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Mietermagazin 2014-1 online

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Ruhestörungen im Allgemeinen<br />

und Kinderlärm<br />

Der Hausfrieden ist das Wesensmerkmal für die ungestörte Nutzung der Mietwohnung. Der<br />

Vermieter ist verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass jeder Mitbewohner der Liegenschaft<br />

die Regeln des gedeihlichen Miteinanders einhält.<br />

Jeder Mieter darf seine Wohnung nach<br />

Lust und Laune nutzen und genießen.<br />

Die Verfassung garantiert jedem das Recht<br />

auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit.<br />

Doch ist seine Freiheit nicht grenzenlos.<br />

Er darf von ihr nur in solcher Weise Gebrauch<br />

machen, dass dadurch keinem<br />

anderen Mitbewohner der Nachbarschaft<br />

ein Nachteil geschieht. Deshalb ist in der<br />

Hausordnung, die Bestandteil des Mietvertrages<br />

ist, geregelt, dass die ortsüblichen<br />

Ruhezeiten von 13.00 - 15.00 Uhr und<br />

von 22.00 - 07.00 Uhr einzuhalten sind.<br />

Musik- und andere Tonwiedergabegeräte<br />

sind generell nur auf Zimmerlautstärke<br />

zu betreiben. Als Mieter der Wohnung<br />

haben Sie auch das Verhalten Ihrer Gäste<br />

zu vertreten.<br />

Sicherlich dürfen Sie in Ihrer Wohnung<br />

Besuch empfangen, aber Sie haben sich so<br />

zu verhalten, dass Ihre Hausmitbewohner<br />

nicht in Ihrer Ruhe gestört werden.<br />

Von besonderer Bedeutung ist die Einhaltung<br />

der ortsüblichen Ruhezeiten und die<br />

Rücksichtnahme auf kranke und solche<br />

Mitbewohner, die Schichtdienst versehen<br />

müssen.<br />

Die ortsüblichen Ruhezeiten, sind in Ortssatzungen<br />

oder Lärmschutzverordnungen<br />

festgelegt. Ruhestörende Arbeiten sind<br />

werktags schon ab 20.00 Uhr und an den<br />

Sonn- und Feiertagen generell unzulässig.<br />

An das Verhalten der einzelnen Mietparteien<br />

dürfen allerdings auch keine überspitzten<br />

Anforderungen gestellt werden.<br />

So wird sicherlich mancher Bewohner<br />

einmal ein Fest feiern wollen, bei dem<br />

es – besonders zu vorgeschrittener Zeit –<br />

etwas lauter werden kann. Die Nachbarn<br />

werden dafür Verständnis zeigen und auf<br />

die Einhaltung der ortsüblichen Ruhezeiten<br />

nicht unbedingt bestehen, wenn ihnen<br />

rechtzeitig ein entsprechender Hinweis<br />

gegeben wird.<br />

Bei Kindern im Mietverhältnis wird als erstes<br />

daran gedacht, dass Kinder Lärm verursachen.<br />

Obwohl sich allenthalben über<br />

die sinkende Geburtenrate beklagt wird,<br />

toleriert die älter werdende Gesellschaft<br />

die Geräusche von Kindern zunehmend<br />

weniger.<br />

Kinderlärm stört oftmals auch die Nachbarn.<br />

Dabei „ist das Erzeugen von Lärm<br />

durch spielende Kinder eine zwingend<br />

notwendige Ausdrucksform und Begleiterscheinung<br />

des Spieles an sich, die nicht<br />

generell unterdrückt oder auch nur beschränkt<br />

werden kann, ohne dass dies<br />

zu dauernden Schädigungen der Kinder<br />

führen kann,“ so das LG Heidelberg mit<br />

Urteil vom 23. Oktober 1996 (Az. 8 S 2/96).<br />

Die Gerichte beschäftigen sich oft mit<br />

Fragen, ob die Kinder nebenan zu viel<br />

geschrien haben, zu laut die Treppe hinauf-<br />

und hinuntergelaufen sind oder die<br />

Eltern immer ihren Kinderwagen im Treppenhaus<br />

