiemarkt. Damit soll gezeigt werden,<br />

dass der Spagat zwischen wirtschaftlichem und netzstützendem<br />

Betrieb möglich ist.<br />

<strong>16</strong> allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Vorzeigeprojekt Tussenhausen<br />

»Verteilnetze bilden das Rückgrat für das dezentrale<br />

Energiesystem der Zukunft«, sagt LEW-Vorstandsmitglied<br />

Dr. Markus Litpher. »Wir wollen die<br />

Energiewende in der Region voranbringen. Dafür tes -<br />

ten wir gemeinsam mit Partnern und Bürgern neue<br />

Technologien. Für die Region ist der Ortsspeicher hier<br />

in Tussenhausen ein Vorzeigeprojekt auf dem Weg in<br />

die Energiezukunft.«<br />

Clemens Triebel, Mit-Gründer des Speicherpioniers<br />

Younicos, ergänzt: »Wir freuen uns darauf, zeigen<br />

zu können, wie vielseitig intelligente Speicher auch<br />

auf Verteilnetzebene eingesetzt werden können. Wie<br />

die schon heute wirtschaftlichen Batterieparks auf<br />

Übertragungsnetzebene ermöglichen auch sie es uns,<br />

mehr erneuerbare Energien zu nutzen.«<br />

Batterie mit spannenden Eigenschaften<br />

Als Standort für den Ortsspeicher wurde die<br />

Marktgemeinde Tussenhausen im Landkreis Unterallgäu<br />

aus 80 möglichen Orten ausgewählt: Zum einen<br />

speisen im Ortsnetz mehrere Photovoltaik-Anlagen<br />

Strom mit einer Leistung von maximal 560 Kilowatt<br />

ein. Zum anderen ist ein entsprechend großer<br />

Ortsnetztransformator vorhanden. Der Batteriespeicher<br />

wurde am Ortsrand auf dem Gelände der Reiner<br />

Wertstoff Recycling GmbH aufgestellt. Der Standort<br />

bietet ausreichend Platz, ist gut zugänglich und liegt<br />

in der Nähe der Ortsnetzstation. Mit einer Leistung<br />

von 200 Kilowatt und einer Kapazität von 400 Kilowattstunden<br />

ist der Ortsspeicher in Tussenhausen<br />

bayernweit der größte seiner Art. Außerdem kommt<br />

die erste Vanadium-Redox-Flow-Batterie, der sogenannte<br />

CellCube FB200-400 DC, von Gildemeister<br />

energy solutions im süddeutschen Raum zum Einsatz.<br />

Bei dieser speziellen Technologie speichert die Batterie<br />

die elektrische Energie in Form von flüssigen Elektrolyten.<br />

Die Beteiligten am Projekt<br />

Partner bei dem für drei Jahre angelegten<br />

Projekt sind das Reiner Lemoine Institut, die<br />

SMA Solar Technology AG, LEW Verteilnetz<br />

GmbH und Younicos. Die Kosten für das<br />

Forschungsvorhaben belaufen sich auf<br />

insgesamt 2,9 Millionen Euro. Das<br />

Bundesministerium für Wirtschaft und<br />

Energie fördert das Projekt Smart Power<br />

Flow aufgrund eines Beschlusses des<br />

Deutschen Bundestages. Weitere<br />

Informationen unter www.forschungenergiespeicher.info<br />

Die LEW Verteilnetz GmbH sorgt als<br />

regionaler Verteilnetzbetreiber für einen<br />

zuverlässigen und sicheren Betrieb des<br />

Stromnetzes und gewährleistet einen<br />

diskriminierungsfreien Netzzugang. Das<br />

Netzgebiet der LEW Verteilnetz GmbH<br />

umfasst Bayerisch-Schwaben sowie Teile<br />

Oberbayerns. Die LEW Verteilnetz GmbH ist<br />

eine Tochtergesellschaft der Lechwerke AG<br />

(LEW).<br />

Eine Vanadium-Redox-Flow-Batterie bietet zahlreiche<br />

Vorteile: Sie verfügt über eine hohe Lebensdauer,<br />

hat nahezu unbegrenzte Ladezyklen und kann ohne<br />

Probleme komplett entladen werden. Die Batteriekapazität<br />

ist dank ihres modularen Aufbaus beliebig erweiterbar<br />

und muss außerdem kaum gewartet werden.<br />

Vielseitige Einsatzmöglichkeiten<br />

Der Großspeicher ist besonders für den Einsatz<br />

als Quartierspeicher oder für Industrie und Gewerbe<br />

geeignet. So könnten in Zukunft beispielsweise Gemeinden,<br />

große Unternehmen, Gewerbekunden oder<br />

landwirtschaftliche Betriebe einen solchen Speicher<br />

nutzen, um ihren Eigenverbrauch zu erhöhen oder am<br />

Regelenergiemarkt teilzunehmen.<br />

Das Reiner Lemoine Institut arbeitet im<br />

Bereich der Systemintegration von erneuer -<br />

baren Energiesystemen in den Schwerpunkt -<br />

bereichen optimierte Strom- und Wärme -<br />

modelle, alternative Mobilitätskon zepte und<br />

Off-Grid-Systeme.<br />

Die SMA Gruppe ist Weltmarktführer bei<br />

Photovoltaik-Wechselrichtern und bietet<br />

innovative Schlüsseltechnologien für künftige<br />

Energieversorgungs-Strukturen an. Sie hat<br />

ihren Hauptsitz in Niestetal bei Kassel und ist<br />

in 21 Ländern vertreten. Die Unternehmens -<br />

gruppe beschäftigt weltweit mehr als 4000<br />

Mitarbeiter.<br />

Younicos ist ein weltweit führender Anbieter<br />

von intelligenten Netz- und Energiespeicher -<br />

lösungen auf Basis unterschiedlicher<br />

Batterie technologien. Younicos wurde im<br />

Jahr 2005 in Berlin gegründet und<br />

beschäftigt dort sowie in Austin (USA)<br />

mittlerweile rund 120 Mitarbeiter.<br />

Sie nahmen kürzlich den neuen<br />

Ortsspeicher in Tussenhausen in<br />

Betrieb (v.l.): Johannes Ruf,<br />

1. Bürgermeister Markt Tussen -<br />

hausen, Volker Wachenfeld,<br />

SMA Solar Technology AG, Dr.<br />

Markus Litpher, LEW-Vorstandsmitglied,<br />

Franz Josef Pschierer,<br />

Staatssekretär im bayerischen<br />

Wirtschaftsministerium, Philip<br />

Hiersemenzel, Younicos,<br />

Dr. Claus Beneking, Reiner<br />

Lemoine Institut gGmbH<br />

Fotos: LEW/Ruth Plössel<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

17


Energie<br />

1000 afrikanische Elefanten…<br />

…werden jährlich in Bad Hindelang eingespart<br />

Das enorme Gewicht von 5.637.834 Kilogramm CO2 wird im<br />

Ostrachtal jährlich durch natürlich erzeugte Energie eingespart.<br />

So viel bringen rund 1000 afrikanische Elefanten auf die Waage!<br />

Ein kleiner Schritt energiebewusster Menschen vor 20 Jahren<br />

war der Beginn eines Riesensprungs ins 21. Jahrtausend.<br />

Das Hotel Wiesengrund ist<br />

Station 6 auf dem Energieweg.<br />

Merkmal: eigenes<br />

Wasserkraftwerk<br />

In der Ortsgemeinde Bad Hindelang werden bereits<br />

65 Prozent des Strombedarfs selbst erzeugt.<br />

Damit haben die Bürger im Ostrachtal fast das<br />

Ziel von 70 Prozent erreicht, das sich der Kreistag für<br />

2022 gesetzt hat. Auch, wenn Landrat Anton Klotz<br />

wegen der Ablehnung der Windkraft und der Schwierigkeiten<br />

bei der Wasserkraft dieses Ziel mittlerweile<br />

auf 50 Prozent zurückgenommen hat – die Bürger der<br />

Ortsgemeinde bleiben bei ihren ehrgeizigen Zielen.<br />

»In Bad Hindelang soll bis 2030 die vollständige<br />

CO2-Neutralität bei Strom, Heizung und Verkehr erzielt<br />

werden.« So ein Statement im Vorwort zu dem<br />

kleinen Führer »Energiewendeweagele«, das der Verein<br />

»Sonnenwende Hindelang e.V.« Mitte des Jahres<br />

anlässlich seines 20-jährigen Bestehens in einer Auflage<br />

von 2500 Exemplaren herausgegeben hat. »Im<br />

Jahr 2014 konnten wir bereits 65 Prozent unseres<br />

Stroms selbst erzeugen«, stellt Helmut Sobek, Mitglied<br />

im Vorstand des Vereins, fest. Beteiligt an der Idee des<br />

Führers, die vor drei Jahren in einer Vorstandssitzung<br />

geboren wurde, waren die »Sonnenwendler« Roman<br />

Haug (1. Vorsitzender des Vereins), Reinhard Pargent,<br />

Edmund Lochbihler und Helmut Sobek sowie Manuela<br />

und Thilo Kreier, die schon eine ganze Reihe von<br />

Publikationen für die Gemeinde produziert haben.<br />

Die Finanzierung erfolgte mit Mitteln des Vereins und<br />

durch Anzeigen in der Broschüre. Zielgruppen sind<br />

Einheimische, Interessierte aus dem Umland, Gäste<br />

und befreundete Vereine.<br />

Auf gutem Weg voran<br />

Die Sonnenwende Hindelang ist bereits seit 1995<br />

darum bemüht, Anregungen zur Energieeinsparung<br />

und -erzeugung an die Bevölkerung weiterzugeben.<br />

Der Verein wurde am 30. Juni 1995 im Gasthaus<br />

»Traube« in Vorderhindelang gegründet und hat derzeit<br />

über 90 Mitglieder. Vereinszweck ist u.a. die Förderung<br />

der Reinerhaltung von Luft und Wasser und<br />

die Suche nach Energiesparpotenzialen. Als Vorbildfunktion<br />

gilt die Organisation einer Sammelbestellung<br />

von Photovoltaikanlagen zu Beginn der Vereinstätigkeit.<br />

Inzwischen ist der Verein Miteigentümer der<br />

Photovoltaikanlage auf dem Hindelanger Pfarrhaus<br />

und beteiligt an dem von ihm initiierten Bürgerkraftwerk<br />

auf der Hindelanger Schule.<br />

Schlagader Ostrach<br />

Die Hammerschmieden entlang der Ostrach sind<br />

die ältesten ihrer Art in Deutschland. Ihr Ursprung<br />

geht bis ins 15. Jahrhundert zurück, als das Erz, das in<br />

den Hintersteiner Erzbergwerken gewonnen wurde,<br />

an der Ostrach verhüttet und weiterverarbeitet wurde.<br />

Von den ehemals zehn Hammerschmieden sind drei<br />

als »lebende Museen« noch heute in Betrieb. Die Elektrizitätswerke<br />

Hindelang eG (EWH) wurde 1923 von<br />

Bürgern der Gemeinde mit dem Ziel gegründet, eine<br />

unabhängige Stromversorgung im Gemeindegebiet zu<br />

errichten. Das Kraftwerk »Auele«, 1925 in Betrieb genommen,<br />

nutzt das Wasser des auf 1811 Meter gelegenen<br />

Schrecksees. Mit seinem Tagesspeicher (Nutzinhalt<br />

4000 m³) versorgt es zwei Rohrleitungen, die<br />

1963 und 1998 jeweils mit einem Stahlrohr von 870<br />

Metern Länge angelegt wurden. Die Leitungen treiben<br />

je eine Pelton-Turbine zur Stromerzeugung an. 30 Meter<br />

unterhalb des Kraftwerks Auele wurde 2009 eine<br />

weitere Turbine in Gang gesetzt, die jährlich 350.000<br />

kWh leistet. Hinzu kommt das Wasserkraftwerk in<br />

Vorderhindelang, das Wasser aus der Ostrach über<br />

18<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Das Akademie-Gebäude an der Ostrach deutet mit<br />

einem stilisierten Wasserrad an, welches Ziel verfolgt wird:<br />

»Die Energie kommt von uns«<br />

eine unterirdisch verlegte Druckrohrleitung auf eine<br />

Kegelradturbine lenkt. Der Wildbach in Bad Oberdorf<br />

betreibt das Kleinkraftwerk Kühgasse unterhalb der<br />

Luitpoldbad-Brücke und erzeugt mit zwei Peltonturbinen<br />

Strom, mit dem etwa 80 Haushalte versorgt werden<br />

können. Die lokalen Elektrizitätswerke hatten<br />

zum Jahresende 2014 ca. 3800 Kunden, für die rund<br />

18,3 Mio. kWh Strom geliefert wurden (Quelle:<br />

www.ewhindelang.de).<br />

Private Investitionen<br />

Entlang der Ostrach, in Bad Oberdorf und in<br />

Oberjoch hat sich eine große Zahl von Haus- und Hotelbesitzern<br />

für den Einsatz alternativer Energien entschieden.<br />

Seien es Wärmepumpen (Erdwärmesonden)<br />

wie im Gebäudekomplex des »Leporello« oder Blockheizkraftwerke,<br />

eingesetzt vom Biohotel Mattlihaus<br />

oder Hotel Prinz-Luitpoldbad, und die von einem Seitenkanal<br />

der Ostrach betriebenen Wasserturbinen des<br />

Hotels Wiesengrund – das Ostrachtal ist beispielhaft für<br />

die verschiedensten Formen alternativ erzeugter Energien.<br />

Mit einer modernen Holzhackschnitzelanlage beheizt<br />

das Familotel Krone in Unterjoch seine Zimmer<br />

und die Wellnessabteilung samt Hallenbad. Dafür werden<br />

jährlich 2000 m³ Holzhackschnitzel benötigt, wovon<br />

etwa 20 Prozent selbst durch Aufforstungsmaßnahmen<br />

in den eigenen Wäldern gewonnen werden.<br />

Der kleine Energiewendeweagele-Führer, der kos -<br />

tenlos in der Tourist-Information Bad Hindelang und<br />

im Rathaus erhältlich ist, nennt 23 vorbildliche Beispiele,<br />

die sich anhand eines beigefügten Ortsplans in<br />

Bad Hindelang und Bad Oberdorf oder entlang der<br />

Ostrach auch »erwandern« lassen.<br />

Auf dem Foto vom Stand der »Sonnenwende e.V.« anlässlich des Marktfestes in Bad Hindelang am<br />

1.8.<strong>2015</strong> von links: Edmund Lochbihler, Helmut Sobek, Josef Bessler, Franz Hatt, Reinhard Pargent<br />

Oben: das breite Wasserrad am<br />

Hotel Wiesengrund und die<br />

»inneren energetischen Werte«<br />

Wärme-Wende im Ortskern<br />

Noch in diesem Jahr werden sowohl große gemeindliche<br />

Gebäude in Bad Hindelang wie Kurhaus,<br />

Rathaus und Feuerwehrhaus als auch die Katholische<br />

Kirche und das Pfarrheim, das neue Gesundheitszentrum<br />

sowie Privathäuser von einer Feuerstätte aus beheizt.<br />

Die Feuerstätte, in einem neu errichteten Anbau<br />

am Kurhaus untergebracht, wird mit Holzpellets betrieben.<br />

Heizanlagen in Haushalten, die sich der Nahwärme<br />

angeschlossen haben, werden danach nicht<br />

mehr benötigt, da die Häuser mit einer unterirdisch<br />

verlegten Warmwasserleitung verbunden sind, die die<br />

benötigte Wärme an einen Wärmetauscher liefert.<br />

Eingspart werden dadurch weitere 650 Tonnen CO2.<br />

Thomas Niehörster<br />

Kurzinfo<br />

Fotos: Thomas Niehörster<br />

Sonnenwende Hindelang e.V.,<br />

Zum Stegacker 26,<br />

87541 Bad Hindelang, Tel. 08324/1210,<br />

info@sonnenwende-hindelang.de<br />

Der Führer »Energiewendeweagele« lässt<br />

sich auf der<br />

Internetseite des Vereins<br />

Sonnenwende e.V., www.sonnenwendehindelang.de,<br />

ansehen und herunterladen.<br />

Tourist Information Bad Hindelang,<br />

Unterer Buigenweg 2, 87541 Bad Hindelang,<br />

Tel. 08324/8920<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

19


Windkraft<br />

Wackelt die Schutzzone –<br />

bald Windräder im Oberallgäu möglich?<br />

Bisher sind Windenergieanlagen im Umkreis von Funkfeuern und<br />

Radaranlagen der Luftfahrt-Navigation schwierig oder gar nicht möglich.<br />

Dies blockiert zum Beispiel auch den Bau von Anlagen östlich von Kempten.<br />

In welchem Ausmaß Rotoren Signale ablenken oder verändern, ist bisher<br />

wissenschaftlich nicht hinreichend untersucht. Die Schutzzone von<br />

15 Kilometern Umkreis ist jedoch nicht in Zement gegossen.<br />

Es war einmal: Vor zwei Jahren noch wollten<br />

ambitionierte Bürger und Institutionen im<br />

Oberallgäu 50 Windräder bauen. Im Unterallgäu<br />

sollten ebenfalls 50 neue Anlagen entstehen – inzwischen<br />

herrscht hier wie dort absolute Windstille.<br />

Vorschriften, Behörden und Gesetze haben die Pläne<br />

gestoppt. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Während<br />

die 50 Windräder in fünf Vorranggebieten im<br />

Unterallgäu an der sogenannten »10H-Regel« des<br />

bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer<br />

scheitern, stehen die Vorhaben im Oberallgäu wegen<br />

des Vetos der Deutschen Flugsicherung vor dem Aus<br />

– vorerst zumindest.<br />

Die Unterallgäuer bringen in ihren Vorrang -<br />

gebieten kaum mehr ein Windrad unter, das mehr als<br />

zwei Kilometer vom nächsten bewohnten Gebäude<br />

entfernt ist. Und so weit muss laut Seehofer die Schutzzone<br />

um das Windrad herum reichen. Landrat Hans-<br />

Joachim Weirather bedauert: »Aktuell ist der Bau von<br />

wirtschaftlich arbeitenden Windkraftanlagen an keinem<br />

der Standorte möglich.« Die Aktivitäten der<br />

Projekt entwicklungsgesellschaft Windkraft wurden<br />

deshalb auf ein Minimum reduziert.<br />

Die Oberallgäuer dagegen hadern mit dem Luftamt<br />

Süd und der Flugsicherung. Denn die neu geplanten<br />

Windkraftanlagen bei Wildpoldsried stören laut<br />

dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) das<br />

Drehfunkfeuer Kempten-Ost. Die Behörde teilte in einer<br />

Stellungnahme zum Flächennutzungsplan mit,<br />

dass im Umkreis von 15 Kilometern um dieses Funkfeuer<br />

keine neuen Windräder mehr gebaut werden<br />

dürfen. Diese Schutzzone ist umstritten, aber sie hindert<br />

die Planungen. Lediglich die beiden 200-Meter-<br />

Räder, die kleinere Anlagen ersetzten, dürfen derzeit<br />

gebaut werden.<br />

Die Flugsicherungsbehörden berichten, dass die<br />

Signale des Drehfunkfeuers nicht nur von Wind -<br />

rädern gestört werden. Auch Gebäude und andere<br />

20<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Drehfunkfeuer dienen der Navigation von<br />

Flugzeugen. Im Fachjargon heißen sie VOR<br />

(VHF Omnidirectional Radio Range). Ver -<br />

einfacht ausgedrückt arbeiten die Funkfeuer<br />

wie Leuchttürme. Während der Leuchtturm<br />

in feststehenden Abständen Lichtsignale<br />

versendet, schickt das Funkfeuer geregelte<br />

Ultrakurzwellen in den Äther. Das Funkfeuer<br />

Kempten (sendet auf 109,600 Mhz) ist<br />

ein sogenanntes Doppler-UKW-Funkfeuer<br />

(DVOR/DME). Es stellt eine Bodenstation dar,<br />

deren Signal von speziellen Empfängern in<br />

Flug zeugen ausgewertet und als Richtungs -<br />

information auf einem Anzeigegerät ablesbar<br />

wird.<br />

Hindernisse beeinflussen die Radiowellen. Im Gegensatz<br />

zu bewegten Windrädern können feste Hindernisse<br />

aber »rechnerisch berücksichtigt«, also korrigiert<br />

werden. Dass im Umgriff von 15 Kilometern um das<br />

VOR Kempten bereits 23 Windräder stehen, ist auch<br />

den Behörden bekannt. Der Einfluss dieser Anlagen<br />

liege noch im Toleranzbereich von »drei Prozent Abweichungen«.<br />

Weitere Windkraftanlagen könne man<br />

aber nicht mehr akzeptieren.<br />

Also ein dauerhaftes »Aus« für Windräder rund<br />

um Kempten und Wildpoldsried? Wohl nicht. Denn<br />

die Probleme gibt es nicht nur hier. Besonders in den<br />

nördlichen Bundesländern kommen solche Konflikte<br />

mit der Luftraumüberwachung öfter vor. Der Bundesverband<br />

Windenergie (BWE) berichtet, dass der Bau<br />

von 4100 Megawatt Turbinenleistung (entspricht rund<br />

fünf Großkraftwerken) durch Flugsicherung und<br />

Deutschen Wetterdienst blockiert würden. Dabei<br />

nennt BWE die Zahl von 1422 Anlagen, die durch 15-<br />

Kilometer-Verbotszonen um die ca. 60 Funkfeuer in<br />

der Bundesrepublik nicht gebaut werden können. Der<br />

Verband ist der Auffassung, dass die Schutzzonen um<br />

die Funkfeuer mehr oder weniger willkürlich eingerichtet<br />

werden. Als Beweis führt BWE an, dass die militärische<br />

Flugsicherung bei Weitem nicht so strikt auf<br />

die Sicherheitszonen poche. Dort sei man in gleichge-<br />

Das Doppler-UKW-Funkfeuer<br />

Kempten-Ost (oben) verhindert<br />

derzeit den Bau weiterer<br />

Windkraftanlagen im Raum<br />

Kempten-Wildpoldsried<br />

Fotos: Thomas Niehörster<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

21


Windkraft<br />

Kaufbeuren<br />

Obergünzburg<br />

Leutkirch<br />

im Allgäu<br />

Altusried<br />

Dietmannsried<br />

Wildpoldsried<br />

Unterthingau<br />

Marktoberdorf<br />

Wiggensbach<br />

Funkfeuer<br />

Kempten (Allgäu)<br />

Isny<br />

im Allgäu<br />

Buchenberg<br />

Görisried<br />

Waltenhofen<br />

Sulzberg<br />

Oy-Mittelberg<br />

Karte: OpenStreetMap contributors; CC-BY-SA 2.0<br />

Unsere Karte (oben) zeigt die<br />

derzeitige Verbotszone für<br />

neue Windräder rund um das<br />

Drehfunkfeuer (rechte Seite<br />

oben) bei Kempten<br />

lagerten Fällen viel kompromissbereiter. Die Deutsche<br />

Flugsicherung kontert: »Der Sicherheitsradius von 15<br />

Kilometern wird durch die Internationale Zivile Luftfahrtorganisation<br />

(ICAO) vorgegeben – wir sind daran<br />

gebunden.«<br />

Ein Gutachten zum Drehfunkfeuer Michaelsdorf<br />

(zwischen Rostock und Stralsund) von Prof. Dr. Elmar<br />

Giemulla von der TU Berlin sagt im Kern aus,<br />

dass die bisher angewandten Verfahren der Flugsicherung<br />

zur Beeinflussung von Drehfunkfeuern durch<br />

Windkraftanlagen »stark vereinfachend« sind und nie<br />

validiert wurden. Aus diesem Grund beschäftigt sich<br />

die Umwelt- und Verkehrsministerkonferenz auch<br />

mit diesem Thema.<br />

Internen Berichten zufolge sind Drehfunkfeuer<br />

längst nicht mehr so wichtig für die Flugnavigation<br />

und den kommerziellen Flugbetrieb. Eurocontrol<br />

geht davon aus, dass nur noch vier Prozent aller<br />

Instrumentenflüge auf das Drehfunkfeuer-Sys tem<br />

zurückgreifen. Für den Streckenflug sei ein deutlich<br />

reduziertes Netz ausreichend. Und bei der Flugsicherung<br />

selbst gibt es Überlegungen, in den Jahren nach<br />

2020 auf GPS (Global Positioning System) wie beim<br />

Straßenverkehr umzusteigen. Obwohl GPS nicht bindend<br />

vorgeschrieben ist, navigieren schon heute die<br />

meisten Flugzeuge mit GPS. Die UKW-Drehfunkfeuer,<br />

die inzwischen fast 80 Jahre im Dienst stehen, seien<br />

dann nur noch für den Notfall nötig.<br />

Windenergieanlagen und ein Drehfunkfeuer ergänzen den<br />

Miniaturflugplatz in Braunschweig<br />

Foto: TU Braunschweig<br />

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) wurde 1993 gegrün -<br />

det, betreibt <strong>16</strong> Tower auf großen Verkehrs flughäfen und<br />

ist auf neun Regionalflughäfen in Deutschland vertreten.<br />

Das Unternehmen ist staatlich und überwacht nicht nur<br />

den zivilen, sondern auch den militärischen Luftverkehr.<br />

Fast 6000 Mitarbeiter stehen im Dienst des Unter neh -<br />

mens, darunter knapp 2000 Fluglotsen. Die Deutsche<br />

Flugsicherung arbeitet mit Partner organisationen rund<br />

um den Globus zusammen.<br />

22 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Obwohl anscheinend die Tage der UKW-Drehfunkfeuer<br />

gezählt sind, bleiben sie doch Ziel der Forschung.<br />

Sie sollen die Kritik von Prof. Giemulla bestätigen<br />

oder entkräften.<br />

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt<br />

(PTB) entwickelt im Projekt »Weran« ein neues Messsystem,<br />

um mit hoher Datenqualität Beeinträchtigungen<br />

von terrestrischen Navigationsanlagen und von<br />

Radarsignalen durch Windenergieanlagen (WEA) zu<br />

ermitteln. Ein dafür neu entwickeltes Antennen- und<br />

Empfangssystem misst elektromagnetische Feldstärken<br />

und speichert zeitsynchron Messdaten und GPS-<br />

Daten. Das Messsystem besteht aus einer Box, die unter<br />

einen Hubschrauber gehängt werden kann. Eine<br />

verkleinerte Form des Systems für Flüge mit einer automatisch<br />

fliegenden Messplattform – Oktokopter genannt<br />

– mit Präzisionsnavigation wird gerade in Betrieb<br />

genommen.<br />

Während »Weran« vor Ort tatsächliche Gegebenheiten<br />

in der Schutzzone aufnimmt, werden im Projekt<br />

»min-VOR-win« an einem miniaturisierten Flughafen<br />

die Interaktionen zwischen Funkfeuer und<br />

WEA systematisch untersucht. Robert Geise, Projektleiter<br />

an der TU Braunschweig, erläutert die Vorteile:<br />

»Wir können am Modell, so wie es die systematischen<br />

Messungen erfordern, problemlos Windenergieanlagen<br />

dazu- oder wegnehmen, Flugzeuge beliebig oft aus<br />

einer bestimmten Richtung anfliegen und den Wind<br />

aus der gewünschten Richtung wehen lassen. Das ist<br />

in der Realität nicht möglich oder nur mit unverhältnismäßigem<br />

Aufwand zu erreichen.«<br />

Zusammengenommen bleibt für das Oberallgäu<br />

festzustellen: Es wird zukünftig nicht mehr so viele<br />

Drehfunkfeuer geben. Welche wann wo abgebaut werden,<br />

sollte die Lokalpolitik gut im Auge behalten. Vielleicht<br />

ist die Anlage in Kempten bald nicht mehr von<br />

Bedeutung und kann abgeschaltet werden. Auf jeden<br />

Fall sind die Chancen für neue Windräder rund um<br />

Kempten nicht unbedingt schlecht. Kommt Zeit,<br />

kommt Rat. Ob die 10H-Regel des bayerischen Minis -<br />

terpräsidenten für das Unterallgäu irgendwann wakkelt,<br />

steht dagegen in den Sternen.<br />

Foto: PTB<br />

Mithilfe eines sogenannten<br />

Oktokopters kann das miniaturi -<br />

sierte Messsystem für Radar -<br />

anlagen durch Wind parks<br />

fliegen und an beliebigen<br />

Punkten im Raum Messungen<br />

durchführen<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

23


Windkraft<br />

Windräder sind ein Segen<br />

Arno Zengerle: »Wir machen weiter!«<br />

Bei windigem herbstlichem Wetter feierten die Gemeinden Wildpoldsried<br />

und Kraftisried Ende September ein Windrad-Fest. Zeitlich genau terminiert,<br />

um den Aufbau der beiden neuesten Windräder der Allgemeinheit zu zeigen. Nicht<br />

nur Bürger der beiden Gemeinden nutzten die Gelegenheit, sich zu informieren.<br />

