Forum Berlin - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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04 | 03<br />
abschluss ohne Ausbildungsplatz in die rechte Szene abgleitet. Sich selbst<br />
schätzt Dennis nach Aussage des Vaters nicht als „rechts“ ein. Die Frage<br />
seiner Schwester, ob er rechts sei, habe Dennis herumdrucksend verneint.<br />
Deshalb nimmt Herr O. an, dass Dennis sich gegenüber dem Präventionsprojekt<br />
durchaus kooperativ verhalten könnte.<br />
Am Ende des ersten Telefongesprächs vereinbaren die Projektmitarbeiter/<br />
innen mit Herrn O. für den darauffolgenden Tag einen Termin mit ihm und<br />
seinem Sohn im Projektbüro, um gemeinsam weitere Schritte zu besprechen.<br />
Die Projektbetreuer/innen sind sich nach den Schil<strong>der</strong>ungen von Herrn O.<br />
einig, dass die Gefahr besteht, dass Dennis bei unklarer persönlicher Perspektive,<br />
mangelnden Anfor<strong>der</strong>ungen sowie fehlenden positiv einwirkenden<br />
sozialen Kontakten eine manifeste neonazistische Gesinnung entwickeln und<br />
sich <strong>der</strong> rechten Szene zuwenden könnte.<br />
Beim ersten Gespräch wird deutlich, dass die Familie Dennis unterstützt<br />
und ihm Rückhalt gibt. Die Eltern sind sehr daran interessiert, dass Dennis<br />
gleich nach dem Schulabschluss eine Ausbildung beginnt. Sie bieten sogar<br />
an, ihm eine eigene kleine Wohnung im gleichen Mietshaus zu finanzieren.<br />
Dennis wirkt sehr introvertiert und wenig selbstbewusst – aber er äußert<br />
einen klaren Berufswunsch: Er will Garten- und Landschaftsbauer werden.<br />
Er habe bereits mehrere Praktika in unterschiedlichen Branchen absolviert<br />
und sei sich nun sicher, dass Gartenbauer <strong>der</strong> richtige Beruf für ihn sei. Um<br />
die Ausbildungsplatzsuche hat er sich aber bislang nicht gekümmert. Die<br />
Projektmitarbeiter/innen bewerten Dennis’ vorwiegende Beschäftigung mit<br />
Computer-Kriegsspielen, seine NS-Devotionaliensammlung und die rechtslastigen<br />
Äußerungen im Familienkreis als Fluchtpunkte aus <strong>der</strong> Realität und als<br />
Provokation – er nutzt die bekannte rechte Vergangenheit seines Vaters aus.<br />
Der Ansatzpunkt für die weitere Arbeit mit Dennis ist sein klarer Berufswunsch.<br />
Die Projektmitarbeiter/innen unterhalten sich in mehreren Gesprächen<br />
mit Dennis über seine Zukunftspläne und die Perspektiven nach seiner<br />
gewünschten Ausbildung. Es folgen mehrtägige ausführliche Recherchen<br />
im Internet und die Sichtung zahlreicher Ausbildungsmöglichkeiten und<br />
Voraussetzungen, um Dennis’ Interesse und Motivation, <strong>der</strong>en Stabilität<br />
sowie mögliche Alternativen auszuloten. Nach dieser Orientierungs- und<br />
Beratungsphase wird die Bewerbungsphase aufgenommen, die sich in ein<br />
Vorstellungsgesprächs- und ein Bewerbungstraining aufteilt. Zwei Mal geht<br />
TUNNEL LICHT BLICKE 27