Forum Berlin - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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tet werden. Eine Berufsausbildung wird vorerst nicht angestrebt. Martins Einstellung<br />
hinsichtlich rechtsextremer Ideologien wandelt sich. Er zieht sich von<br />
den „Kameraden“ zurück und widmet sich in seiner Freizeit <strong>der</strong> Sanierung<br />
seines Hauses. Bei fachlichen Fragen wendet er sich, auch nach Projektende,<br />
immer wie<strong>der</strong> an die Projektmitarbeiter/innen, insbeson<strong>der</strong>e wenn es um<br />
Schriftverkehr mit Ämtern geht. Diese Begleitung, über die sechsmonatige<br />
Projektteilnahme hinaus, ist von Beginn an geplant gewesen. Als Martin einen<br />
Rückfall in alte Handlungsmuster befürchtet, bittet er um eine erneute<br />
Aufnahme ins Projekt. Seine Tätigkeit wird dieses Mal nicht zusätzlich vom<br />
Fallmanager honoriert, trotzdem kommt Martin zu allen Terminen. Gegenwärtig<br />
ist er in einem Handwerksbetrieb in <strong>der</strong> Region als Hilfskraft tätig. Den<br />
Kontakt zu den Projektmitarbeiter/innen pflegt er weiterhin.<br />
Generelle Beobachtungen<br />
Bei dem geschil<strong>der</strong>ten Beispiel handelt es sich um einen nahezu bil<strong>der</strong>buchmäßigen<br />
Verlauf. Dieser tritt in vergleichbarer Form nur bei etwa 20 Prozent<br />
<strong>der</strong> Teilnehmer/innen auf. Zehn Prozent <strong>der</strong> bisherigen Teilnehmer/innen haben<br />
das Projekt vorzeitig abgebrochen. Die restlichen zwei Drittel zeigten<br />
zwar eine Verän<strong>der</strong>ung im Projektverlauf und diskutierten demokratische<br />
Grundwerte sowie persönliche Möglichkeiten; die nachhaltige Wirkung blieb<br />
jedoch offen. Auch war die Bindung an die Projektmitarbeiter/innen offensichtlich<br />
nicht stark genug, so dass die Teilnehmer, trotz <strong>der</strong> Aussage in<br />
Kontakt bleiben zu wollen, nicht mehr auftauchten.<br />
Nach zweieinhalb Projektjahren kommen die beiden Projektpartner,<br />
„Demokratisches Ostvorpommern – Verein für politische Kultur e.V.“ und das<br />
„Kreisdiakonische Werk Greifswald-Ostvorpommern e.V.“, zu dem Schluss,<br />
dass insbeson<strong>der</strong>e die präventive Arbeit in dieser nie<strong>der</strong>schwelligen Form für<br />
die definierte Zielgruppe hilfreich ist. Allerdings wird den Mitarbeiter/innen<br />
und dem Träger viel abverlangt. Um Verän<strong>der</strong>ungen und Erfolge bei den<br />
Teilnehmer/innen zu ermöglichen, ist eine sehr individuelle Zuwendung unerlässlich.<br />
Diese ist zeitaufwändig und langwierig. Das Vertrauen zwischen Projektmitarbeiter/innen<br />
und Teilnehmer/innen muss wachsen – sechs Monate<br />
sind dafür eine sehr kurze Zeit. Die emotionale Belastung für die Mitarbeiter/<br />
innen wächst mit je<strong>der</strong> schicksalhaften Biographie, <strong>der</strong> sie sich im Rahmen<br />
ihrer Tätigkeit annehmen. Das Scheitern <strong>der</strong> Teilnehmer/innen wirft auch<br />
bei den Mitarbeiter/innen immer wie<strong>der</strong> die Frage auf, ob sie selbst fachlich<br />
20 Demokratisches Ostvorpommern – Verein für politische Kultur e.V.