24<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Enercon E-115<br />

im »Albratsmoos« und<br />

»In der Höll Nord«<br />

Die beiden Windkraftanlagen ersetzen die<br />

kürzlich gesprengten kleineren Windräder.<br />

Die Herstellerfirma Enercon baut seit Jah -<br />

ren nur getriebelose Windräder. Die beiden<br />

neuen Windräder haben eine Nabenhöhe<br />

von 149 Metern, einen Rotor durchmesser<br />

von 115 Metern und eine Gesamthöhe von<br />

206 Metern. Die Kanzel mit Generator wiegt<br />

33 Tonnen. Eine E-115 hat eine Leistung von<br />

3000 kW. Im Jahr erzeugt ein Windrad<br />

etwa sieben Millionen kWh an Strom. Damit<br />

können etwa 1750 Drei-Personen-Haushalte<br />

versorgt werden. 6.500.000 Kilogramm<br />

CO 2 -Emissionen werden dadurch vermieden.<br />

Beide Anlagen kosten zusammen etwa 10,5<br />

Millionen Euro. Betreiber ist die Wildkraft<br />

GmbH & Co. KG. Sie haben eine geschätzte<br />

Betriebsdauer von 30 bis 40 Jahren. Die<br />

beiden Gemeinden Wildpoldsried und Kraftisried,<br />

das Allgäuer Überlandwerk und über<br />

200 Bürger aus den beiden Standorten<br />

sind beteiligt. Die beiden Wind räder sollen<br />

bereits im November »an den Wind« gehen.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

25


Windkraft<br />

Wildpoldsrieds Bürgermeister<br />

Arno Zengerle gab sich<br />

trotz des Baustopps durch<br />

Seehofers »10H-Regelung«<br />

und Bauverbots durch die<br />

Flugsicherung kämpferisch:<br />

»Wir machen weiter!«<br />

Raimund Kamm, Landes -<br />

vorsitzender des Bundes -<br />

ver bandes Windenergie,<br />

hob mahnend den Finger<br />

gegenüber der bayerischen<br />

Staatsregierung<br />

Alle Windräder waren in Schwung – der<br />

<strong>Herbst</strong>wind trieb sie kräftig an. Blauer Himmel<br />

und weiße Wolken bildeten einen stimmungsvollen<br />

Hintergrund für die sonntägliche Messe<br />

auf der bewaldeten Hügelkette zwischen den beiden<br />

Gemeinden. Und gleich nach dem Segen von ganz<br />

oben sorgte Wildpoldrieds Bürgermeister Arno Zengele<br />

für weniger friedliche Töne. Trotzig kämpferisch<br />

prangerte er den Baustopp für weitere Windkraftanlagen<br />

an. Sowohl die Flugsicherungsbehörden, die<br />

einen weiteren Ausbau der Windkraft in der Schutzzone<br />

des Flugfunkfeuers verhindern, als auch die<br />

Staatsregierung mit der sogenannten »10H-Regelung«<br />

bekamen ihr Fett weg. Nicht einmal die Berliner Koalition<br />

verschonte er. »Weil man den großen Stromkonzernen<br />

eine Kuschelecke« reservieren will, habe<br />

man die Führungsposition in der Energiewende auf<br />

der Welt anderen überlassen, statt konsequent weiter<br />

daran zu arbeiten. Zengerle: »Wir haben in Wildpoldsried<br />

viel erreicht.« Er berichtete, dass Wildpoldsried<br />

fünfmal so viel Energie erzeugt, wie der Ort selbst<br />

verbraucht. Er lobte die Bürger, die hinter der Idee<br />

stehen, und die klugen Köpfe wie Wendelin Einsiedler,<br />

die die Gemeinde nicht nur bei der Wind energie, sondern<br />

auch bei Biogas und Photovoltaik vorangebracht<br />

haben. »Wir machen weiter, weil wir überzeugt davon<br />

sind, dass der eingeschlagene Weg richtig ist!« rief er<br />

trotzig in die Runde.<br />

Bestätigt wurde der Bürgermeister des Energiedorfes<br />

vom Landesvorsitzenden des Bundesverbandes<br />

Windenergie, Raimund Kamm. »Windräder sind ein<br />

Segen!« sagte der im Rückgriff auf die erhobenen Hände<br />

des Pfarrers einige Minuten zuvor. Auch Kamm<br />

ließ kein gutes Haar an der bayerischen Energiewende.<br />

Das Windradfest begann mit<br />

einem Feldgottesdienst am<br />

Fuße eines sich munter<br />

drehenden Windrades.<br />

Darunter das kleine Rad der<br />

Musikkapelle Wildpoldsried<br />

mit der Aufschrift »Bei uns<br />

bläst ein anderer Wind«<br />

Fotos: allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

Besichtigung der Baustelle<br />

im »Albratsmoos«: Mitarbeiter<br />

von Enercon erläu tern<br />

die Kenndaten des neuen,<br />

im Bau befindlichen Rades<br />

26<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Der Motor des Energie -<br />

dorfes Wildpoldsried,<br />

Wendelin Einsiedler,<br />

blickt ob des Gegenwindes<br />

in Sachen Energiewende<br />

eher nach denklich in die<br />

Zukunft – hoffentlich nur<br />

kurze Zeit!<br />

Der Projektleiter für die<br />

beiden neuen Windräder,<br />

Thorsten Häusler von den<br />

Allgäuer Überlandwerken<br />

(AÜW): Verdeckt er mit<br />

dem Hut die grauen Haare,<br />

die ihm die Energiepolitik<br />

der Staatsregierung<br />

wachsen lässt?<br />

Er lobte die beiden Gemeinden Kraftisried und Wildpoldsried<br />

und die Bürger für ihre Initiative und ihr<br />

Beispiel, kritisierte die 10H-Regelung der Staatsregierung<br />

und machte deutlich, dass »…jedes Windrad von<br />

der Größe, wie sie hier gebaut werden, jedes Jahr die<br />

gleiche Energie erzeugt, wie zwei lange Güterzüge<br />

Steinkohle bringen«.<br />

Die Besucher des Windradfestes hatten Gelegenheit,<br />

die Anlagen, die in den Reden so gelobt wurden,<br />

selbst in Augenschein zu nehmen. Die Türen der<br />

Windräder waren offen, ein Blick ins Innere war erlaubt.<br />

Auf Bildschirmen wurden Info-Filme gezeigt,<br />

Kinder konnten kleine Windräder basteln. Das Autohaus<br />

Sirch zeigte seine E-Mobile, und der Bikeshop<br />

Wildrad stellte E-Fahrräder zur Probefahrt zur Verfügung.<br />

Ideale Voraussetzung für viele Besucher, auf geschotterten<br />

Waldwegen die Baustelle der beiden neuen<br />

Windkraftanlagen zu besuchen, was sonst aus Sicherheitsgründen<br />

von der Herstellerfirma Enercon nicht<br />

so gerne gesehen wird.<br />

An diesem Tag jedoch wurde »offene Baustelle«<br />

gepflegt. Die beiden Türme der neuen Anlagen »Typ<br />

E-115« ragen bereits gewaltig in die Höhe. Neben einem<br />

der beiden war schon der mächtige Baukran aufgestellt,<br />

der Generator und Rotorblätter in luftige Höhen<br />

transportieren soll. Wenige Hundert Meter weiter<br />

konnten die Besucher die Gitterbauteile des zweiten<br />

Baukrans noch zerlegt am Boden besichtigen. Daneben<br />

in drei Teilen das Herzstück des Windrades, das<br />

Maschinenhaus mit dem Generator. Zusammengebaut<br />

wiegt dieses Maschinenhaus über 30 Tonnen und wird<br />

auf der Spitze des Turmes in 149 Metern Höhe installiert.<br />

Mitarbeiter der Firma Enercon aus Aurich standen<br />

den interessierten Besuchern Rede und Antwort.<br />

Beeindruckende Dimensionen:<br />

die Basis des Schwerlastkranes<br />

mit einer Höhe von 120 Metern<br />

und die Teile der 33 Tonnen<br />

schweren Kanzel des Wind -<br />

rades, hier in mehreren Teilen<br />

Oben: Blick auf die im Bau<br />

befindlichen Enercon-Windräder<br />

im »Albratsmoos« und<br />

»In der Höll Nord«<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

27


Windkraft<br />

Ist »unhörbar« doch hörbar?<br />

Infraschall untersucht – wir haben uns umgehört<br />

Sind Windenergieanlagen schädlich für Menschen? Manche glauben das,<br />

andere wiegeln ab – schnell kochen die Emotionen hoch. Um mehr Sachlichkeit<br />

in die Diskussion zu bringen, hat sich ein internationales Expertenteam den<br />

Grundlagen des Hörens an der unteren Grenze des Hörfrequenzbereiches<br />

(Infraschall), aber auch an der oberen Grenze (Ultraschall) zugewandt.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> hat dazu Betroffene in Wildpoldsried befragt.<br />

Koordiniert wurde das Projekt, das Teil des<br />

Europäischen Metrologie-Forschungsprogrammes<br />

ist, von der Physikalisch-Technischen<br />

Bundesanstalt (PTB). Beteiligt waren auf<br />

PTB-Seite nicht nur Akustiker, sondern auch Experten<br />

in den Bereichen Biomagnetismus (MEG) und funktionelle<br />

Kernspintomografie (fMRT). Ihr Ergebnis:<br />

Der Mensch hört tiefere Töne, als bislang bekannt. Und<br />

die Mechanismen der Wahrnehmung sind vielfältiger,<br />

als bisher angenommen. Ein weites Feld tut sich hier<br />

auf, auf dem auch die Psychologie nicht außer Acht<br />

gelassen werden darf. Auf jeden Fall gibt es noch weiteren<br />

Forschungsbedarf.<br />

Schlafstörungen durch Windrad?<br />

fraschall, das sind sehr tiefe Töne unter der Hörschwelle<br />

von etwa <strong>16</strong> Hertz. Damit seien sie unhörbar<br />

und überhaupt viel zu schwach, um gesundheitliche<br />

Beschwerden auszulösen, meinen Windenergiebranche<br />

und Behörden oftmals.<br />

»Sowohl Panikmache als auch pauschales Abwiegeln<br />

führen hier nicht weiter«, ist sich Christian Koch<br />

sicher. »Stattdessen müssen wir mehr darüber herausfinden,<br />

was bei der Wahrnehmung von Schall im<br />

Grenzbereich des Hörens passiert.« Der PTB-Akustiker<br />

ist der Leiter des internationalen Projektes, in dem<br />

Messtechnik-Experten aus mehreren Metrologie-Instituten<br />

sowie Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts<br />

für Bildungsforschung in Berlin und des Ear Institute<br />

am UCL (University College London) drei Jahre<br />

lang die Grundlagen des Hörens von »unhörbarem«<br />

Schall untersucht haben.<br />

Infraschall hat viele Quellen<br />

Derartiger sehr tiefer (Infraschall unterhalb von<br />

etwa <strong>16</strong> Hertz) bzw. sehr hoher Schall (Ultraschall<br />

oberhalb von etwa <strong>16</strong>.000 Hertz) tritt in vielen Bereichen<br />

des Alltags auf. Infraschall entsteht nicht nur bei<br />

Soll vor dem eigenen Grundstück eine Windenergieanlage<br />

gebaut werden, dann wird so mancher<br />

Befürworter der Energiewende zum Windkraftfeind.<br />

Ängste machen sich breit, der Infraschall, den die Rotoren<br />

und die Luftströmung erzeugen, könnte krank<br />

machen. Einige Anwohner einer solchen Anlage bemerken<br />

tatsächlich Schlafstörungen, Leistungsabfall<br />

und andere Beschwerden, andere merken nichts. Inallgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

befragte Besucher zum Infraschall<br />

Fotos: Thomas Niehörster<br />

»Die Windkraft-Gegner sind eh nicht da«, wurde uns gesagt,<br />

als wir während des Wind kraftfestes am letzten Sonntag im<br />

September bei Wildpoldsried/Kraftisried Besucher um ihre<br />

Meinung zum Thema Infraschall baten (das Ge räusch, das<br />

die Rotoren und die daraus resul tierenden Luftströme erzeugen).<br />

Die von uns Befragten wohnten zwischen einem und<br />

fünf Kilo metern entfernt von den Windkrafträdern auf dem<br />

Höhenzug des Haarberges.<br />

Für Manfred Landerer (51),<br />

Gemeindearbeiter in Wild polds ried, der<br />

etwa einen Kilometer von ihnen entfernt<br />

wohnt, machen sich die Wind räder<br />

akustisch nicht bemerkbar. Für einige<br />

seiner Nachbarn hingegen doch: »Wenn<br />

einer daran glaubt, dass sie Geräusche<br />

machen, dann hört er das auch.«<br />

Marlis Klöpf (48), Besucherin des Fes tes<br />

aus Weitnau, wo das Thema der Wind -<br />

kraft noch immer heftig in der Diskussion<br />

steht, ist über zeugt davon, dass die<br />

Rotorengeräusche bei einem Kilometer<br />

Abstand krank machen.<br />

Ludwig März (63), Landwirt in<br />

Hauptmansgreut, wohnt etwa fünf<br />

Kilometer von der Anlage ent fernt, hört<br />

nur dann etwas, »wenn man in der Nähe<br />

steht!« Was bei ihm etwa zwei Kilometer<br />

Abstand bedeutet. Nachgefragt, ob er<br />

glaubt, dass Infraschall krank machen<br />

könnte, meint er lakonisch: »Wenn man<br />

Angst davor hat…«<br />

28


Windenergieanlagen, sondern manchmal auch dann,<br />

wenn ein Lkw am Haus vorbeidonnert oder ein Hausbesitzer<br />

seinen Stromgenerator im Keller anschmeißt.<br />

Ultraschall kommt zum Beispiel aus den handelsüblichen<br />

Ultraschall-Reinigungsbädern, mit denen man<br />

seine Brille gründlich putzen kann. Oder aus einem<br />

»Marderschreck« – einem Gerät, das mit sehr hohen<br />

Tönen dafür sorgt, dass dem Marder der Geschmack<br />

auf Autokabel vergeht. Eine spezielle Variante solcher<br />

Geräte zur Vertreibung von Jugendlichen ist unter<br />

ethischen Gesichtspunkten international in der Diskussion.<br />

Mit sehr hohen Tönen, wie sie nur von Kindern<br />

und Jugendlichen gehört werden können, wollen<br />

sich Erwachsene Ruhe verschaffen.<br />

Was hört der Mensch wirklich?<br />

»In all diesen Bereichen sind teilweise sehr große<br />

Lautstärken im Spiel«, sagt Christian Koch. Ein hörbarer<br />

lauter Ton kann das Gehör schädigen – und an<br />

den Nerven zerren. Doch was ist mit »unhörbaren«<br />

Tönen? Und was hört ein Mensch wirklich? Um das<br />

herauszubekommen, wurde in dem Projekt eine Infraschallquelle<br />

konstruiert, die Töne ganz ohne Obertöne<br />

erzeugt. Das war nicht trivial, weil Töne fast immer<br />

mit ihren zugehörigen Obertönen daherkommen,<br />

die Forscher hier aber keine hohen Töne brauchen<br />

konnten. Versuchspersonen wurden nach ihrem subjektiven<br />

Hörempfinden gefragt. Diese qualitativen und<br />

quantitativen Aussagen wurden mit bildgebenden<br />

Verfahren, nämlich Magnetoencephalografie (MEG)<br />

und funktioneller Kernspintomografie (fMRT), verglichen.<br />

Die Ergebnisse: Der Mensch hört tiefere Töne<br />

als bislang angenommen, nämlich schon ab acht<br />

Hertz; das ist immerhin eine ganze Oktave tiefer als<br />

der tiefste Ton des bisher angenommenen unteren<br />

Hörfrequenzbereiches. Denn es konnte bis zu dieser<br />

Frequenz eine Erregung des primären auditiven Cor-<br />

tex nachgewiesen werden. Alle Betroffenen gaben dabei<br />

ausdrücklich an, etwas gehört zu haben, wobei<br />

nicht immer eine tonale Wahrnehmung vorlag. Außerdem<br />

wurde beobachtet, dass Gehirnregionen ansprechen,<br />

die bei Emotionen eine Rolle spielen. »Das<br />

heißt, der Mensch nimmt dann eher diffus wahr, dass<br />

da irgendwas ist und dass das auch eine Gefahr bedeuten<br />

könnte«, sagt Christian Koch.<br />

Psychologen sollen ins Boot<br />

Viele Fragen sind noch offen. »Im Grunde stehen<br />

wir erst am Anfang. Weitere Forschung ist dringend<br />

notwendig«, betont Koch. Der Antrag für ein Folge-<br />

Forschungsprojekt läuft bereits. Darin wollen die<br />

Fachleute gezielt jene Menschen untersuchen, die sich<br />

von »unhörbarem« Schall belästigt fühlen. Schließlich<br />

geht es längst nicht jedem so; manchen lässt ein Windrad<br />

neben seinem Haus völlig kalt. Und dann müssen<br />

ja auch noch die Effekte berücksichtigt werden, dass<br />

manche Menschen bereits aus Angst vor einer objektiv<br />

gar nicht vorhandenen Gefahr krank werden. Daher<br />

sollen möglichst auch Psychologen mit ins Team.<br />

Auf dem Weg zu neun Regeln<br />

Viel Forschungsbedarf sehen die Wissenschaftler<br />

auch noch beim anderen Extrem, dem Ultraschall.<br />

Obwohl die eingesetzten Messgeräte zu den genaues -<br />

ten der Welt gehören, konnten die Forscher nicht messen,<br />

ob und was ein Mensch oberhalb der bisher angenommenen<br />

oberen Hörschwelle hört. Aber da auch<br />

bei diesen hohen Tönen gilt, dass ein sehr lauter Ton<br />

das Gehör schädigen kann, muss hier noch mehr geforscht<br />

werden. Die Ergebnisse des internationalen<br />

Forschungsprojektes könnten dazu führen, dass endlich<br />

europaweit einheitliche – und bindende – Schutzbestimmungen<br />

für diese Grenzbereiche des Hörens<br />

eingeführt werden. Die fehlen nämlich bisher.<br />

Begriffserklärung<br />

Der primäre auditive Cortex<br />

ist ein Hörzentrum im Ge hirn,<br />

in dem Klänge verar beitet<br />

werden und das damit für<br />

die Sinnesqualität des Hörens<br />

zuständig ist. Er befindet sich<br />

im Gehirn an der oberen<br />

Grenze des Schläfen lappens.<br />

Zu den Auf gaben des auditi -<br />

ven Cortex zählt die Verar -<br />

beitung sowohl der Tonhöhe<br />

des Gehörten als auch der<br />

zugehörigen Lautstärke.<br />

Günter Mögele (57), Lehrer aus Wild -<br />

poldsried, der vier Kilometer von den<br />

Windrädern entfernt wohnt, hat noch<br />

von keiner ernsthaften Belastung von Bür -<br />

gern im Umkreis gehört. Einen Abstand,<br />

bei dem man keinen Infraschall mehr<br />

empfindet, bemisst er mit 800 Metern.<br />

Mögele ist der Ansicht, dass es nicht auf<br />

das Hören ankommt: »Eher fühlen sich<br />

wohl Menschen betroffen, wenn sie<br />

Sichtkontakt zu Windrädern haben.«<br />

Alle Befragten waren übereinstimmend der Ansicht,<br />

dass die Belastung durch den Straßen verkehr weit größer<br />

und intensiver sei als der Infraschall der Windräder.<br />

Thomas Niehörster<br />

Auch Matthias Bergmiller (29) hält einen<br />

Ab stand von 600 bis 800 Metern für<br />

aus reichend, um keine Geräusche mehr<br />

zu hören. Er wohnt zweieinhalb Kilometer<br />

vom nächsten Windrad entfernt.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

29


Wasserkraft<br />

Von diesem Steg mit<br />

Aussichtsturm können Besucher<br />

den hochsensiblen Naturraum<br />

»Illerdurchbruch« beobachten,<br />

ohne dort zu stören<br />

Iller unter »Beobachtung«<br />

Energie, Natur und Tourismus im Einklang<br />

Das LEADER-geförderte Projekt »Flussraum Iller – Wasserkraft« am Illerdurchbruch<br />

bei Legau ist nach zwei Jahren Bauzeit in Betrieb gegangen. Mit dem Projekt<br />

ist der Illerwinkel für Wanderer und Radfahrer attraktiver geworden. Darüber<br />

hinaus kann der Naturraum im und am Wasser ökologisch aufgewertet werden<br />

(wir berichteten). Nicht zuletzt kamen die Kraftwerksbetreiber ihrer Verpflichtung<br />

nach, Durchgänge für die Fischwanderung zu schaffen.<br />

Für Lechwerke AG (LEW) und die Bayerischen<br />

Elektrizitätswerke GmbH (BEW) steht ein<br />

nachhaltiger Betrieb der Wasserkraftwerke im<br />

Vordergrund. Deshalb beteiligen wir uns an Infrastruktur-<br />

und Umweltprojekten, die der Region<br />

zugute kommen. Das Projekt ‚Flussraum Iller‘ ist ein<br />

schönes Beispiel dafür, dass Wasserkraft und Natur gemeinsam<br />

erlebt werden können«, sagte Norbert<br />

Schürmann, Vorstandsmitglied der Lechwerke. »Daneben<br />

setzen wir mit der Iller-Strategie in den kommenden<br />

Jahren ein umfangreiches Paket ökologischer<br />

Maßnahmen um. Diese sollen dazu beitragen, den Lebensraum<br />

der heimischen Tier- und Pflanzenwelt<br />

nachhaltig zu verbessern.« Die Wasserkraftnutzung<br />

steht generell in der Kritik: Sie soll die natürliche<br />

Durchgängigkeit von Flüssen durch Querbauwerke<br />

unterbrechen und so die Wanderung der Fische unmöglich<br />

machen. Auch die Turbinen werden von den<br />

Naturschützern und Fischern als Fischkiller bezeichnet.<br />

Die Kraftwerksbetreiber müssen durch Fischtreppen<br />

und Seitengewässer die Durchgängigkeit der<br />

Gewässer wieder herstellen. Das ist eines der vordringlichsten<br />

Ziele des Projektes »Flussraum Iller«.<br />

Das Projekt besteht aus fünf unterschiedlichen<br />

Bausteinen: An der Staustufe Legau sind ein Steg über<br />

die Iller, ein naturnahes Illerufer, ein neues Auengewässer,<br />

eine Fischbeobachtungsstation sowie ein Tretbecken<br />

entstanden. An den Staustufen Altusried und<br />

Fluhmühle im Landkreis Oberallgäu wurden die Illerufer<br />

ebenfalls naturnah gestaltet. Zusätzlich entstand<br />

in Fluhmühle eine weitere Fischbeobachtungsstation.<br />

Auftraggeber des Projektes sind die Lechwerke und<br />

30<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Fotos: Dominik Ultes, Landkreis Unterallgäu<br />

