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183156-2016-01
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4 Steinwurf!<br />
Bond oder Turing?<br />
Digitalisierung und Konvergenz von Technologien: Werden Mensch und Technik eins?<br />
Von Smart Phones zu Smart Homes und Smart Factories, ja zukünftig vielleicht sogar Smart Blood, wenn es nach dem neuen James-Bond-<br />
Film „Spectre“ geht – die Verschmelzung von (Technologie-)Welten scheint unaufhaltsam. Dabei zeigt sich sowohl eine Konvergenz von Technologien<br />
als auch von Mensch und Technik. Konvergenz meint im Allgemeinen einen Prozess, in dem etwas zusammenläuft oder sich einander<br />
angleicht. Bei der Konvergenz von Technologien und von Mensch und Technik in einer digitalen Welt stellt sich allerdings unweigerlich die<br />
Frage, was nähert und gleicht sich wirklich an und was wird möglicherweise nur stärker vernetzt.<br />
Eine einheitliche Definition der Konvergenz von Technologien hat sich<br />
bisher weder in der Wissenschaft noch in der Praxis herausgebildet. Einigkeit<br />
besteht lediglich darin, dass die Betrachtung konvergierender<br />
Technologien auch immer eine Debatte um ihre gesellschaftlichen Auswirkungen<br />
und Folgen beinhaltet. Der wissenschaftlich geprägte Begriff<br />
Converging Technologies (CT) beschreibt das Zusammenführen von Nano-,<br />
Bio- und Informationstechnologien sowie den Kognitionswissenschaften<br />
(NBIC), um mit technischen Ansätzen die bislang biologisch<br />
begrenzten Fähigkeiten des Menschen zu verbessern. Aus der Perspektive<br />
der Praxis scheint Konvergenz bereits Alltagsrealität zu sein, denn die<br />
intelligente Kombination verschiedener Eigenschaften und Funktionen<br />
ist der Kern jeder technologischen (Weiter-)Entwicklung. Vor dem Hintergrund<br />
der digitalen Revolution kann die Konvergenz von Technologien<br />
auch als zunehmende Vernetzung verstanden werden, die wiederum<br />
eine Annäherung zwischen Mensch und Technik nach sich zieht.<br />
Unter dem Einfluss der Digitalisierung findet Konvergenz von Technologien<br />
in einer Art digitalem Dialog statt: Die Digitalisierung schafft<br />
Schnittstellen, innerhalb derer verschiedene technologische Entwicklungen<br />
durch entsprechende Software miteinander kommunizieren, um<br />
ein gemeinsames Ziel zu erreichen, abhängig oder unabhängig vom<br />
Menschen. Schätzungen zufolge wird die Zahl der drahtlos miteinander<br />
verbundenen Produkte (ohne Smartphones und Computer) von 5 auf 21<br />
Milliarden bis zum Jahr 2020 steigen. Angetrieben wird der Dialog zwischen<br />
verschiedenen Technologien durch unsere Bereitschaft, immer<br />
mehr Daten zur Verfügung zu stellen. Kühlschränke, Smart Watches,<br />
Windräder und Fertigungsroboter sammeln unentwegt Informationen.<br />
Die zunehmende Vernetzung und unsere Begeisterung für Daten schaffen<br />
immer neue Datensphären. Die gelieferten Daten werden wiederum<br />
genutzt für die Einrichtung neuer Dienste – beispielsweise Scheibenwischer,<br />
deren Bewegungen einen Echtzeit-Wetterbericht erstellen – die<br />
letztendlich profitabler sind als die Produkte selbst. Die Wirtschaft wird<br />
somit zu einer Datenwirtschaft im Rennen um die Entwicklung von<br />
Plattformen. Nicht umsonst spricht man von persönlichen Daten als<br />
wertvollstem Rohstoff des 21. Jahrhunderts.<br />
Im Rahmen der Konvergenz von Technologien, verstanden als Vernetzung<br />
durch Digitalisierung, hat die Schnittstelle zwischen Mensch und<br />
Technik bereits grundlegende Bedeutung. Gleichzeitig verwischen die<br />
Grenzen zwischen Mensch und Maschine zusehends, nicht zuletzt durch<br />
Entwicklungen im Bereich der Nanotechnologie, die auch im wissenschaftlichen<br />
Verständnis von Converging Technologies eine Schlüsselrolle<br />
spielt. Nanotechnologie ermöglicht die fast unsichtbare Integration<br />
von Technologien im menschlichen Körper und seiner Umgebung.<br />
Dass Nanopartikel im Blut zur Überwachung von Aufenthaltsort und<br />
Körperfunktionen keine pure James-Bond-Phantasie sind, zeigt sich daran,<br />
dass Google X gegenwärtig an Nanopartikeln arbeitet, die im Blut<br />
Krebszellen identifizieren können bevor diese sich unaufhaltsam vermehren.<br />
Im Bereich der Informationstechnologie werden derzeit die<br />
Auswirkungen des sogenannten Machine-Learning diskutiert, das die<br />
Verarbeitung immer größerer Datenmengen ermöglicht, um auf dieser<br />
Basis eine Entscheidung zu treffen. Durch die Kombination aus dieser<br />
künstlichen Generierung von Wissen, nanotechnologischen Entwicklungen<br />
sowie unserer Bereitschaft, durch die zunehmende Vernetzung von<br />
Produkten Daten bereitzustellen, wird in Zukunft die Unterscheidung<br />
zwischen Mensch und Computer, zumindest nach Alan Turing, nicht<br />
mehr möglich sein.<br />
Die Konvergenz von Technologien und von Mensch und Technik beeinflusst<br />
sich somit gegenseitig. Das Zusammenlaufen verschiedener Technologien<br />
im Sinne von Vernetzung als auch im Sinne von fachübergreifenden<br />
technologischen Entwicklungen, insbesondere im Bereich der<br />
Nanotechnologie, hat maßgeblichen Einfluss auf die Nähe zwischen<br />
Mensch und Technik, physisch und digital. Der Durst der Wirtschaft<br />
nach und unsere Begeisterung für Daten ermöglichen der Digitalisierung<br />
auf der anderen Seite die Einrichtung neuer Dienste sowie die zunehmend<br />
selbstständige Auswertung von Informationen. Letztendlich wird<br />
die wechselseitige Konvergenz sowohl die Erweiterung der menschlichen<br />
Fähigkeiten als auch des (Denk-)Vermögens von Computern zum<br />
Ziel haben – Bond und Turing.<br />
„Steinwurf!“ ist eine Rubrik im <strong>Transfer</strong>magazin, in der in regelmäßigen<br />
Abständen spezifische Themen mal im Sinne eines tatsächlichen<br />
Steinwurfs, mal im Sinne des nord- bzw. süddeutschen Wurfs<br />
eines Steins in den Garten behandelt werden.<br />
Dr. Marlene Gottwald<br />
Steinbeis-Zentrale (Stuttgart)<br />
marlene.gottwald@steinbeis.de | www.steinbeis.de/steinwurf<br />
Technologie.<strong>Transfer</strong>.Anwendung. TRANSFER 01|2016