Flucht und Trauma im Kontext Schule
UNHCR-Traumahandbuch
UNHCR-Traumahandbuch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
63<br />
Skillstraining<br />
zur Selbstermächtigung<br />
Um sich aus der traumatischen Erstarrung lösen zu<br />
können, müssen Kinder viel Ermutigung erfahren <strong>und</strong><br />
zahlreiche Gelegenheiten bekommen, sich innerhalb<br />
eines vorgegebenen Rahmens selbst auszuprobieren<br />
(Exploration). Zeigen Sie Handlungsspielräume<br />
auf, machen Sie Erfolgserlebnisse bewusst <strong>und</strong> ermöglichen<br />
Sie Ihren SchülerInnen eine dem Entwicklungsstand<br />
gemäße Partizipation, um die Fähigkeit,<br />
Entscheidungen zu treffen, zu fördern. So wächst die<br />
Bereitschaft, für das eigene Handeln Verantwortung<br />
zu übernehmen.<br />
› Neginah weiß nicht, was sie möchte, <strong>und</strong> sagt häufig:<br />
„Ich weiß nicht.“ oder „Ich kann das nicht!“ Sie<br />
verhält sich angepasst, widerspricht nie, meldet sich<br />
nicht zu Wort <strong>und</strong> bleibt in der Pause für sich. Den<br />
Wochenplan arbeitet sie eine Aufgabe nach der<br />
anderen ab. Wenn sie eine Aufgabe nicht versteht,<br />
starrt sie an die Wand <strong>und</strong> holt sich keine Hilfe. Sie<br />
beschwert sich nie <strong>und</strong> scheint keine Lust an einer<br />
Sache zu verspüren. Auf Exkursionen möchte sie<br />
nicht mitgehen, obwohl ihre Eltern sie dazu ermuntern.<br />
Spannungszustände (siehe S. 17 f.) hemmen Betroffene<br />
in ihrer Entwicklung. Hier tut Aufklärung gut. Wenn<br />
Ihre SchülerInnen verstehen, woher beispielsweise<br />
ihre Konzentrationsstörungen kommen, können sie<br />
entspannter damit umgehen <strong>und</strong> Schuldgefühle abbauen.<br />
In Rollenspielen erhalten Ihre SchülerInnen die Möglichkeit,<br />
in die entwicklungsgemäße Rolle jenes Kindes<br />
zu schlüpfen, das sie <strong>im</strong> Alltag nicht sein können,<br />
weil sie durch die Anforderungen der Vergangenheit<br />
frühzeitig erwachsen werden mussten. Szenisches<br />
Spiel kann dabei helfen, jene kindlichen Anteile zu<br />
aktivieren, die verschüttet wurden. Schüchternen Kindern<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen sollte es erlaubt sein, einfach<br />
nur zuzuschauen. 24<br />
Die Auseinandersetzung mit den Kinder- <strong>und</strong> Menschenrechten<br />
kann alle SchülerInnen ermutigen <strong>und</strong><br />
ihnen zeigen, dass Menschen dazu fähig sind, ihre<br />
Lage zu verbessern. Ohne Hoffnung <strong>und</strong> Zukunftsperspektive<br />
kann es letztlich keine Entwicklung zur<br />
Selbstermächtigung geben.<br />
TIPP: Bewegung hilft<br />
Gibt es genug Platz in der Klasse oder auf dem Gang<br />
vor der Klasse? Regen Sie Ihre SchülerInnen nach<br />
Möglichkeit dazu an, selbst zu spüren, wann sie Bewegung<br />
brauchen, <strong>und</strong> vereinbaren Sie mit Ihnen<br />
Übungen, die sie selbständig zwischendurch machen<br />
dürfen (Kniebeugen, Hampelmann, hüpfen, mit einem<br />
Sprungseil springen, Gliedmaßen ausschütteln ...).<br />
Vereinbaren Sie in den Klassenregeln, unter welchen<br />
Bedingungen Sie das ermöglichen können.<br />
Stellen Sie unruhigen SchülerInnen Knetbälle oder<br />
Igelbälle zur Verfügung, die sie während ruhiger<br />
Konzentrationsphasen zum Spannungsabbau kneten<br />
können.<br />
Wichtig: Korrigieren Sie in gemeinsamen Übungen<br />
die Bewegungen Ihrer SchülerInnen nicht, damit kein<br />
Leistungsdruck entsteht oder ein bereits bestehender<br />
Leistungsgedanke von Ihnen nicht zusätzlich unterstützt<br />
wird. Wichtig sind der Bewegungs<strong>im</strong>puls <strong>und</strong><br />
die Freude an der Bewegung, die zur Entspannung<br />
führen können.<br />
Bewegungsübungen lockern den Unterricht auf <strong>und</strong><br />
nehmen nicht viel Zeit in Anspruch. Ein Beispiel dafür<br />
sind Überkreuzbewegungen. Regelmäßig ausgeführt<br />
können Überkreuzbewegungen das Gleichgewichtsgefühl<br />
<strong>und</strong> die Koordination verbessern, sie wirken<br />
sich positiv auf die Konzentrationsfähigkeit aus <strong>und</strong><br />
können zum Spannungsabbau beitragen.<br />
Skillstraining:<br />
Vermittlung von Lernstrategien, Umgang mit Werkzeug<br />
aller Art, Psychoedukation (siehe S. 73)<br />
Empfehlenswerte Übungen <strong>und</strong> Methoden:<br />
Bewegungsübungen, Übungen aus der Erlebnispädagogik,<br />
Übungen zum Verhandeln <strong>und</strong> Kompromissschließen,<br />
Rollenspiele<br />
Bezug zum Lehrplan:<br />
Kinderrechte, Menschenrechte, Stärken <strong>und</strong> Interessen,<br />
Rollenverständnis, gemeinsames Erarbeiten der<br />
Klassenregeln<br />
24 Literatur dazu finden Sie in der weiterführenden Literatur unter „Rollenspiele“.