der Landkreis Unterallgäu. Die BEW sind Projekt -<br />

träger und Bauherr. Unterstützt werden sie dabei von<br />

den lokalen Aktionsgruppen Kneippland Unterallgäu<br />

und Regionalentwicklung Oberallgäu. Die Kosten für<br />

das Projekt belaufen sich auf 863.000 Euro. Das Amt<br />

für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kempten<br />

(AELF) hat LEADER-Fördermittel in Höhe von 60<br />

Prozent der förderfähigen Kosten zugesagt. Die Lechwerke<br />

AG nimmt 214.000 Euro in die Hand, der Landkreis<br />

Unterallgäu steuert ebenfalls 214.000 Euro bei.<br />

Außerdem beteiligen sich die Märkte Legau und Bad<br />

Grönenbach mit jeweils 25.000 Euro.<br />

Ein zentrales Ziel des Projektes unter Federführung<br />

der BEW und des Landkreises Unterallgäu ist das<br />

Thema Umweltbildung: An einem zusätzlich entstandenen<br />

Seitengewässer können interessierte Gruppen<br />

aus der Umweltstation Unterallgäu Bachpatenschaften<br />

übernehmen. Bachpaten pflegen die naturnahen Gewässer<br />

und ihre Uferbereiche. Außerdem schafft eine<br />

Fischbeobachtungsstation mit Zählbecken an der neu<br />

errichteten Fischwanderhilfe umweltpädagogische<br />

Möglichkeiten. Durch ein beleuchtetes Sichtfenster<br />

können heimische Fischarten wie Huchen und Äsche<br />

beobachtet werden.<br />

Profitieren soll auch der Tourismus. Denn an der<br />

Iller wurde eine neue Attraktion geschaffen, die Wanderer<br />

und Radler anlockt. Eine Hängebrücke überspannt<br />

nun die Iller bei Legau auf einer Länge von<br />

rund 80 Metern. Auf diese Weise kann der Fluss im<br />

Bereich zwischen Legau und Bad Grönenbach überquert<br />

werden. Am südlichen Ufer ermöglicht eine 23<br />

Meter hohe Aussichtsplattform den Besuchern einen<br />

Blick in die naheliegende Illersteilwand, ohne dass<br />

sensible Naturbereiche betreten werden müssen. Der<br />

Illersteg ist an das bestehende Rad- und Wanderwegenetz<br />

angeschlossen. Um den Besuchern den Zugang<br />

zum Gewässer wieder zu ermöglichen, wurden die<br />

Uferbereiche abgeflacht und ein naturnahes Illerufer<br />

geschaffen. Die Uferaufweitung bietet neue Lebensräume<br />

für Tiere und Pflanzen.<br />

Besonders attraktiv für Radler und Wanderer ist<br />

schließlich das naturnah gestaltete Tretbecken. Hier<br />

bietet sich Gelegenheit, zu rasten und die Iller im<br />

Kneippland Unterallgäu »hautnah« zu erleben.<br />

Mit der Eröffnung des Projektes »Flussraum Iller«<br />

wurden die Baumaßnahmen im Sommer fertiggestellt.<br />

Nun gilt es, das Projekt mit Leben zu füllen.<br />

Da mit den Maßnahmen vor allem der sanfte Tourismus<br />

gefördert werden soll, wird gemeinsam mit den<br />

Anliegern, Vereinen und Verbänden ein Konzept zur<br />

Besucherlenkung ausgearbeitet: In enger Zusammenarbeit<br />

mit dem Landkreis Unterallgäu und den Kommunen<br />

sind bei Oberbinnwang und Legau/Graben zusätzliche<br />

Parkplätze entstanden, und die Zufahrt zur<br />

Staustufe Legau ist auf Anlieger beschränkt. Zusammen<br />

mit einer entsprechenden Beschilderung sollen<br />

diese Maßnahmen zu einer rücksichtsvollen Freizeitnutzung<br />

an der Iller beitragen.<br />

Der Unterallgäuer Landrat Hans-Joachim Weirather<br />

sieht in den Maßnahmen eine Bereicherung für<br />

Naturliebhaber, Wanderer und Radler: »Mit dem<br />

Illersteg schaffen wir eine wichtige Rad- und Wanderwegeverbindung<br />

in der Region. Für den Landkreis<br />

Unterallgäu ist das besonders erfreulich, da wir so<br />

einen gewaltigen Schritt in Sachen Infrastruktur<br />

machen«, so Weirather.<br />

Die Kraftwerksbetreiber<br />

Die Bayerische Elektrizitätswerke GmbH<br />

(BEW) ist ein 100-prozentiges Tochter -<br />

unternehmen der Augsburger Lechwerke AG.<br />

Die BEW unterhält und betreibt 36 Wasser -<br />

kraftwerke an Donau, Günz, Iller, Lech und<br />

Wertach und gehört damit zu den führenden<br />

Bild oben: Bei der Eröffnung des<br />

LEADER-Projektes »Flussraum<br />

Iller«: Franz Abele, 1. Bürgermeister<br />

Legau, Norbert Schürmann,<br />

LEW-V orstandsmitglied, Hans-<br />

Joachim Weirather, Landrat<br />

Landkreis Unterallgäu, Ethelbert<br />

Babl, LEADER-Koordinator beim<br />

AELF Kempten, Hermann Gro -<br />

mer, 1. Bürgermeister Kronburg,<br />

und Bernhard Kerler, 1. Bürger -<br />

meister Bad Grönenbach (v.l.)<br />

Bild links oben: das Wehr des<br />

Kraftwerkes Legau<br />

Bild unten: Fische können in<br />

einer neuartigen Aufstiegsrinne<br />

bergwärts wandern<br />

Wasserkraftwerksbetreibern in Bayern. An<br />

der Oberen Iller zwischen Altusried und Laut -<br />

rach betreiben die BEW fünf Wasserkraft -<br />

werke, die jährlich rund 120 Millionen Kilo -<br />

wattstunden Strom erzeugen. Damit können<br />

etwa 34.300 Haushalte ganzjährig mit<br />

umweltfreundlichem Strom versorgt werden.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

31


Wasserkraft<br />

Der Fluss dreht durch<br />

Neuartige Turbine am Illerkraftwerk Sulzberg-Au<br />

In der ersten Ausgabe dieses Jahres berichteten wir über den Plan der<br />

Illerkraftwerk Au GmbH, bei Sulzberg-Au an der Iller ein neuartiges Kraftwerk<br />

zu errichten. Seit dem Spatenstich hat sich viel getan. Am 30. Oktober soll nun<br />

das Herzstück des Kraftwerkes gesetzt werden: die VLH-Turbine. Erst wenige<br />

dieser Very-Low-Head-Turbinen gibt es weltweit – in Deutschland ist es die erste.<br />

Die neue Wehranlage in<br />

Sulzberg-Au ist im Rohbau<br />

bereits gut zu sehen<br />

Fotos: Thomas Niehörster<br />

Die Illerkraftwerk Au GmbH, eine Gesellschaft<br />

der Allgäuer Überlandwerk GmbH<br />

(AÜW) und der Bayerischen Landeskraftwerke<br />

GmbH (LKW), setzen einen neuen Meilenstein<br />

in der Energiezukunft.<br />

Am 30. Oktober wird in Sulzberg/Au die Turbine<br />

von Deutschlands erstem VLH-Wasserkraftwerk in<br />

das Kraftwerksgebäude gehoben. Ein 750-Tonnen-Autokran<br />

wird das Laufwerk mit einem Gesamtgewicht<br />

von 43 Tonnen an die richtige Position setzen. Im<br />

Frühjahr berichtete allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> über den<br />

Spatenstich. Inzwischen sind die Vorbereitungen<br />

schon recht weit gediehen. Pressesprecher Stefan<br />

Nitschke vom AÜW: »Dieses Wasserkraftprojekt hat<br />

Vorbildcharakter für eine gesicherte Energieerzeugung<br />

im Einklang mit Natur und Umwelt. Grundlage<br />

für den Bau des Kraftwerks war die Gründung der Illerkraftwerk<br />

Au GmbH (IKA) im Juni 2013 durch<br />

AÜW und die Bayerische Landeskraftwerke GmbH.«<br />

Hightech kommt aus Frankreich<br />

Die VLH-Turbine ist eine französische Entwicklung.<br />

Zwei solche Turbinen sind seit kurzer Zeit bei<br />

der französischen Stadt Millau im Fluss Tarn in Betrieb.<br />

Zwei weitere laufen in Nordost-Italien am Fluss<br />

Oglio. Das Kraftwerk Au ist jedoch eine Besonderheit:<br />

Am Wasserkraftwerk ist erstmals in Deutschland die<br />

»Very Low Head«-Turbine in Kombination mit einer<br />

32<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Anzeige<br />

Ende Oktober wird in Gegenwart von Minister Markus<br />

Söder die neuartige VLH Turbine gesetzt (Bild oben).<br />

Auf dem Bild auf der linken Seite oben ist zu sehen, dass<br />

die Iller bei Sulzberg kein allzu großes Gefälle aufweist.<br />

Die VLH-Turbinen aus Frankreich sind speziell für so kleine<br />

Höhenunter schiede gebaut.<br />

variablen Stauzielregelung durch ein wassergefülltes<br />

Schlauchwehr eingesetzt. Diese Turbinenart eignet<br />

sich besonders für den Einsatz in Flüssen mit niedriger<br />

Fallhöhe und zeichnet sich durch ihre hohe Fischverträglichkeit<br />

aus. Das sehr große offene Turbinenrad<br />

hat viele Flügel und dreht sich sehr langsam. Fische<br />

können nach Berichten der Hersteller problemlos<br />

durchschwimmen. Ein unabhängiges, staatlich finanziertes<br />

Monitoring, durchgeführt von der Technischen<br />

Universität (TU) München, überwacht die Fischverträglichkeit<br />

der VLH-Turbine sowie die ökologischen<br />

Auswirkungen der Wasserkraftanlage auf die umliegenden<br />

Habitate.<br />

Durchbruch für VLH-Technologie?<br />

Wenn sich die Ergebnisse der Voruntersuchungen<br />

bestätigen, wäre dies ein Durchbruch für die Nutzung<br />

der Wasserkraft. Das Ausbaupotenzial beliefe<br />

sich auf ca. 700 bereits vorhandene Staustufen in Bayern,<br />

die für die Wasserkraftnutzung infrage kämen.<br />

Bereits Ende <strong>2015</strong> soll die Wasserkraftanlage bei Sulzberg<br />

ans Netz gehen. Das Investitionsvolumen beläuft<br />

sich auf insgesamt 8,7 Millionen Euro.<br />

Zum Festakt am 30. Oktober will Dr. Markus Söder,<br />

bayerischer Staatsminister für Finanzen, Landesentwicklung<br />

und Heimat, die Baustelle besichtigen<br />

und eine Rede halten.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

33


Bauen<br />

Energieeffiziente Schule<br />

Optimale Ziele in Biberach erreicht<br />

Die Energiewende ist erst seit einigen Jahren ein Thema im Fokus der Bauwirtschaft.<br />

Deshalb sind Langzeitstudien bisher noch eine Seltenheit. Und dass solche Beobachtungen<br />

auch schon während der Dokumentation nachjustiert werden, ist noch seltener.<br />

Die Gebhard-Müller-Schule in Biberach ist ein Musterbeispiel, das eindrucksvoll zeigt,<br />

welche Einsparungen durch Langzeit-Monitoring erreicht werden können.<br />

Info<br />

Atrium mit angrenzenden<br />

Klassenräumen, die<br />

über Oberlichter zusätzlich<br />

belichtet werden<br />

www.bine.info/publikationen/<br />

projektinfos/publikation/<br />

schulgebaeude-imlangzeitmonitoring/#sthash.I<br />

NdVxm2G.dpuf<br />

Der Neubau der Gebhard-Müller-Schule in Biberach<br />

hat die Erwartungen erfüllt – über<br />

zehn Jahre weist das Gebäude einen durchgehend<br />

geringen Energieverbrauch auf. Mit der Inbetriebnahme<br />

des Gebäudes startete ein über drei Jahre<br />

andauerndes wissenschaftliches Intensivmonitoring.<br />

Die Ergebnisse führten zu Anpassungen im Betrieb<br />

der Gebäudetechnik. So konnte der Primärenergieverbrauch<br />

für Heizung, Kühlung und Lüftung um rund<br />

30 Prozent reduziert werden. Dieses Niveau langfristig<br />

ohne wissenschaftliche Begleitung zu erhalten, soll ein<br />

Langzeitmonitoring gewährleisten.<br />

Was muss ein Langzeitmonitoring bieten, damit<br />

das Betriebspersonal die Ergebnisse im Alltag nutzen<br />

kann? Welche Datenströme sind zu erfassen, und welche<br />

technischen Voraussetzungen sind erforderlich?<br />

Diese Fragen am Beispiel der Gebhard-Müller-Schule<br />

(GMS) zu beantworten, war Ziel der Forschungsarbeiten.<br />

Steigt der Energieverbrauch des Gebäudes, soll<br />

dies zeitnah erkannt werden. Das Betriebspersonal benötigt<br />

schnell und anschaulich die notwendigen Informationen,<br />

um Anpassungen vorzunehmen und<br />

Optimierungsmaßnahmen vorzubereiten. Grafisch<br />

aufbereitete Daten bieten hier einen guten Überblick.<br />

34<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Die Datenerfassung erfolgt in den meisten Fällen über<br />

die Gebäudeleittechnik (GLT). Wird der laufende Betrieb<br />

nicht überwacht, bleiben erhöhte Energieverbräuche<br />

häufig unbemerkt.<br />

Die Gebhard-Müller-Schule ist eine kaufmännische<br />

Schule im Kreis-Berufsschulzentrum Biberach.<br />

Mit dem Neubau von 2004 erhielt die Schule ein Gebäude,<br />

das sich an den ambitionierten Vorgaben des<br />

Bauherrn in Bezug auf Komfort, Flexibilität der<br />

Räumlichkeiten und Energieverbrauch orientiert.<br />

2005 startete das Intensivmonitoring mit dem Ziel, das<br />

Gebäude im realen Betrieb zu überprüfen und zu optimieren.<br />

Anschließend begannen 2009 die Arbeiten<br />

zur Umsetzung des Langzeitmonitorings.<br />

Das dreigeschossige Schulgebäude aus Stahlbeton<br />

mit einer Hauptnutzfläche von 5542 Quadratmetern<br />

besteht aus einem Riegel entlang der Erschließungsstraße.<br />

Daran schließen sich zwei kubische Baukörper<br />

an, in denen sich die Unterrichtsräume befinden.<br />

Das günstige A/V-Verhältnis von 0,31 m -1 und<br />

der gute Wärmeschutz der Gebäudehülle sind Teil des<br />

effizienten Gebäudekonzeptes. Flexible Raumgrößen<br />

können durch ein neu entwickeltes Modulkonzept<br />

realisiert werden. Jedes Modul verfügt über eine identische<br />

technische Ausstattung (raumlufttechnische<br />

Versorgung, EDV etc.).<br />

Begriffserklärungen<br />

Das A/V-Verhältnis ist die Kurzform für<br />

Verhältnis zwischen Hüllfläche A und<br />

Gebäudeinhalt V (1/m) und bezeichnet die<br />

Relation von Gebäudehüllfläche zu<br />

umschlossenem Volumen. Beschrieben wird<br />

die thermische Gebäudehülle, die beheizte<br />

Räume von Außenluft, Erdreich und<br />

unbeheizten Zonen trennt. Die thermische<br />

Gebäudehülle umfasst also im Wesentlichen<br />

Wände, Fenster, Dach/Decke und Boden.<br />

Von allen geometrischen Körpern hat die<br />

Außenjalousien mit Lichtlenkfunktion schützen<br />

die Klassen- und Verwaltungsräume vor unerwünschten<br />

Wärmeeinträgen und sorgen für ein blendfreies<br />

Arbeiten. Kunstlicht wird vom Nutzer eingeschaltet<br />

und in Abhängigkeit vom vorhandenen Tageslichtangebot<br />

automatisch in einzelnen Reihen oder komplett<br />

abgeschaltet. Die Außenjalousien werden in Abhängigkeit<br />

vom Sonnenstand gesteuert, zum Teil auch abhängig<br />

von der Raumtemperatur. Eine manuelle Bedienung<br />

ist ebenfalls vorgesehen. Atrien versorgen die<br />

Flurbereiche mit Tageslicht und ergänzen über Oberlichter<br />

die natürliche Belichtung der Klassenzimmer.<br />

Kugel das niedrigste A/V-Verhältnis für ein<br />

bestimmtes Volumen. Kompakte Baukörper<br />

haben geringere A/V-Werte als stark<br />

gegliederte. Gebäude mit niedrigem A/V-<br />

Verhältnis haben pro Volumen weniger<br />

wärmeübertragende Flächen als Gebäude mit<br />

hohem A/V-Wert und damit geringeren<br />

Transmissionswärmebedarf. Dafür bieten<br />

Gebäude mit hohem A/V-Wert bessere<br />

Möglichkeiten der Belichtung.<br />

Fotos: Nikolay Kazakov<br />

Beginn des Monitorings: Prof.<br />

Roland Königsdorff und sein Mitarbeiter<br />

Dr. Stefan Heinrich<br />

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Fotos: RainerSturm/pixelio.de,<br />

Andreas Hermsdorf/pixelio.de<br />

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5. März 20<strong>16</strong> bei unseren Leserinnen und Lesern.<br />

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Fotos: Thomas Niehörster<br />

Holzorchester spielt weiter<br />

Erste Fachtagung des Holzforums Allgäu<br />

»Wichtig ist, dass wie die Instrumente bei einem Orchester die verschiedenen Branchen in<br />

der Holzverarbeitung zusammengebracht werden, damit es einen Wohlklang ergibt«, zog<br />

Hugo Wirthensohn Bilanz bei der ersten Fachtagung des Holzforums Allgäu. »Holz ist sexy<br />

und zukunftsfähig«, darüber lässt der Vorsitzende keine Zweifel aufkommen.<br />

Die Akteure auf der Bühne (v.li.):<br />

Kemptens OB Thomas Kiechle,<br />

Referent Rüdiger Lex, Referent<br />

Prof. Hermann Kaufmann, der<br />

Oberallgäuer Landrat Anton<br />

Klotz, Hugo Wirthensohn vom<br />

Holzforum und der<br />

Unterallgäuer Landrat Hans-<br />

Joachim Weirather.<br />

Die Zuhörer in der ersten Reihe<br />

(von vorne nach hinten): MdL<br />

Leopold Herz (Freie Wähler) ,<br />

sein Kollege Eric Beißwänger<br />

(CSU), die Europaabgeordnete<br />

Ulrike Müller (Freie Wähler),<br />

Landrat Hans Joachim<br />

Weirather (FW) und<br />

MdL Eberhard Rotter (CSU)<br />

Info:<br />

www.holzforum-allgaeu.de<br />

www.proholz-tirol.at<br />

www.proholztirol.at/facingwood.html<br />

Holzforum Allgäu e.V.<br />

Der Verein Holzforum Allgäu ist die einzige<br />

Regional-Organisation in der Holzwirtschaft, in<br />

der alle Mitglieder der Wertschöpfungs kette<br />

vertreten sind – vom Waldbesitzer über<br />

Holzbauunternehmer und Schreiner bis hin<br />

zum Architekten. Ziel des Vereins ist es, das<br />

Rund 130 Besucher kamen im August ins Kornhaus<br />

nach Kempten, um an der Fachtagung<br />

»Leben und Arbeiten mit Holz« teilzunehmen.<br />

»Holz als Baumaterial begleitet uns das ganze<br />

Leben – von der Wiege bis zum Sarg.« Mit flotten Sprüchen<br />

moderierte Josef Bertl, Unternehmensberater aus<br />

Anzing, die Veranstaltung. Hugo Wirthensohn griff die<br />

lockere Stimmung auf und führte die Anwesenden in<br />

die Arbeit des Holzforums ein. Seit seiner Gründung<br />

im Jahr 2003 kann das Holzforum auf viele Erfolge zurückblicken.<br />

Darunter unter anderem der Allgäuer<br />

Holzbaupreis oder die Einführung des PEFC-Labels,<br />

das garantiert, dass Holz- und Papierprodukte aus<br />

nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammen. Gewinnbringende<br />

Aktionen für die Region, die in Zukunft<br />

noch weiter ausgebaut werden sollen. Thomas Kiechle,<br />

Oberbürgermeister der Stadt Kempten, merkte dazu an,<br />

dass Holz nicht alles, aber sehr wichtig für das Allgäu<br />

sei und deswegen weiter positioniert werden müsse.<br />

Hierfür leiste das Holzforum eine wichtige Arbeit.<br />

Junge Menschen mit Holz begeistern.<br />

Gastredner Rüdiger Lex, Geschäftsführer von proHolz<br />

Tirol, zeigte auf, wie weit unsere direkten Nachbarn in Öster-<br />

heimische Holz und die daraus entstehenden<br />

Produkte in allen heimischen Holzarten zu<br />

fördern, durch die Kontakte zwischen<br />

den einzelnen Branchen neue Absatzmög lich -<br />

keiten zu erschließen und die Wert -<br />

schöpfungskette Holz für die Bevölkerung<br />

transparent zu machen.<br />

Randnotiz<br />

84 Meter hoch: In Wien ent steht das weltweit höch ste<br />

Hochhaus aus Holz.<br />

In der Wiener Seestadt Aspern entsteht das mit 24<br />

Stockwerken höchste Holzhochhaus der Welt. 84 Meter<br />

ragt das Holzhaus in den Himmel. Ab 2018 sollen Büros,<br />

Restaurants und ein Hotel in das Haus einziehen.<br />

(Quelle: www.ingenieur.de)<br />

reich bereits sind und was ein funktionierendes und etabliertes<br />

Netzwerk alles leisten kann. Große Hoffnung setzt Lex neben<br />

der Verbindung von der Regionalität zur Globalität, die bereits<br />

hervorragend funktioniere, auf die Nachwuchsförderung: »Arbeiten<br />

mit Holz muss vermittelt werden.« In Tirol sei das mit<br />

dem Projekt »facing:wood – Junge Menschen für Holz begeis -<br />

tern«, das von Jugendlichen mit großem Interesse angenommen<br />

wurde, bereits gelungen.<br />

Renaissance im Holzbau<br />

In seinem Vortrag »Faszination moderne Holzarchitektur«<br />

machte Professor Hermann Kaufmann,<br />

Leiter des Fachgebietes Holzbau an der Technischen<br />

Universität München, deutlich, dass Holzbau heute<br />

keineswegs mehr den traditionellen Klischees entsprechen<br />

muss, sondern durch die Möglichkeit der umfassenden<br />

Vorfertigung zu einer revolutionären Baumethode<br />

geworden ist. »Holz, das wahrscheinlich älteste<br />

Baumaterial, kann eine Renaissance erleben, denn die<br />

ökologischen Eigenschaften sind kaum bei einem anderen<br />

Baustoff besser ausgeprägt.«<br />

Thomas Niehörster<br />

36 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


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allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

37


Meldungen<br />

Nachhaltigkeits-Preis für Kempten?<br />

Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis<br />

ist die nationale Auszeichnung<br />

für Spitzenleistungen<br />

der Nachhaltigkeit in Wirtschaft,<br />

Kommunen und Forschung. Der<br />

Preis wird seit 2008 jährlich vergeben<br />

von der Stiftung Deutscher<br />

Nachhaltigkeitspreis in Zusammenarbeit<br />

mit der Bundesregierung,<br />

kommunalen Spitzenverbänden,<br />

Wirtschaftsvereinigungen, zivilgesellschaftlichen<br />

Organisationen<br />

und Forschungseinrichtungen.<br />

»Deutschlands Vorbilder der<br />

Nachhaltigkeit nominiert« ist nun<br />

auf der Homepage der Stiftung<br />

Deutscher Nachhaltigkeitspreis zu<br />

lesen. Zu den Nominierten und damit<br />

Vorbildern der Nachhaltigkeit<br />

zählt die Allgäu-Metropole. Die Jury<br />

für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis<br />

hat sie in der Kategorie<br />

»Deutschlands nachhaltigste Stadt<br />

Kempten beeindruckt durch konsequente und nachhaltige Projekte – das erhöht<br />

die Attraktivität der Stadt für die Besucher<br />

Die Allgäu-Metropole fördert das Radeln und plant sogar ein Parkhaus für Fahrräder<br />

