Berner Kulturagenda 2016 N° 21
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12 Anzeiger Region Bern 30<br />
2. – 8. Juni <strong>2016</strong><br />
Eingewickelt in Rollenbildern<br />
Machismo, Mexicanidad, Femizid, Megalopolis – sieben<br />
zeitgenössische mexikanische Künstlerinnen stellen in der<br />
Ausstellung «Without Restraint» im Kunstmuseum aus.<br />
«Erwähne nicht den Namen des<br />
Bijao-Blattes, solange du damit Tamales<br />
einrollst, sonst bleiben sie halb<br />
roh.» Das mexikanische Maisgericht<br />
Tamales entstammt der Maya- und<br />
Aztekenkultur. Den dazu festgehaltenen<br />
Volksglauben hat die indigene<br />
Künstlerin Maruch Sántiz Gómez aus<br />
der Tzotzil-Sprache übersetzt und<br />
mit einer anthropologisch-exakten<br />
Schwarz-Weiss-Fotografie ergänzt. Sie<br />
ist eine der sieben mexikanischen<br />
Künstlerinnen, deren Werke in der<br />
Ausstellung «Without Restraint» im<br />
Kunstmuseum zu sehen sind.<br />
Geboren, um ein Tamale zu bleiben<br />
Die Blätter für das Tamalegericht<br />
spielen auch bei Betsabeé Romero eine<br />
wichtige Rolle. Unter dem zynischen<br />
und sozialkritischen Sinnspruch «Jene,<br />
die geboren wurden, um Tamales zu<br />
sein» hat sie ein Auto in Bananenblätter<br />
eingehüllt. Das Auto als Symbol<br />
für Wohlstand, Mobilität und Männlichkeit,<br />
aber auch Umweltverschmutzung<br />
und Gefahr, soll als Kunstwerk<br />
auf der Strasse für alle erlebbar gemacht<br />
werden.<br />
Geräusche des Tatorts<br />
Die Werke aus der Zürcher Daros<br />
Latinamerica Collection, der grössten<br />
Europas, zeigen Künstlerinnen, die<br />
mehrheitlich in den 60er-Jahren aufgewachsen<br />
sind. In einem Land, das<br />
zehn Jahre zuvor den Frauen gleichzeitig<br />
wählen und studieren ermöglichte.<br />
Erst Ende der 70er-Jahre etablierten<br />
sich Konzeptkunst und die stigmatisierte<br />
feministische Bewegung in der<br />
bis dato männlich dominierten Kunstwelt.<br />
Die Rolle der Frau in Haushalt,<br />
Ehe, Religion, Staat, Kunst und in den<br />
gewaltvollen Verbrechen der Gegenwart<br />
ist folglich Thema. So arbeitet die<br />
Künstlerin und Rechtsmedizinerin Teresa<br />
Margolles mit Objekten wie Leichenteilen<br />
und deren Flüssigkeiten<br />
Zeitgenössische Kunst aus Mexiko: «Blown Mold» (2012) von Teresa Serrano.<br />
und macht Tonaufnahmen an Tatorten.<br />
Teresa Serrano wiederum überträgt<br />
die mexikanische Geburtstagstradition<br />
Piñata, bei der eine<br />
Wundertüte aufgeschlagen wird, auf<br />
die Gewaltverbrechen. Sie wird am Eröffnungswochenende<br />
mit der Kuratorin<br />
und dem Sammlungsverantwortlichen<br />
diskutieren. Katja Zellweger<br />
Kunstmuseum Bern<br />
Vernissage: Do., 2.6., 18.30 Uhr<br />
Ausstellung bis 23.10.<br />
Gespräch: Sa., 4.6., 11 Uhr<br />
www.kunstmuseumbern.ch<br />
Teresa Serrano<br />
Heimat<br />
Im Konservatorium und im Kubus von<br />
Konzert Theater Bern stellt die Freitagsakademie<br />
Musik aus der unbekannten<br />
«Heimat Schweiz» vor. Leiterin Katharina<br />
