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4 Steinwurf!<br />

Bond oder Turing?<br />

Digitalisierung und Konvergenz von Technologien: Werden Mensch und Technik eins?<br />

Von Smart Phones zu Smart Homes und Smart Factories, ja zukünftig vielleicht sogar Smart Blood, wenn es nach dem neuen James-Bond-<br />

Film „Spectre“ geht – die Verschmelzung von (Technologie-)Welten scheint unaufhaltsam. Dabei zeigt sich sowohl eine Konvergenz von Technologien<br />

als auch von Mensch und Technik. Konvergenz meint im Allgemeinen einen Prozess, in dem etwas zusammenläuft oder sich einander<br />

angleicht. Bei der Konvergenz von Technologien und von Mensch und Technik in einer digitalen Welt stellt sich allerdings unweigerlich die<br />

Frage, was nähert und gleicht sich wirklich an und was wird möglicherweise nur stärker vernetzt.<br />

Eine einheitliche Definition der Konvergenz von Technologien hat sich<br />

bisher weder in der Wissenschaft noch in der Praxis herausgebildet. Einigkeit<br />

besteht lediglich darin, dass die Betrachtung konvergierender<br />

Technologien auch immer eine Debatte um ihre gesellschaftlichen Auswirkungen<br />

und Folgen beinhaltet. Der wissenschaftlich geprägte Begriff<br />

Converging Technologies (CT) beschreibt das Zusammenführen von Nano-,<br />

Bio- und Informationstechnologien sowie den Kognitionswissenschaften<br />

(NBIC), um mit technischen Ansätzen die bislang biologisch<br />

begrenzten Fähigkeiten des Menschen zu verbessern. Aus der Perspektive<br />

der Praxis scheint Konvergenz bereits Alltagsrealität zu sein, denn die<br />

intelligente Kombination verschiedener Eigenschaften und Funktionen<br />

ist der Kern jeder technologischen (Weiter-)Entwicklung. Vor dem Hintergrund<br />

der digitalen Revolution kann die Konvergenz von Technologien<br />

auch als zunehmende Vernetzung verstanden werden, die wiederum<br />

eine Annäherung zwischen Mensch und Technik nach sich zieht.<br />

Unter dem Einfluss der Digitalisierung findet Konvergenz von Technologien<br />

in einer Art digitalem Dialog statt: Die Digitalisierung schafft<br />

Schnittstellen, innerhalb derer verschiedene technologische Entwicklungen<br />

durch entsprechende Software miteinander kommunizieren, um<br />

ein gemeinsames Ziel zu erreichen, abhängig oder unabhängig vom<br />

Menschen. Schätzungen zufolge wird die Zahl der drahtlos miteinander<br />

verbundenen Produkte (ohne Smartphones und Computer) von 5 auf 21<br />

Milliarden bis zum Jahr 2020 steigen. Angetrieben wird der Dialog zwischen<br />

verschiedenen Technologien durch unsere Bereitschaft, immer<br />

mehr Daten zur Verfügung zu stellen. Kühlschränke, Smart Watches,<br />

Windräder und Fertigungsroboter sammeln unentwegt Informationen.<br />

Die zunehmende Vernetzung und unsere Begeisterung für Daten schaffen<br />

immer neue Datensphären. Die gelieferten Daten werden wiederum<br />

genutzt für die Einrichtung neuer Dienste – beispielsweise Scheibenwischer,<br />

deren Bewegungen einen Echtzeit-Wetterbericht erstellen – die<br />

letztendlich profitabler sind als die Produkte selbst. Die Wirtschaft wird<br />

somit zu einer Datenwirtschaft im Rennen um die Entwicklung von<br />

Plattformen. Nicht umsonst spricht man von persönlichen Daten als<br />

wertvollstem Rohstoff des 21. Jahrhunderts.<br />

Im Rahmen der Konvergenz von Technologien, verstanden als Vernetzung<br />

durch Digitalisierung, hat die Schnittstelle zwischen Mensch und<br />

Technik bereits grundlegende Bedeutung. Gleichzeitig verwischen die<br />

Grenzen zwischen Mensch und Maschine zusehends, nicht zuletzt durch<br />

Entwicklungen im Bereich der Nanotechnologie, die auch im wissenschaftlichen<br />

Verständnis von Converging Technologies eine Schlüsselrolle<br />

spielt. Nanotechnologie ermöglicht die fast unsichtbare Integration<br />

von Technologien im menschlichen Körper und seiner Umgebung.<br />

Dass Nanopartikel im Blut zur Überwachung von Aufenthaltsort und<br />

Körperfunktionen keine pure James-Bond-Phantasie sind, zeigt sich daran,<br />

dass Google X gegenwärtig an Nanopartikeln arbeitet, die im Blut<br />

Krebszellen identifizieren können bevor diese sich unaufhaltsam vermehren.<br />

Im Bereich der Informationstechnologie werden derzeit die<br />

Auswirkungen des sogenannten Machine-Learning diskutiert, das die<br />

Verarbeitung immer größerer Datenmengen ermöglicht, um auf dieser<br />

Basis eine Entscheidung zu treffen. Durch die Kombination aus dieser<br />

künstlichen Generierung von Wissen, nanotechnologischen Entwicklungen<br />

sowie unserer Bereitschaft, durch die zunehmende Vernetzung von<br />

Produkten Daten bereitzustellen, wird in Zukunft die Unterscheidung<br />

zwischen Mensch und Computer, zumindest nach Alan Turing, nicht<br />

mehr möglich sein.<br />

Die Konvergenz von Technologien und von Mensch und Technik beeinflusst<br />

sich somit gegenseitig. Das Zusammenlaufen verschiedener Technologien<br />

im Sinne von Vernetzung als auch im Sinne von fachübergreifenden<br />

technologischen Entwicklungen, insbesondere im Bereich der<br />

Nanotechnologie, hat maßgeblichen Einfluss auf die Nähe zwischen<br />

Mensch und Technik, physisch und digital. Der Durst der Wirtschaft<br />

nach und unsere Begeisterung für Daten ermöglichen der Digitalisierung<br />

auf der anderen Seite die Einrichtung neuer Dienste sowie die zunehmend<br />

selbstständige Auswertung von Informationen. Letztendlich wird<br />

die wechselseitige Konvergenz sowohl die Erweiterung der menschlichen<br />

Fähigkeiten als auch des (Denk-)Vermögens von Computern zum<br />

Ziel haben – Bond und Turing.<br />

„Steinwurf!“ ist eine Rubrik im <strong>Transfer</strong>magazin, in der in regelmäßigen<br />

Abständen spezifische Themen mal im Sinne eines tatsächlichen<br />

Steinwurfs, mal im Sinne des nord- bzw. süddeutschen Wurfs<br />

eines Steins in den Garten behandelt werden.<br />

Dr. Marlene Gottwald<br />

Steinbeis-Zentrale (Stuttgart)<br />

marlene.gottwald@steinbeis.de | www.steinbeis.de/steinwurf<br />

Technologie.<strong>Transfer</strong>.Anwendung. TRANSFER 01|2016

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