Fotos: Volker Wille, Peter Elgaß<br />

mittlerer Größe« nominiert neben<br />

Delitzsch in Sachsen und Esslingen<br />

in Baden-Württemberg.<br />

Oberbürgermeister Thomas<br />

Kiechle sieht mit der Nominierung<br />

die vielfachen Anstrengungen der<br />

Stadt Kempten und ihrer Partner,<br />

nachhaltige Politik auch für die Generation<br />

der Enkel zu gestalten, bestätigt<br />

und anerkannt. »Kempten<br />

überzeugt mit einem partizipativen<br />

und kooperativen Nachhaltigkeitsmanagement<br />

und einer erfolgreichen<br />

Haushaltskonsolidierung«, so<br />

heißt es in der Begründung der<br />

Fachjury. Und weiter: »Dabei sind<br />

die umfangreichen Beteiligungsverfahren<br />

bei Stadtentwicklungsprozessen<br />

und Strategieentwicklungen bemerkenswert.<br />

Starke Vernetzungen<br />

in regionalen Zweckverbänden sowie<br />

erhebliche Erfolge im Schuldenabbau<br />

prägen die fortschrittliche<br />

nachhaltige Kommunalpolitik in<br />

Kemp ten. Auch im Klimaschutz hat<br />

die Stadt die Nase vorn und schaffte<br />

durch strenge CO2-Auflagen, u.a. bei<br />

der Beschaffung für den städtischen<br />

Fuhrpark, eine CO2-Einsparung von<br />

60 Prozent innerhalb von 14 Jahren.<br />

Durchdachte Maßnahmen für Integration<br />

wie Integrationsführer und -<br />

monitoring runden das Nachhaltigkeitsprofil<br />

ab.«<br />

Die Preisverleihung findet am<br />

27. November in Düsseldorf statt.<br />

Erst dann wird bekannt gegeben,<br />

welche der drei nominierten Mittelstädte<br />

ausgezeichnet wird.<br />

38<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Meldungen<br />

Energie begreifen mit dem Knatterboot<br />

Selbst aktiv werden hieß es für<br />

die Schüler der 4. Klassen in den<br />

Grundschulen in Lindenberg und<br />

Nonnenhorn. Das Bildungsprojekt<br />

»Energiewerkstatt« von Bund Naturschutz<br />

und eza! war in diesem<br />

Schuljahr insgesamt drei Wochen in<br />

den Schulen vor Ort. Unter Anleitung<br />

von Umweltpädagogin Claudia<br />

Grießer vom Bund Naturschutz,<br />

Kreisgruppe Lindau, führten die<br />

Kinder spannende Experimente<br />

rund ums Thema Energie durch. Sie<br />

ergründeten spielerisch, was Energie<br />

bedeutet und wo sie herkommt oder<br />

wie man sogar aus eigener Muskelkraft<br />

Strom erzeugen kann.<br />

Besonders angetan hatte es<br />

den jungen Forschern ein Versuch<br />

mit einem sogenannten »Knatterboot«,<br />

der sehr anschaulich die<br />

Umwandlung der im Sonnnblumenöl<br />

gespeicherten Energie in<br />

Licht, Wärme und Bewegung demonstrierte.<br />

Kindgerecht wurde<br />

auch der komplizierte Zusammenhang<br />

zwischen Energieverbrauch,<br />

Luftverschmutzung und Treibhauseffekt<br />

sowie deren notwendige Eindämmung<br />

durch den Umstieg auf<br />

regenerative Energieformen erläutert.<br />

Foto: Bund Naturschutz Lindau<br />

Das eigene Verbrauchsverhalten<br />

sollten die Schüler natürlich im<br />

Zuge dessen ebenfalls hinterfragen.<br />

Ausgerüstet mit Messprotokollen<br />

und Strommessgeräten, setzten die<br />

Kinder das Gelernte direkt um und<br />

dokumentierten die häusliche<br />

Energiesituation. Hierbei wurde<br />

auch der Austausch mit Eltern, Geschwistern<br />

und Freunden über<br />

Energiesparpotenziale im Haushalt<br />

und bei der Freizeitgestaltung sowie<br />

über nachhaltige Energienutzung<br />

angeregt.<br />

Zum Abschluss der Projektwochen<br />

verlieh Claudia Grießer<br />

den sichtlich stolzen Teilnehmern<br />

eine Urkunde für die erfolgreiche<br />

Teilnahme an der Energiewerkstatt.<br />

»Wir wollen mit diesem Energie-<br />

Erlebnisprogramm bereits bei den<br />

Grundschülern das Bewusstsein für<br />

Energiesparen und Klimaschutz<br />

schärfen und hoffen, dass wir auch<br />

im kommenden Jahr wieder mit<br />

den Schulen im Landkreis zusammenarbeiten<br />

können«, so die Umweltpädagogin.<br />

Grundschülerinnen und -schüler<br />

bei spannenden Experimenten<br />

Anzeige<br />

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39


Meldungen<br />

Ostallgäu: Masterplan auf den Prüfstand<br />

Foto: Landratsamt Ostallgäu<br />

Landrätin Maria Rita<br />

Zinnecker ist gespannt auf<br />

die Ergebnisse des Energie-<br />

Zwischenberichtes<br />

Der Landkreis Ostallgäu hat<br />

sich, wie andere Kreise auch, mit<br />

dem »Masterplan Energiezukunft<br />

2020« ehrgeizige Klimaschutz-Ziele<br />

gesteckt – und stellt das bislang<br />

Erreichte nun selbst auf den Prüfstand.<br />

Die an das »Bifa Umwelt -<br />

institut« in Augsburg vergebene<br />

Evaluierung der im Jahr 2012 gesetzten<br />

Ziele ist nicht nur eine Zwischenbilanz,<br />

sondern wird auch der<br />

Weiterentwicklung des Masterplanes<br />

dienen.<br />

»Nach drei Jahren der tatkräftigen<br />

Arbeit ist es nun an der Zeit,<br />

ein erstes Resümee zu ziehen«, sagt<br />

Landrätin Maria Rita Zinnecker.<br />

Zahlreiche Klimaschutz-Projekte<br />

wurden inzwischen umgesetzt, beispielsweise<br />

Sanierung oder Neubau<br />

mehrerer Landkreisgebäude im<br />

Passivhausstandard, die Versor-<br />

gung aller Landkreisgebäude mit<br />

Ökostrom, die Veranstaltung der<br />

Messe »Bau- & Energietage Ostallgäu«,<br />

die Beschaffung eines Elektroautos<br />

für den Landkreis-Fuhrpark<br />

oder das Projekt »allgäumobil<br />

im Schlosspark«, das den Gästen<br />

des Landkreises kostenlosen ÖPNV<br />

bietet. Dadurch wurden seit Projektstart<br />

im Dezember 2012 rund<br />

sieben Millionen Individualkilometer<br />

und damit rund 600 Tonnen<br />

CO2 eingespart.<br />

»Wir haben schon viel erreicht,<br />

doch wir wollen noch mehr.<br />

Wir brauchen die Evaluierung, um<br />

genau zu wissen, wo wir beim Klimaschutz<br />

gerade stehen und wo wir<br />

die Hebel ansetzen müssen«, sagt<br />

Zinnecker. Die Landrätin räumt bei<br />

allen Erfolgen aber auch ein, dass es<br />

noch »Baustellen« gibt: »Beispielsweise<br />

bestehen im Bereich der Wärmeerzeugung<br />

ebenso wie bei der<br />

Energievermeidung noch erhebliche<br />

Potenziale,« sagt die Landrätin.<br />

Zudem will der Landkreis Ostallgäu<br />

in Zukunft noch mehr Angebote<br />

zur Steigerung der Energieeffizienz<br />

an Unternehmen herantragen.<br />

In den kommenden Wochen<br />

und Monaten wird das »Bifa Umweltinstitut«<br />

die Evaluierung erstellen.<br />

Mittels Expertenbefragungen<br />

sowie Stärken-Schwächen-Analysen<br />

sollen mögliche Verbesserungspotenziale<br />

aufgedeckt und Gutes<br />

weiter etabliert werden. Zudem<br />

wird das Umweltinstitut Anregungen<br />

für künftige Projekte beziehungsweise<br />

konkrete Vorschläge<br />

für die Fortschreibung benennen.<br />

Erste Ergebnisse soll es Anfang Dezember<br />

geben.<br />

Campusluft schnuppern in Biberach<br />

Kurzinfo<br />

Der Info-Tag beginnt zentral<br />

um 14 Uhr im Audimax<br />

der Hochschule Biberach.<br />

Eine Anmeldung ist nicht<br />

not wen dig. Internet:<br />

www.hochschule-biberach.de<br />

Studienberatung:<br />

Tel. 07351 582-151;<br />

Studium@hochschule-bc.de<br />

Modernes Bauen, energetische<br />

Sanierung oder Projektmanage -<br />

ment – an der Hochschule in<br />

Biber ach gibt es genug<br />

Gesprächs stoff<br />

Die Hochschule Biberach bietet<br />

vielseitige und an der Praxis orientierte<br />

Bachelor- und Masterstudiengänge<br />

an. Dafür wurde sie bereits<br />

mehrfach im bundesweiten Hochschulranking<br />

mit Bestnoten ausgezeichnet.<br />

Besonderer Vorteil für Studenten<br />

und Studienwillige aus der<br />

Region: Biberach ist nur einen Katzensprung<br />

weit entfernt. Brücken<br />

Foto: HBC/Stefan Sättele<br />

bauen oder Tunnel planen? Wohnund<br />

Lebensräume schaffen – vom<br />

Zimmer bis zur Stadt? Erneuerbare<br />

Energien innovativ einsetzen? Neue<br />

Technologien entwickeln in der biotechnologischen<br />

Herstellung von<br />

Medikamenten oder von Wertstoffen<br />

und in der Energiezeugung? Als<br />

Betriebswirt Immobilien- oder<br />

Energiemärkte unter die Lupe nehmen?<br />

Wer sich für eine diese Aufgaben<br />

interessiert, der ist an der Hochschule<br />

Biberach mit ihrem Studienangebot<br />

richtig: Bauingenieurwesen<br />

und Projektmanagement, Architektur<br />

und Energie-Ingenieurwesen,<br />

pharmazeutische und industrielle<br />

Biotechnologie, BWL für Bau- und<br />

Immobilienwirtschaft oder Energiewirtschaft<br />

werden angeboten.<br />

Wer das Studienangebot der<br />

Hochschule Biberach konkret kennenlernen<br />

möchte, der kann am<br />

nächsten Info-Tag Campusluft<br />

schnuppern. Am 18. November<br />

stellen sich die Studiengänge der<br />

HBC mit Präsentationen, Schnuppervorlesungen<br />

und Praxisvorträgen<br />

von Studierenden vor. Angeboten<br />

werden auch Führungen durch<br />

die Labore, Werkstätten sowie<br />

durch Bibliothek und Rechenzentrum.<br />

Erstmals kann die HBC den<br />

Studieninteressierten an diesem<br />

Info-Tag den erweiterten Stadt-<br />

Campus zeigen, zu dem u.a. eine<br />

Mensa gehört.<br />

40<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Anzeigen<br />

Bei den Kleinen groß anfangen<br />

Energiesparen fängt im Kleinen<br />

an oder besser: bei den Kleinen.<br />

Im Energiesparclub Ostallgäu<br />

werden ab sofort jährlich weit mehr<br />

als 1000 Ostallgäuer Drittklässler<br />

lernen, warum und wie man Energie<br />

spart. Landrätin Maria Rita Zinnecker:<br />

»Der Energiesparclub<br />

Ostallgäu ist eine der tragenden<br />

Säulen in unserem Masterplan<br />

Energiezukunft 2020. Denn wir haben<br />

sehr viel gewonnen, wenn die<br />

neuen Generationen wissen, wie<br />

man Energie einspart. Das ist ein<br />

Grundstein der Umweltbildung.«<br />

Die Landrätin dankt an dieser Stelle<br />

den Sponsoren EWR, VWEW,<br />

Sparkasse Allgäu und Kreis- sowie<br />

Stadtsparkasse Kaufbeuren für die<br />

Unterstützung.<br />

Neues Gesetz tangiert Firmen<br />

Seit April <strong>2015</strong> sind größere<br />

Unternehmen in Deutschland verpflichtet,<br />

die Energieeffizienz ihrer<br />

Produktion offiziell prüfen zu lassen.<br />

Das Gesetz sagt: Wer bis Ende<br />

<strong>2015</strong> kein Energieaudit nach DIN<br />

EN <strong>16</strong>247-1 durchgeführt hat,<br />

muss mit einer Geldstrafe von bis<br />

zu 50.000 Euro rechnen. Gemeint<br />

sind Betriebe oder verbundene<br />

Unternehmen mit 250 und mehr<br />

Beschäftigten. Auch, wer einen<br />

Jahresumsatz über 50 Millionen<br />

Euro bzw. eine Bilanzsumme über<br />

43 Millionen Euro erreicht, ist zum<br />

Audit verpflichtet. Schätzungen<br />

zufolge sind in Deutschland über<br />

50.000 Unternehmen betroffen.<br />

Das Audit muss alle vier Jahre wiederholt<br />

werden. Das Energieaudit<br />

setzt sich aus sieben aufeinanderfolgenden<br />

Phasen zusammen. Ziel<br />

des Audits ist es, die großen Betriebe<br />

auf den aktuell bestmöglichen<br />

Stand beim Energiesparen zu<br />

bringen.<br />

Energiewende<br />

in klassischen Berufen<br />

Es gibt in Deutschland laut<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

noch keinen Beruf »Erneuerbare<br />

Energien«, obwohl derzeit rund 1,35<br />

Millionen Menschen in diesem Bereich<br />

tätig sind. Dass es bislang keinen<br />

dualen Ausbildungsgang für erneuerbare<br />

Energien gibt, liegt auch<br />

daran, dass die »Erneuerbaren« als<br />

Querschnittsthema viele Qualifikationen<br />

und Berufsbilder berühren.<br />

Allerdings finden in den klassischen<br />

Berufen Veränderungen in<br />

Richtung der »Erneuerbaren« statt.<br />

Seit 2014 müssen neu auszubildende<br />

Zweiradmechatroniker<br />

und -mechatronikerinnen auch in<br />

Sachen Hybrid- und Elektroantrieb<br />

versiert sein. Der Boom der Elektroräder<br />

war ein wichtiger Grund<br />

für die Neuordnung der Ausbil-<br />

dung. Im zahlenmäßig noch beliebteren<br />

Beruf der Kraftfahrzeugmechatronik<br />

tauchen die alternativen<br />

Antriebe seit Kurzem ebenfalls in<br />

der Berufsausbildungsverordnung<br />

auf. Längere Tradition haben die<br />

erneuerbaren Energien im Wärmebereich:<br />

Kundenberatung zu den<br />

Nutzungsmöglichkeiten erneuerbarer<br />

Energien steht schon seit Langem<br />

in der Ausbildungsordnung<br />

der Anlagenmechaniker für Sanitär-,<br />

Heizungs- und Klimatechnik.<br />

Info<br />

Einblick in Ausbildungsberufe<br />

mit mög lichen Fortbildungsberufen<br />

für erneuerbare Energien bietet<br />

der Wissenschaftsladen Bonn<br />

mit seinem Portal<br />

www.energiewende-schaffen.de<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

41


Meldungen<br />

Umweltbildung für ABC-Schützen<br />

Brotzeitboxen in vielen<br />

Farben sollen im Ostallgäu<br />

die Erstklässler zur<br />

Abfallvermeidung anregen<br />

Eine gesunde Ernährung ist<br />

wichtig für konzentriertes Lernen in<br />

der Schule. Um Abfälle zu vermeiden,<br />

sollte die Brotzeit aber nicht in<br />

Plastiktüten, Alufolie oder Papier<br />

verpackt werden. Besser eignet sich<br />

eine Brotzeitbox, die durch das ganze<br />

Schülerleben begleitet. Unter dem<br />

Motto »Abfälle vermeiden ist cool«<br />

sponsern auf Initiative der Kommunalen<br />

Abfallwirtschaft des Landkreises<br />

Ostallgäu die Sparkasse Allgäu<br />

Foto: Landratsamt Ostallgäu<br />

und die Kreis- und Stadtsparkasse<br />

Kaufbeuren in jedem Jahr Pausenbrotdosen<br />

für die Erstklässler im<br />

Ostallgäu. Stellvertretend für alle<br />

1.158 Schulanfänger im Ostallgäu<br />

bekamen heuer die Erstklässler der<br />

Meinrad-Spieß-Grundschule Buchloe<br />

bunte Brotzeitboxen überreicht.<br />

Zu Gast bei der kleinen Feierstunde<br />

waren Ludwig Weihrather<br />

und Ulrike Linder von der Kreisund<br />

Stadtsparkasse Kaufbeuren,<br />

Susanne Baiz von der Sparkasse<br />

Allgäu sowie Schulamtsdirektorin<br />

Marina Elbert, Bürgermeister Josef<br />

Schweinberger und Johann Mooser<br />

von der Kommunalen Abfallwirtschaft<br />

im Landratsamt Ostallgäu.<br />

Schulamtsdirektorin Marina Elbert<br />

und Rektorin Hermine Hölzle bedankten<br />

sich bei den Sponsoren und<br />

zeigten auf, welchen Beitrag die Brotzeitdosen<br />

für den Umweltschutz leisten.<br />

So konnten in den vergangenen<br />

23 Jahren dank der Aktion im Landkreis<br />

Ostallgäu etwa 590 Tonnen<br />

Verpackungsmüll vermieden werden.<br />

Ludwig Weihrather überreichte<br />

gemeinsam mit seinen Kolleginnen<br />

den ABC-Schützen die Brotzeitdosen<br />

und wünschte den Kindern anschließend<br />

viel Spaß beim Lernen<br />

und einen guten Start in die Grundschulzeit.<br />

Umrahmt wurde die Veranstaltung<br />

von den Viertklässlern<br />

mit der Schulhymne »Gemeinsam<br />

leben, lachen, lernen« und einem extra<br />

dafür getexteten »Müll-Lied«.<br />

Neue Stromtankstelle in Weingarten<br />

Weingarten hat jetzt auch seine E-Mobil-Ladestation. Dr. Andreas Thiel-<br />

Böhm (Geschäftsführer TWS) und OB Markus Ewald (r.) bei der Premiere<br />

Info zu den Ladestationen der TWS<br />

Standort: 88250 Weingarten, Gablerstraße 1<br />

Ladepunkt 1: E-Mobility-Stecker Typ 2 400 V (32 A, 22 kW)<br />

Ladepunkt 2: Schuko 230 V (<strong>16</strong> A, 3,7 kW)<br />

Anzahl E-Mobilitäts-Parkplätze: 2<br />

Standort: 88212 Ravensburg, Marktstraße 30<br />

Ladepunkt 1: E-Mobility-Stecker Typ 2 400 V (32 A, 22 kW)<br />

Ladepunkt 2: Schuko 230 V (<strong>16</strong> A, 3,7 kW)<br />

Anzahl E-Mobilitäts-Parkplätze: 1<br />

Standort: 88212 Ravensburg, Bahnhofplatz 14/1<br />

Ladepunkt 1: E-Mobility-Stecker Typ 2 400 V (32 A, 22 kW)<br />

Foto: TWS<br />

Es ist zwar keine Seltenheit<br />

mehr, aber immer noch halten wir<br />

es für berichtenswert, wenn neue<br />

Stromtankstellen das Allgäuer Netz<br />

bereichern. Insbesondere, wenn dies<br />

an Orten passiert, die bisher noch<br />

»weiße Flecken« auf der Landkarte<br />

waren, wie zum Beispiel Weingarten.<br />

Die Technische Werke Schussental<br />

GmbH & Co. KG (TWS) setzt<br />

nun auch auf Elektromobilität aus<br />

erneuerbaren Energien. Direkt neben<br />

dem Stadtgarten hat die TWS<br />

zentrumsnah die erste öffentliche<br />

Ladesäule für Elektroautos in Weingarten<br />

in Betrieb genommen. »E-<br />

Mobilität gehört zu einer modernen<br />

Infrastruktur und ist für uns als<br />

nachhaltige Stadt ein wichtiges Thema«,<br />

erklärte Oberbürgermeister<br />

Markus Ewald bei der Inbetriebnahme<br />

Ende August in der Gablerstraße.<br />

»Klima und Umwelt profitieren<br />

allerdings nur, wenn ein Elektrofahrzeug<br />

mit Ökostrom betrieben<br />

wird«, unterstreicht TWS-Geschäftsführer<br />

Dr. Andreas Thiel-<br />

Böhm und ergänzt: »Bei der TWS ist<br />

das der Fall, denn wir versorgen unsere<br />

Kunden nur mit Strom, der zu<br />

100 Prozent aus regenerativen Quellen<br />

stammt.« Auch die beiden E-Ladesäulen<br />

der TWS, die im Frühjahr<br />

in Ravensburg am Bahnhof und in<br />

der oberen Marktstraße in Betrieb<br />

gegangen sind, werden ausschließlich<br />

mit Ökostrom betrieben.<br />

Die Ladesäulen der TWS sind<br />

in das Netzwerk von »ladenetz.de«<br />

eingebunden. Dabei handelt es sich<br />

um eine Kooperation von Stadtwerken.<br />

Ziel des Netzwerkes ist eine<br />

deutschlandweit flächendeckende<br />

Ladeinfrastruktur. Bundesweit gibt<br />

es bereits rund 500 Ladepunkte von<br />

ladenetz.de. Hinzu kommen circa<br />

7000 weitere Ladepunkte, die dank<br />

Roaming-Abkommen auf nationaler<br />

sowie internationaler Ebene genutzt<br />

werden können. Das Besondere dabei:<br />

Egal, wo Stadtwerke-Kunden ihr<br />

Elektrofahrzeug mit Strom versorgen,<br />

Ansprechpartner und Stromlieferant<br />

bleibt immer das Heimat-<br />

Stadtwerk. Um die Ladestationen<br />

der TWS nutzen zu können, benötigen<br />

Interessierte eine lade netz.de -<br />

taugliche Ladekarte mit sogenanntem<br />

RFID-Chip (radio-frequency<br />

identification chip).<br />

42 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Solardächer<br />

auch für Allgäuer Kunden<br />

Anzeigen<br />

Info<br />

Interessierte Kunden,<br />

Einfamilienhaus besitzer und<br />

Installateure melden sich unter<br />

kontakt@ikratos.de<br />

Mittlerweile ist die Eigenstromgewinnung<br />

aus der eigenen<br />

Solaranlage ein wichtiges Standbein<br />

unserer Energiepolitik. Strom wird<br />

im Haus nahezu überall benötigt,<br />

ob im Haus, zur Wärmeerzeugung<br />

oder zur Elektromobilität. Eine Aktion<br />

des fränkischen Anbieters<br />

Ikratos findet auch in unserer Region<br />

großen Anklang: 9999 Solardächer<br />

will das Unternehmen bis<br />

Ende des Jahres mit Photovoltaik -<br />

anlagen und Speicher fix und fertig<br />

installieren. Ikratos aus dem fränkischen<br />

Weißenohe installiert mit<br />

vielen Partnern bundesweit die<br />

Photovoltaik-Anlage mit Speicher<br />

zum Festpreis von 9999 Euro netto<br />

(die Mehrwertsteuer wird meist<br />

zurückerstattet). Photovoltaik -<br />

installateure in Deutschland sind<br />

aufgerufen, an der Aktion teilzunehmen.<br />

Ikratos weist darauf hin,<br />

dass Lithium-Speicher und Photovoltaikanlagen<br />

für den Eigenbedarf<br />

in Einfamilien- oder Zweifamilienhäusern<br />

zusammengehören. Die<br />

angebotene Anlage hat eine Kapazität<br />

von 3000 kWh.<br />

»Bauen und Sanieren«<br />

in Mindelheim<br />

Bereits zum zweiten Mal gehen<br />

die einstigen »Passivhaustage«<br />

unter anderem Titel und mit neuem<br />

Format als »Bauen und Sanieren<br />

im Allgäu« am 17. und 18. Oktober<br />

an den Start. Die Messebesucher<br />

erwartet im Forum in Mindelheim<br />

ein informatives und buntes<br />

Programm rund um die Themen<br />

energetische Sanierung und energieeffizientes<br />

Bauen.<br />

Die Messe ist für alle Allgäuer<br />

Hausbesitzer längst ein wichtiges<br />

Informationsportal geworden. Das<br />

zeigen die Besucherzahlen. Veranstalter<br />

ist eza! Die Öffnungszeiten<br />

sind am Samstag und Sonntag jeweils<br />

von 9.30 bis 17 Uhr.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> bei eCar-Tech<br />

Zusammen mit der Schwes -<br />

terzeitschrift oberlandALTERNA-<br />

TIV wird allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> dieses<br />

Jahr auf der Leitmesse für Elektro-<br />

und Hybridmobilität eCar-<br />

Tech auf dem Messegelände in<br />

München vertreten sein. Beide<br />

Zeitschriften treten als Medienpartner<br />

der Messe auf. Damit zeigen die<br />

beiden <strong>ALTERNATIV</strong>-Blätter erstmals<br />

Flagge bei der Münchner<br />

Messe. allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> wird<br />

die druckfrische <strong>Herbst</strong>ausgabe auf<br />

der Messe präsentieren.<br />

Die EDI TION <strong>ALLGÄU</strong> lädt<br />

alle Freunde und Leser zwischen<br />

20. und 22. Oktober an den Stand<br />

im Messegelände ein. Beide Redaktionen<br />

freuen sich auf Ihre Kommentare<br />

und Ideen für neue Themen.<br />

Sie finden uns in Halle A5,<br />

Stand 709.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

43


Meldungen<br />

Unterallgäu: Frischer Wind eingeschlafen<br />

Fünf Standorte für Windkraftanlagen,<br />

sogenannte Vorranggebiete,<br />

hat der Regionalverband Donau-<br />

Iller für den Landkreis Unterallgäu<br />

ausgewiesen. Windräder werden<br />

dort derzeit aber keine gebaut, bedauert<br />

Landrat Hans-Joachim Weirather.<br />

»Aktuell ist der Bau von wirtschaftlich<br />

arbeitenden Windkraftanlagen<br />

an keinem der Standorte möglich.«<br />

Die Aktivitäten der dortigen<br />

Projektentwicklungsgesellschaft<br />

wurden deshalb auf ein Minimum<br />

reduziert.<br />

Die »Projektentwicklung<br />

Wind kraft Unterallgäu GmbH & Co.<br />

KG« wurde im Jahr 2013 gegründet<br />

(wir berichteten), um die Energiewende<br />

aktiv mitzugestalten und die<br />

Wertschöpfung aus der Windkraft<br />

in der Region zu halten. Das Konzept<br />

dafür wurde von Vertretern des<br />

Landkreises, der Sparkasse und der<br />

Volks- und Raiffeisenbanken erarbeitet.<br />

Ziel war es, die Gemeinden<br />

und Bürger einzubinden und diese<br />

als Investoren von den Windkraftanlagen<br />

profitieren zu lassen. »Wenn<br />

sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />

ändern sollten, werden wir<br />

wieder versuchen, unser Geschäftsziel,<br />

die Entwicklung von Windkraftanlagen<br />

mit dem Bürger, erreichen<br />

zu können«, sagen die Vertreter<br />

der Banken, Albert Egg und Hermann<br />

Kerler.<br />

Gesetzlicher Hintergrund ist<br />

die in Bayern geltende sogenannte<br />

10H-Regelung. Diese besagt, dass<br />

der Abstand zwischen Windrad und<br />

Wohnbebauung mindestens zehnmal<br />

so groß sein muss wie die Höhe<br />

des Windrades. Da die Wirtschaftlichkeit<br />

von Windkraftanlagen maßgeblich<br />

von deren Höhe abhängt,<br />

werde in der Regel eine Gesamthöhe<br />

von 200 Metern angestrebt, erläutern<br />

die Bankenvertreter. Damit ergibt<br />

sich ein Mindestabstand von zwei<br />

Kilometern. Dieser könne aber an<br />

keinem der fünf Unterallgäuer<br />

Standorte eingehalten werden.<br />

Im Frühjahr dieses Jahres hat<br />

der Regionalverband Donau-Iller im<br />

Verbandsgebiet 37 Vorranggebiete<br />

für Windkraftanlagen beschlossen.<br />

Im Unterallgäu sind dies Standorte<br />

bei Mindelheim, Breitenbrunn, zwischen<br />

Tussenhausen und Mattsies,<br />

im Wertachtal bei Amberg und bei<br />

Ottobeuren. Außerhalb dieser Gebiete<br />

sind Windräder mit einer Nabenhöhe<br />

über 50 Meter gar nicht zulässig.<br />

Ursprünglich waren zehn bis<br />

zwölf Vorranggebiete mit bis zu 50<br />

Windkraftanlagen im Gespräch.<br />

Kleinwind-Energie: Effizienz gesteigert<br />

Die Kleinwind-Anlage<br />

auf dem fahrbaren Prüfstand<br />

auf Eisenbahn-Schienen<br />

Im Durchschnitt setzen Kleinwindenergieanlagen<br />

(KWEA) rund<br />

30 Prozent der anströmenden<br />

Windenergie in Strom um. Dass der<br />

Wert auch deutlich erhöht werden<br />

kann auf 45 Prozent, bewiesen nach<br />

dreijähriger Projektlaufzeit Prof.<br />

Walter Baur und Dipl-Ing. Stefan<br />

Frosch im Rahmen ihrer Forschung<br />

»Optimierte langsam laufende<br />

Windturbine »OptiBine«. Die beiden<br />

arbeiten im Studiengang Kunststoff-<br />

und Elastomertechnik an der<br />

Hochschule Würzburg-Schweinfurt.<br />

Zusammen mit zwölf Studierenden<br />

konzipierten und konstru-<br />

Foto: HS Würzburg-Schweinfurt<br />

ierten die beiden bayerischen Forscher<br />

einen sogenannten »Langsamläufer«:<br />

Hierfür werden mit faserverstärkten<br />

Kunststoffen moderne<br />

Werkstoffe eingesetzt, parallel<br />

werden Computersimulationen angewendet,<br />

um die Aerodynamik sowie<br />

die Festigkeit des Rotors zu optimieren.<br />

Vorteile sind u.a. die<br />

niedrige Rotordrehzahl ohne laute<br />

Begleitgeräusche, der geringe Materialverschleiß<br />

und die Selbstabschaltung<br />

im Schadensfall.<br />

Der fertiggestellte Rotor der<br />

Windanlage wurde anschließend auf<br />

einen Eisenbahn-Waggon der Mainschleifenbahn<br />

in Ersatz eines sehr<br />

kostenintensiven Windkanals montiert.<br />

Die Fahrtgeschwindigkeit simuliert<br />

den anströmenden Wind<br />

(»fahrender Windkanal«). Die daraus<br />

resultierenden realitätsnahen Ergebnisse,<br />

so das Projektteam, wurden<br />

mit den Ergebnissen eines ebenfalls<br />

entwickelten »Schnellläufers«<br />

verglichen: Das Forschungsziel sei<br />

erreicht worden.<br />

Nach Angaben des Bundesverbandes<br />

WindEnergie standen in<br />

Deutschland Ende 2014 insgesamt<br />

24.867 Windenergieanlagen. Das<br />

Interesse an Kleinwindenergieanlagen<br />

wachse stetig. Der Langsamläufer<br />

aus der nordbayerischen Hochschule<br />

– der wie ein Windrad in alten<br />

Western aussieht – könnte bald<br />

auch in windreicheren Gegenden<br />

im Allgäu zum Einsatz kommen.<br />

Bekanntlich gibt es für Windräder,<br />

die niedriger sind als 50 Meter,<br />

keine so rigorosen Einschränkungen<br />

wie bei großen Anlagen.<br />

44 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Anzeigen<br />

Fotos: Volker Wille<br />

Die umstrittene Eisenbreche im Spätherbst. Der Landrat räumt hier der<br />

Energiegewinnung den Vorrang gegenüber dem Naturschutz ein<br />

Landrat weist Vorwürfe zurück<br />

Der Oberallgäuer Landrat Anton<br />

Klotz hat Anschuldigungen des<br />

Bund Naturschutz rund um das geplante<br />

Wasserkraftwerk an der Eisenbreche<br />

im Hintersteiner Tal zurückgewiesen.<br />

Bei Radio Allgäu-<br />

HIT sagte er in einem Interview:<br />

»Ich sehe mich da eindeutig im<br />

Recht, da ich hier einen Bescheid<br />

unterzeichnet habe, der im Hinblick<br />

darauf, dass wir die Energiewende<br />

voranbringen müssen, vertretbar<br />

ist.«<br />

Tatsache sei, dass das Gebiet<br />

in den Allgäuer Hochalpen Naturschutzgebiet<br />

und mehrfach geschützt<br />

ist. Daher gehe der Bund<br />

Naturschutz davon aus, dass ein<br />

solches Vorhaben auf keinen Fall<br />

genehmigungsfähig sei. Daher habe<br />

der Bund Naturschutz Klage beim<br />

Verwaltungsgericht eingereicht, so<br />

Klotz weiter. Es gehe indessen darum,<br />

durch den Bau die Energiewende<br />

voranzubringen. Durch das<br />

Wasserkraftwerk Älpele könnten<br />

etwa 2700 Haushalte für ein Jahr<br />

mit Strom versorgt werden. »Das ist<br />

doch eine ganze Menge. Insofern<br />

glaube ich schon, dass wir mit der<br />

Wasserkraft die Energiewende voranbringen<br />

können«, so Klotz.<br />

Klotz sieht gute Gründe, dass<br />

das Verwaltungsgericht zugunsten<br />

des Landkreises und damit für den<br />

Kraftwerksbau entscheidet. Dies<br />

könne es zum Beispiel dann, wenn<br />

öffentliche Belange im Raum stehen.<br />

Diese stünden dann über dem<br />

Naturschutzgesetz, so stehe es in<br />

den Paragrafen, meint der Oberallgäuer<br />

Landrat. Voraussetzung sei<br />

ein entsprechender Abwägungsprozess.<br />

Bei zukünftigen Treffen mit<br />

den »Damen und Herren des Bund<br />

Naturschutz« habe er keine Probleme,<br />

so Landrat Anton Klotz.<br />

Hinweisschild zum Naturschutz in den<br />

Allgäuer Hochalpen: Die Schutzwür dig keit<br />

der Eisenbreche wird hervorgehoben<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

