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Leseprobe AiB 6_2016

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grundlagen der betriebsratsarbeit<br />

Wahrheit um jeden Preis<br />

<strong>AiB</strong> 6 | <strong>2016</strong><br />

Wahrheit um<br />

jeden Preis<br />

beweisverwertungsverbot Manchmal greifen Arbeitgeber zu<br />

unlauteren Mitteln, um Sachverhalte aufzuklären. Um das<br />

Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten zu schützen, ist es<br />

sinnvoll in Betriebsvereinbarungen ein Beweisverwertungs -<br />

verbot zu normieren.<br />

VON SIMONE ROHS<br />

darum geht es<br />

1. Beweisverwertungsverbote<br />

sind ausdrücklich<br />

nur in der Strafprozessordnung<br />

geregelt.<br />

2. Aber auch für die<br />

Arbeits- und Zivil gerichte<br />

dürfen unzulässig<br />

erlangte Beweise nur in<br />

seltenen Fällen berücksichtigt<br />

werden.<br />

3. Es ist daher sinnvoll in<br />

eine Betriebs vereinbarung<br />

im Rahmen des Mitbestimmungsrechts<br />

bei<br />

technischen Anlagen<br />

nach § 87 Abs. 1 Nr. 6<br />

BetrVG ein formuliertes<br />

Beweisverwertungsverbot<br />

aufzunehmen.<br />

Beweisverwertungsverbote sind nur<br />

in wenigen Fällen ausdrücklich im<br />

Gesetz geregelt, die meisten inden<br />

sich in der Strafprozessordnung.<br />

Der wohl bekannteste Fall ist § 136a StPO,<br />

der regelt, dass ein Beweis, der unter Verletzung<br />

des Verbots des Ausschlusses der freien<br />

Willensbildung, beispielsweise durch Quälerei<br />

oder Täuschung, nicht verwertet werden darf.<br />

Im Zivilrecht sind solche absoluten Beweisverwertungsverbote<br />

hingegen nicht geregelt.<br />

Nichtsdestotrotz dürfen auch im Zivilrecht<br />

Beweise nicht um jeden Preis erhoben und verwertet<br />

werden, seien sie der Wahrheit noch so<br />

dienlich. Gleichzeitig verbietet das Zivilrecht<br />

aber auch nicht, dass alle unrechtmäßig erlangten<br />

Beweise verwertet werden dürfen.<br />

In welchen Fällen kann ein Beweisverwertungsverbot<br />

angenommen werden?<br />

Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus,<br />

dass eine Abwägung stattinden muss zwischen<br />

dem Eingrif (beispielsweise durch heimliche<br />

Videoüberwachung) in das grundgesetzlich<br />

geschützte Persönlichkeitsrecht und dem Interesse<br />

an einer funktionierenden Rechtsplege.<br />

In der arbeitsrechtlichen Praxis stellt man sich<br />

daher regelmäßig die Frage: Was wiegt höher,<br />

der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers<br />

oder die Belange des Arbeitsgebers?<br />

Ist eine heimliche Videoüberwachung,<br />

Taschenkontrolle oder Durchsuchung gerechtfertigt<br />

und welche Konsequenzen hat eine (unterbliebene)<br />

Zustimmung des Betriebsrats auf<br />

diese Frage. Für die Frage der Rechtmäßigkeit<br />

des Eingrifs in die Persönlichkeitsrechte von<br />

Arbeitnehmern nehmen die Gerichte eine Prüfung<br />

vor, die der Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />

des § 32 Abs. 1 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz<br />

ähnelt.<br />

Heimliche Videoüberwachung nur<br />

in engen Grenzen zulässig<br />

So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG)<br />

in einem Urteil aus dem Jahre 2012 1 , dass eine<br />

heimliche Videoüberwachung nur zulässig<br />

sein kann, wenn es um den konkreten Verdacht<br />

einer Straftat oder schweren Verfehlung<br />

zu Lasten des Arbeitgebers gehe und sich der<br />

Verdacht gegen einen räumlich und funktional<br />

abgrenzbaren Arbeitnehmerkreis richte.<br />

Des Weiteren darf ein milderes Mittel zur<br />

Aufdeckung der Straftat nicht gegeben sein,<br />

die Videoüberwachung muss sich damit als<br />

das einzig sinnvolle Mittel darstellen und im<br />

Übrigen auch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände<br />

verhältnismäßig sein. In einem<br />

weiteren Fall aus dem Jahre 2013 2 bestätigte<br />

das BAG seine Ansicht. Der Betreiber eines<br />

Supermarktes hatte bei der Inventur erhebliche<br />

Fehlbeträge (rund 7.000 €) in der Leergutkasse<br />

festgestellt. Nachdem Lagerbestände<br />

und Warenausgang noch einmal ergebnislos<br />

überprüft wurden, installierte der Arbeitgeber<br />

im Bereich der Leergutkasse eine verdeckte Videoüberwachung,<br />

die eine Mitarbeiterin dabei<br />

1 BAG 21.6.2012 – 2 AZR 153/11.<br />

2 BAG 21.11.2013 – 2 AZR 797/11.<br />

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