Rez. Okkup.Grlds
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MARXISTISCHE BLATTER 2 2016<br />
<strong>Rez</strong>ensionen 1 35<br />
damit einhergehende >Trübung des Deutschlandbildes<<br />
abzufedern, kreierte die Bundesregierung<br />
die Politik der >Versöhnungsgesten( und den plan<br />
zur Schaffung einer gemeinsamen, gewisserma_<br />
ßen verbindlichen Sicht auf die Zeit der deutschen<br />
Besatzung. Damals richtete man eigens dafür eine<br />
hochdotierte deutsch-italienischen Historikerkommission<br />
ein. Die Geschichtsforschung wurde zur Le_<br />
gitimation politischer Entscheidungen eingesetzt.<br />
Ab 2014 versuchte man auch gegenuber Athen<br />
mit der Förderung erinnerungspolitischer projekte<br />
zur Schaffung eines einhejtlichen, die deutsche Be_<br />
setzung betreffenden Geschichtsbildes in Deutsch_<br />
land und Griechenland, eingebettet in einen >Zu_<br />
kunftsfondssteinigen Pfad der Entschädigungspolitik< weiter_<br />
gehen, aber zusätzlich >den samtenen Weg der Er_<br />
innerungskultur ... beschreiten.< (l 62)<br />
In diesem Kontext erhält der vorliegende Sam_<br />
melband seine Bedeutung. Im Juli 20.i 2 fand an der<br />
Munchener Ludwig-Maximilians-Unjversität unter<br />
dem Titel >Erinnerungskultur und Geschichtspo_<br />
litjk der <strong>Okkup</strong>ation Griechenlands (j941_j944).<br />
Deutsch-griechisches Gedächtnis in Medien und<br />
LjteraturGespaltene Erinnerung< mit dem Geschichtsbild<br />
über die <strong>Okkup</strong>ation, dessen Wandlungen und Ein_<br />
satz als Geschichtspolitik tn Deutschland, Griechen_<br />
land sowie in ltalien und Bulgarien als den beiden<br />
anderen Besatzungsmächten in Griechenland be_<br />
schäftigen. Der zweite große Themenbereich steht<br />
unter der Uberschrjft >Erfahrungen der <strong>Okkup</strong>ier_<br />
ten< und enthält sechs Beiträge, die hauptsächlicn<br />
die Verarbeitung der Besatzungspolitik in der grie_<br />
chischen Literatur und im Film behandeln. Der dritte<br />
Themenkomplex mit der überschrift >Aufarbeitung<br />
oder Gedächtnisausfall< enthält neun Beiträge, die<br />
srch vor aliem mit der Verarbeitung der <strong>Okkup</strong>ation<br />
in der deutschen Belletristik befassen.<br />
Der Band ist daher kein Geschichtswerk, son_<br />
dern beschreibt die Reflexion der <strong>Okkup</strong>ation in<br />
verschtedenen Genres und Medien. Erniqe Bejträqe<br />
bieten trotzdem neue oder schwer zuqänqliche t"nformationen<br />
zu einzelnen Aspekten de-r Ae"satzung<br />
Das betrifft vor allem die Vorträge des Konstanzer<br />
Historikers Dimitris Kousouris uber Kollaboration<br />
und Widerstand, des niedersächsischen politik_<br />
wissenschaftlers Gregor Kritidis über Deutsche in<br />
der griechischen Befreiungsbewegung sowie dje<br />
Beiträge der Athener Historikerin Odette Varon_<br />
Vassard und der bulgarischen Geschichtswissen_<br />
schaftlerin Nadta Danova uber die Verfolgung der<br />
griechischen Juden.<br />
Unter den Beiträgen, die sich intensiver mit<br />
der <strong>Okkup</strong>ation befassen, ist jener von Anna Ma_<br />
ria Droumpouki aus Athen, die das >gespaltene<br />
Gedächtnis< in Griechenland über das größte<br />
Wehrmachtsverbrechen an der griechischen Bevöl_<br />
kerung, der Tötung von mehr als 700 l\rlenschen<br />
jm Gebiet Kalavrita, untersucht. Dje Beschreibunq<br />
der Aktjon durch Droumpouki offenbart, Oass sil<br />
noch immer der den Blick verengende, ja truben_<br />
de Theorie des Greko-Zentrismus, der Konzentra_<br />
tion auf die Ereignisse rn Griechenland, folgt. Sie<br />
setzt bei der Darstellung der Vorgänge zejtlich viel<br />
zu spät ein (142), nämlich mit der Gefangennahme<br />
etner Wehrmachtskompanie durch partisanen,<br />
deren Fntsendung in das befreite Gebiet im Norden<br />
der Peleponnes bereits Bestandteil der seit<br />
September 1943 geplanten Aktion Kalavrita war.<br />
Dadurch werden die Hintergründe und größeren<br />
Zusammenhänge des Unternehmens nicht sicht_<br />
bar. Es ist heute wissenschaftlicher Standard, dass<br />
grundlegende Ereignisse im okkupierten Griechen_