45


Photovoltaik<br />

Von der Nuss zur Sonne<br />

Hermann Staudinger – Mächlar mit Visionen<br />

Seit über 15 Jahren befasst sich Hermann Staudingers Firma i-Punkt-Design<br />

mit der Herstellung von hochwertigen Geschenkartikeln und Wohnaccessoires.<br />

Unter dem Motto »Design muss nicht teuer sign!« entwickelt die Firma<br />

innovative Produkte, die mit vielen Patenten und Gebrauchsmustern glänzen.<br />

Die Design-Firma ist jedoch nur eines von Staudingers Standbeinen. Unser<br />

Mitarbeiter Thomas Niehörster hat den Betrieb in Bad Grönenbach besucht.<br />

Eine Ideenschmiede<br />

ist die Firma Staudinger in<br />

Bad Grönenbach<br />

Hermann Staudinger hat<br />

die Reinigung von<br />

Solarflächen perfektioniert<br />

Mit einem kurzen Schlenker aus dem Handgelenk<br />

ist die Nuss geknackt. Ein Kolben,<br />

der in einem Rohr läuft, hat die Nuss geöffnet.<br />

Die Schale sprotzt nicht durch die Gegend, sondern<br />

wird fein eingesammelt. Hermann Staudinger,<br />

Erfinder dieses ungewöhnlichen Nussknackers, ist ein<br />

Tüftler und Mächler par excellence. Allerdings sind solche<br />

»Kleinigkeiten« nicht der Haupterwerbszweig des<br />

Grönenbachers. Die Staudinger GmbH wurde vom<br />

Vater Fritz Staudinger 1949 in der Ortsmitte von Bad<br />

Grönenbach gegründet. Aus der ehemaligen Landmaschinenwerkstätte<br />

entwickelte sich 1970 nach Einführung<br />

der CNC-Technik ein Unternehmen mit dem<br />

Schwerpunkt Dreh- und Frästechnik. Bedingt durch<br />

einen schnell wachsenden Kundenkreis – Staudinger<br />

Fotos: Thomas Niehörster<br />

produziert u.a. Testteile für die Autoindustrie – wird<br />

1991 der komplette Betrieb in das neu geschaffene Industriegebiet<br />

an der A7 im Ortsteil Thal verlegt. Auf<br />

1200 Quadratmetern Fertigungsfläche und 400 Quadratmetern<br />

Büro- und Sozialräumen führt Hermann<br />

Staudinger in zweiter Generation das Unternehmen in<br />

eine neue Dimension. Durch den neu gewonnen Platz<br />

an Fläche kann fortan ständig in moderne Dreh-, Fräsund<br />

Bearbeitungszentren investiert werden. Die Kunden<br />

kommen überwiegend aus dem Maschinen- und<br />

Dentalmaschinenbau. Mit der Einführung eines Mehrschichtbetriebes<br />

werden die Kapazitäten noch einmal<br />

enorm erweitert. Seit der Firmengründung haben die<br />

Staudingers bis heute 60 Lehrlinge ausgebildet.<br />

Vom Putzteufel zum Sonnengott<br />

Ein befreundeter Landwirt brachte den Stein ins<br />

Rollen: Er kannte Hermann Staudinger als »Mächlar«<br />

und fragte bei ihm nach, ob er nicht eine Maschine<br />

entwickeln könnte, die seine 4000 Quadratmeter große<br />

Photovoltaikanlage reinigen würde. Was vorher mit<br />

»Wassereimer und Besen« erheblichen Personalaufwand<br />

erforderte, müsse doch auch eine Maschine zustande<br />

bringen. Ammoniak aus Düngemitteln, Feinstaub<br />

und einfach aller Schmutz, der in einem landwirtschaftlichen<br />

Betrieb entsteht, machen großen Flächen<br />

zu schaffen. Werden die nicht mindestens alle<br />

zwei Jahre gereinigt, kann das zum Ausfall von bis zu<br />

20 Prozent Energieausbeute führen. Zwar gab es bereits<br />

mechanische »Schrubber«, die mussten aber umständlich<br />

an einer Gelenkstange geführt werden.<br />

Bis in die letzte Ritze<br />

Innerhalb von zwei Jahren entwickelte Staudinger<br />

mithilfe eines Ingenieurbüros einen Reinigungsroboter,<br />

der nach dem griechischen Sonnengott »Helios«<br />

getauft wurde. Der Reinigungsroboter ist in der<br />

Lage, durch eine patentgeschützte Unterdrucktechnik<br />

selbst steilste Dachneigungen problemlos zu säubern.<br />

Dabei ist er dank vier Abstandssensoren vor Absturz<br />

46


perfekt gesichert. Was selbst mancher Hausfrau<br />

schwerfällt: Durch eine spezielle Bürstentechnik ist<br />

Helios in der Lage, auch in den Ecken und Ritzen von<br />

Paneelrahmen bis zu vier Zentimeter tief zu reinigen.<br />

Gerade dort sammelt sich der Schmutz, und dort siedeln<br />

sich Moose an. Beim Helios werden die kratzfreien<br />

Nylonbürsten durch ein spezielles Gelenk nicht<br />

rund, sondern linear zur Laufrichtung des Reinigungsroboters<br />

geführt. Bei Bedarf kann zusätzlich<br />

mithilfe einer Wärmebildkamera und einer WLAN-<br />

Verbindung zu einem PC die Photovoltaik-Anlage<br />

nach sogenannten »Hotspots« – nicht mehr funktionierenden<br />

Dioden – abgescannt werden.<br />

Der Roboter aus Gad Grönenbach kann<br />

selbständig auch die steilsten Flächen<br />

ausschließlich mit kalten Wasser reinigen<br />

Geheimtipp: kaltes Wasser<br />

Bei der Reinigung schwört Hermann Staudinger<br />

– was er gerne als »Geheimtipp« an alle Hausfrauen<br />

weitergibt – auf kaltes Wasser. Warmes Wasser löst<br />

nur den Staub, nimmt ihn aber nicht auf. Deshalb wird<br />

bei Staudinger ausschließlich kaltes Wasser eingesetzt,<br />

das darüber hinaus entmineralisiert wurde.<br />

Staudingers Zukunftsvisionen<br />

Dank seiner patentgeschützten Unterdrucktechnik<br />

kann Helios nicht nur Wände senkrecht hinaufsteigen,<br />

sondern auch über Kopf an Decken arbeiten.<br />

Durch entsprechende Zusatzaggregate ließe sich der<br />

Reinigungsroboter auch in Problembauten einsetzen.»Alles,<br />

was groß, unzugänglich oder zudem gefährlich<br />

ist«, hat Hermann Staudinger im Sinn: »Das<br />

können Öltanks sein oder sogar Atomkraftwerke.«<br />

Denn bei der Dekontamination von Flächen eines<br />

Kernkraftwerkes müssen diese gesondert gereinigt<br />

werden, bevor der Baukern entsorgt werden kann.<br />

Einsatz auch in der Wüste<br />

Als Vision hat Hermann Staudinger jene »endlosen«<br />

PV-Anlagen von 100.000 Quadratmetern und<br />

mehr vor Augen, die in den Wüsten der Arabischen<br />

Staaten, Südamerikas oder Ägyptens errichtet wurden:<br />

»Diese enormen Flächen müssen permanent vom Wüs -<br />

tensand gereinigt werden. Das geschieht bis heute leider<br />

durch Menschen, die unter für mich nicht akzeptablen<br />

Arbeitslöhnen und -bedingungen eingesetzt<br />

werden.« Auf der Intersolar Europe, der weltweit führenden<br />

Fachmesse für die Solarwirtschaft, kommen<br />

bereits rund 50 Prozent seiner Besucher und Interessenten<br />

aus dem Ausland.<br />

Info<br />

Hermann Staudinger GmbH<br />

Hinter den Gärten 6, 87730 Bad Grönenbach<br />

Tel. 08334/98470<br />

www.staudinger-gmbh-mechanik.com<br />

www.pv-putzfix.de<br />

www.i-punkt-design.com


Biogas<br />

Fachtagung im Allgäu<br />

renergie-Fachleute informieren<br />

Wie geht es weiter mit Biogas? Diese Frage steht im Mittelpunkt der<br />

Süddeutschen Fachtagung am Mittwoch, 11. November, in der Festhalle<br />

Westerheim. Fachleute des veranstaltenden Vereins renergie Allgäu und<br />

Experten aus den Bereichen Recht, Politik und Forschung wollen von 9 bis<br />

<strong>16</strong>.30 Uhr Perspektiven und Möglichkeiten für die Branche aufzeigen.<br />

In den aktuellen Debatten um das Erneuerbare<br />

Energie Gesetz (EEG) 20<strong>16</strong> werden derzeit im<br />

Bundestag die Weichen für die Biogasbranche gestellt.<br />

»In Berlin wird entschieden, ob diese Technologie<br />

eine Zukunft hat«, weiß renergie-Vorsitzender<br />

Richard Mair. Er und sein Team wollen entscheidende<br />

Argumente in die politische Diskussion einbringen:<br />

Biogas gehört zu den unverzichtbaren Säulen der angestrebten<br />

Energiewende, ist nachhaltig, besticht<br />

durch eine positive Umweltbilanz und überzeugt<br />

Diese Grafik macht deutlich:<br />

Bayern hat die Nase bei den<br />

Biogasanlagen in Deutschland<br />

vorne. Eine Tagung zu diesem<br />

Thema in südlichsten Bundesland<br />

macht also absolut Sinn<br />

Grafik: Statista<br />

48<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


durch enormes volkswirtschaftliches Potenzial. Die<br />

Anlagen und ihre Betreiber arbeiten inzwischen auf<br />

höchstem technischem Niveau und sind mittels neues -<br />

ter Entwicklungen in der Lage, mit Biogas den idealen,<br />

weil flexiblen Ausgleich zur Energiegewinnung aus<br />

Sonne und Wind zu bieten. Darüber informieren zu<br />

Beginn des Fachtages die renergie-Fachleute Florian<br />

Weh und Thomas Hartmann.<br />

Rückschau und Ausblick<br />

Im weiteren Verlauf des Tages referiert Fachanwalt<br />

Dr. Helmut Loibl über die Lücken des aktuellen EEG<br />

2014. Hans Josef Fell, Präsident der Energy Watch<br />

Group, wagt einen Ausblick auf die Zeit nach dem EEG<br />

2014.<br />

Martin Strobl von der Bayerischen Landesanstalt<br />

für Landwirtschaft zeichnet betriebswirtschaftliche Perspektiven<br />

für die Biogasbranche. Detlef Fischer, Geschäftsführer<br />

des VBEW München, spricht über die<br />

Bedeutung der Biogas-Energie für die sichere Stromversorgung<br />

in Bayern, und Kerstin Ikenmeyer vom<br />

bayerischen Wirtschaftsministerium stellt ein »Ausschreibungsmodell<br />

als Möglichkeit für Bayern« vor.<br />

Mit einem Appell für einen Schulterschluss endet<br />

die diesjährige Fachtagung in Westerheim: Martin<br />

Lohrmann, Projektleiter für nachhaltige Energie aus<br />

Bad Säckingen, stellt seine Initiative vor, gemeinsam<br />

für ein brauchbares EEG 20<strong>16</strong> zu kämpfen. An seinem<br />

Positionspapier arbeiten auch die Fachleute von renergie<br />

Allgäu mit.<br />

Weitere Informationen und Anmeldung zur Süddeutschen<br />

Biogasfachtagung am Mittwoch, 11. November<br />

<strong>2015</strong>, 9 bis <strong>16</strong>.30 Uhr, in der Festhalle Westerheim<br />

(Bahnhofstraße 2, 87784 Westerheim) unter<br />

www.renergie-allgaeu.de<br />

Das Programm<br />

9 Uhr Entwicklungstand des Ausbaus Biomasse –<br />

Rückblick & Vorschau<br />

Richard Mair, 1. Vorsitzender renergie Allgäu e.V, Kempten<br />

Flexible Stromlieferung, Florian Weh, Projektleiter renergie<br />

Allgäu e.V., Kempten<br />

Bedarfsorientierte Wärme- und Stromerzeugung mit<br />

Biogas<br />

Thomas Hartmann, Energieberater renergie Allgäu e.V.,<br />

Kempten<br />

10.30 Uhr EEG 2014: Lücken und neue Reformen<br />

Dr. Helmut Loibl, Rechtsanwalt, Paluka, Sobola, Loibl &<br />

Partner, Regensburg<br />

11.15 Uhr Was kommt nach dem EEG 2014? Hans-Josef<br />

Fell, Präsident Energy Watch Group und Autor des EEG<br />

13 Uhr Betriebswirtschaftliche Perspektive, Martin Strobl,<br />

Bay. Landesanstalt für Landwirtschaft, München<br />

13.45 Uhr Wer übernimmt die sichere Stromversorgung<br />

in Bayern? Detlef Fischer, Geschäftsführer des VBEW,<br />

München<br />

14.30 Uhr Ausschreibungsmodell als Möglichkeit für<br />

Bayern, Kerstin Ikenmeyer, Wirtschaftsministerium,<br />

München (angefragt)<br />

15.30 Uhr Gemeinsam für ein brauchbares EEG 20<strong>16</strong><br />

kämpfen, Martin Lohrmann, Projektleiter nachhaltige<br />

Energie, Bad Säckingen<br />

<strong>16</strong> Uhr Diskussion mit den Referenten<br />

Anzeige<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

49


Studium<br />

Datenbank für Studenten<br />

Ferchau unterstützt die Hochschule<br />

Die Ferchau Engineering GmbH hat der Hochschule Kempten beim Erstellen<br />

der neuen Plattform »Wissensmanagement-Portal Informatikstudenten<br />

Kempten« geholfen. »Das Forum funktioniert nach dem Vorbild Wikipedia.<br />

Die Studenten registrieren sich und haben Zugriff auf das gesammelte<br />

Wissen«, erklärt der Initiator und Fachschaftssprecher Andreas Peter.<br />

Damit die angehenden Informatiker möglichst<br />

viele Artikel in der Datenbank generieren,<br />

hat die Ferchau-Niederlassung Kempten<br />

einen Anreiz geschaffen und eine Sony SmartWatch 3<br />

gesponsert. Die »smarte« Uhr wurde unter den Verfassern<br />

der Datenbank-Beiträge verlost. Ferchau<br />

Kempten arbeitet schon seit längerer Zeit mit der<br />

Hochschule zusammen und fördert Projekte der<br />

Hochschulgruppe Gesellschaft für Informatik. Die<br />

Aktion war ein großer Erfolg, weiß Ferchau-Personalreferent<br />

Rene Kieninger: »Mit der Verlosung konnten<br />

wir dazu beitragen, die Situation für die Studierenden<br />

hier in Kempten zu verbessern. Das freut uns sehr!«<br />

Die Preisverleihung fand in feierlichem Rahmen<br />

in der Niederlassung Kempten statt. Personalreferent<br />

Rene Kieninger überreichte der Gewinnerin Alexandra<br />

Dinh die Sony SmartWatch 3. Die Siegerin hat ihre<br />

neue »smarte« Uhr direkt ausprobiert. »Ich habe die<br />

SmartWatch 3 gewonnen, die Hauptgewinner sind<br />

aber eigentlich alle aktiven Nutzer, die zum Aufbau<br />

Kemptens Ferchau-Personalreferent Rene Kieninger bei der<br />

Überreichung des Siegerpreises in der Hochschule Kempten<br />

Fotos: Hochschule/Ferchau<br />

So vielseitig wie die Wirtschaft<br />

im Allgäu<br />

In und um Kempten sind nicht nur große Auto -<br />

mobilzulieferer und Nutzfahrzeug her steller angesiedelt,<br />

auch viele leistungsstarke und inno -<br />

vative Mittelständler finden sich hier, etwa aus<br />

dem Sondermaschinen-, Ver packungs ma -<br />

schinen- und Werkzeug ma schinen bau oder<br />

der Automatisierungs technik. Entsprechend<br />

breit aufgestellt ist auch Ferchau Kempten.<br />

Die Kemptener Niederlassung steht ihren<br />

Kunden in den Bereichen Maschinenbau,<br />

Elektrotechnik, IT, Werksplanung und Kon -<br />

struktion zur Seite. Von automatischen Portal -<br />

anlagen für komplexe Produktionsprozesse<br />

über große Werkzeugmaschinen bis zu<br />

hydraulischen, mechanischen oder elek -<br />

trischen Konstruktionsanpassungen für<br />

Sonder maschinen: Die Expertise der Konstrukteure,<br />

Ingenieure, Techniker, Software-Entwickler,<br />

SPS-Programmierer und Werksplaner ist<br />

in vielen Bereichen gefragt. Dabei sind sie<br />

entweder vor Ort im Team beim Kunden oder<br />

als Outsourcing-Dienst leister im eigens ein -<br />

gerichteten Technischen Büro bei Ferchau in<br />

Kempten im Einsatz.<br />

Für die Zukunft sieht Ferchau Kempten in der<br />

Region ein besonderes Potenzial im Bereich<br />

Automatisierungstechnik und Sonder ma -<br />

schine nbau: Effizienzgewinne und Individualisierung<br />

sind industrielle Megatrends, für die die<br />

Niederlassung bestens gerüstet ist.<br />

Derzeit arbeiten bei der Ferchau Engineering<br />

GmbH mehr als 6100 Ingenieure, IT-Con -<br />

sultants, Techniker und Technische Zeichner in<br />

über 70 Niederlassungen und Standorten<br />

sowie in mehr als 70 Technischen Büros<br />

(Stand 31. Dezember 2014). Weitere Informationen:<br />

www.ferchau.de<br />

der neuen Plattform beigetragen haben«, bedankt sie<br />

sich bei Deutschlands Marktführer im Bereich En -<br />

gineering-Dienstleistungen und bei Projektleiter Andreas<br />

Peter.<br />

Zum Abschluss des Semesters ist aus dem System<br />

eine vernetzte Wissensdatenbank für Informatiker<br />

geworden, die durch neue Beiträge, Dokumente und<br />

Informationen immer weiter wächst.<br />

Gewinnerin Alexandra<br />

Dinh mit ihrer Sony<br />

SmartWatch 3<br />

50<br />

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Handwerksbetrieb über Architekten und Bauunternehmern bis zu energietechnischen<br />

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Verbreitungsgebiet ausreichend Freiexemplare für ihre Verwaltungen,<br />

Bauämter und die Stadt- bzw. Gemeinderäte.<br />

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Regionale Berichte zu Energiezukunft und Klimaschutz


Brennholz<br />

Rund ums Brennholz<br />

Selber machen oder fertig kaufen?<br />

Foto: Rainer Sturm/pixelio.de<br />

Das knisternde Flammenspiel im Kaminofen ist für viele Deutsche der Inbegriff<br />

purer Gemütlichkeit. Wie kommt man aber zum Brennholz für den eigenen<br />

Ofen? Selbst im Wald holen, Meterware kaufen und selber herrichten oder fertiges<br />

Holz besorgen? Dann stellt sich noch die Frage: abholen oder liefern lassen?<br />

Die Motorsäge ist<br />

des Holz ma chers<br />

wichtigster Begleiter. Zu Hause<br />

das Brennholz selbst<br />

auf be reiten wird auch im<br />

Allgäu immer pupulärer<br />

Aus Freude am flackernden Feuer und aus<br />

Spaß an der Bewegung in der frischen Luft<br />

machen viele Hobby-Waldarbeiter ihr<br />

Brennholz im Forst selbst, anstatt es sich ofenfertig<br />

geschnitten ins Haus liefern zu lassen. Im Allgäu ist<br />

das aber aufgrund der großen Nachfrage nicht mehr<br />

so einfach. Zwei Forstbetriebsstellen sind in der Region<br />

zuständig für die Vergabe von Flächenlosen zur<br />

Selbstversorgung. In Sonthofen und Ottobeuren<br />

können sich die Interessenten melden. Die jeweiligen<br />

Revierleiter entscheiden dann, ob und wer unter welchen<br />

Bedingungen mit der Motorsäge »ausrücken«


Fotos: djd/Stihl; EDITION <strong>ALLGÄU</strong>; Biomassehof Allgäu; Volker Wille<br />

Brennholz beim Biohof Allgäu in Kempten abholen<br />

kann eine Beschäftigung für die ganze Familie sein<br />

darf. Beide Dienststellen berichten aber, dass es weit<br />

mehr Nachfrage gibt, als Holz zur Verfügung steht.<br />

Das gelte sowohl für den Staatsforst als auch für die<br />

Forstbetriebsgemeinschaften und den Privatwald.<br />

Über Meterscheite frei ab Waldweg wissen ebenfalls<br />

die Forstbetriebsstellen Bescheid. Ihnen ist meist<br />

gemeldet, wo welche Angebote verfügbar sind. Vielfach<br />

kennen auch die Forstbetriebsgemeinschaften<br />

und Revierförster aktuelle Angebote. Sinnvoll ist es auf<br />

jeden Fall auch, im Bekanntenkreis abzufragen, wo<br />

Privatwaldbesitzer aktuelle Angebote machen können.<br />

Auf jeden Fall sollte man als Interessent erfragen,<br />

wie lange der Einschlag der Meterware her ist und welche<br />

Lagerzeit nach der Verarbeitung zu ofenfertigem<br />

Meterscheite sind zur<br />

»Weiterverarbeitung« vorbereitet<br />

Selbst ausrücken – was muss man beachten?<br />

Wer die ursprünglichste Form der »Holzgewinnung« im Wald<br />

versuchen will, mit einem Outdoor-Erlebnis zu seinem Brenn -<br />

holz zu kommen, für den hat Mario Wistuba, Forstwirt -<br />

schaftsmeister und Produkttrainer beim Waiblinger Motor -<br />

gerätehersteller Stihl, einige Tipps parat.<br />

Wann ist der beste Zeitpunkt für den Brennholzeinschlag?<br />

Die Monate November bis März sind ideal, denn in der kalten<br />

Jahreszeit ist der Wassergehalt der Bäume am geringsten.<br />

Als Faustregel gilt, dass der nachwachsende Brennstoff nach<br />

dem Einschlag noch rund zwei Jahre trocknen muss, bis seine<br />

Restfeuchte unter 20 Prozent gesunken ist. Liegt der Wert<br />

höher, geht beim Heizen zu viel Energie verloren, der Schad -<br />

stoffausstoß steigt und der Kaminofen kann Schaden erleiden.<br />

Forstwirtschaftsmeister<br />

Mario Wistuba weiß,<br />

wo rauf es beim Brenn -<br />

holzmachen ankommt<br />

Wer kann im Forst selbst aktiv werden?<br />

Mit einem sogenannten Flächenlos erwerben Privatpersonen bei Landesforstbehörden oder<br />

kommunalen und privaten Forstbetrieben kostengünstig das Recht, bei Forstarbeiten übrig -<br />

gebliebenes Kronenholz bereits gefällter Bäume weiter zu bearbeiten oder selbst Bäume zu<br />

fällen. Die Teilnahme an einem Motorsägekurs ist in der Regel Grundvoraussetzung. Hier<br />

machen Fachleute die Teilnehmer in Theorie und Praxis mit Arbeitstechniken, Sicherheits -<br />

aspekten sowie mit Funktionen und Wartung einer Motorsäge vertraut. Neben der praktischen<br />

