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Clausewitz-Gesellschaft

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3. Verhinderung einer EU- und NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. 22<br />

4. Wahrnehmung Russlands als Grossmacht. 23<br />

Die UN-Vollversammlung erklärte am 28.<br />

März 2014 das Referendum und die Sezession<br />

der Krim allerdings für ungültig, verletzt<br />

doch Russland damit mehrere völkerrechtliche<br />

Abkommen.<br />

Am 25. Februar 2014 kam es auf der Krim zu gewalttätigen Zusammenstößen<br />

zwischen proukrainischen Krimtataren und prorussischen Aktivisten vor dem<br />

Parlamentsgebäude in Simferopol, als das Parlament über den Verbleib der Autonomen<br />

Republik Krim in der Ukraine entscheiden wollte. Zwei Tage später<br />

besetzten rund 60 prorussische Milizionäre, die sich als Selbstverteidiger der<br />

russischsprachigen Bevölkerung der Krim bezeichneten, den Regierungssitz<br />

und das Parlament in Simferopol und zwangen das Parlament unter Waffengewalt,<br />

einen Antrag über den Anschluss an Russland einzubringen und darüber<br />

ein Referendum abzuhalten. 24 Weitere prorussische Milizen besetzen die Landenge<br />

zum ukrainischen Kernland im Norden der Krim. Bereits am nächsten<br />

Tag besetzten Soldaten, die später von den Ukrainern als die „kleinen grünen<br />

Männchen“ bezeichnet wurden, in grünen Uniformen und ohne nationale Hoheitsabzeichen<br />

die beiden auf der Krim gelegenen<br />

Flugplätze von Sewastopol und<br />

Simferopol, ohne dass dabei ein einziger<br />

Schuss fiel. Es handelte sich bei diesen Soldaten<br />

unter anderem auch um Einheiten<br />

der 3. russischen Speznas-Brigade 25 sowie<br />

des 45. Garderegiments, 26 die vom Militärgeheimdienst GRU geführt werden.<br />

27 Sie verhinderten die auf der Krim stationierten ukrainischen Soldaten<br />

am Verlassen der Kasernen und besetzten wichtige Verwaltungsgebäude. 28 Ukrainische<br />

Schiffe der Küstenwache wurden in ihren Häfen blockiert. 29<br />

Zur Ablenkung der medialen Aufmerksamkeit von der Krim und um die Ukraine<br />

von einer Gegenwehr abzuschrecken, 30 setzte Russland Truppen ohne<br />

vorherige Ankündigung am 26. Februar 2014 im westlichen, an die Ukraine<br />

grenzenden Wehrbezirk 31 in Alarmbereitschaft und führte ein grosses Manöver<br />

durch. 32 Daran dürften mehr als 150.000 Mann, 900 Militärfahrzeuge, 120<br />

Helikopter, 90 Flugzeuge und 80 Kriegsschiffe teilgenommen haben. 33<br />

Am 1. März 2014 beantragte Präsident Putin bei dem russischen Föderationsrat<br />

die Zustimmung zur Entsendung russischer Truppen in die Ukraine mit der<br />

Begründung, das Leben russischer Bürger sei in Gefahr. In den Staatsmedien<br />

wurde (fälschlicherweise) behauptet, es fände ein Genozid an der russischsprachigen<br />

Bevölkerung statt. 34 Am 6. März 2014 stimmte das Parlament der au-<br />

tonomen Republik Krim dem Anschluss an Russland mit grosser Mehrheit zu.<br />

Bereits am 16. März 2014 wurde ein Referendum über den Anschluss an Russland<br />

abgehalten, welches grosse Zustimmung fand – angeblich sollen 96,7%<br />

der Stimmenden zugestimmt haben. 35 Am 20. März 2014 stimmte auch die<br />

russische Duma der Aufnahme der Krim in die russische Föderation mit einer<br />

Gegenstimme zu, und bereits am 21. März 2014 wurde der Beitrittsvertrag der<br />

Krim zu Russland vom russischen Föderationsrat ratifiziert, womit die Aufnahme<br />

der Krim in die russische Föderation abgeschlossen war. Dadurch sollte der<br />

Annexion der Krim eine Fassade der Legitimität verliehen werden. 36 Innert weniger<br />

als einem Monat wechselte so die Krim von der Ukraine zu Russland. Die<br />

UN-Vollversammlung erklärte am 28. März 2014 das Referendum und die Sezession<br />

der Krim allerdings für ungültig, verletzt doch Russland damit mehrere<br />

völkerrechtliche Abkommen, etwa das Budapest Memorandum on Security Assurances<br />

vom 5. Dezember 1994, 37 den Freundschaftsvertrag Ukraine-Russland<br />

vom 31. Mai 1997 38 sowie die Charta von Paris über ein neues Europa. 39 Diese<br />

Abkommen verpflichten die Vertragspartner, die Souveränität und die Grenzen<br />

anderer Staaten zu respektieren und Konflikte auf friedlichem Weg zu lösen.<br />

Am 16. April 2014 gab Präsident Putin in einer Fernsehfragestunde zu, dass<br />

russische Truppen auf der Krim die „Selbstverteidiger“ aktiv unterstützt hätten,<br />

nachdem er zuvor jede Beteiligung russischer Truppen abgestritten hatte, und<br />

behauptete, russische Kampfanzüge könne man in jedem Armyshop kaufen.<br />

Das äußerst erfolgreiche Vorgehen der Russen auf der Krim war das Resultat<br />

eines umfassenden Reformprogrammes der Streitkräfte, welches bereits zwei<br />

Monate nach dem Krieg in Georgien 2008 eingeleitet wurde; dieser hatte teilweise<br />

schwere Mängel in Bewaffnung, Führung und Taktik offengelegt. 40 Die<br />

Speznas sind heute mit modernsten Kampfanzügen (Ratnik) und Schutzwesten<br />

aus Keramikplatten sowie modernen<br />

Kommunikationsmitteln und Nachtsichtgeräten<br />

ausgerüstet. 41<br />

Das operative Konzept zur Annexion der<br />

Krim war einfach und wurde brillant umgesetzt,<br />

indem die verschiedenen Operationslinien<br />

perfekt koordiniert und die gegnerischen<br />

Schwächen konsequent ausgenützt wurden.<br />

Am Einsatz auf der Krim dürften total<br />

rund 30.000 bis 35.000 russische Soldaten<br />

beteiligt gewesen sein. Normalerweise waren ungefähr 11.000 russische<br />

Truppen auf der Krim stationiert, welche aber mehrheitlich keine Kampftruppen<br />

waren, sondern logistische Aufgaben für die in Sewastopol stationierte<br />

Schwarzmeerflotte wahrnahmen; lediglich 2.000 Mann davon waren Marineinfanteristen.<br />

Diese wurden aber bis Anfang März 2014 um 7.000 Mann Infan-<br />

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