stehen gelassen haben. Wenn<br />

Kinder in der Wohnung weinen, schreien,<br />

beim Spielen poltern oder hopsen, müssen<br />

die Nachbarn diese Störungen in aller<br />

Regel hinnehmen. Das Wohnungsunternehmen<br />

hat keine Möglichkeit, wegen<br />

solcher Lärmbelästigungen einzuschreiten,<br />

die das übliche Maß einhalten. Was<br />

üblich und zumutbar ist, wurde in vielen<br />

Gerichtsentscheidungen einzeln geklärt.<br />

Dabei ist vor allem bei kleinen Kindern und<br />

Säuglingen eine höhere Toleranz gefragt.<br />

Schreit ein Säugling in der Nacht, weil er<br />

nicht ein- oder durchschlafen kann, ist das<br />

altersgerechtes Verhalten, das vom Nachbarn<br />

zu dulden ist. Ausdrücklich erlaubt<br />

ist das Musizieren. Nach der Entscheidung<br />

des Bayerischen Oberlandesgerichts hat<br />

ein Mieter das Recht, täglich mindestens<br />

zwei Stunden auf seinem Instrument zu<br />

spielen. Gleiches muss für ein Kind gelten,<br />

auch wenn dabei so mancher „Ton im Ohr<br />

wehtut“, da es noch übt. Üblicherweise gilt<br />

dies jedoch nicht für die Mittagsruhezeit<br />

von 12 bis 15 Uhr und in der Nachtruhezeit<br />

von 22 bis 7 Uhr, wie es in den meisten<br />

Hausordnungen geregelt ist, die als Bestandteil<br />

des Mietvertrages natürlich auch<br />

für Familien mit Kindern verbindlich sind.<br />

Zwar dürfen Kindern den Aufzug, den Garten<br />

und den Hof wie die übrigen Bewohner<br />

auch nutzen. Als Spielplätze sind diese<br />

Orte – abgesehen vom Garten, solange<br />

es kein Ziergarten ist – tabu. Kellerräume<br />

und Treppenhäuser sind somit nicht zum<br />

Spielen da, auch wenn das Wetter noch so<br />

schlecht ist. Eltern sind dafür verantwortlich,<br />

dass ihre Kinder den Hausflur nicht<br />

als Rollschuh- oder Skaterbahn und den<br />

Speicher nicht als Abenteuerspielplatz<br />

nutzen, um andere Hausbewohner nicht<br />

unnötig zu stören.<br />

Mit der Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes<br />

hat der Gesetzgeber<br />

klargestellt, dass durch Kindertageseinrichtungen,<br />

Spiel- oder Bolzplätze hervorgerufene<br />

Geräuschpegel keine „schädlichen<br />

Umwelteinwirkungen“ ausgehen und sie<br />

damit in aller Regel hinzunehmen sind. In<br />

Mehrfamilienhäusern bedeutet dies, dass<br />

eine erweiterte Toleranzgrenze angebracht<br />

ist. Auch wenn das Mehrfamilienhaus kein<br />

Kloster ist, haben Familien mit Kindern<br />

durch die Gesetzesänderung keinen Freifahrtschein.<br />

Bei extremen Lärmstörungen<br />

können sich Nachbarn nach wie vor beim<br />

Wohnungsunternehmen beschweren.<br />

„Kinder sind unsere Zukunft“ heißt es häufig.<br />

Kinder müssen sich entfalten können und<br />

wir das Umfeld schaffen, das die nächste<br />

Generation zum Heranwachsen braucht.<br />

Dem muss auch die Gesellschaft Rechnung<br />

tragen. Der Gesetzgeber hat sowohl<br />

auf Bundes- als auch auf Landesebene die<br />

Initiative ergriffen, um eine Privilegierung,<br />

insbesondere für Kindertageseinrichtungen,<br />

Kinderspielplätze und anderen Einrichtungen<br />

zu erreichen. Störende Geräusche,<br />

die von Kindern ausgehen, sind als<br />

Ausdruck selbstverständlicher kindlicher<br />

Entfaltung und zur Erhaltung kindgerechter<br />

Entwicklungsmöglichkeit grundsätzlich<br />

sozialadäquat und damit zumutbar.<br />

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