Anwendung stehen Spaß und gute Tipps auf dem Programm.<br />

Welche Hilfsmittel sind nützlich?<br />

Flexibilität bietet eine Motorsäge mit Benzin- oder mit leisem, abgasfreiem Akku-Antrieb. Wer<br />

das Holz direkt am Haus zurechtschneidet, für den eignet sich ein Modell mit Elektro-Antrieb. Der<br />

eigenen Sicherheit dient passende Schutzkleidung. Beim Fachhändler können Hobby wald arbeiter<br />

verschiedene Modelle ausprobieren und das für ihre Zwecke Passende finden. (djd/red)<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

53


Brennholz/Biomasse<br />

Holz ist nicht gleich Holz:<br />

Verschiedene Arten weisen<br />

unterschiedliche Heizwerte<br />

und Brenndauern auf.<br />

Nadelhölzer brennen<br />

schneller als Laubhölzer<br />

Holz zu Hause noch erforderlich ist. Für das Bestimmen<br />

des Feuchtigkeitsgehaltes ist ein Holzfeuchtemesser<br />

hilfreich. Er ist für wenig Geld im Handel erhältlich.<br />

Darüber hinaus sollte man den Lagerort genau<br />

erfragen und feststellen, ob und unter welchen Bedingungen<br />

der mit dem zur Verfügung stehenden Auto<br />

und Hänger zu erreichen ist. Wer sich die Abholung<br />

ersparen will und nur noch Meterware in die ofenfertige<br />

Länge selbst verarbeiten will, der hat die Wahl, die<br />

Scheite bei den Anbietern mit dem eigenen Fahrzeug<br />

abzuholen oder sich das Holz bequem frei Haus liefern<br />

zu lassen. Üblicherweise werden die Scheite bei den<br />

Anbietern als Bunde zu einem Ster verkauft.<br />

Am bequemsten ist es natürlich, gleich auf ofenfertiges<br />

Scheitholz zurückzugreifen. Hier gibt es eine<br />

ganze Reihe von regionalen Anbietern. Und auch die<br />

Auswahl ist vielfältig. Je nach Brennraum des Ofens<br />

gibt es Längen von 25, 33 und 50 Zentimetern. Gängige<br />

Holzarten sind Fichte, Kiefer, Buche, Birke,<br />

Esche und Eiche. Fichte und Kiefer sind preislich<br />

günstiger als die Laubhölzer. Wer sich dazu durchgerungen<br />

hat, fertig zu kaufen, sollte sich nicht nur mit<br />

den unterschiedlichen Preisen befassen, sondern<br />

auch die verschiedenen Angebotsformen kennen. Es<br />

gibt einige Internet-Portale, die regionale Anbieter<br />

vergleichend zusammenfassen oder sogar als Vermittler<br />

direkt zum Kauf anbieten. Zu beachten ist,<br />

dass recht unterschiedliche Kosten z.B. für Beladung<br />

und Lieferung (größtenteils Entfernungspauschalen)<br />

anfallen.<br />

Mustergültig informiert<br />

Ministerium würdigt Biomassehof Allgäu<br />

Wie können mittelständische Betriebe ihr Engagement für die Umwelt besser nach<br />

außen tragen? Der Biomassehof Allgäu macht es vor. Sein Internetauftritt wird im<br />

neuen Themenportal »Marketing mit Umweltthemen – Tipps für Ihren Betrieb« des<br />

Bayerischen Landesamts für Umwelt online als Musterbeispiel genannt.<br />

Nicht nur der Internet-Auftritt des Biomassehofes Allgäu ist<br />

ausgezeichnet – auch die Anlagen sind vorzeigbar<br />

Fotos: Biomassehof Allgäu<br />

Der Biomassehof Allgäu versorgt nicht nur über<br />

10.000 Kunden mit Holzbrennstoffen aus der<br />

Region. »Auf der Internetseite des Biomassehofes<br />

erfahren die Kunden unter dem Menüpunkt<br />

‚Nachhaltigkeit‘ überzeugend, welchen Stellenwert eine<br />

nachhaltige Holznutzung für den Biomassehof Allgäu<br />

hat und wie der Kunde durch die Nutzung von heimischem<br />

Holz einen Beitrag zum Umweltschutz leisten<br />

kann«, so Kristin Petersen von der B.A.U.M. Consult<br />

GmbH, die im Auftrag des bayerischen Staatsministeriums<br />

für Umwelt und Verbraucherschutz bayernweit<br />

nach Musterbeispielen recherchierte. Folgende Kapitel<br />

führen den interessierten Online-Nutzer tiefer in die<br />

Materie ein:<br />

- So bleibt Ihr Geld in der Region<br />

- Nachhaltige Wald- und sinnvolle Holznutzung


Anzeigen<br />

Die Maßeinheiten und Preise<br />

Der Raummeter (rm) oder Ster ist ein Raum maß für Holz und die ge bräuch -<br />

lichs te Maßeinheit beim Han del mit Brenn holz. Ein Raummeter (ein Ster)<br />

entspricht einem Wür fel von einem Meter Seiten länge, also einem Rauminhalt<br />

von einem Kubik meter geschich teter Holzmasse einschließlich der Zwischen -<br />

räume in der Schichtung.<br />

Der Schüttraummeter (srm) ent spricht einer lose geschütteten Holzmenge<br />

von einem Kubik meter.<br />

Ein Kubikmeter Holz ohne Zwischen räume ist der Festmeter (fm).<br />

Der Verband für Holzwirtschaft gibt folgende Umrechnung bekannt:<br />

1,0 Festmeter (fm) = 1,4 Raummeter/Ster (rm) = 2,5 Schüttraummeter (srm)<br />

0,7 Festmeter (fm) = 1,0 Raummeter/Ster (rm) = 1,8 Schüttraummeter (srm)<br />

0,4 Festmeter (fm) = 0,56 Raummeter/Ster (rm) = 1,0 Schüttraummeter (srm)<br />

Die Holzpreise sind je nach Jahreszeit und Ver fügbarkeit recht<br />

unterschiedlich. Im Inter net lassen sich die Preise tages aktuell vergleichen.<br />

Mobiles Handbuch<br />

Mit der praktischen App »Handbuch Brenn holz machen« kann der Hobby -<br />

waldarbeiter auf dem iPhone oder dem iPad sogar noch im Wald die richtigen<br />

Schritte im Umgang mit der Motorsäge nachschlagen. Der digitale Ratgeber<br />

bietet nicht nur einen Einblick in die zehn Regeln zum Holzmachen, sondern<br />

stellt auch die unterschiedlichen Werkzeuge für die Arbeit im Forst vor. Zudem<br />

gibt es Hinweise für die passende Schutzkleidung und die richtige Lagerung<br />

des Brennholzes.<br />

allgäu <strong>ALTERNATIV</strong><br />

jetzt auch<br />

online lesen!<br />

www.allgaeu-alternativ.de<br />

- Bewirtschaftete Wälder – gut für den Klimaschutz<br />

- Im Allgäu wächst genug Holz nach!<br />

- Holz verbrennt CO2-neutral<br />

- Energiewende im Allgäu!<br />

»Anfassbare« Zahlen<br />

Dabei werden auch Zusammenhänge erläutert,<br />

die nicht allgemein bekannt sind. »Wer weiß schon,<br />

warum es sinnvoll für den Umweltschutz ist, Wälder<br />

aktiv zu bewirtschaften? Nur nachwachsendes Holz<br />

entzieht der Atmosphäre CO2. Mit zunehmendem<br />

Baumalter nimmt diese Fähigkeit immer mehr ab«, so<br />

Gerald Härtlein. Der Diplomvolkswirt und Texter legt<br />

großen Wert darauf Zahlen anschaulich aufzubereiten:<br />

»Allein das Duracher Forstrevier um Kempten entzieht<br />

der Atmosphäre 78.000 Tonnen CO2. Das ist<br />

dreimal so viel, wie alle Berufsein- und -auspendler<br />

der Stadt Kempten mit ihrem Auto ausstoßen. So kann<br />

sich jeder vorstellen, wie wichtig bewirtschaftete Wälder<br />

sind.«<br />

Infos:<br />

Portal: www.izu.bayern.de/marketing_kmu/<br />

Biomassehof Allgäu eG<br />

Riederau 1<br />

87437 Kempten<br />

Tel. 0831/540 273-0<br />

Fax 0831/540 273-120<br />

info@biomassehof.de<br />

www.biomassehof.de<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

55


Medien<br />

Wie wir morgen leben<br />

Geschichten vom Umgang<br />

mit der Welt<br />

Lassen die täglichen Horror -<br />

meldungen eigentlich noch<br />

Hoffnung auf ein Morgen zu?<br />

Und wenn ja, wie können wir<br />

die gewaltigen Heraus for -<br />

derungen hinsichtlich der<br />

ökologischen, sozialen und<br />

ökonomischen Probleme<br />

lösen? Die Zukunft heißt: Ein<br />

jeder muss erst einmal vor der<br />

eigenen Haustür kehren!<br />

»Geschichten vom guten<br />

Umgang mit der Welt« ist der<br />

Untertitel von »Futurzwei«,<br />

einem vom Umfang wie vom<br />

Inhalt her gewichtigen Buch.<br />

In 82 Geschichten gelungener<br />

Praxis, in denen nicht mehr<br />

über die Verhältnisse gelebt<br />

wird, präsentiert Futurzwei<br />

Handlungsoptionen und<br />

Vorbilder für eine gerechte<br />

Zukunft und eine enkel -<br />

taugliche Gesellschaft, fernab<br />

von Katastrophen und wirt -<br />

schaftlichen Wachstumsraten.<br />

Harald Welzer berichtet von<br />

Men schen, die einfach<br />

begonnen haben, anders zu<br />

handeln als gewohnt.<br />

Menschen, die ihr Hirnkastl in<br />

Be wegung gesetzt haben, um<br />

aus den gewohnten Gleisen<br />

her aus zutreten. Da stellt eine<br />

Firma aus Gras Kunststoff her.<br />

In Neuburg an der Donau soll<br />

die Abwärme aus dem Indus -<br />

trie gebiet künftig die gesamte<br />

Stadt heizen. Auch Abwasser<br />

kann Wärme liefern. Es geht<br />

zugleich im kleinen Rahmen.<br />

Das Veränderungs atelier »Bis<br />

es mir vom Leibe fällt«<br />

veredelt Kleider und rettet als<br />

Attacke auf die Ver schwen -<br />

dung Kleider vor der Ver -<br />

gessenheit. Kün stler er -<br />

richteten in einem leer -<br />

stehenden Gebäude in<br />

Augsburg das »Grandhotel<br />

Cosmopolis«. Flüchtlinge,<br />

Künstler und Reisende leben<br />

dort unter einem Dach. Welzer<br />

berichtet ebenso über Wild -<br />

poldsried, um vor der eigenen<br />

Haustür zu bleiben – das Dorf<br />

im Oberallgäu, das längst<br />

energetisch autark ist.<br />

Dass sich selbst im Sport Wege<br />

auftun, um es besser als andere<br />

zu machen, zeigen die Spieler<br />

des 1. FC Mainz 05 den<br />

Anhängern. Mit technischen<br />

Einsparungen, CO ² -Kompen -<br />

sation und Anstachelung von<br />

Fans und Spielern hat es Mainz<br />

zum ersten klimaneutralen<br />

Fußballbundesligaverein ge -<br />

bracht. Jeder, der will, kann<br />

auch etwas tun. Das zeigen die<br />

Beispiele in Futurzwei, einem<br />

Almanach des Erfolgs, der<br />

keineswegs mit mahnend<br />

erhobenem Finger daher -<br />

kommt, sondern sich richtig<br />

spannend und amüsant lesen<br />

lässt. Welzer setzt auf die Kraft<br />

der vielen, größtenteils gänz -<br />

lich unrevolutionären Bei -<br />

spiele, von denen man immer<br />

wieder erzählen muss, bis sie<br />

in den Köpfen der Menschen<br />

eine eigene Aha!-Idee zünden.<br />

Warum sollte heute nicht mehr<br />

gelingen, was einst als<br />

»Allmende« begann? Land, das<br />

weder öffentliches noch pri -<br />

vates Eigentum war, wurde von<br />

der Gemeinschaft gemeindlich<br />

genutzt. Warum nicht heute?<br />

Die Wirtschafts-Nobelprei s -<br />

trägerin Elinor Ostrom wies<br />

nach, wie natürliche Res sour -<br />

cen nachhaltig und friedlich<br />

genutzt werden können.<br />

Inzwischen beschäftigen sich<br />

zahlreiche Universitäten mit<br />

dem Thema »Urban Mining«.<br />

Mit steigenden Rohstoff -<br />

preisen werden abgelegte<br />

Konsum- und Produktions -<br />

güter oder Industrie abfälle zu<br />

neuen Rohstoff-Stätten.<br />

Gleiches trifft auch auf<br />

»Landfill-Mining« zu – die<br />

gezielte Suche nach brauch -<br />

baren Materialien in längst<br />

vergrabenen Mülldeponien.<br />

Der Autor Harald Welzer (57)<br />

ist Mitbegründer und Direktor<br />

der gemeinnützigen Stiftung<br />

»Futurzwei«. Er studierte<br />

Soziologie, Politische Wissen -<br />

schaft und Literatur an der<br />

Universität Hannover, wurde<br />

dort 1988 in Soziologie<br />

promo viert und habilitierte<br />

sich 1993 in Sozialpsychologie<br />

sowie 2001 in Soziologie. Die<br />

Co-Autorinnen haben mit<br />

ausgezeichneten Artikeln zum<br />

Thema um die »Material -<br />

schlacht« und Zukunfts -<br />

strategien »Wie es werden<br />

könnte« zu diesem höchst<br />

informativen Zukunfts-<br />

Almanach beigetragen.<br />

Thomas Niehörster<br />

Harald Welzer, Dana Giesecke,<br />

Luise Tremel (Hrsg.), FUTURZWEI<br />

Zukunftsalmanach <strong>2015</strong>/<strong>16</strong>,<br />

Geschichten vom guten Umgang<br />

mit der Welt, 544 Seiten, Fischer<br />

Taschenbuch 03049, <strong>16</strong>,99 Euro,<br />

ISBN 978-3-596-03049-1<br />

Klimaanpassung<br />

im Detail<br />

Strategien in Stadt- und<br />

Regionalentwicklung<br />

Die Folgen des Klimawandels<br />

sind unübersehbar: Hoch -<br />

wasser an Flüssen nach plötz -<br />

lichen Starkregen, Niedrig -<br />

wasser in Folge von Trocken -<br />

perioden, Hitzeinseln in<br />

Städten bei anhaltend hohen<br />

Temperaturen oder Gebäude -<br />

schäden durch Hagel oder<br />

Stürme. Die Aufzählung ließe<br />

sich fortführen. Allen Bei -<br />

spielen ist gemein, dass sie das<br />

Leben der Menschen beein -<br />

flussen und zum Teil mit<br />

enormen Schäden verbunden<br />

sind. Doch unabhängig davon,<br />

ob Wetterextreme plötzlich<br />

auftreten oder sich Klima -<br />

faktoren langsam verändern,<br />

lautet die Frage: Wie können<br />

wir unsere Städte und Re -<br />

gionen auf die sich wandeln -<br />

den Rahmenbedingungen<br />

vorbereiten?<br />

Dieser Band zeigt Instrumente<br />

und Maßnahmen, die in<br />

der Stadt- und Regionalent -<br />

wicklung dazu beitragen kön -<br />

nen, den Herausfor der ungen<br />

des Klimawandels zu be -<br />

gegnen. Innovative Ansätze für<br />

die Zukunft und Überleg un -<br />

gen zu grundlegenden Para -<br />

dig men wechseln ergänzen das<br />

Spektrum der Beiträge. Neben<br />

theoretischen Grundlagen und<br />

Forschungsansätzen illus -<br />

trieren Beispiele aus der Praxis<br />

mögliche Maßnahmen zur<br />

Klimaanpassung in Städten<br />

und Regionen.<br />

Jörg Knieling leitet das Fach -<br />

gebiet Stadtplanung und Re -<br />

gionalentwicklung der Ha -<br />

fenCity Universität Hamburg.<br />

56<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Anzeigen<br />

Er forscht nach Leitbildern<br />

und Strategien in Stadt- und<br />

Regionalplanung, Klima wan -<br />

del und Raument wicklung.<br />

Bernhard Müller ist Raum -<br />

planer und Geograf. Er ist<br />

Direktor des Leibniz-Instituts<br />

für ökologische Raum ent -<br />

wicklung. An der TU Dresden<br />

hat er einen Lehrstuhl für<br />

Raumentwicklung.<br />

J.Knieling und B.Müller (Hrsg.),<br />

Klimaanpassung in der Stadt- und<br />

Regionalentwicklung, Ansätze,<br />

Instrumente, Maßnahmen und<br />

Beispiele, 462 Seiten Ökom Verlag<br />

München, 39,95 Euro,<br />

ISBN 9783-86581-703-7<br />

Wasserland Bayern<br />

Nachhaltige Wasserwirtschaft<br />

in Bayern<br />

Bayern ist ein »Wasserland«.<br />

Mehr als 100.000 Kilometer<br />

Bäche und Flüsse durchziehen<br />

das Land. Zusammen mit der<br />

Natur an ihren Ufern bilden<br />

sie ein Netzwerk von Lebens -<br />

räumen für viele Tier- und<br />

Pflanzenarten. Für die Ge -<br />

wässer als Lebensraum setzt<br />

die EG-Wasserrahmenricht -<br />

linie neue<br />

Maßstäbe. In Bayern werden<br />

viele Gewässer re na turiert,<br />

auch die Energie gewinnung<br />

aus Wasserkraft, die im Zuge<br />

der Energiewende natürlich im<br />

Fokus steht, wird Stück für<br />

Stück umweltver träglicher<br />

gestaltet. Die Bro schüre zeigt<br />

Beispiele dafür – zur<br />

Nachahmung empfohlen!<br />

Jeder Einzelne ist gefordert,<br />

mit unserem flüssigen Schatz<br />

ver ant wortungsvoll umzu -<br />

gehen. Die Broschüre des<br />

bayerischen Staatsminis -<br />

teriums für Umwelt und<br />

Gesundheit will das nötige<br />

Wissen hierfür vermitteln.<br />

Wasserland Bayern; Broschüre<br />

des Umweltministeriums Bayern;<br />

www.wasser.bayern.de; 6. Auflage;<br />

124 Seiten; kostenlos zu bestellen:<br />

Tel. 089 122220, E-Mail:<br />

direkt@bayern.de<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

57


Bauen<br />

Ein Haus ganz aus Holz<br />

Regionales Wohnkonzept für die Zukunft<br />

Ist es möglich, mit ökologischen Materialien ein modernes und energieeffizientes Haus<br />

zu bauen? Ja! Den Beweis erbringt ein KfW-Effizienzhaus in Aichstetten. Dass der<br />

Neubau fast komplett aus Holz erstellt wurde, ist auf den ersten Blick nicht erkennbar.<br />

Die Bauherren setzten von der Tragkonstruktion bis zur Wärmedämmung in Dach,<br />

Wand und Boden konsequent auf den natürlichen und nachwachsenden Rohstoff Holz.<br />