Suske fördert mit den vergessenen<br />
Werken des Genfer Komponisten Gaspard<br />
Fritz (1717-1783) und dem Violinvirtuosen<br />
Henrico Albicastro (1660-<br />
1730) die Erhaltung einheimischer<br />
Trouvaillen aus der Epoche des Barock<br />
und des 18. Jahrhunderts. Es soliert die<br />
Violinistin Leila Schayegh. kaz<br />
Konservatorium, Bern<br />
Fr., 3.6., 19.30 Uhr<br />
Kubus – Konzert Theater Bern<br />
Sa., 4.6., 18 Uhr<br />
www.freitagsakademie.com<br />
Wir verlosen 3 × 2 Tickets<br />
für Fr., 3.6.: tickets@bka.ch<br />
ml – monalisa.com<br />
TICKETS<br />
Andere Europas<br />
Wunderkind<br />
TICKETS<br />
Ist Europa noch zu retten? Peng! Palast präsentieren<br />
die Revue «Bye Bye Babel» und das interaktive Spiel<br />
«Eurotopia!» im Schlachthaus Theater.<br />
Ein Ding, das nach Gummi riecht, bedeckt<br />
den Bühnenboden. Ist es ein<br />
überdimensionales Schlauchboot, das<br />
an Flüchtlinge erinnern soll? Passen<br />
würde es zum Thema der neuen<br />
Produktion von Peng! Palast. Die freie<br />
Theatergruppe ist im politischen Theater<br />
zu Hause. «Es geht um Utopien<br />
und Dystopien für Europa», sagt Nina<br />
Mariel Kohler vom Kollektiv. «Wir<br />
nehmen einen Rechtsrutsch in den<br />
Parlamenten und zugleich Lethargie in<br />
der Bevölkerung wahr. Das macht uns<br />
Sorgen.»<br />
Vor dem Untergang<br />
Geradezu apokalyptisch steht es<br />
um die Menschheit am Anfang des<br />
Stücks «Bye Bye Babel». Zwei Frauen<br />
und drei Männer rappeln sich vom<br />
Boden auf. Im Sprechchor zitieren sie<br />
die Bibelstelle über den «Turmbau zu<br />
Babel», in der das Volk für seinen<br />
Hochmut büssen muss. Noch steht<br />
Anstossen auf ein neues Europa mit Peng! Palast.<br />
der Turm allerdings: in der Mitte<br />
der Hüpfburg, zu der sich nun die<br />
Gummihülle aufbläst. Darauf tanzen,<br />
kämpfen und reden als Politiker,<br />
Ak tivistin, Philosoph und andere<br />
Figuren Dennis Schwabenland, Benjamin<br />
Spinnler und Christoph Keller<br />
von Peng! Palast sowie die griechische<br />
Schauspielerin Kleopatra Markou<br />
und die ungarische Tänzerin Beatrix<br />
Simko.<br />
«Wir laden zum Handeln ein», sagt<br />
Kohler, die mit Spinnler auf Basis des<br />
in Teamarbeit verfassten Skripts die<br />
Endfassung bestimmt. Das Publikum<br />
kann vor den Vorstellungen von «Bye<br />
Bye Babel» im Spiel «Eurotopia!»<br />
Ideen für andere Europas austüfteln.<br />
Céline Graf<br />
Schlachthaus Theater, Bern<br />
«Euro topia!»: Premiere: Fr., 3.6.,<br />
18 Uhr. «Bye Bye Babel»: 20.30 Uhr<br />
Vorstellungen bis 11.6.<br />
www.schlachthaus.ch<br />
Rob Lewis<br />
Das Kammerorchester L'arpa festante begleitet den Amadeus Chor.<br />
Musik und Kosmos<br />
Mit einem Händel-Pasticcio beschwört der Amadeus Chor<br />
in der Französischen Kirche «The Power of Music».<br />
Das vom Barockorchester L’arpa festante<br />
begleitete Projekt des <strong>Berner</strong> Amadeus<br />
Chor, «The Power of Music», ist<br />
ein Pasticcio, das nach Händels «Alexanderfest»<br />
