Rez. Okkup.Grlds
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MARXISTISCHE BLATTER 2 2016 <strong>Rez</strong>ensionen 137<br />
fur alle Griechen und Deutschen sowie fur die<br />
zwischenstaatlichen Beziehungen zu gelangen.<br />
Noch während des Gauck-Besuches stellte Regierungssprecher<br />
Seibert klar, die Reden des Bundespräsidenten<br />
hätten die Einstellung der Regierung<br />
zur Entschädigung der Opfer nicht verändert. D e<br />
Reparationsfrage sei juristisch und politisch erledigt.<br />
Die großbürgerliche griechische Zeitung<br />
Kathimerini musste, wie die Herausgeberinnen<br />
des Bandes feststellten, prompt auf jene Stimmen<br />
in Griechenland hinweisen, >die immer lauter das<br />
Ungenügen an Gaucks >schönen Worten und nicht<br />
mehrfur die Ver uste und LeidenEinfuhrung in die politische<br />
Wissenschaft< vorlegten, srellten die Herausgeber<br />
der Schrift, Wolfgang Abendroth und Kurt Lenk,<br />
dem Band eine Einleitung voran, rn der sie ihr Verständnis<br />
vom Gegenstand des Buches fixierten.<br />
Die politische Wissenschaft sei eine >Sozialwissenschaft<br />
[...], die sich mit auf Erhaltung oder Veränderung<br />
der gesellschaftlichen Gesamtverfassung<br />
gerichteter Machtbildung beschäftigt.< Zugleich<br />
würden die zu untersuchenden >politische[n] Prozesse<br />
gesellschaftliche Wroerspruche in deren geschichtlichem<br />
Verlauf zum Ausdruck bringen.ihren normativen - auf die praktische<br />
Politik bezogenen - Anspruch auf die Entwicklung<br />
eines gegenhegemonialen Projekts< bezieht, ganz<br />
ohne Zweifel im Sinne Abendroths gewesen wäre,<br />
hat Frank Deppe festgehalten.2 Dem realen Vorhandensein<br />
eines Potentials für ein solches Projekt<br />
war wohl auch die Tatsache geschuldet, dass die<br />
>Einführung< bis in die 1980er Jahre sechs Auflagen<br />
erlebte und sogar - eher unüblich fur ein dezidiert<br />
kritisches Werk - in die von verschiedenen Fachverlagen<br />
gemeinschaftlich herausgegebene Reihe Uni-<br />
Taschenbücher (UTB) aufgenommen wurde.<br />
Diese Zeiten sind vorerst passe. lm Allgemeinen<br />
werden die Gesellschaftswissenschaften heute<br />
von affirmativen Ansätzen dominiert, in denen ein<br />
kritrscher lmpetus nicht gefragt ist. Ein Beispiel dafur,<br />
wie sich die Wissenschaft von der Politik heute<br />
eben auch in intendierter Weise ausschließlich der<br />
>Frhaltrrnn rJtlvL'YsJLt I I dpr ncspllschaftlichen Gesamtver-<br />
fassung< verschreibt und damit als herrschaftskonforme<br />
ldeologieproduktionsmaschine dienen<br />
kann, ist ein Buch, das der traditionsreiche Böhlau-<br />
Verlag im Mai des vergangenen Jahres auf den<br />
Markt gebracht hat. Geschrieben hat es der auch<br />
in Deutschland bekannte Anton Pelinka aus österreich.<br />
Als Politikwissenschaftler hat er unter anderem<br />
beachtenswerte Arbeiten zur ultrarechten FPö<br />
vorgelegt und auch selbst den Konflikt mit deren<br />
langjährigem Häuptling Jörg Haider nicht gescheut.<br />
Die im Rahmen dieser <strong>Rez</strong>ension nur ansatzweise<br />
darzustellenden Positionen, die Pelinka in seinem<br />
Buch entfaltet, untermauern die These der ldeolo-<br />
1 Abendroth, Wolfgang/Lenk, Kurt: Vorwort zur ersten<br />
Auflage, in: dieselben (Hrsg.): Einführung rn die<br />
Politische Wissenschaft, Dritte Auflage, lV1ünchen<br />
1973, S. 5f.<br />
2 Deppe, Frank: Wolfgang Abendroths )Politische<br />
Wissenschaft