Auf den ersten Blick erkennt<br />

man kaum, dass das neue<br />

Haus in Aichstetten »aus<br />

einem Guss« in Holz hergestellt<br />

und gebaut wurde<br />

Die junge Bauherrschaft aus Aichstetten bei<br />

Memmingen wünschte sich ein umweltfreundliches<br />

Eigenheim mit gesunden und<br />

hellen Innenräumen. Als die Planung im Jahr 2014<br />

endlich beginnen konnte, war deshalb schnell klar,<br />

dass sie hauptsächlich auf den Rohstoff Holz setzen<br />

werden. Sie entschieden sich für die Massivholzbauweise,<br />

gedämmt mit Holzfaserdämmstoffen von der<br />

Firma Pavatex, einer Schweizer Weltfirma mit einer<br />

deutschen Vertretung in Leutkirch. Die gewählte Konstruktion<br />

erfüllt die Anforderungen der KfW und erreicht<br />

den Standard KfW-Effizienzhaus 55. Die<br />

Bauherren konnte deshalb von einem zinsverbilligten<br />

Darlehen in Höhe von 50.000 Euro und 2500 Euro<br />

Tilgungszuschuss profitieren.<br />

Ökologie von Anfang bis Ende<br />

Bei der ökologischen Beurteilung von Baustoffen<br />

ist es wichtig, dass der gesamte Lebenszyklus betrachtet<br />

wird: von der Rohstoffgewinnung über die Produktion,<br />

die Nutzung im Bauwerk bis zur Entsorgung, die<br />

spätere Generationen einmal erledigen müssen. Mit<br />

Holz erbaute und gedämmte Häuser schneiden in vieler<br />

Hinsicht im Vergleich zu anderen Baumaterialien<br />

sehr gut ab und leisten auf vielfältige Weise einen Beitrag<br />

zum Klimaschutz. So bestehen die Holzfaserdämmplatten<br />

von Pavatex genauso wie die Massivholzwände<br />

aus dem natürlichen Rohstoff Holz. Sie<br />

werden aus Resthölzern hergestellt, die in Sägewerken<br />

als Nebenprodukt anfallen. Verbautes Holz trägt dazu<br />

bei, die CO 2 -Konzentration in der Atmosphäre zu senken,<br />

da es während seines Wachstums CO 2 aufgenommen<br />

und gebunden hat. Verbaute Dämmstoffe bewirken,<br />

dass der Heizenergiebedarf von Gebäuden markant<br />

sinkt. Und am Ende ihrer Lebensdauer können<br />

die Holzfaserdämmstoffe sogar kompostiert oder thermisch<br />

verwertet werden, künstliche Dämmstoffe hingegen<br />

werden meist zu Sondermüll. Der renommierte<br />

internationale Verein natureplus bestätigt die Umweltfreundlichkeit<br />

der Pavatex-Holzfaserplatten: Er verlieh<br />

den Dämmstoffen nach strengen Prüfungen sein Gütesiegel.<br />

Wohnkomfort in allen Jahreszeiten<br />

Die Umweltfreundlichkeit der Bauweise bedeutet<br />

nicht, dass die Bewohner Einbußen beim Komfort in<br />

Kauf nehmen müssten. Ganz im Gegenteil: Dank des<br />

hohen Flächengewichtes und der porösen Struktur der<br />

Massivholzwände und der Dämmstoffe sind die Innenräume<br />

sehr gut vor Kälte, Hitze und Lärm geschützt.<br />

Die Holzfaserplatten sind in der Lage, anfallende<br />

Wärme zu speichern und erst mit einer großen<br />

Verzögerung wieder nach außen abzugeben. Dadurch<br />

bleiben die Innenräume in der Sommerhitze angenehm<br />

kühl. Auch um die Gesundheit müssen sich die<br />

Bewohner keine Sorgen machen: Die Dämmstoffe beinhalten<br />

keinerlei Schadstoffe und sorgen für ein gesundes<br />

Innenraumklima.<br />

58<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Fotos: Pavatex<br />

Atmungsaktive Außenwände<br />

Das Einfamilienhaus in Aichstetten profitiert von<br />

der Diffusionsoffenheit der Konstruktion: Wasserdampfmoleküle<br />

können durch die natürliche Holz -<br />

faserstruktur nach außen gelangen. Die Wirkungsweise<br />

lässt sich mit der von atmungsaktiver Sportbekleidung<br />

vergleichen und bietet auch dieselben Vorteile:<br />

Durch den Wasserdampftransport können Feuchtespitzen<br />

im Innenraum ausgeglichen werden. Zusätzlich<br />

verhindern die Dämmstoffe im Gegensatz etwa zu<br />

geschlossenporigen Materialien größere Tauwasser -<br />

ansammlungen in der Konstruktion und daraus resultierende<br />

Schimmelbildungen.<br />

Putz auf der Holzfaserplatte<br />

Die Massivholzkonstruktion des Einfamilienhauses<br />

ist nicht auf den ersten Blick erkennbar, denn die<br />

Fassade ist zum Teil verputzt. Als Putzträgerplatte kam<br />

der Holzfaserdämmstoff Pavawall-Bloc in einer Dicke<br />

von 20 Zentimetern zum Einsatz. Die Dämmplatten<br />

wurden mit speziellen Dämmstoffdübeln auf dem<br />

Massivholz-Untergrund befestigt und anschließend<br />

mit einem mineralischen System verputzt. Ein solches<br />

Wärmedämmverbundsystem hat eine Lebensdauer<br />

von mehr als 50 Jahren, das haben Untersuchungen<br />

des Fraunhofer-Institutes ergeben. Die Holzfaserplatten<br />

verfügen über eine hohe Druckfestigkeit und sind deshalb<br />

sehr stabil. Abgestellte Fahrräder oder spielende<br />

Kinder können der Putzoberfläche nichts anhaben.<br />

Sogar kleinere Lasten wie Briefkästen und Außenbeleuchtungen<br />

können mit handelsüblichen Dübeln direkt<br />

in der Dämmplatte befestigt werden. Zudem ist<br />

auch die Gefahr von Algen- und Pilzbefall an der<br />

Putzfassade deutlich geringer als bei herkömmlichen<br />

Dämmstoffen.<br />

Schutz vor allen Wettern<br />

Für die Dämmung des Daches kam ein Aufsparrendämmsystem<br />

ebenfalls aus dem Hause Pavatex<br />

zum Einsatz. Direkt auf die Schalung über den Sparren<br />

wurde die Dachschalungsbahn DSB2 verlegt. Diese<br />

übernimmt die wichtige Funktion der Luftdichtigkeitsschicht.<br />

Darüber wurden zwei Lagen der Dämmplatte<br />

Pavatherm mit einer Stärke von 100 Millimetern<br />

angebracht, und den äußeren Abschluss bildet die Unterdeckplatte<br />

Isolair 35. Sämtliche Dämm- und Dichtsysteme<br />

sind vom Schweizer Hersteller optimal aufeinander<br />

abgestimmt. Sie stellen die Luftdichtigkeit<br />

der Gebäudehülle sicher, sind aber gleichzeitig diffusionsoffen.<br />

Der Wasserdampfdiffusions-Widerstand<br />

der verwendeten Systeme nimmt stets von innen gegen<br />

außen ab. Das erforderliche Austrocknungspotenzial<br />

ist also jederzeit gegeben, und die Bauteile sind<br />

damit optimal geschützt. Der Hersteller gibt darauf sogar<br />

eine Systemgarantie. Die Unterdeckplatte ist als<br />

Bauzeitabdichtung drei Monate dicht und hält auch<br />

stärksten Unwettern und Hagelschlägen stand.<br />

Angenehme Innenräume dank Holz<br />

Auch im Innenraum wurde das Holz-Konzept<br />

konsequent weiterverfolgt. Die Installationsebene an<br />

der Außenwand wurde mit der Dämmplatte Pavatherm-Profil<br />

mit einer Stärke von 60 Millimetern ausgebildet.<br />

Für eine gute Wärme- und Trittschalldämmung<br />

unter dem Nassestrich mit Fussbodenheizung<br />

sorgen zwei Lagen Pavaboard mit ebenfalls 60 Millimetern<br />

Stärke. Die Trennwände wurden in einer Holzständer-Konstruktion<br />

erstellt, die mit 80-Millimeter-<br />

Platten gedämmt und mit einer Innenausbauplatte<br />

vom gleichen Hersteller verkleidet sind.<br />

Das Aichstetter Einfamilienhaus ist sozusagen<br />

aus »einer Hand« errichtet worden. Das ist ein Wunsch -<br />

traum vieler Bauherren. Denn oft werden die verschiedensten<br />

Werkstoffe unterschiedlicher Hersteller kombiniert.<br />

Verwendet man Baumaterial unterschiedlicher<br />

Hersteller, kann es passieren, dass die Dimensionen<br />

und die Anschlüsse nicht zusammenpassen oder die<br />

Materialien nicht aufeinander abgestimmt sind. Diese<br />

Schwierigkeiten vermeidet man, wenn man einen Spezialisten<br />

mit einem breiten, modernen und ökologisch<br />

orientierten Portfolio in der Planungsphase rechtzeitig<br />

mit einbindet.<br />

In der Bauphase konnte man<br />

zeitweise noch genau die<br />

verwendeten Massivholzkon -<br />

stru ktionen und die Dämmstoffe<br />

aus Holzprodukten erkennen<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

59


Bauen und Sanieren<br />

Ohne Energieverlust lüften<br />

Moderne Anlagen sinnvoll einsetzen<br />

Noch immer wird im Neubau-Bereich,<br />

vor allem aber bei Altbausanierungen<br />

das Thema Wohnraumlüftung zu oft<br />

vernachlässigt. Dabei sind die Gebäudehüllen<br />

mit den steigenden Energie -<br />

effizienz-Anforderungen deutlich dichter<br />

geworden. Wer nicht alle zwei Stunden<br />

seine Fenster aufreißen und sich kalte<br />

Luft im Winter oder Hitze im Sommer<br />

in die Wohnräume holen will, setzt auf<br />

eine moderne Lüftungsanlage. Zentral<br />

oder dezentral? Das ist die Frage, vor<br />

der insbesondere Besitzer von Altbauten<br />

bei der Sanierung ihrer Gebäude stehen.<br />

Dr. Ulrich Werkmeister und seine Frau Marie-<br />

Luise kennen das Vorurteil und können<br />

darüber jetzt nur lachen: Wer eine Lüftungsanlage<br />

in seinem Haus hat, darf die Fenster nicht mehr<br />

öffnen, glauben nach wie vor viele Menschen. »So ein<br />

Quatsch«, meint Marie-Luise Werkmeister. »Ich kann<br />

das Fenster öffnen, aber ich muss es nicht – das ist der<br />

feine Unterschied.« Als die Werkmeisters vor ein paar<br />

Jahren ihr Haus in Isny sanierten, war ihnen schnell<br />

klar, dass der Einbau einer Lüftungsanlage wesentlicher<br />

Bestandteil der Generalsanierung sein muss.<br />

»Wir haben die Entscheidung noch keinen Tag bereut«,<br />

betont Marie-Luise Werkmeister – wegen des<br />

besseren Raumklimas, aber auch wegen der Energieeinsparung.<br />

»Wer im Winter über die Fenster lüftet,<br />

jagt die ganze Energie, die er sich durch die Dämmung<br />

spart, gleich wieder zum Fenster hinaus.«<br />

Fenster als Energieschleudern<br />

In alten Häusern besteht oft ein permanenter<br />

Luftaustausch durch undichte Fenster. Diese unkontrollierte<br />

Lüftung führt aber auch zu unnötig hohen<br />

Energieverlusten, vor allem bei windigem Wetter,<br />

wenn es richtig zieht. Mit dem Einbau neuer Fenster,<br />

wie sie die Energieeinsparverordnung vorgibt, oder<br />

bei einem Neubau reduziert sich der Wärmeverlust,<br />

aber auch der Luftaustausch. Dann ist eine ausreichende<br />

Lüftung für den Wohnkomfort unverzichtbar – hygienisch<br />

notwendig und auch wichtig, um Bauschäden<br />

wegen einer zu hohen Luftfeuchtigkeit zu vermeiden.<br />

Lüftungsanlagen sind daher in gut gedämmten Neubauten<br />

und energetisch sanierten Altbauten eine sinnvolle<br />

– und komfortable – Alternative zur klassischen<br />

Fensterlüftung. Die Anlagen sorgen zuverlässig für<br />

eine gleichbleibend hohe Raumluftqualität bei einem<br />

geringen Energieverbrauch. Dabei werden Luftschadstoffe<br />

und hohe Kohlendioxyd-Konzentrationen sicher<br />

abgeführt und die Luftfeuchtigkeit auf ein unschädliches<br />

Maß begrenzt.<br />

Die Allergiker atmen auf<br />

Die Fenster müssen in der Heizperiode nicht<br />

mehr geöffnet werden, Außenlärm und Außenluftschadstoffe<br />

bleiben ausgesperrt. Durch Filter kann zudem<br />

die einströmende Luft von Staub und Pollen gereinigt<br />

werden – Allergiker atmen auf. Und es gibt<br />

noch weitere Vorteile: Auch bei Abwesenheit der<br />

Bewohner oder unter ungünstigen Wetterverhältnissen<br />

sorgen Lüftungsanlagen für die notwendige Mindestlüftung.<br />

Dadurch wird die Restfeuchte des morgendlichen<br />

Duschens sicher abgeführt, ohne das Einbruchrisiko<br />

durch geöffnete Fenster zu erhöhen. Die<br />

einfachste Form der kontrollierten Wohnungslüftung<br />

sind einfache Abluftsysteme. Ein zentraler Ventilator<br />

saugt die Luft aus Bad, Küche und WC ab. Gleichzeitig<br />

strömt frische Luft über Zuluft-Öffnungen in den<br />

60<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Die Aus- und Eintritts -<br />

öffnungen der hauseigenen<br />

Lüftungsanlage fallen<br />

am Bau kaum auf<br />

Fotos: Eza!, Angelina S./Pixelio<br />

Wänden oder Fensterrahmen in die Wohn- und<br />

Schlafräume. Der große Nachteile dieser Lösungen:<br />

Die Wärme der verbrauchten Luft wird nicht genutzt.<br />

Die Wärme doppelt nutzen<br />

Ganz anders bei einer zentralen Komfortlüftungsanlage<br />

mit Wärmerückgewinnung. Das Gerät<br />

wird an einem zentralen Ort, zum Beispiel im Keller,<br />

im Speicher oder im Hauswirtschaftsraum aufgestellt.<br />

Die verbrauchte Raumluft wird dabei kontinuierlich<br />

über Rohrleitungen und Abluftöffnungen in Bad, WC<br />

und Küche abgesaugt. Diese warme, verbrauchte Luft<br />

dient dann zur Vorwärmung der frischen Luft, die<br />

ganz langsam über Zuluftventile in die Wohn- und<br />

Schlafräume eingelassen wird. Bei diesem System können<br />

zum Teil über 90 Prozent der in der verbrauchten<br />

Luft enthaltenen Wärme mithilfe von Wärmetauschern<br />

zurückgewonnen werden. Der Energie -<br />

verbrauch der in der Anlage eingebauten Ventilatoren<br />

ist dabei äußerst gering. Die Vorteile einer Lüftungsanlage<br />

liegen also auf der Hand. Und wie sieht es mit<br />

lästigen Nebengeräuschen und unangenehmen Zuglufterscheinungen<br />

aus? Bei gut geplanten und fach -<br />

gerecht eingebauten zentralen Lüftungsanlage ist vom<br />

laufenden Betrieb so gut wie nichts zu hören, betont<br />

Steffen Riedel vom Energie- und Umweltzentrum Allgäu.<br />

An den richtigen Stellen im Rohrleitungssystem<br />

platzierte Schalldämpfer sorgen laut Riedel für eine<br />

ungetrübte Frischluftzufuhr. Ist die Anlage richtig eingestellt,<br />

sind auch die Luftströme nicht zu spüren, fügt<br />

der eza!-Experte hinzu.<br />

Was passiert im Altbau?<br />

Fotos: Angelina S./pixelio.de<br />

Während sich im Neubaubereich der Einbau einer<br />

zentralen Komfortlüftungsanlage anbietet, ist bei<br />

der Altbausanierung eine nachträgliche Verlegung<br />

von Rohrleitungen oft mit hohem Aufwand verbunden.<br />

Hier bietet sich als Alternative der Einbau kleiner,<br />

dezentraler Lüftungsgeräte in einzelnen Räumen an –<br />

am besten auch mit einer Wärmerückgewinnung, die<br />

jedoch in der Regel nicht den Effizienzgrad zentraler<br />

Lüftungsanlagen erreicht. Inzwischen sind zahlreiche<br />

Fabrikate auf dem Markt wie zum Beispiel »die Pendellüfter«<br />

(Riedel) von Inventer oder LTM, die abwechselnd<br />

und paarweise die vorgewärmte Außenluft<br />

in die Wohnräume blasen und die Abluft wieder absaugen.<br />

Möglichst leise sollten die Geräte arbeiten,<br />

eine ausreichende Luftaustauschquote garantieren und<br />

eine hohe Wärmerückgewinnung aufweisen – darauf<br />

sollte man laut Riedel bei der Entscheidung für eines<br />

der angebotenen Systeme achten.<br />

Als Alternative dazu gibt es eine Mischung zwischen<br />

dezentralen und zentralen Lüftungsanlagen.<br />

Beispielsweise lassen sich mit den Lüftungsgeräten<br />

von Blumartin und Melten mit vergleichsweise geringem<br />

Aufwand mehrere Räume anschließen. Daher<br />

eignet sich das System auch für die Altbausanierung.<br />

Nebenbei erfüllt das Blumartin-Gerät die strengen<br />

Kriterien des Passivhaus-Instituts Darmstadt – insbesondere<br />

in puncto Wärmerückgewinnung – und sorgt<br />

mit acht integrierten Sensoren, die unter anderem den<br />

CO 2 -Gehalt und die Luftfeuchtigkeit messen, für eine<br />

bedarfsgerechte Wohnraumlüftung. Letzteres ist ein<br />

wichtiger Aspekt, denn eine zu hohe Luftaustauschquote<br />

kann im Winter eine sehr niedrige Luftfeuchtigkeit<br />

zur Folge haben, was als unangenehm empfunden<br />

wird und zu Reizungen der Schleimhäute führen<br />

kann.<br />

…und noch ein Tipp<br />

Dieses Altbau-Fenster wirkt<br />

auf den ersten Blick sehr<br />

romantisch, rein energetisch<br />

gesehen ist es jedoch eine<br />

Energieschleuder<br />

Eza!-Berater Steffen Riedel empfiehlt: »Wie jedes<br />

andere technische Gerät sollte auch eine<br />

Lüftungsanlage regelmäßig gewartet werden<br />

– am besten alle ein bis zwei Jahre. Dazu zählen<br />

der Filterwechsel und die Reinigung der<br />

Luftkanäle. Dann«, so der eza!-Experte,<br />

»kann man sich stets an der frischen Luft in<br />

den Räumen erfreuen.« Weitere Infos unter<br />

Telefon 0831/960286-50 oder www.eza.eu<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

61


Klimawandel<br />

Starkregen ließ in Fischen 2006<br />

die Iller über die Ufer treten<br />

Immer mehr Starkregenfälle<br />

Auswirkungen auch im Allgäu spürbar<br />

Weltweit haben extreme Regenfälle in den vergangenen 30 Jahren zu immer neuen Rekorden<br />

geführt. Auch bei uns im Allgäu stellen wir eine deutliche Zunahme solcher Starkregen fest,<br />

die bei uns häufig mit Vb-Wetterlagen und im Zusammenhang mit Schneeschmelze<br />

vorkommen. Die Starkregen sind oft begleitet von heftigen Blitzeinschlägen. Aber auch<br />

vermehrte Hitzeperioden wie dieses Jahr im Juli/August werden uns zunehmend zu schaffen<br />

machen. Wir stellen Ergebnisse des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung vor.<br />

Land unter in Tiefenbach-<br />

Wasach, verursacht<br />

durch von der Breitach<br />

Bis 1980 lassen sich Schwankungen in der<br />

Häufigkeit von Starkregen mit natürlichen<br />

Faktoren erklären, für die jüngste Zeit aber<br />

haben Wissenschaftler vom Potsdam-Institut für<br />

Klima folgenforschung einen klaren Aufwärtstrend bei<br />

solchen zuvor nie dagewesenen Wetter-Ereignissen<br />

ausgemacht. Diese Zunahme passt zum Anstieg der<br />

globalen Mitteltemperatur, die verursacht wird von<br />

Treibhausgasen aus dem Verbrennen von Kohle und<br />

Öl. Sturzbachartige Regenfälle können zu folgenschweren<br />

Überschwemmungen führen.<br />

Schlimme Hochwasser im Allgäu<br />

Seit 1997 haben sich in Deutschland nicht weniger<br />

als drei sogenannte Jahrhundertfluten ereignet, also<br />

innerhalb von nur wenigen Jahren. In allen betroffenen<br />

Regionen hat die Regenmenge, die an einem Tag zu<br />

Boden stürzte, örtliche Rekorde gebrochen, erklärt Jascha<br />

Lehmann vom Potsdam-Institut. Wir erinnern<br />

uns im Allgäu an die Hochwässer von 1999, den Bergsturz<br />

an der Starzlach, bei dem seinerzeit Teile von Tiefenbach<br />

bei Oberstdorf überschwemmt wurden, und<br />

an die Illerhochwasser z.B. 2005, die Sonthofen und das<br />

Seifener Becken fluteten und Kempten an den Rand ei-


Fotos: Volker Wille, Wolfgang Rausch, Viola Elgaß, Markt Oberstdorf, Archiv EDITION <strong>ALLGÄU</strong><br />

Wie hier in Sonthofen<br />

schluckte die Kanalisation<br />

die massiven Regenfälle<br />

2006 nicht mehr<br />

ner Katastrophe brachen. Auch der große Bergrutsch<br />

am Immenstädter Horn 2006 und die Schlammlawine<br />

in Oberstdorf in diesem Jahr, die Schaden in Millionenhöhe<br />

anrichtete, wurden durch starke Regenfälle<br />

verursacht. Jedes dieser Ereignisse hat eine ganze Reihe<br />

von verschiedenen Auslösern, aber insgesamt sehen<br />

wir bei diesen so nie dagewesenen Unwettern einen<br />

klaren Trend: Sie nehmen zu.<br />

Zunahme um zwölf Prozent<br />

Eine statistische Analyse von Regendaten aus den<br />

Jahren 1901 bis 2010, gewonnen aus Tausenden von<br />

Wetterstationen weltweit, zeigt für den Zeitraum seit<br />

1980 einen Anstieg solcher Ereignisse um zwölf<br />

Prozent, verglichen mit einem Szenario ohne Klimawandel.<br />

Weil der Trend nach oben weist, beträgt die<br />

Zunahme von Rekord-Regenfällen im letzten der untersuchten<br />

Jahre sogar 26 Prozent, so Lehmann.<br />

Diese Rekorde brechende Abnormität ist auf den<br />

Kontinenten der Erde unterschiedlich ausgeprägt;<br />

feuchte Regionen wie unser Allgäu erleben eine stärkere<br />

Zunahme, trockene eine weniger starke. In den<br />

Ländern Südost-Asiens wurde eine Zunahme von Rekord-Regenfällen<br />

um volle 56 Prozent verzeichnet, in<br />

Europa um 31 Prozent. Andere Regionen hingegen<br />

beobachten eine Abnahme von Rekord-Regen. Im<br />

Mittelmeer-Raum beträgt diese Abnahme 27 Prozent,<br />

im Westen der USA 21 Prozent. Beide Regionen sind<br />

von Trockenheit bedroht.<br />

Warme Luft – mehr Regen<br />

Eine statistische Analyse kann keine direkte physikalische<br />

Ursache-Wirkung-Beziehung liefern. Deshalb<br />

haben die Wissenschaftler ihre Ergebnisse mit<br />

dem bereits vorhandenen Wissen verglichen, wie viel<br />

mehr an Wasser eine wärmere Atmosphäre speichern<br />

kann; erfasst wird dies mit der Clausius-Clapeyron-<br />

Gleichung. Das Mehr an Feuchtigkeit in der Luft kann<br />

bei kurzfristigen Regenfällen freigesetzt werden. Die<br />

Forscher zeigen, dass die beobachtete Zunahme von<br />

nie dagewesenem Starkregen tatsächlich zu dem passt,<br />

was man durch den Einfluss der globalen Erwärmung<br />

rein thermodynamisch erwarten würde. Hier tut sich<br />

wieder eine Gefahr speziell für unser Allgäu auf: Die<br />

Vb-Wetterlagen<br />

Im Falle einer Vb-Wetterlage (Klassifikation<br />

nach van Bebber, 1891) liegt in höheren<br />

Luftschichten ein sogenannter Tiefdrucktrog<br />

über West- und Mitteleuropa, d.h., die<br />

Höhenströmung verläuft in einer lang -<br />

gestreckten engen Kurve (Mäander) vom<br />

Nordatlantik kommend zunächst südwärts,<br />

um dann über Südeuropa scharf nach<br />

Norden umzubiegen und schließlich über<br />

Mitteleuropa nordwärts auszugreifen. Die<br />

Entstehung und Verlagerung von Hoch- und<br />

Tiefdruckgebieten im Bodenniveau wird von<br />

dem Strömungsverlauf in den höheren<br />

Atmosphärenschichten verursacht und<br />

gesteuert.<br />

Eine ausgeprägte spätsommerliche Vb-Lage<br />

führte zum Elbehochwasser 2002 mit einer<br />

24-stündigen Regensumme von 312 Milli -<br />

metern. Vb-Lagen entwickeln sich bevorzugt<br />

im Frühling und <strong>Herbst</strong>, wenn es zu einem<br />

intensiven Luftmassenaustausch zwischen<br />

den kalten nördlichen und warmen südlichen<br />

Breiten kommt. Sie können prinzipiell jedoch<br />

zu allen Jahreszeiten auftreten und gehören<br />

zu den eher seltenen Wetterlagen.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

63


Klimawandel<br />

Feuerwehr errichtet 2005 eine<br />

Sandsacksperre in Sonthofen<br />

Die letzte Umweltkatastrophe<br />

betraf <strong>2015</strong> den Oberstdorfer<br />

Ortsteil Dummelsmoos<br />

Erhöhung der Durchschnittstemperaturen wirkt sich<br />

auf die typische Allgäuer Landwirtschaft aus – auf die<br />

Grünland-Wirtschaft. Nicht nur, dass, wie sich in diesem<br />

Sommer zeigte, das Wachstum des Grases unterbrochen<br />

wurde: Es gibt langfristig auch Auswirkungen<br />

auf die Rinderhaltung.<br />

Probleme für die Rinderhaltung<br />

Ähnlich Menschen atmen und schwitzen Kühe<br />

stärker und nehmen mehr Wasser auf als bei ihrer<br />

Wohlfühltemperatur, die bei etwa 4 bis 15 Grad Celsius<br />

liegt. Der Hitzestress wirkt sich unmittelbar auf<br />

Millionen wurden<br />

in den letzten Jahren<br />

in die Hochwas ser -<br />

freilegung investiert<br />

die Leistung milchgebender Kühe aus, beispielsweise<br />

durch weniger Milchinhaltsstoffe und eine verringerte<br />

Milchabgabe. Bei hohen Temperaturen nehmen Kühe<br />

auch weniger Futter auf, um eine weiteres Aufheizen<br />

ihrer ohnehin gestiegenen Körpertemperatur zu verhindern.<br />

Anerkannte Klimamodelle gehen davon aus,<br />

dass sich die mittlere Temperatur bis zum Jahr 2050


um 1,5 bis 2 Grad Celsius erwärmen und die Häufigkeit<br />

extremer Wetterlagen zunehmen wird. Klar ist:<br />

Tiere leiden genau wie Menschen unter Hitze. Schon<br />

seit einigen Jahren forschen Wissenschaftler am<br />

Leibniz-Institut für Nutztierbiologie Dummerstorf<br />

(FBN) an den Auswirkungen zunehmender Hitzeperioden<br />

auf den Stoffwechsel und die Fruchtbarkeit<br />

von Milchkühen.<br />

Abhilfe: Treibhausgase reduzieren<br />

Der Trend zu vermehrten Rekord-Regenfällen ist<br />

beunruhigend. Weil dieser Trend mit der vom Menschen<br />

verursachten globalen Erwärmung über -<br />

einstimmt, kann er auch vom Menschen wieder gedreht<br />

werden – nämlich, wenn sie den Ausstoß von Treibhausgasen<br />

aus fossilen Brennstoffen rasch reduzieren.<br />

Selbst kleine Bäche wie der<br />

Fleschermühlbach bei Werden -<br />

stein werden bei Hochwasser<br />

zur Gefahr für Gebäude<br />

Das Machbare und die<br />

Grenzen der Vorsorge<br />

Immenstadts Bürgermeister<br />

Armin Schaupp<br />

Armin Schaupp, Bürgermeister der Stadt<br />

Immenstadt und Fachmann für Wetter- und<br />

Katastrophenschutz, beurteilt die Lage<br />

bei uns im Allgäu:<br />

»Sollten die Klimaforscher Recht behalten, haben<br />

wir uns auf eine höhere Wahrscheinlichkeit von<br />

extremen Niederschlagsereignissen einzustellen<br />

mit den entsprechenden Auswirkungen. Das sind<br />

Erdrutsche, Muren und Überschwemmungen. Wie<br />

kann Vorsorge getroffen werden?<br />

Dies soll aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Einmal<br />

von der Seite einer Kommune und zum anderen von privater Seite her.<br />

Zunächst müssen wir uns im Klaren sein, dass es absolut sichere Standorte<br />

für Gebäude nicht gibt, sondern nur risikoärmere und risikoreichere.<br />

Daher sollten Kommunen die Ergebnisse der Hochwasser- und Bergrutsch-<br />

Gefahrenanalyse in ihrer Bauleitplanung berücksichtigen und bei Ausweisung<br />

neuer Baugebiete die risikoreichen Zonen von Bebauung oder anderer<br />

hochwertiger Nutzung freihalten.<br />

Ein Problem ist, dass in der Vergangenheit darauf aber weniger geachtet wur de<br />

und viele Gebäude in diesen höheren Risikozonen stehen. Darüber hinaus<br />

wurden Siedlungsgebiete in höheren Risikozonen erst möglich gemacht durch<br />

technische Schutzmaßnahmen, die aber ebenfalls nur einen relativen Schutz<br />

schaffen können. Besonders kritisch wird es immer dann, wenn die Überlas t ung<br />

eines technischen Schutzsystems zu dessen Zerstörung führt. Um die sem<br />

Risiko entgegenzuwirken, wurden zum Beispiel die Hochwasser schutz deiche der<br />

Iller im Seifener Becken mit einer Innensperre versehen. Eine Wir kung, die<br />

daraus resultiert, ist, dass die Deiche in einem Überlastungsfall eine wesent lich<br />

längere Standsicherheit aufweisen, weil sie nicht ausgespült werden können.<br />

Ferner ist zu beachten, welche Vorwarnzeiten realistisch sind. Besonders<br />

risikoreich sind Bereiche neben Bergen oder Geländeausschnitten.<br />

Gewitterzellen oder auch Niederschlagsschwerpunkte innerhalb einer Genua-<br />

Tieflage sind detailörtlich nicht prognostizierbar, und hier gibt es im Prinzip<br />

keine Vorwarnzeit. Die öffentliche Hand kann hier kaum Schutz schaffen, da<br />

dies weder technisch noch finanziell zu leisten wäre – das kleinste Rinnsal<br />

entwickelt sich bei diesen Wetterlagen innerhalb kürzester Zeit zu einem<br />

reißenden Sturzbach.<br />

Hier helfen nur kluge, vorausschauende private Vorsorgemaßnahmen. Das<br />

kann bedeuten, dass man beim Bau auf Kellerfenster verzichtet oder Erd -<br />

geschoss-Eingangsbereiche hochzieht, sodass Schlamm und Wasser um das<br />

Haus schadlos herumgeführt werden können. Darüber hinaus kann ich nur<br />

zum Abschluss einer Gebäudeversicherung raten, um ein verbleibendes Rest -<br />

risiko aufzufangen.<br />

Über eines müssen wir uns wirklich bewusst sein: Öffentliche Schutzbauten<br />

werden darauf ausgelegt, dass sie im Schnitt einmal in hundert Jahren<br />

überlastet werden. Dieser statistische Wert wurde aber aus der Rückwärts -<br />

betrachtung ermittelt. Sollten die Prognosen der Klimaforscher eintreffen,<br />

dann wird sich die Eintreff-Wahrscheinlichkeit erheblich erhöhen.«


Natur<br />

Hans Geiger aus Leuten bei<br />

Waltenhofen hat sich auf seltene<br />

Schafarten spezialisiert und<br />

bietet ihnen eine neue Heimat<br />

Schaf ist nicht gleich Schaf<br />

Heimische und fremde Rassen auf dem Geigerhof<br />

Ein Schaf? »Das ist weiß, frisst viel und schaut dumm.« Dass es außer diesen Klischees,<br />

die er selbst humorvoll zitiert, noch viel mehr mit den Fellträgern zu erleben gibt,<br />

zeigt Hans Geiger auf seinem Hof in Leuten bei Waltenhofen. Faszinierend, welcher<br />

Reichtum an Rassen sich über Jahrtausende im Zusammenspiel von Tier und Mensch<br />

entwickelt hat, genau angepasst an bestimmte Umgebungen und Lebensbedingungen.<br />