benannt ist. Dirigent Bohdan<br />
Shved verschmolz «wunderbare<br />
Chöre und Arien» aus dem selten gespielten<br />
Oratorium «L’Allegro, il Penseroso<br />
ed il Mode rato» in dessen 2. Cäcilienode,<br />
einem Werk zum Fest der<br />
Schutzpatronin der Musik.<br />
Shved wurde inspiriert von einer<br />
im 18. Jahrhundert vorherrschenden<br />
musik philosophischen Idee, die Händel<br />
in beiden oratorialen Kompositionen<br />
aus der Londoner Zeit zum Ausdruck<br />
brachte: «Die Musik ist fähig,<br />
die Gefühlsregungen des Menschen zu<br />
lenken», so Shved. Händel habe darin<br />
ein Abbild des kosmologischen Prinzips<br />
von Ordnung und Chaos gesehen,<br />
das er in den kontrastreichen Nummernfolgen<br />
musikalisch nachvollziehe.<br />
Es zeige «das Leben mit all seinen<br />
Höhen und Tiefen.» Die zusätzlichen<br />
Chorpartien, welche dem Tenor (David<br />
Munderloh) und Sopran (Verena Krause)<br />
gegenübertreten, gleichen das<br />
Kräfteverhältnis aus und halten die<br />
Spannung in «The Power of Music».<br />
Janina Neustupny<br />
Französische Kirche, Bern<br />
Fr., 3.6., 19.30 Uhr und<br />
Sa., 4.6., 17 Uhr<br />
www.amadeus-chor.ch<br />
Wir verlosen 2 × 2 Tickets<br />
für Fr., 3.6.: tickets@bka.ch<br />
Ostring meldet:<br />
ZVG<br />
TICKETS<br />
«Heute pasteteten wir einen<br />
Gugelhopf.» In diesem Tagebuch-Eintrag<br />
vom 7. April 1923<br />
von Lydia Schnerpf aus Darmwil<br />
am See trat pasteten letztmalig<br />
als Verb auf.<br />
Matto Kämpf<br />
Der deutsche Pianist Martin Helmchen<br />
ist kein «Tastenlöwe», vielmehr bringt<br />
er laut Kritikern «den Notentext zum<br />
Sprechen» und stellt «Sinneinheiten<br />
her». Sein russischer Lehrer und Mentor<br />
Boris Pergamenschikow entfachte<br />
seine Vorliebe für kammermusikalische<br />
Werke, die er selbst an der Kronberg<br />
Academy vermittelt. Der 34-Jährige<br />
interpretiert am Konzert der<br />
Camerata Bern zum Thema «Wunderkinder»<br />
die «Pulcinella Suite» Strawinskys<br />
– ein Arrangement nach dessen<br />
Ballett – und Mozarts Klavierkon zert<br />
Nr. 18. Unter der Leitung von Antje<br />
Weithaas steht zudem Beethovens<br />
2. Sinfonie auf dem Programm. kaz<br />
Kulturcasino, Bern<br />
So., 5.6., 17 Uhr<br />
www.cameratabern.ch<br />
Wir verlosen 2 × 2 Tickets:<br />
tickets@bka.ch<br />
Freiheit<br />
«Gitanesca – Zigeunerleben»: Der heute<br />
veraltete Begriff für Sinti und Roma galt<br />
in der Romantik des 19. Jahrhunderts als<br />
Projektionsfläche für grosse Freiheit,<br />
Tänze ums Lagerfeuer, Lebendigkeit,<br />
Naturverbundenheit, Geigenmusik. Am<br />
Elfenau Kultursommer singt der Konzertverein<br />
Bern und spielt Pianist Simon<br />
Bucher «Zigeunerlieder», so der Titel für<br />
ungarische Volkslieder von Brahms.<br />
Auch zu hören sind «Klänge aus Mähren»<br />
von Dvorák, Verdis «Zigeunerchor»<br />
aus der Oper «Il Trovatore» und weitere<br />
Stücke von Kalmann, Kodály und<br />
Johann Strauss. <br />
kaz<br />
Orangerie Elfenau, Bern<br />
So., 5.6., 17 Uhr<br />
www.konzertverein-bern.ch