Wahrlich ein »dickes Fell« haben<br />

die freilaufenden Vierbeiner auf<br />

dem Hof (Foto unten). Weniger<br />

dick ist das Fe derkleid der<br />

gerade ge schlüpf ten Enten<br />

(Foto unten rechts)<br />

In einer Welt, die immer digitaler und abstrakter<br />

wird, suchen Menschen gerne nach den Ursprüngen,<br />

nach den Quellen des Lebens. Besonders Kinder<br />

lassen sich von der »Wirklichkeit« faszinieren.<br />

Lebendige Tiere, insbesondere auch solche, die unser<br />

Allgäu über Jahrhunderte »bevölkert« haben, findet<br />

man auf dem Geigerhof, und beim Hoffest können sie<br />

hautnah erlebt werden. Der Streichelzoo für Kinder<br />

war ein riesiger Erfolg. Sage und schreibe 30 alte<br />

Schaf-Rassen waren zu sehen, darunter 13, die auf der<br />

roten Liste der GEH (Gesellschaft der Erhaltung aussterbender<br />

Haustierrassen) stehen. Vom »Scottish<br />

Blackface« bis zum Jakobsschaf mit seinen vier Hörnern,<br />

vom kleinen Ouessantschaf aus Frankreich bis<br />

zum rumänischen Wallachenschaf. Auch die dazu -<br />

gehörigen Hütehunde waren dabei.<br />

18 Wollsorten gab es zu sehen und anzufassen in<br />

verschiedenen Arbeitsschritten: von roh bis gekämmt,<br />

gesponnen und gefilzt. Beim Fest wurde der Hof von<br />

3000 Besuchern regelrecht überrannt. Uff. Das war, bei<br />

aller Freude über dieses geballte Interesse, ein bisschen<br />

viel für Mensch und vor allem Tier. Drum wird das<br />

erst mal eine einmalige Veranstaltung bleiben.<br />

Dem Hof seiner Familie, auf dem er aufgewachsen<br />

ist, eine ehemalige klassische Kuhhaltung, hat Geiger<br />

ein neues Gesicht gegeben. In Zukunft wird er sich<br />

auf wenige Schaf-Rassen konzentrieren, sagt er. Das ist<br />

als Basis das Bergschaf, lange im Alpenraum heimisch,<br />

Fotos: Markus Noichl


Ein typischer Allgäuer<br />

Bauernhof in der Nähe<br />

von Waltenhofen fand<br />

eine neue Bestimmung<br />

inzwischen aber vom Aussterben bedroht. Sein langes<br />

Fell gibt es in braun, schwarz, weiß und gescheckt. Diese<br />

Vielfalt wurde gezüchtet, um verschiedene Woll -<br />

farben zur Herstellung von Loden zu bekommen.<br />

Ein dickes Fell hat auch das Walliser Schwarznasenschaf.<br />

Diese trittsicheren Tiere, rund um das Matterhorn<br />

verbreitet, haben noch mehr zu bieten: Hier<br />

tragen auch die weiblichen Tiere einen stattlichen<br />

Kopfschmuck. Weit ausladend ragen ihre gedrehten<br />

Hörner wehrhaft zur Seite, während die kräftigen<br />

Schnecken der Widder mehr am Kopf sitzen. Das sei<br />

eine »zufriedene Rasse«, die auch Tiere anderer Herkunft<br />

bei sich dulden, beschreibt sie Geiger.<br />

Faszinierend sei, dass jede Rasse ihren eigenen<br />

Charakter mitbringt. Das »Scottish Blackface« etwa sei<br />

»platzbeherrschend« und dominant bis rabiat. Wenn<br />

andere Rassen ihm nicht ausweichen können, etwa im<br />

Winter im Stall, gebe es Probleme und sogar Verletzungen.<br />

Geiger hat beobachtet, dass manche Rassen als Einzelgänger<br />

unter »Fremden« zurechtkommen, manche<br />

aber nicht und dann »seelisch leiden«. Überfremdung<br />

wird ganz unterschiedlich empfunden. Eine Beobachtung,<br />

die man ja auch bei Menschen machen kann.<br />

Behalten möchte Geiger das quirlige Ouessantschaf.<br />

Ein kleines Kraftpaket. »Das war der geilste Widder,<br />

den ich je erlebt habe«, erzählt er grinsend von diesem<br />

Bock. Spezialisten wie das »Shropshire« knabbern<br />

keine Bäume an. Aus dem neugeborenen Nachwuchs<br />

des persischen Karakulschafs, makaber, werden die<br />

Persianermäntel gefertigt. Fettschwanz-Schafe haben<br />

unter dem Schwanz einen Höcker aus Fett, von dem<br />

sie in kargen Zeiten zehren. Im Orient wird dieser wabbelnde<br />

Fettschwamm als Delikatesse aufgetischt.<br />

Nicht nur Schafe gibt es auf dem Hof, sondern<br />

auch zwei Esel, Lara und Oktavia, und Federvieh, nämlich<br />

bayerische Landgänse, Laufenten und Hühner.<br />

Auch hier haben alte Rassen Vorrang. Eine steirische<br />

Sulmtaler Henne brütet gerade auf 13 Eiern. Die Stadt<br />

Kempten hat für nächstes Weihnachten zur lebenden<br />

Krippe schon Interesse angemeldet. Markus Noichl<br />

Beim Hoffest waren Besucher<br />

herzlich willkommen.<br />

Der An drang war überwältigend<br />

Kontakt<br />

hof.geiger@t-online.de<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

67


Pioniere/Mächler<br />

Nicht einfach nur Plastik<br />

Vom Segelflugzeug zum Spritzguss<br />

Aus einer 1903 gegründeten Schreinerei, die in den 1950er-Jahren<br />

»nebenher« Segelflugzeuge namens »Geier« baute, entwickelte sich<br />

in Nesselwang-Wank ein hochmodernes Werk für die Verarbeitung<br />

von Kunststoffen. Die Firma Allgaier Kunststoffverarbeitung GmbH<br />

& Co. KG ist ein mittelständisches, von der Inhaberfamilie in dritter<br />

Generation geführtes Unternehmen.<br />

Verschiedene Bauphasen kennzeichnen die<br />

Firmengeschichte der Allgaiers. Mehrfach<br />

wurde erweitert, wurden neue Produktionsstätten<br />

in Wank errichtet. Nach der Fertigung von<br />

technischen Produkten aus Holz begann für Allgaier<br />

1969 das »Kunststoff-Zeitalter« mit der Verarbeitung<br />

von Polyurethan. Die erste Produktionshalle entstand<br />

1976. Nach erstem Einsatz von Spritzguss begann 1980<br />

der Sandwichspritzguss. 1993 und 1998 erfolgten Erweiterungsbauten,<br />

u.a. entstand das Verwaltungsgebäude.<br />

Und heute drehen sich wieder die Baukräne<br />

über dem Ortsteil an der B309.<br />

68<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Fotos: Archiv Fa. Allgäier<br />

Hochmotivierte Mitarbeiter<br />

Die namhaften Kunden kommen aus dem Bereich<br />

Haushaltsgeräte, aus dem Reha- und Medizinbereich,<br />

dem Sport und der Fahrzeugausstattung. In<br />

Nesselwang wird zudem für die Sparten Bürozubehör<br />

und den Maschinenbau produziert. Rund 90 top<br />

qualifizierte und hochmotivierte Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter garantieren durch ihr Engagement<br />

und ihr technisches Know-how die hohe Qualität der<br />

von Allgaier hergestellten Produkte.<br />

Von der ersten Idee des Kunden unterstützt<br />

Allgaier die Entwicklung Schritt für Schritt bis zu<br />

Fertigung, Montage und Versand des Produktes. Unter<br />

Einsatz modernster Methoden sowie der CAD/<br />

CAM- und Simulationstechniken können nicht nur<br />

die entsprechenden Werkzeuge entwickelt werden.<br />

Vorbeugend wird vorab nach eventuellen Problemstellen<br />

geforscht, um spätere kostenintensive Änderungen<br />

zu verhindern. Um das Optimum eines Produktes<br />

zu erreichen, wird bei Allgaier nicht nur das<br />

bestgeeignete, kostengünstigste Material vorgeschlagen,<br />

es muss auch nach Gesichtspunkten hinsichtlich<br />

der Optik, Haptik und der Mechanik vorausgedacht<br />

werden.<br />

Kernkompetenz Spritzguss<br />

Allgaier tätigt große Investitionen, um den Werkzeugbau<br />

auf dem aktuellsten Stand zu halten. Was immer<br />

ein Kunde für die Herstellung seines Produktes<br />

benötigt, wird bei Allgaier entwickelt und konstruiert.<br />

Damit behält das Unternehmen die Kontrolle von der<br />

Entwicklung bis zum fertigen Produkt in eigener<br />

Hand, und es wird die gleichbleibende Qualität eines<br />

Formteils auch über lange Produktionszyklen garantiert.<br />

Die zentrale Aufgabe von Allgaier ist primär die<br />

Herstellung von technischen Kunststoffen in kleinen<br />

bis großen Serien. Automatisierte Prozessabläufe erfüllen<br />

höchste Ansprüche an die Qualität. Eine zentrale<br />

Materialtrocknungs- und Förderungsanlage,<br />

hochmoderne Spritzgießmaschinen mit automatisierten<br />

Handling-Systemen zählen zu den Stärken der<br />

Fertigung. Dank des gut ausgerüsteten Maschinenparks<br />

ist es für das Unternehmen möglich, die passende<br />

Lösung auch für spezielle Wünsche zu realisieren.<br />

Qualität bedeutet für Allgaier, dass die Kunden zurückkommen<br />

und nicht die Ware.<br />

Kurzinfo<br />

Allgaier Kunststoff verar beit ung GmbH & Co. KG<br />

Wank 2, 87484 Nesselwang<br />

Gesellschafter: Max Allgaier, Bernhard Allgaier,<br />

Christoph Allgaier, Thomas Allgaier<br />

Verantwortung für die Zukunft<br />

Mit der Einführung des Energiemanagement -<br />

systems wollen wir den Umgang mit Energie<br />

optimieren und die Energieeffizienz unserer<br />

Unternehmensprozesse verbessern. Gegen -<br />

über Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und<br />

der Gesellschaft bekennen wir uns zu unserer<br />

Verantwortung im Umwelt- und Klimaschutz.<br />

Die Flugzeug-Schreinerei Allgaier<br />

in Nesselwang-Wank hat sich<br />

heute zu einem modernen<br />

Kunststoff-Formenhersteller<br />

weiterentwickelt<br />

Kontinuierliche Verbesserung des spezi -<br />

fischen Energieverbrauchs, die Verpflichtung,<br />

den Verbrauch von Energieressourcen so<br />

gering wie möglich zu halten und mit den<br />

Ressourcen so effizient wie möglich<br />

umzugehen, definiert unsere gemeinsame<br />

Grundphilosophie. Aus diesem Grund sehen<br />

wir die Einführung des Energiemanagements<br />

als eine Investition für die Zukunft.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

69


Pioniere/Mächler<br />

Geier mit nassen Flügeln<br />

Die »Wiederansiedlung« ist geglückt<br />

Im Mai trafen sich stolze Geier-Besitzer in Durach. Sie kamen jedoch nicht<br />

mit jenen lebendigen Geiern, die man am nackten Hals erkennt, sondern<br />

mit Oldtimer-Segelflugzeugen. Die Allgäuer »Geier« wurden in den 1950er-<br />

Jahren in Nesselwang von der Firma Allgaier gebaut. Den Ursprüngen<br />

des Vogels ist unser Mitarbeiter Thomas Niehörster nachgegangen.<br />

Oben: historische Aufnahme<br />

eines Geier-Segelflugzeugs bei<br />

der Erprobung in den 1950er-<br />

Jahren auf dem Flugplatz<br />

in Memmingen<br />

Josef Allgaier, ein Schreinergeselle und Mächlar<br />

aus Nesselwang-Wank im Allgäu, konstruierte<br />

Anfang 1950 ein Segelflugzeug. Obschon<br />

durch die Alliierten das Fliegen noch verboten war,<br />

beschloss Allgaier, ein streckentaugliches Flugzeug zu<br />

bauen. Die Rumpflänge sollte acht Meter, die Flügelspannweite<br />

rund 18 Meter betragen – ungewöhnlich<br />

große Maße für die Zeit unmittelbar nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg. Die Kenntnisse vom Segelflugzeugbau<br />

hatte Allgaier als Zulieferer und bei der Teilfertigung<br />

des Segelflugzeuges »Grunau-Baby« erlangt, das heute<br />

noch bei vielen Oldtimerveranstaltungen anzutreffen<br />

und eines der weltweit am häufigsten gebauten Segelflugzeuge<br />

ist. Wenn auch selten, gibt es noch fünf flugtaugliche<br />

Geier, die sich in diesem Jahr in der alten<br />

Heimat versammelt haben.<br />

Geier sind anmutige Flieger<br />

Die heutigen Besitzer eines Geier-Segelflugzeugs<br />

sind begeistert von den angenehmen Flugeigenschaften,<br />

der herausragend guten Sicht und dem bequemen<br />

Cockpit. Zur damaligen Zeit war das nicht selbstverständlich<br />

für ein Holzflugzeug. Der Erstflug mit dem<br />

ehemaligen Jagdflieger und Testpiloten Alois Obermeier<br />

im Cockpit fand im Februar 1955 auf dem Flugplatz<br />

in Memmingen statt. Er lobte das leicht zu fliegende<br />

Hochleistungsflugzeug, das auf Wettbewerben<br />

keine Konkurrenz zu fürchten brauchte. Leider war<br />

die Vermarktung des Geiers ein großes Problem. Allgaier<br />

war es nicht gelungen, für die Segelflug-Weltmeis -<br />

terschaft 1958 einen Top-Piloten der Segelfliegerei als<br />

Werbeträger zu gewinnen, da sie alle schon unter Vertrag<br />

standen.<br />

Ein preiswerter Bausatz<br />

Josef Allgaier musste sich in der Folge auf den<br />

Bau weniger Exemplare beschränken und fertigte Bausätze<br />

seines Flugzeuges. In diese Bausatzproduktion<br />

war auch die Westallgäuer Luftsportgruppe in Lindenberg<br />

einbezogen. Einen dieser Gesamt-Bausätze erwarb<br />

auch die Luftsportgruppe Kempten für seinerzeit<br />

5000 DM. Die 8500 DM für einen flugfertigen Geier<br />

waren dem Verein zu viel. Heinz Thalhammer hatte<br />

die Leitung des Zusammenbaus im Verein übernommen,<br />

und so konnten nach kurzer Bauzeit die Vereinspiloten<br />

Englisch, Lausmann und Rauh das Segelflug-<br />

70 allgäu<strong>ALTERNATIV</strong>


Beim ersten Treffen der historischen Geier-Segler auf dem Flugplatz in Durach:<br />

ein Geier im Flugzeugschlepp (Foto oben) und drei gut erhaltene, flugfähige Geier<br />

der 1950er-Jahre aus der Produktion des Nesselwanger Allgaier-Werkes<br />

Fotos: Thomas Niehörster, Archiv Fa. Allgaier, LSG Kempten-Durach<br />

zeug zu vielen Wettbewerben mitnehmen. Diese Piloten<br />

begründeten damit die erfolgreiche sportliche Vergangenheit<br />

der Luftsportgruppe Kempten, die sich seit<br />

zwei Jahren Luftsportgruppe Kempten-Durach nennt.<br />

Entdeckung in Südengland<br />

Fast 55 Jahre später, im Jahr 2009, entdeckte der<br />

heutige Vorsitzende der Luftsportgruppe, Erwin Seibold,<br />

zusammen mit seinem Enkel David auf einer<br />

Reise in Südengland genau jenen Geier, der von der<br />

Luftsportgruppe gebaut wurde. Mit Unterstützung der<br />

Familie Allgaier kam das Flugzeug noch im selben<br />

Jahr wieder in sein altes Nest zurück. Gerührt konnten<br />

sich Josef Allgaier, seine Frau Sina und viele alte Vereinsmitglieder<br />

über das heimkehrende Flugzeug freuen.<br />

Der Vorbesitzer, der Engländer Rick Fretwell, hatte<br />

den Segler nie geflogen, weil er mit seinen zwei Metern<br />

Körperlänge zu groß für das Cockpit war…<br />

Der wirtschaftliche Druck des Segelflugzeugbaus<br />

lastete in den 1950er-Jahren zu groß auf der Familie<br />

Allgaier, sodass sie die Fertigung aufgeben musste. Insgesamt<br />

wurden vom Geier 1 und dem Nachfolger<br />

Geier 2 insgesamt rund 20 Stück gefertigt, die meisten<br />

jedoch von einer Firma, die von Allgaier die Lizenz<br />

dazu erhalten hatte.<br />

Ein Geier als Denkmal<br />

Dr. Claudia Gallikowski, promovierte Biologin<br />

im hessischen Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft<br />

und Forsten, ist begeisterte Besitzerin und Pilotin<br />

eines der alten Geier-Segelflugzeuge. Sie kam auf<br />

die Idee, alle noch fünf existierenden Geier-Segelflugzeuge<br />

zum 1. Mai <strong>2015</strong> nach Kempten-Durach kommen<br />

zu lassen. Gastgeber wurde die dortige Luftsportgruppe.<br />

An diesem 1. Mai konnten nicht nur die<br />

Geier- Segelflugzeuge besichtigt werden. Auch der riesige<br />

Kranich und der kleine Spatz, beides Segelflug-<br />

Oldtimer, sind hier dauerhaft ausgestellt. Die LSG ist<br />

bemüht, den Geier beim Bayerischen Denkmalschutzamt<br />

als »bewegliches Kulturgut« anerkennen zu lassen,<br />

was ihm den Status eines Denkmals gewähren würde.<br />

Leider machte dauerhafter Starkregen im Mai einen<br />

Strich durch die Rechnung für die angesagten Stre -<br />

ckenflüge und Kunstflugvorführungen. Wenigstens<br />

konnte Dr. Claudia Gallikowski ihren Vortrag über die<br />

gefiederten einheimischen Geier halten.<br />

Gast beim ersten Geier-Treffen<br />

in Durach war Bernhard<br />

All gaier, der Sohn des Geier-<br />

Erbauers Josef A. Allgaier<br />

(Foto ganz oben)<br />

Darunter Dr. Claudia Gallikowski<br />

mit ihrem Geier. Sie hatte die<br />

Idee, alle noch existierenden<br />

Geier nach Durach einzuladen<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

71


Mächler-Story<br />

Glockengeläut und Särge<br />

Trotz guter Ideen gescheitert<br />

Das Allgäu war auch schon in früheren Zeiten Mächler- und Pionierland.<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong> blättert immer wieder in Gemeindearchiven auf der Suche<br />

nach Persönlichkeiten und Produkten, die damals Aufsehen erregt haben. In Hegge<br />

fand der Ortschronist Manfred Böck Aufzeichnungen den Fall des Erfinders und<br />

Elektrotechnikers Fritz Höltl (1876 – 1938).<br />

Rechts: Fritz Höltl mit Frau und<br />

Tochter Frieda.<br />

Unten: der Begräbniswagen<br />

von Fritz Höltl beim Test<br />

Fotos: Gemeindearchiv Hegge<br />

In die Schlagzeilen geraten war Fritz Höltl mit einer<br />

Erfindung, die gleichzeitig das Ende seiner Laufbahn<br />

als Geschäftsmann bedeutete: Bei der Premiere<br />

seines Begräbniswagens mit Sargversenkung<br />

ging alles schief, was schiefgehen konnte. Auf dem<br />

evangelischen Friedhof unter der Burghalde in Kempten<br />

sollte der angesehene Kraftwerksbesitzer Adolf<br />

Böhm im Beisein von viel Prominenz beerdigt werden.<br />

Die Erfindung von Fritz Höltl war ein Begräbniswagen,<br />

der mit dem Sarg über das offene Grab gefahren<br />

wurde und dann an Gurten langsam abgesenkt<br />

werden konnte. Nun befand sich die Grabstätte aber<br />

direkt an der Friedhofsmauer. Der Wagen wurde über<br />

die Grube gefahren, beim Absenken musste Höltl<br />

einem Mauervorsprung ausweichen, der Sarg kam aus<br />

dem Gleichgewicht und polterte samt Inhalt kopfüber<br />

nach unten. Nach diesem Eklat war der Begräbniswagen<br />

nicht mehr zu vermarkten und der Erfinder blamiert<br />

und am Ende.<br />

Dabei hatte Fritz Höltl seine Karriere als Erfinder<br />

und Geschäftsmann in Hegge so hoffnungsvoll begonnen.<br />

Er setzte auf die damals noch junge Elektrifizierung<br />

und entdeckte eine Marktlücke, die er erfolgreich<br />

ausfüllte: Er konstruierte eine elektrische Kirchen -<br />

glocken-Läutemaschine mit automatischem Klöppelfänger.<br />

Für diese Erfindung bekam er Gebrauchsmusterschutz<br />

und das Deutsche Reichspatent. 1912 eröffnete<br />

Fritz Höltl ein Geschäft in Hegge. Bereits 1915 baute<br />

er an der Fischener Straße in Hegge ein imposantes<br />

Gebäude, in dem er die Läutwerke baute. Die Geschäfte<br />

gingen gut. 1918 und 1923 wurden die Fabrikationsgebäude<br />

erweitert und neue Maschinen angeschafft.<br />

1926 beschäftigte Höltl schon 20 Arbeiter, einen<br />

Ingenieur, einen Buchhalter und eine Sekretärin. Er<br />

selbst reiste viel, um Kirchenämter von seiner Erfindung<br />

zu überzeugen und seine Läutwerke in den Kirchen<br />

einzubauen. In den Akten in Hegge befinden<br />

sich Aufzeichnungen über Läutwerke in der Basilika<br />

St. Matthias in Trier, in den Stadtpfarrkirchen in Wangen,<br />

Calw, Partenkirchen, Saaburg, Esslingen, Oberlenningen,<br />

St. Rupertus in München und St. Ludwig<br />

in Ludwigshafen. Es gab aber wohl noch viele Kirchengemeinden<br />

mehr, die auf der Kundenliste des<br />

Werkes in Hegge standen.<br />

1929 ereignete sich der Börsenkrach in New<br />

York, und die Weltwirtschaftskrise begann. Für den<br />

Unternehmer aus Hegge hatte das zur Folge, dass immer<br />

weniger Kirchengemeinden Geld für die Umrüstung<br />

auf die Höltlschen Läutwerke hatten. Es gab sogar<br />

Kunden, die ihr Läutwerk nicht mehr bezahlen


Ein Werbefoto für die elektrische<br />

Kirchenglocken-Läutemaschine<br />

mit automatischem Klöppel -<br />

fänger, konstruiert von Fritz Höltl<br />

konnten. Zeitgleich traten mehrere Konkurrenten auf.<br />

Ihre Konstruktionen waren nicht so aufwendig gebaut<br />

wie die aus Hegge und deshalb deutlich billiger. Fritz<br />

Höltl erkannte das schnell und machte sich an die<br />

Konstruktion einfacherer Läutwerke. In dieser Zeit<br />

aber konnte er keine Geschäfte machen. Die Schulden<br />

häuften sich, eine Lösung musste her.<br />

Zusammen mit seinen Schwiegersöhnen aus<br />

Werdenstein und Niedersonthofen und mit dem<br />

Glockengießermeister Andreas Hirt aus Hegge gründete<br />

er 1930 das Bavaria-Werk. Die neuen Läutwerke<br />

sollten dort gebaut werden und eben auch der anfangs<br />

beschriebene Begräbniswagen mit Sargversenkung.<br />

Der neue Partner Hirt hatte zuvor die Glockengießerei<br />

am Ostbahnhof in Kempten geleitet.<br />

Allerdings stand der Start des Bavaria-Werkes unter<br />

keinem guten Stern. Fünf Arbeiter und der eigene<br />

Ingenieur beantragen bereits am 12. Oktober 1931 den<br />

Konkurs der Bavaria-Werke. In den Konkursakten ist<br />

zu lesen: Die Kirchen verzeichneten aufgrund der Wirtschaftskrise<br />

schlechte Steuereingänge und konnten keine<br />

Läutwerke mehr kaufen. Dazu kamen noch verschiedene<br />

Unstimmigkeiten durch unbrauchbare Motorenlieferungen.<br />

Zu diesem Zeitpunkt standen fünf Läutwerke<br />

im Wert von rund 10.000 Reichsmark fast auslieferungsreif<br />

in den Fabrikationsräumen. Aufgrund des<br />

Konkurses konnten sie nicht mehr montiert werden. Sie<br />

wurden später wohl verschrottet.<br />

Fritz Höltl und seine beiden Partner wurden sogar<br />

wegen Betruges angezeigt, allerdings 1933 vom<br />

Landgericht in Kempten freigesprochen. Der vierte im<br />

Bunde, Andreas Hirt, versuchte noch, die Firma weiterzuführen<br />

– gab aber bald auf. Auch er verschuldete<br />

sich erheblich.<br />

Fritz Höltl hatte zwar die Zeichen der Zeit richtig<br />

erkannt, scheiterte aber trotzdem. In den Akten der<br />

Staatsanwaltschaft findet sich eine Aufzählung der<br />

Gründe: Der Bau von Glockenläutmaschinen benötigt<br />

fortwährend Neukonstruktionen und Abänderungen,<br />

sogenannte Einführungsanlagen zu geringen Preisen,<br />

laut Garantie kostenlos vorzunehmende Reparaturen<br />

Rohbau des repräsentativen<br />

Geschäftsgebäudes in Hegge<br />

Das Gebäude nach der Fertig -<br />

stellung. Dahinter die erste<br />

Werkstatt.<br />

Unten: ein Foto der Belegschaft<br />

aus dem Jahre 1926<br />

allgäu<strong>ALTERNATIV</strong><br />

73


Mächler-Story<br />

Werbeauftritte für das Läut -<br />

werk: rechts eine Zeitungs an -<br />

zeige mit Hinweis »früher und<br />

heute«. Unten der Messestand<br />

mit Fritz Höltl und Tochter<br />

Frieda<br />

und Behebung von Betriebsstörungen bei den nach<br />

allen Teilen Deutschlands gelieferten Anlagen sowie<br />

hohe Werbungs- und Reisekosten. Teuer war die Beschickung<br />

von Ausstellungen und Messen, dazu kamen<br />

die Einstellung unbrauchbarer Arbeitskräfte, Veruntreuung<br />

durch diese, unbelehrbare Vertrauensseligkeit<br />

allen Fremden gegenüber, Erfindungen und Fabrikation<br />

von Begräbniswagen mit Sargversenkung, die dann<br />

nichts einbrachten, und anderes mehr. So verbrauchte<br />

Höltl nicht nur das eigene, nicht geringe Vermögen,<br />

sondern sah sich gezwungen immer wieder fremde<br />

Gelder zu beanspruchen. In seinem unverrückbar feststehenden<br />

Optimismus hinsichtlich des nun kommenden<br />

großen Geschäftes und Gewinnes glaubte er, dies<br />

unbedenklich tun zu können.<br />

Der Enkel von Fritz Höltl beschrieb später seinen<br />

Großvater so: »Er war ständig mit neuen Erfindungen<br />

und Tüfteleien an neuen Geräten beschäftigt. Für die<br />

Geschäftsführung hatte er zu wenig Zeit. Viele seiner<br />

Erfindungen waren nicht zu vermarkten, weil sie teils<br />

nicht ausgefeilt und teils nicht abzusetzen waren.« Für<br />

den Begräbniswagen hatte Höltl beispielsweise bereits<br />

ein Patent beantragt, bevor die Generalprobe so grandios<br />

schiefging, wie eingangs beschrieben.<br />

Seine letzten Jahre verbrachte Fritz Höltl in<br />

Friedrichshafen und München, wo er 1938 auch verstarb.

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